Die Rote Westfalenwalze - der KPD/ML und KJVD Betriebsgruppe Hoesch-Westfalenhütte Dortmund, Jg. 3, Belegschaftsversammlung: Gegen Stillegung, Lohnabbau und das reaktionäre BVG!, o. J. (1972)

25.07.1972:
Vermutlich heute erscheint eine 'Rote Westfalenwalze' (vgl. 17.7.1972, 27.7.1972) der KPD/ML-ZB und KJVD Betriebsgruppe Hoesch Westfalenhütte Dortmund mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Norbert Osswald, Bochum:"
FREITAG VOLLBELEGSCHAFTSVERSAMMLUNG

BELEGSCHAFTSVERSAMMLUNG: GEGEN STILLEGUNG, LOHNABBAU UND DAS REAKTIONÄRE BVG!

In verschiedenen Abteilungen wurde durch V-Leute bekannt, daß am Freitagmittag eine Vollbelegschaftsversammlung sein soll. Bisher wurde dies noch nicht offiziell vom Betriebsrat den Hoescharbeitern bekanntgegeben. Daß jetzt die Belegschaftsversammlung stattfindet, ist ein voller Erfolg unseres Kampfes der letzten Woche. Durch die Unterschriftenaktion ist offensichtlich geworden, daß die Hoescharbeiter voll hinter der Forderung nach Belegschaftsversammlung stehen. Seit Dezember 1971 (vgl. 9.12.1971, d.Vf.) wollen sie uns über die Ohren hauen, indem sie aufgrund des reaktionären BVG nur noch Abteilungsversammlungen durchführen und keine Vollbelegschaftsversammlung. Selbst die Abteilungsversammlungen wurden in den kampfstärksten Abteilungen, wie dem Kaltwalzwerk, nicht durchgeführt.

Doch wir brauchen die regelmäßige Belegschaftsversammlung, denn dort ist der Ort, wo wir alle zusammen sind. Dort können wir uns über alles beraten. Nur auf der Belegschaftsversammlung können wir die Mauschelpolitik der Bonzen durchbrechen. Die Belegschaftsversammlung ist der Ort, wo wirkliche Demokratie herrscht. Genau deswegen wollen sie uns dieses demokratische Recht rauben. Die Grundlage dafür ist das neue reaktionäre Arendt-BVG. Jetzt haben wir die ersten Erfolge dabei errungen, daß die Belegschaftsversammlungen stattfinden. Jetzt heißt es, die Versammlung durchzuführen, denn in der Zeit, wo durch Klauen der Listen die Versammlung hinausgezögert wurde, haben die Hoeschbosse nicht tatenlos zugesehen. Sie sind zusammen mit den Betriebsräten wesentliche Schritte weitergegangen, die Hütte stillzulegen.

HIER IHRE TATEN:

- Kollegen, die wegen Krankheit in den letzten 2 Jahren öfters den Krankenschein nahmen, müssen sich in der kommenden Zeit beim Werksarzt melden. Dieser soll dann entscheiden, ob diese Kollegen noch in der Hütte arbeiten können. Wie willkürlich die Ärzte dabei vorgehen können, zeigt, daß gerade jetzt bei dieser Hitze viele Kollegen zusammengebrochen sind. Die Ärzte sollen sogar viele für 'untauglich' geschrieben haben, denn so können die Hoeschbosse weiterhin nach der Entlassung von 3 000 älteren Kollegen, viele von uns auf die Straße setzen, wenn wir uns nicht dagegen wehren. An der Hochofenabteilung 4 betrifft dies 10 - 12 Kollegen.
- Die Führer der SPD- und D'K'P'-Betriebsgruppe (DKP, d.Vf.) an der Hütte wollen verhindern, daß sich ihre Mitglieder mit in die Einheitsfront einreihen, gegen Stillegung und Lohnabbau. Deswegen untersagten ihnen ihre Führer, welche voll identisch sind mit den Betriebsräten, daß sie sich an solch einer Unterschriftensammlung beteiligen dürften. Damit soll die gemeinsame Front der Hoeschkollegen zerbrochen werden. Die Kollegen wurden teilweise mit Ausschlüsse bedroht. Doch damit werden sie keinen Erfolg haben. Auch jetzt im Kampf für die Durchsetzung unserer Forderungen auf der Belegschaftsversammlung werden diese Kollegen wieder an der Seite der Hüttenarbeiter stehen!
- Die Arbeitshetze besonders in den Walzwerken steigt unaufhörlich. So müssen jetzt besonders die Kollegen vom Warmbreitbandwalzwerk laufend Panzerschichten machen. Gerade jetzt in der Hitze führte das dazu, daß die Kollegen wie auch in anderen Abteilungen reihenweise umfielen. Wir sind gezwungen, Überstunden und Panzerschichten zu nehmen, denn man braucht jeden Pfennig. Aber nicht so, Kollegen! Unsere Forderung dazu ist der 7-Stunden-Arbeitstag bei vollem Lohnausgleich und Boykott der Arbeitshetze wie im Kaltwalzwerk. Erst das verhindert die Unfallgefahr.
- Auf der berüchtigten V-Leute-Versammlung (vgl. 13.7.1972, d.Vf.) wurden die alten Verräter Pfeiffer, Bruns und Schrade wieder in die Tarifkommission bestätigt, das hat mit Demokratie nichts gemein. Es sollen unsere Vertreter sein, es ist ja auch unser Lohn! Diese Verräter müssen aus der Tarifkommission raus, wir wollen ehrliche Arbeitervertreter!
- Das Essen der Kantine wurde in der letzten Zeit immer mehr erhöht, immer weniger Kollegen können sich das Essen dort leisten.
- Hoeschbosse wollen kein Streikgeld bezahlen, die Betriebsräte scheren sich einen Dreck drum.
- Die Betriebskrankenkassenbeiträge (BKK, d.Vf.) wurden um weitere 35 Pfennig erhöht.
- Wie seit langem geplant, wird zum 7. August die Brammenstraße voll stillgelegt. Die Brammenproduktion müssen die Kollegen von Phoenix mitmachen, dort ist seit dem Bau der neuen, größeren Brammenstraße die Arbeitshetze weiter gestiegen. Die Kollegen sollen umgesetzt werden.
- Das Ölzulieferungslager soll auch stillgelegt werden.

Kollegen! Diese Tatsachen zeigen, die Hoeschbosse haben nur leere Versprechungen abgegeben. In Wirklichkeit bereiten sie alles vor um die Stahlproduktion stillzulegen und ihre neue Hütte an der Küste aufzubauen. Nur wenn wir dagegen kämpfen, werden wir unsere Arbeitsplätze nicht verlieren. Doch die Betriebsräte wollen diesen Kampf verhindern, deswegen führten sie seit Dezember keine Belegschaftsversammlung mehr durch. Die Grundlage dafür haben die Betriebsräte im neuen Betriebs-Verfassungs-Gesetz (BVG, d.Vf.). Dieses Gesetz, was von Pfeiffer bis Werski immer als demokratisch bezeichnet wird, soll unseren Kampf knebeln. Doch durch unseren Kampf müssen die Betriebsräte jetzt zurückstecken. Sie kommen nicht drumrum, sie müssen die Belegschaftsversammlung durchführen.

PFEIFFERS PLÄNE DURCHKREUZEN!

Doch Pfeiffer und die anderen Betriebsräte wollen jetzt verhindern, daß diese Tatsachen am Freitag auf den Tisch kommen. Deswegen haben sie bis heute noch nicht bekanntgegeben, daß eine Belegschaftsversammlung stattfinden soll. Dies wurde erst durch verschiedene V-Leute bekannt. Doch da müssen wir dem Pfeiffer einen Strich durch die Rechnung machen. Wir können nicht erwarten, daß diese Tatsachen von selber am Freitag auf den Tisch kommen. Das muß vorbereitet werden. Nur wenn wir uns in den Abteilungen und Pausen zusammensetzen, diskutieren und festlegen, was wir am Freitag sagen werden, können wir diese Versammlung zu unserer Versammlung machen! Dort müssen klare Redebeiträge und eine Tagesordnung festgelegt werden. Denn es ist doch wohl klar, daß Pfeiffer solch eine Tagesordnung vorlegt, die von den Tatsachen ablenken soll. Es muß auf der Versammlung klar beschlossen werden, daß wir dafür kämpfen werden, daß die Hütte in Dortmund bleibt, daß keiner entlassen wird, daß die Arbeitshetze weg muß! Es muß gegen den Lohnabbau beschlossen werden, daß wir keinen Verrat der IGM-Führer wie im letzten Jahr zu der Tarifrunde mitmachen! Deswegen müssen wir schon am Freitag unsere Forderungen aufstellen! Am besten sofort 15%. Wir dürfen nicht bis 1973 stillhalten, die Tarife müssen mit Metall zum 1. Oktober gekündigt werden, also ab 1. Oktober 15% mehr für alle! Pfeiffer, Bruns und Schrade müssen raus aus der Tarifkommission, wählen wir am Freitag neue Delegierte, lernen wir von den englischen Kumpels (Hafenarbeiter in Großbritannien, d.Vf.), die seit gestern breit gegen die Verhaftung ihrer Führer kämpfen. Lassen auch wir uns unsere demokratischen Rechte nicht stehlen. Deshalb: Vierteljährliche Belegschaftsversammlungen und zusätzliche Abteilungsversammlungen!
Der Streik vom Mittwoch muß auf der Belegschaftsversammlung weitergeführt werden, wählen wir dazu eine Streikleitung!

BESCHLIESSEN WIR STREIK GEGEN STILLEGUNG UND LOHNABBAU!
FÜR 15% ZUM 1. OKTOBER UND VIERTELJÄHRLICHE BELEGSCHAFTSVERSAMMLUNGEN!"
Q: Die Rote Westfalenwalze Belegschaftsversammlung: Gegen Stillegung, Lohnabbau und das reaktionäre BVG!, Dortmund o.J. (Juli 1972)

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