Klassenkampf Extrablatt An alle Metaller, 30. Juni 1971

30.06.1971:
Der BKA Freiburg gibt ein Extrablatt "An alle Metaller" seines 'Klassenkampf' (vgl. 3.11.1971) zum Fragebogen der IG Metall heraus. Darin heißt es u.a.: "
Ende September laufen die Tarifverträge in der Metallindustrie aus. WIR MÜSSEN UNS AUF EINEN HARTEN KAMPF MIT DEN METALL-KAPITALISTEN VORBEREITEN:
- die Preise steigen wie noch nie, mindestens 7% dieses Jahr.
- die Kapitalisten sind entschlossen, wie die Auseinandersetzungen in der Chemie jetzt zeigen, trotz Wirtschafts- und Währungskrise keine Profiteinbußen hinzunehmen - auf unsere Kosten!
- Der Staat hält für die Kapitalisten alle Waffen bereit: Polizei als Wegbereiter für Streikbrecher, Gerichte, die unsere Streiks als 'illegal' erklären und mit Geld- und Gefängnisstrafen drohen.

LOHNKAMPF IST KLASSENKAMPF

Es bleiben nur noch wenige Monate, und dann müssen wir auf harte, langwierige Auseinandersetzungen mit den Metall-Kapitalisten vorbereitet sein. Wir müssen Streiks vorbereitet haben, um unsere Interessen durchsetzen zu können.

Manche Kollegen aber meinen: 'Warum denn streiken, vielleicht können die Tarifverhandlungen am grünen Tisch zu einem vernünftigen Ergebnis gebracht werden'. Die IG Metall, Bezirksleitung Stuttgart, schreibt in einem Fragebogen, der gestern und heute an uns verteilt wurde: 'Unser aller Ziel: Vernunft'. Die Metaller und die IGM seien 'wirtschaftlich vernünftig', die Metallindustriellen würden dagegen Vernunft nur heucheln. Die Kapitalisten werden angegriffen, weil sie den 'sozialen Konflikt' gesucht und 'unverantwortlich' gehandelt hätten. WAS HEISST HIER ÜBERHAUPT 'WIRTSCHAFTLICH VERNÜNFTIG'? Doch nichts anderes, als daß die Gewerkschaftsführer von der Sicherung und dem Ausbau der kapitalistischen Wirtschaft ausgehen und davon ihre Gewerkschaftspolitik abhängig machen. ZUERST MUSS DER PROFIT STIMMEN, DANN DÜRFEN DIE ARBEITER AUCH MAL RAN.

Viele Kollegen meinen nun: Diese Politik ist doch richtig. Läuft der Laden, sind unsere Arbeitsplätze gesichert und das ist doch das wichtigste für uns. Kollegen, sichere Arbeitsplätze sind wichtig. Aber, was die IG Metall Führer in ihrem Blatt verschweigen ist, daß kein noch so 'vernünftiges Verhalten' im Kapitalismus die Krisen abschafft, daß kein noch so 'vernünftiges Verhalten' unsere Arbeitsplätze sichern kann.

Von diesen TATSACHEN steht im Fragebogen nichts drin, ebensowenig davon, daß wir in einer kapitalistischen Klassengesellschaft leben, daß die Kapitalisten uns tagtäglich ausbeuten und unterdrücken, daß es einen Klassenkampf immer gibt, wenn nicht von unten, durch die Arbeiterklasse, dann von oben, durch die Kapitalisten und ihren Staat, mit Gesetzen, Gerichten, Polizei. Kein Wort in dem Fragebogen davon, daß das kapitalistische System grundsätzlich mit den Lebensinteressen der arbeitenden Bevölkerung unvereinbar ist.

Kollegen, LOHNARBEIT UND KAPITAL HABEN NIEMALS GEMEINSAME INTERESSEN. Wenn die Gewerkschaftsführer dennoch so tun, als ob dies der Fall wäre, liefern sie uns in Wahrheit an die Kapitalisten aus. EIN LOHNKAMPF ENTSPRICHT UNSEREN INTERESSEN,
- wenn das schon erreichte Lebensniveau gehalten oder verbessert wird,
- wenn durch die Kampfmaßnahmen unsere Solidarität und Kampfbereitschaft gewachsen ist,
- wenn die Kämpfe unser Bewußtsein von dieser Gesellschaft als Klassengesellschaft und diesem Staat als Klassenstaat geschärft haben.

Kollegen, fallen wir nicht auf den Schwindel mit der 'Stabilität' rein. Was wir durch unser Stillhalten schaffen sollen ist die STABILITÄT DER PROFITE! Was wir einsehen sollen ist, daß die arbeitende Bevölkerung die Krisen der kapitalistischen Wirtschaft ausbaden soll - Hauptsache, die westdeutschen Kapitalisten bleiben international konkurrenzfähig und können ihre Macht über die Arbeiterklasse und die unterdrückten Völker immer weiter ausdehnen. …
KAMPFMASSNAHMEN VORBEREITEN!

Mit dem Fragebogen will die IG Metall Stimmung für die Lohnrunde im Herbst machen. Wir bekommen 5 Fragen vorgelegt, die die Metallindustriellen ausgefüllt übermittelt bekommen sollen, 'damit sie wissen - was ihre Beschäftigten heute denken' (Fragebogen). Meint die IGM Bezirksleitung im Ernst, daß die Metallkapitalisten sich von ausgefüllten Fragebögen beeindrucken lassen? Es kommt auch gar nicht darauf an, die Kapitalisten durch 'richtige' Antworten zu beeindrucken, sondern ENTSCHLOSSEN DIE VORBEREITUNGEN FÜR DEN LOHNKAMPF AUFZUNEHMEN!

Das bedeutet für die Gewerkschaft:
- IG Metall Mitgliederversammlungen im Betrieb, auch wenn sich Kapitalisten-Handlanger wie Hellinger bei der ITT (Intermetall, d.Vf.)
dagegen wehren,
- Versammlungen aller IG Metall Mitglieder in Freiburg,
- Vertrauensleutesitzungen, um jetzt schon mit den betrieblichen Vorbereitungen für Kampfmaßnahmen beginnen zu können,
- Vertrauensleutewahlen in Betrieben, in denen es noch keinen Vertrauensleutekörper gibt.

Kollegen, wir werden nichts geschenkt bekommen, sondern wir werden zur Durchsetzung unserer Forderungen den Kampf gegen die Kapitalistenklasse, ihre Regierung und alle ihre Handlanger aufnehmen müssen.

WEHREN WIR UNS GEGEN DIE ANGRIFFE DER KAPITALISTEN UND IHRES STAATES!
SCHLUSS MIT DER KONZERTIERTEN AKTION!
WEG MIT DEN LOHNLEITLINIEN! KAMPF DEM LOHNDIKTAT!"
Quelle: Klassenkampf Extrablatt An alle Metaller, Freiburg 30.6.1971

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