Rote Presse-Korrespondenz, 1. Jg., Nr. 21, 11.7.1969

11.07.1969:
Die Nr. 21 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Ausbeutungssituation der Arbeiterin
- Hausverbot für Jungingenieur - Lehren aus der Aktion bei Osram
- Thesen zur Sexualkampagne
- Projekt Autorensyndikat
- Campagne für das Sozialistische Zentrum.

Im Artikel „Ausbeutungssituation der Arbeiterin“ wird eingangs auf ein „Seminar über die Organisationsfrage am 7.6.69“ und eine Kommission, die sich dort gebildet habe, eingegangen. Sie habe einen „ersten Bericht über den Stand unserer Praxis und die daraus abzuleitenden Perspektiven vorgelegt“. Der Bericht zur „Ausbeutungssituation der Arbeiterin“ ist von der „Untergruppe Frauenarbeit in der Kommission für den Produktionsbereich“.

Erstmalig nimmt die „RPK“ umfassender zur Frauenarbeit Stellung. Einleitend wird im Unterkapitel „Die besondere Ausbeutung der Fabrikarbeiterin” auf Otto Rühle, Rätekommunist und Autor zahlreicher Bücher über Schul- und Bildungspolitik sowie der Psychologie des Kindes, eingegangen. Rühle habe sich um eine Verbindung des Marxismus mit der Psychologie in der deutschen Arbeiterbewegung der 1920-1930er Jahre bemüht und in „seiner Kultur- und Sittengeschichte des Proletariats von 1931 die kapitalistische Ausbeutung der Proletarierinnen unter dem Titel ‚Abgründe der Ausbeutung‘ dokumentiert“.

Sodann wird auf die Berliner Situation eingegangen, auf die Berliner Industriearbeiterschaft und die Frauen, „die neben der Ausbeutung im Haus auch noch dem Kapitalisten die Drecksarbeit machen“. „Die typische und zugleich brutalste Ausbeutungsform für Frauen ist die Arbeit am Band und der Einzelakkord, vor allem an Halbautomaten.“ Kritisiert wird das „MTM-System“, das die „Situation verschärfen“ würde. Hier sind „alle Zeiten (Vorgabezeiten, Einrichtungszeiten, Erholungszeiten) vorbestimmt. Hinzu kommt, dass die Stückzahlnormen bei diesem Verfahren immer schon optimal angesetzt sind, so dass es kaum einer Frau gelingt, die Akkordspitze zu erreichen, geschweige denn zu überschreiten“.

Das alles würde „Schwierigkeiten bei der Entstehung des Klassenbewusstsein” mit sich bringen. „Die daraus abzuleitende Art der Tätigkeit im Betrieb, die fehlende Ausbildung machen die Frauen zu idealen Lückenbüßern in der Produktion, die sich über die Notwendigkeit und Unentbehrlichkeit im Produktionsprozess nicht bewusst sind.“ Die „Familiensituation“ sei durch die „doppelte Ausbeutung der Frau“ bestimmt. Ihre „ungeheure Belastung in Familie und Betrieb mache es ihnen sehr schwierig, überhaupt Zeit zum Nachdenken, geschweige denn zu politischer Tätigkeit zu finden“. „Deshalb bleibt im Augenblick noch die Organisation von Betriebsgruppen über die Sammlung einzelner Sympathisanten und Genossen aus den verschiedenen Abteilungen, die naheliegendste Organisationsmöglichkeit.“
Quelle: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 21, West-Berlin, 1.7.1969.

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