Dortmund - Hoesch Hüttenwerke AG:
Die Auseinandersetzungen um das Weihnachtsgeld und das 13. Monatseinkommen von 1970 bis 1973

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 15.12.2014

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Zu den Auseinandersetzungen um das Weihnachtsgeld bzw. das 13. Monatseinkommen bei den Hoesch Hüttenwerken Dortmund in den Jahren 1970 bis 1974, einem der damals größten Betriebe der Metall- und Stahlindustrie in NRW, lagen uns bislang nur wenige Hinweise vor. Wir bitten um Ergänzungen.

Einleitend für diese Darstellung wird auf der Hoesch Westfalenhütte vom Vorsitzenden des Betriebsrats das Ziel eines 13. Monatseinkommens formuliert (vgl. 27.4.1970), wofür dann auch in der Stahltarifrunde (STR) eingetreten wird (vgl. 24.9.1970, 25.9.1970). Erreicht wird für die eisen- und Stahlindustrie eine stufenweise Anhebung des Weihnachtsgeldes auf ein 13. Monatsgehalt innerhalb von vier Jahren (vgl. Okt. 1970, 8.10.1970), wozu bei den Hoesch Hüttenwerken noch eine Ergebnisbeteiligung hinzukommt (vgl. 16.10.1970, 17.10.1970).

In der Stahltarifrunde 1971 greift dann die KPD/ML-ZK die Erhöhung des Weihnachtsgeldes als Ablenkungsmanöver an, mit dem ein niedriger Abschluß vorbereitet werden solle (vgl. 11.10.1971, 21.10.1971).

In der Tarifrunde 1972 stellt dann auch die Jugendvertretung eine Forderung nach einem Weihnachtsgeld von 400 DM auf (vgl. 9.9.1972), was aber offenbar bald wieder fallengelassen wird (vgl. 6.11.1972), während nun auch die KPD das Weihnachtsgeld als Ablenkungsmanöver angreift (vgl. 17.10.1972, 15.11.1972) und die Vorläufer des KBW von einer Entlassung kurz vor der Zahlung des Weihnachtsgeldes (vgl. 26.10.1972) und der KBW dann im folgenden Jahr die Anrechnung der Teuerungszulage (TZL) auf das Weihnachtsgeld angreift (vgl. 26.10.1973, 12.12.1973).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

27.04.1970:
Die DKP berichtet: "LEBHAFTE VERTRAUENSLEUTE-VOLLVERSAMMLUNG AUF DER WESTFALENHÜTTE".

Auch zur Kündigung des Lohntarifvertrages wird laut einem Protokoll Stellung bezogen:"
Zur Forderung von Helmut Wolf, vorzeitig den Versuch einer Kündigung des Lohntarifvertrages zu versuchen, sagte Kollege Pfeiffer, daß das nächste tarifpolitische Ziel die Durchsetzung von vermögenswirksamen Leistungen sei. Weitere Ausführungen des Kollegen Pfeiffer beschäftigten sich mit der Frage, Vertrauensleute - Sicherheitsbeauftragte -, den notwendigen und zum Teil auch schon durchgeführten Reparaturen und Verbesserungen an sanitären Anlagen, der Berechnung zur Gewinnbeteiligung sowie dem Ziel, des 13. Monatseinkommens. Alle Vertrauensleute wurden vom Kollegen Pfeiffer aufgefordert, zum Gelingen der Demonstration zum 1. Mai beizutragen."
Quellen: N.N.: Niederschrift über die Vertrauensleute-Vollversammlung am 27.4.1970, o.O. (Dortmund) o.J. (1970); Unsere Zeit Nr. 19, Essen 9.5.1970, S. 1;Heisse Eisen Nr. 3, Dortmund 1970, S. 11f und 18f

24.09.1970:
Bei Hoesch Dortmund gibt die DKP vermutlich heute ihre 'Heisse Eisen' (vgl. 17.8.1970, 28.9.1970) heraus. Ein Artikel lautet:"
15% MIT ALLEN KAMPFMITTELN DURCHSETZEN

Wenn die Metallarbeiter vor der Tarifbewegung des nächsten Jahres nicht feststellen wollen, daß der Lohnkostenanteil am Umsatzerlös trotz der 15%igen Lohnerhöhung in diesem Jahr wiederum abgesunken ist, dann wird man sich noch im Laufe der nächsten Monate neben der jetzt anstehenden Erhöhung noch auf Nebenforderungen, wie 13. Monatsgehalt, mehr Urlaubsgeld usw., orientieren müssen, um nicht mehr als die Relation von heute zu bewahren."
Q: Heisse Eisen Provokation der Unternehmer, Dortmund o.J. (Sept. 1970)

25.09.1970:
In Dortmund streiken, laut KPD/ML-ZB, je etwa 5 000 in den Hoesch-Werken Union und Westfalenhütte (für zwei Stunden), während die Kollegen des Hoesch-Werkes Phönix eine Resolution verabschiedeten, in der gefordert wurde ein Verhandlungsergebnis von unter 15% zur Urabstimmung zu stellen. An einer Demonstration zum Arbeitgeberverband beteiligen sich 1 000 Metaller. Auch die KPD/AO ist der Ansicht, daß bei Hoesch gestreikt wurde. Laut BKA Freiburg streiken bei Hoesch Dortmund insgesamt 15 000 Arbeiter. 700 Kollegen der Westfalenhütte demonstrieren mit Transparenten durch die Stadt.

Die KPD/ML-ZK hat 8 000 Streikende gezählt und die Bildung eines Streikkomitees bemerkt. Sie berichtet:"
In Dortmund vereinigten sich die Marschkolonnen der 3 Hoesch-Betriebe Westfalenhütte, Phoenix und Union zu einem mächtigen Demonstrationszug in der Innenstadt. Tausendstimmig schrien die Arbeiter den Kapitalisten das Wort Ausbeuter ins Gesicht und entlarvten das kapitalistische Verbrechersyndikat auf ihren Spruchbändern mit der Parole: 'Was unterscheidet die Mafia von Unternehmern? Nichts!' Außerdem trugen sie Transparente mit der Forderung: '15% und keinen Pfennig weniger!' sowie '13. Monatsgehalt' mit sich. Der alte Kampfruf der Arbeiterklasse erscholl: 'Alle Räder stehen still, wenn der Arbeiter es will!'

NIEDER MIT DEM VERRAT DER IG METALL!"
Q: KPD/ML-ZK-OG München: Heimtückische Spaltungsmanöver, München o.J. (Okt. 1970), S. 1; Express International Nr. 107, Frankfurt 16.10.1970, S. 6;Klassenkampf Nr. 2, Freiburg Sept. 1970, S. 2;Roter Morgen Nr. 9, Hamburg Okt. 1970, S. 1f;Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 37, Bochum 30.9.1970;Der Schwartzkopff Hammer Nr. 2, Berlin Okt. 1970;Kommunistische Arbeiterpresse AEG Telefunken o.Nr. (10), Berlin 5.10.1970;Stahlhart Extrablatt, Bochum o.J. (1970);Heisse Eisen 9% sind ein Hohn, Dortmund o.J. (28.9.1970), S. 1f;Unsere Zeit Nr. 40, Essen 3.10.1970, S. 3

Oktober 1970:
Die Hoesch Hüttenwerke AG in Dortmund in NRW (vgl. 1.7.1970) berichtet über den IGM-Tarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen (vgl. 9.5.1970), im Oktober einigen sich die Tarifpartner der Eisen- und Stahlindustrie "über eine Heraufsetzung der jährlichen Sonderzahlungen von 75 v.H. auf 100 Prozent des Monatseinkommens. Damit ist das gewerkschaftliche Ziel eines garantierten 13. Monatseinkommens in drei Stufen innerhalb von vier Jahren erreicht worden".
Q: Werk und Wir Nr. 4, Dortmund Apr. 1971, S. 106

Oktober 1970:
Laut 'Werk und Wir' findet vermutlich im Oktober eine Belegschaftsversammlung auf der Dortmunder Hoesch-Westfalenhütte statt:"
DIE BELEGSCHAFT WIRD UNTERRICHTET
DER BETRIEBSRAT DER WESTFALENHÜTTE GIBT BERICHT

Während einer sehr gut besuchten Belegschaftsversammlung des Werkes Westfalenhütte, die erstmals an einem Samstag im Provisorium der Werksschänke stattfand, berichtete der Betriebsratsvorsitzende der Westfalenhütte, Albert Pfeiffer, über die Entwicklung der tarifpolitischen Situation und über die Neuordnung im Hoesch-Bereich. … Als Hauptakzente besserer innerbetrieblicher Regelungen bei Hoesch nannte Pfeiffer die auf 100 Prozent (dreizehntes Monatseinkommen) aufgestockte Ergebnisbeteiligung 1969/70, deren erste Rate in Höhe von erstmals 600 DM bereits am 19. November zur Auszahlung gelangt".
Q: Werk und Wir Nr. 11, Dortmund Nov. 1970, S. 167

08.10.1970:
Die 'Werk und Wir' der Hoesch Hüttenwerke AG berichtet von der STR (vgl. 7.10.1970):"
Am 8. Oktober 1970 einigten sich nach langwierigen und von beiden Seiten zäh und hartnäckig geführten Verhandlungen die Verhandlungskommissionen der Arbeitgebervereinigung der nordrhein-westfälischen Eisen- und Stahlindustrie und der vier IG Metall-Bezirke Essen, Hagen, Köln und Münster auf einen neuen Tarifvertrag. Die wesentlichen Ergebnisse der Verhandlungen sind eine zehnprozentige Lohn- und Gehaltserhöhung sowie die tarifliche Sicherung eines 13. Monatseinkommens. Das Verhandlungsergebnis sieht im einzelnen so aus:
- Die Löhne und Gehälter werden ab 1. Oktober 1970 um 10 Prozent erhöht.
- Im Sonderabkommen werden für den Bezugszeitraum, der überwiegend im Kalenderjahr 1971 liegt, die bisher geleisteten 75 Prozent eines Monatseinkommens auf 100 Prozent erhöht. Das Sonderabkommen, das bis zum 31. Dezember 1971 gelten sollte, wird um fünf Jahre verlängert. Die Sonderzahlung von 75 Prozent eines Monatseinkommens wird als Übergangsregelung mit Wirkung vom 1. Oktober 1970 um 25 Prozent auf 100 Prozent eines Monatseinkommens erhöht."
Q: Werk und Wir Nr. 11, Dortmund Nov. 1970, S. 310f

16.10.1970:
Es erscheint der 'Expreß International' (EXI) Nr. 107 (vgl. 8.10.1970, 30.10.1970). Auf Seite 5 fragt Fritz Kiever zur Metall- (MTR) bzw. Stahltarifrunde (STR):"
ZAHM BEI ZEHN?

In der Eisen- und Stahlindustrie Nordrhein-Westfalens sieht es dagegen ganz so aus, als bliebe es bei den 10 Prozent. Obwohl bei der nochmaligen Verhandlung im Auftrage der Großen Tarifkommission der Eisen- und Stahlindustrie kein wesentlich verbessertes Ergebnis erzielt wurde als vorher beim Abbruch der Verhandlungen, scheinen keine Mehrheiten vorhanden zu sein, die dieses Ergebnis ablehnen werden. Die Dortmunder Gruppe, die in der Großen Tarifkommission energisch gegen die Annahme des Kompromiß-Vorschlages der Arbeitgeber gesprochen hatte, ist nun ebenfalls zahm bei zehn. Eine Betriebsvereinbarung garantiert den Hoesch-Beschäftigten, daß beim Zustandekommen eines Tarifvertrages mit einer 25prozentigen Erhöhung des Weihnachtsgeldes diese 25 Prozent nicht mit den übertariflichen Leistungen im Betrieb verrechnet werden. Bei Hoesch wird bereits jetzt durch die Koppelung mit der Dividende ein volles 13. Monatseinkommen gegenüber nur 75 Prozent in der übrigen Stahlindustrie gezahlt. Die Hoesch-Arbeiter können also bereits in diesem Jahr 125 bis 130 Prozent eines Monatseinkommens zusätzlich einstecken. Unter diesem Aspekt hatte wohl auch der Betriebsratsvorsitzende von Hoesch, der Mitglied der Verhandlungskommission ist, keine Veranlassung mehr, das Arbeitgeber-Angebot abzuschlagen."
Q: Express International Nr. 107, Frankfurt 16.10.1970

17.10.1970:
Die DKP gibt ihre 'Unsere Zeit' (UZ) Nr. 42 (vgl. 10.10.1970, 24.10.1970) heraus. In der Rubrik "Stimmen der Arbeiter" der Beilage heißt es u.a.:"
Das Mitglied des Betriebsrates der Dortmunder Hoesch-Westfalenhütte und der Großen Tarifkommission, Karl-Heinz Vernholz, sagte der UZ: 'In Anbetracht der Riesengewinne der Unternehmer und der zweifellos vorhandenen Kampfbereitschaft der Belegschaft ist das Ergebnis der Lohnverhandlungen unbefriedigend. Das durch die betriebliche Zusatzvereinbarung höhere Ergebnis für die Dortmunder Hütten beweist doch, daß die Unternehmer zahlen können.' Da bei den Dortmunder Hütten das 13. Monatseinkommen bereits erreicht war, sollen dort die 25 Prozent zusätzlich gezahlt werden."
Q: Unsere Zeit Nr. 42, Düsseldorf 17.10.1970

11.10.1971:
Vermutlich in dieser Woche erscheint eine Ausgabe der 'Roten Westfalenwalze' der Dortmunder Betriebsgruppe Hoesch-Westfalenhütte der KPD/ML-ZB (vgl. 1.10.1971, 15.10.1971) mit dem Leitartikel "Der Bluff mit dem Weihnachtsgeld" zu dessen auf der Betriebsrats-Gemeinschaftsausschuß-Sitzung geforderten Erhöhung von 600 auf 700 DM. Dies solle von der Stahltarifrunde (STR) in NRW ablenken (vgl. 19.10.1971).
Q: Die Rote Westfalenwalze Der Bluff mit dem Weihnachtsgeld, Dortmund o.J. (1971), S. 1ff

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25.10.1971:
Eine Ausgabe der 'Roten Westfalenwalze' der KPD/ML-ZB und KJVD Betriebsgruppen Hoesch Westfalenhütte Dortmund (vgl. 15.10.1971, 12.11.1971) erscheint vermutlich Anfang dieser Woche:"
SPD-REGIERUNG UND IGM-BONZEN FÜR HARTE DURCHSETZUNG DES LOHNDIKTATS

Kollegen, besonders im Stahlbereich wird das Lohndiktat ganz hart und offen durchgesetzt. Denn hier gibt es keinen Spielraum für große Betrügereien. Hier können die Gewerkschaftsführer nicht wie im Metallbereich mit dem Gerede um ein 13. Monatsgehalt von der 15%-Forderung ablenken. Außerdem ist die Krise schon besonders weit fortgeschritten und eine immer breitere Kampffront der Kollegen stellt sich gegen die Krisenangriffe: auch auf der Westfalenhütte, wo die Schlosser vom Stahlbau aus Protest gegen das spalterische Punktesystem, die B2-Prüfung verweigerten (vgl. 25.10.1971, d.Vf.). Im Stahlbereich gibt es auch keine Schlichtung, die dem Verrat so ein Mäntelchen umhängen könnte, als ob es gar nicht die 'armen' Gewerkschaftsführer gewesen wären, die den Verrat ausgehandelt hätten. Laut 'Handelsblatt' planen die IGM-Führer einen 0-Monat, das heißt, sie wollen den Tarifvertrag erst ab 1. November abschließen, damit das Ergebnis günstiger aussieht. Auf Betriebsebene startet man dann noch solche Ablenkungsmanöver wie den Weihnachtsgeldschwindel, der von den Betriebsräten breit im Betrieb propagiert worden ist. Weil uns das alles aber nicht ablenken kann von unserem Kampf gegen das Lohndiktat der SPD-Regierung, haben die Kapitalisten, die SPD-Regierung, die Gewerkschaftsführer und ihre Stützen im Betrieb sich schon andere Maßnahmen ausgedacht."
Q: Die Rote Westfalenwalze SPD-Regierung und IGM-Bonzen für harte Durchsetzung des Lohndiktats, Dortmund o.J. (1971)

09.09.1972:
Vermutlich auf der heute stattfindenden 5. Bezirksvorstandstagung Ruhr-Westfalen der DKP wird das ein Papier zur Metall- (MTR) bzw. Stahltarifrunde (STR) der IGM verbreitet:"
ZUR LOHNRUNDE IN DER METALL-INDUSTRIE

Die Teilbelegschaftsversammlung im Stahlbau der Hoesch Westfalenhütte (Dortmund - vgl. 25.8.1972, d.Vf.) fordert 12% mehr Lohn und 0, 50 DM pro Stunde Vorweganhebung. In der Entschließung heißt es …

Zugleich erheben die Auszubildenden die Forderung nach Wegfall der Altersabstufungen und 100 DM monatlich mehr für alle. Die Jugendvertretungen von Hoesch und Ford fordern gleichzeitig für jeden Tag 10 DM Urlaubsgeld und 400 DM Weihnachtsgeld."
Q: N.N. (DKP): Zur Lohnrunde in der Metall-Industrie, o.O. o.J. (1972)

17.10.1972:
Heute streikt ein Teil der Belegschaft des Kaltwalzwerkes (KWW) bei Hoesch Westfalenhütte Dortmund. Die KPD Zelle Westfalenhütte Dortmund (vgl. 24.10.1972) berichtet:"
STREIK IM KALTWALZWERK. KAMPF DEM LEISTUNGSLOHN!
KAMPF DEM TARIFVERTRAGSSYSTEM!

Der BR, besonders die Aufsteiger Wetzel, Schrade und Kleinhorst sagen, wie viele Kollegen und Vertrauensleute, sie seien auch für die Anhebung der unteren Löhne, gegen die Zustände im Kaltwalzwerk. Und man kann sich sogar vorstellen, daß die Kapitalisten tatsächlich irgendwann die niedrigsten Löhne um ein paar Pfennig anheben werden. Aber NICHT, weil der BR so 'energisch' verhandelt hat, sondern weil die Hoesch-Kapitalisten verhindern wollen, daß die Kollegen streiken, und daß immer mehr kündigen.
Denn jeden Monat kündigen zig Kollegen, weil man anderswo mindestens ebensoviel verdient, jeden Tag steigt der Unmut unter den Kollegen über die Löhne bei Hoesch.
Deshalb also auch der Versuch von Hoesch, mit der Zahlung eines '13. Monatslohnes', der nichts anderes ist, als das frühere Weihnachtsgeld und die frühere Prämie zusammen, den Kollegen Sand in die Augen zu streuen.
Kollegen, eine wirkliche Verbesserung der Löhne ist illusorisch, wenn wir uns an die Pläne der IGM-Führung und an die ewigen Verhandlungen der Lohnkommission halten."
Q: Kommunistische Arbeiterpresse - Hoesch, Dortmund 24.10.1972, S. 1

26.10.1972:
Die Marxisten-Leninisten (ML) Dortmund (vgl. 13.11.1972) veröffentlichen über heute die folgende:"
ARBEITERKORRESPONDENZ
'Castrop, den 29.10.1972

RIESENWAHLGESCHENK AN EINEN ARBEITER DER HOESCH-AG

Als Vater von zwei Kindern werde ich sechs Wochen vor Weihnachten und zwei Tage vor Zahlung des Weihnachtsgeldes von meinem Arbeitgeber nach fast dreijähriger Betriebszugehörigkeit OHNE BEGRÜNDUNG ENTLASSEN!

Als langjähriger SPD-Wähler meinen herzlichen Dank. Insbesondere gilt mein Dank aber der Gewerkschaft! (Anmerkung der ML Dortmund: Der Betriebsrat Georg Werner hatte der Entlassung zugestimmt.)

J.L.
ein treuer Beitragszahler'"

Kommentar der ML Dortmund:"
So einfach geht das…"
Q: Die Rote Front Nr. 3, Dortmund Nov. 1972, S. 3f

06.11.1972:
Die Jugendbetriebsgruppe (JBG) Hoesch Phoenix Dortmund des KJVD der KPD/ML-ZB gibt vermutlich in dieser Woche eine 'Rote Westfalenwalze' (vgl. 25.10.1972) heraus:"
WIR LEHRLINGE STELLEN UNSERE LOHNFORDERUNGEN AUF! (NICHT DIE BONZEN!)

Die Jugendvertretung scheint in ihrer Mehrheit ebenfalls die Forderung, die sie vorher unterstützt hat, jetzt vergessen zu haben. Einigen, so wie Freddy Grün, der sich früher für die Lehrlinge einsetzte, scheinen jetzt die Vorteile einer Karriere in SPD und Gewerkschaft immer mehr zu gefallen. Wie wenig Rückgrat einige unserer Jugendvertreter besitzen, kann man schon daran sehen, daß sie ihre Forderung nach Erhöhung des Weihnachtsgeldes sofort haben fallen gelassen, als die Unternehmensleitung ablehnte. Wenn es ihnen wirklich ernst gewesen wäre, dann hätten sie nach der Diskussion in der Lehrwerkstatt, (was immerhin schon ein erster Schritt war) zum Beispiel Unterschriften für die Forderung gesammelt, um der Forderung Nachdruck zu verleihen."
Q: Rote Westfalenwalze Wir Lehrlinge stellen unsere Lohnforderungen auf!, Dortmund o.J. (Nov. 1972)

15.11.1972:
Heute findet bei Hoesch Westfalenhütte Dortmund eine Belegschaftsversammlung statt. Die KPD bei Hoesch (vgl. 22.11.1972) erstattet folgenden:"
BERICHT VON DER BELEGSCHAFTSVERSAMMLUNG

Daß die Lohnhöhe den Kollegen aber keineswegs egal ist, zeigen die vielen Redebeiträge, in denen sich die Kollegen für höhere Löhne, für die Abschaffung der unteren Punkte und für die Einführung eines Mindestlohnes aussprachen.
Pfeiffer hingegen verteidigte die unteren Punkte, denn, wenn man das 13. Monatsgehalt und das 624-DM Gesetz hinzurechnet, könnte man schon mit seinem Geld auskommen.
Kollegen, setzen wir diesem Gerede und Geschwätz eines Arbeiterverräters den entschiedenen Kampf für die Abschaffung der unteren Punkte entgegen.
1.200 DM MINDESTLOHN!
150 DM MEHR FÜR ALLE!"
Q: Kommunistische Arbeiterpresse – Hoesch Dortmund Bericht von der Belegschaftsversammlung, Dortmund o. J. (Nov. 1972), S. 1

26.10.1973:
Mit einem Flugblatt des Dortmunder 'Roten Hoesch Arbeiters' (vgl. 17.10.1973, 31.10.1973) unter der Schlagzeile "Die 15% Forderung muß vom Tisch", wird dieser nun nicht mehr von der Kommunistischen Fraktion im Ruhrgebiet (KFR) für den Wiederaufbau der KPD sondern der Ortsaufbaugruppe Dortmund des KBW - Zelle Hoesch herausgegeben. Ausgeführt wird zu MTR bzw. STR:"
DIE 15% FORDERUNG MUß VOM TISCH!

JETZT FEHLEN 70 DM

Die 70 DM Teuerungszulage ist jetzt endgültig vom Tisch, für Oktober wird nicht mehr gezahlt, und darüber verhandelt wird auch nicht mehr. Das einzige, was die kampfstarken Gewerkschaftsführer herausgeholt haben, ist, daß die 70 DM bei der Berechnung des Weihnachtsgelds (13. Monatsgehalt) angerechnet werden. Das heißt, das Weihnachtsgeld wird sich einmalig um etwa 70 DM Brutto erhöhen! Wie man's richtig macht, haben vor zwei Wochen die Stahlarbeiter an der Saar gezeigt, die die Fortzahlung der 70 DM in zweitägigen Streiks durchsetzen. Und so sehen die Zahlen aus: 15% von 5, 86 DM (Ecklohn -0, 88DM), das sind von 7, 38 DM (16 Punkte-Mann) -11, 9%. Gehen wir davon aus, daß das Ganze noch runtergehandelt wird auf 12%, was nach den Erfahrungen der letzten Jahre zu erwarten ist, dann sieht die Rechnung noch trauriger aus: 12% von 5, 86 -0, 70DM, das sind von 7, 38 DM -9, 5%! Wer soll von diesen 70 Pfg. mehr leben können?"
Q: Roter Hoesch Arbeiter, Dortmund 26.10.1973

12.12.1973:
Laut 'Werk und Wir' treffen sich an diesem Tag im Goldsaal der Dortmunder Westfalenhalle "rund 500 Betriebsratsmitglieder aus dem gesamten Hoesch-Konzern zur Betriebsräte-Vollkonferenz", die der Gesamtbetriebsrat von Hoesch einberufen hatte:"
Das erste Referat hielt Albert Pfeiffer, der Vorsitzende des Hoesch-Gesamtbetriebsrates. …
ERGEBNISBETEILIGUNG

Um den Interessen der Mitarbeiter aus der Weiterverarbeitung gerecht zu werden, sei es nach schwierigen Verhandlungen gelungen, die Vereinbarung über die Ergebnisbeteiligung weiter auszubauen, nach der die Sonderzahlung von 50% auf 70% eines 13. Monatseinkommens erhöht wurde. Unter Berücksichtigung des 30prozentigen Urlaubsgeldes erhalten Mitarbeiter der Weiterverarbeitung nun auch ihr 13. Monatseinkommen, und damit werde die lange angestrebte Gleichstellung aller Arbeitnehmer bei Hoesch erreicht."
Q: Werk und Wir Nr. 1, Dortmund Jan. 1974, S. 4f

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