Freiburg: Irland-Solidarität

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 15.4.2014

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Von der Freiburger Solidarität mit Irland können hier bisher nur wenige Dokumente erschlossen werden. Wir bitten um Ergänzungen.

In dieser wie immer lückenhaften Darstellung finden sich nahezu allein Hinweise von den örtlichen Anhängern des späteren Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW) in Gestalt des Bundes Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg, die wiederholt über Irland berichten, das Westdeutsche Irland Solidaritätskomitee (WISK) Weißkirchen unterstützen und eine Veranstaltung mit Vertretern der IRA (O) organisieren (vgl. 15.11.1972).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

09.10.1968:
In Nordirland beginnt, laut BKA Freiburg (vgl. 22.9.1971), der Freiheitskampf:"
Damals bauten die Arbeiter der Stadt Londonderry Barrikaden, nahmen Postämter und andere Schlüsselstellungen in Besitz und erklärten das Arbeiterviertel zur 'Freien Stadt'. Die von der nordirischen 'Bürgerrechtsbewegung' organisierte Demonstration wurde von der englischen Polizei und von faschistischen Sturmtrupps zerschlagen. Ein Arbeiter wurde dabei ermordet."
Quelle: Klassenkampf Nr.13,Freiburg 22.9.1971,S. 1

August 1971:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg berichtet über Nordirland (vgl. 9.10.1968, Sept. 1971):"
NICHT RELIGIONSKRIEG SONDERN KLASSENKAMPF
DIE WAHRHEIT ÜBER NORD-IRLAND

Vor fast genau 3 Jahren, am 9. Oktober 1968, begann der Kampf der Arbeiter Nord-Irlands gegen die Unterdrückung ihres Landes durch England und gegen die Ausbeutung durch das englische und internationale Kapital.

Seit jenen Tagen weitete sich der Widerstand immer größerer Teile des nordirischen Volkes gegen die englischen Besatzer aus. Englische Truppen, Fallschirmjäger und Panzer begannen das Land zu terrorisieren. Heute sind 12 500 englische Soldaten in Nordirland stationiert, um den Widerstand der nordirischen Bevölkerung, vor allem der Arbeiter in den Industriestädten, mit brutaler Gewalt zu ersticken.
Vor einigen Wochen, Anfang August, erreichte dieser Terror seinen Höhepunkt:
Englische Soldaten erschossen einen Arbeiter in seinem Auto, weil sie eine Fehlzündung für einen Schuß hielten. Die machtvollen Protestdemonstrationen der Bevölkerung in den darauffolgenden Tagen wurden von den Besatzern mit beispielloser Brutalität unterdrückt:
Mindestens 20 Demonstranten wurden von der Polizei und dem Militär erschossen. Hunderte von sogenannten 'Verdächtigen' 'wurden von ihren Häusern und Familien mit einer Brutalität fortgeschleppt, die mitunter an die Behandlung der Juden durch die Nazis erinnerte.' (so ein Augenzeugenbericht in der Zeitschrift 'Spiegel'). Die auf diese Weise 'Internierten' wurden in ehemalige Kasernen und auf ein ausrangiertes Schiff, das jetzt als KZ dient, eingesperrt.
Tausende (nach Zeitungsberichten bis zu 6 000) flohen aus Nordirland in die benachbarte Republik Irland, um so den Unterdrückungsmaßnahmen, den pausenlosen Hausdurchsuchungen, den Verhaftungen zu entgehen.
Die politischen Rechte der nordirischen Bevölkerung sind durch ein seit 1922 ständig in Kraft stehendes 'Notstandsgesetz' schwer eingeschränkt: Dieses Gesetz umfaßt u.a. Möglichkeiten für Verhaftungen ohne Haftbefehl, Schnellgerichtsverfahren, Prügelstrafe (Auspeitschungen) und Verbot von Versammlungen und Organisationen ohne Angabe von Gründen.

NICHT RELIGIONSKRIEG - SONDERN KLASSENKAMPF

Das Fernsehen und die bürgerlichen Zeitungen bezeichnen diese Terrorherrschaft als 'Bürgerkrieg', als 'mittelalterlichen Religionskrieg' oder als 'Ergebnis der Umtriebe religiöser Fanatiker'. Sie versuchen mit solchen Berichten die Bevölkerung in Westdeutschland darüber hinwegzutäuschen, daß die Kämpfe in Nordirland ihre Ursache nicht in Religionsstreitigkeiten, sondern in der unerträglichen Ausbeutung und Unterdrückung der nordirischen Bevölkerung haben. Es handelt sich in Wirklichkeit um DEN KLASSENKAMPF DER NORDIRISCHEN ARBEITERKLASSE GEGEN DIE KOLONIALISTISCHE UNTERDRÜCKUNG NORDIRLANDS DURCH DIE ENGLISCHE UND IMMER MEHR AUCH DIE INTERNATIONALE KAPITALISTENKLASSE.

Fast vollständig wird in unserer bürgerlichen Presse die Lage der Arbeiter in Nordirland verschwiegen, zum Beispiel,
- daß in Nordirland ein Drittel aller Familien mit weniger als 400 DM im Monat auskommen muß, mehr als die Hälfte mit weniger als 600 DM.
- daß die Arbeitslosenquote mehr als 10% beträgt, daß in der Hauptstadt Belfast 40% der erwachsenen katholischen Arbeiter, in einigen Teilen des Landes 60% der Arbeiter arbeitslos sind.
- daß in Nordirland die Hälfte aller Häuser keine Toilette, 20% kein fließendes Wasser haben und jedes 10. Haus total überfüllt ist. Sogar der 'Spiegel' bezeichnet die Arbeiterviertel als 'geballte Düsternis', gegen die das 'Ruhrgebiet wie der Garten Eden sei.'

EXTRAPROFITE FÜR DIE INTERNATIONALEN MONOPOLE

Für die englische Kapitalistenklasse, aber auch immer mehr für die westdeutschen und US-amerikanischen Monopole ist dagegen das Elend in Nordirland ein wahrer 'Garten Eden'. Die riesige Arbeitslosigkeit, die scharfe Konkurrenz zwischen den Arbeitern - die ihre Ursache in der ständigen Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes hat - sichern den Kapitalisten Höchstprofite. Wer versucht, der zügellosen Ausbeutung durch die Kapitalisten Widerstand zu leisten, ist seinen Arbeitsplatz los. So sind die Löhne in Nordirland die niedrigsten im ganzen nördlichen und westlichen Europa! Die von den Unternehmern aufzubringenden Sozialleistungen sind lächerlich gering. Ausländischen Kapitalisten werden mit sogenannten 'Investitionszuschüssen' Fabrikhallen und Maschinen fast geschenkt (der Staat übernimmt 45 - 60% der Kosten!). Kein Wunder, wenn immer mehr deutsche, amerikanische und japanische Kapitalisten der Ausbeutungsreklame der nordirischen Regierung (siehe Kasten!) (abgedruckt wird darin eine Anzeige, in der es u.a. heißt: Nord-Irland hat zuverlässige Arbeitskräfte",d.Vf.) folgen und ganze Produktionsstätten nach Nordirland verlagern, weil dort die Arbeitskraft viel billiger zu haben ist wie z.B. in Westdeutschland:
- So baute Grundig schon vor Jahren eine komplette Tonbandfabrik in Belfast.
- So produziert der Hoechst-Konzern seit 1970 Trevira-Fasern in Nord-Irland, genau wie 4 andere internationale Faserkonzerne.
- So beuten neben der englischen Kapitalistenklasse weit über 200 Konzerne aus aller Welt in größeren und kleineren Niederlassungen in Nordirland über 20 000 Arbeiter aus.

SPALTUNG DER ARBEITERKLASSE

Ein Grund, wieso es den imperialistischen Konzernen möglich war und noch immer ist, die nordirische Arbeiterklasse für einen wahren Hungerlohn auszupressen, liegt in der tiefen Spaltung der nordirischen Arbeiterklasse in einen katholischen und einen protestantischen Teil.
Diese Spaltung ist das Ergebnis der irischen Geschichte: 800 Jahre lang wurde die (katholische) Bevölkerung Irlands von (protestantischen) englischen Besatzern als Kolonie Englands unterdrückt und buchstäblich bis aufs Hemd ausgepreßt. Im vergangenen Jahrhundert starben ca. 1,5 Millionen Iren den Hungertod, genausoviele wanderten nach Amerika aus. Immer wieder kam es zu verzweifelten Aufständen der Iren gegen die englischen Herren, bis schließlich 1921 Irland in zwei Teile geteilt wurde:
Der arme, hauptsächlich bäuerliche Teil des Landes wurde zur unabhängigen irischen Republik, der industrialisierte reichere Nordteil der Insel wurde unter dem Namen 'Nordirland' oder 'Ulster' weiter von den Engländern besetzt gehalten.
Von den heute in Nordirland lebenden 1,5 Millionen Menschen sind ca. 1/3 katholisch-irische Arbeiter und Bauern, der andere Teil der Bevölkerung ist protestantisch. Der größte Teil der Protestanten sind Arbeiter und kleine Angestellte genauso wie die Katholiken, aber die englischen Kapitalisten und der Besatzungs-Staatsapparat tun alles, um die aus der Geschichte herrührende Spaltung der nordirischen arbeitenden Bevölkerung aufrecht zu erhalten: So bekommen protestantische Arbeiter viel eher Arbeit als katholische, und das soll die katholischen Arbeiter gegen ihre protestantischen Klassenbrüder aufwiegeln. Die vielen katholischen Arbeitslosen werden wiederum als Lohndrücker von den Kapitalisten eingesetzt, und das soll den Haß der protestantischen Arbeiter gegen die katholischen wecken und schüren.
Diese Spaltungsmanöver durch die englische Kapitalistenklasse haben zum Ziel, die GANZE nordirische Arbeiterklasse immer mehr auszubeuten. Die englische Kapitalistenklasse versucht den protestantischen Arbeitern einzureden, sie seien zuallererst genauso wie die Kapitalisten Protestanten und man müsse deshalb gegen die 'katholische Gefahr' fest zusammenhalten. Viele katholische Arbeiter sahen deshalb in ihren protestantischen Kollegen die wahren Schuldigen an ihrer schlechten Lage und bekämpfen sie als Feind.
Diese Trennung der Arbeiter versuchen die herrschenden Kreise künstlich wachzuhalten durch die Presse, religiöse Propaganda und alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel. Diese Trennung war und ist zum Teil heute noch das größte Hindernis bei der gewerkschaftlichen und bei der politischen Organisierung der Arbeiterklasse. Diese ist aber die Voraussetzung für einen mächtigen Klassenkampf ALLER Arbeiter Irlands gegen den wahren Feind, die englischen, westdeutschen und amerikanischen Imperialisten und ihre Statthalter in Irland.

GANZ IRLAND IST EINE KOLONIE DES IMPERIALISMUS

Immer entschiedener werden Forderungen nach erträglichen Lebensbedingungen und demokratischen Rechten von der Bevölkerung Nordirlands erhoben. Gleichzeitig wurde die militärische Unterdrückung durch die englische Besatzungsmacht immer mehr gesteigert. Die bürgerliche Presse, die in einem fort über den 'Bürgerkrieg' in Nordirland schreibt, widerlegt sich selbst, wenn sie in ihren Berichten nur noch von Kämpfen zwischen der Bevölkerung auf der einen, Militär und Polizei auf der anderen Seite zu berichten weiß. Der Charakter Nordirlands als KOLONIE DES ENGLISCHEN IMPERIALISMUS wird immer klarer.
So werden von den beiden wichtigsten nordirischen Widerstandsorganisationen, der 'Bürgerrechtsbewegung' und der 'Irischen Republikanischen Armee' (IRA) immer entschiedener die endgültige Beendigung der englischen Herrschaft auf irischem Boden und die Vereinigung Nordirlands mit der Republik Irland gefordert.
Die meisten Mitglieder dieser Organisationen hoffen darauf, daß in einer vereinten irischen Nation Irland den Irländern gehören würde und sich dann das Los der Masse der Arbeiter und Bauern wirklich verbessern werde. Aber schon jetzt zeigt sich, daß diese Hoffnung mit der Wirklichkeit keinesfalls übereinstimmt:
- Denn in der Republik Irland herrscht dieselbe Armut wie im Norden. Das Land ist genau wie der Norden in vollkommener Abhängigkeit von der englischen Wirtschaft, es ist eine Halbkolonie der englischen, westdeutschen, amerikanischen und japanischen Konzerne.
- Die Republik Irland wird seit ihrer Gründung beherrscht von einem erzreaktionärem Regime. Dieses Regime verkaufte Irland nicht nur an das imperialistische Kapital, sondern es versucht auch seit Jahren, ein Erstarken der Widerstandsbewegung im Norden zu verhindern. So ist die IRA in Irland genauso wie in Nordirland verboten, so versucht die irische Regierung zusammen mit der nordirischen und der englischen Regierung den Kampf der Arbeiterklasse durch Geheimkonferenzen auf 'friedlichem Wege' abzuwürgen."
Q: Klassenkampf Nr. 13, Freiburg 22.9.1971, S. 1ff

September 1971:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg berichtet über Nordirland (vgl. Aug. 1971, 27.9.1971), wo die irische Regierung versuche, durch Geheimkonferenzen den Befreiungskampf abzuwürgen:"
Das erste Treffen Anfang September mit dem englischen Regierungschef Heath nannte der irische Ministerpräsident Lynch einen 'nützlichen Meinungsaustausch'.
Q: Klassenkampf Nr. 13, Freiburg 22.9.1971, S. 9

27.09.1971:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg berichtet über Nordirland (vgl. Sept. 1971), über die Geheimkonferenzen zwischen dem britischen Regierungschef Heath und dem irischen Ministerpräsidenten Lynch:"
Am 27. September wollen sich die beiden unter Hinzuziehung des englischen Statthalters in Nordirland, Faulkner, abermals treffen, um über die Verschacherung der Interessen der Bevölkerung Irlands zu beraten. Der irische Ministerpräsident will auf dieser Konferenz mit keiner Silbe die Beendigung des Militärterrors und der Verhaftungsaktionen in Nordirland fordern, mit keiner Silbe politische Rechte für die nordirische Bevölkerung verlangen. Die Forderung nach dem endgültigen Abzug der Engländer aus Irland und der Vereinigung Irlands scheint für diese Marionette der Imperialisten gar nicht zu existieren.

So wird deutlich, daß der Kampf um die Vereinigung der beiden Teile Irlands nur dann erfolgreich sein kann, wenn er ein Kampf ALLER ARBEITER UND BAUERN Nord- und Südirlands gegen die imperialistischen Unterdrücker und ihre einheimischen Handlanger, gegen die Ausbeutung durch das internationale Monopolkapital wird. Das Komplizentum der herrschenden irischen Klasse und der irischen Regierung mit dem internationalen Kapital und der englischen Regierung und der Terror der englischen Soldatenstiefel und Gewehre in Nordirland machen deutlich, daß es sich in Nordirland nicht um den Krieg zwischen zwei Religionsgruppen handelt, sondern um den Kampf des irischen Volkes um seine Befreiung. Dieser Kampf aber ist ein Klassenkampf
FÜR EIN VEREINIGTES SOZIALISTISCHES IRLAND!"

Die KPD (vgl. 22.10.1971) berichtet:"
DER FREIHEITSKAMPF DES IRISCHEN VOLKES

Vor gut einem Monat trafen sich die Premierminister der drei Länder Großbritannien, Irland und Nordirland (Ulster), um eine 'Lösung' der Probleme in Nordirland herbeizuführen. Was war der Erfolg dieser Gipfelkonferenz? Wurden durch sie die britischen Besatzungstruppen aus Nordirland zurückgezogen? Oder wurde der Befehl an diese Truppen, gezielt auf Menschen zu schießen, aufgehoben? Verschwanden die Konzentrationslager (KZ,d.Vf.) in Nordirland oder wurden die zahllosen Gefangenen freigelassen? Nein, es gab keine Erleichterung für die Bevölkerung Nordirlands. Im Gegenteil: In diesem Monat erhöht die Regierung von Großbritannien die Zahl der Besatzungstruppen von 12 000 auf 14 000, die Regierung von Nordirland will ihre Polizeistreitkräfte auf 10 000 verstärken.

Welches sind die Ursachen der mit aller Härte geführten Auseinandersetzung in Nordirland, die in der bürgerlichen Presse und im Fernsehen immer als Religionskrieg, als Kampf zwischen Protestanten und Katholiken oder als Auseinandersetzung zwischen nordirischer Regierung und 'fanatischen irischen Nationalisten' dargestellt wird? Welches sind die Gegner in diesem Kampf, der seit nunmehr genau drei Jahren (vgl. 9.10.1968,d.Vf.) in Nordirland tobt?

SEIT JAHRHUNDERTEN WIRD DAS IRISCHE VOLK UNTERDRÜCKT

Irland war die älteste Kolonie Englands. Seit 700 Jahren kämpften die Iren gegen die englische Fremdherrschaft. Anfang des vorigen Jahrhunderts machte die herrschende Klasse Englands mit einem Federstrich das ganze Irland zu einem Teil Englands. Für die englischen Kapitalisten war dieses Land wichtigster Lieferant von Lebensmitteln, die sie zu niedrigsten Preisen importierten, um den Preis der ware Arbeitskraft in England niedrig zu erhalten. Die irischen Bauern hatten keine Wahl, ihre Rinder, Schafe und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnisse an andere Länder zu verkaufen. Das englische Parlament hatte den Export irischer Güter in andere Länder als England verboten. Die englische Militärmacht kontrollierte alle irischen Häfen.

Die vergleichsweise niedrigen Lebensmittelpreise in England mußten die Produzenten dieser Lebensmittel, die irischen Bauern und Arbeiter mit bitterster Armut bezahlen. Während im vorigen Jahrhundert die Bevölkerungszahlen Englands und Wales' sich vervierfachen, sinkt die Bevölkerungszahl Irlands um 20%. In der großen Hungersnot von 1845 bis 1847, die hunderttausende Iren das Leben kostete, produzierte die irische Landwirtschaft Lebensmittel, die ausgereicht hätten, die hungernde Bevölkerung Irlands zu ernähren, die aber sofort vom englischen Kolonialregime abgezogen wurden.

Die Ausplünderung und Ausbeutung Irlands und des irischen Volkes durch den englischen Kolonialismus gingen einher mit Maßnahmen der englischen Fremdherrschaft, jeden Ansatz einer Industrialisierung in Irland zu verhindern. Nur im Norden irlands (in Ulster), wo sich eine größere Zahl englischer Einwanderer angesiedelt hatte, förderte die englische Regierung den Ausbau von Fabriken, die fest in den Händen englischer Kapitalisten waren und sind.

Diese Gebiete klammerten die englischen Imperialisten dann auch 1922 (vgl. 16.1.1922,d.Vf.) aus der übrigen irischen Nation aus, so daß Irland bei Erlangung der formalen Unabhängigkeit 1937 (vgl. Dez. 1937,d.Vf.) ein Agrarland mit kaum entwickelter Industrie war.

Die irische Wirtschaft ist heute noch fast ausschließlich auf die Bedürfnisse Englands orientiert und die alte Abhängigkeit von England erscheint nur in neuem Gewand. Noch immer sind die Iren gezwungen, entweder in ihrem Land in großer Armut zu leben, oder nach England oder USA auszuwandern.

DIE SITUATION IN NORDIRLAND

In den nördlichen Grafschaften Irlands, die der englische Imperialismus 1922 von der irischen Nation abtrennte, bildet die einheimische Bevölkerung das Heer der schlechtbezahltesten Arbeiter, die unter der Herrschaft der reaktionären englischstämmigen Bourgeoisie leben.

Diese Bourgeoisie garantierte bis zum Oktober 1968, als in Londonderry die ersten Barrikaden errichtet wurden den 'Arbeitsfrieden', den sie in westdeutschen Zeitungen den Kapitalisten hier als beste Voraussetzung für Investitionen und den Bau von Zweigwerken pries. Es war der Arbeitsfriede, den die Regierung in Belfast erzwang und immer noch erzwingt mit blutigem Terror gegen die irischen Arbeiter, mit militärischen Polizietruppen, mit englischer Armee, mit Konzentrationslagern und Folter. Die irischen Arbeiter hatten sich erhoben gegen das grenzenlose Elend, in dem sie leben müssen. Mit einem Arbeitslosenheer von mehr als 10 Prozent (in verschiedenen Gegenden sind 40% und mehr % der katholischen, d.h. irischen Arbeiter arbeitslos) halten die Kapitalisten von Nordirland die Arbeiterklasse unter ständiger Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren.

Der deutsche Kapitalist Arnulf Ummen schreibt in der Anzeige der Regierung von Ulster: 'Gerade weil es im Raum von Londonderry so viele Arbeitslose gibt, ist die Erhaltung des Arbeitsfriedens für jeden einzelnen ein Teil seiner Existenzbasis.' Kapitalist Niedermeyer von der Firma Grundig (IGM-Bereich,d.Vf.): 'In unserer Fabrik (Dunmurry) blieb der Arbeitsfrieden nun schon länger als zehn Jahre gewahrt. Private Meinungsverschiedenheiten politischer oder religiöser Art werden noch nicht einmal auf dem Heimweg diskutiert, denn der gehört zur Arbeit. Niemand könnte es sich leisten, durch private Unachtsamkeit seinen Arbeitsplatz zu riskieren.'

Den bestehenden Religionsunterschied (die eingewanderten englischen Arbeiter und kleinen Bauern sind protestantisch, die einheimische irische Bevölkerung ist katholisch) nutzen die Kapitalisten dazu aus, die durch Arbeitslosigkeit bestehende Konkurrenz zwischen den Arbeitern zur tiefen Spaltung der ausgebeuteten Klasse werden zu lassen.

Sie bevorzugen bei Einstellungen planmäßig englischstämmige Arbeiter und drängen so die irischen Arbeiter und Kleinbauern in die Rolle der Reservearmee, der Lohndrücker und Streikbrecher.

Sie wollen damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: 1. setzen sie damit die protestantischen Arbeiter ständig unter Druck und halten sie in Angst vor der Konkurrenz der ärmeren irischen Arbeiter. -

2. treiben sie die Verelendung der katholischen Arbeiter und Bauern voran, soweit, daß viele von ihnen auswanderten, und dies waren zumeist die rebellischsten Teile der irischen Bevölkerung, die bis heute nicht die Lostrennung und die Fremdherrschaft verwunden hat. Die ersten Kampfformen gegen diese nationale Diskriminierung wurden von der nordirischen 'Bürgerrechtsbewegung' entwickelt, die unter der Führung der tapferen Bernadette Devlin versuchte, mit Streiks, Boykottmaßnahmen und passivem Widerstand, der Willkürherrschaft der englischen Bourgeoisie entgegenzutreten. Diese antwortete darauf mit Soldaten, Verhaftungen, Konzentrationslagern.

Nordirland ist ein Teil Irlands, und deshalb ist es Unsinn, wenn die britischen Kapitalisten behaupten, die Iren in Nordirland seien eine Minderheit gegenüber den eingewanderten Engländern. Die Engländer sind in Irland eine Minderheit und die Kapitalisten und ihre Knechte in Nodirland sind eine Besatzungsmacht, die vom gesamten irischen Volk vertrieben werden wird.

DER KAMPF DER IRA

Es ist daher auch keine Invasion, wenn der Widerstand der Iren in Nordirland aus der Republik Irland unterstützt wird, wenn Organisationen, die in der langen Geschichte des irischen Freiheitskampfes entstanden sind, diesen Kampf in Nordirland fortsetzen. Die wichtigste dieser Organisationen ist die IRA (irische republikanische Armee), die im Aufstand 1916 (vgl. 12.4.1916,d.Vf.) entstand. Die heutige IRA, die in zwei Flügel gespalten ist, unterstützt den Kampf der Bevölkerung von Nordirland. Besonders der 'Provisorische' Flügel führt im Norden den bewaffneten Kampf gegen die englische Besatzung. Die Unterstützung durch die Massen ist stark, aus den Erfahrungen des Volkskriegs in Vietnam beginnen die Einwohner der Arbeiterviertel Warnsysteme zu übernehmen (Gongs, Schlagen auf Müllkisten usw.); sie versorgen die Kämpfer der IRA mit Lebensmitteln und gewähren ihnen Unterschlupf. Joe Cahill, Führer der 'provisorischen IRA', der selber aus den Slums von Belfast stammt, kann in den irischen Arbeitervierteln von Belfast oder Londonderry öffentlich auftreten, den englischen Besatzungstruppen gelang es bisher nie, ihn zu fassen.

In der Republik Irland sind ebenfalls beide Flügel der IRA verboten, die Regierung Irlands ist reaktionär und möchte sich lieber mit der englischen Bourgeoisie arrangieren. Jedoch der Freiheitskampf in Nordirland ließ auch in der Republik die Widersprüche stärker hervortreten. Auch hier sind die Massen der Werktätigen und kleinen Bauern verarmt, werden mit Steuergeldern ausländische Konzerne (besonders aus England und der Bundesrepublik) ins Land geholt, angelockt von der Möglichkeit, aufgrund der niedrigen Löhne riesige Extraprofite zu machen.

DER ANTIIMPERIALISTISCHE KAMPF DES IRISCHEN VOLKES

Der Befreiungskampf der nordirischen Bevölkerung findet breiteste Sympathie in Irland. Wurden vor wenigen Jahren noch Mitglieder der IRA verhaftet, wenn sie auf den Straßen Osterblumen in Erinnerung an den Osteraufstand 1916 verteilten, so konnten beide Flügel jetzt in der Republik Geld für Waffen sammeln. WEGEN DER UNTERSTÜTZUNG DER MASSEN WAGTE ES DIE REGIERUNG LYNCH NICHT, DAGEGEN VORZUGEHEN.

Der Kampf des irischen Volkes gegen die imperialistische Ausbeutung durch England, gegen die Besatzung eines Teils von Irland wird gleichzeitig ein Kampf gegen die reaktionäre Regierung der Republik Irland sein. Alle Kommunisten und Anti-Imperialisten müssen die Bildung einer marxistisch-leninistischen Partei Irlands unterstützen, die den Befreiungskampf im Rahmen einer nationalen Einheitsfront zu führen hat.

ES LEBE DER KAMPF DES IRISCHEN VOLKES!"
Q: Klassenkampf Nr. 13, Freiburg 22.9.1971, S. 9

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18.02.1972:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg berichtet heute vom Bergarbeiterstreik in Großbritannien (vgl. 16.2.1972), teils in Anlehnung an den KB Bremen (KBB - vgl. 9.1.1972):"
Die Regierung Heath, die gerade dabei ist, mit blutiger Gewalt gegen den Freiheitskampf der Bevölkerung Nordirlands loszuschlagen, diese Regierung will jetzt an den Bergarbeitern ein Exempel für alle zukünftigen Lohnkämpfe statuieren. Deshalb ist der Kampf der Bergarbeiter für höhere Löhne zugleich ein Kampf gegen die arbeiterfeindliche Politik des Staates. Die Kumpels bilden in diesem Kampf um ihre Forderung gegen den Lohnabbau die entschlossene Vorhut der ganzen englischen Arbeiterklasse."
Q: Klassenkampf Extrablatt, Freiburg 18.2.1972, S. 2

13.04.1972:
In Freiburg erscheint vom Maikomitee der Gewerkschaftsjugendgruppen bzw. vom Gewerkschaftlichen Maikomitee der Jugendgruppen der BSE, DruPa, HBV, IGM Emmendingen; OJA der IGM Freiburg; Arbeitskreis Junger Metaller Freiburg (vgl. 5.4.1972, 14.4.1972) ein Flugblatt:"
HERAUS ZUM 1.MAI

Demonstrieren wir am 1.Mai unter den Parolen:

- Solidarität mit dem Kampf des spanischen, griechischen und türkischen Volkes gegen den Faschismus, Solidarität mit dem Kampf des irischen Volkes gegen koloniale Unterdrückung.
- Selbstbestimmungsrecht der unterdrückten Völker heißt Kampf dem US-Imperialismus und seinen Verbündeten."
Q: Maikomitee der Gewerkschaftsjugendgruppen: Heraus zum 1. Mai, Emmendingen/Freiburg 12.4.1972

15.11.1972:
In Freiburg findet, laut und unterstützt von BKA, eine Irlandveranstaltung im Haus der Jugend mit einem Vertreter der IRA (Officials) statt.
Q: Klassenkampf Nr. 26, Freiburg 15.11.1972, S. 10ff

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23.05.1973:
Frühestens heute gibt in Freiburg der IFS die Nr. 6 des 'Schulkampf' (vgl. 9.4.1973, 27.9.1973) heraus, in der u.a. über Irland berichtet wird.
Q: Schulkampf Nr. 6, Freiburg Mai 1973, S. 21ff

Freiburg_Schulkampf_6_1973_068

Freiburg_Schulkampf_6_1973_069

Freiburg_Schulkampf_6_1973_070


02.07.1973:
Die Aktion Lateinamerika (ALA) Freiburg veröffentlicht vermutlich Anfang dieser Woche den folgenden selbst geschriebenen Text:"
DIE ENTWICKLUNG DES TERRORS IN GUATEMALA

DER RECHTE TERROR

Der Terror ist die bevorzugte Waffe der etablierten Autoritäten wenn ihre Macht durch zunehmende Unzufriedenheit in Frage gestellt wird, weil er die Fähigkeit zur sozialen Kontrolle einschließt, die wir als wesentlich für die Anwendung dieser Taktik betrachten. Im Rahmen des Guerrillakampfes der Gegenwart findet man Beispiele, wo die Verteidigung einer etablierten Ordnung die Anwendung des Terrors angebracht findet und nicht zögert ihn anzuwenden.

Während des Unabhängigkeitskrieges Irlands wurden die 'Black Tans' vorzugsweise im regulären Heer durch die Briten eingestellt."
Q: Aktion Lateinamerika Nr. 1, Freiburg 1973, S. 7ff

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