Sprachrohr
Zeitung am FB 10 der Philipps-Universität Marburg

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Dietmar Kesten, Gelsenkirchen, Januar 2013

Die Zeitung „Sprachrohr“ wurde herausgegeben vom Fachschaftsrat bzw. der Fachschaft am Fachbereich 10 „Neuere Fremdsprachen und Literaturen“ der Philipps-Universität in Marburg. Leider lagen uns nur die Ausgaben 2, 3, 11 und eine „Extra-Ausgabe“ vor. Politisch stand die Zeitung dem SHB und dem MSB Spartakus nahe, was u. a. am Aufruf zum „Antimonopolistischen Kampf“ und dem Schlagwort der „Gewerkschaftlichen Orientierung“ deutlich wird. Beides waren damals wesentliche politische Forderungen dieser Gruppierungen.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

08.12.1971:
Vermutlich Mitte Dezember erscheint die Nr. 2 der Zeitung „Sprachrohr“ an der Phillips-Universität in Marburg. Herausgeber der Ausgabe ist der „Fachschaftsrat am Fachbereich 10.“ Verantwortlich für die Ausgabe zeichnet ein „Redaktionskollektiv“.

Inhalt der Ausgabe sind die Artikel:
- Resolution
- Die Überleitungsmaschine
- Herr Sh Otten und sein Brett
- Eine Analyse
- Pfister Register.

In der „Resolution“ geht es u. a. um das Thema „Demokratie an der Hochschule“ und das „HRG“ („Hochschulrahmengesetz“). Zur Kritik am „HRG“ heißt es: „Zerschlagung der studentischen Mitbestimmung in allen sie betreffenden Fragen, im Interesse der Verfügbarmachung der Hochschulen für das Großkapital.“ Man lehne es ab, von einem Hochschullehrer unterrichtet zu werden, der „eine objektiv antidemokratische Politik betreibt und durch seine Verschleierungsstrategie Verwirrung unter den Studenten anrichten will“.

Im Artikel „Die Überleitungsmaschine“ geht es um die „neue Personalstruktur an der Hochschule, die demnächst in Hessen in Kraft tritt“. Erklärt wird: „Das Exempel der Personalüberleitung hat uns erneut gezeigt, wie geschlossen die Front der Reaktion an unserem Fachbereich gegen Demokratisierung und Studienreform steht.“

Im Artikel „Ein Analyse“ geht es wiederum um das „HRG“, „Mitbestimmungspositionen“ und das „Tutorenprogramm“. Gefordert wird u. a.:
- Stärkung eines unabhängigen Tutorenprogramms
- Gründung von Projektgruppen zur Studienreform und Durchsetzung der Arbeitsergebnisse in Vorlesungen, Seminaren und Übungen
- Abschaffung von Prüfungen als Instrument zur Disziplinierung und Selektion
- Verhinderung jeglicher Fachaufsicht des Staates über die Hochschulen.

Im Artikel „Pfisterregister“ heißt es abschließend: „In diesem Semester war sein erster Angriff, für sein Hauptseminar zwischenprüfungsähnliche Aufnahmebedingungen aufzustellen, um so die Grundstudienordnung, in der Zwischenzeit von der Fachbereichskonferenz übernommen, zu unterwandern. Und ständig setzt er seine Angriffe fort.“
Quelle: Sprachrohr, 2/1971, o. O., o. J. (1971).

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30.01.1972:
Vermutlich Ende Januar 1972 erscheint die Nr. 3 des „Sprachrohr.“ Inhalt der Ausgabe ist:
- Studienreform von rechts
- Marx an die Uni
- Denn Herr Otten ist ein ehrenwerter Mann
- Weg mit dem Latinum
- Wider wieder die Klausuren.

Im Artikel „Studienreform von rechts“ wird auf den BFW eingegangen und die „ehrwürdige Tradition vieler seiner Mitglieder“. Genannt werden u. a. Hans Dichgans, Elmar Michel, Hans Maier und „schließlich der Mitinitiator des ‚Bundes‘, Richard Löwenthal, ZDF-Moderator“. Der „Bund“ würde sich speisen „aus Spenden der Großindustrie“. Seine Interessen seien an der Uni: Möglichkeiten für ein „reglementiertes Studium im Interesse besserer Verwertungsbedingungen für das Monopolkapital“ zu schaffen und für „noch striktere Zulassungsanforderungen und Verstärkung des individuellen Leistungsprinzips“ zu sorgen. Weiter:
- gegen Mitbestimmung der Studenten einzutreten
- Einflussnahme von Staat und Wirtschaft an der Universität zu erreichen, mit dem Ziel „der Anpassung und Reglementierung der Ausbildung“.

Gefordert wird: „Für eine Studienreform im Interesse der arbeitenden Bevölkerung, der sich auf ihren Beruf vorbereitenden Studenten und Lehrlinge!“ „Für demokratische Lehrinhalte und Lehrreformen! „Für demokratische und sozialistische Hochschullehrer!“ „Für studentische Mitbestimmung!“ „Für eine wissenschaftliche Ausbildung!“

Im Artikel „Marx an der Uni“ geht es u. a. um „die Berufung des marxistischen Wissenschaftlers Dr. habil. Frank Deppe auf einen H4-Lehrstuhl für Wissenschaftliche Politik“. Seine Berufung habe „exemplarischen Charakter: Die Verzögerungstaktik des Kultusministeriums gegen den Willen der universitären Selbstverwaltungsorgane stellt eine Formierung und Disziplinierung in anderer Ausprägung dar“. Eine Forderung lautet: „Kampf um die Berufung Frank Deppes!“

Im Artikel „Weg mit dem Latinum“ wird gegen „Lateinkurse“ Front gemacht.

Im Artikel „Wider wieder die Klausuren“ wird auf den „Druck der Prüfungssituation“, der Studenten ausgesetzt sind, aufmerksam gemacht. Und: „Die Abschaffung der herkömmlichen Prüfungsform sollte es den Studenten ermöglichen, ohne äußeren Druck, im eigenen Interesse und in eigener Verantwortung ihren jeweiligen Wissensstand zu überprüfen und einzuschätzen und aus zielbewussten Erkenntnissen heraus die Auseinandersetzung mit Wissenschaft voranzutreiben.“

In der Ausgabe 3 erscheint auch ein Schreiben vom „Wissenschaftlichen Prüfungsamt für das Lehramt am Gymnasium an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität“ an eine Frau Borges. Reklame wird in der Ausgabe für eine Marburger Buchhandlung gemacht.
Q: Sprachrohr, 3/1972, o. O., o. J. (1972).

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14.05.1973:
Laut „Sprachrohr 11“´ beginnt an diesem Tag an der Marburger Philipps-Universität ein Streik, der bis zum 16. Mai dauert. Hintergrund ist „die 73,- DM Kampagne“, mit dem Ziel „zu vermitteln, wie diese Beitragserhöhung mit den anderen materiellen und politischen Reglementierungsmaßnahmen verbunden sind“.
Q: Sprachrohr, Nr. 11, o. O., 1. Juni 1973, S. 2.

01.06.1973:
Die Nr. 11 des „Sprachrohr“ erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- 4387 Fäuste haben einen langen Arm
- Studium in England
- Hospitationspraktikum - forschendes Lernen im Studium 7?
- Medien im Fremdsprachenunterricht
- Sinn oder Unsinn der strukturellen Linguistik
- Studienverbote - Amoklauf oder neue Taktik?
- Wichtige Termine am Fachbereich.

Im Artikel „4387 Fäuste haben einen langen Arm“ geht um eine „73 DM Kampagne“.
- Immatrikulation mit 73,- DM
- Volle Deckung des Studentenwerksdefizits
- Erhöhung der Bafög-Sätze von 420,- auf 500,- DM
- Erhöhung der Elternfreibeträge von 800 auf 1.200 DM
- Endgültige Regelung der studentischen Krankenversorgung.
Parolen sind: „Die schwarze Faust verpflichtet - Werdet aktiv im Sozialkampf!“ Jeder Kommilitone entscheidet über unseren Erfolg! „Gemeinsam sind wir stark!“ Rückmeldung und Immatrikulation mit 73.- DM!“

Im Artikel „Medien im Fremdsprachenunterricht“ heißt es u. a., „dass der Lehrer nur als Vermittler fremdbestimmter Inhalte dienen soll“. Aufgabe des Lehrers sei „die Umsetzung eines vorgegebenen Rahmen …“. Die „Bedeutung der Medien“ wird klar: „Der Lehrer soll zum Spezialisten für Medien, Testanwender, Gruppendynamik werden.“

Im Artikel „Studienverbot - Amoklauf oder neue Taktik?“ heißt es abschließend: „Die wiederholte Praxis der Studienverbote und Seminarverweise - auch an anderen Fachbereichen (Historiker) zeigt, dass es hier nicht um persönliche Auseinandersetzung obendrein zufälliger Natur geht. Vielmehr handelt es sich offensichtlich um eine neue Offensive aus der reaktionären hochschulpolitischen Ecke, vom Bund ‚Freiheit‘ der Wissenschaft; denn alle bisherigen Fälle von Studienverboten sind von exponierten Vertretern dieses Bundes inszeniert worden.“

Im Artikel „Sinn oder Unsinn der strukturellen Linguistik“ heißt es u. a.: „Eine solche Wissenschaftstheorie kann nie über den Rahmen der bestehenden gesellschaftlichen Situation hinausweisen, deshalb ist ein emanzipatorischer Unterricht auf der Grundlage der str. Ling. Nicht möglich. Zu erwägen wäre, ob einzelne Ergebnisse der str. Ling. Im Rahmen einer Linguistik, die die gesellschaftlichen Bezüge und die gesellschaftliche Rolle von Sprache mitreflektiert zu verwenden wären.“
Q: Sprachrohr, Nr. 11, o. O., 1. Juni 1973.

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Mai 1974:
Laut „Sprachrohr-Extra“ vom 24.10.1974 führt die AG in diesem Monat „eine Fragebogenaktion zum bisherigen Verlauf des Sozialkampfes durch“.
Q: Sprachrohr-Extra, o. O., 24.10.1974, S. 6.

16.05.1974:
Laut „Sprachrohr-Extra“ vom 24.10.1974 erscheint an diesem Tag eine „Extra-Ausgabe“ des „Sprachrohr“.
Q: Sprachrohr-Extra, o. O., 24.10.1974, S. 9.

Juni 1974:
Laut „Sprachrohr-Extra“ vom 24.10.1974 ruft „Anfang Juni die AG zu einer Aktionsberatung auf, auf der eine Auswertung des Sternmarsches in Bonn geleistet werden soll“.
Q: Sprachrohr-Extra, o. O., 24.10.1974, S. 6.

24.10.1974:
Eine Extra-Ausgabe des „Sprachrohr“ erscheint. Inhalt ist ein „Rechenschaftsbericht“ und eine „Wahlplattform - Gegen politische Disziplinierung. Für demokratische Rechte.“

Im RB heißt es u. a.: „Am Fb war versucht worden, den politischen Bedingungen, die zur Selbstauflösung der Basisgruppe geführt hatten durch neue Organisationsformen gerecht zu werden. Der FSR sollte zentrale Bedeutung gewinnen, aus der Basisgruppe entwickelte sich der FSA … Ihre Grundlage hat diese Politik (gemeint sich „Kämpfe gegen die materielle Misere und die Verteidigung unserer demokratischen Rechte gegen Seminarverbote, Ordnungsrecht und Büchertischverbot“, d. Verf.), die in Zusammenarbeit mit den anderen Fsen und dem AStA geleistet werden muss, in der gewerkschaftlichen Orientierung. Diese ergibt sich daraus, dass sich unsere soziale Lage zunehmend der der Arbeiterklasse annähert, die überwältigende Mehrheit der Studenten wird später als abhängig Beschäftigte arbeiten… und damit werden ihre realen Interessen denen des Großkapitals entgegenstehen.“ Gegen die „soziale Demontage der Studenten und der arbeitenden Bevölkerung“ sei es notwendig, „eine SOZIAL-AG am FB zu bilden“, die jetzt und in den kommenden Semestern zu folgenden Schwerpunkten arbeiten sollte und sich somit in den „Antimonopolistischen Kampf einordnet“:
- Sozialbeitragsverweigerung
- BAFÖG
- Mieten
- Preise, Inflation
- SKJV
- Materielle Misere am FB.

In der „Wahlplattform - Gegen politische Disziplinierung. Für demokratische Rechte“ wird gegen die „Hausordnung“, das „Büchertischverbot“ und das „Latinum“ agitiert. Wesentliche Aufgaben seien: „Erstellung eines Studienordnungs-Entwurfs.“ Und: „Hinwirken auf die Berufung qualifizierter Kräfte auf die ausgeschriebenen Stellen.“
Q: Sprachrohr-Extra, o. O., 24.10.1974.

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28.10.1974:
Laut „Sprachrohr-Extra“ vom 24.10.1974 soll an diesem Tag an der Uni in Marburg eine „Fachschaftsvollversammlung“ stattfinden.
Q: Sprachrohr-Extra, o. O., 24.10.1974, S. 12.

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