Neues Rotes Forum, Jg. 2, Nr. 4, Okt. 1971

Oktober 1971:
In Heidelberg erscheint das 'Neue Rote Forum' (NRF) Nr. 4 (vgl. 1.6.1971, 29.11.1971), an dem Gabi Ripke nicht mehr mitarbeitet, zum Preis von 1,50 DM. Die Auflage wird mit 6 000 angegeben.

Bekanntgegeben wird in "Metalltarifrunde 1971", daß die Kommunistischen Gruppen (NRF) Mannheim und Heidelberg nachträglich in die Aktionseinheit zur Metalltarifrunde (MTR-AE) der IGM eingestiegen sind (vgl. 25.7.1971). Als weitere derzeitige Teilnehmer dieses Unternehmens werden genannt:
ABG München, KAB Hamburg, KAG Oldenburg, KB's Bremen, Göttingen und Wilhelmshaven, KB/ML's Eutin, Flensburg, Lübeck und Westberlin, SALZ's Bremerhaven, Cuxhaven, Hamburg und Stade, SBG's Regensburg und Berlin Tempelhof, SDA Berlin und KAJB Göttingen.

Zu den Differenzen in der "Aktionseinheit kommunistischer Organisationen in der Metalltarifrunde" (MTR-AE), deren Plattform dokumentiert wird, wird verlautbart, daß KB Bremen und KB Göttingen für die Verteidigung der Forderungen der Tarifkommissionen eingetreten seien, während SALZ und KAB Hamburg diese für Betrug hielten, woraufhin sie von den Bremern und Göttingen als Agenten der Bourgeoisie bezeichnet wurden.

Zur KPD/ML-ZB, die sich nicht an der Aktionseinheit beteiligte, heißt es:"
Die KPD/ML (ZB) hat die Bildung der Aktionseinheit, die sie als 'Zirkelblock' bezeichnet, scharf angegriffen. Die KPD/ML (ZB) geht davon aus, daß das westdeutsche Proletariat derzeit nicht in Abwehrkämpfen gegen die allseitigen Angriffe des Kapitals begriffen ist, und daß es die Aufgabe der Kommunisten ist, die allseitige Abwehrfront des Proletariats zu organisieren, sondern daß sich das westdeutsche Proletariat gegenwärtig auf einen schweren politischen Schlag gegen die Bourgeoisie vorbereitet. Diese Einschätzung wird einerseits mit der allgemeinen Tendenz zur Revolution in der Welt begründet, und andererseits mit der Proletarisierung in den Betrieben. Obwohl beides nicht zu bezweifeln ist, müssen wir sehen, daß derzeit noch keine größere Fraktion des westdeutschen Proletariats die Perspektive der Revolution entwickelt hat und die Polarisierung in den Betrieben keine zwischen Revolutionären und Reaktionären ist, sondern zwischen fortschrittlichen Gewerkschaftern und Lohnleitlinienpolitikern, zwischem gewerkschaftlichen Bewußtsein und Sozialpartnerschaftsideologie. Es ist ja gerade die Schwierigkeit der gegenwärtigen Situation, daß die Bourgeoisie einen allseitigen Angriff gegen die Arbeiterklasse vorbereitet und organisiert, während sich die Arbeiterklasse erst wieder der grundsätzlichen ökonomischen Gegensätzlichkeit ihrer Interessen und der Interessen des Kapitals bewußt wird, was seinen Ausdruck in dem Kampf um die Gewerkschaften findet, aber noch nicht in einer bewußten politischen Abwehr der Angriffe des Staates als geschäftsführendem Ausschuß der Bourgeoisie. Die KPD/ML (ZB) propagiert in der Metalltarifrunde vor allem das 'Vertrauen auf die eigene Kraft', ohne zu sehen, daß eine Bedingung für die eigene Kraft des Proletariats seine gewerkschaftliche Organisation ist, und daß die Kommunisten deshalb den Kampf um die Gewerkschaften unterstützen und anleiten müssen.

Ohne gewerkschaftliche Organisation der Arbeiterklasse fehlt ihr selbst die Kraft, die ökonomischen Angriffe des Kapitals in der Krise abzuwehren. Wenn die KPD/ML (ZB) die Parole 'Vertrauen auf die eigene Kraft' verbindet mit der Parole 'Stärkt die KPD/ML', ohne den Kampf um die Gewerkschaften auch nur zu erwähnen, so betreibt sie eine linkssektiererische Politik, die an den gegenwärtigen Kämpfen der Arbeiterklasse vorbeigeht. Die KPD/ML (ZB) hat die 15%-Forderung auf den Ecklohn von Lohngruppe 7 der Hoesch-Vertrauensleute zur Forderung der Partei erhoben und stellt diese Forderung als Forderung der Arbeiterklasse den Forderungen der anderen Betriebe (z.B. Klöckner-Bremen) gegenüber und verurteilt jede Abweichung von der 15%-Forderung nach oben und nach unten als Spaltung der Arbeiterklasse. Gegenüber den realen Entwicklungen in der Metalltarifrunde bleibt sie vorsätzlich blind und katapultiert sich selbstbewußt aus der realen Auseinandersetzung hinaus. Als einige marxistisch-leninistische Gruppen, nachdem der Kampf gegen die Lohnleitlinienpolitik der Gewerkschaftsführung in der Phase vor Festlegung der gewerkschaftlichen Forderungen nicht zum Erfolg geführt hatte, die 11% als Mindestforderung propagierten, krähte die KPD/ML etwas von Spaltung der Arbeiterklasse, obwohl absehbar ist, daß die Arbeiterklasse den Kampf gegen die Kapitalistenklasse und die Lohnleitlinienpolitik der SPD und der Gewerkschaftsspitze gerade auf Basis dieser 11%-Forderung führen wird. Statt die realen Kämpfe der Arbeiterklasse zu unterstützen und nach Möglichkeit anzuleiten, propagiert die KPD/ML (ZB), ohne den Kampf um die Gewerkschaften auch nur zu erwähnen, das Vertrauen auf die eigene Kraft, eine Propaganda, die dann notwendig leer sein muß, wenn sie von der gewerkschaftlichen Organisation der Arbeiterklasse absieht.

Die gegenwärtigen ökonomischen Kämpfe sind von entscheidender Bedeutung für den Parteibildungsprozess des westdeutschen Proletariats. Das westdeutsche Proletariat wird sich in ihnen wieder der grundsätzlichen ökonomischen Gegensätzlichkeit seiner Interessen und der Interessen des Kapitals bewußt. Durch den offensichtlichen Eingriff des Staates in diese Kämpfe auf seiten der Bourgeoisie, bilden sich Keime des politischen Klassenbewußtseins heraus, die es den Kommunisten ermöglichen, eine allseitige politische Propaganda mit dem Ziel der Vereinheitlichung der Klasse auf dem Boden des Marxismus-Leninismus zu entfalten. Der derzeit wichtigste Schritt dieser Vereinheitlichung ist der Kampf gegen die Lohnleitlinienpolitik und ihrer Verankerung in den Gewerkschaften. In diesem Kampf, der wesentlich auch Kampf um die Gewerkschaften ist, müssen sich die Kommunisten als Avantgarde der Klasse bewähren, wenn sie den Marxismus-Leninismus in der Klasse verankern wollen."

In der gleichen Ausgabe befindet sich auch der Artikel "Zwei, Drei, Viiiiele Parteien?". Er beschäftigt sich mit der Gründung der KPD/AO (vgl. 7.7.1971) und bezeichnet diese als 'Größenwahn' und 'Sektierertum'. U.a. heißt es:"
Nach ihrer ganzen bisherigen Haltung ist es nur konsequent, daß diese Westberliner Gruppe darauf beharrt, vom Tage ihrer Gründung an, d.h. seit Februar 1970, die Kommunistische Partei Deutschlands gewesen zu sein, wenn auch zunächst noch unter falschem Namen, nämlich als KPD-Aufbauorganisation. Mit demselben Recht könnte jeder örtliche Zirkel sich ebenfalls zur KPD umbenennen. Wir hätten dann in Kürze nicht nur ein halbes Dutzend KPD/MLs, sondern mindestens ebensoviele KPDs, die sich alle miteinander darum balgen, ihren Führungsanspruch durchzusetzen."

Weiter heißt es, auch durch PGH bzw. AStA der PH Dortmund (vgl. 2.5.1972) zitiert, auch:"
Es ist zu fragen, welchen Sinn es haben kann, wenn sich jeder örtliche Zirkel oder jede politische Strömung heute pathetisch zur 'Kommunistischen Partei' hochjubelt und seinen Führungsanspruch durchsetzen will. WEM NÜTZT DAS? Der Arbeiterklasse doch wohl kaum. Denn das Auftreten immer neuer Möchtegerne als 'Kommunistische Partei' ist nur geeignet, das prinzipielle Mißtrauen der Arbeiter zu verstärken gegen JEDE kommunistische Organisation. Aus dieser Entwicklung schlagen kurzfristig auch die Revisionisten Kapital, obwohl sie bei etwas mehr politischen Weitblick sehen müßten, daß sie sich mit ihrer Demagogie gegen die Zersplitterung der Linken langfristig selbst ins Kreuz treten.

Es wäre gut, wenn weniger vom 'FÜHRUNGSANSPRUCH' geschwätzt würde, sondern angegangen würde von der VERPFLICHTUNG der Kommunisten, sich als Führung zu erweisen. Anspruch also nicht an die Massen, sondern Anspruch an die Kommunisten selbst, sich in der Praxis für ihre Aufgabe zu qualifizieren."

Weitere Artikel sind:
- "Über die Kategorie 'Arbeitslohn'" von Til Damm;
- "Der 'Dialog' oder Südafrika als Nebenmetropole" zu Azania, von Bernd Kalkum und Eduardo Ferreira vom Komitee Südliches Afrika (KSA);
- "Die neuen Mittelklassen und das Proletariat - Bürgerliche und proletarische Linie in der Klassenanalyse" zu den NMK, von Joscha Schmierer;
- "Naturerkenntnis und sozialistische Praxis. Beitrag zur Diskussion Rethelscher Theoreme", von Harald Schwarzenberg;
- "Brief von Alfred Sohn-Rethel an die Redaktion des Neuen Roten Forum";
- "Resolution der Aktionseinheit vom 28.9.71" zur MTR-AE

Eine Anzeige wirbt für einen neu erschienenen Reprint der Zeitschrift 'Der Marxist' (Blätter der Marxistischen Arbeiterschule). 'Der Marxist' war die Schulungszeitschrift der Marxistischen Arbeiterschule aus den 30er Jahren. Geworben wird auch für das Buch "Sanierung für wen?" vom Berliner Büro für Stadtsanierung und soziale Arbeit.

Eingegangen wird auf diese Ausgabe auch in:
- Hessen durch C. Cordel vom Frankfurter Kampfbund/Marxisten-Leninisten (FKB/ML - vgl. Okt. 1972).
Q: Klassenkampf und Programm Nr. 1, Dortmund Dez. 1972, S. 50 und 54; Neues Rotes Forum Nr. 4, Heidelberg Okt. 1971;AStA PH Dortmund: AStA-Information Nr. 11, Dortmund o.J. (Mai 1972), S. 7

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