RGO-Nachrichten, 4. Jg., Januar 1981, Nr. 1 (mit Beilage: "RGO-Kongress-Extra 3")

Januar 1981:
Die RGO gibt ihre „RGO-Nachrichten“, Nr.1/1981, heraus.

Inhalt der Ausgabe ist u. a.:
- Protest in IG DruPa
- Wahlen zur Vertreterversammlung
- Wohin treibt ‘ran‘?
- Interview mit einem Postler: Nach Streik in RGO
- IGM Gewerkschaftstag: Kollegen unterstützt uns, beweist Mut
- Siemens - Ideologie zur Frauenarbeit
- Betriebsratswahlen in Spanien
- Enka-Glanzstoff/Kassel: Betriebsbesetzung - Antwort auf Stilllegungspläne
- Wahlen zur Vertreterversammlung - Klassenkämpferische Vertreter wählen
- Kompromisslose Verteidigung unserer Arbeitsplätze - Der einzige Weg. Dortmund: Stahlwerk jetzt
- Opel/Rüsselsheim: Sabotage der IGM - Führung

Die Ausgabe enthält auch die „Gründungserklärung“ der RGO, die auf ihrem 2. RGO-Kongress verabschiedet wurde.

Im Artikel „Kompromisslose Verteidigung unserer Arbeitsplätze - Der einzige Weg. Dortmund - Stahlwerk jetzt“, wird ausgeführt:

„Dortmund: Am 29. November hielt Dortmund den Atem an: 70.000 Menschen waren auf die Straße gegangen, um für den Erhalt der Arbeitsplätze bei Hoesch zu demonstrieren.

Bei den Dortmunder Stahlarbeitern hat es schon viele Kämpfe geben. Diese Demonstration aber war sicher die größte nach Kriegsende. Breite Solidarität auch von den Kollegen anderer Einzelgewerkschaften, die dem längst überfälligen Aufruf der IG Metall gefolgt waren. Die Entlassungs- und Stilllegungspläne der ESTEL-Bosse ist nicht nur ein Problem der Hoesch-Kollegen. Es hätte katastrophale Auswirkungen für ganz Dortmund und Umgebung.

Diese Demonstration war Ausdruck davon, dass die Stahlkollegen und mit ihnen gemeinsam breite Teile der Werktätigen bereit sind zu kämpfen, und nicht ruhig zusehen, wie ein ganz wesentlicher Teil ihrer Existenz von den Konzernbossen zunichte gemacht wird. Der Verkehr in der Innenstadt kam völlig zum Erliegen. Sirenen heulten, Kirchenglocken läuteten. Viele Geschäfte hatten geschlossen und in den Schaufenstern Aushänge gemacht, wo sie ihre Solidarität mit den demonstrierenden Kollegen äußerten.

Kampfbereitschaft bei den Kollegen.

Während die Hoesch-Kollegen und breite Teile der Bevölkerung ihre Kampfentschlossenheit zeigten, war bei den Kundgebungsrednern bis auf eine Kollegin der ‘Initiative Stahlarbeiterfrauen‘ eher das Gegenteil der Fall. NRW-Ministerpräsident Rau besaß doch die Frechheit, dort den sozialen Frieden und die Montanmitbestimmung anzupreisen. Ausgerechnet in dieser Situation redet dieser Landesvater vom sozialen Frieden, wo die Kapitalisten eiskalt eine ganze Region in Arbeitslosigkeit und Ungewissheit stürzen wollen. Für die zählt eben nur maximaler Profit! Die feinen Herren Politiker wie Rau, oder Oberbürgermeister Samtlebe von Dortmund sollten besser ganz still sein, sie selbst sitzen doch teilweise im ESTEL-Aufsichtsrat und haben dort mit beschlossen, kein neues Stahlwerk zu bauen, Tausende Arbeitsplätze zu vernichten. Samtlebe kommt sich offenbar sehr gescheit vor, wenn er jetzt die Werbetrommel für den Bau eines Atomkraftwerkes in Dortmund, rührt - das wird nicht Tausende Arbeitsplätze schaffen, die bei Hoesch verloren gehen, vielmehr kommt damit neben der Sorge um die Arbeitsplätze dann noch Sorge um die Gesundheit für die Dortmunder dazu.

Mittlerweile wurden konkrete Pläne der ESTEL - Bosse bekannt: Umstrukturierung der Dortmunder Walzwerke mit Folgen für die Stilllegung des Werkes Union bis 1981. Ersatzlose Stilllegung der Siemens-Martin-Werke. Streichung jeglicher Investitionen für das Phönix-Werk - Schließung bis 1987. Bestehen soll nur noch die Westfalenhütte mit einer um 10.000 verringerten Belegschaft.

Kollegen, hier kann es keine schönen Worte, keine zeitraubenden Verhandlungen mehr geben. Jetzt gilt es, die ganze gewerkschaftliche Kraft zu mobilisieren für die kompromisslose Verteidigung unserer Arbeitsplätze …

Schluss mit den Hinhaltemanövern der IG Metall

Was sich schon auch schon auf der Kundgebung bei der Demonstration zeigte, wo vom mächtigen Dieterich und den Herren Betriebsratsvorsitzenden kein Wort von ‘Stahlwerk jetzt‘ zu hören war, scheint kein Zufall zu sein, sondern durchgängige Linie. ‘Wirtschaftsförderung‘ heißt die neue Schmierseife, womit jetzt die Kollegen eingeseift, eben vom Kampf abgehalten werden sollen - das soll das neue, aber unfassbare Feindbild sein!

So der 1. Bevollmächtigte der IG Metall/Dortmund Dieterich: ‘Man ist nicht in der Lage, ansiedlungswilligen Großunternehmen auch nur einen Quadratmeter Industriefläche anzubieten.‘ Ob er auch ein Kernkraftwerk mit dem ansiedlungswilligen Unternehmen meint? Was soll dieses dumme Geschwätz, Kollegen, jetzt geht es darum, Tausende von Arbeitsplätzen zu retten, es geht um die Existenz der ganzen Stadt, darum muss die Stahlbasis erhalten bleiben. Darum: Stahlwerk jetzt! Es hat sich gezeigt, dass wir bei diesem Kampf auf solche Leute keinesfalls unsere Hoffnungen setzen dürfen.

Die Betriebsratsspitze von Hoesch hat auf der ganzen Linie jämmerlich versagt. Es zeigt sich heute immer klarer, dass die Positionen der beiden RGO-Betriebsräte genau richtig waren: Keine Zustimmung für den Sozialplan, kompromisslose Verteidigung der Arbeitsplätze. In dem Flugblatt der RGO-Betriebsratsgruppe vom 9.12.80 heißt es: ‘Die RGO sagt klipp und klar, wenn wir das Schlimmste verhindern wollen, wenn wir uns Morgen nicht schon alle auf dem Arbeitsamt wiederfinden wollen, dann müssen wir auch unbefristete Streikmaßnahmen ins Auge fassen, dann müssen wir jetzt schon daran arbeiten, dass beim nächsten Mal noch mehr als dieses Mal auf den Neuen Markt kommen.‘

Und wenn sich die Bonzen aus dem Betriebsrat und die verantwortlichen Führer der IG Metall in den Weg stellen, die Sache boykottieren, dann müssen wir denen Dampf machen, notfalls auch ohne sie die entsprechenden Kampfmaßnahmen organisieren. Kollegen! An der RGO soll es nicht fehlen.“

Im Artikel „Opel/Rüsselsheim: Sabotage der IGM-Führung“ heißt es:

„Die Haltung der Gewerkschaftsführung in der Frage der Rationalisierung und Arbeitsplatzvernichtung ist fatal. Anstatt die gewerkschaftliche Kampfkraft zu mobilisieren, stimmt sie in Form von Sozialplänen und langen Hinhaltemanövern Massenentlassungen faktisch zu. Sie sagt ‘Ja‘ zu Rationalisierung und Entlassung, wenn es die wirtschaftliche Lage der Unternehmen erfordert. Realität ist aber, dass sich die wirtschaftliche Lage der Unternehmer einzig an ihrem Profit orientiert. Realität ist, dass auf der einen Seite die Interessen der Kapitalisten nach Maximalprofit stehen, auf der anderen Seite, im Gegensatz dazu, die Interessen der Arbeiter, die um ihren Arbeitsplatz, ihre Existenz kämpfen. Diese Arbeiterinteressen gegen die ganze Macht der Kapitalisten zu verteidigen, wäre heute die Aufgabe der DGB-Gewerkschaften. Dieser Kampf ist Klassenkampf!

Die Politik des DGB beruht auf Sozialpartnerschaft, sie leugnet diesen Klassengegensatz, will um jeden Preis einen solchen Kampf verhindern. Die konkreten Auswirkungen zeigten sich jetzt in Rüsselsheim für den Erhalt der Arbeitsplätze bei Opel. Vertrauensleuten und Vertreterversammlungen den Kampf boykottiert. In Rüsselsheim hätten am 29. November wie einen Tag zuvor in Dortmund, auch mehrere 10. 000 Kollegen für den Erhalt der Arbeitsplätze bei Opel demonstrieren müssen.

RGO organisiert Demonstration

Die RGO hat mit ihrer Demonstration ein wichtiges Zeichen gesetzt. Obwohl diese Demonstration am 29.11. zahlenmäßig sehr klein war, hatte sie eine große Wirkung in Rüsselsheim und danach auch im Opel -Betrieb. Selbst der zuständige Konzernboss für die europäischen Werke, der an diesem Tag in Rüsselsheim weilte, sah sich genötigt, bei einer Konferenz auf diese Demonstration einzugehen. Auch die Tageszeitung ‘Rüsselsheimer Echo‘ berichtete darüber und druckte auch eine Stellungnahme des RGO-Betriebsrates bei Opel, Atilla Özgüc ab, der diese Demonstration im Wesentlichen organisiert hatte. Das brachte ihm auch noch mal ganz großes Ansehen bei den Kollegen. Auf einer Betriebsversammlung nach der Demonstration nahm Atilla noch mal zu der Notwendigkeit eines wirklichen Kampfes, zu der Richtigkeit dieser Demonstration Stellung - begeistert wurde er daraufhin von seinen türkischen Kollegen auf die Schultern gehoben und erntete großen Beifall. Der Versammlungsleitung fehlten die Worte.

Die Kollegen merken schon, woran sie sich zu orientieren haben und lassen sich nicht immer verschaukeln. Wir brauchen Gewerkschaften, die bereit sind, zu kämpfen. Aber die DGB-Führer wollen das nicht, ihr Kurs ist eben ganz anders. Schmieden wir eine klassenkämpferische Einheit an der Basis, mobilisieren wir die gewerkschaftliche Kraft und machen den Bonzen Dampf. Um dies zu erreichen, brauchen wir eine starke, innergewerkschaftliche Opposition, die diese klassenkämpferische Einheit organisiert. Darum Kollege, werde Mitglied der RGO!“

Berichtet wird weiter von ENKA/Glanzstoff in Kassel. Dort haben „840 Kollegen des Chemiefaser-Werkes ENKA in Kassel auf die Schließungspläne der Konzernleitung geantwortet - den Betrieb seit dem 12. Dezember besetzt“; von der IG Chemie. Dort muss „Vitt Federn lassen“. Bei der IG DruPA, muss der „Ausschluss von Harald Schöpfer zurückgenommen werden“. Zu den Wahlen zur Vertreterversammlung der IG Metall: Die RGO ruft dazu auf, „klassenkämpferische Vertreter zu wählen“. So habe die RGO-Betriebsgruppe bei Opel die Kollegen informiert. Die Wahlen gehören zu „den wenigen demokratischen Rechten, die es jedem IG Metall Mitglied ermöglichen, direkt in das Geschehen unserer Gewerkschaft einzugreifen“.

Der Ausgabe liegt auch die „Gründungserklärung des 2. RGO-Kongresses“ bei bzw. das „Programm der RGO“.

Zu den kommenden Tarifverhandlungen habe Steinkühler mit einer Forderung von „8 Prozent, mindestens aber 107 Mark eine Marke gesetzt“. Die RGO lehnt das ab, rechnet nach und nennt es Betrug. Schlussendlich würde hier eine „4 vor dem Komma eingeplant sein“. Das wären aber „Lohneinbußen von real mindestens 3 bis 4 Prozent“. „Verhindern wir den angestrebten faulen Kompromiss. Jetzt müssen wenigstens die geforderten 8 Prozent auch durchgesetzt werden- und zwar mit Streik, wenn es anders nicht geht. Keinesfalls dürfen jetzt die Tarifkommissionen Abschlüsse tätigen, die nicht ausdrücklich von der Mitgliedschaft gebilligt werden. Das heißt: Kein Abschluss ohne vorherige Urabstimmung!“

Zur öffentlichen Veranstaltung der RGO nach ihrem 2. Kongress wird nach Dortmund am 18.1.1981 eingeladen.

Nach der Ausgabe hat die RGO in folgenden Städten Ortsgruppen: Bochum, Bonn, Bremen, Darmstadt, Dortmund, Flensburg, Frankfurt, Hamburg, Kassel, Kiel, Köln, Lübeck, Ludwigshafen, Mainz, Montabaur, Stuttgart, Westberlin und Witten.

Auch die Nummer 1/1981 enthält eine Beilage, ein "RGO-Kongress-Extra 3", mit bisher eingegangenen Anträgen zum 2. RGO-Kongress.
Q: RGO: RGO-Nachrichten Nr. 1,Vellmar, Januar 1981.

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