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Altena

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 24.11.2006


Materiallage

Aus Altena lag uns kein örtliches Material vor.


Die Organisationen

In Altena scheint vor allem die DKP gemeinsam mit ihren Freunden von ADF und DFU vertreten, später kommt vermutlich die KPD/ML dazu.


Wichtige Themen und Ereignisse

In Altena ist in den späten sechziger Jahren offenbar die Aktion Demokratischer Fortschritt (ADF) vertreten, wie wir nicht nur vom Verfassungsschutz (vgl. 7.12.1968), sondern auch von der ADF-Ziehmutter, der DKP, dokumentieren (vgl. 8.5.1969, 12.6.1969).

Überörtliches Aufsehen erregt Altena vor allem wegen des ortsansässigen, aufgrund der Septemberstreiks 1969 bzw. dem angeblichen Sturm auf die Villa des Hoesch-Chefs Harders in Schwerte, ungestüm schießlustigen Arbeitergeberpräsidenten Berg (vgl. 12.9.1969), gegen den zunächst die IGM Altena protestiert (vgl. 19.9.1969), bald aber auch die DKP (vgl. 2.10.1969), die den Zusammenhang zum damaligen Oberscharfmacher der militanten Rechtskräfte, Franz-Josef Strauß (FJS) herstellt.

Aus dem Ort Altena selbst berichtet wiederholt die DKP, nicht zuletzt über die befreundete Deutsche Friedens-Union (DFU) Altena (vgl. 18.4.1970, 16.5.1970), während die KPD/ML-ZB nur über Verlagerungen von Graetz Bochum nach Graetz Altena berichtet, vor Ort aber vermutlich nicht präsent ist, erhält die konkurrierende bzw. ihr nachfolgende KPD/ML-ZK Spenden aus Altena (vgl. 31.3.1975), während der KBW von der Metalltarifrunde 1975 berichtet.

Auch für einige Beschäftigte von SEL Dortmund wird das Graetz-Werk Altena nun, für diese Darstellung abschließend, wieder zum Ort der betriebsbedingten Versetzung (vgl. 20.6.1975, 23.6.1975).


Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

07.12.1968:  Das Innenministerium NRW berichtet von der Aktion Demokratischer Fortschritt (ADF - vgl. 2.11.1968, 1.1.1969):"
In Nordrhein-Westfalen bestehen, soweit bisher bekannt wurde, örtliche Gruppen des Aktions- und Wahlbündnisses an 44 Orten, und zwar in ...Altena".
=Innenministerium NRW:Extremismusberichte an den Landtag oder Landesbehörden 1969,Düsseldorf 1969,S.11ff

08.05.1969:  Die DKP gibt die Nr.6 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 1.5.1969, 15.5.1969). Berichtet wird u.a. über die ADF in der Metallindustrie von Altena.
=Unsere Zeit NRW Nr.6,Essen 8.5.1969

12.09.1969:  In Düsseldorf erklärt, laut DKP, der Präsident des BDI, Berg, zu dem angeblichen Sturm auf die Villa des Hoesch-Vorstandsvorsitzenden Harders (vgl. 10.9.1969):"
Die hätten doch ruhig schießen sollen, einen totschießen, dann herrschte wenigstens wieder Ordnung" (vgl. 15.9.1969).
=IMSF:Die Septemberstreiks 1969,Frankfurt Nov. 1969

12.06.1969:  Die DKP gibt die Nr.11 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 5.6.1969, 19.6.1969). Berichtet wird u.a. über die ADF in Altena.
=Unsere Zeit NRW Nr.11,Essen 12.6.1969

19.09.1969:  Heute berichtet der 'Metall Pressedienst' der IGM, laut IMSF, von einem offenen Brief des ersten Bevollmächtigten der IGM in Altena, Wilhelm Weinberg, an den Präsidenten des BDI Berg, der einen Betrieb in Altena besitzt, wegen dessen programmatischer Äußerung vom 12.9.1969 (vgl. 16.9.1969, 20.9.1969).
=IMSF:Die Septemberstreiks 1969,Frankfurt Nov. 1969

02.10.1969:  Die DKP bringt die Nr.27 ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 25.9.1969, 9.10.1969). Auf Seite 6 schreibt F.N.:"
BERG HAT SEINEN STRAUSS BEGRIFFEN

Europas größte Matratzenfabrik in Altena (heute Märkischer Kreis,d.Vf.) gehört Europas größtem Scharfmacher Fritz Berg, Präsident des Bundesverbandes der Industrie (BDI,d.Vf.), dem Mann, der erschossene Arbeiter liebt (vgl. 12.9.1969,d.Vf.). Der mehr zynische als klägliche Versuch des von Schmissen gezeichneten ehemaligen Paukstudenten und heutigen Industriebosses, seine Mordaufforderung gegen die streikenden Hoescharbeiter (IGM-Bereich in Dortmund - vgl. 2.9.1969,d.Vf.) - 'die hätten doch ruhig schießen sollen, einen totschießen, dann herrschte wenigstens wieder Ordnung' - als 'Notwehr'-Meinung zu deklarieren, hat die Unruhe in den Betrieben keineswegs beseitigt.

Die Vertrauensleute der Farbwerke Hoechst AG (CPK-Bereich, vermutlich in Frankfurt in Hessen,d.Vf.) fordern den Rücktritt Bergs mit der Erklärung: 'Wer dagegen nicht tatenlos zusehen will, wie die Gewinne ins Uferlose steigen, die Löhne aber bewußt niedrig gehalten werden, wie das bei Hoesch der Fall ist, der gefährdet nach Bergs Meinung die Ordnung und muß totgeschossen werden.'

Der 1. Bevollmächtigte der IG Metall (IGM,d.Vf.) in Altena, Wilhelm Weinberg, der an Berg einen offenen Brief richtete, sagte der UZ, daß in Altena die Arbeiter in großer Erregung seien. Bezeichnenderweise versuchte die Firmenleitung der Matratzenfabrik Weinberg davon abzubringen, einen offenen Brief zu schreiben.

Die Zahl der Proteste gegen Berg ist mittlerweile Legion. Doch Berg ist Präsident des Industrieverbandes, Berg darf sich engster Beziehungen zur CDU rühmen, ('er brauche nur zum Kanzler zu gehen') und Berg macht Schule. Die Schüsse von Kassel (in Hessen - vgl. 16.9.1969,d.Vf.) fielen nach dem Mordaufruf des Schlagetot aus der Industriespitze.

Wir nehmen zur Kenntnis, daß sich in diesem Staat ein Millionär und Industriekapitän alles erlauben darf, Gesetze brechen, Pogromhetze betreiben, zum Mord aufrufen. Es passiert nichts. Regierungssprecher nennen das einen 'Fauxpas', einen Versprecher, ein Kavaliersdelikt. Streiken jedoch Arbeiter in diesem Staat, demonstrieren junge Demokraten gegen neonazistische Parteien, dann nennt man das in Bonn Terror, Mob, nackte Gewalt. Man hat in diesem Staate Beate Klarsfeld den Prozeß gemacht, weil sie Kiesinger ohrfeigte (vgl. **.**.196*,d.Vf.). Man hat junge Arbeiter und Studenten verhaftet, weil Fensterscheiben zerbrachen. Doch Berg ist ein 'ehrenwerter Mann', in der NPD sind 'ehrenwerte Männer'. Strauß (FJS - CSU,d.Vf.) ist ein 'dynamischer Politiker' und jugendliche Demonstranten nennt man Tiere, auf die menschliche Gesetze nicht anwendbar sind (vgl. 18.7.1969,d.Vf.).

Berg hat seinen Strauß begriffen und weiterentwickelt. Auch streikende Arbeiter sind wie Tiere zu behandeln: Totschießen!

Der Rücktritt Bergs ist unserer Meinung nach keine Forderung, sondern sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Was es jedoch zu fordern gibt: das ist die gerichtliche Bestrafung des modernen industriellen Schreibtischtäters. Was Gewerkschafter, Demokraten und Sozialisten an politischen Schlüssen aus dieser Affäre ziehen sollten? Auflösung der NPD. Entmachtung des Monopolkapitals und seiner politischen Exponenten. Der Fall Berg ist ein Stück Rechtsentwicklung in diesem Staat, in dem schon wieder Schüsse fallen. Der Fall Berg gibt Aufschluß über das, was angewandte Notstandsgesetze (NSG,d.Vf.) bedeuten. Die Schüsse von Kassel verfehlten die Herzen von Bernd Lunkewitz und Michael Hoke nur um Zentimeter. Was geschieht morgen, wenn Neonazismus und Monopolkapital nicht gestoppt werden?"
=Unsere Zeit Nr.27,Essen 2.10.1969

18.04.1970:  Die DKP gibt die Nr.16 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 11.4.1970, 25.4.1970). Veranstaltungen werden u.a. angekündigt von der DFU Altena und der dortigen eigenen Betriebsgruppe Heitkamp.
=Unsere Zeit - Ausgabe NRW Nr.16,Essen 18.4.1970

16.05.1970:  Die DKP gibt die Nr.20 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 9.5.1970, 23.5.1970). Berichtet wird u.a. über die DFU in Altena.
=Unsere Zeit - Ausgabe NRW Nr.20,Essen 16.5.1970

11.01.1971:  Die KPD/ML-ZB berichtet:"
Bei Graetz in Bochum gibt es seit der 2. Januarwoche Kurzarbeit, vorläufig bis zum 24. Februar. Die Kurzarbeit betrifft bisher nur die Farbfernseherproduktion, nach Angaben der Ruhrnachrichten vom 8.1. 800 Arbeiter; das sind etwa 2/3 der Belegschaft. Die Schwarz-Weißproduktion läuft noch - allerdings auch 'auf Widerruf'. Bis jetzt weiß keine von den Arbeiterinnen Bescheid, was weiter passiert. Die bisherigen Arbeiterinnen vom Farbband sind aufgeteilt worden: ein Teil fährt ins Zweigwerk Altena (heute Märkischer Kreis,d.Vf.) (Farbfernseherbauteile, Radios), ein weiterer Teil ins Zweigwerk Dortmund-Lindenhorst (Nachrichtentechnik)."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.3,Bochum 13.1.1971,S.3

31.03.1973:  Die KPD/ML-ZK gibt ihren 'Roten Morgen' Nr.12 (vgl. 24.3.1973, 7.4.1973) heraus. Spenden für den 'Roten Morgen' kamen u.a. aus Altena und auch Vietnamspenden kamen u.a. aus Altena.
=Roter Morgen Nr.12,Hamburg 31.3.1973

07.02.1975:  Laut KBW (vgl. 13.2.1975) wird heute in Altena im Rahmen der Metalltarifrunde (MTR) gestreikt.
=Kommunistische Volkszeitung Nr.6,Mannheim 13.2.1975

20.06.1975:  In Dortmund gibt die der KPD nahestehende Gruppe von ITT/SEL-Arbeitern vermutlich heute die Nr.7 ihrer 'Information' (vgl. 16.6.1975, 23.6.1975) heraus:"
WIR KÄMPFEN WEITER!
S T R E I K BIS ZUM SIEG!
KEINER DARF ENTLASSEN WERDEN!
...
Wenn jetzt 350 entlassen werden, sparen die Kapitalisten die Abfindung für die 150 anderen, die dann später fliegen. Und denken dabei noch, daß wir uns dadurch spalten lassen! Wenn die Kapitalisten scheinheilig versprechen für 40 einen Arbeitsplatz in Altena oder Bochum zu besorgen, spekulieren sie darauf, daß die lange Anfahrtszeit sowieso keiner mitmacht."
=Gruppe von ITT/SEL-Arbeitern:Information Nr.7,o.O. (Dortmund) o.J. (20.6.1975)

23.06.1975:  In Dortmund gibt die der KPD nahestehende Gruppe von ITT/SEL-Arbeitern vermutlich in dieser Woche die Nr.8 ihrer 'Information' (vgl. 20.6.1975) heraus:"
Keine Rausschmisse! Streik gegen jede Entlassung!
...
Haben wir drei Wochen lang für einen faulen Kompromiß gekämpft?

Angeblich ist das Verhandlungsergebnis ein Erfolg für uns Arbeiter. Wir sollen auch noch froh sein, daß 45 Arbeiter nach Altena und Bochum versetzt werden, daß ITT eine Autoreparaturwerkstatt eröffnet und dreißig Arbeiter neu einstellt."
=Gruppe von ITT/SEL-Arbeitern:Information Nr.8,o.O. (Dortmund) o.J. (1975)

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