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Hoesch Hüttenwerke Dortmund

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 8.4.2009

Dieser Darstellung liegen, vor allem dank der Geschichtswerkstatt Dortmund, zahlreiche betriebliche Dokumente zu Grunde. Berührt werden hier nur die Hoesch Hüttenwerke, d.h. die Westfalenhütte, Union und Phoenix. Andere Dortmunder Hoesch-Betriebe, wie das Hoesch Rohrwerk Barop und die Hoesch Maschinenfabrik Deutschland (MFD) werden jeweils separat behandelt.

Dieser erste Beitrag zu den Hoesch Hüttenwerken Dortmund behandelt die Zeit bis zum wilden Septemberstreik 1969.

Schon der Beginn dieser, wie immer unvollständigen Darstellung, wird von Fusion und Konzentration, dadurch aber auch von Arbeitsplatzabbau (vgl. 1951, 1966, 1.10.1966). Hinzu kommt die Analytische Arbeitsplatzbewertung (AAB).

Im Betriebsrat und der IG Metall Dortmund bildet man sich (vgl. Jan. 1967), erste große Proteste unter Beteiligung der Hoeschbelegschaft gibt es anläßlich der drohenden Stillegung der Zeche Hansa in Huckarde (vgl. 21.10.1967), während Hoesch sich der eigenen Bergbaubetriebe bequem in die Ruhrkohle AG hinein entledigt (vgl. Nov. 1968, 18.7.1969).

Noch ist die Konjunktur in Schwung (vgl. Dez. 1968, März 1969), sogar veritable Wirtschaftsminister besuchen die Westfalenhütte (vgl. 30.1.1969) und Produktionsunterbrechungen scheinen nicht gern gesehen (vgl. 1.5.1969).

Die DKP gibt sofort nach ihrer Gründung bei den Dortmunder Hoesch-Hüttenwerken ihre 'Heiße Eisen' (vgl. Apr. 1969, Mai 1969) heraus, informiert über die Folgen der Fusion, so wie das auch die zentrale Zeitung der DKP tut (vgl. 10.4.1969).

Die DKP arbeitet damals auch innerhalb der Aktion Demokratischer Fortschritt (ADF – vgl. Mai 1969, Juni 1969, 11.7.1969, 28.7.1969, 29.8.1969), die vermutlich ebenfalls ab und an vor den Toren von Hoesch sowie den umliegenden Vierteln agitiert. Unterstützt wird die DKP auch von der SDAJ Dortmund (vgl. 3.7.1969), die 'Heiße Eisen' der DKP wird offenbar auch in der Tagespresse ausgewertet (vgl. 5.6.1969).

Mutmaßlich schon damals steht der Stahlstandort ob der Fusionen und Kooperationen in der Stahlindustrie in Frage (vgl. 29.5.1969, 12.6.1969), bis zur Einstellung der Stahl-Produktion in Dortmund aber ist es noch ein weiter Weg, gekennzeichnet nicht zuletzt von Arbeitsunfällen (vgl. 31.5.1969) und Personalbeurteilungen (vgl. Juni 1969), während die Stillegung an anderen Standorten wie in Olpe (vgl. 1.7.1969) bereits Realität geworden ist. Auch die Personalbewertung scheint dort ebenfalls zu drohen (vgl. 24.7.1969).

In die Stahltarifrunde (STR) 1969 begibt sich die Hoeschbelegschaft dennoch mit zwar prozentualen, aber doch hohen Forderungen (vgl. Juli 1969), es kommt zu einem ersten kleineren Streik gegen Lohndifferenzen (vgl. 15.7.1969), den die DKP natürlich in ihrer Betriebszeitung darstellt (vgl. 28.7.1969), in der sie auch die vielen Arbeitsunfälle anprangert.

Während sich der Betriebsrat der Westfalenhütte im antifaschistischen Protest engagiert (vgl. 27.9.1969, 28.8.1969), erhalten die Aktionäre eine Dividendenerhöhung und gar auch die Belegschaft bekommt ein geringes zusätzliches Entgelt (vgl. Aug. 1969), fordert aber trotzdem weitere Lohnerhöhungen (vgl. 15.8.1969), die aber auf Ablehnung stoßen (vgl. 18.8.1969), was zum Warnstreik führt (vgl. 19.8.1969). Die Forderungen der IG Metall in der Stahltarifrunde 1969 liegen mit 12 % deutlich unter den 15 % von Hoesch (vgl. 22.8.1969), selbst der Hoesch-Vorstand scheint nun bereit die Löhne innerbetrieblich etwas aufzustocken (vgl. 29.8.1969), die Belegschaft aber hat offenbar die Geduld verloren und nimmt die Sache mittels ihres im nächsten Beitrag behandelten Septemberstreiks selbst in die Hand.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

1951:
Bei Hoesch Dortmund (IGM-Bereich - vgl. 17.12.1971) berichtet die KPD:"
1951 schlossen sich das Hüttenwerk Hörde und das Hüttenwerk Union zur DHHU zusammen. In der Folge wurden unter anderem stillgelegt: das Thomaswerk und das Hochofenwerk in Dortmund und die Kokerei in Dortmund. Die Belegschaft nahm seit dem Geschäftsjahr 1956/1957 ständig ab, allein zwischen 1961 und 1966 um 5 500 Kollegen. Die verschiedensten Methoden wurden dazu angewandt, angefangen von Sozialplänen über Einstellungsstopp bis zu Massenentlassungen von 1 200 Kollegen auf einen Schlag."
Quelle: Kommunistische Arbeiterpresse Hoesch Nr.7,Dortmund Dez. 1971,S.4

1966:
Bei Hoesch Dortmund (IGM-Bereich - vgl. 17.12.1971) berichtet die KPD über die Fusion (vgl. 1.7.1969) mit Hoogovens in den Niederlanden:"
Seit 1966 besteht der 'Rahmenvertrag' zwischen Hoesch und Hoogovens, in dem vereinbart ist, daß Hoesch einen Teil seines Bedarfs an Rohstahl und Warmbreitband bei Hoogovens deckt. An diesem Vertrag läßt sich bereits ablesen, in welchen Bahnen die Verschmelzung der beiden Konzerne ablaufen wird."
Quelle: Kommunistische Arbeiterpresse Hoesch Nr.7,Dortmund Dez. 1971,S.4

01.10.1966:
Laut 'Kursierendem Material an IGM-Schulen zu den Septemberstreiks 1969' (vgl. Jan. 1967) erfolgt die "Fusion der Dortmunder-Hörder-Hütten-Union (Werke Phoenix und Union) mit der Hoesch AG (Westfalenhütte). Phoenix und Union hatten Festlohn, Westfalenhütte Leistungslohn. Es wurde eine Harmonisierungskommission des Gesamtbetriebsrates gebildet, um vergleichbare Löhne für gleiche Arbeit zu erreichen. Die Westfalenhütte führt Festlohn ein. Dabei mußten 2 200 Arbeitsplätze analytisch neu bewertet werden. Dies sollte bis spätestens 31.12.1969 durchgeführt sein. Betriebsräte sprachen von Verschleppungstaktik des Vorstandes".

Bei Hoesch Dortmund (vgl. 17.12.1971) berichtet die KPD:"
Am 1.Oktober 1966 schlossen sich die Dortmund-Hörder Hüttenunion (DHHU) und Hoesch zusammen. Das Ergebnis:

Das Thomasstahlwerk der Westfalenhütte und insgesamt sechs Walzstraßen wurden stillgelegt. Innerhalb eines Jahres - vom Oktober 1966 bis zum Oktober 1967 - nahm die Gesamtbelegschaft um 7 600 Kollegen ab. Die Hoesch-Kapitalisten erwirtschafteten indessen im Jahr nach der Fusion einen wesentlich höheren Umsatz - 'ein Erfolg der Rationalisierung, die sofort nach dem Zusammenschluß begann', wie die Kapitalisten offen bekennen."
Quellen: Kommunistische Arbeiterpresse Hoesch Nr.7,Dortmund Dez. 1971,S.4;
Kursierendes Material an IGM-Schulen zu den Septemberstreiks 1969,o.O. o.J. (1969),S.1

Januar 1967:
Laut 'Kursierendem Material an IGM-Schulen zu den Septemberstreiks 1969' (vgl. 1.10.1966, 1.6.1968) findet ab Januar/Februar bei Hoesch eine "verstärkte Bildungsarbeit der Ortsverwaltungstelle Dortmund der IGM in eigener Regie statt. Es besteht seit 1946 ein Körper gewerkschaftlicher Vertrauensleute in den Werken. In den letzten beiden Jahren haben 400 der 1 500 Vertrauensleute der drei Werke Schulungskurse besucht, die in drei Stufen absolviert werden. Zusätzlich haben weitere 120 einen Aufbaulehrgang besucht (je 20 Beschäftigte wählen einen Vertrauensmann - je 25 Vertrauensleute nominieren ein Betriebsratsmitglied. In der Westfalenhütte gibt es 25 Betriebsräte, davon 5 Angestelltenvertreter; im Werk Phoenix 23 Betriebsräte, davon 5 Angestelltenvertreter; im Werk Union 21 Betriebsräte, davon 5 Angestelltenvertreter)."
Quelle: Kursierendes Material an IGM-Schulen zu den Septemberstreiks 1969,o.O. o.J. (1969),S.1

21.10.1967:
Große Demonstration in Dortmund gegen die Schließung der Zeche Hansa.

Die KPD/ML-ZK berichtet auf der Zeche Hansa (vgl. Aug. 1972):"
1967 - Rote Fahnen in Dortmund! Über 10 000 Kollegen von Hansa, Pluto, Minister Stein, Hoesch demonstrieren unter roten Fahnen gegen das Zechensterben. Das Märchen vom ewig währenden Wirtschaftswunder war schon 1967 in alle Winde zerstoben. Das 'Wunder' hatte schon damals Tausenden von Kumpels nichts als den Rausschmiß gebracht. Da haben die Kumpels mit der roten Fahne die Faust erhoben gegen die Zechenkiller, gegen die Ausbeuterklasse. Die roten Fahnen sagten es allen: die deutsche revolutionäre Arbeiterbewegung lebt und marschiert vorwärts."
Quelle: Schlag zu! Nr.1,Dortmund Aug. 1972,S.5

November 1968:
Der KSV der KPD berichtet von der Ruhrkohle AG (RAG - vgl. Sept. 1969):"
'GESCHICHTE DER RUHRKOHLE AG (RAG)
...
NOVEMBER 1968:
Gründung der Ruhrkohle AG auf Grundlage des 'Kohlenanpassungsförderungsgesetzes' der SPD: Stahlfirmen wie Thyssen, Krupp, Mannesmann, Hoesch, Rheinstahl, Klöckner und Peine-Salzgitter brachten ihre Zechen in die Einheitsgesellschaft RAG ein. Die RAG übernimmt die auf den Zechen lastenden Schulden (1,2 Milliarden DM). Der Nettowert des übertragenen Vermögens wird mit 6%iger Verzinsung in 20 Jahren zurückerstattet. Jährliche Rate: 185 Mio. DM.
Die Konzerne behalten die rentablen Teile der Bergbaugesellschaften: die Kraftwerke und die Wohnungs -und Grundstückswirtschaft.
Schließlich verpflichtet sich die RAG, die Stahlkonzerne mit Kohle zu Weltmarktpreisen zu beliefern. Das führte schon 1971 zu einem Verlust von 230 Millionen für die RAG. Die Konzerne mußten sich lediglich dazu verpflichten, diese billige Kohle auch abzunehmen: eben das will Sohl nicht mehr."
Quelle: Dem Volke Dienen Nr.2,Dortmund 17.1.1973,S.4

Dezember 1968:
Von Hoesch Dortmund berichtet die KPD (vgl. 19.11.1971):"
In P 1 (zwei Walzstraßen) auf dem Werk Union wurden im Dezember 1968, also zur Hochkonjunktur, 21 000 t. gewalzt."
Quelle: Rote Fahne Nr.30,Berlin 19.11.1971,S.6

30.01.1969:
Bundesminister Schiller verkündet heute, laut DKP, den gestrigen Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung vor der Belegschaft der Hoesch Westfalenhütte in Dortmund.
Quellen: DKP Hansa Information,Dortmund o.J. (1969),S.4;
Müller, Hans:Frischer Wind ins Rathaus!,Dortmund o.J. (1969)

März 1969:
Die 'Werk und Wir' berichtet vermutlich aus dem März von Hoesch Dortmund:"
DIE BELEGSCHAFT WIRD UNTERRICHTET
BETRIEBSRÄTE DER WERKE UNION UND PHOENIX BERICHTEN

In der kleinen Westfalenhalle waren über 3 000 Belegschaftsmitglieder der Werke Union und Phoenix gekommen, um den Rechenschaftsbericht der Betriebsräte zu hören. In dem allgemeinen Überblick über die Lage bei den Hüttenwerken berichteten die beiden Betriebsratsvorsitzenden – Siegfried Rosentreter, Union, und Walter Tebbe, Phoenix - über das ablaufende Geschäftsjahr. Im besseren Jahresergebnis wirkten sich erstmals die Vorteile des Zusammenschlusses von Hoesch-Hüttenunion voll aus. Die bessere Ausnutzung der Kapazitäten und die dadurch erreichte günstigere Kostensituation würden durch eine ausgesprochene Mengenkonjunktur verbessert werden, die von der Auftragsseite her durch eine Steigerung der Inlandslieferungen und des Geschäfts in Drittländer, außerhalb des Bereichs der Montanunion, auch leichte Erlösverbesserungen im Gefolge hatte.

Siegfried Rosentreter konnte der Belegschaft des Werkes Union mitteilen, daß zur Vermeidung umfangreicher Rohstahltransporte im Werk Union das SM-Stahlwerk mit 600 000 Monatstonnen bestehenbliebe. Ein Vergleich der Erzeugung 1968 zu 1967 zeige im Stahlwerk I eine Steigerung um 16%, bei der Blockstraße um 13,3%, bei der Grobstraße um 12,7% und der Mitteleisenstraße um 17,7%. Gut entwickelt habe sich nach den Worten von Rosentreter die Mitarbeit der Belegschaft an dem betrielichen Vorschlagswesen; im Berichtszeitraum 1.10.1968 - 29.2.1969, seien 53 Verbesserungsvorschläge eingereicht worden, 37 wurden abschließend bearbeitet, und Geldprämien im Werte von 23 110 DM enthielten 16 Vorschläge; die Höchstprämie war 6 500 DM.
'Die immer wieder von vielen an uns gestellten Fragen - Wie steht es mit der Lohnharmonisierung, wann ist es endlich soweit? - können auch heute noch nicht zufriedenstellend beantwortet werden', sagte Rosentreter.
'Nicht, weil sich hier nichts mehr tut oder wir das Problem vor uns herschieben. Im Gegenteil! Der im August 1968 gebildete Ausschuß ist seit dieser Zeit mehrere Tage in der Woche für die Lohnharmonisierung tätig. In den nächsten Monaten werden alle Arbeitsplätze beschrieben, um dann von der Kommission bewertet zu werden. Ich darf aber darauf hinweisen, daß der Termin - 1. März 1969 - für die Einführung der Harmonisierung feststeht. Das bedeutet, daß alle positiven Lohnveränderungen auf jeden Fall ab 1. März 1969 rückwirkend wirksam werden.'
Die in der letzten Belegschaftsversammlung versprochene Lohnregulierung für den Handwerksbereich des Technischen Sozialbetriebes ist inzwischen erfolgt und - wie ich glaube - zur Zufriedenheit.
Neben den Aufgaben der Lohnharmonisierung bearbeitete der Lohn- und Tarifausschuß mit dem Lohn- und Tarifwesen 253 gestellte Anträge, die alle positiv entschieden wurden. 127 Anträge waren davon Lohnregelungen.'

Seit einiger Zeit arbeiten die Betriebsräte - nach den Worten Rosentreters - in Personalausschüssen für Lohnempfänger und Angestellte mit. 'Über die Tätigkeit des Ausschusses für Lohnempfänger möchte ich einige Aussagen machen: Um eine sinnvolle Belegschaftspolitik für einen längeren Zeitraum auch auf der Lohnempfängerseite durchzuführen, war dieser Ausschuß notwendig. Bedingt durch die Produktionsanlage in Verbindung mit der angetretenen Belegschaft, mußten immer noch Zusatzschichten und Überstunden in recht erheblichem Umfang verfahren werden. Der Ausschuß hat es sich zur Aufgabe gemacht, die vom Direktorium genehmigten Einstellungen gezielt und gelenkt in die Betriebe zu leiten, wo der dringendste Bedarf an Arbeitskräften vorhanden ist. Darüber hinaus ist es eine Aufgabe des Ausschusses, vorausschauend unter Berücksichtigung der Fluktuation, sonstiger Abgänge und Stillegung von Betriebsteilen den notwendigen Personalbedarf rechtzeitig beim Direktorium anzumelden und zu beantragen. Gerade diese Aufgabe ist bei der heutigen gespannten Arbeitsmarktlage von besonderer Wichtigkeit. Gute Arbeitskräfte zu bekommen, ist heute gar nicht so einfach. Die Erfahrungen, die wir in der letzten Zeit mit unseren Einstellungen gemacht haben, sprechen für sich.'

Walter Tebbe kam in seinem Bericht für das Werk Phoenix u.a. auf Klagen aus der Belegschaft zu verschiedenen Problemen zurück und wie weit die vom Betriebsrat daraufhin eingeleiteten Maßnahmen vorangekommen sind. Er kam dabei zu der Feststellung, 'daß dem Betriebsrat oftmals jedes Verständnis dafür fehlt, warum berechtigte Anliegen der Belegschaft, die allerdings nicht mit Erhöhung der Produktion verbunden sind, so lange Zeit bis zu ihrer Erledigung benötigen. Belegschaft und Betriebsrat zeigen sich doch sonst auch verständnisvoll.'

'Uns scheint', sagte Tebbe, 'daß man Kosten dieser Art am liebsten ganz vermeiden möchte.'
'Der Mann im Betrieb will nicht nur ab und zu Lob für ständige Höchstleistungen, er will auch an Ort und Stelle sehen, daß man sich seiner berechtigten Wünsche annimmt. Gerade wenn solche Wünsche etwas Geld kosten, kann man an der Durchführung ermessen, was einem die Menschen wirklich wert sind.'

Zur Produktionslage führte er aus: 'In den letzten vier Monaten haben die beiden Öfen 5 und 3 im Hochofenwerk Phoenix rund 140 000t und im Monat Januar mit 145 000t die höchste Produktion erzielt. Ofen 6 wird voraussichtlich Anfang Mai wieder in Betrieb genommen. Anschließend werden nicht, wie zuerst vorgesehen, Hochofen 5 und dann Hochofen 3 neu in die Zustellung gehen. Beide Öfen sollten noch etwa zwei Jahre im Betrieb bleiben.'

'Im Sommer 1968 wurden 250 000 Monatstonnen Kapazität im Oxygenstahlwerk erreicht und durch gleichzeitige Einführung der kontinuierlichen Arbeitsweise auf 260 000 Monatstonnen gesteigert. Im Januar konnte dieses Stahlwerk eine Höchstleistung von annähernd 270 000t erreichen. Das Martinwerk 4 in Hörde arbeitet zur Zeit wieder mit 3 Öfen. Die Kapazität der Block-Brammen-Straße wurde auch in den letzten Monaten voll genutzt. Auch die Auftragslage der Tandemstraße hat sich erfreulicherweise gehalten. In den letzten Monaten wurden weiterhin durchschnittlich 55 000t. Bleche und Breitflanschstahl erzeugt, im Oktober annähernd 62 000t. Die Montage der Maschinenteile im Rahmen des 40-mm-Scherenstrangs geht weiter, im Oktober wurde ein Schlepper in Betrieb genommen. Mit der Inbetriebnahme des neuen Scherenstranges wird Ende 1969 gerechnet.

Im Laufe seines Berichtes erklärte Walter Tebbe: 'Der Anteil der Überstunden ist in einigen Betriebsbereichen noch enorm hoch. Wir hoffen, umgehend durch weitere Einstellungen zu eingermaßen erträglichen und auch im Interesse der Belegschaft vertretbaren Zuständen zu kommen. Ob es jeder gern hört oder nicht: ständige und dazu viele Überstunden sind keine gute, noch weniger eine gesunde Sache.'

'Wenn wir nicht zusehen wollen, daß bei dem unerhörtem Tempo im Betrieb und der damit verbundenen körperlichen und nervlichen Belastung des Einzelnen die Frühinvalidität, die heute schon bei 50% liegt, zunehmen soll, dann tut auch bei manchem Kollegen Einsicht bitter not.'

'Der Betriebsrat dieses Werkes hat in all den Jahren nach dem Krieg nachweislich versucht, vordergründig Lohnpolitik zu betreiben. Er war immer der Auffassung, daß vor allem anderen die Löhne und Gehälter zu stimmen haben. So ist es beileibe kein Zufall, daß das Werk Phoenix im Lohnvergleich zu den anderen Werken an Rhein und Ruhr mit an der Spitze liegt. Es gibt Beweise dafür, daß in Werken mit jahrelang gefahrenen Überstunden der durchschnittliche Stundenlohn nicht immer der beste ist.'

Im Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen und zwei tödlichen Betriebsunfällen der letzten Monate im Werk Phoenix begrüßte Tebbe die Entscheidung des Hoesch-Vorstandes, daß das Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES der SPD,d.Vf.) in Kürze auf den Werken Unfallkostenuntersuchungen vornimmt.

'Es kann uns nur daran gelegen sein, durch wenige Unfälle dem Werk Geld zu sparen und unseren Belegschaften und ihren Angehörigen Blut und Tränen."

An der Versammlung nimmt auch Arbeitsdirektor Dr. Günter Sieber teil.
Quelle: Werk und Wir Nr.4,Dortmund Apr. 1969,S.56f

April 1969:
Bei Hoesch Dortmund gibt die DKP vermutlich im April ihre 'Heisse Eisen' Nr.1 (vgl. Mai 1969) mit 7 Seiten DIN A 5 unter Verantwortung von Rudi Skott heraus:"
BERUHIGUNGSMITTEL FÜR DIE HOESCH-BELEGSCHAFT LÖST KEIN PROBLEM

Es muß ja seinen Grund haben, daß die Hoesch-Hoogovens-Pläne das Licht der Öffentlichkeit scheuten. Die Planer solcher Fusionen wirken in diesem System immer geheim. Es könnte sonst sein, daß die Arbeiter und Angestellten ein Wörtchen mitreden möchten.

Diese Haltung der Konzernspitze im Einvernehmen mit der Bundesregierung sollte einmal mehr begreifen lassen: die Belegschaften werden wie Zubehör verplant.

Unbequeme Einwände könnten stören oder gar Unruhe wie bei den Thyssen-Arbeitern schaffen, die sich mit einem Streik (vgl. IGM-Bereich Mülheim 7.3.1969,d.Vf.) gegen die Geheimplanungen mit Mannesmann wandten.

Die 'Mächtigen' haben gesprochen. Und sie versprechen auch einiges - ob sie es halten können, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Die Belegschaft hat entgegenzunehmen und abzuwarten, was mit ihr geschieht. Es ist bezeichnend, wenn so auch ein Vertreter der Belegschaft erklären muß: 'Zur Stimmung in der Belegschaft kann ich noch nicht viel sagen', - aber er hatte ohne Kenntnis der Meinung der Belegschaft bereits seinen 'Segen' erteilt.

Es ist zu hören und zu lesen: 'Der Stahl zieht zum Wasser und zum Erz. Walzenstraßen sichern die Arbeitsplätze in Dortmund.'

Wer nicht leichtfertig redet und konsequent denkt, muß das anders sagen:
DER STAHL VON HOESCH ZIEHT ZUM WASSER UND DIE WALZENSTRASSEN ZIEHEN HINTERHER.

Denn die Größenordnung eines solchen modernen Stahlwerkes erfordert zwingend auch die Stahlverarbeitung, d.h. auch die Auswalzung in seinem Bereich.

DAS IST DOCH DAS GESETZ DER RATIONALISIERUNG!

Deshalb ist auch für Rotterdam als erste Stufe geplant:
- das Hüttenwerk mit einer Kapazität von 8 - 10 Mio. Jahrestonnen;
- eine Kokerei, eine Pelletieranlage oder eine Erzaufbereitungsanlage;
- ein großer Hochofen, ein Oxygenstahlwerk mit zwei großen Konvertern, ein Blockwalzwerk oder eine Stranggußanlage.

Wo, so ist zu fragen, bleibt denn da die Hoffnung auf den Ausbau des Oxygenstahlwerkes in Hörde?

Das Abwandern von Industrien als Zeichen des besonderen 'Wohlwollens' zu feiern, ist wahrlich seltsam. Sie erfolgt ganz nüchtern AUS GRÜNDEN DES HÖHEREN PROFITS.

Dr. HARDERS, Vorstandsvorsitzender der Hoesch AG, sagte es rundheraus: Der Standortvorteil sei auf etwa 2 Prozent Dividende zu beziffern. Die Kostenersparnis je Tonne wird mit 20 bis 30 Prozent veranschlagt.

Nirgendwo aber ist die Rede davon, daß die Kostensenkung preissenkend wirksam werden soll, was sich ja auf viele Bereiche der Wirtschaft positiv auswirken könnte - bis hin zum Verbraucher.

Nein, es geht immer noch und immer wieder um den PROFIT. Er ist einziges Leitmotiv, und nicht Strukturveränderungen, die der gesamten Volkswirtschaft zugutekämen. Solange die Produktions- und Investitionsplanung ohne Mitwirkung der Arbeiter und Angestellten und ohne Berücksichtigung der Gemeindeinteressen vollzogen wird, haben diese lediglich Entscheidungen entgegenzunehmen und zu hoffen, daß die Konzernspitze es 'schon richtig macht'.

Was für eine Demokratie, was für ein Staat ist denn das, wo Arbeiterinteressen hintenan gestellt werden?

An dieser Stelle soll zum besseren Verständnis der sozialdemokratisch eingestellten Kollegen aus dem GODESBERGER PROGRAMM der SPD zitiert werden. Es heißt dort:
'Wer in den Großorganisationen der Wirtschaft die Verfügung über Millionenwerte und Zehntausende von Arbeitern hat, der wirtschaftet nicht nur, er übt Herrschaftsmacht über Menschen aus.' Und weiter:
'Mit ihrer durch Kartelle und Verbände noch gesteigerten Macht gewinnen die führenden Männer der Großwirtschaft einen Einfluß auf Staat und Politik, der mit demokratischen Grundsätzen nicht vereinbar ist. Sie usurpieren Staatsgewalt. Wirtschaftliche Macht wird zur politischen Macht.'

Mit der Großen Koalition und Herrn SCHILLER ist diese Aussage natürlich - so richtig sie ist - über Bord geworfen. Zur Freude der Unternehmer - zum Nachteil der Arbeiter.

Das meinte offenbar auch Herr Schiller, als er vor der Belegschaft erklärte: Ich sehe in den Walzstahlkontoren die Trainingszentren für notwendige Konzentration.

So werden er und die Unternehmer trainieren: auf dem Rücken der Arbeiter und Angestellten, denn keiner garantiert uns den Arbeitsplatz auf lange Sicht.

Es bleibt hier zu sagen: die Stahlkonzerne orientieren sich verstärkt auf die Vorherrschaft in Westeuropa. Den holländischen Arbeitern (Niederlande,d.Vf.) wird dabei auch nichts geschenkt.

Gegenwärtig befindet sich die Stahlindustrie in einer Hochkunjunktur. Was wird, wenn der Absatz wieder zurückgeht? Die nächste Krise kommt bestimmt - auch die übernächste! Welches Werk wird dann einschränken oder stillegen? Doch mit Sicherheit die technisch rückständigsten.

Das wird nicht in Rotterdam, sondern in DORTMUND sein. So schafft man sich das Alibi für spätere Zeiten.

Den Kampf um die Sicherung der Arbeitsplätze nimmt der Belegschaft kein Minister und kein Direktor in diesem Staate ab.

Nicht die Jagd nach dem Höchstprofit, sondern die soziale Sicherheit hat Maßstab aller Entscheidungen in einem Gebilde zu sein, das sich 'sozialer Rechtsstaat' nennt.

ERST WENN WIR, DIE BELEGSCHAFT, MIT UNSEREN GEWÄHLTEN VERTRETERN DEN FINGER AUF JEDEN POSTEN LEGEN KÖNNEN, ENTSTEHEN DIE GRUNDLAGEN FÜR EINE VERNÜNFTIGE, LANGFRISTIGE WIRTSCHAFTLICHE UND POLITISCHE ENTWICKLUNG.

Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube...

Die Konzernbosse lassen verkünden: alles, was wir vorhaben, geschieht nur im Interesse der Arbeiter und Angestellten sowie der Stadt Dortmund.

Kollegen, fallen wir auf diesen bewußt hochgespielten Optimismus nicht herein. Der wirkliche Sinn der Verlagerung der Stahlproduktion an die Küste besteht doch in der radikalen Senkung der Lohnsumme und der radikalen Erhöhung der Gewinne.

Wie man die Lohnsumme senkt, ist ja nicht neu: Reduzierung der Belegschaft bei weiterer Steigerung der Produktion. Der Abbau der Hoesch-Belegschaft von 72 000 auf 62 000 in eineinhalb Jahren reicht ihnen nicht aus.

Es ist deshalb eine Illusion zu glauben, daß unsere Arbeitsplätze bei diesem Vorhaben als gesichert anzusehen sind.

Mit dem Ausbau des Breitbandwalzwerkes auf 270 000 Tonnen werden höchstens weitere 100 Kollegen einen Arbeitsplatz erhalten. Beim Neubau des Kaltwalzwerkes sieht es nicht anders aus.

Kollegen, überlegen wir doch selber: In der Endphase gehen die Hochöfen und Siemens-Martin-Werke vor die Hunde. Selbst das Oxygenstahlwerk in Hörde wird diesem Rationalisierungsprozeß zum Opfer fallen.

Das heißt doch nichts anderes, als daß mehr Arbeitsplätze vernichtet als neue geschaffen werden.

Deshalb kann uns der von der Presse hochgejubelte Optimismus nicht befriedigen. Wir müssen die volle Wahrheit erfahren, denn es geht um unsere Existenz.

Die geheimen Pläne der Konzernleitung müssen uns bis zur letzten Zeile unterbreitet werden.

Ohne unsere Zustimmung und gegen unsere Interessen keine weitere Rationalisierung!

KOLLEGEN, NEHMEN WIR HEUTE DEN KAMPF UM DIE ERHALTUNG UNSERER ARBEITSPLÄTZE AUF!

Was sagen die Kollegen zu den Entscheidungen der Aktionäre?

'Die verkaufen uns doch mit Haut und Haaren. Wir brauchen uns doch nur die Sache mit der geplanten Personalbeurteilung etwas näher anzusehen.'

Diese Personalbeurteilung ist der Anfang dafür, jetzt schon einen Teil der Belegschaft auszusortieren, der in nicht allzu ferner Zeit zum 'alten Eisen' geworfen wird.

Das Schicksal dieser Kollegen wurde vor einigen Tagen im Fernsehen gezeigt. Die letzte Station ist dann das Arbeitsamt: Zum Sterben zu jung und für eine andere Arbeitsmöglichkeit zu alt! So sieht dann das Ende jahrelanger treuer Mitarbeit in der großen Hoesch-Familie aus.

Dagegen müssen wir uns zur Wehr setzen.

Von den Betriebsräten und Vertrauensleuten möchten wir wissen, was mit den Plänen der Personalbeurteilung los ist. Die Personalbeurteilung richtet sich gegen uns. arum ist unsere Meinung, daß die Betriebsräte und Vertrauensmänner diese Machenschaften der Konzernleitung entscheiden ablehnen."

Geworben wird für die eigene 'Unsere Zeit' - UZ.

Später (vgl. Sept. 1978) wird von der DKP behauptet, diese Ausgabe sei bereits 1968 erschienen.
Quellen: Heisse Eisen Nr.1,Dortmund o.J. (1969);
DKP-Hoesch-Betriebsgruppen Westfalenhütte und Phoenix:Heisse Eisen 1968-1978, Dortmund o.J. (1978),S.2

April 1969:
Die Hoesch Hüttenwerke AG Dortmund gibt ihre 'Werk und Wir' Nr.4 (vgl. März 1969, Mai 1969) heraus.

Berichtet wird u.a. von der Betriebsversammlung der Werke Phoenix und Union (vgl. März 1969).
Quelle: Werk und Wir Nr.4,Dortmund Apr. 1969

10.04.1969:
Die DKP bringt die Nr.2 ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 3.4.1969, 17.4.1969). Auf S.7 erscheint der Artikel "Nasse Hütten Kalte Füße" von E.R., in dem es heißt:"
Das Wettrennen der Montankonzerne um den größten Happen des Stahlmarktes gewinnt immer mehr an Tempo. Durch Konzentration und Ausbau der Kapazitäten streben die Stahlgiganten amerikanische Größenordnungen an. Unübersehbar ist dabei die Standortverlagerung zum Meer. Durch die 'nassen Hütten' aber bekommen die Stahlwerker des Binnenlandes kalte Füße.

An kaum einer anderen Branche wie gerade an der Stahlindustrie zeigt sich, wie weit sich das ungeplante, private, allein am Gewinn orientierte Wirtschaftssystem überlebt hat. Schneller als in der Gesamtwirtschaft wechseln hier die Jahre völlig ungenügender Kapazitätsauslastung mit jenen, da Stahl gekocht wird, was immer die Öfen hergeben. Und nach Aussage des Klöckner-Direktors Dr. Bender ist der Konjunkturrhythmus der Stahlindustrie in der letzten Zeit noch kürzer geworden.

Diesen nicht kontinuierlichen Produktionsphasen entspricht die Beschäftigungspolitik. Im Abschwung werden regelmäßig die Belegschaften abgebaut, und im Aufschwung muß dann die reduzierte Zahl der Beschäftigten die jeweils höhere Leistung erbringen.

FUSIONEN

Immer aber, ob nicht ausgelastet oder in voller Fahrt, werden die Kapazitäten ausgebaut, um damit mehr Marktrecht zu erringen. Im gegenwärtigen Stahlboom werden dazu neue Größenordnungen durch eine Welle von Kooperationen und Fusionen geschaffen. Der Teilfusion von Mannesmann (MM,d.Vf.) und Thyssen (ATH,d.Vf.) auf dem Röhren- und Walzstahlsektor folgte umgehend der Konterschlag des Dortmunder Hoesch-Konzerns. Gemeinsam mit der holländischen Hoogovens (in den Niederlanden,d.Vf.) baut Hoesch im Industriegebiet von Europoort bei Rotterdam ein Hüttenwerk, das in der ersten Ausbaustufe bis Anfang 1974 eine Rohstahlkapazität von 2,4 Mio. t. erreichen soll. Diese am Meer gelegene 'nasse Hütte', die in der Endstufe auf eine Kapazität von 8 Mio. t. angelegt ist, hat den Standortvorteil, daß Massengutfrachter für Erz und Kohle mit einer Tragfähigkeit von 250 000 t an der Seeseite des Werkes anlegen können. Nach Angaben von Hoesch ist dagegen jede in Dortmund produzierte Tonne Stahl allein mit 20 bis 30 DM Frachtkosten belastet.

In diesem Licht betrachtet, ist die Aussage des Hoesch-Generaldirektors Dr. Harders, die derzeitige Stahlproduktion zwischen 6 und 7 Mio. t in Dortmund langfristig aufrechtzuerhalten, mit der nötigen Skepsis zu betrachten. Das umso mehr, da Harders betonte, daß man den Hoesch-Stahl aus Rotterdam nicht nach Dortmund fahren werde.

Damit aber geraten in der Dortmunder Hüttenindustrie zahlreiche Arbeitsplätze in Gefahr. Darüber kann auch die Tatsache nicht hinwegtäuschen, daß Hoesch in den nächsten fünf Jahren in Dortmund 750 Mio. DM investieren will. Die nächsten Stahlkrisen kommen bestimmt, und Investitionen von einigen hundert Millionen haben, wie die Erfahrungen der Vergangenheit lehren, die Bosse in der Montanindustrie noch nie davon abgehalten, von heute auf morgen Stillegungsbeschlüsse zu fassen.

Das den Großindustriellen besonders nahestehende 'Handelsblatt' vermutet denn auch, auf die Dauer werde 'Hoesch die Rohstahlerzeugung immer mehr zum kostengünstigeren Standort an der Küste verlagern'. Gleichzeitig stellt das Blatt zweifelnd die Frage, 'wie die riesigen Kapazitäten von Hoesch/Hoogovens von 16 bis 20 Mio. t in fünf Jahren beschäftigt werden können'.

Bereits im Krisen-Geschäftsjahr 1966/67 wurde die Belegschaft des Hoesch-Konzerns um nicht weniger als rund 11 Prozent reduziert, und auch im letzten Geschäftsjahr wurden über 1 500 Mann oder 2,5 Prozent der Beschäftigten abgebaut. Der Gewinn aber stieg auf 25 DM je Aktie.

DIE FOLGEN

Was auf die Hüttenwerker von Hoesch zukommt, haben die Klöckner-Beschäftigten des Hüttenwerks in Hagen-Haspe zum Teil schon erfahren. Als Klöckner vor Jahren in Bremen seine 'nasse Hütte' baute, wurden als direkte Folge in Hagen-Haspe das Siemens-Martin-Werk und vier Walzwerke stillgelegt. Inzwischen hat die Bremer Hütte eine Rohstahlkapazität von 2,2 Mio. t erreicht. Wenn auf der Bilanzpressekonferenz für das letzte Geschäftsjahr darauf hingewiesen wurde, daß die Rohstahlerzeugung um 3,8 Prozent zunahm, ohne Haspe aber um 17,5 Prozent, dann zeigt sich auch hier, wohin der größte Teil der vorgesehenen Investitionen von drei viertel Milliarden DM fließen soll. Die höhere Produktion wurde bei Klöckner ebenfalls mit einer um 1 300 Mann oder 3,2 Prozent verminderten Belegschaft erzielt.

Die für die Belegschaften und ganze Wirtschaftsregionen so folgenreichen Standortverlagerungen und Konzentrationsbewegungen erfordern zwingend, daß die Stahlindustrie in Gemeineigentum."
Quelle: Unsere Zeit Nr.2,Essen 10.4.1969

Mai 1969:
Bei Hoesch Dortmund gibt die DKP, laut IMSF im Mai, eine Ausgabe ihrer 'Heissen Eisen' (vgl. Apr. 1969, Juni 1969) mit mindestens 13 Seiten DIN A 5 heraus, in der sie vom 1. Mai auf der Hütte berichtet und sich im ersten Artikel mit den 12 Funktionen des Vorstandsvorsitzenden von Hoesch, Dr. Dr. Friedrich Harders befaßt:"
DIE '12 BEINE' DES DR. DR. HARDERS

Nach den bildhaften Vergleichen des Dr. Harders steht Hoesch nun auf '3 Beinen', und wie man hört, fester denn je. Bleit die Frage: WER steht fester? Wie Polypen sind die Manager in vielen Bereichen der Industrie verankert. So ist Dr. Dr. Harders in mehr als 12 Industriefunktionen zu finden.

Es bleibt dabei, was für Manager und Aktionäre gut ist, taugt noch lange nicht für die Belegschaft!

ES GEHT UM PROFIT! Die jüngste Hauptversammlung der Aktionäre wurde lebendig, als es um die Höhe der Dividende ging. Bei acht erhitzten sie sich, bei 15 Prozent erregten sich deren Gemüter und es gab gar Danksagungen an den Vorstand der Hoesch AG.

Nirgendwo aber ein Wort über den Lohn der Arbeiter und Angestellten! Das gehört ja auch nicht in eine Aktionärsversammlung! Auch nicht in die Planungen des Vorstandes. Da heißt es: die Löhne sind niedrig zu halten, - und die Verlagerung nach Rotterdam (in den Niederlanden,d.Vf.) bringt mindestens 2% mehr an Dividende!

Sicherung der Arbeitsplätze in Dortmund? Kein Wort davon. Es geht und kann nur darum gehen, wie ein Höchstmaß an Rationalisierung herauskommt, die sich wiederum umschlagen kann in Prozente für die Aktionäre.

SICHERUNG DER ARBEITSPLÄTZE, WIE STEIGERUNG DER LÖHNE UND GEHÖLTER, SIND UND BLEIBEN ANGELEGENHEIT DER BELEGSCHAFT. DA - UND NUR DA - HAT SIE 'DIE HAND AM DRÜCKER'!

Dr. Harders bezeichnet in 'Werk und Wir' die Abwanderung nach Rotterdam als 'logische Folge' des vor drei Jahren erfolgten Zusammenschlusses mit Hoogovens.

Für die Belegschaft und selbst für die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat war die Rotterdam-Planung doch eine echte Überraschung. Wieviele stehen uns noch bevor, wenn auch weiterhin Entscheidungen ohne Arbeitnehmervertreter und ohne Diskussion in der Belegschaft gefällt werden?

Wer den 'Wirtschaftskapitänen' heute die Macht zu Entscheidungen solchen Ausmaßes überläßt, macht die Arbeiterschaft und die Gewerkschaften immer rechtloser.

DAS WILL KEIN KOLLEGE. ES IST DESHALB AN DER ZEIT, DIE LANGFRISTIGEN PERSPEKTIVEN FÜR DIE BELEGSCHAFT UNZWEIDEUTIG AUF DEN TISCH ZU LEGEN.

Ein moderner Manager mit gefährlichem Einfluß:

HARDERS FRIEDRICHS, Dr. Ing., Dr. phil.
Diplomchemiker, Hüttendirektor, geb. 13.04.1909 in Mannheim.

Er ist Vorsitzender des Aufsichtsrates bei folgenden Unternehmen:
Schwerter Profileisenwalzwerk AG Schwerte;
Gebr. Crede und Co., Kassel;
Eisenwerke Rothe Erde GmbH, Dortmund;
Rheinisch-Westfälische Kalkwerke AG, Dornapp;
Hüttenwerke Siegerland AG, Siegen;

Stellvertr. Aufsichtsratsvorsitzender:
Hansa Bergbau AG

Aufsichtsrat der Unternehmen:
Didier-Werke AG, Wiesbaden;
Gelsenkirchener Bergwerks AG, Essen;
Rheinstahl Union Brückenbau AG, Dortmund;
Dolomitwerke GmbH, Wülfrath;
stellvertr. Vorsitzender des Vereins deutscher Hüttenleute;
Vorsitzender des Vorstandes der Hoesch AG, Dortmund."

Hans Müller, Kreisvorsitzender der ADF unterzeichnet den nächsten Artikel (vgl. 24.1.1969):"
Ein Schlagwort für die 'Aktion deutlich fahren'?
ADF Eine Abkürzung für eine neue Automarke?
Oder der Name für eine neue Politik?

DIE ADF - AKTION DEMOKRATISCHER FORTSCHRITT - ist ein Aktions- und Wahlbündnis, das getragen und gestützt wird von:

Arbeiterinitiativen in den Industriestädten und Teilen der bäuerlichen Opposition;
demokratischen und sozialistischen Organisationen, wie der Deutschen Friedens-Union (DFU,d.Vf.), dem Bund der Deutschen (BdD,d.Vf), der Deutschen Kommunistischen Partei; der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ,d.Vf.), der Frauen-Friedensbewegung (WFFB,d.Vf.); Studenten- und Schülerorganisationen; Persönlichkeiten, die an der Bewegung Kampf dem Atomtod und der Antinotstandsbewegung hervorragenden Anteil nahmen.

Sie alle haben beschlossen, zur Bundestagswahl 1969 (BTW - vgl. 28.9.1969,d.Vf.) gemeinsam zu kandidieren. ... In den nächsten Tagen wird Euch ein Kandidatenbrief überreicht, in dem sich diese ADF-Kandidaten vorstellen und ihre Meinung von einer Politik im Interesse der Wähler sagen. Darüber hinaus werden sich diese Kandidaten in öffentlichen Veranstaltungen mit dem auseinandersetzen, was uns Stahlarbeiter besonders bedrückt.

Ich möchte nur ein paar Grundforderungen der ADF aufzeigen, die den Geist und den Charakter der ADF bestimmen:
- Wir sind für die demokratische Erneuerung des politischen und gesellschaftlichen Lebens in der Bundesrepublik und die Verwirklichung des im Grundgesetz (GG,d.Vf.) proklamierten sozialen Rechtsstaates.
- Wir wollen den Verfassungsgrundsatz durchsetzen, wonach alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht.
- Wir bekämpfen den aufkommenden Neonazismus.
- Wir fordern die Mitbestimmung und unterstützen vorbehaltlos die Forderungen der Gewerkschaften.
- Wir sind für eine drastische Senkung der sinnlosen Rüstungskosten, deren Mittel ausschließlich für soziale Aufgaben verwendet werden sollten.

Das Programm der ADF zeigt den Wählern, wie in der Politik richtig gefahren werden muß, um den in Bonn eingeschlagenen verhängnisvollen Kurs wieder auf die richtige Fahrspur zu bringen.

20 Jahre CDU/CSU-Herrschaft haben uns, die wir in einem Lohnverhältnis stehen, in eine Lage gebracht, die im Widerspruch steht zu dem christlichen Namen dieser Parteien. Jahrelang auf Partnerschaftsdenken ausgerichtete Politik hat uns die Köpfe vernebelt. Keine der im Bonner Bundestag vertretenen Parteien hat je ein Wahlversprechen eingelöst. Auch die große Koalition hat uns Arbeiter und Gewerkschafter maßlos enttäuscht.

Schluß mit denen, die als angebliche Volksvertreter unsere Stimmen mißbraucht haben, um die Notstandsgesetze durchzusetzen, die sich den Großunternehmern verpflichtet fühlen und vergaßen, daß die Arbeiter damals als erste mit ihrer Tüchtigkeit und ihrem Schweiß ein Wirtschaftswunder geschaffen haben, und denen der Dank in Form einer Vermögensverteilung auf Kosten der 16 000 Millionäre in der Bundesrepublik versagt geblieben ist.

Kolleginnen und Kollegen!
Unterstützt und wählt diesmal die Kandidaten der ADF in den Bundestag, damit endlich eine vernünftige Politik gemacht wird. Für Euch und Eure Familien die Zukunft in einem friedlichen Europa zu sichern und für krisenfeste Arbeitsplätze zu sorgen, ist eine Aufgabe, die Euch veranlassen sollte, mit der ADF darum zu kämpfen."

Die DKP schreibt dazu:"
Den Artikel von Hans Müller entnahmen wir auszugsweise einem Vortrag, den er in Dortmund gehalten hat (vgl. **.*.1969,d.Vf.).

Kolleginnen und Kollegen!

Wir machen auf folgendes aufmerksam: Das Aktions- und Wahlbündnis ADF hat ein Informations- und Diskussionszentrum eingerichtet.

Dieses Zentrum befindet sich in der BRUNNENSTR. 5 und ist in der Regel den ganzen Tag geöffnet. Macht darum von der Möglichkeit Gebrauch , mit den Kandidaten der ADF oder Anhängern dieses Bündnisses zu diskutieren! Anregungen, Wünsche und Kritiken werden gern entgegengenommen."

Berichtet wird über:"
WAHRE WORTE ÜBER DIE KONZERTIERTE AKTION

Heftige Kritik an der Großen Koalition und an der Konzertierten Aktion hat der Vorsitzende des DGB-Landesbezirks Rheinalnd-Pfalz, JULIUS LEHLBACH, geübt. Auf der Bezirkskonferenz der IG Metall von Hessen, Rheinland-Pfalz und Saar in Speyer (vgl. Apr. 1*69,d.Vf.) betonte Lehrbach, die Konzertierte Aktion habe weder ihren Namen noch den Lärm um sie herum gerechtfertigt. Nach den eigenen Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums seien seit Bestehen der Großen Koalition die pro Kopf verfügbaren Nettoeinkommen der Unternehmer mindestens doppelt so stark gestiegen wie die verfügbaren Nettoeinkommen der Arbeitnehmer. In der Konzertierten Aktion werde 'nach wie vor die kapitalistische Partitur gegeigt'. - Die Große Koalition, meinte Lehlbach, habe die deutsche Gewerkschaftsbewegung in die 'Vorbeugehaft der Konzertierten Aktion' genommen. Der DGB müsse sich entscheiden, entweder den bequemen Weg einer quasi öffentlich-rechtlichen Institution mit 'Arbeitsfront'-ähnlichem Charakter (DAF der NSDAP,d.Vf.) oder den schweren dornenvollen Weg der autonomen Widerstandsorganisation der arbeitenden Bevölkerung zu gehen.

Es sei hohe Zeit für die Gewerkschaften, ihre eigenen wirtschafts- und lohnpolitischen Konzepte ins Spiel zu bringen.

Vom Werk Phoenix wird berichtet:"
DER BETRIEB WEITERVERARBEITUNG AUF DEM HÖRDER WERK EIN ZUCHTHAUS?

Mit den Worten: 'Was, in das Zuchthaus wollt Ihr?', empfing ein Pförtner vor einigen Tagen acht Schweißer, die aus dem Stahlbau der Westfalenhütte an den Betrieb Weiterverarbeitung auf dem Phoenix verliehen wurden. Die Kollegen aus dem Stahlbau - ohnehin schon sauer darüber, daß sie im Zeichen der 'Rationalisierung' hin- und herfliegen - waren ob dieses Empfangs noch mehr sauer. Daß es in dem Betrieb Weiterverarbeitung in der Vergangenheit großen Ärger gab, ist allgemein bekannt. Durch die Tätigkeit des Betriebsrates wurde einiges verändert. Aber offensichtlich sind die Zustände in diesem Betrieb immer noch so, daß sie einem Zuchthaus ähnlicher sind als einem 'mitbestimmten' Betrieb.

Darum empfehlen wir dem Betriebsrat, sich noch einmal gründlich mit dem Betrieb Weiterverarbeitung zu befassen. Im übrigen häufen sich die Klagen von Kollegen, die innerhalb des Konzerns hin- und hergeschoben werden. Ohne Zweifel bringt dieser Zustand für viele Kollegen eine Reihe Nachteile, die nach unserer Meinung eine Ausgleichszulage erhalten müßten. Denn die Fusionierung sollte doch nicht nur den Aktionären Vorteile und für die Arbeiter zusätzliche Belastungen bringen."

Der letzte Artikel ist eine:"
TRAURIGE BILANZ

Allein im Mai bisher zwei Unfalltote auf der Westfalenhütte. Nachdem am 2. Mai bei einem Unfall vier Elektriker teilweise schwer verletzt wurden, verunglückte etwas später der Koll. Bruno Brause tödlich. Er hatte am Hochofen Gichtgas eingeatmet. In der vergangenen Woche verunglückte im Walzwerk I der Koll. Dieter May tödlich (vgl. Juni 1969,d.Vf.) Obwohl die genauen Ursachen für diese gräßlichen Unfälle noch untersucht werden, kann jetzt schon gesagt werden, daß die immer größer werdende Arbeitshetze eine beträchtliche Unfallquelle ist. Die Produktion wird immer höher getrieben, Arbeitsplätze werden eingespart und an allen Ecken und Kanten wird rationalisiert.

Kosten senken, um die Profite zu erhöhen, das ist die Devise, der alles untergeordnet wird. Dabei gerät die Unfallsicherheit natürlich unter den Schlitten. Die ausgeklügelten Sicherheitsvorschriften nutzen wenig, wenn vom Vorstandsvorsitzenden ausgehend alles auf Tonnen getrimmt wird.

Wie sich diese Tonnenideologie in der Praxis auswirkt, dafür ein Beispiel aus dem neuen Blasstahlwerk in Hörde. Vor etwa 14 Tagen war in diesem Betrieb eine Gasleitung undicht. Das ausströmende Gas behinderte die Kranführer derart in ihrer Arbeit, daß sie die Kräne stillsetzten und die Beseitigung der Unfallquelle forderten. Eine Messung des Gasgehaltes in den Fahrerkörben ergab angeblich einen solchen Wert, daß nach Auffassung der Verantwortlichen eine Gesundheitsschädigung nicht zu befürchten sei.

Die Maschinisten, denen übel war, weigerten sich dennoch, zu fahren. Damit nur ja die Tonnen stimmten, mußten dann Kollegen aus der Werkstatt die Kräne weiter fahren. Zum Glück ist keinem dieser Kollegen etwas passiert.

Aber muß das Kind denn immer erst in den Brunnen fallen?

Nach unserer Meinung ist die Höhe der Produktion in erster Linie so zu bemessen, daß sie entsprechend der Zahl der Arbeitskräfte in einem vernünftigen Tempo - ohne Überstunden und Arbeitshetze - erreicht werden kann.

Die gegebenen Möglichkeiten der Mitbestimmung in dieser Richtung auszuschöpfen, wäre eine sinnvolle, im Interesse der Unfallsicherheit liegende Aufgabe des Betriebsrates und der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat."

Geworben wird für die 'UZ' der DKP.
Quellen: IMSF:Die Septemberstreiks 1969,Frankfurt Nov. 1969;
Heisse Eisen,Dortmund o.J. (Mai 1969)

01.05.1969:
Die DKP berichtet von Hoesch Dortmund:"
DIE PROFITGIER DER AKTIONÄRE KENNT KEINE GRENZEN

Selbst in der Nacht des 1. Mai, dem internationalen Kampftag der Werktätigen, sollte die Produktion auf Hochtouren laufen. In der Belegschaft und unter den Betriebsräten gab es erregte Diskussionen über diese unverschämte Forderung.

Viele Kollegen vertreten den richtigen Standpunkt, daß der 1. Mai für die Arbeiter viel zu bedeutungsvoll ist, als daß er den Interessen des Kapitals geopfert werden kann. Die beste Antwort bekamen die Manager des Konzerns von den Maschinisten im Stahlwerk III der Westfalenhütte: Diese Kollegen waren nicht bereit, für einen 'Judaslohn' der Überstunden- und Feiertagsprozente mit der Arbeitertradition, nach der am 1. Mai nicht gearbeitet wird, zu brechen. An diesem Verhalten der Maschinisten aus dem Stahlwerk sollten wir uns alle ein Beispiel nehmen.

Doch die Profitgier der Aktionäre ist und bleibt unersättlich. Nach der Devise: für uns den Pfennig, für sie die Mark verlangen sie heute Überschichten, Feiertagsarbeit und Rationalisierung, um uns morgen zu Opfern ihrer anarchistischen Wirtschaftspolitik zu machen.

Darum, Kollegen, immer daran denken, die Solidarität des Arbeiters ist eines der wichtigsten Mittel, um der Profitgier der Aktionäre erfolgreich zu begegnen.

Der 1. Mai war, ist und bleibt ein Tag der Arbeiter und nicht der Arbeit!"
Quelle: Heise Eisen,Dortmund o.J. (Mai 1969),S.5

29.05.1969:
Die DKP bringt die Nr.9 ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 22.5.1969, 5.6.1969). Auf S.6 heißt es:"
HOESCH WILL KOOPERIEREN

Der Vorstandsvorsitzende der Hoesch AG, Dr. Harders, hat auf der Hauptversammlung des Konzerns betont, daß Gespräche über weitere Kooperationen mit anderen Konzernen (Rheinstahl) stattfinden. Er versicherte aber: Hoesch werde sich nicht aus Dortmund zurückziehen. Der Konzern konnte im 1. Geschäftshalbjahr 1969 seinen Umsatz (ohne Bergbau) um 15 v.H. erhöhen."
Quelle: Unsere Zeit NRW Nr.9,Essen 29.5.1969

31.05.1969:
Die DKP berichtet von Hoesch Dortmund über ihre Ansicht, daß die Tonnenideologie die Unfallgefahr erhöhe:"
Hier ein weiterer Beweis für unsere Behauptung:
UMSICHTIGE KOLLEGEN VERHINDERN AUF DER WESTFALENHÜTTE UNFALL!

Am 31.5.1969 hatte der Hochofen VI der Westfalenhütte für zwei Stunden Stillstand. Vorarbeiter Fischer von der Masch. Abteilung wollte mit zehn Kollegen Vorbereitungen für eine später durchzuführende Großreparatur treffen.
Die Kollegen von der Masch. Abt. meldeten sich vorschriftsmäßig bei den Ofenleuten und dem Maschinisten des Hochofens VI ab. Denn bekanntlich darf niemand die Gicht betreten, wenn der Ofen gefahren wird, es sei denn, mit einem Gasschutzgerät.
Die Kollegen begannen dann auf der Gicht und im Beisein des Betriebsleiters Seitenbecher mit ihrer Arbeit.
Noch während die Kollegen auf der Gicht arbeiteten, gab der Obermeister Timens die Anweisung, den Ofen wieder voll zu fahren. Der Maschinist weigerte sich zunächst, voll zu fahren, weil die Kollegen der Maschinenabteilung seiner Meinung nach noch auf der Gicht waren.

Obermeister Timens sagte: 'Die sind schon runter, laß gehen!' Nach dieser Versicherung fuhr der Maschinist den Ofen voll an.

Ihr könnt Euch vorstellen, Kollegen, was auf der Gicht los war. Der Kollege Klaus Kattner konnte sich gerade noch vor dem sicheren Tod retten. Den anderen Kollegen erging es nicht viel anders. Der Herr Seitenbecher verlor ein wenig den Kopf und rannte in die falsche Richtung, in der die Gefahr noch größer war. Nur der Umsicht der Kollegen ist zu verdanken, daß Herr Seitenbecher schließlich den richtigen, den rettenden Weg fand.

Nun könnte man den Obermeister Timens sehr leicht die Schuld in die Schuhe schieben. Aber das wäre doch wohl zu einfach. Die tieferen Ursachen für solche Unfälle liegen eben in dem Bestreben des Vorstandes, jede Gelegenheit zu nutzen, um Profit zu machen.
So ist das im Kapitalismus: in der Konjunktur wird alles an Aufträgen mitgenommen, was sich bietet, ohne Rücksicht darauf, unter welchen Umständen gearbeitet werden muß. Wir können uns jedenfalls vorstellen, daß der Obermeister Timens die Anweisung gab, den Ofen VI voll zu fahren, weil er Angst hatte, einen größeren Produktionsausfall entstehen zu lassen.

Das Motto, 'Nimm, was du kriegen kannst', darf darum nicht länger das Leitmotiv für die Höhe der Produktion sein.

Der Betriebsrat, die Vertrauensleute und die Gewerkschaft müssen Einfluß nehmen auf die Höhe der Produktion und sich dabei leiten lassen von der Sicherheit am Arbeitsplatz und der Gesundheit der Kollegen."
Quelle: Heisse Eisen Sdr.Nr.,Dortmund o.J. (Juni 1969),S.15f

Juni 1969:
Bei Hoesch Dortmund gibt die DKP, laut IMSF im Juni, eine Sondernummer ihrer 'Heissen Eisen' (vgl. Mai 1969, 28.7.1969) mit 16 Seiten DIN A 5 heraus:"
Kolleginnen und Kollegen!

In dieser Sonderausgabe von HEISSE EISEN geben wir Euch Gelegenheit, im Original Kenntnis zu nehmen von einem fast geheimen Bericht des ebenso geheimnisvoll arbeitenden 'Arbeitskreis Personalbeurteilung'. Ein 'günstiger Wind' wehte uns diesen Bericht auf den Tisch. Wir Kommunisten sind der Auffassung, daß es keine Geheimniskrämerei geben darf, besonders dann nicht, wenn es um die Belange der Arbeiter und Angestellten geht. Unter Mitbestimmung verstehen wir, daß auch eine solche Frage wie die Personalbeurteilung von Anfang an unter aktiver Beteiligung der Belegschaft behandelt wird. Selbstverständlich muß die Belegschaft das letzte Wort haben und nicht das Direktorium. Nun zu dem heißen Eisen der Personalbeurteilung selbst".

Im Faksimile wird folgender Text abgedruckt:"
Dortmund, 21. Februar 1969
Pers Ka/Gi
D Dä
D He
über D Si
D St
D Wo

BETR.: PERSONALBEURTEILUNG

Der am 15. Mai 1968 vom Direktorium berufene 'Arbeitskreis Personalbeurteilung' legt als Ergebnis seiner Arbeit einen Beurteilungsbogen mit situativen Beschreibungen vor (Anlage 1).

Der Beurteilungsbogen ist in den Maschinenbetrieben und in den Walzwerken Phoenix getestet worden. Über den Test haben die Herren Dr. Mayer, Risse und Dr. Galle am 22.1.1969 im Arbeitskreis Personalbeurteilung berichtet. Die Ergebnisse wurden anschließend diskutiert. Die Niederschrift über diese Sitzung ist als Anlage 2, die den Sitzungsteilnehmern vorher ausgehändigten schriftlichen Berichte bzw. Unterlagen sind als Anlagen 3 - 5 beigefügt.

Am 18.2.1969 haben die Herren Dr. Mayer, Wiegel und Dr. Galle im Hauptausschuß über die Tests berichtet. Anschließend wurde das Problem der Personalbeurteilung mit den Betriebsräten besprochen.

Nach Beendigung der Vorarbeiten und nach Abstimmung mit dem Arbeitskreis Personalbeurteilung und dem Hauptauschuß bitten wir das Direktorium, der Einführung einer systematischen Personalbeurteilung nach folgenden Gesichtspunkten zuzustimmen:

1. ZIELE DER SYSTEMATISCHEN PERSONALBEURTEILUNG

Die systematische Personalbeurteilung dient folgenden Zielen:
1.1. Dokumenatrische Feststellung der Qualifikation und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter im Interesse eines optimalen Arbeitseinsatzes.
1.2. Vorbereitung personeller Entscheidungen.
1.3. Langfristige Laufbahnplanung für förderungswürdige Mitarbeiter.
1.4. Die systematische Personalbeurteilung soll den Vorgesetzten ein wichtiges Führungsmittel sein. Gleichzeitig soll sie den Mitarbeitern zeigen, was ihre Vorgesetzten von ihnen halten und damit zur Offenheit und zur vertrauensvollen Zusammenarbeit beitragen."

Die DKP führt dazu aus:"
Hört, hört: das Problem der Personalbeurteilung wurde mit den Betriebsräten besprochen. Wenn das stimmt, hätten die Betriebsräte gut daran getan, sofort die gesamte Belegschaft, die Vertrauensleute und die Gewerkschaft umfassend zu informieren und aufzuklären, denn die Ziele der Personalbeurteilung lassen nichts Gutes hoffen. Die Leistungsfähigkeit der 'lieben Mitarbeiter' soll dokumentarisch festgehalten werden? Als ob die Leistungsfähigkeit der Hüttenbelegschaften nicht schon tausendmal unter Beweis gestellt worden wäre. Mit immer weniger Belegschaft eine immer höhere Produktion, Leistungssteigerungen am laufenden Band - aber immer noch Unzufriedenheit bei den Aktionären über die zu niedrige Dividende. Personelle Entscheidungen sollen vorbereitet werden. Auf gut deutsch heißt das: bei der nächsten Krise oder bei 'Reduzierung' der Belegschaft aus Gründen der Rationalisierung können - wie aus einem Katalog - diejenigen Kollegen ausgesucht werden, deren leistungsfähigkeit nicht den Ansprüchen der Aktionäre genügt. Dieses System soll dann noch verfeinert werden, denn alle Kollegen - wie bei einer Bullenparade oder beim Sklavenhandel - an dem Arbeitskreis Personalbeurteilung vorbeimarschieren zu lassen, wäre zu plump. Darum wurde die Personalbeurteilung erfunden. Aber im Grunde geht es um das Gleiche: um den optimalen (d.h. am meisten Gewinn bringenden) Arbeitseinsatz. das geht auch aus dem weiteren Text des Berichtes hervor.

Lediglich aus finanziellen Gründen verzichten wir darauf, alle Einzelheiten darüber, wie sich der Arbeitskreis Personalbeurteilung die Sache vorstellt, zu veröffentlichen.

Und nun weiter im Text - im Originaltext: (wieder als Faksimile,d.Vf.)

2. PERSONENKREIS

Im Interesse einer planvollen und umfassenden Personalpolitik muß eine systematische Personalbeurteilung grundsätzlich alle Belegschaftsmitglieder einbeziehen. Zunächst sollte sie jedoch für einen begrenzten Personenkreis eingeführt werden. Man kann auf diese Weise besser Erfahrungen sammeln und das System ggf. verfeinern. Es liegt nahe einen Personenkreis auszuwählen, bei dem verhältnismäßig oft und für das Unternehmen sowie die Belegschaftsmitglieder wichtige personelle Entscheidungen zu treffen sind. Daher wird vorgeschlagen, mit folgenden Personenkreisen zu beginnen:
2.1. kaufmännischer und technischer Führungsnachwuchs einschließlich jüngerer Betriebs- und Abteilungsleiter bis zu etwa 40 Jahren;
2.2. Meisternachwuchs (kann den Betrieben evt. freigestellt werden);

Später sollte die systematische Personalbeurteilung schrittweise auf alle Gehaltsempfänger und soweit zweckmäßig auch auf Mitarbeiter im Lohnverhältnis ausgedehnt werden.

3. DURCHFÜHRUNG DER SYSTEMATISCHEN PERSONALBEURTEILUNG

Der unmittelbare Vorgesetzte füllt den Beurteilungsbogen aus und unterschreibt. Die situativen Beschreibungen dienen ihm dabei als Hilfsmittel. Der nächsthöhere Vorgesetzte prüft die Beurteilung und unterschreibt, sofern er von der Richtigkeit der Beurteilung überzeugt ist, den Bogen ebenfalls. Ist er anderer Meinung als der Beurteilende, wird ein Gespräch mit diesem zu führen sein. Dabei kann es unter Umständen zu einer Korrektur des Urteils kommen.

Anschließend hat der Beurteiler mit dem Beurteilten ein Beurteilungsgespräch zu führen. Dabei muß der Vorgesetzte sein Urteil begründen. Der Beurteilte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme. Dadurch wird der Vorgesetzte ggf. veranlaßt, sein Uretil zu korrigieren.

Anschließend unterschreibt der Beurteilte die Beurteilung zum Zeichen der Kenntnisnahme.

Die Beurteilung sollte für den unter Tz. 2 vorgesehenen Personenkreis in den ersten drei Jahren jährlich, danach alle zwei Jahre vorgenommen werden.

ZEITABLAUF FÜR DIE EINFÜHRUNG DES BEURTEILUNGSSYSTEMS

4.1. Bis zum 15. April 1969 sollten die Abteilungen und Betriebe den zu beurteilenden Personenkreis und die Beurteiler festlegen.

4.2. Im Laufe der Monate April/Mai sollten die durch die Betriebe benannten Beurteiler unter Mitwirkung von Dr. Galle in das System der Personalbeurteilung eingeführt und auf ihre Aufgabe vorbereitet werden.

4.3. Im Juni 1969 sollte mit der systematischen Personalbeurteilung begonnen werden. Spätestens im September 1969 sollte der durch die Betriebe und Abteilungen festgelegte Personenkreis beurteilt sein.

4.4. Anfang 1971 sollten die Erfahrungen ausgewertet werden. Die systematische Personalbeurteilung sollte dann unter Berücksichtigung dieser Erfahrungen auf alle Belegschaftsmitglieder - soweit zweckmäßig - ausgedehnt werden."

Im Beurteilungsbogen werden mit einer Bewertungsskala von 1 bis 10 folgende zu beurteilenden Punkte aufgeführt:"
1. Fachtheoretisches Wissen
2. Betriebspraktische Erfahrungen und ihre Anwendung
3. Leistungsbereitschaft
4. Qualität der Arbeitsleistung
5. Quantität der Arbeitsleistung
6. Dispositionsfähigkeit
7. Verantwortungsbereitschaft
8. Bereitschaft zur Zusammenarbeit
9. Wirtschaftliches Handeln
10. Führungsverhalten".

In einem weiteren Bogen heißt es:"
B. Entwicklungsstand und Förderungswürdigkeit

1. Eignung für den gegenwärtigen Arbeitsplatz ja / nein
a) Bei Verneinung: Welches Arbeitsgebiet wird empfohlen?
b) Bei Bejahung: Für welche Arbeitsgebiete erscheint der Beurteilte ebenfalls / besser geeignet?
c) Besitzt er Fertigkeiten, die am gegenwärtigen Arbeitsplatz nicht beansprucht werden?

2. Entwicklungsstand ansteigend / gleichbleibend / nachlassend
Begründung

3. Bildungsbemühungen (fachlich und allgemein)

4. Förderungswürdigkeit
a) Eignung für den Aufstieg sofort / später / nicht geeignet / kann noch nicht beurteilt werden
b) Für welche Position erscheint der Beurteilte geeignet? (Begründung)
c) Werden besondere Maßnahmen zur Förderung vorgeschlagen? ja / nein
Welche?

5. Äußere Erscheinung, Auftreten und Umgangsformen".

Aus den Erläuterungen zum Beurteilungsbogen werden folgende Auszüge nachgedruckt:"
4. QUALITÄT DER ARBEITSLEISTUNG

10 Die Qualität der geleisteten Arbeit geht über die zu stellenden Erwartungen hinaus. Die Aufgabe wird immer sehr zuverlässig erfüllt mit Sinn für äußerste Sorgfalt und größte Genauigkeit.
8 An der geleisteten Arbeit ist qualitativ nur selten etwas auszusetzen. Auftretende Fehler werden selten nicht bemerkt und nicht korrigiert. Die Aufgabe wird in der Regel zuverlässig erfüllt mit Sinn für Sorgfalt und Genauigkeit.
? (keine Angabe in der Vorlage,d.Vf.) Die Qualität der geleisteten Arbeit ist brauchbar. Auftretende Fehler werden im allgemeinen korrigiert. Die Zuverlässigkeit bei der Durchführung entspricht den normalerweise zu stellenden Anforderungen.
3 Die Qualität der geleisteten Arbeit entspricht häufig nicht den zu stellenden Anforderungen. Das Auftreten von Fehlern läßt jedoch nach, wenn darauf hingewiesen wird. Die Aufgabe wird etwas großzügig wahrgenommen, ohne besonderen Sinn für Genauigkeit.
1 Die Qualität der geleisteten Arbeit entspricht in keiner Weise den zu stellenden Anforderungen. Das Auftreten von Fehlern läßt sich auch durch Belehrung nicht reduzieren. Die Aufgabe wird gleichgültig und unzuverlässig wahrgenommen, ohne Sinn für Sorgfalt und Genauigkeit.

5. QUANTITÄT DER ARBEITSLEISTUNG

10 Er arbeitet sehr schnell. Es geht alles sehr flott von der Hand. Es wird stets die jeweils höchstmögliche Menge ohne Überhastung fix geschafft.
8 Er arbeitet schnell. Die Arbeit geht in der Regel flott von der Hand. Die jeweils mögliche Menge wird meistens ohne Überhastung fix geschafft.
6 - 5 Er schafft eine durchschnittliche Leistungsmenge entweder bei gleichmäßigem, aber nicht schnellem Tempo oder bei überhastetem, aber nicht gleichmüßigem Tempo.
3 Er arbeitet langsam und braucht zu allem etwas mehr Zeit, wenn er auch beständig bei der Sache bleibt. Die durchschnittlich zu erwartende Mengenleistung erbringt er nicht ganz.
1 Er arbeitet sehr langsam. Nichts kommt recht vorwärts. Die zu erwartende Mengenleistung wird bei weitem nicht erbracht.

6. DISPOSITIONSFÄHIGKEIT

10 Er arbeitet stets selbständig nach klarem, durchdachtem Plan. Hat Spürsinn für das Wesentliche. Merkt sofort, wie die jeweilige Aufgabe (Plan) der gegebenen Situation optimal anzupassen ist.
8 Er arbeitet in der Regel nach durchdachtem Plan und mit Überlegung. Merkt in der Regel schnell, wie die jeweilige Aufgabe der Situation anzupassen ist.
6 - 5 Wenn ihm Orientierungshilfen gegeben werden, kann er die Arbeit planmäßig durchführen. Er vermag die jeweilige Aufgabe im allgemeinen der Situation genügend anzupassen.
3 Er kann unter Anleitung die Arbeit planen und mit Unterstützung den Auftrag ausführen. Er braucht in der Regel Hilfe, um das Wesentliche zu erfassen. Ist im allgemeinen schwerfällig bei der Erfassung der jeweiligen Situation.
1 Er arbeitet ohne Überlegung. Kann nicht planen und vorausdenken. Erfaßt nicht das Wesentliche.

7. VERANTWORTUNGSBEREITSCHAFT

10 Er ist stets bereit, die volle Verantwortung zu tragen. Dabei ist er sich über die Folgen, die aus dem eigenverantwortlichen Handeln entstehen können, voll im klaren. Er bekennt sich zu den Entscheidungen, die er getroffen hat, auch wenn sie falsch waren, ohne unsachliche Entscheidungen anzuführen.
8 Er ist bereit, Verantwortung zu tragen, und ist sich in der Regel über die Folgen im klaren. Meistens bekennt er sich zu den von ihm getroffenen Entscheidungen, auch wenn sie falsch waren, ohne unsachliche Entschuldigungen anzuführen.
6 - 5 Verantwortung wird getragen. Die Folgen des eigenverantwortlichen Handelns erkennt er ausreichend klar. Er bekennt sich im allgemeinen zu seinen Entscheidungen, sucht aber, wenn sie falsch waren, in äußeren Umständen eine Entschuldigung.
3 Er trägt nur ungern Verantwortung; lieber überläßt er sie anderen. Er bekennt sich ungern zu den Entscheidungen, die er getroffen hat; wenn sie falsch waren, sucht er nach Ausflüchten. ODER: Er trägt gern Verantwortung, allerdings ohne sich immer über die Folgen ganz klar zu sein. Er nimmt es mit der Verantwortung etwas zu leicht.
1 Er trägt keine Verantwortung und bekennt sich nicht zu den Entscheidungen, die er getroffen hat.

9. WIRTSCHAFTLICHES HANDELN

10 Er arbeitet stets wirtschaftlich. Er erkennt stets Rationalisierungsmöglichkeiten und leitet die notwendigen Maßnahmen zu ihrer Durchführung mit Nachdruck ein.
8 Er strebt an, immer wirtschaftlich zu arbeiten, Rationalisierungsmöglichkeiten zu erkennen und die notwendigen Maßnahmen zur Durchführung einzuleiten.
6 - 5 Er arbeitet im allgemeinen wirtschaftlich, erkennt im allgemeinen Rationalisierungsmöglichkeiten und leitet, wenn auch nicht immer mit besonderem Nachdruck, die notwendigen Maßnahmen zu ihrer Durchführung ein.
3 Er arbeitet häufiger unwirtschaftlich; er ist weniger bemüht, Rationalisierungsmöglichkeiten zu erkennen und notwendige Maßnahmen zu ihrer Durchführung einzuleiten.
1 Er arbeitet unwirtschaftlich und erkennt kaum Rationalisierungsmöglichkeiten.

10. VERHALTEN ALS FÜHRUNGSKRAFT

10 Er besitzt eine fundierte Autorität, hat ein gutes persönliches Verhältnis zu seinen Mitarbeitern und setzt sich für sie ein. Er versteht es, sie für ihre Arbeit zu begeistern, und gibt ihnen auch selbständige Aufgaben. Er leitet sie fachlich sehr gut an, beurteilt sie zutreffend, ist bereit, ihre Leistungen anerkennen, scheut aber auch nicht, Beanstandungen auszusprechen.
8 Er wird von seinen Mitarbeitern als Fachmann und als Mensch geschätzt, fördert seine Mitarbeiter und persönlich, zeigt dabei gutes Verständnis für ihre starken und schwächeren Seiten. Er sorgt für gute Zusammenarbeit in der Gruppe.
6 - 5 Er hat genügend persönliches Verständnis für seine Mitarbeiter, führt sie aber vor allem als Fachmann und überzeugt sie von der Sache her. Seine Mitarbeiter fördert er, wenn man ihm Möglichkeiten hierfür zeigt.
3 Er wird von seinen Mitarbeitern als Fachmann akzeptiert, findet aber zu ihnen wenig persönlichen Zugang. Daher liegt ihm pädagogisches Eingehen auf den einzelnen weniger. Vielmehr überträgt er Maßstäbe, die er an sich selbst legt, zu unbesehen auf seine Mitarbeiter. ODER: Ist bei seinen Mitarbeitern beliebt. Er möchte es mit keinem verderben und versteht es, sich mit jedem einzelnen gut zu stellen. Es fehlt seiner Führung aber an der nötigen Straffheit und Zielbestimmtheit.
1 Ist zu sehr auf seine eigene Arbeit eingeengt und kann sein Wissen und seine Erfahrungen nur schwer weitergeben. Er fordert von seinen Mitarbeitern Leistungen, vermittelt ihnen aber nicht die nötigen Voraussetzungen. ODER: Er führt unsicher. Er schwankt zwischen Anbiedern und Herausstellung seiner Dienstgewalt. Neigt dazu, Verantwortung auf seine Mitarbeiter abzuwälzen."

Die DKP meint dazu:"
So sieht es also aus, das Schmuckstück einer ach so freien marktwirtschaftlichen Ordnung! Wie sagte doch der Hoesch-Vorstandsvorsitzende Dr. HARDERS auf der letzten Aktionärsversammlung, als es um das Röhrengeschäft ging: 'Seien Sie sicher, daß auch wir unsere Finger überall drinhaben." Die Finger überall drin zu haben, wo es um Geschäfte geht, das ist das Prinzip dieser kapitalistischen Ordnung, in der nicht die Arbeiter, sondern die Großunternehmer die ersten Männer im Staate sind. DAS MUSS NICHT SO BLEIBEN.

Die Sache mit der Personalbeurteilung kann durch einheitliches Auftreten der Belegschaft und mit Hilfe der Vertrauensleute und Betriebsräte vom Tisch gefegt werden. Dazu genügt es allerdings nicht, nur schöne Reden über 'mitbestimmte Betriebe' zu halten.

HIER MÜSSTE DURCH ERNEGISCHE MASSNAHMEN DER GESAMTEN BELEGSCHAFT, HAND IN HAND MIT GEWERKSCHAFT UND BETRIEBSRAT GEHANDELT WERDEN UNTER DER LOSUNG:

WEG MIT DER PERSONALBEURTEILUNG!"

Gefragt wird:"
ZUCHTHAUS ODER NICHT?

Der Artikel über den Betrieb Weiterverarbeitung in Hörde - HEISSE EISEN berichtete in der letzten Ausgabe darüber - hat einige Aufregung verursacht. Damit es kein Mißverständnis gibt, es geht uns nicht darum, jemanden etwas am Zeuge zu flicken. Es geht uns darum, auf Mißstände aufmerksam zu machen und den Kollegen bei der Durchsetzung ihrer Forderungen zu helfen. Daß es im Betrieb Weiterverarbeitung Mißstände gibt, beweist nachfolgende Zuschrift eines Kollegen:

'Bis vor einer geraumen Zeit wurde bei uns in der Großschweisserei im Akkord gearbeitet. Nach der Zusammenlegung unserer drei Werke wurde allerdings im Zuge der Rationalisierung auch der Akkord abgeschafft. Nun arbeiten die Kollegen im Stundenlohn mit einem Verdienst von 5,43 DM/Std. Ein Betriebsfremder könnte der Meinung sein, daß sich die Kollegen damit arbeitsmäßig verbessert hätten. Aber genau das Gegenteil ist eingetreten. Dadurch, daß jetzt die prozentualen Akkordzuschläge sofort abgezogen werden, gibt es selbstverständlich auch niedrigere Vorgabezeiten, die nur bei äußerster Anstrengung eingehalten werden können. Nun hätten die Kollegen, da sie im Stundenlohn arbeiten, langsamer arbeiten können. Da ist aber sofort die Betriebsleitung hergekommen und hat verlauten lassen, daß den Kollegen, die des öfteren die Vorgabezeiten nicht einhalten, die Leistungsprämie von 21 Pfg. abgezogen werden könnte. Das hat zur Folge, daß nun sogar mehr geleistet werden muß als damals im Akkord. Nach meiner Ansicht ist damit der Ausbeutungsgrad noch gesteigert worden. Die Materialstärke der zu schweißenden Werkstücke liegt ungefähr zwischen 25 mm und 50 mm. Das bedeutet, daß auch mit 5 mm oder 6 mmm dicken Elektroden elektrisch geschweißt wird. Erfahrungsgemäß wird dadurch die Schweißzange schnell heiß, so daß man sie nicht mehr halten kann. Um nun keine Pause hinnehmen zu müssen, nur um die Zange abzukühlen, koppeln die Kollegen gleich zwei Schweißzangen an das Schweißkabel. Daran sieht man, daß ein Zeitrückstand innerhalb der Vorgabezeit kaum aufzuhalten ist. Das ging sogar so weit, daß Kollegen etwa 15 Minuten über ihre reguläre Arbeitszeit von 8 Stunden unbezahlt weiterarbeiteten, um nur die vorgesehene Zeit einzuhalten, da sonst der Abzug der Leistungsprämie zu befürchten war.'

SOWEIT der Bericht des Kollegen. Wir meinen, er unterstreicht unsere Auffassung, daß der Betriebsrat sich erneut mit den Zuständen im Betrieb Weiterverarbeitung beschäftigen sollte."

Danach heißt es (vgl. Mai 1969):"
Uns erreichte folgende ungeheuerliche Information:

Am Tage der Beisetzung des Kollegen Dieter MAY verlangte der Vater des Verunglückten die Öffnung des Sarges, um noch einmal seinen Sohn zu sehen. Diese Bitte des Vaters wurde zunächst hartnäckig verweigert. Erst nach langen Verhandlungen wurde der Sarg geöffnet. Sofort wurde klar, warum man sich vorher geweigert hatte, die Bitte des Vaters zu erfüllen. Kollege Dieter May lag so im Sarg, wie man ihn vom Unfallort transportiert hatte - dreckig und im Arbeitsanzug.

War Dieter May erst ein Opfer der sich ständig steigernden Antreiberei zu Gunsten niedrigerer Kosten und hoher Profite, so wurde er nach seinem Tode Opfer eines Höchstprofite heischenden Beerdigungsinstituts. Wie heißt es doch in dem werkseigenen Nachruf: Wir werden sein Andenken stets in Ehren halten.

Eine nette Ehre - oder?"

Aufgerufen wird "Macht mal Politik! Wählt ADF."
Geworben wird für die 'UZ', eingeladen zur Mitarbeit und zum Besuch im eigenen Informationszentrum Osterholzstr. 27. In eigener Sache heißt es:"
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Eine Reihe von Stellungnahmen und Rückfragen beweisen, daß die Betriebszeitung unserer Partei ein gutes Echo in der Belegschaft des Hoesch-Konzerns gefunden hat. Daß wir unserem Namen gerecht werden und in der Tat 'heiße Eisen' anfassen, soll keine Augenblickserscheinung sein, sondern wir haben uns die Aufgabe gestellt, das auch in Zukunft mit Eurer Hilfe zu tun. Wir sind deshalb in jeder Hinsicht für Hinweise und Anregungen dankbar und bereit, Artikel und Meinungen, die aus der Belegschaft kommen, zu berücksichtigen. Bereits nach unseren ersten beiden Ausgaben erhielten wir Anregungen von einer ganzen Anzahl Kollegen, für die wir uns auf diesem Wege nochmals herzlich bedanken.

Die Hauptaufgabe unserer Zeitung ist und bleibt jedoch, den Kolleginnen und Kollegen durch das Aufzeigen von Übeln und Mißständen sowie den Absichten der Konzerngewaltigen mit den Weg zu weisen, der hilft, die Lage im Betrieb positiv zu verändern. Deshalb genießt unsere Zeitung auch nicht die Gegenliebe der Unternehmer. Uns bleiben Zuwendungen aus dem Fonds der Unternehmer-Millionen verschlossen, denn wir unterstützen die Unternehmerabsichten nicht, sondern wir decken sie solidarisch zur Hoesch-Belegschaft auf. Wir machen das gern, denn wir sind Bestandteil der Belegschaft, sind Eure Arbeitskameraden, Eure Kollegen. Deshalb bitten wir Euch: Übt zu HEISSE EISEN Solidarität, denn die Herstellung kostet leider auch Geld. Unsere Bitte geht dahin: unterstützt uns mit Solidaritätsbeiträgen bei der Finanzierung von HEISSE EISEN. Helft alle mit, unsere Zeitung - die ja auch Eure Zeitung ist - noch aktueller und betriebsnaher zu gestalten.

Auf gute Zusammenarbeit"

Von Phoenix wird berichtet:"
TONNENIDEOLOGIE UND UNFALLGEFAHR

Betriebsräte und Kollegen des Hörder Werkes haben sich kritisch zu unserer letzten Ausgabe von HEISSE EISEN geäußert. Der Bericht über den Gasausbruch im Blasstahlwerk sei unsachlich, niemand wisse etwas von dem Vorfall, und wir hätten doch wohl sehr auf den Putz geklopft. Wir versichern noch einmal, daß sich die Angelegenheit so zugetragen hat, wie HEISSE EISEN berichtete. Selbstverständlich sind wir gern bereit, zu berichtigen oder Stellungnahmen von Kollegen und Betriebsräten zu der Sache im Blasstahlwerk zu veröffentlichen.

Wir bleiben jedenfalls dabei: die Tonnenideologie erhöht die Unfallgefahr."

Als Beleg für diese These wird von der Westfalenhütte berichtet (vgl. 31.5.1969).
Quellen: IMSF:Die Septemberstreiks 1969,Frankfurt Nov. 1969;
Heisse Eisen Sdr.Nr.,Dortmund o.J. (Juni 1969)

04.06.1969:
Bei Hoesch Dortmund findet, laut DKP, eine Belegschaftsversammlung statt.
Quelle: Unsere Zeit NRW Nr.11,Dortmund 12.6.1969,S.9

05.06.1969:
Die DKP gibt die Nr.10 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 29.5.1969, 12.6.1969). Eingegangen wird auf Seite 10 auch auf die 'Heissen Eisen' bei Hoesch Dortmund, die sich mit den tödlichen Unfällen befaßte (vgl. Mai 1969), wozu es u.a. heißt:"
Diese Ausgabe von 'Heiße Eisen' wurde von der 'Westdeutschen Allgemeinen Zeitung' (WAZ) in Dortmund aufmerksam registriert. Vor allem die Angriffe gegen den Hoesch-Manager Dr. Dr. HARDERS zitiert das Blatt in seiner Meldung. In 'Heiße Eisen', die in knallrotem Umschlag erscheint, wird Hüttendirektor Harders als 'ein moderner Manager mit gefährlichem Einfluß' bezeichnet."
Quelle: Unsere Zeit NRW Nr.10,Essen 5.6.1969

12.06.1969:
Die DKP gibt die Nr.11 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 5.6.1969, 19.6.1969). Berichtet wird aus Dortmund u.a. von Hoesch:"
HOESCH - NAME FÜR STAHL + STILLEGUNG

Trotz des gegenwärtigen Stahlbooms haben die Hoesch-Arbeiter in Dortmund genügend Anlaß zur Sorge um ihren Arbeitsplatz: Aus einer Vorstandssitzung der Hansa-Bergbau (IGBE-Bereich,d.Vf.), in der Hoesch-Direktor Dr. Harders entscheidend zu sagen hat, drangen Gerüchte nach außen. Ihnen zufolge soll in Konferenzpausengesprächen erörtert worden sein, daß die Zeche Hansa und die Kokerei nur noch für zwei Jahre Koks an die Hoesch-Hüttenproduktion liefern soll. Daraus wird geschlußfolgert, daß die Hochofenproduktion nicht, wie ursprünglich geplant, in 10 Jahren, sondern bereits in zwei Jahren auslaufen soll. Was stimmt an diesen Gerüchten? Dunkle Ahnungen knüpfen die Hoesch-Arbeiter auch an die Verlegung der Beiratssitzung von Mai auf Juli. Was soll da wieder gemauschelt werden? fragen sie. Sie hatten von dieser Beiratssitzung Klarheit für die Belegschaftsversammlung am 4.Juni erwartet.

Durch die Verlegung der Beiratssitzung wird es wieder nichts mit der Klarheit. Kein Betriebsrat, kein Vertrauensmann, kein Arbeiter weiß Bescheid, über die Zukunft, die den über 30 000 Stahl- und Walzwerkern des Hoesch-Konzerns beschieden ist.

Ihre Unruhe hat eine lange Geschichte.

- Vor drei Jahren wurde das Thomas-Stahlwerk stillgelegt. Den Arbeitern wurde versichert, daß ein neues Blasstahlwerk gebaut werden solle. Zwar würden durch das neue Blasstahlwerk und die Stillegung des Martin-Stahlwerkes 1 200 Arbeitsplätze entfallen, doch würde das vom natürlichen Abgang aufgefangen. Obwohl Pläne und Modell vorlagen, geschah nichts.

- Alle diese Pläne schienen 'gestorben' zu sein, als Hoesch mit der holländischen Hoogovens (in den Niederlanden,d.Vf.) einig wurde, im Industriegebiet Europoort bei Rotterdam ein Hüttenwerk an der Küste zu bauen. Bei Hoesch ging die zynische Parole um: 'Kollegen - Ihr müßt europäisch denken lernen.'

'UZ' WARNTE BEREITS: SKEPSIS IST ANGEBRACHT

Hoesch erklärte: Gegenüber dem Standortvorteil an der Küste ist jede in Dortmund produzierte Tonne Stahl mit 20 bis 30 DM Frachtkosten belastet. 'UZ' warnte bereits in Nr.2 (vgl. 10.4.1969,d.Vf.): 'In diesem Lichte betrachtet ist die Aussage des Hoesch-Generaldirektors Dr. Harders, die derzeitige Stahlproduktion zwischen 6 und 7 Millionen t in Dortmund langfristig aufrechtzuerhalten, mit der nötigen Skepsis zu betrachten. Das umso mehr, da Harders betonte, daß man den Hoesch-Stahl aus Rotterdam nicht nach Dortmund fahren werde.'

WAS GESCHIEHT BEI DER KLEINSTEN KRISE?

Weder der Kampf der Borussia gegen den Bundesliga-Abstieg, noch die Tatsache, daß die Stahlproduktion bei Hoesch auf vollen Touren läuft, konnte die Hoesch-Arbeiter von ihren Sorgen ablenken. 'Jetzt wollen die Herren am liebsten den Stahl noch mit Teelöffeln aus allen Ecken kratzen', erklärte uns einer, 'aber was wird später aus uns? Wenn die kleinste Krise kommt - und die kommt bestimmt - dann ist bei uns in Dortmund Hängen im Schacht. Dann machen die Herren doch nicht die neuen Anlagen in Holland dicht, sondern die alten Klamotten hier.'

'Mich würde es gar nicht wundern, wenn eines Tages Prämien für die Stillegung von Stahlwerken gezahlt würden' ergänzt ein anderer und er schlußfolgert: 'So nebenbei wollen die Chefs mit dem Bau in Holland die Mitbestimmungsrechte, die wir haben, auch noch abbauen. Das beste wäre, man nähme ihnen die Verfügungsgewalt ganz weg. Die denken nur an sich und ihren Gewinn.'"
Quelle: Unsere Zeit NRW Nr.11,Essen 12.6.1969

Juli 1969:
Vermutlich im Juli tritt bei Hoesch der stellvertretende Vorsitzende des bundesweiten Gemeinschaftsausschusses der Betriebsräte, Paul Huf zurück, der seit 1965 auch Mitglied des Aufsichtsrates war.
Quelle: Werk und Wir Nr.3,Dortmund März 1970,S.80

Juli 1969:
Die DKP berichtet vermutlich von Anfang bis Mitte Juli aus Dortmund:"
VERTRAUENSLEUTE FORDERN IN IHRER VOLLVERSAMMLUNG 15% LOHNERHÖHUNG

'Die Vertrauensleute der Hoesch Westfalenhütte verlangen, daß bei den kommenden Lohnverhandlungen der Lohntarif der eisenschaffenden Industrie zum nächstmöglichen Termin gekündigt wird.

Wir meinen, eine 15prozentige Lohnerhöhung wäre als Mindestforderung durchaus gerechtfertigt und glauben, daß mit dem Einsatz aller unserer Mittel dieses Ziel erreicht werden kann.

Die Gewinne der Konzerne sind weiter gestiegen. 27% sind hier ein enormer Zuwachs. 2,5% aber sind auf Seiten der arbeitenden Kollegen zu verzeichnen.

Die Leistungen unserer Kollegen sind bis an die Grenze des Möglichen gesteigert.

Die Lebenshaltungskosten steigen ständig.

Davon leiten wir unsere Forderung als gerecht und notwendig ab.'

Das ist der Wortlaut einer einstimmig angenommenen Entschließung der letzten Vertrauensleutevollversammlung. Der Abstimmung war eine rege Diskussion vorausgegangen. Alle Vertrauensleute gingen von der Tatsache aus, daß die Leistung der Belegschaft sehr gestiegen ist, die Aktionäre Gewinne machen wie zu keiner Zeit vorher, die Preise weiter gestiegen sind und weiter steigen und die Regierung der Großen Koalition die beste Regierung ist, die es je für die Unternehmer gab, und die Hüttenarbeiter daher auf niemanden anders als auf ihre eigene Kraft vertrauen können.

In 'Werk und Wir' werden einige aufschlußreiche Zahlen veröffentlicht. So stieg - nach 'Werk und Wir' die Hütten- und Walzwerkproduktion um durchschnittlich 12,3% in einem Jahr, während die Gesamtbelegschaft im gleichen Zeitraum um 2,5% zurückging. Wobei zu berücksichtigen ist, daß es sich beim Rückgang der Belegschaft um eine Zahl handelt, die den gesamten Konzern betrifft.

Voller Befriedigung stellt 'Werk und Wir' fest: 'Die Zahl unserer Mitarbeiter nahm trotz der starken Zunahme von Erzeugung und Umsatz weiterhin ab.'

Was liegt also näher, als die Forderung nach einer Lohnerhöhung von 15%. Klar, geschenkt werden wir eine solche Lohnerhöhung nicht bekommen. Zumal die im Bundestag vertreten Parteien und die Unternehmer Interesse daran haben, während des Wahlkampfes lohnpolitische Ruhe zu haben. Es besteht durchaus die Möglichkeit, daß diese 'lohnpolitische Ruhe' auch auf die IG Metall übertragen wird. Denn es ist ja wohl ein offenes Geheimnis, daß bei vielen IG Metall Funktionären die Neigung besteht, den Wirtschaftsminister Schiller (SPD,d.Vf.) im Wahlkampf zu schonen. Der Kollege Erich Erlenhofer machte z.B. in der Vertrauensleutevollversammlung Äußerungen in dieser Richtung! Im Interesse der Stahlarbeiter darf es keinerlei 'Schonzeit' geben! Der Tarifvertrag läuft zum 31. Oktober aus. Es müßte also sofort damit begonnen werden, um die von den Vertrauensleuten geforderten 15% zu kämpfen!

Diesen Kampf dürfen wir nicht dem Vorstand der IG Metall oder gar dem Kollegen O. Brenner allein überlassen. Da es um unsere FLÖHE geht, sollten wir uns auch selbst darum kümmern, daß wir sie bekommen!"

In der 'UZ' heißt es:"
FORDERUNG 15 PROZENT

Rund 400 Vertrauensleute der Hoesch Westfalenhütte Dortmund haben kürzlich in einer einstimmigen Entschließung die Kündigung des Lohntarifs und eine 15prozentige Lohnerhöhung gefordert. Die Vertrauensleute begründeten ihre Forderungen mit den enormen Leistungen der Arbeiter, die den Konzernen einen Gewinnzuwachs von 27 Prozent gebracht hätten. Die Löhne der Arbeiter seien indessen nur um zwei Prozent gestiegen. Großen Beifall erhielt ein Gewerkschafter, der die Forderung nach 20 Prozent Lohnerhöhung stellte. Zum gleichen Problem hat sich auch die Belegschaft der Hasper Hütte (Klöckner-Konzern (in Hagen,d.Vf.)) geäußert. Sie forderte eine Erhöhung von 12 Prozent."
Quellen: Unsere Zeit NRW Nr.16,Essen 17.7.1969,S.10;
Heisse Eisen,Dortmund o.J. (Juli 1969),S.2f

01.07.1969:
Es findet eine Aufsichtsratssitzung der Hoesch AG (Dortmund) statt, auf der u.a. über die Stillegung der Rothe Erde Werke in Olpe diskutiert werden soll.

Bei Hoesch Dortmund (vgl. 17.12.1971) berichtet die KPD über die Fusion (vgl. 1966) mit Hoogovens in den Niederlanden anhand von Äußerungen (vgl. **.**.197*) des Vorstandsvorsitzenden:"
Durch den 'Rahmenvertrag' ist bereits der erste Schritt in diese Richtung getan. Die weiteren Schritte sind schon eingeleitet, zum Beispiel auf dem Sektor Investitionen. Hören wir dazu noch einmal Harders:

'Im Juli 1969 ist der Aufsichtsrat dem Vorschlag des Vorstandes gefolgt, zunächst den Ausbau der Produktseite vorzunehmen. Das war damals und ist auch heute noch richtig, weil wir direkt mit Fertigprodukten in den Markt gehen können...'
Quellen: Express International Nr.77,Frankfurt 25.7.1969,S.6;
Kommunistische Arbeiterpresse Hoesch Nr.7,Dortmund Dez. 1971,S.4

03.07.1969:
Die DKP gibt die Nr.14 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 26.6.1969, 10.7.1969).
Berichtet wird u.a. über die SDAJ Dortmund, die in Kaufhäusern, den Berufsschulen und bei Hoesch arbeitet.
Quelle: Unsere Zeit NRW Nr.14,Essen 3.7.1969

11.07.1969:
In Dortmund erschien zu heute folgendes Flugblatt der ADF mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Hans Müller:"
AN DIE EINWOHNER DES STADTTEILS DERNE UND KIRCHDERNE
EINLADUNG

Am Freitag, dem 11. Juli 1969, um 19 Uhr 30, in der Gaststätte UNION-HAUS, Derne, Altenderner Straße,
stellt sich die ADF - das Aktions- und Wahlbündnis zur Bundestagswahl 1969 (BTW - vgl. 28.9.1969,d.Vf.), Ihnen vor.

Der für diesen Kreis benannte Kandidat zur Bundestagswahl
ROLF JÜRGEN PRIEMER
(Vorsitzender der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend)
steht Ihnen Rede und Antwort.

SIE FRAGEN - WIR ANTWORTEN

Es antworten Vertreter der im Wahlbündnis ADF stehenden Organisationen:
WILLI VÖLMECKE, SDAJ / Jugendsprecher, Mitglied der IG Metall
HANS KAISER, DKP /Betriebsrat der Hoesch-Westfalenhütte (IGM-Bereich,d.Vf.)
HEDI VELTEN, Westdeutsche Frauen-Friedensbewegung (WFFB,d.Vf.)
HANS MÜLLER, Kreisvorsitzender der ADF Dortmund / Mitglied der IGM

Die vier A - die kürzeste Formel für das Wahlkampfprogramm der ADF:
A DAS HEISST ABRÜSTUNG
A DAS HEISST ATOMWAFFENSPERRVERTRAG
A DAS HEISST ANEREKNNUNG DER DDR UND DER GRENZEN IN EUROPA
A DAS HEISST ARBEITERMACHT (AUSWEIUTNG UND QUALIFIZIERUNG DER MITBESTIMMUNG)."
Quelle: ADF:An die Einwohner des Stadtteils Derne und Kirchderne,Dortmund o.J. (1969)

15.07.1969:
Die DKP berichtet von Hoesch Dortmund (vgl. 15.8.1969):"
MASCHINISTEN IM MARTINWERK III DER WESTFALENHÜTTE WOLLEN HÖHEREN LOHN!

Die Kollegen des Martinwerkes möchten nicht nur höheren Lohn, sie beginnen auch darum zu kämpfen!

Am Dienstag, 15.Juli legten sie für eine Stunde die Arbeit nieder, um damit zu dokumentieren, daß sie nicht länger bereit sind, wie die Pferde zu malochen und wie die Piefkes dafür bezahlt zu werden!

Noch haben die Kollegen keinen sichtbaren Erfolg errungen. Aber der Weg, den sie eingeschlagen haben, ist der einzige, der Erfolg verspricht!

Die gesamte Belegschaft sollte die Maschinisten des Martinwerkes unterstützten. Womit diese Kollegen nicht einverstanden sind, betrifft ja die gesamte Belegschaft: nämlich Leistungssteigerungen und faktischen Lohnstop!

Denn es stellt sich immer klarer heraus, daß die sog. Lohnharmonisierung eine Bremse ist, mit der alle Forderungen nach höherem Lohn und Gehalt radikal gestoppt werden. DIESER STOP KANN UND SOLLTE DURCH DAS GEMEINSAME AUFTRETEN ALLER BELEGSCHAFTSMITGLIEDER AUFGEHOBEN WERDEN!"

Die DKP berichtet auch:"
LANGSAM PLATZT DER KRAGEN!

Die Kollegen des Walzwerk I der Westfalenhütte traten Mitte des Monats in einen Streik. Ursache für den Protest der Kollegen war der Versuch der Betriebsleitung, Maschinisten im Zuge der Rationalisierung zu verschaukeln. Die Maschinisten sollten Kollegen aus dem Walzwerk an den Arbeitsplätzen anlernen, die zur Zeit von den Maschinisten selbst besetzt sind. Klar, daß den Kollegen das über die Hutschnur ging!

Gebranntes Kind scheut das Feuer. Bei allen Rationalisierungsmaßnahmen haben die Arbeiter bisher den Kürzeren gezogen! Wenn sie sich nun auf die Hinterbeine stellen, ist das völlig berechtigt.

Rationalisierung und Umbesetzung sollten nur dann die Zustimmung des Betriebsrat und der Kollegen finden, wenn garantiert ist, daß nicht nur die Aktionäre, sondern vor allem die Arbeiter und Angestellten dabei gewinnen! Das heißt, die Arbeitsbedingungen dürfen sich nicht verschlechtern und der Lohn muß steigen!

Die wissenschaftlich-technische Revolution soll doch dem Menschen dienen - wird gesagt - aber offensichtlich beginnt der Mensch erst beim Aktionär und Unternehmer, denn: siehe oben!"

Vom Streik berichtet die DKP auch in ihrer 'UZ':"
Um eine Lohnauseinandersetzung ging es im Walzwerk I und in der Halbzeugstraße der Westfalenhütte. Seit einiger sind dort nämlich das Walzwerk II und die Fertigzeugstraße stillgelegt. Die Arbeiter in den beiden anderen Abteilungen arbeiten seitdem nicht mehr im Akkord, sondern erhalten Festlohn. Nun haben sich die Hoesch-Aktionäre zur Erhöhung ihrer Gewinne einen besonderen Trick ausgedacht: Die noch laufenden Produktionszweige sollten die Arbeit der stillgelegten Abteilungen mitübernehmen - aber ohne Lohnerhöhung. Das ließen sich die Arbeiter jedoch nicht gefallen.

Als der perfide Plan offenbar wurde, legten sie die Arbeit nieder. Die Halbzeugstraße verlangte Angleichung ihres Lohnes an den des Walzwerkes I. Die Differenz beträgt derzeit 50 Pfennig pro Stunde. Das Walzwerk I streikte für eine Lohnerhöhung von fünf Prozent.

Der Hoesch-Konzern fürchtet, daß diese Kampfstimmung der Arbeiter sich auch auf andere Abteilungen ausweiten und damit eine Lohnlawine im ganzen Konzern ins Rollen gebracht werden könne. Die streikenden Kollegen wollten mit ihren Forderungen eine bessere Basis für die Lohnbbewegung der eisenschaffenden Industrie erreichen. Die Tarife laufen nämlich im Herbst aus."
Quellen: Heisse Eisen,Dortmund o.J. (Juli 1969),S.3ff;
Unsere Zeit NRW Nr.22,Essen 28.8.1969,S.10;
IMSF:Die Septemberstreiks,Frankfurt 1969

18.07.1969:
Laut IGBE (vgl. 1.8.1969) wird in Essen die Ruhrkohle AG (RAG - vgl. 6.3.1969, 11.8.1969) als Einheitsgesellschaft gegründet:
SIE GEHÖREN ZUR RUHRKOHLE AG

Der Ruhrkohle AG sind am 18.Juli 1969 folgende Bergbaugesellschaften durch die Unterschrift zum Grundvertrag beigetreten: Gelsenkirchener-Bergwerks AG, Hibernia AG, Mannesmann AG, Hoesch AG, Ewald-Kohle AG (Herten,d.Vf.), Harpener Bergbau AG, Klöckner-Bergbau AG, Hüttenwerk Oberhausen AG, Steinkohlebergwerk Mathias Stinnes AG, Hamborner Bergbau AG, Märkische Steinkohlengesellschaft, Monopol-Bergwerks GmbH (Kamen,d.Vf.), Bergwerksgesellschaft Walsum AG, Friedrich Thyssen Bergbau AG, Ilseder Hütte AG, Hansa Bergbau AG (Dortmund), Emscher-Lippe Bergbau AG (Datteln,d.Vf.), Gebrüder Stumm GmbH, Carolinenglück-Graf Moltke Bergbau AG (Gelsenkirchen,d.Vf.), Gewerkschaft Alte Haase."
Quelle: Einheit Nr.15,Bochum 1.8.1969,S.1f

24.07.1969:
Die DKP gibt die Nr.17 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 17.7.1969, 31.7.1969). Auf Seite 11 heißt es über Hoesch Dortmund (IGM-Bereich):"
'Heiße Eisen' heißt die Betriebszeitung der DKP für die Hoesch-Belegschaft in Dortmund. Sie berichtete nicht nur über Lohnbewegungen sondern enthüllte auch die 'Personalbewertung' (zunächst der Angestellten) durch die Direktion. Das hatte Wirkung, und Hoesch-Arbeiter außerhalb Dortmunds bemühten sich um 'Heiße Eisen'."
Quelle: Unsere Zeit NRW Nr.17,Essen 24.7.1969

28.07.1969:
Vermutlich in dieser Woche erscheint bei Hoesch eine Ausgabe der 'Heissen Eisen' der DKP (vgl. Juni 1969, 2.9.1969) mit 16 Seiten DIN A 5, in der über den Streik bei Hoesch (vgl. 15.7.1969) und die Forderung der Vertrauensleute nach 15% Lohnerhöhung (vgl. Juli 1969) berichtet wird. Veröffentlicht wird ein Gedicht über den Roten Punkt gegen Fahrpreiserhöhungen. Abgedruckt wird auch ein Artikel aus der Regionalausgabe NRW der 'UZ' über einen Streik bei Krupp Höntrop (IGM-Bereich in Bochum - vgl. 23.6.1969). Dazu heißt es:"
Die sozialistische Wochenzeitung UZ berichtet im Gegensatz zu vielen anderen Zeitungen aus dem Arbeiterleben, das wird bewiesen durch den von uns veröffentlichten Artikel, und darum sollte sie auch von jedem Arbeiter gelesen werden!"

Weiter heißt es:"
Zu unseren Enthüllungen in der letzten Ausgabe schreibt uns eine Kollege (?, d.Vf.) aus dem Martinwerk II der Westfalenhütte folgendes:

Zuerst einmal möchte ich denen danken, die diese Betriebszeitung geschaffen haben. Die endlich einmal die Dinge früh genug aufzeigen, die uns in unserem Mitbestimmungsbetrieb meist als vollendete Überraschung serviert werden (siehe Stahlwerkbau in Holland) (Niederlande,d.Vf.).

Nun, ich glaube, die Personalbeurteilung ist wohl einer der dicksten Hunde, die es geben kann!

Personalbeurteilung, man sollte besser sagen PERSONALVERURTEILUNG!

Es wird doch wohl letzten Endes so aussehen, daß derjenige, der den besten Rockzipfel seines Vorgesetzten erwischt hat, auch eine enstprechende Beurteilung bekommt und manch kritischer und darum oft unbequemer Kollege nach einem bestimmt kommenden Krisentag auf der Straße landen wird. Wer gibt Garantie dafÜr, daß nicht eines Tages die Beurteilung so erweitert wird, in ihr Dinge privater Natur einzufügen. Etwa so: 'Bestraft nach dem Bußgeldkatalog, Eintragung in die Verkehrssünderkartei, nicht mehr förderungswürdig!' Wenn jetzt noch die eventuelle politische Richtung des einzelnen berücksichtigt wird, wird wohl bei manchem stehen: 'Nicht vertrauenswürdig!'

Darum ist meine Meinung: der gesamte Betriebsrat hätte sich soofrt von dieser Sache distanzieren müssen.

Ja und für uns, leibe Kolleginnen und Kollegen, wird es langsam Zeit, uns auf die Hinterbeine zu stellen und auf das Schärfste zu protestieren!

Ich schließe mich der Betriebzeitung 'Heiße Eisen' voll und ganz an!

NUR WIR ALLE GEMEINSAM KÖNNEN DIE PERSONALBEURTEILUNG VERHINDERN!"

Zu Wort kommt auch:"
Rolf-Jürgen Priemer
ADF-Bundestagskandidat im Wahlkreis 116, Dortmund III
28 Jahre, Schriftsetzer
Bundesvorsitzender der SDAJ

DIE BESTE REGIERUNG DIE WIR JE HATTEN?

Ein Mann, der sich in der Politik und Wirtschaft auskennt, jubelte kürzlich: 'Die Große Koalition ist die beste Regierung die wir je hatten!' Der Mann heißt: Hermann Josef Abs, steinreicher Bankier. Abs hat Grund zum Jubeln. Denn keine Bundesregierung sicherte den Unternehmern derartige Riesenprofite, wie gerade die Regierung der CDU/CSU und SPD. 1967 hatten Vorstandsmitglieder von Kaufhauskonzernen einen Stunden von 293 DM, des Volkswagenwerkes von 248 DM und von Bayer Leverkusen 191 DM. Wie gesagt: PRO STUNDE!

Gestattet mir die Frage, Kollegen des Hoeschkonzerns: wie hoch war Euer Stundenlohn?

Daimler-Benz Chef Friedrich Flick verdiente 1968 gar - natürlich pro Stunde - zweiundsechzigtausenddreihundertneunzig Mark (62 390 DM).

Wundert Ihr Euch noch, Kollegen, warum Bankier Abs jubelt? Und was mag Karl Schiller, Wirtschaftsminister in der Koalition, wohl meinen, wenn er von einem Aufschwung spricht? AUSCHWUNG - FÜR WEN?

Der DGB stellte fest, daß die NETTOEINNAHMEN DER ARBEITER 1968 um rund 5% gestiegen seien, aber 3% durch Preiserhöhungen wieder abgerechnet werden müßten. Also 2%!

Demgegenüber wuchsen die NETTOEINNAHMEN DER UNTERNEHMER um rund 27%. Wer hatte den Nutzen? Wer ist im Vorteil? Wer verzeichnete den Aufschwung? Riesengewinne für die Unternehmer! Die Gewerkschaften wurden an Schillers 'Lohnleitlinie' kurz gehalten!
Das hat uns die Große Koalition gebracht!

An dieser Politik haben aber maßgebend jene 100 Abgeordneten Schuld, die ihre Konzerne direkt im Bundestag vertreten. Minister Stoltenberg und MdB Blumenfeld vertreten nicht ihre Wähler und die Arbeiterschaft, sondern die Interessen des Krupp-Konzerns. Dr. Pohle ist Flicks Mann, Birrenbach Thyssens Mann im Bundestag!!

Und dem neuen, am 28. September zu wählenden Bundestag sollen noch mehr Konzernvertreter angehören. Auch auf den Listen der SPD kandidieren Männer dieses Schlages, wie zum Beispiel Prozellankönig und Unternehmermillionär Philipp Rosenthal, der Generaldirektor Alex Möller, das Vorstandsmitglied der Hessischen Berg- und Hüttenwerke Helmut Kater.

WO ABER KANDIDIEREN DIE INTERESSENVERTRETER DER ARBEITER?

Wer sorgt für höhere Stundenlöhne der Arbeiter?
Arbeiter kandidieren auf der Liste der ADF!
Bei der ADF ist kein Platz für die Stoltenbergs und Blumenfelds, für die Birrenbachs und Rosenthals.
Aber, so werden manche Kollegen fragen, richtet sich die ADF gegen die SPD?
Die ADF kämpft gegen den Neonazismus und die NPD!
Es sei aber auch klar gesagt: wir sind auch gegen Schiller, der Unternehmern Profite gab und die Arbeiterlöhne stillegte.

Wer ADF wählt, wählt Notstandsgegner, keine Befürworter!
Wer ADF wählt, wählt Nazigegner, keine NPD-Förderer!
Wer ADF wählt, wählt entschlossene Unternehmergegner!
Wer ADF wählt, wählt Arbeiter ins Parlament!

Wen sonst sollen die Arbeiter des Hoeschkonzerns wählen, wenn nicht den Kandidaten der ADF!"

Im Zusammenhang mit dieser Stellungnahme heißt es:"
...auf dem Wege von überholtem Kasten- und Klassendenken zu einer offenen Leistungsgesellschaft ohne Benachteiligungen und Bevorzugungen... (Aus einem Informationsbrief der 3 Dortmunder Bundestagsabgeordneten der SPD)"

Die Angaben von Priemer über die Stundenlöhne der Manager werden nochmals in einem Schaubild dargestellt und es wird fortgefahren:"
Den genauen Stundenlohn der Vorstandsmitglieder der Hoesch AG konnten wir nicht ermitteln, aber einen um ein vielfaches höheren Stundenlohn als z.B. der Kollege Ewald Konetzka, erster Schmelzer im Martinwerk müssen die Herren Vorstandmitglieder doch wohl haben! Denn das Vorstandsmitglied Dr. Hufnagel läßt sich zur Zeit in der Gartenstadt eine Villa bauen, deren Kosten sich weit über 1 Millione DM belaufen sollen. Das ist aber noch nicht alles.
Das Klassendenken sei überholt, plappern die sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten den Altnazis der CDU/CSU nach. Für Dr. Hufnagel ist es aber doch wohl nicht überholt. Die Kaste der Vorstandsmitglieder kann es sich auch leisten, ihre Villen nachts von der Werksfeuerwehr überwachen zu lassen! Während die Sollstärke in allen Abteilungen, auch bei der Feuerwehr runtergedrückt wird, fahren nachts 2 Kollegen von der Feuerwehrwache zur Villa Hufnagel um dafür zu sorgen, daß der gnädigen Frau nichts passiert. Vor einigen Wochen verunglückten bei so einer Kontrollfahrt zur Villa Hufnagel 2 Kollegen von der Feuerwehr.

Es genügt also nicht eine teure Alarmanlage, zusätzlich müssen, trotz Arbeitskräftemangel, auch noch 2 Feuerwehrleute für die Sicherheit der Villen der Vorstandsmitglieder sorgen.

Das Ganze nennt man dann 'Soziale Symmetrie'.
Wie wir hörten, ist Dr. Hufnagel mit der Regierung der Großen Koalition sehr zufrieden. Ob es der Kollege E. Konetzka wohl auch ist? Wir meinen, es wird Zeit, die Vermögensverteilung in der Bundesrepublik voranzutreiben und zwar in der Richtung, daß die Arbeiter besser als bisher dabei wegkommen. Darum bei den Bundestagswahlen (BTW,d.Vf.) ADF wählen!

DAMIT DER FORTSCHRITT KRAFT BEKOMMT: ADF.

Vielleicht müssen die Feuerwehrleute demnächst auch noch Zucker in den Allerwertesten bestimmter Leute blasen!?"

Gefragt wird:"
FINANZIERT HOESCH DIE NPD?

'Zu diesen Konzernen und Banken, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch am Aufkommen des 10 Millionen-Wahlfonds der NPD beteiligen, sollen auch die AEG und die Hoeschgruppe gehören. Namentlich aus dem Werbefonds der AEG, heißt es in einigen Informationen, sind über München größere Summen der NPD zugeschoben worden.' Diese aufschlußreiche und interessante Mitteilung veröffentlichte die Wochenzeitung 'die tat' (vgl. **.*.1969,d.Vf.) unter der Überschrift: 'Das Geschäft mit der Hitlerpartei und die Geldquellen der NPD!'

Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, daß Großkonzerne und -banken offen diese Nachfolgerin der NSDAP mit riesigen Geldsummen unterstützen. Viele von uns werden diese Situation aus der Zeit vor 1933 kennen: die Großindustrie suchte eine Partei, die ihre Interessen gegen die Bevölkerung durchsetzte und fand sie damals in der NSDAP. Sie spendeten ihr im Frühjahr 1932 ca. 6 Millionen Reichsmark für den Wahlkampf.

Auch heute, nachdem die reaktionäre Politik der CDU/CSU immer mehr an Boden verliert, versuchen sich diese Kreise eine Reservepartei aufzubauen, die sich in ihrem Programm u.a. auch offen gegen die Mitbestimmung ausspricht.

Und ausgerechnet der Hoesch-Konzern, der sich den Arbeitern gegenüber so 'frotschrittlich' gibt, soll diese Partei mitfinanzieren! Warum werden mit diesem Geld nicht weitere Arbeiterwohnungen gebaut? Warum werden nicht die Löhne erhöht?
Dringend notwendig wäre ein großzügiger Ausbau eines Versammlungsraumes für die Belegschaftsversammlungen. So aber finanziert man möglicherweise die Veranstaltungen der NPD, unterstützt deren Werbung für ihre undemokratischen Ziele.

Die Frage ist also durchaus berechtigt:
'BETREIBT HOESCH EINE ZWEIGLEISIGE POLITIK?'

WIR FORDERN:
Geht diesem begründeten Verdacht nach!
Stellt fest, ob diese Partei tatsächlich mit unserem Geld finanziert wird!
Gibt es im Werbefonds des Hoesch Konzerns Posten, die auf eine Unterstützung der NPD schließen lassen?

DIE BEANTWORTUNG DIESER FRAGE IST FÜR ALLE KOLLEGEN DES HOESCH-KONZERNS VON AUSSERORDENTLICHER WICHTIGKEIT!"

Im letzten Artikel wird festgestellt:"
TONNENIDEOLOGIE GEFÄHRDET WEITERHIN DIE SICHERHEIT AM ARBEITSPLATZ!

In den letzten Monaten wird im Breitbandwalzwerk der Hoesch AG Westfalenhütte, dem Schlüsselbetrieb des Hoesch Konzerns, der Versuch unternommen, die Produktionszahlen durch alle erdenklichen Mittel und Antreibermethoden um ein Vielfaches zu erhöhen.
Z. Zt. werden 135 000 Tonnen pro Monat im Schnitt gewalzt. Im März wurden 158 000 Tonnen produziert. Dies ist eine Produktionszahl, von der die Aktionäre und der Vorstand noch vor wenigen Jahren nicht zu träumen gewagt hätten! Als vor wenigen Jahren die stattliche Zahl von 100 000 t erreicht wurde, bekam jeder der im Breitband Beschäftigten eine einmalige Prämie als Anerkennung überreicht. Im März wurden 158 000 Tonnen gewalzt, doch die Kollegen bekommen ................................ nichts!! Selbst der Akkordlohn zeigte keine erwähnenswerte Steigerung! Daran zeigt sich, daß zwar häufig von 'unserem' Werk gesprochen wird, aber wenn es um den Reibach geht, ist es nicht mehr unser Werk, sondern das der Aktionäre!

FÜR DIE MEISTEN KOLLEGEN IST ES UNFASSBAR, DASS BEI EINER SOLCHEN PRODUKTION FÜR 'MITARBEITER' NICHTS HERAUSKOMMT!

Dazu meinen wir Kommunisten folgendes:
Was für viele Kollegen unfaßbar ist, hat Karl Marx schon vor über 100 Jahren aufgedeckt, als er die kapitalistische Gesellschaftsordnung untersuchte. Eine wesentliche Erkenntnis die die Menschheit seither besitzt, besteht darin, daß im Kapitalismus NICHT DER MENSCH, SONDERN DER PROFIT IM MITTELPUNKT DER GESELLSCHAFT STEHT!

Weil insbesondere heute und trotz Mitbestimmung der Profit die Triebfeder der Produktion im gesamten Kapitalismus und auch im Hoesch-Konzern ist, eben darum bekamen die Kollegen im Breitbandwalzwerk keine Prämie trotz Rekordproduktion.

Daß die Rekordproduktion erkauft wurde mit einer enormen Erhöhung der Unfallquote, ist ebenfalls typisch für das, was Karl Marx als kapitalistische Produktionsweise bezeichnete.

OHNE RÜCKSICHT AUF VERLUSTE WERDEN TONNEN VERLANGT, DENN TONNEN BRINGEN GELD.

In 6 Monaten haben sich allein im Breitbandwalzwerk 5 SEHR SCHWERE UNFÄLLE ereignet. Und zwar:
Kollege Beckmann, tödlich verunglückt im Dezember
Kollege Heckenmüller, schwere Kopfverletzung im Januar
Kollege Rodriges, schwere Kopfverletzung im Januar
Kollege Bürger, schwere Armverletzung im Mai
Kollege Schiefelbein, tödlich verunglückt im Juni
dazu noch zahlreiche Unfälle nicht so schwerer Natur.

'Komm gesund heim', diese Empfehlung klingt angesichts der Tonnenideologie und der damit verbundenen Unfallhäufigkeit wie bittere Ironie. Das stets wachsende Arbeitstempo vergrößert das Unfallrisiko in fast allen Produktionsbereichen.

Trotz sehr gut klingender Worte über Sicherheit am Arbeitsplatz hat die Produktion und damit der Profit für die Aktionäre eindeutig den Vorrang.

Dafür nun ein Beispiel:
Kollege Rodriges wurde verletzt, weil ein Rolltor nicht in Ordnung war, obschon der Schaden an diesem Tor schon lange vorher gemeldet worden war!

Nach dem Motto, daß ein schadhaftes Rolltor nicht die Höhe der Produktion beeinflußt, unterblieb die für die Sicherheit der Kollegen notwendige Reparatur.

Das muß nicht so bleiben!

EINHEITLICHER PROTEST VON BELEGSCHAFT, VERTRAUENSLEUTEN UND BETRIEBSRAT KANN ÜBER DIE TONNENIDEOLOGIE SIEGEN!

DIE SICHERHEIT AM ARBEITSPLATZ MUSS VORRANG HABEN VOR DER HÖHE DER PRODUKTION!
Alle Kollegen sollten GEMEINSAM dafür sorgen, daß die Einhaltung der gesetzlichen Unfallverhütungsvorschriften erzwungen wird."
Quellen: IMSF:Die Septemberstreiks 1969,Frankfurt Nov. 1969;
Heisse Eisen,Dortmund o.J. (Juli 1969)

29.07.1969:
Auf der Hoesch Westfalenhütte wird auf der Sitzung des Betriebsrates, laut Demokratischer Aktion, folgende Erklärung verabschiedet:"
In der Sitzung des Betriebsrates der WESTFALENHÜTTE am 29.Juli d.Js. wurde uns bekannt, daß in unserem Betrieb eine Unruhe und Diskussion dadurch entstanden ist, daß die NPD beabsichtigt, am 14.September d.J., 11 Uhr, auf dem Neuen Markt eine Kundgebung durchzuführen. ...

Der Betriebsrat und die Vertrauensleute der Westfalenhütte als Vertreter von 13 000 organisierten Arbeitnehmern sehen sich außerstande, bei solchen Gegendemonstrationen eventuelle Ausschreitungen zu verhindern.

Wir wenden uns an Sie mit der Bitte, durch Verhinderung des geplanten Auftretens der NPD die Gefahr für die Ruhe und Ordnung in dieser Stadt zu beseitigen.

Hoesch AG Hüttenwerke
Werk Westfalenhätte - Betriebsrat -
gez.: A. Pfeiffer W. Jendhoff"
Quelle: Demokratische Aktion gegen Neonazismus:Protest und Kampfbereitschaft gegen Thadden-Kundgebung,Dortmund 5.9.1969,S.1

August 1969:
Laut 'Kursierendem Material an IGM-Schulen zu den Septemberstreiks 1969' (vgl. 1.6.1968, 15.8.1969) kündigt ein Hoesch-Aktionärsbrief "Dividendenerhöhung an. Betriebsräte bemerken zunehmende Unruhe. Rückwirkend wird für Juli ein einmaliges 'Hitzegeld' von 20 DM gezahlt".
Quelle: Kursierendes Material an IGM-Schulen zu den Septemberstreiks 1969,o.O. o.J. (1969),S.1

August 1969:
Die Hoesch Hüttenwerke AG Dortmund gibt ihre 'Werk und Wir' Nr.8 (vgl. Juli 1969, Sept. 1969) heraus.

Berichtet wird u.a. vom Rücktritt des stellvertretenden Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats, Paul Huf (vgl. Juli 1969).
Quelle: Werk und Wir Nr.8 und 3,Dortmund Aug. 1969 bzw. März 1970,o.S. bzw. S.80

07.08.1969:
Die DKP gibt die Nr.19 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 31.7.1969, 14.8.1969). Berichtet wird u.a. über Hoesch Dortmund.
Quelle: Unsere Zeit - Ausgabe NRW Nr.19,Essen 7.8.1969

15.08.1969:
Auf der Dortmunder Hoesch-Westfalenhütte geben, laut IMSF, die Betriebsräte und die Mitglieder der Lohnharmonisierungskommission bekannt, daß sie eine vorab gezahlte Lohnerhöhung von 20 Pf. auf den Ecklohn ab 1.8.1969 fordern (vgl. 22.8.1969), bevor die Lohnharmonisierung im Werk abgeschlossen sei, die bis Dezember 1969 erfolgen soll.

In einer Notiz von Betriebsräten heißt es:"
Auf Grund der Unruhen in den Belegschaften durch die hohen Leistungen und die damit verbundenen hohen persönlichen Anforderungen an jeden Einzelnen, ohne daß die Lohnharmonisierung bisher wirksam geworden ist, haben sich die Betriebsratsvorsitzenden und die Mitglieder der Harmonisierungskommission gezwungen gesehen, beim Direktorium und dem Arbeitsdirektor Hölleskamp in Vertretung des Arbeitsdirektors Dr. Sieber vorzusprechen, um Übergangslösungen bis zum Abschluß der Harmonisierung (Dezember 1969) zu erreichen. Die Vorstellungen sind folgende:
5% auf den Facharbeiter-Ecklohn (-,20 DM) ab 1.8.1969 an alle Belegschaftsmitglieder vorab zu zahlen.
In der derzeitigen Situation kann mit Aussicht auf Erfolg nur verhandelt werden, wenn im jetzigen Zeitpunkt Einzelheiten nicht diskutiert werden und den Verhandlungsführenden bis zur Feststellung eines Verhandlungsergebnisses freie Hand gegeben wird."
Unterzeichnet ist die Notiz u.a. von A. Pfeiffer, Erlenhofer, Jendhoff, Simon, Tebbe und Schäfer.
Quellen: BR Hoesch Westfalenhütte:Notiz,Dortmund 15.8.1969;
IMSF:Die Septemberstreiks 1969,Frankfurt Nov. 1969

15.08.1969:
Laut 'Kursierendem Material an IGM-Schulen zu den Septemberstreiks 1969' (vgl. Aug. 1969, 18.8.1969) findet bei Hoesch in Dortmund eine "Diskussion der Vertrauensleute in den regulären Sitzungen der Vertrauensleute mit dem zuständigen Werksbetriebsrat statt. Ein Vorschlag des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Pfeiffer wird angenommen: Lohnforderung von 5% auf den Ecklohn gleich 20 Pfennig auf 3,99 DM ab 1.8.1969".
Quelle: Kursierendes Material an IGM-Schulen zu den Septemberstreiks 1969,o.O. o.J. (1969),S.1

15.08.1969:
Laut einer "Protokollnotiz" über eine Betriebsratssitzung - vermutlich der Dortmunder Hoesch Westfalenhütte -, wird an diesem Tag auch über "Unruhen in der Belegschaft" (vgl. 15.7.1969) gesprochen, die offensichtlich durch "hohe Leistungen und (unzureichenden!) Lohn" ausgelöst wurden.
Quelle: N.N.:Protokollnotiz vom 15.8.1969,o.O. (Dortmund) 15.8.1969

18.08.1969:
Laut 'Kursierendem Material an IGM-Schulen zu den Septemberstreiks 1969' (vgl. 15.8.1969; 19.8.1969) stellen sich bei Hoesch Dortmund die Arbeitsdirektoren "hinter die 5%-Forderung auf der Vorstandssitzung. Der Vorstand Dr. Harders lehnt ab".
Quelle: Kursierendes Material an IGM-Schulen zu den Septemberstreiks 1969,o.O. o.J. (1969),S.1

19.08.1969:
Laut 'Kursierendem Material an IGM-Schulen zu den Septemberstreiks 1969' (vgl. 18.8.1969, 25.8.1969) findet im Stahlwerk II der Hoesch Westfalenhütte Dortmund ein Warnstreik statt.
Quelle: Kursierendes Material an IGM-Schulen zu den Septemberstreiks 1969,o.O. o.J. (1969),S.1

21.08.1969:
Die DKP bringt die Nr.21 ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 14.8.1969, 28.8.1969) und berichtet u.a. von Hoesch Westfalenhütte Dortmund.
Quelle: Unsere Zeit Nr.21,Essen 21.8.1969

21.08.1969:
Laut einer "Protokollnotiz" über eine Betriebsratssitzung - vermutlich der Dortmunder Hoesch Westfalenhütte -, findet vermutlich auch heute ein Gespräch von Mitgliedern der Großen Tarifkommission (GTK) mit der Dortmunder IGM-Verwaltungsstelle statt.
Quelle: N.N.:Protokollnotiz vom 21.8.1969,o.O. (Dortmund) 21.8.1969

22.08.1969:
In Dortmund tagen, laut IMSF, die Tarifkommissionsmitglieder der IG Metall (IGM) Verwaltungsstelle für die Eisen- und Stahlindustrie, wobei eine Lohnforderung von 12% als unterste Grenze betrachtet worden sei (vgl. 15.8.1969, 2.9.1969). Für die kommende Lohnrunde wird die Erhöhung der Einkommen als das primäre Ziel betrachtet.

Für die Ortsverwaltung Dortmund der IGM richtet W. Dieterich ein Schreiben an die Bezirksleitung der IGM in Essen, von dem uns bisher leider nur eine sehr schwer lesbare Kopie vorlag, so daß unsere Zitate nicht unbedingt verläßlich sind.
Die OV Dortmund weist eingangs darauf hin, daß sie sich mit den Dortmunder Tarifkommissionsmitgliedern der Eisen- und Stahlindustrie beraten hat:"
Übereinstimmend wurde von allen Tarifkommissionsmitgliedern ausgeführt, daß die Lohn- und Gehaltserhöhung bei der kommenden Tarifrunde das Primäre sei. Alle anderen Fragen, auch die Frage der verbesserten Urlaubsbestimmungen, sind zweitrangig. Die Mitglieder der Eisen- und Stahlindustrie (hier insbesondere in Dortmund) sind über die bisherige Tarifentwicklung sehr unzufrieden. Die in der Vergangenheit für diesen Tarifbereich abgeschlossenen Tarifverträge (Lohnsicherung mit Anrechnungsmöglichkeit, lange Laufdauer der Verträge usw.) tragen der augenblicklichen wirtschaftlichen Situation dieses Industriezweiges in keiner Weise mehr Rechnung, so daß gesagt werden kann, daß bei der nächsten Tarifrunde der sogenannte 'kräftige und fühlbare Schluck aus der Pulle' seinen Niederschlag im nächsten Tarifvertrag finden muß, wenn er von den Mitgliedern angenommen werden soll.
Trotzdem sollte nach Meinung der Tarifkommissionsmitglieder nicht vollständig ausgeschlossen werden, daß auch verbesserte Urlaubsbestimmungen gesprächsweise behandelt werden können. Sie dürfen aber nicht zu wesentlicher Verminderung der Lohnerhöhung führen, da die Urlaubsbestimmungen ohnehin zum 31.12.1969 kündbar sind.

Im einzelnen sind zu den angesprochenen Punkten folgende Ausführungen gemacht worden bzw. sind folgende Übereinkommen erzielt werden.
LOHN UND GEHALT.

a.) HÖHE DER FORDERUNG.
Natürlich stehen Prozente und Laufdauer im unmittelbaren Zusammenhang. Ausgehend von der Tatsache, daß in der letzten Vollversammlung der gewerkschaftlichen Vertrauensleute (vgl. Juli 1969,d.Vf.) auf der Westfalenhütte eine einstimmige Resolution angenommen wurde, in der eine 15%ige Lohnforderung als berechtigt angesehen wird, waren die Tarifkommissionsmitglieder der Meinung, daß in jedem Fall eine 12%ige Lohn- und Gehaltsforderung die unterste Grenze sein muß. Diese Forderung läßt Verhandlungsmöglichkeiten hinsichtlich der Laufdauer und anderen Gesprächen (Urlaub) offen.

b.) LAUFDAUER.
Ein Tarifvertrag, der künftig eine längere Laufdauer als ein Jahr beinhaltet, wird auf einstimmige Ablehnung stoßen.
Eine einjährige Laufdauer wird auch dann als äußerste Grenze angesehen, wenn mit dem neuen Abkommen andere Veränderungen, z.B. Urlaub, verbunden sind. Bei einem reinen Lohn- und Gehaltsabkommen sollte ein 10-Monatsvertrag angestrebt werden.

c.) VERZICHTUNG DER GELTENDEN LOHN- UND GEHALTSVERTRÄGE.

Bei der Betrachtung des Frankfurter Ergebnisses ist das Vorziehen der Lohn- und Gehaltserhöhung um einen Monat natürlich ein nicht zu übersehender Punkt, der auch in den Betrieben der Eisen- und Stahlindustrie seine Würdigung in den Diskussionen gefunden hat.
Dazu kommt, daß durch die in den vergangenen Jahren durchgeführte wirtschaftliche Konzentration alle Werke der Eisen- und Stahlindustrie ein kräftiges Hinterland in der Verarbeitung haben. Die hier in den nächsten Tagen vorzunehmende Lohn- und Gehaltserhöhung wird bei der Würdigung bei den Arbeitnehmern nicht ohne Auswirkung in der Eisen- und Stahlindustrie bleiben. Ein weiterer schwerwiegender Punkt muß Beachtung finden. Durch die anhaltende Hitzeperiode der vergangenen Woche sowie der absoluten Höchstproduktion in den Betrieben, herrscht unter der Belegschaft eine unerhörte Spannung. Täglich kommt es zu spontanen Aktionen, die meistens in Lohnhöhe und Verdienst ihren Ursprung haben. Die Beendigung und Verhinderung kurzfristiger Arbeitsniederlegungen gehört z.Zt. zur täglichen Aufgabe der Betriebsräte. Der finanzielle Nachholbedarf macht sich insbesondere dadurch bemerkbar, daß die Eisen- und Stahlindustrie keine Neueinstellungen mehr vornehmen kann. Bewerber für einen Arbeitsplatz in den Produktionsbetrieben, lehnen eine Einstellung ab, nachdem ihnen der Lohn genannt wurde. Es dürfte kein Geheimnis mehr sein, daß in der Verarbeitung bessere Verdienstmöglichkeiten bestehen.
All diese Tatbestände haben zu einer unerträglichen Spannung in den Betrieben geführt. Ohne Übertreibung kann gesagt werden, daß nur noch der Funke fehlt, der eine Explosion erzeugt, deren Ausmaß z.Zt. nicht beschrieben werden kann. Diese unerträgliche Spannung hat die Betriebsräte der Hoesch-Hüttenwerke veranlaßt, mit einer 5%igen Lohnforderung auf den Ecklohn ab 1.8.1969 an das Direktorium heranzutreten.
Durch den Zusammenschluß der Werke zur Hoesch-AG Hüttenwerke mußten Lohnharmonisierungen vorgenommen werden.
Diese Verhandlungen sind bis zur Stunde noch nicht abgeschlossen, was bedingt, daß einige Löhne eingekreist wurden. Mit der 5%igen Lohnforderung soll eine Vorbezahlung auf den endgültigen Lohn bei Beschleunigung der Harmonisierung erreicht werden, um zu einer gewissen Beruhigung in der Belegschaft zu kommen.
Diese Tatbestände wiederum rechtfertigen aber die einhellige Meinung der Dortmunder Tarifkommissionsmitglieder, die Bezirksleitung zu beauftragen, Gespräche mit dem Arbeitgeberverband zu führen, die zum Ziel haben, die z.Zt. geltenden Lohn- und Gehaltstarifverträge vorzeitig durch neue Verträge abzulösen. Die Gewißheit, daß solche Gespräche geführt und zum Abschluß gebracht werden, könnten ebenfalls zur Beruhigung in den Betrieben führen."

Der Rest des Schreibens ist leider so schwer lesbar, daß wir ihn nicht mehr zitieren konnten.
Quellen: IGM-OV Dortmund:Schreiben an die IGM Bezirksleitung Essen,Dortmund 22.8.1969;
IMSF:Die Septemberstreiks 1969,Frankfurt Nov. 1969

25.08.1969:
Laut 'Kursierendem Material an IGM-Schulen zu den Septemberstreiks 1969' (vgl. 19.8.1969, 1.9.1969) drohen die Dortmunder Arbeitsdirektoren des Hoesch-Konzerns vermutlich in dieser Woche "mit Austritt aus dem Arbeitgeberverband, wenn kein baldiges Verhandlungsergebnis gemacht werde".
Quelle: Kursierendes Material an IGM-Schulen zu den Septemberstreiks 1969,o.O. o.J. (1969),S.2

28.08.1969:
Die DKP gibt die Nr.22 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 21.8.1969, 4.9.1969). Auf Seite 9 heißt es in der Rubrik "Unsere Meinung" von W. Fi.:"
DER FASCHISMUS KOMMT NICHT DURCH

Kürzlich faßten die Betriebsräte und Vertrauensleute der zum HOESCH-Konzern gehörenden Hörder Hütten-Union den Beschluß, bei der Stadtverwaltung das Verbot der NPD-Veranstaltung am 14. September in Dortmund zu fordern. Falls dieser Forderung nicht entsprochen werden sollte, wollen die Arbeiter gegen diese Kundgebung demonstrieren, weil sie sie als Provokation empfinden. Kurze Zeit vorher engagierte sich der Betriebsrat der Westfalenhütte in gleicher Weise.

Die Dortmunder Demokraten verhinderten ebenso, wie die Düsseldorfer die ersten Großkundgebungen der Neofaschisten in ihren Städten. Diese Niederlagen der NPD waren ebenso perfekt, wie die folgenden. Als sich die NPD zum zweiten Mal in Düsseldorf traf, protestierten nicht nur in geistiger Überlegenheit sondern auch in 10facher Überzahl die Demokraten vor dem Saal und veränderten das Bewußtsein der noch Indifferenten.

Überall dort, wo sich die NPD traf, waren die Demokraten in der Übermacht, wenn sie sich - unabhängig von möglichen Meinungsverschiedenheiten - zu gemeinsamen Aktionen fanden, um dem Neofaschismus eine Abfuhr zu erteilen. Darin besteht der Wert des organisatorisch erfaßten Widerstandes in den 'Bürgerinitiativen', 'Bürgeraktionen', 'Demokratischen Aktionen', die sich fernab von aller Vereinsmeierei in den Städten unseres Landes gebildet haben. Sie können die Aktionen in der Tat 'konzentrieren' - und dann hat das Wort einen guten Sinn; denn nur ein breites Bündnis kann Massen mobilisieren, Bewußtsein verändern und Alternativen aufweisen. Deshalb sollten diese Bündnisse weitergeführt werden, bis die Gefahr einer neofaschistischen Entwicklung gebannt ist.

Über die Notwendigkeit, dem Neonazismus zu begegnen, läßt auch der SPD-Präsidiumsbeschluß keine Unklarheiten aufkommen. Leider schränkt er die Wirksamkeit seines Aufrufes zur verstärkten Aktivität ein, indem er die Kommunisten davon ausschließen möchte. Die NPD jedoch vollzieht dieses Bündnis, indem sie unisono alles anzeigt - indem ihre Ordner, die potentiellen Kaduks, unterschiedlos Sozialisten und Kommunisten zusammenschlagen, wenn diese in der Minderheit sind. Die faschistischen Vorgänger der NPD vollzogen die nicht zustandegekommene 'Einheitsfront' später auf der Selektionsrampe von Buchenwald und Auschwitz: Nach links - in die Gaskammer; nach rechts - in den Steinbruch.

Diese Rückbesinnung wird ausreichen, um alle Demokraten zur Reife zu mahnen: Ohne Schimpfkanonade das Bündnis in der Breite zu schmieden, die nötig ist, den Faschismus in unserem Lande nicht durchkommen zu lassen. Gelegenheiten bieten sich dazu am 30. August in Moers, am 6. September in Düsseldorf, am 7. September in Remscheid, am 14. September in Dortmund - und wo die Braunen sonst noch versuchen Fuß zu fassen."

Auf Seite 10 berichtet Ja.:"
SPONTANE ANTWORT: STREIK

In zwei Streiks haben sich Arbeiter aus großen Konzernen in Nordrhein-Westfalen gegen Maßnahmen der Betriebsleitung gewehrt, die den Grad ihrer Ausbeutung noch steigern sollten. Bei den Stahl- und Röhrenwerken in Reisholz (S+R in Düsseldorf, IGM-Bereich - vgl. Aug. 1969,d.Vf.) (Thyssen-Konzern) legten 100 Mann der Dreherei die Arbeit nieder. In der zum Hoesch-Konzern gehörenden Westfalenhütte (IGM-Bereich in Dortmund - vgl. 14.7.1969,d.Vf.) streikten die Arbeiter im Walzwerk I und der Halbzeugstraße."
Quelle: Unsere Zeit NRW Nr.22,Essen 28.8.1969

29.08.1969:
Betriebsratssitzung auf der Dortmunder Westfalenhütte von Hoesch. Laut Protokoll-Notiz dieser Betriebsratssitzung vom Kollegen Jendhoff ist der einzige Tagesordnungspunkt die Lohnsituation in der anstehenden Stahltarifrunde (STR):"
Kollege Pfeiffer gab einen ausführlichen Bericht über die betriebliche Lohnsituation und den damit verbundenen Stand der Verhandlungen.

Er sagte u.a. daß das Direktorium sowie der Vorstand geneigt sind, das Lohnniveau bei der Hoesch-AG Hüttenwerken nach oben anzuheben, ohne daß bei der auf uns zukommenden Tariflohnerhöhung und Lohnharmonisierung eine Anrechnung erfolgt.

Die Herren Hüser und Latta wurden beauftragt, die Löhne vergleichbarer Werke an Rhein und Ruhr zu überprüfen und zu ermitteln, welch ein Pfennig-Betrag noch fehlt, um die Hoesch-AG Hüttenwerke wieder lohnmäßig in eine Spitzenposition zu bringen. Das Ergebnis dieser Überprüfung wird dem Vorstand vorgelegt.

Der dann genehmigte Pfennig-Satz, der zur Auszahlung kommt, wird am Montag, den 1.9.1969, den Betriebsratsmitgliedern bekanntgegeben."

Verantwortlich für diese Notiz zeichnet Kollege Jendhoff.
Quelle: Jendhoff:Protokollnotiz der Betriebsratssitzung der Westfalenhütte,Dortmund 29.8.1969

29.08.1969:
Im Bundestagswahlkreis 116 in Dortmund soll heute, laut einem ADF-Terminkalender, eine Agitationsbusfahrt Lenteninsel - Borsigplatz – Hoesch durchgeführt werden:"
Treffpunkt: vormittags 10 Uhr: Tiefe Str./Oesterholzstr.
16 Uhr: Hoesch/Eberhardstr.
17 Uhr: Nordmarkt
Gesamtdauer: 10 bis 18 Uhr - Pause: 13 - 15 Uhr
Benötigt würden: 1 Fahrer und unbeschränkte Zahl von Helfern für Materialverteilung."
Quelle: Priemer, Rolf Jürgen:Terminkalender für die Wahlhelfer (116),Dortmund o.J. (1969),S.1

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