Die Rote Westfalenwalze - KPD/ML Betriebsgruppe Hoesch Westfalenhütte, Jg. 2, Metall-Tarifrunde 71: Gegen das verschärfte Lohndiktat entschlossen kämpfen!, o. J. (1971)

03.06.1971:
Laut einer handschriftlichen Datierung heute erscheint bei Hoesch Dortmund 'Die Rote Westfalenwalze' der Betriebsgruppe Westfalenhütte der KPD/ML-ZB (vgl. 29.4.1971, 14.6.1971) mit 8 Seiten DIN A 4 zum Hauptthema Metalltarifrunde (MTR) 1971:"
METALL-TARIFRUNDE 71: GEGEN DAS VERSCHÄRFTE LOHNDIKTAT ENTSCHLOSSEN KÄMPFEN!

Am 8.Juni ist die V-Leute-Vollversammlung an der Westfalenhütte. Dieser Termin ist für alle Kollegen entscheidend, weil dort die Forderungen für die Tarifrunde aufgestellt werden.

Kollegen, V-Leute!
Diese Tarifrunde wird eine harte Tarifrunde. Harders verkündete schon am 15.4.: 'Die Lohnkosten haben jetzt schon das erträgliche Maß überschritten.' Und Thyssen-Boß Sohl forderte LOHNSTOP für den Stahlbereich. Dieser Meinung sind auch die SPD- und DGB-Herren. Sie werden versuchen, einen Abschluß zu erreichen, der noch unter der 7% Lohnleitlinie liegt.

Dagegen müssen jetzt unsere Forderungen aufstellen und zwar einheitliche Forderungen aus allen Betrieben:

DIE 15% FORDERUNG MUß AUF DER VOLLVERSAMMLUNG AUf DEN TISCH!

Und auch die Stoßrichtung unseres Kampfes um höheren Lohn muß auf der V-Leute-Vollversammlung klar zur Sprache kommen:
KAMPF DEM LOHNDIKTAT
GEGEN DAS KOMPLOTT VON STAHLBARONEN, SPD-REGIERUNG UND GEWERKSCHAFTSFÜHRERN

Denn jetzt schon blasen sie gemeinsam zum Angriff gegen uns.

BRANDT VERKÜNDET 'STABILITÄTSPROGRAMM'

Über das Stabilitätsprogramm von Brandt schreibt das Springer-Blatt 'Welt am Sonntag' (WamS - vgl. **.5.1971, d.Vf.) erfreut: 'Keinerlei Spielraum mehr für Lohnerhöhungen!' Und am 12.5. steht in der SPD-Zeitung 'Westfälische Rundschau' (WR, d.Vf.): 'Die Gewerkschaften werden den Appell des Bundeskanzlers nach Einlegung einer 'KONSOLIDIERUNGSPAUSE' bei Löhnen und Preisen berücksichtigen.'

Brandt kündigte an, wie auf Kosten der Arbeiter die Profite gesichert werden sollen (vgl. **.*.1971, d.Vf.):
- Verschärfung der 7% Lohnleitlinie bis hin zum Lohnstop
- Streichung der Reformen und Sozialleistungen

Und wenn's gegen die Arbeiter geht, sind sich all die bürgerlichen Parteien einig. So erklärte Barzel (CDU - vgl. **.*.1971, d.Vf.): 'Der Bundeskanzler weiß in diesem Punkt das ganze Parlament hinter sich.'

Mit großen Worten versuchen Brandt, Schiller und Co der Arbeiterklasse einzureden, daß sie mit Lohnverzicht für die wirtschaftliche 'Stabilität', für die Sicherheit der Arbeitsplätze ihr Opfer tragen müssen. Das soll uns einschüchtern und vom berechtigten Kampf gegen den Lohnraub abhalten.

GEWERKSCHAFTSFÜHRER SETZTEN LOHNDIKTAT UND LOHNSTOP DURCH

Das jüngste Beispiel ist der 6, 5% Abschluß der IG Chemie in Rheinland-Pfalz (CPK - vgl. 24.5.1971, d.Vf.). Die IG-Chemie-Führung verkündigte zwar 7, 8%, aber der neue Tarifvertrag gilt nicht ab 1.4., sondern erst ab 1.6. Damit haben die IG-Chemie-Führer eine zweimonatige Lohnpause eingeführt und so kommen auf das ganze Jahr gerechnet nicht mehr als 6, 5% raus.

DAS VERSCHÄRFTE LOHNDIKTAT IST ALSO BEREITS DURCHGESETZT!

Dasselbe gilt auch für die Kumpel im Bergbau. Die neue Lohnordnung (IGBE-Bereich in NRW - vgl. 1.4.1971, d.Vf.), die in Geheimverhandlungen ausgemauschelt wurde, wirkt sich so aus, daß von den diktierten 7, 3% für viele Kumpel überhaupt nichts mehr bleibt. Also praktisch Lohnstop!

Und wer saß in diesen Geheimverhandlungen? Das verriet IGBE-Bonze Homann. Er sagte, es sei mehr mit der SPD-Regierung verhandelt worden als mit den Zechenherren. Das zeigt, daß die Gewerkschaftsführer, SPD-Regierung und Kapitalisten immer enger zusammenarbeiten, um das verschärfte Lohndiktat mit allen Mitteln durchzusetzen: mit Schlichtungsmanövern, mit Geheimverhandlungen, mit erzwungener Lohnpause, schließlich mit Streikverbot.
DAS IST DOCH NICHTS ANDERES ALS KNEBELUNG DER GEWERKSCHAFTEN!

SIND UNSERE IGM-FÜHRER ANDERS?

Brenner erklärte (vgl. **.*.1971, d.Vf.), 'Wir werden natürlich für die im Spätsommer zu erstellenden tariflichen Forderungen die Veränderung der Wirtschaftslage in Betracht ziehen.' Und Mayr ging noch weiter, er verriet (vgl. **.*.1971, d.Vf.), wie man den Tarifverrat über die Bühne bringen will:
SCHLICHTUNG ERST NACH DER URABSTIMMUNG!

So wollen uns also 'unsere' Gewerkschaftsführer im Herbst vertreten, vielmehr ZERTRETEN.

Diese Leute, die für ihre Verrätereien Hunderttausende kassieren, sind die wahren Feinde unserer IGM.Das kann Brenner auch nicht verbergen, wenn er auf dem Treffen des SPD-Parteivorstandes mit dem Gewerkschaftsrat (vgl. **.*.1971, d.Vf.) mit Nachdruck fordert: 'Es muß jeder ANSCHEIN eines Stabilitätspaktes vermieden werden.' Denn die Taten dieser Herren beweisen, daß sie einen Pakt mit der arbeiterfeindlichen SPD-Regierung geschlossen haben!

Die radikalen Worte, die sie für die Kollegen übrig haben, dürfen uns nicht täuschen.

AUS DEN ERFAHRUNGEN DER LETZTEN TARIFVERHANDLUNGEN LERNEN

Wie gingen SPD- und IGM-Führer im Herbst 1970 vor?

Pfeiffer, Troche, Brenner, überhaupt alle maßgebenden Leute in IGM und Betrieb, sind auf die 15%-Forderung eingegangen und haben sie bis zuletzt 'radikal' vertreten. Brenner erklärte noch 14 Tage vor Tarifabschluß (vgl. 7.10.1970, d.Vf.) in der Westfälischen Rundschau (WR - vgl. **.**.1970, d.Vf.): 15%, von dieser Forderung gehen wir nicht runter! Runtergegangen ist man aber und zwar mit Hilfe der 'unparteiischen' SPD-Schlichter, die es fertig brachten, die Forderung auf 10 bis 11% herunterzudrücken. Pfeiffer und Troche versuchten auf der Belegschaftsversammlung (BV - vgl. **.**.1970, d.Vf.) diesen Verrat zu rechtfertigen, ja sogar als großen Erfolg zu feiern. Doch die Kollegen waren sauer. Und weil man den Kampf der Hoescharbeiter fürchtete, bekamen sie eine einmalige 25%-Sonderzulage.

Kollegen, die 10% im letzten Jahr, die 7, 3% im Bergbau, die 6, 5% in der Chemie zeigen uns:
- daß die SPD-Führer für die Kapitalisten und gegen die Arbeiterklasse 'schlichten',
- daß die Gewerkschaftsführer die Politik der SPD-Regierung unterstützen und die Arbeiter vom Kampf abhalten wollen,
- daß die berechtigten Forderungen aller Metall- und Stahlarbeiter nur gegen die Spalter in SPD und Gewerkschaft durchgesetzt werden können
- und daß gegen solch einen starken Feind, der Front der Kapitalisten, SPD-Regierung und Gewerkschaftsführer nur die Einheit der Arbeiterklasse etwas ausrichten kann.

DIESES JAHR GESCHLOSSEN FÜR DIE 15% KÄMPFEN!

Kollegen, wir brauchen die 15%, denn die Lebenshaltungskosten sind seit der letzten Tariferhöhung unverschämt gestiegen - besonders im Dortmunder Raum - und sie werden weiter steigen. Deshalb:

DIE 15% FORDERUNG MUSS AUF DER VOLLVERSAMMLUNG AUF DEN TISCH!

Erreichen können wir nur etwas, wenn wir alle hinter dieser Forderung stehen.

Erreichen können wir nur etwas, wenn wir uns auf unsere eigene Kraft verlassen, die Kraft der Zehntausenden von Hoescharbeitern. Denn wir sind sehr stark, wenn unsere Reihen geschlossen sind, wenn wir gemeinsam gegen die Spalter und Verräter in unseren Reihen kämpfen!

GEGEN DAS KOMPLOTT VON STAHLBARONEN, SPD-REGIERUNG UND GEWERKSCHAFTSFÜHRERN DIE GESCHLOSSENE FRONT DER STAHL- UND METALLARBEITER!

Diesen Kampf führt die KPD/ML als einzige Partei. Sie ist jetzt noch jung und schwach, aber immer mehr Kollegen sehen, daß die KPD/ML den richtigen Weg weist und unterstützen sie.

Kollegen der Westfalenhütte, stärkt die Betriebsgruppe Westfalenhütte der KPD/ML, denn nur eine starke Betriebsgruppe kann etwas ausrichten.

NEHMT KONTAKT MIT UNS AUF! UNTERSTÜTZT UNS!
ORGANISIERT EUCH IN DER BETRIEBSGRUPPE WESTFALENHÜTTE DER KPD/ML".

Unter der Rubrik 'Neueste Nachrichten' (kurz vor Redaktionsschluß) wird berichtet von der geplanten Versammlung (vgl. 8.6.1971) sowie von der Maschinenfabrik Deutschland (MFD - vgl. 29.4.1971, 27.5.1971) und der geforderten Teuerungszulage (TZL - vgl. 17.3.1971, Apr. 1971).

Eingegangen wird auch auf die Schlosser im Martinwerk (vgl. Mai 1971), den Stahlbau (vgl. 20.5.1971) und die Einheitliche Verbesserungsplanung (EVP - vgl. 30.5.1971):"
Kollegen, an diesen Beispielen wird deutlich, welche Folgen die Krisenmaßnahmen der Hoesch-Kapitalisten für uns haben:

1. Die Arbeitshetze steigt. Kollegen, wenn in eurer Abteilung die EVP eingeführt werden soll, überprüft genau, welche Folgen das für euere Arbeit hat. Wenn dadurch die Arbeitshetze gesteigert oder der Lohn gedrückt wird, besprecht es mit euren V-Leuten, setzt euch dagegen zur Wehr und schreibt uns Berichte darüber, damit wir die Mißstände in den einzelnen Abteilungen veröffentlichen können.

2. Der Lohn wird gedrückt. Kollegen, schon vor Monaten wurde dagegen im V-Leutekörper die Forderung nach garantiertem Monatslohn gestellt (vgl. **.*.1971, d.Vf.).
Fragt eure V-Leute, wie es mit der Diskussion um diese Forderung steht und dringt darauf, daß sie weiter vorangetrieben wird. Denn das ist die einzige Möglichkeit, der Lohndrückerei, die mit Zunehmen der Krise immer schärfer wird, ein Ende zu machen.

KAMPF DER ARBEITSHETZE
GEGEN LOHNDRÜCKEREI - GARANTIERTER MONATSLOHN".

Aufgerufen wird zur eigenen Veranstaltung über den 1. Mai (vgl. 14.6.1971), von dem auch berichtet wird, ebenso wie von der HOAG Oberhausen (vgl. 21.5.1971). Geworben wird für die 'Rote Fahne' (RF).

Erstmals in den uns vorliegenden Ausgaben ist ein Jugendteil der KJVD-JBG enthalten:"
AUSBILDUNG ODER AUSBEUTUNG?

Wie sieht die Ausbildung in der Lehrwerkstatt aus? Es stimmt, daß bei Hoesch eine relativ gute Ausbildung gewährleistet wird. Es stimmt, daß die Durchfallquote bei der Facharbeiterprüfung sehr niedrig ist. Es stimmt aber auch, daß in der Lehrwerkstatt produktive, nicht der Ausbildung dienende Arbeiten in großem Maße durchgeführt werden. Das beste Beispiel ist die Dreherei. Nach einigen Grundübungen werden die Auszubildenden voll in der Produktion beschäftigt. Es werden einfache Stücke hergestellt, was bis zu hundertmal hintereinander wiederholt wird. Oft werden die wenigen Arbeitsgänge auf mehrere Auszubildende verteilt, so daß ein schneller, reibungsloser Produktionsablauf garantiert ist.

Diese Art von Arbeit hat nun wirklich nichts mehr mit Ausbildung zu tun! Überhaupt ist festzustellen, daß in letzter Zeit die Produktionsarbeiten in der Lehrwerkstatt gestiegen sind. Es ist vorgekommen, daß Auszubildende aus der Zwischenprüfung herausgenommen wurden, und daß der Werksunterricht für eine ganze Gruppe ausgefallen ist, mit der Begründung, es lägen dringende Produktionsarbeiten an.

HANDLANGER IN AUSSENBETRIEBEN

Doch bei Hoesch wird nicht nur in der Lehrwerkstatt, sondern auch in den Außenbetrieben 'ausgebildet'. Ein Beispiel dafür ist das Werk Union-Mel. Im 2. Lehrjahr kommen die Starkstromelektriker für 7 Monate in diesen Betrieb. In diesem wird ausschließlich produktive Arbeit geleistet. Die Starkstromelektriker bauen 3 Monate Motoren auseinander bzw. zusammen. Eine Woche lang können sie dabei etwas lernen, die übrige Zeit hat mit Ausbildung nichts mehr zu tun. Die restlichen 4 Monate sind sie im Gerätebau bzw. in der Wickelei beschäftigt, wo sie in erster Linie Handlangerarbeiten durchführen wie z.B. Säuberungsarbeiten. Kennzeichnend für die Ausbildung dort ist stumpfsinnige, produktive Arbeit.

ABER WIE KANN MAN SICH DAGEGEN WEHREN? Geht man alleine zum Meister, bekommt man die Quittung in der Beurteilung und wird auf die 'schwarze Liste' gesetzt.

DESHALB MUSS MAN SICH ORGANISIERT WEHREN!

Dies kann man nur in einer Gruppe, die ganz konsequent die Interessen der auszubildenden Arbeiterjugend vertritt.

DIESE ORGANISATION IST DER KJVD, DIE JUGENDORGANISATION DER KPD/ML.

ORGANISIERT EUCH IN DER JUGENDBETRIEBSGRUPPE WESTFALENHÜTTE DES KJVD".

Aufgefordert wird zum Lesen des 'Kampf der Arbeiterjugend' (KDAJ).
Q: Die Rote Westfalenwalze Metall-Tarifrunde 71: Gegen das verschärfte Lohndiktat entschlossen kämpfen!, Dortmund o.J. (1971)

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