Regierungsbezirk Arnsberg:
Protest gegen die Ausländergesetze und das GUPS/GUPA-Verbot 1972/73

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin


Die Datenbank MAO ist ein
vollständig selbstfinanziertes Projekt.
Unterstützen Sie uns durch

In dieser wie immer unvollständigen Darstellung über die Anwendung des Ausländergesetzes vom 1. Okt. 1965, dessen Verschärfung und die Durchsetzung des Verbotes der Generalunion Palästinensischer Studenten (GUPS) und der Generalunion Palästinensischer Arbeiter (GUPA - vgl. 6.10.1972) im Regierungsbezirk Arnsberg, zu dem diesbezüglich bisher separate Darstellungen vorliegen zu Bochum und Dortmund werden bisher nur vereinzelte örtliche Berichte und Stellungnahmen erschlossen aus Hagen (vgl. 23.10.1972, 27.4.1973), Hamm (vgl. Nov. 1972, Feb. 1973) und Witten (vgl. 28.9.1972).

Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)

28.09.1972:
In Witten rief die Betriebsgruppe Edelstahlwerke Witten (ESW, IGM-Bereich - vgl. 25.9.1972) der KPD/ML-ZB auf:"
'PROLETARIER ALLER LÄNDER UND UNTERDRÜCKTE VÖLKER VEREINIGT EUCH!' - das ist die Grundlosung, die auch in Westdeutschland revolutionäre und fortschrittliche Organisationen vorwärts reißt: Deutsche, spanische, türkische, griechische, italienische, portugiesische, arabische, palästinensische und afrikanische Parteien, Gruppen und Ausländerorganisationen schließen sich fester zusammen um die Massen der in- und ausländischen Arbeiter, Werktätigen und Studenten in den Kampf gegen Bonns Ausländergesetze, Notstandsdekrete und Kommunistenerlasse zu führen.

Die KPD/ML und der KJVD unterstützen diesen Zusammenschluß begeistert und siegessicher. Mögen die Bonner Notstandsstrategen auch noch so sehr hecheln, um uns zu verfolgen und in Gefängnisse zu sperren, wie sie es nach unserem ROTEN ANTIKRIEGSTAG (RAKT - vgl. 2.9.1972, d.Vf.) in München verschärft versuchen!

Wir stehen fest an der Seite der Völker des Mittelmeerraumes, wir organisieren gemeinsam mit ihren revolutionären Organisationen in Westdeutschland den Kampf in den Betrieben und Hochschulen gegen die Ausländergesetze und den täglichen Terror der Bosse, Bonzen und Polizisten!

Darum findet am DONNERSTAG, DEN 28.9.1972 UM 19 UHR in der Gaststätte GRÖPPEL (Sprockhövelerstr./Herbederstr.) eine Kampfveranstaltung der Einheitsfront gegen Notstand, Aufrüstung und Revanchepolitik (NAR, d.Vf.) statt unter der Parole:
DEUTSCHE ARBEITER, AUSLÄNDISCHE ARBEITER - EINE ARBEITERKLASSE!
in der wir den gemeinsamen Kampf auch in Witten aufnehmen wollen!"
Quelle: Roter Edelstahlwerker Polizeiterror in Witten!,Witten o.J. (Sept. 1972),S.2

23.10.1972:
Frühestens in dieser Woche wird der folgende Text verfaßt:"
STELLUNGNAHME DER ML HAGEN ZUR WEITERFÜHRUNG DER KOMITEEARBEIT GEGEN DIE REAKTIONÄREN AUSLÄNDERGESETZE UND DIE POLITISCHE UNTERDRÜCKUNG

VORBEMERKUNG

Die Notwendigkeit dieser Stellungnahme entstand in der Diskussion um die politische Linie des Vorbereitenden Komitees 'Kampf der politischen Unterdrückung' in Hagen. Als Organisationen arbeiten in diesem V.K. zur Zeit die KPD/ML (RF) (KPD/ML-ZB, d.VF.), die ML Hagen und die RKJ (der GIM, d.Vf.).

Ursprünglich war die Stellungnahme geplant als gemeinsame Erklärung dieses Vorbereitenden Komitees zur Frankfurter Aktionseinheit (vgl. 17.9.1972,d.Vf.).

Im Verlauf der Erarbeitung zeigte sich jedoch, daß solch eine Erklärung nur im Zusammenhang einer klaren Zielsetzung des Kampfkomitees möglich ist.

Somit mußte der Rahmen weiter gesteckt werden und das Schwergewicht auf grundsätzliche Fragen der kommunistischen Politik in diesem Kampf gelegt werden.

Nun zeigte sich aber auch, daß die KPD/ML und die RKJ nicht bereit waren, hier konsequent die Auseinandersetzung zu führen. Während die 'Rote Fahne' überhaupt ihre Arbeit nach anfänglich großen Plänen zurückschraubte, legte die RKJ einen hochgradigen Opportunismus an den Tag, indem sie unsere Ausführungen 'prinzipiell unterstützte', ansonsten aber die Taktik weiterführte, 'erst einmal im Komitee bleiben, ohne sonderlich aufzufallen'. Dieses Verhalten der beiden Organisationen wurde unterstützt dadurch, daß wir es von uns aus unterließen, selbst die Initiative zu ergreifen, die nächsten konkreten Kampfziele abzustecken.

Wir waren der Ansicht, daß sich unsere Politik nur im Einklang mit der Arbeit des Vorbereitenden Komitees entwickeln dürfe, und warteten auf Zustimmung oder Kritik der beiden Organisationen bei unseren Vorschlägen.

Wir sahen nicht, daß die politische Linie des Kampfes gegen die politische Unterdrückung nur entwickelt werden kann, indem wir die Arbeit unter den Massen aufnehmen und hierbei dann konkrete Aufgaben und Ziele abstecken.

So aber wurde das Vorbereitende Komitee zu einer unverbindlichen Diskussionsrunde, weil hier die Einheit verschiedener Organisationen hergestellt werden sollte zu Fragen, über deren Bedeutung man spekulierte.

Dieser Artikel verbindet sich deshalb mit einer Kritik unserer bisherigen Politik im Vorbereitenden Komitee.

'…Im Jahre 1971 waren Hunderttausende im Streik… In den Gewerkschaften ringen die Arbeiter um Erhaltung und Erweiterung der gewerkschaftlichen Demokratie und gegen den Ausschlußterror, der die Marxisten-Leninisten und alle fortschrittlichen Kräfte treffen soll… Die Jugend in Schulen und Armee kämpft entschlossen gegen die Militaristen und Ostlandreiter… das wahre Gesicht des Bonner Staates: Krieg gegen die Arbeiterklasse und die werktätigen Massen in Westdeutschland. Die Söhne der Arbeiterklasse werden das nicht zulassen. Tausende desertierten, verweigern die Befehle, leisten Widerstand. Die Bonner Märchen von der 'Friedensarmee' glaubt niemand mehr!' So steht es in dem Aufruf der KPD/ML (RF): 'An alle Kommunisten! An alle Demokraten! EINHEITSFRONT gegen die neuen Terrorgesetze!' vom Juni dieses Jahres (vgl. 19.6.1972, d.Vf.).

Dabei ein Bild zur 'Kampfwoche gegen den Bonner Notstandskurs!', auf dem ein stämmiger Fuß (Massenkampf, Massenwiderstand, Einheitsfront) die Gesetze zur 'inneren Sicherheit' zertritt!

Welche Einschätzung der Klassenkämpfe liegt solch einem Aufruf zugrunde?

Hier werden die Absichten der Marxisten-Leninisten zum Kampf der Arbeiterklasse gemacht.

Zweifellos ist es richtig, daß die spontanen Kämpfe der Arbeiterklasse anwachsen, daß der Widerstand in Betrieben an Schulen und in den Kasernen zunimmt.

Diese Entwicklung der Klassenkämpfe hat in den wachsenden Widersprüchen innerhalb des Imperialismus seine objektiven Ursachen, d.h. sie sind zunächst einmal unabhängig von der Existenz einer marxistisch-leninistischen Bewegung.

Und wirklich haben sich die Marxisten-Leninisten in den 69ger und 71ger Streiks, vom 'Roten Morgen' (RM der KPD/ML-ZK, d.Vf.) bis zum Erbrechen als Ausdruck der 'Haupttendenz' aufgeführt, meistens als Kommentatoren erwiesen, niemals aber als Führer.

Natürlich sind solche spontanen Kämpfe Keimformen der Einheit der Arbeiterklasse auf dem Weg zum Sozialismus. Aber bis zur bewußten Kampffront gegen den imperialistischen Staat ist es von hierher noch ein weiter Weg.

Aber gerade das wird geleugnet, wenn man versucht, aus dieser Situation die Einheitsfronttaktik abzuleiten. Bis heute haben es die ML nicht geschafft, zum bewußten Ausdruck der Kämpfe der Arbeiterklasse, zum bewußteren immer weitertreibenden Teil dieser Klasse zu werden und als solcher ein kommunistisches Kampfprogramm zu erstellen.

Aber gerade das ist ja überhaupt die Voraussetzung, um eine Einheitsfront gegen den imperialistischen Staat aufzubauen.

Die Rolle der Kommunisten als Vorhut der Arbeiterklasse wird bis zur Lächerlichkeit degradiert, wenn man Massenaktionen, in denen die ML so gut wie keine Rolle gespielt haben, als bewußten Kampf gegen den imperialistischen Staat bezeichnet und verschiedene, von den ML wirklich geführte Kämpfe als Massenaktionen hochputzt, und beide Kämpfe als völlig auf einer Linie stehend hinstellt.

Dann kann allerdings eine Aktionseinheit von Kommunisten (wie zum 1.Mai) als Einheitsfront der Arbeiterklasse gegen Notstand, Aufrüstung und Revanchepolitik (NAR, d.Vf.) hingestellt werden. Denn schon 1969 und 1971…

Die 'Parteien' mögen uns an dieser Stelle den Vorwurf ersparen, wir seien 'massenfeindlich', wir würden die Arbeiterbewegung auf unsere 'Studieransprüche' zurechtstutzen wollen.

Was ist es anders als Massenfeindlichkeit, wenn man quasi der Arbeiterklasse entgegentritt mit der Ansicht: 'Wir sind DIE Partei der Arbeiterklasse und gemeinsam werden wir es der Bourgeoisie schon beweisen. Und auch diesem oder jenem Studentenklüngel…!'

Hier besteht ein völlig instrumentelles Verhältnis zur Arbeiterklasse. Hier wird die Arbeiterklasse als Objekt verschiedener Parteiansprüche behandelt. Nicht die Kommunisten haben ihren Führungsanspruch zu belegen, sondern die Arbeiterklasse hat ihn zu bestätigen. Wir sind allerdings der Meinung, daß das Proletariat die einzig reaktionäre Klasse ist, daß sie das auch ohne Dazutun der ML bereits bewiesen hat. Und gerade deshalb haben die Kommunisten ihr gegenüber eine Verpflichtung zu erfüllen, und zwar dort ansetzend und weiterführend, wo sie kämpft, und nicht dort, wo es die Kommunisten wünschen.

Die westdeutsche Arbeiterklasse hat den Kampf gegen die politische Unterdrückung als bewußten Kampf gegen den imperialistischen Staat auf breiter Ebene noch nicht aufgenommen. Täglich erleben die Kollegen in den Betrieben die Auswirkungen des reaktionären BVG's. Sie sehen die Zusammenarbeit des Betriebsrates mit den Kapitalisten, sie sehen, was es heißt: 'Der Arbeitsfrieden darf nicht gestört werden.'

Sie sehen immer häufiger, daß die Polizei ein Instrument der Bourgeoisie gegen sie ist. Und die Kollegen kämpfen auch dagegen! Immer weniger lassen sie sich von den Gewerkschaftsbonzen ihre Kämpfe vorschreiben und bilden und unterstützen oppositionelle Gewerkschaftslisten. So bei Opel (IGM-Bereich in Bochum, d.Vf.) geschehen. Opel zeigte auch, daß die Arbeiter eine Parole 'Deutsche und ausländische Arbeiter - eine Kampffront!' in ihren Aktionen selbst begreifen lernen. Doch Opel bewies auch etwas anderes: keine Kraft war vorhanden, die schnell und entschlossen einen Streik organisierte, die die verräterischen Umtriebe des Betriebsrates entlarvte. Die vier Forderungen der spanischen Kollegen waren korrekt, sie aber in diesem Zusammenhang als bewußten Angriff gegen den Kapitalismus zu werten, wäre falsch. Wie sollte solch eine Stoßrichtung auch erreicht werden? Wo waren die Marxisten-Leninisten, die den kämpfenden Kollegen eine solche gaben? Die anschließende Demonstration (vgl. 21.10.1972,d.Vf.) war ein Fehlschlag. Sie war kein Ausdruck eines gemeinsamen Kampfes mit einer Stoßrichtung gegen die politische Unterdrückung, sondern vielmehr Ausdruck der Isoliertheit der Marxisten-Leninisten in 'ihrem' Kampf. Opel war für die Kommunisten eine positive und eine negative Lehre: Es zeigte sich, daß die Arbeiterklasse von sich aus in der Lage ist, sich zu organisieren, eigenständig den Kampf aufnimmt und sich wirklich als revolutionäre Klasse erweist; es zeigte sich aber auch, daß die ML von diesem Kampf noch isoliert sind, und daß ihre Stoßrichtung noch nicht die Stoßrichtung der Arbeiterklasse ist. Wer diesen Umstand nicht in Rechnung stellt, verwischt die Aufgaben der ML im täglichen Kampf und kann sich allerdings damit begnügen, 'machtvoll' neben der Arbeiterklasse herzumarschieren und die Existenz der Arbeiterbewegung und der ML als 'Beweis' der Einheit der Arbeiterklasse zu sehen. Wer auf diese Weise großmäulig seine enge Verbindung mit der Arbeiterklasse bekundet, leistet nicht nur keinen Schritt nach vorn, sondern wird auch ewig meilenweit der vorwärtsschreitenden Arbeiterklasse hinterherhinken.

Wie sieht zur Zeit der antiimperialistische Kampf in den Kasernen aus? Hier steht die Friedensbewegung noch stark (und noch stärker werdend?) unter dem Einfluß pazifistischer Strömungen. Sehr oft werden diese spontanen antiimperialistischen Aktionen von den Revisionisten aufgegriffen und in ein reformistisches Fahrwasser gelenkt (Stoppt Strauß - Für 'Friedens'-Willy (Brandt - SPD, d.Vf.)). Zwar häufen sich Befehlsverweigerungen und Disziplinarstrafen, aber haben diese meist noch nicht eine antiimperialistische Stoßrichtung.

Es ist deshalb falsch, von breiten antimilitaristischen Aktionen gegen den westdeutschen Imperialismus zu reden. Die verschiedenen Ansätze, die von den Kommunisten in den Kasernen geleistet wurden, dürfen keineswegs als Ausdruck der gesamten antimilitaristischen Bewegung in den Kasernen Westdeutschlands gesehen werden. Das Bonner Märchen von der 'Friedensarmee' ist eben längst noch nicht auf dem vielzitierten Misthaufen gelandet! Die spontane Bewegung der Arbeiterklasse wächst und greift von ihrem Wesen her die bürgerliche Klassenherrschaft an. Die ML in Westdeutschland sind jedoch noch längst nicht bewußter Ausdruck dieser Kämpfe, haben sich noch längst nicht mit der Arbeiterklasse und allen anderen werktätigen Schichten des Volkes verbunden und den Kämpfen eine revolutionäre Stoßrichtung gegeben.

Vielmehr sind die Marxisten-Leninisten weitgehend von den Massen isoliert. Das ist die Situation, vor der die Marxisten-Leninisten heute stehen. Sie nicht beachten, führt unweigerlich zum Sektierertum.

DIE FRANKFURTER KONFERENZ

Die Frankfurter Konferenz, die im September dieses Jahres stattfand und zu der 25 - 30 kommunistische und demokratische Organisationen zusammenkamen, war der Ausdruck genau dieser Isolation der Kommunisten von der Arbeiterklasse und anderen fortschrittlichen Kräften.

Zweifellos war diese konkrete Zielsetzung, eine gemeinsame Demonstration gegen die reaktionären Ausländergesetze durchzuführen, ein Fortschritt im Kampf um die Einheit der ML, wenngleich auch die gemeinsame Absicht noch keinen Rückschluß auf die tatsächliche ideologische und praktische Vereinheitlichung zuläßt, wie wir weiter unten noch sehen werden. Aber schon wenn man nach den teilnehmenden demokratischen Organisationen fragt, wird die Bedeutung dieser Konferenz für den gemeinsamen Kampf aller fortschrittlichen Kräfte in Westdeutschland gegen die verschärfte politische Unterdrückung eingeengt. Die demokratischen Organisationen, die die Resolution unterschrieben, waren vor allem die ausländischen Organisationen, die ja der Kampf gegen die Ausländergesetze unmittelbar betrifft. Verschiedene Initiativen (örtliche Komitees) waren in Frankfurt überhaupt nicht vertreten. So konnte die Frankfurter Konferenz von vornherein keine Zusammenfassung aller Kräfte, die gegen die politische Unterdrückung kämpfen, sein. Doch auch der Fortschritt, daß sich die wichtigsten kommunistischen Kräfte in Westdeutschland (mit Ausnahme der KPD/AO) an einen Tisch setzten und ein gemeinsames Ziel und nicht allgemeine Prinzipiendrescherei, wie es ja früher sehr oft der Fall war (1.Mai), zur Grundlage der Auseinandersetzung machten, erwies sich als sehr begrenzt. Die Frankfurter Resolution bestand hauptsächlich in der Absichtserklärung, den Kampf gegen die verschärfte politische Unterdrückung und die reaktionären Ausländergesetze gemeinsam aufzunehmen. Was fehlte, war eine klare politische Grundlage, die man als Ergebnis der Einheit und der Widersprüche unter den teilnehmenden Organisationen hätte werten können.

Somit war die angestrebte Aktionseinheit für alle Beteiligten von Anfang an unverbindlich und es blieb im Ermessen jeder Organisation, wie sie die Aktionseinheit interpretierte. Weshalb war es in Frankfurt nicht möglich, zumindest eine klar umrissene Aktionseinhit von Kommunisten und Demokraten zu schaffen? Wir meinen, daß das opportunistische Vorgehen verschiedener Organisationen der Grund dafür war. Dadurch wurde ein konsequenter Kampf um die wichtigsten politischen Fragen ausgeschaltet. Folgende Fragen hätten unserer Meinung nach auf den Tisch gehört, um eine wirklich politische Einheit zu erzielen:

1. Die Rolle der Ausländergesetze in der Offensive des Kapitals

2. Die besondere Bedeutung der Sozialdemokratie und der revisionistischen Theorie vom 'kleineren Übel SPD'

3. Die Verbindung des Kampfes gegen die westdeutsche Bourgeoisie mit dem weltweiten antiimperialistischen Kampf der Völker (in Abgrenzung zum Trotzkismus und Revisionismus; unsere Erfahrungen siehe weiter unten)

Diese drei Punkte umreißen nicht einzig und allein die politische Plattform einer Einheitsfront, sondern sind Fragen, die sich die Kommunisten in der jetzigen Phase immer stellen müssen, wenn es gilt, Bündnisse zu schließen. Deshalb halten wir die Frankfurter Resolution auch unter den Bedingungen einer 'bloßen' Aktionseinheit für opportunistisch. Allerdings müssen wir an dieser Stelle auch Selbstkritik üben. Zwar betonten wir die Notwendigkeit des Kampfes gegen die Theorie vom 'kleineren Übel SPD', entlarvten aber nicht ganz klar das Auslassen dieser Frage als Opportunismus.

Die traurige Rolle, die in der weiteren Arbeit die beiden 'Parteien' spielten, muß unter zwei Aspekten gesehen werden. Einmal konnte die Aktionseinheit durch die Resolution den einzelnen Organisationen keine klare Stellungnahme zur Politik der Aktionseinheit abverlangen, sondern mußte sich auf deren Bereitschaft verlassen. Zum anderen aber bestimmte auch der Parteianspruch des 'Roten Morgen' und der 'Roten Fahne' von vornherein, wie weit nun auch die politische Einheit gegangen wäre, ihr Verhältnis zur Aktionseinheit. Ersteres war ein Fehler aller teilnehmenden Organisationen, deren Auswirkung sich auf der 2.Konferenz (vgl. S46**.1972,d.Vf.) zeigte, als beide 'Parteien' sich klar von der Frankfurter Konferenz (in der Frage des Charakters der Demonstration) distanzierten, ohne gegen die Resolution verstoßen zu müssen. Hier lag kein 'parteienspezifisches Problem' vor, sondern hätte genauso bei anderen Organisationen auftauchen können, die eine andere Einschätzung der momentanen Klassensituation in Westdeutschland haben als die Mehrheit der Aktionseinheit. Im zweiten Punkt hingegen kann der Vorwurf nur eindeutig an die 'Parteien' gehen. Nach anfänglich großen Forderungen zum Inhalt der Plattform eine völlig unzureichende Plattform opportunistisch zu unterschreiben, und anschließend in einem Gremium der Aktionseinheit (Organisationsausschuß) durch üble Methoden sich die Führung erschleichen zu wollen, das war hier die Politik der 'Parteien', vor allem des 'Roten Morgen'. Dieses Vorgehen dieser Organisationen war nicht nur ein Schönheitsfehler, sondern brachte die Aktionseinheit auch ernstlich in Gefahr. Wir werden in Zukunft wahrscheinlich noch häufiger vor solchen Praktiken stehen.

Obwohl wir die in dieser Plattform gestellten Aufgaben auch weiterhin für korrekt halten, ändert dies nichts an der Tatsache, daß sie für uns kein Instrument sein konnte, verschiedene Kräfte zusammenzuschließen. Wir konnten Kommunisten und Demokraten zum Aufbau eines Kampfkomitees gewinnen, die meist selbst schon an anderer Stelle den Kampf gegen die politische Unterdrückung aufgenommen hatten. Hingegen waren wir nicht in der Lage unorganisierte Menschen, die bereit sind, den Kampf aufzunehmen, für das Kampfkomitee zu gewinnen. Der Grund dafür war, daß wir nicht konkrete Kampfziele in den Vordergrund stellten und hieran die Einheit aufbauten, sondern auf Grundlage einer allgemeinen Plattform VORHER eine Einheit erzielen wollten. So konnte auch gerade die Aufgabe, die Plattform im Kampf selbst zu erweitern, nicht erfüllt werden. Wir verstehen heute das aufzubauende Kampfkomitee als Aktionseinheit von Kommunisten und Demokraten im Kampf gegen die politische Unterdrückung der Arbeiterklasse und aller fortschrittlichen Teile des Volkes. Diese Aktionseinheit selbst ist ein Schritt hin zur Einheitsfront der Arbeiterklasse.

In Hagen wächst die Aktionseinheit zur Zeit in der Auseinandersetzung um eine Grundlage des Kampfes gegen das GUPS/GUPA-Verbot (vgl. 3.10.1972, d.Vf.) und der Propaganda für den Befreiungskampf des palästinensischen Volkes. Diese Frage ist ZUR ZEIT die zentrale, hinter der andere Fragen zeitweilig zurückstehen. Dadurch, daß wir diesen Weg gegangen sind, die Auseinandersetzung um konkrete Kampfziele im Hinblick auf die Schaffung einer Aktionseinheit zu führen, haben wir auch bereits die ersten Erfolge erzielt. Einmal wird jetzt vom vorbereitenden Komitee eine erste größere Aktion (Veranstaltung gegen das GUPS/GUPA-Verbot (vgl. S46.1*.1972,d.Vf.) vorbereitet, zum anderen zeigte sich hier konkret, wo der Trennungsstrich zwischen ML und Trotzkismus verläuft. So forderten die Trotzkisten, daß in der Schaffung der Aktionseinheit gegen das GUPS/GUPA-Verbot und den Ausweisungs-Terror gegenüber Palästinensern der Befreiungskampf des palästinensischen Volkes nicht berücksichtigt werden sollte. Vielmehr sollten das Verbot und der Terror allein als 'undemokratische Maßnahmen' angeprangert werden. Hier wurde von den Trotzkisten klar der Charakter unseres Kampfes verwischt, nämlich der Kampf einer Klasse gegen die andere.

Bei dieser Neubestimmung unserer Linie zeigte sich auch, wie gering in Wirklichkeit die Einheit der verschiedenen Organisationen im Vorbereitenden Komitee ist. So glaubten wir bisher, eine besondere Stufe der Einheit mit der 'Roten Fahne' erreicht zu haben, weil wir gemeinsam gegen die ultrarevolutionären Phrasen der Trotzkisten zum nationalen Befreiungskampf und der Außenpolitik der VR China kämpften. Jedoch wurde diese Frage bisher nur allgemein angegangen und nicht konkret im Zusammenhang mit der Schaffung einer bestimmten Aktionseinheit. Diese Auseinandersetzung aber kann erst zeigen, welche ideologische und praktische Einheit vorliegt.

Ein weiterer Fehler, den wir anfänglich im Vorbereitenden Komitee machten, war die Vernachlässigung unserer eigenständigen Politik. Wir stellten die Schaffung einer Aktionseinheit vor die Entwicklung einer eigenständigen Politik und begriffen dadurch die Aktionseinheit nicht als Instrument der Kommunisten zur Überwindung der Spaltung der Arbeiterklasse. Somit machten wir im Endeffekt unsere Politik im Kampf gegen die politische Unterdrückung abhängig von der Arbeit des Vorbereitenden Komitees und negierten von vornherein die Aufgabe der Kommunisten auch für dieses Komitee, die Kommunistische Partei wieder aufzubauen.

Abschließend wollen wir noch einmal kurz zusammenfassen, welche Fragen sich für die Kommunisten im Kampf gegen die politische Unterdrückung ergeben:

1. Die Kommunisten sind von den spontanen Kämpfen der Arbeiterklasse noch weitgehend isoliert.

2. Die Frankfurter Konferenz und die Mobilisierung zur Demonstration waren Ausdruck dieser Isolation. Diese Aktionseinheit darf gerade deshalb nicht überbewertet werden.

3. Der falsche Anspruch der Massenverbundenheit treibt den Kampf nicht nur keinen Schritt voran, sondern hemmt ihn sogar.

4. Bei dem Aufbau von Kampfkomitees dürfen Einheitsfront und Aktionseinheit nicht schematisch nebeneinander gestellt werden, sondern die Aktionseinheit ist der erste Schritt zur Einheitsfront.

Die Arbeit zur Mobilisierung der Massen zur Demonstration und die Demonstration dann selbst, zeigten, wo die Aktionseinheit stand: In den einzelnen Orten konnten nur wenige Nichtkommunisten mobilisiert werden, vor allem fand die Propagierung der Aktionseinheit in den Betrieben wenig Resonanz.

Trotz einiger Fortschritte (vor allem durch die Arbeit verschiedener örtlicher Komitees) war die Hauptseite der Aktionseinheit wieder die Isoliertheit der Kommunisten. Die Demonstration war geprägt von der Klassenherkunft nach kleinbürgerlichen Kräften und drückte keineswegs eine Verbundenheit mit den Massen aus.

ZUR SCHAFFUNG VON KAMPFKOMITEES

Die Schaffung einer breiten Kampffront gegen die politische Unterdrückung, das umreißt in allgemeinster Form die Aufgaben der Kommunisten. Doch was steht zur Zeit in der Schmiedung solch einer Kampffront an?

Es ist falsch, heute schon von der Einheitsfront der Arbeiterklasse zu reden, solch einen Zusammenschluß als unmittelbare Aufgabe der Kommunisten zu sehen. Das entspricht nicht dem Stand der Klassenkräfte hier in Westdeutschland. Heute müssen vielmehr die ersten Schritte hin zu solch einer Einheitsfront gemacht werden. Als solchen Ansatz verstehen wir die Aktionseinheit der Kommunisten und aller anderen fortschrittlichen Kräfte, wie es in Frankfurt zumindest im Ansatz geschehen ist, wie es aber vor allem noch auf Ortsebene, in Betrieben, Schulen und Kasernen auf fester politischer Grundlage geschehen muß. Diese Aktionseinheit wird geschmiedet für ein ganz bestimmtes Kampfziel.

Wir halten es für falsch, der Einheitsfront die Aktionseinheit gegenüberzustellen, neben konkreten Zusammenschlüssen, die im Kampf selbst wachsen werden, noch eine besondere Plattform einer aufzubauenden Einheitsfront schaffen zu wollen. Genau diesen Fehler haben wir in Hagen aber gemacht. Die 'Dortmunder Plattform' sollte genau solch eine Grundlage der Einheitsfront für uns sein."

Veröffentlicht wird dieser Text u.a. in der 'Klassenkampf und Programm' (Klapro) der ML Dortmund, ML Hagen und der PL Hamm (vgl. Dez. 1972).
Q: Klassenkampf und Programm Nr. 1, Dortmund Dez. 1972, S. 44ff

November 1972:
Die Proletarische Linke (PL) Hamm verfasst, nach eigenen Angaben, diesen Monat das folgende Papier, welches von den ML Dortmund, ML Hagen und der PL Hamm in deren gemeinsamen Organ (vgl. Dez. 1972) veröffentlicht wird:"
ZUM DEMOKRATISCHEN KAMPF

Zur Praxis des demokratischen Kampfes

Die Praxis des demokratischen Kampfes läßt sich heute im nationalen Rahmen im wesentlichen an zwei Kampfformen festmachen: antiimperialistischer Kampf gegen die US-Aggression in Vietnam - für den Sieg im Volkskrieg; demokratischer Kampf gegen die reaktionären Ausländergesetze und die politische Unterdrückung.

Um die Bestimmung gerade dieser Kampfabschnitte im demokratischen Kampf - und z.B. nicht Komitees für den Befreiungskampf in Irland oder für den Volkskrieg in Palästina - hat national keine politisch-ideologische Auseinandersetzung stattgefunden. Die Bestimmung dieser Kampfabschnitte hat sich vielmehr als 'reine Idee' national durchgesetzt. Sie gingen nicht hervor aus der Untersuchung der objektiven Bedingung des Kapitals und dem Bewußtsein und der Bewegung der Massen, besonders aber nicht aus der Bestimmung der historischen Aufgaben der Kommunisten.

Berichte, Untersuchungen und Konsultationen über den Kampf und die gemachten Erfahrungen sind im wesentlichen Zusammenfassungen der Leistungen von Organisationen und der von ihnen gebildeten demokratischen Komitees: soviel Stände, soviel Geldsammlungen, soviel Veranstaltungen, so 'mächtige' Demonstrationen (- auf denen immer wieder die gleichen Gesichter erscheinen), Kampferfahrungsberichte sind im wesentlichen Berichte über die Auseinandersetzungen mit anderen ML-Organisationen und ihre praktische Teilnahme an der Arbeit oder aber Berichte über die ideologische Auseinandersetzung mit Revisionisten (deren Hinauswurf und damit dem 'Sieg über den Revisionismus'). Nirgends aber höchstens ansatzweise und isoliert von der nationalen Diskussion tauchen die Fragen auf: Warum ist der demokratische Kampf heute wichtig für die Kommunisten? Welche Aufgaben stellen sich den Kommunisten in der Erarbeitung des Programms heute? Warum und welche Bedeutung hat der Kampfabschnitt des demokratischen Kampfes für die Erarbeitung des Programms der revolutionären Partei? Welche Untersuchungen der objektiven Entwicklung des Kapitals und der Entwicklung des subjektiven Bewußtseins der Massen müssen der Bestimmung eines Kampfabschnitts zugrundeliegen, und nach welchen Prinzipien muß der demokratische Kampf von den Kommunisten heute geführt werden - in der Agitprop nach außen und in der Untersuchung nach innen.

Erst die politisch-ideologische Auseinandersetzung in diesen Fragen auf der Grundlage der örtlichen Arbeit und Erfahrungen kann die Klärung dieser Grundfragen vorantreiben. Verhindert werden solche Auseinandersetzungen in der ML-Bewegung heute vor allem durch zwei Hauptlinien der Bestimmung des demokratischen Kampfes.

1. durch die platte Übertragung der historischen Situation des Klassenkampfes von vor 1933 auf die heutige und der platten Ableitung der Aufgaben der Kommunisten in der Schaffung der Einheitsfront gegen den Faschismus (z.B. KPD/ML-ZB/ZK). Die platte Übertragung der Aufgaben und Prinzipien des demokratischen Kampfes verhindert jede tatsächliche ideologische Auseinandersetzung um diese Frage - wenn auch der Widerspruch in der Einschätzung der BRD-Wirklichkeit immer offensichtlicher wird.

2. Durch DIE REIN PRAGMATISCHE Wahl des demokratischen Kampfes als eine Kampfform der Kommunisten. So wurde die von der KPD/AO initiierte Vietnam-Kampagne aus dem Bedürfnis der Kommunisten heraus, proletarischen Internationalismus zu üben, angegangen - ohne den demokratischen Kampf als Kampfform der Massen zu begreifen, in dem die Massen der Hauptträger des Kampfes sind, und die Kommunisten der Teil sind, der die fortschrittliche Seite der Widersprüche vorantreibt, den Kampf organisiert zusammenfaßt, verallgemeinert und ihm eine revolutionäre Stoßrichtung gibt. So wurde die Vietnam-Kampagne rein organisatorisch und als nationale Propagandaaktion der Kommunisten zum Kampf des vietnamesischen Volkes aufgebaut.

Das 'Nationale' Vietnamkomitee (NVK, d.Vf.) plante national welche Propaganda und Aktionen die Kommunisten IN den Massen durchführen sollten. Diese Aktionen konnte aber lediglich Selbstdarstellungen der Kommunisten vor den Massen sein. Denn: Die Massen wurden nicht als Hauptträger des demokratisch antiimperialistischen Kampfes gesehen, und damit die Hauptaufgabe liquidiert, die Massen für den antiimperialistischen Kampf zu gewinnen. Die nationalen Aktionen konnte daher nicht der Ausdruck einer antiimperialistischen Kampffront sein, diese kann nur durch die Gewinnung fortschrittlicher Menschen an den einzelnen Orten aufgebaut werden.

Dabei müssen die Kommunisten untersuchen, was die Massen diskutieren, an das Bewußtsein der Massen konkret anknüpfen, es in der Agitation und Propaganda vorantreiben und Wege und Formen finden, die fortschrittlichen Menschen im praktischen politischen Kampf und in dem jeweiligen Kampfabschnitt entsprechenden Organisationsformen zu organisieren. Sonst können solche 'demokratischen' Aktionen höchstens den Zweck der Auffüllung der eigenen Reihen mit solchen, die bereits kommunistische Inhalte diskutieren, sein.

Beide Herangehensweisen an den demokratischen Kampf heute - die Übertragung besonderer historischer Notwendigkeiten auf die BRD-Wirklichkeit, wie die pragmatische Wahl des demokratischen Kampfes als attraktive Kampfform - zeigen, daß der demokratische Kampf nicht in seiner historischen Bedeutung für die Erarbeitung des Programms auf der einen Seite und die Heranführung der Massen an die Revolution auf der anderen Seite begriffen wird. Dieser 'demokratische' Kampf ist vielmehr gekennzeichnet durch eine massenfeindliche, sektiererische Linie: HEUTE, da es darum geht, immer breitere Teile der Massen durch breit angelegte Agitprop, durch Organisation an Kampfabschnitten, wo es um die Verteidigung und Erringung ihrer Tagesinteressen geht, beständig im Kampf selbst an die Notwendigkeit der sozialistischen Revolution heranzuführen.

Das sektiererische Vorgehen in der Praxis des demokratischen Kampfes ist ein Ausdruck der tatsächlichen Isoliertheit der Kommunisten von der Arbeiterklasse und den Massen des Volkes und der vorherrschenden Trennung von marxistischer Theorie und Praxis. Das unhistorische, handwerklerische Herangehen an den demokratischen Kampf hat seine objektive Basis in der Zerschlagung der Arbeiterbewegung und des demokratisch antifaschistischen Kampfes des Volkes nach 1945, dem KPD-Verbot, der zeitweiligen Stabilisierung des westdeutschen Imperialismus und 15 Jahre Hetzpropaganda gegen jede kommunistische und demokratische Bewegung. Es gibt keine breite, historisch gewachsene, aktive und bewußte Bewegung, an die die Kommunisten anknüpfen können. Daher fehlt auch heute jeder objektive Maßstab, jede objektive Richtlinie für das, was es praktisch bedeutet, die Massen im demokratischen Kampf anzuleiten und diesem eine revolutionäre Stoßrichtung zu geben, ohne dabei in Sektierertum zu verfallen.

Die breite politische Resignation in den Massen beginnt sich heute erst langsam wieder aufzulösen auf der Grundlage der Verschärfung des Widerspruchs zwischen Lohnarbeit und Kapital. Wenn wir heute beim Aufbau des antiimperialistischen Kampfes feststellen, daß die Massen den 'Krieg in Vietnam' ablehnen und andererseits den 'Friedenskanzler' Willy Brandt (SPD, d.Vf.) diskutieren, so müssen wir in diesen Argumenten den Wunsch der Massen nach Frieden in der Agitation und Propaganda aufgreifen, den Widerspruch zwischen einem imperialistischen Frieden und dem Frieden auf der Grundlage des Sieges im Volkskrieg und der Volksdemokratie aufzeigen und gleichzeitig die Notwendigkeit vermitteln, daß der Frieden nur gesichert werden kann, wenn die Massen ORGANISIERT für den Frieden kämpfen. Das stellt die Aufgabe, auf der Grundlage der politischen Linie Organisationsformen des Kampfes mit den fortschrittlichen Menschen GEMEINSAM aufzubauen.

ZUR BEDEUTUNG DES DEMOKRATISCHEN KAMPFES FÜR DIE PROGRAMMFRAGE

In der jungen kommunistischen Bewegung Westdeutschlands hat sich allmählich die Erkenntnis durchgesetzt, daß das Grundübel der jetzigen Etappe und der Hauptgrund für die bestehende Zersplitterung der Bewegung das Fehlen eines nationalen Programms ist. Die Erarbeitung des Programms ist somit das Hauptkettenglied beim Wiederaufbau der KPD. Alle theoretischen Untersuchungen, alle praktischen Schritte müßten direkt mit der Erarbeitung des Programms in Beziehung stehen, müßten auf diese entscheidende Aufgabe zugespitzt werden. Das Programm kann allerdings nicht als isolierte Aufgabe der Kommunisten, losgelöst von den Kämpfen der Volksmassen herausgearbeitet werden, sondern kann nur der theoretische Ausdruck des Befreiungskampfes des Proletariats sein.

Wenn das Programm seine Aufgabe, die Ziele der proletarischen Bewegung festzulegen (Stalin) erfüllen soll, muß es wirklich die Wünsche der Massen zum Ausdruck bringen. Es ist für die Kommunisten also erforderlich, die Wünsche der Massen kennenzulernen - und zwar indem sie sich in den Tageskämpfen der Massen mit ihnen verbinden, indem sie Teil der Massen werden und von den Massen lernen. Die Kommunisten müssen verstehen, daß die Wünsche der Massen nicht aus den subjektiven Vorstellungen der Kommunisten abzuleiten sind, sondern daß diese Vorstellungen nur der Ausdruck, die theoretischen Verallgemeinerung der Wünsche der Massen sein dürfen. Viele Kommunisten müssen noch lernen, was es wirklich heißt, von den Massen zu lernen, 'aus den Massen schöpfen'. Die Massenlinie ist viel zu oft noch Lippenbekenntnis als konkrete Anleitung zum Handeln. Hier offenbart sich aber auch ein zentrales Dilemma der jungen kommunistischen Bewegung in unserem Lande. Einerseits muß sie, um ihre Fehler zu überwinden, um zu einem Programm zu kommen, das die Wünsche der Massen zum Ausdruck bringt, sich mit den Massen verbinden, Teil der Massen werden, zum anderen kann sie dies nur unzureichend verwirklichen, wenn ihr Vorgehen nicht auf einer wissenschaftlichen Grundlage beruht. Dieses Dilemma wurde und wird oft dadurch gelöst, daß in diesem Widerspruch eine der Seiten zur Hauptseite erklärt, die andere Seite aber gleichzeitig praktisch liquidiert wird. Krassester Ausdruck dieses Fehlers war wohl die 'October'-Gruppe, die sogar die ML-Bewegung liquidieren wollte, um in aller Ruhe 'Das Kapital' zu studieren. Dem entspricht auf der anderen Seite das Vorgehen der Partei-Zirkel, die ihre subjektivistischen, keineswegs materialistisch fundierten Einschätzungen für das Programm ausgeben, um sich dann blindlings in die Praxis zu stürzen. (Wenn diese Gruppen aber wirklich Arbeit als Teil der Arbeiterklasse leisten, dann öffnet sich auch der Weg, diese Fehler zu erkennen. Eine solche Entwicklung deutet sich heute bei der KPD/ML-ZB an. In einer Erklärung des Zentralbüros (vgl. 14.10.1972, d.Vf.) mit dem Titel 'Lage der Partei und die Reorganisation' (RF 21 (vgl. 24.10.1972, d.Vf.)) heißt es:
'Wir müssen aufhören, in sie (die spontane Bewegung) etwas hineinzuinterpretieren, sondern sie von ihrer materiellen Basis her genau analysieren, durch aktive Untersuchung das wirklich vorhandene Bewußtsein der Massen erfassen und durch unsere aktive Teilnahme an den Kämpfen die Gesetzmäßigkeiten dieser Kämpfe studieren… Subjektivismus in der Einschätzung, Schwankungen zwischen rechten und linken Fehlern in der Taktik sind Resultate der ideologischen Verwirrung bei uns'. Hier bahnt sich eine Kritik an eigenen Subjektivismus an, die wir nur begrüßen können. Die politischen Resultate bleiben abzuwarten.)

Die einzige Möglichkeit den oben aufgezeigten Widerspruch zu lösen, liegt darin, daß man erkennt, daß die Nebenseite notwendigerweise Bedingung für die Existenz der Hauptseite darin liegt (?,d.Vf.), das Programm zu erstellen, die Verschmelzung der Kommunisten mit der Arbeiterbewegung von entscheidender Bedeutung gerade für die Erstellung des Programms ist. Diese Verschmelzung kann sich aber nicht dadurch vollziehen, daß die Kommunisten dem Proletariat ihre maximalen Ziele vorsetzen und vielleicht noch propagandistisch vermitteln, sondern nur dadurch, daß die Kommunisten sich in den politischen und ökonomischen Kämpfen des Proletariats und der breiten Volksmassen als Teil der Arbeiterklasse und des Volkes erweisen - und zwar als der Teil, der den Kampf am entschlossensten führt. Jede Erfahrung, die die Kommunisten im Kampf mit den Massen machen, muß DIREKT für die Erarbeitung des Programms genutzt werden, muß unbedingt in die Programmarbeit einfließen. Auf der anderen Seite muß jedes Ergebnis in der Erarbeitung des Programms unmittelbar in die Praxis der Kommunisten einfließen, muß DIREKTE praktische politische Konsequenzen haben. Wenn wir dies heute beachten, dann wird der oben aufgezeigte Widerspruch zur entscheidenden Triebkraft bei der Erarbeitung des Programms und der Verschmelzung mit den Massen.

Was heißt das nun konkret für den demokratischen Kampf heute? Wir müssen in der jetzigen Situation davon ausgehen, daß die Massen nicht unmittelbar für den Kampf um die Diktatur des Proletariats gewonnen werden können. Das wird durch die offensichtliche Schwäche der kommunistischen Bewegung nur allzu deutlich bewiesen. Daher ist es unsere Aufgabe, Kampfformen zu finden, durch die wir die Massen an den Kampf für den Sozialismus heranführen können. Eine dieser Kampfformen ist der demokratische Kampf (Zur allgemeinen Notwendigkeit, diesen Kampf zu führen, später mehr). Aber auch im Kampf gegen die Ausländergesetze und die politische Unterdrückung konnten wir feststellen, wie wenig entwickelt das Bewußtsein der überwältigenden Mehrheit des Volkes über diese Maßnahmen der Bourgeoisie und über die Notwendigkeit des Kampfes dagegen noch ist. Eine spontane demokratische Bewegung, die sich völlig unabhängig von den Kommunisten entwickelt, ist praktisch nicht festzustellen. Dennoch halten wir es für sinnvoll und notwendig, den Kampf gegen diese Gesetze aufzunehmen. Denn viele fortschrittliche Menschen verurteilen diese Maßnahmen der Bourgeoisie, wenn sie in richtiger Weise darüber aufgeklärt werden und sind bereit dagegen zu kämpfen. (Das ist natürlich nur eine vorläufige Einschätzung, die wir in der Praxis ständig überprüfen müssen) Aufgabe der Kommunisten ist es nun, diese Bereitschaft aufzunehmen und den KAMPF ZU ORGANISIEREN. Diese Organisation muß sich, will sie nicht einfach in der Umbenennung der sowieso schon organisierten Genossen in 'Komitee' etc. bestehen, um inhaltliche Fragen aufgebaut werden. Ein richtig ausgerichteter Kampf gegen die Ausländergesetze und die politische Unterdrückung ist nicht möglich, ohne z.B. die Funktion der Ausländer für das westdeutsche Kapital zu bestimmen oder ohne das Verhältnis zwischen deutschen und ausländischen Arbeitern und Studenten zu untersuchen. Auch die Frage, WIE man den Trennungsstrich zwischen dem Volk und den Feinden des Volkes ziehen soll, insbesondere in welcher Form man den Revisionismus konkret entlarven kann, ist im demokratischen Kampf von entscheidender Bedeutung. Das sind natürlich Fragen programmatischer Natur. D.h. die Klärung dieser Fragen, die im demokratischen Kampf auftauchen, dient direkt der programmatischen Arbeit. Diese Fragen werden natürlich im demokratischen Kampf nicht von den Kommunisten allein diskutiert und entschieden, sondern zusammen mit allen fortschrittlichen Menschen. Der demokratische Kampf sichert also, daß die programmatischen Fragen nicht von den Massen isoliert, in der 'ML'-Küche ausgebrütet werden, sondern mit Beteiligung der Fortgeschrittensten des Proletariats und der Bündnisschichten erarbeitet werden. Durch den demokratischen Kampf wird die Anwendung der Massenlinie bei der Erarbeitung des Programms ERMÖGLICHT. Ob dies aber tatsächlich VERWIRKLICHT wird, hängt entschieden davon ab, daß der enge Zusammenhang zwischen demokratischem Kampf und Programmerarbeitung nicht nur Lippenbekenntnis bleibt, sondern wirklich praktische Bedeutung erlangt, daß jede Erkenntnis, die im demokratischen Kampf gewonnen wird, unmittelbar in die programmatische Arbeit eingeht, daß zum anderen jedes Untersuchungsergebnis, jedes Ergebnis bei der Programmerarbeitung direkte Konsequenzen für die Organisierung des Kampfes hat; nur dann können die Kommunisten den Widerspruch zwischen dem Erfordernis einer starken mit den Massen verbundenen kommunistischen Partei für die Schmiedung einer breiten Front der Arbeiter und Bündnisschichten, und der Notwendigkeit, diese Partei gerade im Kampf mit den Massen aufzubauen, lösen. Ja, dann wird dieser Widerspruch sogar zu einem entscheidenden vorantreibenden Faktor bei der Erstellung des Programms und der Verschmelzung der Kommunisten mit der Arbeiterklasse.

Praktische Erfahrungen beim Aufbau eines antiimperialistischen Vietnamkomitees

Es scheint uns wichtig, unsere konkreten, örtlichen verallgemeinerten Erfahrungen beim Bemühen um den Aufbau eines antiimperialistischen Komitees 'Gegen die US-Aggression in Vietnam - Für den Sieg im Volkskrieg' (im Rahmen der nationalen Kampagne der KPD/AO) hineinzutragen in die ideologische Auseinandersetzung um die Bestimmung der Aufgaben der Kommunisten im demokratischen Kampf.

Der Kampf um die politische Linie in einem antiimperialistischen Komitee muß so geführt werden, daß sich die fortschrittlichen Menschen (Als 'fortschrittlich' haben wir den Menschen bezeichnet, der entgegengesetzte Interessen zwischen dem Volk und den Herrschenden sieht (aufgrund seiner zunächst subjektiven Einschätzung der Wirklichkeit), der sich auf die Seite des Volkes stellt und mindestens abstrakt die Notwendigkeit sieht, daß 'man was dagegen tun muß'. Wir meinen, daß bei dem heutigen Stand der Organisiertheit der Massen die Meinung, daß fortschrittliche Menschen im allgemeinen in politischen Organisationen (Jusos, DKP, SDAJ, Kriegsdienstverweigerer usw.) zu finden sind, zu wenig untersucht ist und deshalb als voreilige Einschätzung den demokratischen antiimperialistischen Kampf unzulässig einengt und beschneidet.) eine wirklich antiimperialistische Position erarbeiten können. Das setzt voraus, daß der Kern der Kommunisten, der der vorantreibendste Teil im Komitee sein muß, selber die Auseinandersetzung um die politische Linie führt und seine Aufgaben im antiimperialistischen Kampf bestimmt - auf der Grundlage der Untersuchung der historischen Rolle der Kommunisten im antiimperialistischen Kampf, der Untersuchung der Widersprüche im Weltmaßstab (hier am Beispiel Vietnam) und der Untersuchung des politischen Bewußtseins der breiten Massen. Erst dann kann er den Kampf um die Politische Linie so anleiten, daß er ihn jeweils in der konkreten Situation auf die entscheidenden politischen Fragen zuspitzt, an denen die fortschrittlichen Menschen erkennen können, was eine antiimperialistische und was eine bürgerliche Position ist.

Wie ist nun der Kampf um die politische Linie zu führen? Einen fortschrittlichen Menschen gewinnt man nicht dadurch, daß man ihm eine antiimperialistische Plattform vorlegt und sie mit ihm mehr oder minder ausführlich diskutiert (um ihn dann vor die Alternative zu stellen, sie 'anzuerkennen' oder zu gehen und bald pragmatisch zum nächsten Tagesordnungspunkt - die praktische Arbeit - überzugehen). Der antiimperialistische Kampf kann auch nicht dadurch eine revolutionäre Stoßrichtung erhalten, daß man den fortschrittlichen Menschen die gesellschaftliche fortschrittliche Rolle der Arbeiterklasse und die Notwendigkeit der Kommunistischen Partei 'vorhält'. Ein antiimperialistisches Bewußtsein kann sich vielmehr nur herausbilden,
- im Verlauf umfassender Auseinandersetzungen auf der Grundlage konkreter Untersuchung der Widersprüche zwischen Imperialismus, Sozialimperialismus und dem antiimperialistischen Kampf der Völker - hier am konkreten Beispiel Vietnams wie auch der ganzen Welt
- durch ständige gemeinsame Überprüfung der praktisch politischen Arbeit auf der Grundlage der politischen Linie wie auch
- durch ständige Überprüfung der politischen Linie auf Grundlage der Untersuchungsarbeit im theoretischen und praktischen Bereich
- durch Einbeziehung in die praktisch politische Arbeit des gesamten Komitees.

D.h. die Kommunisten können den antiimperialistischen Kampf nur vorantreiben, wenn sie die fortschrittlichen Menschen Schritt für Schritt von seiner Begründung und Notwendigkeit überzeugen (Um Mißverständnissen vorzubeugen: Das Prinzip 'Schritt für Schritt richtig siegen' ist nicht als Spielart einer Phasentheorie zu verstehen, sondern bedeutet für den demokratischen Kampf die korrekte revolutionäre Politik gegenüber allen linksradikalen Abweichungen. Le Duan, 1. Sekretär des ZK der Partei der Werktätigen Vietnams, stellt dazu heraus: 'Schritt für Schritt richtig siegen können heißt, daß man für eine bestimmte Periode, für eine bestimmte Situation die angemessensten konkreten Ziele bestimmt, das heißt, daß man sich auf die objektiven Gesetze stützt und den Kampf so führt, daß man diese Ziele mit einem Höchstmaß an Erfolg erreicht, daß man die Revolution vorwärts bringt, sie auf eine höhere Ebene hebt und damit die sichersten Aussichten für den endgültigen Sieg schafft.' (Prinzipien und Methoden des revolutionären Handelns, in: Die vietnamesische Revolution, S. 41))

Die Kommunisten können den antiimperialistischen Kampf nur dann eine revolutionäre Stoßrichtung geben, wenn sie die fortschrittliche Menschen auf der Grundlage der konkreten Arbeit davon überzeugen, daß der konsequente antiimperialistische Kampf letztlich der Kampf für die Errichtung der Volksdemokratie und des Sozialismus unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer revolutionären Partei bedeuten muß. Sie überzeugen nicht - sondern versumpfen - wenn sie in den opportunistischen Fehler verfallen, sich den Fragen und Problemen der fortschrittlichen Menschen anzupassen, ohne beständig den konkreten Weg der Überzeugung auf der Grundlage der Untersuchungsarbeit zu verfolgen; aus Angst, die fortschrittlichen Menschen könnten sonst 'abgeschreckt' werden. Sie überzeugen aber auch nicht, sondern isolieren sich, wenn sie die revolutionäre Linie nur dadurch vertreten, daß sie gegenüber fortschrittlichen Menschen ABSTRAKT die Notwendigkeit der Revolution, die fortschrittliche Rolle der Arbeiterklasse und ihrer revolutionären Partei als Plakat vor sich hertragen, ohne aus der Diskussion der Widersprüche in der BRD und den bei der Agitproparbeit gemachten Erfahrungen die AKTUELLE Bedeutung des Kampfes der Arbeiterklasse und ihrer Partei für die Befreiung des Volkes jeweils konkret zu begründen. Das Aufzeigen der Arbeiterklasse als vorantreibende antiimperialistische Kraft am Beispiel der Befreiungskämpfe der Völker (hier Vietnam) kann lediglich einen ERSTEN Schritt bedeuten.

Im Verlauf unserer Arbeit haben wir jedoch die Erfahrung gemacht, daß dies isoliert, selbst für fortschrittliche Menschen notwendigerweise abstrakt bleiben muß (oder idealistisch begriffen wird) und nicht ausreicht, den antiimperialistischen Kampf als proletarischen Internationalismus der Tat ohne Verzug aufzunehmen (In diese beiden Fehler sind wir verfallen, bevor wir sie in der richtigen Weise zu korrigieren versuchten). Genauso konkret muß die Entlarvung des Revisionismus geleistet werden. Fortschrittliche Menschen, die vom Revisionismus beeinflußt sind oder die die Politik der Revisionisten nicht durchschauen, können wir nur für einen antiimperialistischen Kampf gewinnen, wenn wir konkret die Politik des Revisionismus (Sozialimperialismus) und die materielle Basis der gesellschaftlichen Produktion, auf der diese beruht, untersuchen und entlarven. Ebenso die Politik der Revisionisten in der BRD, wie sie einen konsequenten antiimperialistischen Kampf verhindern und spalten. Entsprechend wichtig ist es also, sich über die Schandtaten des Sozialimperialismus (CSSR, Pakistan usw.) und die Schandtaten der BRD-Revisionisten (Verfolgung der Marxisten-Leninisten in Betrieben, Gewerkschaften, Schulen, Spaltung der Streikfront usw.) nicht nur beispielhaft auf der Grundlage einer Plattform zu 'empören', sondern die Politik der Revisionisten historisch-materialistisch zu untersuchen und die Auseinandersetzung mit fortschrittlichen, revisionistisch-beeinflußten Menschen Schritt für Schritt zu führen. Dabei hängt das revolutionäre, anti-revisionistische Wesen einer Plattform nicht vom bloßen Aufzählen des Verrats der Revisionisten im Weltmaßstab ab, sondern davon, wie konkret aus dem Beispiel der Volksbefreiungskriege der revolutionäre Weg für die Zerschlagung 1. des BRD-Imperialismus und 2. des imperialistischen Weltsystems entwickelt wird.

Für die Erstellung einer antiimperialistischen Plattform als Grundlage für den Aufbau des antiimperialistischen Kampfes heißt das, daß in ihr Widersprüche, die ein antiimperialistisches Bewußtsein der fortschrittlichen Menschen verhindern, so konkret widerlegt werden müssen, daß sich die Massen damit überhaupt auseinandersetzen. Sie darf also lediglich weder das bestehende fortschrittliche Bewußtsein bestätigen, noch vollkommen abstrakt und losgelöst davon sein.

Wenn der antiimperialistische Kampf heute richtig geführt wird, mit der wirklichen Ausrichtung auf die Gewinnung von fortschrittlichen Menschen für den Kampf, muß die Plattform im Verlaufe notwendig erweitert oder auch verändert werden, weil erst dann die Fragen und Wünsche des Volkes massenhaft in sie einfließen können.

So zeigte sich in den Agitationsgesprächen mit fortschrittlichen Menschen an Ständen, bei Filmveranstaltungen, bei Flugblattverteilungen, auf den regelmäßigen Sitzungen, daß der Zusammenhang zwischen dem Kampf des vietnamesischen Volkes und dem BRD-Imperialismus in der Plattform (der Liga gegen den Imperialismus (LgdI,d.Vf.)) ungenügend hergestellt war. In den meisten Diskussionen stellten die fortschrittlichen Menschen die Frage: Was hat Vietnam mit uns zu tun? - Ich bin dafür, daß die Amis rausgehen, und die Vietnamesen ihre Angelegenheiten selber regeln, aber was können wir dafür tun? - Die paar Pfennige nützen denen wenig! Außerdem sollten wir erstmal bei uns selbst anfangen.

Diese Untersuchung hatte bei uns notwendige Konsequenzen für die Bestimmung der politischen Linie: So wurde mit den fortschrittlichen Menschen (Jungarbeiter, Schüler, Lehrer, Angestellte, Studenten, von 15 bis 50 Jahren) auf der regelmäßigen Komitee-Sitzung diskutiert, daß 'der Kampf gegen den BRD-Imperialismus im Verlaufe des Kampfes des Vietnamkomitees zur Hauptseite werden KANN (Dies war entgegengesetzt der Meinung eines Liga-Genossen, der diese Auseinandersetzung abschneiden und die führende Rolle der Arbeiterklasse lediglich in Vietnam diskutiert haben wollte, um damit laufend einen Grund für Liga-Werbung zu finden, weil 'diese Diskussion einer anderen Organisationsform bedürfe' - sprich der KPD/AO-Liga gegen den Imperialismus).

Diese Erfahrungen haben ihren praktischen Niederschlag in der Erweiterung der Agit-Prop-Arbeit, Untersuchung und Organisation des Komitees.

Heute verstehen wir unsere Aufgaben eben nicht nur in einer allseitig geführten Agit-Prop, sondern auch in der Untersuchung und Organisation fortschrittlicher Menschen im antiimperialistischen Kampf.

Zur politischen Bedeutung des demokratischen Kampfes

Zum Schluß noch einige Bemerkungen über die allgemeine Notwendigkeit, den demokratischen Kampf in der Epoche des Imperialismus zu führen.

Der demokratische Kampf nimmt einen besonderen Stellenwert im Minimalprogramm der Kommunisten ein. Er hat die Art und Weise, wie die Bourgeoisie ihre Herrschaft ausübt, zum Gegenstand, ohne allerdings direkt auf die Beseitigung ihrer Herrschaft zu zielen. Dennoch besitzt dieser Kampf um demokratische Reformen eine große Bedeutung: 'Wir sind keine Anarchisten, und es ist uns durchaus nicht gleichgültig, welches politische Regime in einem gegebenen Land besteht: eine bürgerliche Diktatur in Form der bürgerlichen Demokratie, wenn auch mit äußerst geschmälerten Rechten und Freiheiten, oder eine bürgerliche Diktatur in ihrer offen faschistischen Form. Als Anhänger der Sowjetdemokratie werden wir jeden Fußbreit der demokratischen Errungenschaften verteidigen, die die Arbeiterklasse in jahrelangen zähen Kämpfen erobert hat und werden entschlossen für ihre Erweiterung kämpfen.' (Dimitroff, Protokolle des VI.Weltkongresses, S.254/255).

Es ist für die Kommunisten nie gleichgültig, unter welchen Bedingungen sie ihren Kampf führen, ob ihre Partei zugelassen ist oder in der Illegalität arbeiten muß, ob ihre Presse unzensiert erscheinen darf, ob sie das Parlament als Tribüne für ihre Meinungen benutzen dürfen oder ob alle ihre Tätigkeiten mit brutaler Gewalt unterdrückt werden. Alle diese Punkte sind entscheidende Voraussetzungen für einen erfolgreichen Kampf der Kommunisten.

'Eine breite, freie, offenere Form des Klassenkampfes und der Klassenunterdrückung bedeutet für das Proletariat eine riesige Erleichterung im Kampf um die Aufhebung der Klassen überhaupt.' (Lenin, Staat und Revolution, AW II, S.384) Aber nicht nur darum, daß im ideologischen Kampf über die Bedingungen des Klassenkampfes des Proletariats entschieden wird, besteht die besondere Bedeutung des demokratischen Kampfes. Es ist äußerst wichtig, in dieser Frage einen entscheidenden Unterschied zwischen demokratischem und ökonomischem Kampf im Auge zu behalten. Der ökonomische Kampf richtet sich direkt gegen die Basis der Herrschaft der Kapitalisten. Dahr ist es auch unmöglich, im Rahmen der bestehenden Verhältnisse entscheidende ökonomische Änderungen durchzusetzen. Die Arbeiter können den ökonomischen Kampf zwar gegen eine Verschärfung der Ausbeutung angehen und können auch sogar punktuelle Verbesserungen ihrer Lage erzielen. Eine grundlegende Verbesserung ihrer Lage ist aber nur möglich durch die Beseitigung der Ausbeutung, d.h. durch die Beseitigung der kapitalistischen Produktionsverhältnisse. Hier liegt der entscheidende Unterschied zum politischen Kampf: 'Der Unterschied zwischen Losungen, die ein politisches Übel und denen, die ein ein ökonomisches Übel 'negieren' oder brandmarken, hat P.K. nicht begriffen. Dieser Unterschied besteht darin, daß gewisse ökonomische Übel dem Kapitalismus schlechthin eigen sind, unabhängig von der Art seines politischen Überbaus, daß es ohne die Beseitigung des Kapitalismus unmöglich ist, dieses Übel zu beseitigen und daß es kein einziges Beispiel für eine derartige Beseitigung gibt. Politische Übel hingegen bestehen in Abweichungen vom Demokratismus, der ökonomisch 'auf dem Boden der bestehenden Ordnung', d.h. im Kapitalismus durchaus möglich ist und ausnahmsweise im Kapitalismus verwirklicht wird.' (Lenin, Bd.23, S.60) Lenin hat wiederholt klargestellt, daß das Proletariat nicht siegen kann, ohne den konsequenten Kampf um die Demokratie geführt zu haben. 'Es wäre ein großer Irrtum zu glauben, daß der Kampf um die Demokratie imstande wäre, das Proletariat von der sozialistischen Revolution abzulenken oder auch nur diese Revolution in den Hintergrund zu schieben, zu verhüllen und dergleichen. Im Gegenteil, wie der siegreiche Sozialismus, der nicht die vollständige Demokratie verwirklicht, unmöglich ist, so kann das Proletariat, das den in jeder Hinsicht konsequenten, revolutionären Kampf um die Demokratie nicht führt, sich nicht zum Siegen über die Bourgeoisie vorbereiten.' (Lenin, Bd.22, S. 145).

Die hier angeführten Zitate Lenins stammen sämtlich aus der Zeit des Imperialismus. Da die wesentlichen Bedingungen, unter denen Lenin ihn vorfand und untersuchte, dieselben sind, besitzen diese Aussagen auch heute ihre Gültigkeit. Aber sie sind natürlich viel zu allgemein, um aus ihnen eine korrekte Linie für den demokratischen Kampf heute abzuleiten. Sie geben die Notwendigkeit an, daß dieser Kampf geführt werden muß, bestimmen aber nicht die Art und Weise, in der dieser Kampf geführt werden muß. Letztere Untersuchung ist für uns heute entscheidend.

Um diese Untersuchung aber vom richtigen Standpunkt aus anzugehen, ist es unerläßlich, sich über die allgemeinen Bedingungen für die Bedeutung des demokratischen Kampfes klarzuwerden. Daher sei hier noch auf einen Punkt hingewiesen: Die Errichtung der Diktatur des Proletariats kann nur über den Weg der POLITISCHEN Revolution geschehen, kann nur geschehen, indem das Proletariat im Überbau die Macht ergreift und diese Stellung benutzt zur allmählichen Umgestaltung der gesamten Gesellschaft. Daher darf das Proletariat sich nie auf den ökonomischen Kampf beschränken oder ihn auch nur zur Hauptseite seiner Tätigkeit werden lassen. Denn dadurch würde es unweigerlich die revolutionäre Perspektive der politischen Revolution aus den Augen verlieren und somit im opportunistischen Sumpf des Ökonomismus versacken. Hier wird die Bedeutung des demokratischen Kampfes als Teil des politischen Kampfes klar. Durch den Kampf um Demokratie, der sich auf den Überbau bezieht, besteht für die Kommunisten die Möglichkeit, die Arbeiterklasse direkt an die Notwendigkeit des Kampfes für die politische Revolution zu führen. Die Arbeiter können nämlich spontan erkennen, daß ein Kampf für Reformen geführt werden muß, da sie durch ihre konkrete Erfahrung Mißstände und Fehler sehen. Sie erkennen spontan allerdings nicht die Wurzel dieses 'Fehlers' und den Weg, auf dem man sie beseitigen kann. Daher versuchen die bürgerlichen Parteien auch keineswegs, alle 'Fehler' wegzudiskutieren, sondern verbreiten in erster Linie Illusionen über den Weg zur Beseitigung der Mißstände, indem sie ihre Beseitigung durch Reformen versprechen. Dieser Weg ist auch spontan für die Arbeiter der einsichtigste. Denn wenn ein Übel erkannt wird, so ist die Folgerung, daß dieses Übel beseitigt werden muß, mehr nicht. Die Aufgabe der Kommunisten nun ist es, ansetzend am Bewußtseinsstand der Arbeiter zu erklären, daß es sich hier keineswegs um vereinzelte Mißstände handelt, sondern daß sie Ausflüsse des Grundwiderspruchs des bestehenden Systems sind, die nur durch Lösung des Grundwiderspruchs beseitigt werden können. Diese Erkenntnis kann aber nicht dadurch vermittelt werden, daß der Reformismus einfach entlarvt und die reformistischen Illusionen bekämpft werden. Die Kommunisten müssen es verstehen, das Bestreben der Arbeiterklasse nach Beseitigung von 'Mißständen' aufzunehmen, indem sie den Kampf um demokratische Reformen konsequent führen, wodurch sie zum einen gewisse Erfolge im Bereich des politischen Überbaus erzielen können, was ihnen, wie vorher schon gezeigt, keineswegs gleichgültig sein darf, und wodurch sie zum anderen den Massen gerade im Kampf zeigen, daß einzelne Reformen nichts grundlegend an ihrer Situation ändern können; daß diese Reformen letzten Endes nur Flickwerk bleiben, daß eine entschiedene Änderung nur über den Weg der politischen Revolution erreicht werden kann. Das kann aber nur als praktische Erfahrung im Kampf um Reformen vermittelt werden. 'Wir werden dann klarer sehen, denn die praktische Erfahrung, die millionenmal mehr wert ist als die besten Programme, wird unseren Horizont unermeßlich erweitern.' (Lenin, Bd.22, S.159). Nur auf dieser Grundlage sind wir imstande, die Massen von den reformistischen Illusionen zu befreien.

Natürlich muß auch im Kampf um Reformen der Trennungsstrich zwischen den Revolutionären und den Revisionisten gezogen werden. Dieser Trennungsstrich kann aber nicht darauf beruhen, daß die einen den Kampf um Reformen ablehnen, während die anderen ihn führen. Der Unterschied zwischen revolutionärer und revisionistischer Linie erweist sich in der Ausrichtung dieses Kampfes. Während die Revolutionäre den Kampf um Reformen als ein Mittel betrachten, um die Massen an die proletarische Revolution heranzuführen, geben die Revisionisten eine Summe von Reformen als grundlegende Veränderung der Gesellschaft an und täuschen die Massen über den Charakter von Reformen.

Die Bestimmung der Gründe für die allgemeine Notwendigkeit des Kampfes um die demokratischen Rechte und um demokratische Reformen in der Epoche des Imperialismus gibt uns einen wichtigen Hinweis auf die Ausrichtung des Kampfes heute. Durch das KPD-Verbot hat die Bourgeoisie das formale Mittel in der Hand, alle kommunistischen Gruppen in Westdeutschland ohne langwierigen Verbotsprozeß zu verbieten. Da die Kommunisten heute nur unzureichend in der Arbeiterklasse verankert sind, würde gegen ein solches Verbot kaum eine Massenbewegung entstehen. Daher muß die Gefahr eines Verbots der kommunistischen Organisationen als durchaus akut angesehen werden. In einer solchen Situation ist es die Aufgabe der Kommunisten, eine Massenbewegung gegen die Unterdrückung der Kommunisten durch die Bourgeoisie zu initiieren. Diese Bewegung müßte sich heute in erster Linie gegen das KPD-Verbot richten. Aber auch noch aus einem anderen Grund gewinnt die Propaganda gegen das KPD-Verbot entscheidende Bedeutung. Denn im Kampf gegen das KPD-Verbot können die Kommunisten den Arbeitern und Bündnisschichten die Bedeutung der kommunistischen Partei für ihren Kampf erläutern. Das Bewußtsein von der Notwendigkeit einer starken kommunistischen Partei in der Arbeiterklasse zu verankern - das ist eine zentrale Aufgabe der Kommunisten. Und hier bietet die Propaganda gegen das KPD-Verbot einen guten Ansatz. Sie darf allerdings nicht in der Form geführt werden, daß zu allen möglichen und unmöglichen Gelegenheiten ein Plakat mit einer Losung gegen das KPD-Verbot vorangetragen wird. Eine solche Politik - wie sie uns heute leider noch von allzuvielen Gruppen vorgeführt wird - faßt den Kampf gegen das KPD-Verbot als eine inhaltlich nicht konkret bestimmte Pflichtübung auf. Der Kampf gegen das KPD-Verbot hat aber in der jetzigen Etappe nur dann Sinn, wenn er im engen inhaltlichen Zusammenhang geführt wird mit der Loslösung der Arbeiterklasse von der bürgerlichen Politik und der Entwicklung einer selbständigen Arbeiterpolitik, d.h. revolutionäre Politik.

Wenn der Kampf gegen das KPD-Verbot als Teil dieses Prozesses gesehen wird, kann er als Hebel benutzt werden, die Notwendigkeit einer kommunistischen Partei im praktischen Kampf zu verdeutlichen. Zum anderen ist es wichtig, den Aufbau der kommunistischen Partei im Rahmen der geschichtlichen Kontinuität als Wiederaufbau der KPD zu begreifen. Man sollte in diesem Zusammenhang bedenken, wie lebendig im Bewußtsein der Arbeiterklasse die KPD noch ist. Vielen Arbeitern ist heute noch der Name KPD geläufiger als die Existenz der DKP überhaupt bekannt ist (Das ist allerdings eine örtliche Erfahrung, die in einer Gegend gemacht wurde, in der die DKP in den Betrieben kaum vorhanden ist).

Wenn wir allerdings die Kräfte der kommunistischen Bewegung und den Grad ihrer Verschmelzung mit den Massen realistisch betrachten, so ist klar, daß kurzfristig eine breite Kampffront gegen das KPD-Verbot nicht geschaffen werden kann. Daher halten wir es für richtig, den Kampf gegen das KPD-Verbot nicht in einer gesonderten organisatorischen Form zu führen - etwa ein Komitee gegen das KPD-Verbot - sondern werden den Kampf gegen das KPD-Verbot in jeden Kampfabschnitt als Weiterentwicklung des demokratischen Kampfes (Ausländergesetz, Vietnam) hineintragen. In der Perspektive dieser Kampfabschnitte muß sich eine breite Kampffront gegen das KPD-Verbot herauskristallisieren. Darauf schon jetzt gezielt hinzuarbeiten, das halten wir für eine zentrale Aufgabe der Kommunisten."
Q: Klassenkampf und Programm Nr. 1, Dortmund Dez. 1972, S. 9ff

Februar 1973:
Innerhalb der Proletarischen Linken (PL) Hamm erscheint, laut KFR (vgl. 17.3.1973), der erste Rundbrief, darin sei "von dem Aufbau einer Arbeiterjugendorganisation die Rede, das Vietnamkomitee stellt seine Arbeit vor, die bekannte Plattform zum Ausländergesetz wird noch einmal abgedruckt, um hier eine Initiative anzugeben, es wird von der Gewerkschaftsarbeit der Kommunisten gesprochen, von der Abgrenzung zum Parteiaufbau etc."
Q: Klassenkampf und Programm Nr. 3, Dortmund Apr. 1973, S. 8

27.04.1973:
Die Nr. 3 des 'Roten Aufbruchs', Zeitung der ML Hagen (vgl. 13.11.1972), erscheint vermutlich Ende dieser Woche mit den Artikeln "Josef Stingl: Ausländer sollen 'rotieren'" und "Deutsche und ausländische Arbeiter - eine Kampffront!" zum Ausländerrecht sowie "1. Mai-Demonstration in Hagen" der italienischen Arbeiter.
Q: Roter Aufbruch Nr. 3, Hagen 1973, S. 8ff

Hagen_KBW008

Hagen_KBW009

Hagen_KBW010


Letzte Änderung: 04.11.2019