RGO-Nachrichten, 6. Jg., Januar 1983, Nr. 1

Januar 1983:
Die RGO gibt ihre „RGO-Nachrichten“, Nr. 1/1983, heraus.

Inhalt der Ausgabe ist u. a.:
- Enka/Kassel: Polizei gegen streikende Arbeiter
- Arbeitslos aber nicht wehrlos
- Gewerkschaftstag der IG Chemie: Angebot zur gesamtgesellschaftlichen Verabredung
- 2. RGO-Frauenkonferenz: Wir werden auch diesmal keine Männer zulassen
- DruPa-Vorsitzender Mahlein: Kampf um 35-Stundenwoche koordinieren
- Bundesarbeitsgericht bestätigt: Fristlose Entlassung wegen Anti-Strauß-Plakette

Im Artikel „3. RGO-Kongress - Gegen die neue Unternehmeroffensive die Gewerkschaftseinheit verteidigen“ wird u. a. ausgeführt:

„Eine gesicherte Zukunft gibt es für Arbeiter hier nicht. Die kapitalistische Krise hat sich in den letzten Jahren erheblich verschärft. Besonderer Aus druck davon ist das große Heer der Arbeitslosen. Von Wirtschaftswachstum oder gar weniger Arbeitslosen redet in Unternehmer- oder Regierungskreisen schon niemand mehr. Die Lawine von Betriebsschließungen und Stilllegungen haben Illusionen bei breiten Teilen der Gewerkschafter zunichte gemacht, dass Arbeitnehmer bei Kapitalisten ein wirkliches Mitspracherecht haben könnten. Viele Kolleginnen und Kollegen haben erkannt, dass zur Durchsetzung und Verteidigung ihrer Interessen ein offener, kompromissloser Kampf gegen die Kapitalisten notwendig ist … Kämpfe, wie der Druckerstreik oder der Stahlarbeiterstreik für die 35-Stunden Woche, gaben wichtige Signale. Die großen Demonstrationen des DGB gegen Sozialabbau und Rüstungswahnsinn, an der sich über 60. 0000 Gewerkschafter beteiligten, haben anschaulich die gewachsene Kampfbereitschaft der Kollegen gezeigt.

Gerade innerhalb des letzten Jahres kam es auch zu schärferen Kampfformen wie Betriebsbesetzungen, wobei hier zu beachten ist, dass solche Kämpfe erst punktuell zustande kamen und keineswegs die Regel sind … Aber ist es in Betrieben, wo z.B. Entlassungen oder Teilstillegungen anstehen oft nicht noch so, dass bei den Kollegen eine Haltung aufkommt: ‘Vielleicht trifft es mich ja nicht‘ - der Krankenstand geht merklich zurück, keiner möchte unangenehm auffallen. Natürlich ist diese Reaktion verständlich, sie geht aber nicht vom gewerkschaftlichen solidarischen Handeln aus. Die Kapitalisten setzen auf die individuelle Angst des einzelnen vor Arbeitslosigkeit und setzen dafür jedes Mittel ein, um diese Spaltung in der Belegschaft zu erreichen, damit es dort ruhig bleibt, man abwartet und so nach und nach die Belegschaft abbaut. Genau in diesem Punkt fungiert die Gewerkschaftsführung als Vollstreckungsgehilfe der Kapitalisten, indem sie den stufenweisen Abbau faktisch akzeptiert, anstatt die Belegschaft zum Kampf zu mobilisieren. Denken wir an das Beispiel AEG, wo es schon lange notwendig wäre, nicht nur auf örtlicher, sondern auch auf Konzernebene gewerkschaftliche Solidaritätsaktionen zu organisieren, mit dem klaren Ziel vor Augen, alle Entlassungen auch tatsächlich zu verhindern. Stattdessen aber, will uns die sozialpartnerschaftliche Politik zum Stillhalten zwingen, indem sie uns sagt: Kurzarbeit zustimmen, um Entlassungen zu verhindern … solche Argumente sind für die Gewerkschaftsbewegung eine tödliche Sackgasse.

Der Einfluß der Sozialpartnerschaft ist noch vorherrschend

Ohne Zweifel gibt es eine Reihe Anzeichen dafür, dass sich die Kämpfe der Arbeiter im Aufschwung befinden, doch diese allgemeine Feststellung führt so verkürzt sicher zu falschen Erwartungen, wie das in der Vergangenheit schon der Fall war, das nützt uns für die genauere Beurteilung herzlich wenig. Kampfformen wie Betriebsbesetzungen sind heute Beispiele von enormer Bedeutung, weil sie ganz praktische Möglichkeiten und Wege aufzeigen, wie wir kompromißlos für unsere Arbeitsplätze und unsere Interessen kämpfen müssen. Sie bringen auch wichtige Diskussionen und Prozesse in den DGB-Gewerkschaften in Gang, die wir als klassenkämpferische Gewerkschafter entschieden vorantreiben. Die Sozialpartnerschaft steht dazu im krassen Gegensatz. Doch machen zwei oder drei Schwalben noch keinen Sommer.

Wir dürfen uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass die DGB-Führung mit ihrer sozialpartnerschaftlichen Ideologie noch den entscheidenden Einfluss unter der Masse der Gewerkschaftsmitglieder hat, auch wenn das Vertrauen in diese Politik angeschlagen ist und viele darüber wütend sind. Über zwei Jahrzehnte herrschte der Geist der Sozialpartnerschaft in unseren Gewerkschaften unangefochten vor. Bislang konnte diese Politik auch ohne große Anfechtungen laufen. Erst mit der wachsenden Krise und der dauerhaften Massenarbeitslosigkeit kamen immer mehr Widersprüche auf. Doch ist das keine Sache von heute auf morgen. Die Sozialpartnerschaft von Grund auf zu entlarven, erfordert sehr viel intensive Kleinarbeit und geduldige Überzeugung seitens der RGO und vor allem eigene Erfahrungen der Kollegen in verschiedenen Kämpfen …

Doch die Situation heute ist so, dass noch viele Illusionen und Zweifel unter der Masse der Arbeiter vorhanden sind. Die massive Krisenpropaganda von Staat und Kapitalisten ist sehr umfassend und außerordentlich geschickt. Wenn auch der Spielraum solcher Propaganda und auch der Spielraum der Sozialpartnerschaft enger geworden ist, so verfehlen diese doch nach wie vor nicht ihre Wirkung, schaffen Unsicherheit, Verwirrung und Spaltung in der Gewerkschaftsbewegung … Keiner soll glauben, dass ein schärferer Druck die Gewerkschaften automatisch zusammenschließe und ihre Reihen festige. Die sozialpartnerschaftliche Politik ist dazu schon ganz und gar ungeeignet. Sie trägt doch ständig Resignation und Desorientierung unter die Kollegen … In der sich zuspitzenden Krise läuft die Sozialpartnerschaft notwendigerweise auf immer größere Niederlagen der Gewerkschaftsbewegung hinaus, weil sie der Versuch ist, die gegensätzlichen Interessen der Kapitalisten und Arbeiter, die ja in der Krise auch immer schärfere Formen annehmen, miteinander zu versöhnen … Das ist aber einfach nicht möglich … Eine wirkliche, wehrhafte Einheit in den DGB-Gewerkschaften können wir aber nur auf der Grundlage einer Politik schaffen, die einzig und allein die Interessen der Arbeiter und Werktätigen vertritt und auch bereit ist, mit allen gewerkschaftlichen Kampfmitteln diese gegen die Kapitalisten durchzusetzen, also eine klassenkämpferische Politik. Die Sozialpartnerschaft hingegen ist eine Politik der Konkursverwaltung des Kapitalismus.“

Berichtet wird von Enka/Kassel. Dort sei die „Polizei gegen streikende Arbeiter“ vorgegangen. Die Still-Belegschaft in Hamburg habe „Zwangsferien“ verhindern können.

Berichtet wird auch vom Kongress der „Arbeitslosen-Initiativen“. der vom 2.-5. Dezember in Frankfurt/M. mit „1.500 Vertreter von 260 Arbeitsloseninitiativen“ stattfand. Es war der „erste bundesweite Kongress“.

Im Artikel „Vom Bundesarbeitsgericht befürwortet: Fristlose Entlassung wegen Anti-Strauß Plakette“ wird ein Urteil des BAG Kassel kommentiert. Danach sei „parteipolitische Agitation“ im Betrieb nicht erlaubt.

Darauf hingewiesen wird, dass im November 1982 ein von der RGO veranstaltetes Seminar zu „Paisy“ („Computergestützte Rationalisierung“) stattfand.
Q: RGO: RGO-Nachrichten, Nr. 1, Kassel, Januar 1983.

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