Die Rote Westfalenwalze - Zeitung der Betriebszelle Westfalenhütte der KPD/ML, Jg. 1, Nr. 1, 1.9.1970

01.09.1970:
'Die Rote Westfalenwalze' - Zeitung der Betriebszelle Westfalenhütte der KPD/ML-ZB erscheint erstmals auf der Hoesch Westfalenhütte in Dortmund (vgl. Okt. 1970). Verantwortlich zeichnet Werner Fremd in Bochum, ein Treff in Dortmund ist in der Kesselstr.60. Im Leitartikel "Kampf dem SPD-Lohnraub! Für die volle Durchsetzung der gewerkschaftlichen Forderungen" heißt es: "
Am 30. September sind die Tarifverträge in der Metallindustrie abgelaufen. Für NRW fordert die IGM 15% mehr, in anderen Bezirken wird auch teilweise bis zu 20% mehr gefordert. Weiter haben einzelne Tarifkommissionen in den einzelnen Bezirken gefordert:
- Die Laufzeit soll 12 Monate nicht überschreiten. Sie soll zu einem einheitlichen Termin in allen Bezirken enden.
- Die Leistung aus dem Tarifvertrag für 'vermögensbildende Leistungen' darf auf die kommende Lohn- und Gehaltserhöhung nicht angerechnet werden.
- Mit der kommenden Tarifbewegung sind die sogenannten Leichtlohngruppen zu beseitigen.
- Regionale Tarifverhandlungen zur Stärkung der Kampfkraft.

LOHNRAUBPOLITIK DER SPD

Kollegen, bei den kommenden Tarifverhandlungen muß soviel wie möglich für uns herausspringen. Denn durch die Lohnraubpolitik der SPD-Bonzen mußten wir in der letzten Zeit schon genug bluten. Gerade vor einem Monat haben die SPD-Bonzen auf unverschämte Art und Weise unseren Lohn noch gekürzt. Wir müssen monatlich 10% mehr Steuern zahlen. Angeblich soll diese Maßnahme die Konjunktur stabilisieren. Was natürlich ein Witz ist, denn die Kapitalisten werden nicht aufhören zu investieren und die Preise in die Höhe zu treiben. Das hat sogar der oberste Boß von Krupp, Essen, Vogelsang, bestätigt. Er sagte nämlich, daß die degressive Abschreibung, eine weitere 'konjunkturpolitische Maßnahme' der SPD, sich gar nicht auswirken würde, da die Investitionen auf keinen Fall rückgängig gemacht werden würden. So ist das immer, der Arbeiter muß bluten und die SPD stützt die Kapitalisten. Deshalb fordert die KPD/ML:
SOFORTIGE RÜCKZAHLUNG DER 10% LOHNSTEUERVORAUSZAHLUNG
WAHNSINNIGE MIET- UND PREISERHÖHUNGEN

Aber nicht nur die 10%-Steuervorauszahlung kürzt uns Arbeitern den Lohn. Die in der letzten Zeit wahnsinnig gestiegenen Preise und Mieten belasten unseren Geldbeutel stark. Die Lebenshaltungskosten sind seit 1962 um 23, 5% gestiegen und steigen jeden Monat weiter um 0, 2%. Die Mieten sind in der gleichen Zeit um 67, 5% gestiegen. Das heißt durchschnittlich von 98 DM auf 146 DM. Und für den Herbst sind weitere Preissteigerungen angesagt. Z.B. auf dem Automobilmarkt, in der Chemie und noch weitere neue Mietsteigerungen. Und was tut die SPD, um die Preistreiberei zu unterbinden? Gar nichts!

Doch eins tut sie. Sie gibt den Gewerkschaften den 'guten Rat' (Vorlage für diesen Satz z.t. unleserlich, d.Vf.) (wie 66/67 die CDU/CSU), eine maßvolle Lohnpolitik zu betreiben. Was klar heißen soll: geringere Lohnforderungen. Jetzt könnte der Arbeiter einen hohen Preis für seine Arbeitskraft fordern und durchsetzen. Nun versucht uns aber die SPD einzureden: nützt diese Gelegenheit nicht aus, den Kapitalisten könnte ja zuviel von ihrem Profit genommen werden und dann verlieren die ach so armen Kapitalisten die Lust, weiter zu produzieren und schon ist die Krise da mit all ihren Folgen: Konkursen, Pleiten, Arbeitslosigkeit, Entlassungen, Kurzarbeit…… Kurz, die Logik der SPD ist: Arbeiter, sorgt dafür, daß die Kapitalisten weiter ihre Gewinne machen; dann geht es Euch am besten.
SIE VERGESSEN NUR, DASS DER KAPITALISMUS AUS SICH HERAUS IMMER WIEDER KRISEN HERVORBRINGT, UND DAß DIE KRISEN ERST DANN ABGESCHAFFT WERDEN KÖNNEN, WENN DER KAPITALISMUS ABGESCHAFFT IST.

Und die nächste Krise zeichnet sich schon ab. In den letzten Wochen gingen mehrere Firmen pleite (Phrix und Pintsch-Bamag wie auch mehrere kleine Klitschen), die Stahlproduktion ging zurück, und denken wir nur an die beiden Feierschichten von vergangener Woche bei der Nachtschicht im Kaltwalzwerk, weil angeblich Material fehlte. Deswegen müssen wir die 15% Lohnerhöhung jetzt erkämpfen, bis zur nächsten Krise müssen wir unseren Lohn gesichert haben. …

WAS SAGT DIE GEWERKSCHAFT DAZU?

Die IGM hat erklärt: wir wollen an die Profite der Kapitalisten heran! Sie haben versichert, daß sie eine hohe Lohnerhöhung für uns Arbeiter herausschlagen wollen und mit der Politik der SPD nicht einverstanden sind. Das hatte der IGM-Vertreter Brenner gesagt. Doch wird er sein Versprechen auch halten? Schon oft hat sich die Gewerkschaftsspitze auf Kompromisse eingelassen und unsere Forderungen verraten. Darum Kollegen, müssen wir Druck auf die Verhandlungen der IGM-Führer ausüben. Wir müssen ihnen durch unsere Kampfbereitschaft zeigen, daß es uns ernst ist. Daß wir uns nicht wieder mit einigen Pfennigen abspeisen lassen werden. Deshalb hatten die Vertrauensleute schon recht, als sie nach den Verhandlungen gegebenenfalls eine Urabstimmung forderten. Das alles sind mehr als Gründe genug, um eine hohe Lohnerhöhung zu begründen.

Kollegen, die Forderungen der Gewerkschaft 15% Lohnerhöhung müssen mindestens durchgesetzt werden. Ebenso die Forderung nach der 12monatigen Laufzeit und Streichung der unteren Lohngruppen. Kollegen, die 15% Lohnerhöhung kann sich die Arbeiterklasse nur dann erkämpfen, wenn sie einheitlich vorgeht. Wir müssen alle Spalter der Arbeiterklasse schonungslos bekämpfen.

KÄMPFEN WIR FÜR DIE VOLLE DURCHSETZUNG DER GEWERKSCHAFTLICHEN FORDERUNGEN!
KÄMPFEN WIR FÜR DIE SOFORTIGE RÜCKZAHLUNG DER 10%IGEN STEUERVORAUSZAHLUNG!
GEGEN DIE ARBEITERFEINDLICHE POLITIK DER SPD-BONZEN!
KAMPF DEM LOHNRAUB!
SOFORTIGE RÜCKZAHLUNG DER STEUERVORAUSZAHLUNG"

Mit dem eigenen Betrieb befaßt man sich so: "
DIE KAPITALISTEN STECKEN ALLE UNTER EINER DECKE

HOESCH HOOGOVENS

BETRIEBSLEITUNG TROTZ ZAHLREICHER PROTESTE FÜR FUSION

Kollegen, als wir vor einigen Monaten von der geplanten Fusionierung Hoesch Hoogovens hörten, protestierten wir energisch dagegen. Wir waren bereit, für die Wirksamkeit dieses Protestes die Klamotten hinzuschmeißen, denn wir wissen, daß durch dieses Vorhaben einmal unsere Arbeitsplätze gefährdet sind (die gesamte Rohstoffproduktion würde nach Holland verlegt) und zum anderen der Verlust der Mitbestimmung zu fürchten ist (Hoogovens hat die Aktionärsmehrheit). Die Betriebsleitung erklärte damals, es werde nichts über die Köpfe der 'Arbeitnehmer' hinweg entschieden. Das war eine freche Lüge, denn die Kapitalisten denken gar nicht daran, zu fragen, ob uns ihre Entscheidungen genehm sind. Ihr Interesse gilt allein den Profiten und die Fusion bedeutet eine Profitsteigerung, da es ihnen die Möglichkeit gibt, die Produktionskapazitäten enorm auszuweiten. Doch nun geistert die Fusion erneut durch die Presse. Trotz energischer Proteste der holländischen Einwohner, die zu Recht eine stärkere Luftverschmutzung fürchten, lautet der Kommentar der Betriebsleitung dazu: Das Stahlwerk in Rotterdam wird gebaut. Die Kapitalisten sind sich ihrer Sache sehr sicher. Zwar wird vom Rotterdamer Stadtparlament ein Gutachten über die mögliche Luftverschmutzung erstellt. Doch wir alle können uns an fünf Fingern abzählen, wie es ausfallen wird: Nämlich zugunsten des Baus des Werkes, denn auch die Rotterdamer 'Stadtväter' erhoffen sich etwas von dem Bau. Das wissen die Kapitalisten; wie kann das anders sein in einem kapitalistischen Staat?! Wo eine Handvoll reicher Bonzen fast alle Produktionsmittel des Landes in den Händen hält und damit nicht nur über die Maschinen verfügen kann, sondern auch über die daran tätigen Menschen; das heißt, daß die Bonzen juristisch das Recht haben, die Arbeitskraft anderer auszubeuten, wo dagegen Millionen Arbeiter und Angestellte ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, um leben zu können, da ist es klar, wer die Macht hat. Die Kapitalisten haben ihre Leute auf allen möglichen Posten und natürlich auf den wichtigsten. Da wird gemacht, was die Reichen noch reicher macht. Da zählt die Stimme des einzelnen Arbeiters überhaupt nicht. Nur zusammen sind wir stark, was wir schon oft genug bewiesen haben, z.B. durch Streiks. EINEN FINGER KANN MAN BRECHEN, FÜNF FINGER SIND EINE FAUST!

Kollegen, einen so frechen Angriff auf die von uns erkämpften Rechte werden wir etwas entgegenzusetzen wissen: Unsere Einigkeit! Deshalb fordern wir:
SICHERUNG DER DORTMUNDER ARBEITSPLÄTZE"

In "Die Arbeiterklasse kämpft und wird siegen" wird berichtet von der Stillegung der Phrixwerke in Siegburg, Krefeld und Okriftel, von Streiks im Essener Thyssen Schraubenwerk und beim Bochumer Verein von Krupp, aber auch bei Arbed St. Ingbert.

Der KJVD fordert "Streikrecht für Lehrlinge".
Quelle: Die Rote Westfalenwalze Nr. 1, Dortmund 1.9.1970

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