Stuttgart: Die Typhus-Epidemie 1974

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin


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Zu der Stuttgarter Typhus-Epidemie des Jahres 1974 können hier bisher nur wenige Dokumente erschlossen werden, die nahezu ausschließlich von der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), deren Anhänger im Stuttgarter Gesundheitswesen aufgrund ihrer Aktivitäten im Untersuchungsausschuß zur Typhus-Epidemie mit Entlassungen und später auch mit Prozessen bedacht werden.

Weitere Typhus-Epidemien gab es im Jahr 1974 zuerst in Göttingen und zugleich in Heidelberg.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

21.10.1974:
In Stuttgart gründet die KPD vermutlich in dieser Woche eine Zelle am Katharinenhospital (ÖTV-Bereich), die u.a. in der Kampagne gegen die Typhus-Epidemie aktiv wird.
Quelle: Rote Fahne Nr. 44, Dortmund 30.10.1974, S. 3

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28.10.1974:
In Stuttgart gelingt es der KPD, nach eigenen Angaben, vermutlich in dieser Woche im Rahmen der Typhuskampagne 78 'Rote Fahnen' (RF) vor Horten zu verkaufen. Ein Offener Brief wurde vermutlich ebenfalls in dieser Woche veröffentlicht von MedizinalassistentInnen aus dem Katharinenhospital, dem Robert Bosch Krankenhaus und dem Paracelsus Krankenhaus Ruit, wo auch ein Assistenzarzt unterschrieb.
Q: Rote Fahne Nr. 45, Dortmund 6.11.1974, S. 1, 3 und 5

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30.10.1974:
Der KBW gibt seine 'Kommunistische Volkszeitung' (KVZ - vgl. 16.10.1974, 7.11.1974) Nr. 22 heraus und berichtet in "Eine Typhusepidemie ist kein Zufall. Behörde hält Informationen über verdächtige Firma zurück" von der Epidemie im Raum Heidelberg / Stuttgart.
Quelle: Kommunistische Volkszeitung Nr. 22, Mannheim 30.10.1974, S. 9

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04.11.1974:
Am Stuttgarter Katharinenhospital wird, laut KPD, vermutlich in dieser Woche, eine Medizinalassistentin wegen der Typhuskampagne entlassen.
Q: Rote Fahne Nr. 46, Dortmund 13.11.1974, S. 3

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14.11.1974:
Der KBW gibt die Nr. 24 seiner 'KVZ' (vgl. 7.11.1974, 21.11.1974) heraus und berichtet in "Mit banalen Hygieneempfehlungen gegen die Typhuswelle" aus Freiburg und vom Tod einer Frau in Stuttgart.
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr. 24, Mannheim 14.11.1974, S. 8

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27.11.1974:
In der Nr. 48 ihrer 'Roten Fahne' (vgl. 20.11.1974, 4.12.1974) berichtet die KPD aus Stuttgart von der Typhuskampagne.
Q: Rote Fahne Nr. 48, Dortmund 27.11.1974, S. 5

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28.11.1974:
In Stuttgart gibt der Untersuchungsausschuß zur Typhusepidemie vermutlich Mitte bis Ende dieser Woche die "Dokumentation Typhus in Stuttgart" in einer Auflage von 1 000 Stück heraus, von der in unserem Exemplar leider zwei Seiten unbedruckt waren.

Auf dem Titelbild erscheint das Entlassungsschreiben von Dorothea Lange am Katharinenhospital Stuttgart wegen ihrem Offenen Brief an die Stuttgarter Gesundheitsbehörden.

Enthalten sind die Abschnitte:
- "Vorwort";
- "Dokumentation einer Epidemie! Dokumentation einer schlechten Gesundheitspolitik!" mit einer Chronik vom 19.10.1974 bis 19.11.1974;
- "Die Situation in den Krankenhäusern";
- "1. Gab es in Stuttgart für die Typhuspatienten genügend Betten?" mit einem Brief eines Patienten an Frau Lange vom 26.11.1974;
- "2. Gab es ausreichende hygienische, medizinische und diagnostische Schutzmaßnahmen für das gesamte Krankenhauspersonal?";
- "3. Gab es an den Stuttgarter Krankenhäusern zur Versorgung der Typhuspatienten genügend Personal?";
- "4. Welche Konsequenzen müssen gezogen werden?";
- "Offener Brief" von Dorothea Lange vom 1.11.1974, der in unserem Exemplar nur teilweise abgedruckt ist;
- eine Erklärung der ÖTV Kreisverwaltung Stuttgart vom 5.11.1974, die von den mittlerweile 96 Unterstützern des Offenen Briefs im Gesundheitswesen berichtet und sich voll solidarisch erklärt;
- eine Antwort des Bürgermeisters auf den Offenen Brief vom 6.11.1974;
- ein Schreiben des Bürgermeisters an D. Lange vom 12.11.1974, in der ihr weitere öffentliche Äußerungen untersagt werden;
- ein Schreiben des Bürgermeisters an Dorothea Lange vom 19.11.1974 bzgl. des Verbots, "angebliche Mißstände im Katharinenhospital an die Öffentlichkeit zu tragen";
- das Kündigungsschreiben von D. Lange vom 21.11.1974;
- ein Schreiben von D. Lange an ihre Kollegen vom 25.11.1974;
- ein weitere Schreiben des Personalamtes an D. Lange vom 21.11.1974;
- ein Flugblatt "Typhus in Stuttgart" der KPD-Zelle Katharinenhospital vom 28.10.1974;
- ein Flugblatt "Die Stadtverwaltung zieht erste Konsequenzen aus der Typhus-Welle: Dorle Lange entlassen!" vom Untersuchungsausschuß zur Typhusepidemie;
- ein Leserbrief Betroffenen an die Stuttgarter Zeitung; sowie
- eine "Protesterklärung" gegen die Entlassung von Dorothea Lange.
Q: Untersuchungsausschuß zur Typhusepidemie: Dokumentation Typhus in Stuttgart, Stuttgart o. J. (1974)

02.12.1974:
Die KPD berichtet vermutlich aus dieser Woche von der Typhuskampagne in Stuttgart und Umgebung, man habe bisher ca. 3 000 Unterschriften gesammelt und solidarisch erklärt hätten sich auch die ASten der Unis Stuttgart und Stuttgart-Hohenheim sowie der Fachhochschule für Bibliothekswesen, Redakteure der 'Stuttgarter Nachrichten', Schauspieler des Württembergischen Staatstheaters, Gerichtsreferendare, Schüler und Lehrer des Neuen Gymnasiums in Stuttgart-Feuerbach sowie die ÖTV Reutlingen.
Q: Rote Fahne Nr. 50, Dortmund 11.12.1974, S. 5

04.12.1974:
In der Nr. 49 ihrer 'Roten Fahne' (vgl. 27.11.1974, 11.12.1974) berichtet die KPD aus Stuttgart von der Typhuskampagne.
Q: Rote Fahne Nr. 49, Dortmund 4.12.1974, S. 3

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06.12.1974:
Die KPD berichtet von der Typhuskampagne in Stuttgart und Umgebung über eine weitere Entlassung, gegen einen Assistenzarzt am Paracelsuskrankenhaus (ÖTV-Bereich) in Ruit (Landkreis Eßlingen).
Q: Rote Fahne Nr. 50, Dortmund 11.12.1974, S. 5

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10.01.1975:
In Stuttgart führt, laut und mit KPD, das Kampfkomitee für die Wiedereinstellung von Dorle und Martin Lange, die wegen der Typhuskampagne am Katharinenhospital bzw. der Paracelsusklinik in Ruit (Lks Eßlingen) entlassen wurden, seine erste große Kampagne durch. "Die ÖTV-Betriebsgruppe Robert-Bosch-Krankenhaus war fast vollständig erschienen."
Q: Rote Fahne Nr. 4, Dortmund 29.1.1975, S. 10

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19.03.1975:
Die KPD gibt die Nr. 11 ihrer 'Roten Fahne' (RF - vgl. 12.3.1975, 26.3.1975) heraus. Aus Stuttgart wird auch eingegangen das Robert Bosch Krankenhaus und das Katharinenhospital.
Q: Rote Fahne Nr. 11, Köln 19.3.1975, S. 7

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05.04.1976:
In Stuttgart findet, laut KPD, vermutlich in dieser Woche ein Prozeß wegen einem Polizeieinsatz bei der Sammlung von Unterschriften gegen die Entlassung einer Ärztin aus dem Katharinenhospital (ÖTV-Bereich) wegen der Typhuskampagne statt. Diese Ärztin wurde freigesprochen, der KPD-Landtagskandidat Wolfgang Fischer 1 200 DM Geldstrafe verurteilt und eine weitere Person zu 400 DM.
Q: Rote Fahne Nr. 15, Köln 14.4.1976, S. 2

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Letzte Änderung: 04.11.2019