Roter Kumpel - Branchenzeitung für die Bergbau AG Dortmund

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 29.3.2011

Der hier in seinen ersten Ausgaben dokumentierte 'Rote Kumpel' ging über den Umweg einer Ausgabe des 'Roten Hansa Kumpel' aus der 'Roten Front' hervor, die in Dortmund und Castrop-Rauxel erschien.

Zwar steht die Bergbau AG Dortmund im Namen, es erscheint aber fraglich, ob tatsächlich alle ihr zugehörigen Zechen vom 'Roten Kumpel' ereicht wurden. Der Schwerpunkt zumindest lag weiterhin auf der Zeche Hansa, daneben waren die Herausgeber, zunächst das Kommunistische Kollektiv Hansa und dann die Bergbauzelle des Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW), aber auch auf der Zeche Minister Stein / Hardenberg aktiv.

Zentrale Themen des 'Roten Kumpel' sind neben Fragen des Bergbaus und der Tarifrunden bzw. der wilden Streiks wie im Saarbergbau vor allem die Ölkrise und die zugleich erfolgenden Stillegungen im Steinkohlenbergbau, wie sie damals u.a. bei der Zeche Hansa drohen aber auch bei der Zeche Monopol in Kamen. Daneben finden sich internationale Berichte und solche über die Kämpfe am Ort, wie etwa um das Erich Dobhardt-Haus.

Innerhalb des KBW war der 'Rote Kumpel' zunächst die einzige betriebliche Publikation für den Steinkohlebergbau, erst später kam auch bei Radbod Hamm eine weitere solche hinzu und in Helmstedt verfügte der KBW wenigstens in der Braunkohle über eine weitere Zelle (vgl. 15.11.1973). Insgesamt aber war der 'Rote Kumpel' damals das zentrale Organ des KBW für den Bergbaubereich.

Ob weitere Ausgaben des 'Roten Kumpel' erschienen sind als die hier vorgestellten ist uns nicht bekannt. Falls jemand diese verfügbar hat oder Näheres so bitten wir um Information und/oder Zusendung von Scans.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

27.08.1973:
Eine gemeinsame Extraausgabe der Dortmunder Betriebszeitungen 'Roter Hoesch-Arbeiter' (vgl. Aug. 1973, 18.9.1973) und 'Roter Kumpel' (vgl. 23.7.1973, 12.9.1973), der zuvor noch 'Roter Hansa Kumpel' hieß, herausgegeben in einer Auflage von 5 000 von den Kommunistischen Kollektiven Hoesch und Zeche Hansa Dortmund sowie Gewerkschaft Viktor Castrop-Rauxel der KFR erscheint mit 2 Seiten größer DIN A4 unter Verantwortung von R. Wagner, Dortmund:"
METALLER GEHEN NACH VORN

Weder die massiven Drohungen der Kapitalisten, noch die Ablenkungsmanöver der sozialdemokratischen IGM-Führung (Loderer: 'In der nächsten Tarifrunde werden wir zweistellige Lohnerhöhungen durchsetzen') konnten die kampfentschlossenen Metaller bremsen. Der selbständige, betriebliche Lohnkampf, als Reaktion und Notlösung nach der 'Konzertierten-Lohnabbau-Aktion' von Kapital, Bundesregierung und IGM-Spitze bei der letzten Tarifrunde, ist zu einer breiten Massenbewegung angeschwollen. Nachdem Fernsehen und Presse erst versucht hatten, diese Lohnkämpfe totzuschweigen und zu diffamieren ('randalierende Gastarbeiter') sind jetzt bürgerliche Politiker und Journalisten aller Schattierungen in ein großes Lamento über die 'unvernünftigen' Metallarbeiter ausgebrochen. Diese Herren, die sich sonst ein Dreck um die Bedürfnisse und Interessen der Werktätigen kümmern, fühlen sich plötzlich dazu berufen, den 'dummen Malochern' zu erklären, daß sie mit diesen Streiks sich selbst schaden, weil dadurch angeblich Preisstabilität, Arbeitsplätze und Tarifautonomie der Gewerkschaft gefährdet würden. Doch bekanntlich wird aus Lügen nicht Wahrheit, auch wenn man sie tausendmal auftischt.

KEINEN ZEITAUFSCHUB FÜR DIE TAKTIK DER KAPITALISTEN - DIE WACHSENDE KAMPFFRONT ALLER METALLER SCHAFFT GÜNSTIGE BEDINGUNGEN FÜR EINEN ERFOLG IM LOHNKAMPF

Ein der meistgenannten Argumente in Radio und Fernsehen gegen die Lohnkämpfe der Kollegen ist: Es wird gegen das Tarifgesetz verstoßen. Weil die Kollegen mit ihren Forderungen eigentlich Recht haben, sollen sie bis zum Ende der Tarifzeit warten und dann nur ruhig hohe Forderungen stellen. Weshalb ist das falsch und gefährlich?

Die Kapitalisten wollen Zeit schinden. Sie wissen,
- daß die Kollegen jetzt einig sind in ihren gemeinsamen Forderungen und der Absicht, diese jetzt konsequent durchzusetzen;
- daß die Auftragslage jetzt hoch und die Profite riesig sind. Solange wie möglich wollen sie die Arbeiterklasse mächtig ausplündern.
- daß die steigende inflationäre Tendenz und die zunehmenden Konkurse die bevorstehende Krise ankündigen. Sie hoffen, daß in einem halben Jahr die Arbeiter aus Angst vor der Krise dann keine für sie ausreichenden Lohnforderungen mehr stellen werden.
- daß die selbständig kämpfenden Arbeiter eine mächtige und erfolgreiche Kraft sind. Sie hoffen, daß die Tarifkommission mit ihren sozialdemokratischen Stabilitätsaposteln wie im Januar zur Profitsicherung funktionieren und die Arbeiter wieder übers Ohr hauen wird.

Nur wenn die Verbesserung der Lage der Arbeiter verhindern will, versucht viele Argumente gegen die Bereitschaft zum Lohnkampf zu finden. Jedes weitere Abwarten wird sich nur gegen die breite Bereitschaft zur Durchsetzung der Forderungen richten.

GEFÄHRDUNG DER ARBEITSPLÄTZE DURCH STREIK?

Stingl, Präsident der Bundesanstalt für Arbeit kündigte in den Samstagabend-Nachrichten und der Bild am Sonntag an: Die wilden Streiks haben möglicherweise Einfluß auf den Arbeitsmarkt. Es sei nicht auszuschließen, daß Arbeitgeber unter Umständen ja nach der Situation des Betriebes mit Entlassungen antworten. Damit kündigte er an, daß nach den Streiks mit Repressionen und wirtschaftlichen Entlassungen zu rechnen sei. Diese Drohung soll uns einschüchtern. Bei jedem Streik ist mit Kündigungen zu rechnen. Auch Hoesch wollte nach dem Streik im Frühjahr aktiven Kollegen kündigen. Wegen der Solidarität der anderen Kollegen mußten die Kündigungen zurückgezogen werden.

HABEN LOHNFORDERUNGEN SINN, WENN SIE DOCH NUR ANSCHLIEßEND AUF DIE PREISE ABGEWÄLZT WERDEN?

Diese Argumentation, die manche Kollegen gegen Lohnforderungen bringen, ist faul.

Sie geht von der Lohn-Preis-Spirale aus. Haben wir aber nicht selbst nach dem 8,5% Abschluß der letzten Tarifrunde gemerkt, daß die Unternehmer sich gar nicht nach den Lohnsteigerungen richten, wenn sie die Preise erhöhen?

Denn die Preise sind seitdem im Schnitt um 8-10% gestiegen. Die Unternehmer erhöhen die Preise, um einen höheren Profit rauszuschlagen, Lohnerhöhungen dienen ihnen allenfalls als plumpe Rechtfertigung dafür. Weitere Preissteigerungen werden also auf jeden Fall kommen, ob wir nun um höhere Löhne kämpfen oder nicht, weil jeder Kapitalist in Konkurrenz zum anderen versucht, den höchsten Profit herauszuschlagen.

Den Arbeitern bleibt gar nichts anderes übrig, als immer wieder um einen ausreichen Lohn zu kämpfen.

WER JETZT NACH DEM STAAT RUFT, WEIß WARUM!

Seitdem die selbständigen, betrieblichen Lohnkämpfe zu einer starken Massenbewegung angeschwollen sind, rufen Unternehmerverbände und ihre offenen Interessenvertreter in Parteien und Pressen immer lauter nach dem Staat. Von der Bundesregierung erwarten sie, daß sie die streikenden Arbeiter an die Kandare nimmt. Und sie haben berechtigte Hoffnungen, daß die Bonner Regierung entsprechend handeln wird. Erinnern wir uns: erst Lohnleitlinien von 8-9% vor der letzten Tarifrunde, dann Drohung mit Konjunkturzuschlag, falls wir mehr erkämpfen und schließlich ein Stabilitätsprogramm, das die Kapitalisten mühelos auf die Verbraucherpreise abwälzen konnten. Die Kapitalisten haben wirklich gute Gründe nach dem Staat zu rufen, und wir alle Grund nichts von staatlichen Maßnahmen zu erhoffen und allein auf unsere Kraft zu verlassen, wenn wir unsere Lebensbedingungen verteidigen und verbessern wollen.

LINKSRADIKALE WIEGELN METALLARBEITER ZU WILDEN STREIKS AUF!

Mit solchen Behauptungen versuchen die Kapitalisten, bürgerliche Politiker und Journalisten die Tatsachen zu verdrehen. In Wirklichkeit sind verschärfte Arbeitshetze, mehr Überstunden und gleichzeitiger Reallohnabbau - also die tatsächlichen Arbeits- und Lebensbedingungen - was die Kollegen aufwiegelt. Das Körnchen Wahrheit an dem 'Radikalen-Märchen' der Kapitalistenfreunde ist allerdings, daß die Kommunisten die einzige politische Kraft sind, die uneingeschränkt und nach besten Möglichkeiten die berechtigten Lohnkämpfe unterstützen und fördern.

Und das tun wir nicht, weil wir so gerne Rabatz haben, sondern weil der Klassenkampf - also die Profitgier des Kapitals, die arbeiterfeindlichen Maßnahmen des Staates und die Lohnverzichtspolitik der DGB-Führung -Bedingungen geschaffen haben, die der Arbeiterklasse keinen anderen Ausweg lassen, als ihr Lebensniveau in selbständigen, betrieblichen Streiks zu sichern. Und genau darum, nämlich auf der Grundlage des Klassenkampfes, heißt unser politisches Ziel: sozialistische Revolution, Errichtung der Arbeitermacht; denn erst, wenn die Arbeiterklasse die Macht im Staate hat, gibt es gesicherte Arbeitsplätze und immer bessere Lebensbedingungen für alle Werktätigen.

DEN GEWERKSCHAFTLICHEN KAMPF ORGANISIEREN

Die Metallkollegen haben den selbständigen Lohnkampf gegen die Teuerung in die Hand genommen. Das ist die beste Vorbereitung auf die nächste Tarifrunde. Die Belegschaften lernen, daß im einheitlichen Lohnkampf ihre Stärke liegt. Den sozialdemokratischen Gewerkschaftsführern wird gezeigt, daß sie nicht mehr ohne Widerstand der Arbeiter ihre arbeiterfeindliche 'Stabilitätspolitik' fortsetzen können. Den Unternehmern wird klargemacht, daß die Arbeiter den weiteren Lohnabbau durch Preissteigerungen nicht mehr hinnehmen. Die Gewerkschaftsführer haben sich gegen die Streikbewegung ausgesprochen, versucht ihn abzuwürgen und zu verleumden. Einige Kollegen meinen deshalb, man müßte den Lohnkampf ohne und gegen die Gewerkschaften führen.

Das ist nicht richtig. Denn die Gewerkschaften, das sind nicht die Herren Loderer, Vetter, Hau-Schmidt und Co., sondern das sind die gewerkschaftlich organisierten Vertrauensleute, Betriebsräte und Kollegen, die heute in den Betrieben den Lohnkampf organisieren. Wenn man bedenkt, wie die Kapitalisten mit ihren verzweigten Konzernen sich regional und national organisiert haben, wäre es ein großer Fehler zu meinen, wir könnten wirksam den Lohnkampf allein in den einzelnen Betrieben führen, Hier wird es den Kapitalisten immer wieder gelingen, die Arbeiter abzuspeisen und zu verhindern, daß sie eine einheitliche Kampffront bilden. Wenn heute in den Metallbetrieben der selbständige Lohnkampf beginnt, muß er fortgeführt werden als gewerkschaftlicher Kampf für die Bezirke und das ganze Land. Es müssen Forderungen wie z.B. die 300 DM bis Jahresende der Opelarbeiter oder die 100 DM pro Monat der Varta Kollegen oder die 50 Pfennig pro Stunde von Rheinstahl Brackwede vereinheitlicht werden, damit sich alle Arbeiter hinter sie stellen können und die Gewerkschaftsführung gezwungen werden, den Kampf zur Durchsetzung dieser Forderungen zu organisieren. Auch Frauen, die arbeiten müssen, weil's zu Hause nicht reicht, streiken für Teuerungszuschläge und kämpfen erfolgreich unter den Leitsätzen:

MÄNNER UND FRAUEN - GLEICHER LOHN FÜR GLEICHE ARBEIT!
DEUTSCHE UND AUSLÄNDISCHE ARBEITER - EINE KAMPFFRONT!

Für Teuerungszulage, das ist die Forderung für die immer mehr Belegschaften in den Streik treten. Mittlerweile sind es über 50 000 Arbeiter. Opel, Ford und Rheinstahl steht. Eine große Zahl von Klein- und Mittelbetrieben machen mit. Die Opel-Kollegen fordern 300,-DM mehr, die Varta-Kollegen 100 DM pro Monat. Bei Rheinstahl werden 60-80 Pfennig pro Stunde gefordert. Diese Streikbewegung ist die richtige Antwort auf die ungeheuren Preissteigerungen der letzten Monate. Denn für die meisten Kollegen gibt es bei diesen Preisen ohne Überstunden und Panzerschichten, ohne Mitarbeit der Frau kaum noch ein gutes Auskommen. Das ist überall so. Deshalb wird auch überall gestreikt.

Als vor vier Wochen bei Hella (Lippstadt) die Streikbewegung begann, schwiegen sich die Politiker, Presse, Rundfunk und Fernsehen noch aus. Heute vergeht keine Stunde, wo diese Herrschaften nicht versuchen, sich die Sorge der Arbeiter zu eigen zu machen. Interviews, Presseerklärungen usw. eine fürchterlich hektische Diskussion soll uns vortäuschen, daß sich die Politiker unserer Sache angenommen hätten. Doch lassen wir uns nicht täuschen. Diese Herrschaften haben nur eine fürchterliche Angst bekommen, die Metallarbeiter könnten ihren selbständigen Lohnkampf fortsetzen und die Stahl- und Bergbaukollegen könnten sich ein Beispiel nehmen.

Genau das sollten die Kollegen tun. Denn der Kampf der Kollegen von Opel, Rheinstahl und Ford zeigt, was wir gegen die Teuerung tun können; den selbständigen Lohnkampf organisieren.
29.5. 2 500 Kollegen streiken mehrere Stunden bei Felten und Guillaume. Sie forderten 70 Pfennig mehr für alle.
4.6. Bis zum 4.6. hatten die Arbeiter in 29 Betrieben der Mannheimer Metallindustrie Lohnerhöhungen zum Teuerungsausgleich in Höhe von 10-30 Pfg. für 43 000 Metaller erkämpft.
15.6. Die V-Leute Vollversammlung der Westfalenhütte fordert die IG Metall auf sofort in Verhandlungen für Tariferhöhungen zu treten. Gefordert wurden: 40 Pfg./Std. oder 70 DM monatlich.
Mehrere Stunden legten 1 000 Kollegen bei Krupp, Essen die Arbeit nieder. Zuvor war in verschiedenen Abteilungen die Forderung nach 70 DM Lohnerhöhung erhoben worden. Auf das Angebot der Kapitalisten 30 DM zu zahlen, machten die Kollegen eine Demonstration zur Hauptverwaltung und forderten weiter 70 DM.
Juli (vgl. 16.7.1973,d.Vf.). 11 000 deutsche und ausländische Arbeiter streiken 4 Tage lang bei den Hella-Werken in Lippstadt und Paderborn und erreichten trotz Polizeiterror 40 Pfennig mehr.
8.8. Die Kollegen von Holstein und Kappert forderten 250 DM Zulage. 1 1/2 Tage legten sie in Witten und Dortmund die Arbeit nieder und erreichten ihr Ziel.
13.8. Bei Pierburg in Heuß legten 2 000 Arbeiter die Arbeit nieder und erhoben die Forderung 1 Dollar (?) mehr für alle - Wegfall der Lohngruppe 2!
16.8. Mit der Forderung 40 Pfg. für alle begannen 2 500 Kollegen bei Küppersbusch ihren Streik um eine Teuerungszulage.
20.8. Kollegen der Ruhrzink-GmbH Datteln erkämpfen 71 Pfg. mehr für alle. 200 Kollegen bei Olbrich in Bocholt kämpfen für ihre Forderung 70 DM.
21.8. Nach mehrtägigem Streik haben die Kollegen in Herne Erfolg: Dorn zahlt 5% mehr Weihnachtsgeld und 12 Pfg. Schmutzzulage; Flottmann zahlt 225 DM Zulage.
Bei Kestermann Bochum streiken 130 Kollegen mehrere Stunden und erhalten 30-50 Pfg.
22.8. Bei Opel Bochum legen 19. 000 Kollegen die Arbeit nieder. Ihre Forderung lautet: 300 DM Zulage, 2. 000 Kollegen im Werk 2 fordern zusätzliche bezahlte Pause bei jeder Schicht. Der erste Großbetrieb hat sich in die Kampffront der bereits streikenden Arbeiter eingereiht.
Die Arbeiter bei Krombach in Hildenbach-Dahlbruch fordern ebenfalls eine Teuerungszulage.
Die Kollegen einer Gesenkschmiede in Gevelsberg erhalten nach mehrstündigem Streik 200 DM Teuerungszulage.
In Herne, Optal-Werk legen 30 Kollegen die Arbeit nieder.
Rheinstahl-Duisburg schließt sich dem Streik der Kollegen in Bielefeld an und fordert ebenfalls 80 Pfennig.
Bei Klöckner-Castrop erkämpfen 800 Arbeiter nach mehreren Stunden 150 DM Zulage.
In Brackwede legen 1 600 Kollegen die Arbeit nieder um ihre Forderung nach 80 Pfennig mehr für alle durchzusetzen.
23.8. Die Kollegen der Berzelius-Metallhütte Duisburg fordern ebenfalls 71 Pfg. und legen die Arbeit nieder.
2 000 Kollegen streiken für mehrere Stunden bei der Gutehoffnungshütte in Oberhausen.
24.8. Die Arbeiter bei Rheinstahl-Wagner in Dortmund legen für mehrere Stunden die Arbeit nieder und fordern eine Teuerungszulage.
300 Frauen streiken bei VDO-Dortmund für Teuerungszulage.
300 bei Varta Hagen streiken für 100 DM mehr pro Monat.
Bei Philips in Aachen und Krefeld fordern die Kollegen: Teuerungszulage von 200 DM und 60 Pfennig pro Stunde mehr.
Erstmals reihen sich die Kollegen außerhalb von NRW in die Front ein. Seit Freitag streikt Buderus in Lollar Hessen für eine Teuerungszulage.
Die Kollegen von Ford legen die Arbeit nieder und fordern: Wiedereinstellung von 300 entlassenen türkischen Kollegen, Reduzierung der Bandgeschwindigkeit und 1 DM mehr für alle."
Quelle: Roter Hoesch Arbeiter/Roter Kumpel Extra,Dortmund 27.8.1973

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12.09.1973:
In Dortmund erscheint ein 'Roter Kumpel' (vgl. 27.8.1973, 3.10.1973) durch die KFR und das Kommunistische Kollektiv Zeche Hansa der bisher allein von dem kommunistischen Kollektiv Zeche und Kokerei Hansa herausgegeben wurde. Der Umfang beträgt zwei Seiten DIN A 4, die Verantwortung trägt Reinhart Wagner, Dortmund Uhlandstraße 82 Der Leitartikel lautet:"
ENERGIEPROGRAMM - KEINE HILFE FÜR DIE KUMPEL!
Bundeswirtschaftsminister Friedrichs hat sein 'Energiekonzept' (vgl. **.*.1973,d.Vf.) veröffentlicht. Von Kohlesanierung ist da die Rede. Der Bergbau soll gesunden und die 'schwierigen Energieprobleme' würden nun endlich gelöst. Natürlich soll die Sache etwas kosten.

Was steckt hinter diesem 'neuen Energiekonzept'? Muß der Kumpel nun weniger um seinen Arbeitsplatz bangen? Ganz im Gegenteil! Beschäftigt man sich etwas mit der Sache, sieht man ziemlich schnell, wohin der Hase läuft. Und es wundert einen dann nicht mehr, wenn man hört, daß im Rahmen dieses Energiekonzeptes wieder ein paar Zechen und Kokereien geschlossen werden sollen.

Die Regierung sagt, daß dies eben 'notwendige Opfer zur Gesundung des Steinkohlebergbaus' sind.

Doch solche Sprüche sind schlicht gelogen! In den Wirtschaftsteilen der Tageszeitungen kann man nachlesen, worum es geht! Bevor da von Kohle die Rede ist, wird erstmal über Pläne berichtet, die größten Energiekonzerne in Westdeutschland, RWE, Gelsenberg und Veba zu einem riesigen Erdöltrust zusammenzuschließen. Um den Bergbau zu sanieren geschieht das nicht! Es geht um 'mehr Konkurrenzfähigkeit auf dem Rohstoffmarkt'. Zu deutsch heißt das: Die Konzerne wollen einen größeren Teil der Erdölgewinnung in ihre Finger bekommen. Sie wollen nun in das internationale Geschäft mit den Rohstoffanteilen einsteigen. Das steigert mit Sicherheit den Gewinn der Konzerne. Auf Kosten der Kumpel und ihrer Arbeitsplätze.

Mehr, immer mehr Profit, das ist das Ziel dieser Konzepte und Sanierungen. Um das Wohl der Arbeiter geht es da nicht. Klar, wenn die Erdöleinfuhr erhöht wird, muß die Kohleproduktion sinken. Nach den Plänen der Bundesregierung soll die Kohleproduktion in den nächsten 5 Jahren um 20% gesenkt werden, von 102 Mio. Tonnen auf 83 Mio. Tonnen Jahresleistung. Das geht nicht ohne weitere Stillegungen ab.

Wenn Stillegungen drohen und wir um unsere Arbeitsplätze fürchten müssen, müssen wir dann auf den Lohnkampf verzichten? Bei Hansa wurde ein neuer Schildausbau begonnen, um so eine Tagesförderung der Zeche von 2 000 To. zu sichern. Es wird schwer gearbeitet und die Fleisch- und Milchpreise steigen für den Kumpel genau so wie für alle anderen Arbeiterhaushalte. Nicht die Profitlage der Kapitalisten und ihres Staates, sondern unser eigenes Portemonnaie muß uns sagen, wann der Lohnkampf geführt werden muß. Wir müssen unsere Gewerkschaft auf Vordermann bringen, daß sie sich dafür einsetzt, vernünftige Sozialpläne aufzustellen, die unseren bisherigen Erwerb sichern und das Umschulen erleichtern. Wir müssen den Kampf aber dagegen aufnehmen, daß der Kumpel zweimal verkauft wird: daß erstens durch die falsche Energiekonzeption die sich allein an den Profitinteressen der Konzerne orientiert, noch mehr Kumpel ihren Arbeitsplatz verlieren und zweitens, daß durch die ständigen Drohungen neuer Stillegungen die Kumpel daran gehindert werden, die berechtigten Lohnforderungen zu stellen."

Im zweiten Artikel heißt es:"
VON DEN SELBSTÄNDIGEN STREIKS DER METALLER KÖNNEN WIR LERNEN

In den letzten Wochen konnten wir verfolgen, wie im Metallbereich die Kollegen den Kapitalisten die richtige Antwort auf die ungeheure Teuerungswelle gegeben haben. Sie ließen sich nicht mit Sprüchen von 'stabilitätsgerechtem Verhalten' abspeisen. Sie führten den selbständigen Lohnkampf gegen Reallohnabbau und hatten in den meisten Betrieben Erfolg.

Die Kämpfe der Metaller haben gezeigt, daß das gemeinsame Eintreten der Belegschaften für ihre Interessen die Kapitalisten zu Verhandlungen und auch zu Lohnerhöhungen zwingen kann.

Die Streiks haben auch solche Kollegen widerlegt, die auf die ausländischen Arbeiter herabgeschaut haben. Die Ausländer standen immer in vorderster Reihe.

Das abwartende Verhalten der Gewerkschaftsführung, die sich teilweise sogar gegen die Streiks aussprach, führte dazu, daß die betrieblichen Kämpfe nicht über die einzelnen Betriebe hinaus gingen und keine gemeinsame Lohnforderung aufgestellt wurde.

DIE KUMPEL MÜSSEN SICH IN DEN KAMPF GEGEN DEN REALLOHNABBAU EINREIHEN.

Die Kollegen im Druck-, Stahl- und Metallbereich haben im Laufe des Sommers Teuerungszulagen (TZL,d.Vf.) erkämpft. Im öffentlichen Dienst sind in den vergangenen Monaten Forderungen nach vorzeitiger Tariferhöhung aufgestellt worden. Die Kumpel mußten wie die anderen Branchen einen Lohnleitlinienabschluß hinnehmen. Zwar brachte der Manteltarif vor allem für die älteren Kumpel Verbesserungen. Das Ziel, den Reallohnabbau durch Inflation und Teuerung in der Tarifrunde auszugleichen, wurde aber nicht erreicht. Wenn jetzt die Metaller ihren Kampf erfolgreich aufgenommen haben, können die Kumpel nicht diejenigen sein, die auf ihre Existenzsicherung verzichten. Deshalb muß auf der bevorstehenden Betriebsversammlung (BV - vgl. **.*.1973,d.Vf.) und auf allen gewerkschaftlichen Sitzungen die Frage des Lohnkampfes und seiner gewerkschaftlichen Organisierung besprochen werden. Die Forderung nach einer vorzeitigen Kündigung der Tarifverträge muß diskutiert werden und es muß Klarheit über eine einheitliche Forderung in Mark und Pfennig geschaffen werden.

Auch für den Kumpel sind die Preise gestiegen.

Die Tarifverträge müssen vorzeitig gekündigt werden. Bei der anhaltenden Teuerungswelle kommt ein Hinausschieben der Tarifverhandlungen gar nicht in Frage!"

Erstmals wird darauf verwiesen, daß vor den Toren der Zeche und Kokerei Hansa heute Mittag und morgen die 'Kommunistische Volkszeitung' (KVZ) des KBW verkauft wird, und zwar die Nr.2 vom 12.9.1973. Dazu heißt es:"
Die Zeitung berichtet unter anderem über
- die Streikkämpfe der Metallarbeiter,
- die Bedeutung der Manteltarife,
- den Aufbau der Volksmacht in Chile und
- das Beispiel der Lip-Arbeiter in Frankreich.

In der Kommunistischen Volkszeitung könnt ihr euch informieren über den Kampf in anderen Betrieben. Die Machenschaften der bürgerlichen Politiker werden enthüllt und es wird aufgezeigt, was tatsächlich in unserem Staate los ist.

Die Kommunistische Volkszeitung wird vom Kommunistischen Bund Westdeutschland herausgegeben.

Kumpel, haltet 50 Pfennig für die Zeitung bereit!

Die Kommunistische Volkszeitung ist auch im Buchladen rote Front, Uhlandstraße 82 erhältlich. Dort trefft ihr auch Genossen, die mehr über die Kommunistische Volkszeitung und den Kommunistischen Bund Westdeutschland sagen können. Ihr könnt da auch anrufen: Telef.: 831313."
Q: Roter Kumpel,Dortmund 12.9.1973

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29.09.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der Ortsaufbaugruppe Dortmund des KBW (vgl. 15.10.1973) berichtet:"
50 ARBEITSUNFÄLLE PRO SCHICHT

Am 29. September versammelten sich im Stadtrestaurant 360 Betriebsräte, Arbeitsdirektoren, Sicherheitsbeauftragte und Vertreter der Bergbaubehörde, um gemeinsam festzustellen, daß diese Unfallbilanz erschütternd sei. Was in ihren Augen bei der Statistik so erschütternd ist, erläuterte Dr. Schrumpf (Bergbau AG): 'Eine hohe Produktion ist nicht rentabel, wenn sie auf Kosten der Sicherheit geht.' Die vielen Unfälle kratzen die Kapitalisten also nur, weil dadurch die Profite sinken, ob die Arbeiter zu Krüppeln werden, oder die Frau Witwe und die Kinder plötzlich Waisen sind, ist den Herren wohl egal.

So wurde denn auch auf der Konferenz herumdiskutiert, daß es ein ausreichendes Arbeitsschutzrecht gäbe, das würde nur nicht immer verwirklicht, und vor allem würden es ja gerade die Arbeiter oft umgehen.

Schaut man sich die Wirklichkeit an, so sieht die Sache allerdings schon ganz anders aus. Entscheidender Grund für die Zunahme der Unfallzahlen ist die steigende Arbeitshetze. Die Profitgier treibt die Kapitalisten dazu, immer kompliziertere Maschinen einzusetzen und immer höhere Schichtleistungen zu verlangen. Ob in der Förderung oder in der Reparaturkolonne, die Meister treiben zu ständig höheren Leistungen an. Und die Preistreiberei der Kapitalisten auf dem Weltmarkt zwang viele Kumpel bei Hansa im letzten Sommer bis zu 38 Schichten pro Monat zu schieben, damit sie den notwendigen Lohn erhielten.

Akkord, Nachtarbeit, Panzerschichten und Überstunden - daß sind die entscheidenden Ursachen für viele Arbeitsunfälle. Wenn der Kumpel Akkord und Überstunden schieben muß, hat er kaum noch Zeit, um die alle Unfallverhütungsvorschriften zu beachten. Dann bringt er nicht genug Profit, so wird der Kumpel abgebaut. Aber das sind nicht alle Gründe. Immer wieder passieren Unfälle, weil die Kapitalisten die Produktionsanlagen nicht genügend sichern. Der tödliche Unfall auf Minister Stein (wir berichteten im letzten 'Roten Kumpel') ist nur ein Beispiel dafür. Viele Unfälle sind in den vergangenen Jahren durch Gasbildung und Wassereinbrüche passiert.

Aber die Ergebnisse der aufwendigen Untersuchung über die Grubensicherheit werden meist viel zu spät in die Praxis umgesetzt. Ob im Saargebiet in Lengerich, auf Gneisenau oder zuletzt in Hamm - die Gründe des Unglücks wurden nie genau genannt. Denn dann wäre sicher offenkundig geworden, daß zuvor an den Sicherheitsvorkehrungen gespart wurde, um nicht den hohen Profit zu gefährden.

Diese Fragen aber sind bei der Konferenz am 29. natürlich nicht besprochen worden; deshalb traf man sich auch in 'geschlossener Gesellschaft'. Für den Unfallschutz der Arbeiter ist dabei praktisch nichts herausgekommen. Einen besseren Unfallschutz können die Arbeiter nicht von Sitzungen erwarten, auf denen sich die Vertreter der Kapitalisten aus Firmenverwaltung und Staatsapparat treffen. Auch die Anwesenheit von einigen Betriebsräten konnte am Charakter der Konferenz nichts ändern. Die Arbeiter müssen den Unfallschutz selbst erkämpfen; allein der selbständige Kampf der Kumpel wird über alles Gefasel von angeblichen Schutzbestimmungen hinweg entscheidende Änderungen erreichen. Der Kommunistische Bund Westdeutschlands hat zur Sicherung der Arbeitskraft und zum Unfallschutz folgende Forderungen in seinem Programm aufgestellt:
- Beschränkung des Arbeitstages auf 7 Stunden an 5 Wochentagen, Völliges Verbot der Überstundenarbeit,
- Verbot der Akkordarbeit und aller akkordähnlichen Lohnsysteme,
- Verbot der Nacht- und Schichtarbeit in allen Betrieben der Volkswirtschaft, mit Ausnahme jener, in denen aus technischen, von den Gewerkschaftsorganisationen gebilligten Gründen notwendig sind, jedoch unter der Bedingung, daß die Nachtarbeit 4 Stunden nicht übersteigt.
- 8 Wochen bezahlter Urlaub im Jahr.
- Übergabe der Kontrolle über die Sicherheit der Belegschaft und über das betriebliche Gesundheitswesen an den Betriebsrat.
Überbetriebliche Überwachung des Arbeitsschutzes durch die Gewerkschaften und die selbstverwalteten Sozialversicherungen.
Auswahl und Einstellung des gesamten Sicherheits- und Sanitätspersonals ausschließlich durch den Betriebsrat.
Bestreitung der Kosten durch die Kapitalisten.
Nur wenn die Kumpel diese Forderung in ihren Kämpfen gemeinsam durchsetzen, werden grundsätzliche Verbesserungen für den Unfallschutz erzielt.
WEG MIT AKKORD, NACHTARBEIT UND ÜBERSTUNDEN!
KONTROLLE DES ARBEITSSCHUTZES DURCH DEN BETRIEBSRAT!"
Q: Roter Kumpel: 50 Arbeitsunfälle pro Schicht, Dortmund o.J. (1973), S.1f

Oktober 1973:
Die Branchenzelle Bergbau der Ortsaufbaugruppe Dortmund des KBW (vgl. 29.10.1973) berichtet vermutlich aus dem Oktober:"
ANWERBUNG VON JUNGBERGLEUTEN

Vor kurzem waren die Prüfungen, ob die Betriebsschlosser und Elektriker ihre Probezeit bestanden haben. Diejenigen, die eine solche Prüfung nicht bestehen, bekommen von der RAG das 'großzügige' Angebot, Bergjungarbeiter zu werden.

Mit diesem Verfahren will die RAG offensichtlich Lücken stopfen, da sich in diesem Jahr zu wenig Bergjungarbeiter beworben haben. So sollen Lehrlinge, die gerne einen Facharbeiterberuf erlernen wollen, offensichtlich mit einem sehr billigen Trick geködert werden, einen Beruf ohne Zukunft zu erlernen. Besonders trifft das auf die Elektriker zu, die in diesem Jahr zum ersten Mal im Stufenplan ausgebildet werden. Das heißt, daß man in 2 Jahren soviel lernen muß wie bisher in 3 Jahren. Das drückt sich auch in den Zahlen der durchgefallenen Elektriker aus, die doppelt so groß ist wie die Zahl der Schlosser, die durchgefallen sind."
Q: Roter Kumpel Lange war der Bergmann still, jetzt zeigt er, daß er kämpfen will,Dortmund o.J. (1973)

01.10.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der Ortsaufbaugruppe Dortmund des KBW (vgl. 15.10.1973) berichtet über einen WAZ-Artikel, der vermutlich heutige Nachrichten behandelt:"
TEURE WIEDERGEBURT - GRAF BISMARCK!

Unter dieser Überschrift war vor einigen Tagen von der Wiederinbetriebnahme eines Schachtes, der 1967 stillgelegten Zeche 'Graf Bismarck' zu lesen. Die Kapitalisten machen auch auf diese Weise Profit: Erst kassieren sie hohe Stillegungsprämien und schicken die Kumpel nach Hause. Dann eröffnen sie die stillgelegten Anlagen für noch mehr Geld. Für die Kapitalisten zählt eben nicht die sinnvolle Entwicklung der Volkswirtschaft, sondern nur der Profit.
Das Beispiel von Graf Bismarck wird sich noch wiederholen. Im folgenden drucken wir zwei Leserbriefe aus der WAZ dazu ab:
'ENERGIEPOLITIK HEUTE SO FALSCH WIE FRÜHER.
Zu 'Teure Wiedergeburt' von Klaus Müller-Münter (WAZ vom 2. 10.): Man kann die Meinung unterstreichen, daß die Wiedergeburt des Bismarck-Schachtes kein Zeichen für irgendwelche Veränderungen auf dem Energiemarkt ist. Leider! Wenn aber die Energiepolitik der sechziger Jahre fehlerhaft war und sie war es tatsächlich, dann ist die jetzige Energiepolitik genauso falsch. Bundesminister Friedrichs spricht davon, daß in einigen Jahren bei steigendem Energiebedarf, Lücken in der Energieversorgung entstehen müssen. Andere Politiker sprechen davon, man sollte jetzt polnische Kohle einführen.
Auch die Einheitsgesellschaft hat das Zechensterben nicht verhindert, vor allem nicht die Tatsache, daß viele 50jährige Kumpels nun mit 700 DM Anpassungsgeld aus dem Betrieb geworfen werden. Wenn diese Männer nun ihre Familien nur noch notdürftig erhalten können, wird einigen sicher die verfehlte Energiepolitik auch der siebziger Jahre zum Bewußtsein kommen.' (Oberhausen,Franz Weniger)

WER WAR AN DER SCHLIEßUNG VON 'BISMARCK' SCHULD?

Mit großem Interesse, dabei mit wachsender Empörung habe ich am 2. Oktober die Nachricht über die beabsichtigte Wiederinbetriebnahme eines Schachtes der Zeche 'Graf Bismarck' in Gelsenkirchen gelesen. Leider vermisse ich in ihrer Darstellung eine - sehr wichtige - Passage, nämlich die, daß die seinerzeitigen 'Experten' aus Regierung und Bergbau die für die Schließung der Zeche 'Graf Bismarck' verantwortlich zeichneten, unverzüglich wegen schweren Wirtschaftsverbrechens vor Gericht gestellt werden sollten (Essen, Friedhelm Wassinger)."
Q: Roter Kumpel: 50 Arbeitsunfälle pro Schicht, Dortmund o.J. (1973)

03.10.1973:
Vermutlich heute erscheint der 'Rote Kumpel' (vgl.12.9.1973, 15.10.973) herausgegeben von der Kommunistischen Fraktion im Ruhrgebiet (KFR des KBW), Kommunistisches Kollektiv Zeche Hansa. Verantwortlich ist Reinhart Wagner, 46 Dortmund, Uhlandstraße 82. Die 4seitige DIN A4-Ausgabe hat zum Inhalt:
- Gewerkschaftstag der IGBE: Sanierung für wen? (vgl. 14.9.1973)
- Guinea-Bissau ist unabhängig (vgl. 24.9.1973)
- Briten proben für Einsatz in Nordirland (vgl. 24.9.1973),
- Konzertierte Aktion: Austritt vertagt (vgl. CPK - 7.9.1973),
- Rätselhafte Zunahme der Sterblichkeit (vgl. 25.6.1973),
- Tödlicher Arbeitsunfall auf Minister (vgl. 24.9.1973)
- Für ein freies Jugendzentrum (vgl. 24.9.1973).

Geworben wird:"
LEST DIE KOMMUNISTISCHE VOLKSZEITUNG

Die 'Kommunistische Volkszeitung' erscheint alle 14 Tage mittwochs. Wir verkaufen die Zeitung am Mittwoch oder am Donnerstag vor Eurem Tor. Ihr könnt die Zeitung sowie weitere sozialistische Literatur auch im Buchladen 'rote front', Dortmund, Uhlandstraße 82 erhalten. Die 'Kommunistische Volkszeitung' kostet 50 Pfg."

Aufgefordert wird:"
KUMPEL, SCHREIBT UNS EURE MEINUNG ÜBER DEN ROTEN KUMPEL!
SCHREIBT ÜBER VORFÄLLE IM BETRIEB, SCHREIBT EURE KRITIK UND EURE FORDERUNGEN. DER ROTE KUMPEL WIRD ALLES VERÖFENTLICHEN UND VOM STANDPUNKT DER GESAMTEN ARBEITERKLASSE AUS KOMMENTIEREN. WENDET EUCH AN UNSERE VERTEILER ODER RUFT AN: TELEF. DORTMUND 831313."
Q: Roter Kumpel: Gewerkschaftstag der IGBE: Sanierung für wen? Dortmund, o. J. (1973)

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06.10.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der Ortsaufbaugruppe Dortmund des KBW (vgl. 15.10.1973) berichtet anläßlich des heute beginnenden Nahostkrieges über Israel:"
AUS EINEM INTERVIEW MIT NARYEF HAWATHEN, DEM VORSITZENDEN DER 'DEMOKRATISCHEN VOLKSFRONT FÜR DIE BEFREIUNG PALÄSTINAS'ZUM KAMPF GEGEN ISRAEL

Israel ist ein expansionistischer Staat, der immer neue palästinensische und arabische Territorien annektieren will. Das war fester Bestandteil seiner Politik seit 1948 bis heute. 1951 überfielen die Israelis die Hafenstadt Eilat, die damals unter jordanischer Herrschaft war und verleibten sie ihrem Staatsgebiet ein. Diese Expansion wurde bis 1967 fortgesetzt. Von 1967 bis heute versucht Israel, zahlreiche Teile der besetzten Gebiete zu annektieren und damit in jeder Regelung (mit den arabischen Staaten, die Red.) vollendete Tatsachen zu schaffen.

Dabei handelt Israel, unterstützt vom Imperialismus, von der Position des Überlegens aus, der als Verbündeter und als Instrument des Imperialismus jederzeit zur Zerschlagung der arabischen nationalen Befreiungsbewegung und zum Schutz der imperialistischen Interessen und der arabischen Reaktionäre eingesetzt werden kann. Diese Funktion des Staates Israel ist jedoch zugleich die Garantie für seinen Fortbestand überhaupt. Von daher muß der antizionistische Kampf gegen die Grundlagen des Problems gerichtet werden, gegen die gewaltsame Existenz dieses kolonialistischen, zionistischen und imperialistischen Siedlerstaates auf Kosten der nationalen Rechte unseres Volkes. Die Lösung dieses Problems kann nicht in der Beendigung von Terror und Gegenterror liegen, wie die Imperialisten und die reaktionären Propagandaapparate in der Welt behaupten. Die Lösung kann nur darin liegen, den militärischen imperialistischen-zionistischen Unterdrückungsapparat zu besiegen, Israel zur Räumung aller im Krieg von 67 besetzten Gebiete zu zwingen und den Kampf des palästinensischen Volkes und der anderen arabischen Völker für eine fundamentale Lösung des Problems weiterzuführen. Eine solche Lösung wird den legitimen nationalen Rechten des palästinensischen Volkes entsprechen und auch zugleich die Lösung der israelischen Frage im Rahmen einer fortschrittlichen, antiimperialistischen nationaldemokratischen Gesellschaft in Palästina beinhalten, die sich dem Kampf der vereinigten Kräfte der arabischen Revolution für den Sozialismus anschließt."
Q: Roter Kumpel: 50 Arbeitsunfälle pro Schicht, Dortmund o.J. (1973

06.10.1973:
Der KBW fragt anläßlich des heute beginnenden Nahostkriegs:"
ÖLPREISE STEIGEN, WARUM?

Wer seit Ausbruch des neuen Nahostkrieges gezwungen war, Heizöl zu kaufen, der durfte für den Liter statt vorher 20 jetzt zwischen 30 und 40 Pfennig auf den Tisch legen. Das hat aber mit dem Krieg und damit, daß der Großteil des Öls für westdeutschen Gebrauch aus den arabischen Ländern kommt, nichts zu tun. Keines dieser Länder hatte die Rohölpreise erhöht. Weswegen dann? Konzernmanager, Öl-Einzelhändler und Wirtschaftsminister Friderichs wissen übereinstimmend die Antwort: Schuld sind die Verbraucher mit ihren unvernünftigen Hamsterkäufen; sie hätten die Nachfrage derartig angeheizt, daß Preiserhöhungen die zwangsläufige Folge waren.

In den allermeisten Fälle handelt es sich keineswegs um 'Hamsterkäufe'.

Die Wahrheit ist sehr einfach, so wie sie in der Fernsehsendung REPORT am Montag vor acht Tagen (vgl. 15.10.1973,d.Vf*) von einem holländischen (niederländischen,d.Vf.) Ölgroßhändler ausgesprochen wurde. Er sagte sinngemäß: 'Als Person bin ich gegen den Krieg im Nahen Osten. Als Händler muß ich sagen, der Krieg ist ein Glücksfall, den man ausnutzen muß.' Das ist in der Tat der ganze Grund für die gestiegenen Ölpreise.

Nachdem nun die Händler die Kriegssituation ausgenutzt haben, haben am 16. Oktober die ölproduzierenden Länder des Nahen Ostens und des Persischen Golfs die Preise um 17% erhöht. Das aber ist eine sehr geringe Erhöhung, denn selbst wenn die ölproduzierenden Länder die Rohölpreise verdopeln würden, dann wirkt sich das auf die westdeutschen Benzinpreise allenfalls so aus, daß diese Preise pro Liter um einen Pfennig steigen dürften."

Diesen Artikel zitiert auch in Dortmund die Branchenzelle Bergbau der Ortsaufbaugruppe (OAG) des KBW (vgl. 29.10.1973).
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr.5,Mannheim 24.10.1973,S.3; Roter Kumpel Lange war der Bergmann still, jetzt zeigt er, daß er kämpfen will,Dortmund o.J. (1973)

13.10.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der Ortsaufbaugruppe Dortmund des KBW (vgl. 15.10.1973) und die Zelle Hoesch Dortmund der Kommunistischen Fraktion im Ruhrgebiet (KFR des KBW - vgl. 17.10.1973) berichten:"
KRITIKLOSER GLAUBE
(Ein Leserbrief an die 'Ruhrnachrichten' vom 13.10.1973)

Es ist eine Tatsache, daß alle kriegführenden Parteien immer sich selbst die meisten Siegeszüge gutschreiben. Das ist immer so gewesen (astronomische Zahlen der USA über die Vietkong-Verluste; Frontberichte des Oberkommandos der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg, die die Niederlage Hitlers in Frontbegradigungen ummünzten). Dieses Verhalten dürfte auch für die Beteiligten am jetzigen arabisch-israelischen Krieg gelten. Dabei hat allerdings die deutsche Presse und mit ihr die RN eine eigenartige Philosophie entwickelt. So stand es für Ihren Kommentator am Dienstag bereits fest, daß die von den Ägyptern am Kanal entrichteten Brückenköpfe verlorengegangen seien. Er nahm u. a. dies als Beweis für die 'taktische und operative Unfähigkeit der arabischen Generale'. Diese Interpretation basierte aber nur auf den zweifelhaften israelischen Militärberichten, die bereits am Montag von Ägypten mehrfach dementiert wurden. Einen Tag später widerriefen auch die Israelis - und die RN saßen auf ihrem fragwürdigen Kommentar. Es ist auch schon schlimm genug - vielleicht auch tröstend für diejenigen, die noch soviel unbewältigte Vergangenheit haben - daß die zweifelhaften Siegesbehauptungen Israels fortlaufend in fast allen deutschen Zeitungen an erster Stelle und in großen Lettern gebracht werden, während die arabischen Kommuniques meist nur mit Fragezeichen und verstümmelt im Untertitel erscheinen. Das deutsche Volk hat aber ein Recht auf eine neutrale und objektive Berichterstattung - und nicht auf eine Wiederholung von und Identifizierung mit
israelischen Behauptungen seitens der Journalisten.

Munzer, Kheir, Amman,
z. Zt. Dortmund."
Q: Roter Kumpel: 50 Arbeitsunfälle pro Schicht, Dortmund o.J. (1973),S.4; Roter Hoesch Arbeiter Nr.4,Dortmund 17.10.1973,S.6

15.10.1973:
Vermutlich in dieser Woche erscheint in Dortmund ein 'Roter Kumpel' (vgl. 3.10.1973, 25.10.1973), der nun nicht mehr für Kokerei und Zeche Hansa erscheint sondern als Branchenzeitung für die Kumpel der Bergbau AG Dortmund.

Herausgeber ist nun die Branchenzelle Bergbau der Ortsaufbaugruppe Dortmund des KBW. Verantwortlich ist Reinhart Wagner, 46 Dortmund-Uhlandstraße 82, Telef.: 831313.

Berichtet wird auf den 6 Seiten DIN A4 von der RAG (vgl. Sept. 1973), Bergbau AG Dortmund (vgl. 29.9.1973), aus Gelsenkirchen von der Zeche Graf Bismarck (vgl. 1.10.1973), über den Nahostkrieg (vgl. 6.10.1973, 13.10.1973) und Israel (vgl. 6.10.1973) und aus Frankreich von Lip (vgl. Sept. 1973).

Aufgerufen wird nach Köln zur NRW-weiten Demonstration gegen Jugendvertreterentlassungen (vgl. 27.10.1973) und zur Dortmunder Guinea-Bissao Veranstaltung (vgl. 23.10.1973).
Q: Roter Kumpel: 50 Arbeitsunfälle pro Schicht, Dortmund o.J. (1973)

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24.10.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der Ortsaufbaugruppe Dortmund des KBW (vgl. 25.10.1973) berichtet:"
SOLIDARITÄT MIT DEN SAARKUMPEL!

Über 12. 000 Kumpel der Schachtanlagen des Saargebiets streiken seit Mittwoch früh! Ihre Forderung:
- 300 DM Teuerungszulage in diesem Jahr,
- 100 DM monatlich tariflich abgesichert bis zur nächsten Tarifverhandlung. Die Kumpel besetzten das Verwaltungsgebäude des Saarberg-Konzerns. 2. 000 drangen in den saarländischen Landtag ein um ihre berechtigten Forderungen zu bekräftigen. Sprecher der bürgerlichen Parteien versuchten zu beschwichtigen und abzuwiegeln. Doch die Kumpel riefen: 'Alle Räder stehen still, wenn der Arbeiter es will!'

Eilig herbeigeholte SPD-Politiker und Gewerkschaftsführer wurden ausgelacht. Heute ist wieder niemand eingefahren. Mit einem großen Protestmarsch nach Saarbrücken werden die Kumpel ihre berechtigten Forderungen bekräftigen."

Zitiert wird auch aus der WAZ vom gleichen Tag:"
Aus den Bergleuten, die bisher an der Saar als 'brave Arbeitnehmer' gelten, war über Nacht eine streitbare Phalanx geworden. Vor drei Monaten hatten die Kumpel eine Tarifverbesserung von 9,6 v. H. erhalten. Die Argumente der Streikenden sind zwar einleuchtend: anhaltende Teuerung und Steuerprogression bei den erhöhten Einkommen haben die Tarifanhebung fast zunichte gemacht. Dennoch glauben IG-Bergbau und Saarberg-Leitung an kommunistische 'Drahtzieher' bei dem schlagartig ausgebrochenen Ausstand. In parteieigenen Betriebszeitungen forderte die DKP seit Tagen die Grubenbelegschaften zum 'Kampf gegen die Saarbergbau-Bosse' auf.

Die IG-Bergbau, die an die tarifliche Friedenspflicht gebunden ist, lehnte es ab, sich für die Forderungen der Streikenden einzusetzen. Die Taktik der Saarberg-Unternehmensleitung ist eindeutig: Vom Grubenbesitz gehören 74 vH dem Bund, 26 vH dem Saarland. Die öffentliche Hand solle demnach für die Erfüllung der Bergarbeiter-Forderung sorgen. Der Saarberg-Konzern macht außerdem geltend, er sei in den 'roten Zahlen' und brauche zur Substanzerhaltung staatliche Subventionen."

In Dortmund berichtet die Branchenzelle Bergbau der Ortsaufbaugruppe (OAG) des KBW (vgl. 25.10.1973) später (vgl. 29.10.1973):"
LANGE ZEIT WAR DER BERGMANN STILL, JETZT ZEIGT ER, DAß ER KÄMPFEN WILL!

SELBSTÄNDIGER STREIK DER SAARBERGARBEITER

Nun hat der selbständige Lohnkampf gegen Lohnraub und Preistreiberei auch den Bergbau erfaßt! Nach den selbständigen Streikaktionen der Stahl- und Metallarbeiter haben in der vergangenen Woche auch die Bergleute an der Saar zu diesem berechtigten Kampfmittel zur Existenzsicherung gegriffen. Denn wenn unsere Gewerkschaftsführung sich als Sachverwalter der Regierungspolitik und der Stabilität der Unternehmerprofite aufschwingt, was bleibt uns dann anderes übrig, als selbst den Kampf um die notwendigen Lohnerhöhungen aufzunehmen? Der Streik der Saarbergleute ist beendet. Am Freitag letzter Woche nahmen die Kumpel die Arbeit wieder auf, nachdem sich die Bundesregierung als staatlicher Bergbau-Unternehmer (74% der Saarbergwerke AG gehören dem Bund) geweigert hatte, auf die Streikforderungen einzugehen und die IGBE-Führung massiv die Kumpel unter Druck gesetzt hatte. Trotz dieser Niederlage können wir viel von der Geschlossenheit und der Kampfbereitschaft unserer Kumpel an der Saar lernen. Sie haben sich nicht von den Drohungen mit der Arbeitsplatzunsicherheit einschüchtern lassen, denn ihre Forderungen waren nur zu berechtigt: 300 DM rückwirkend und 100 DM monatlich ab 1. November, zusätzlich Aufbesserung des Kindergeldes. Von den Politikern der CDU und SPD wie auch von den Gewerkschaftsführern ist gegen die Forderungen eingewandt worden: Die Geschäftslage der Saarbergwerke stehe schlecht, und wenn die Forderungen erfüllt würden, müßten noch weitere Gruben zumachen. Dieses Argument ist jedoch falsch. Denn ausschlaggebend ist für uns niemals die Geschäftslage unserer Kapitalisten, sondern die Höhe unseres Lohnes. Wenn der nicht meh reicht, müssen wir für mehr kämpfen. Denn was sollen wir am Ende mit einem Arbeitsplatz, von dem wir nicht leben können. Auch eine Schließung der Gruben werden die staatlichen Unternehmen nicht wirklich in Betracht ziehen, weder an der Saar noch an der Ruhr. Angeblich läuft die Kohleproduktion mit Verlust gut, dann haben die Kapitalisten und die Bundesregierung offensichtlich einen Grund, um weiter Kohle zu fördern. Und das ist die Energiesicherung. Der Nah-Ost Krieg hat das ja wieder deutlich gemacht. Also werden sie sich hüten, Zechen dichtzumachen, außer denen, bei denen sie es im Rahmen des Energieplans sowieso schon vorhaben. Und wenn sie doch Gewinne machen, auch gut, dann ist es wie mit jedem normalen Betrieb auch, daß es keinen Gewinn gibt wenn die Arbeiter streiken! Solange, bis wir unsere Forderungen durchgesetzt haben. Wir an der Ruhr können aus dem Streik der Saarkumpel lernen, trotz der Niederlage. Denn seit mehr als zehn Jahren haben Bergarbeiter in Deutschland zum ersten Mal für ihre Forderungen die Arbeit niedergelegt und sind auf die Straße gegangen. Das Gerede vom 'trägen' Kumpel, der nur still dem Abbau der Arbeitsplätze und des Lohnes zuschaut, hat sich als falsch erwiesen. Es ist nicht so, auch der Kumpel versteht noch zu kämpfen.

Beweisen auch wir das!

Die bürgerlichen Zeitungen berichten nun in verstümmelter Form über den Streikverlauf an der Saar. Wir haben deshalb einen Teil der Belegschaft der Dortmunder Bergbau AG in einem kurzen Informationsflugblatt über die Forderungen und die Aktionen der Saarbergleute informiert. Hier wollen wir nun genauer über den Streikverlauf berichten.

DER ERSTE TAG

Mittwoch, der 24 Oktober. Am Vormittag war die Frühschicht auf keiner der sechs saarländischen Gruben eingefahren. Schon am Vortag hatten die Kumpel der Gruben Reden und Warndt die Arbeit niedergelegt. Ein Demonstrationszug von 4000 Mann wird gebildet und bewegt sich durch Saarbrücken zum Verwaltungsgebäude der Saarbergwerke AG. Der Vorstandsvorsitzende Erwin Anderheggen erklärt im Nahmen des Vorstands, daß man die geforderten Zulagen nicht zahlen könne, da die Saarbergwerke AG mit Verlust arbeiteten. In diesem Jahr rechne man mit einem Verlust von 100 Millionen DM. Schon zu Beginn des Jahres habe man eine Grube schließen müssen und es bestünde die Gefahr weiterer Schließungen. Anderheggen fordert die Bergleute auf, unverzüglich die Arbeit wiederaufzunehmen. Die Kumpel gehen nicht auf die Argumente von Anderheggen ein. Sie wissen, daß die Absatzlage gut ist, daß keine einzige Tonne auf Halde liegt. Außerdem ist die Schichtleistung enorm gestiegen: 1969 betrug sie 3, 3 t., 1972 waren es bereits 3,9 t. und heute werden über 4 t. pro Schicht gefördert.
Das wissen die Kumpel. Sie rufen: 'Unsere Arbeit, die ist schwer, Teuerungszulagen müssen her!' und 'Lange war der Bergmann still, jetzt zeigt er, daß er kämpfen will!' Sie ziehen weiter zum Landtag des Saarlandes.

VOR DEM LANDTAG

'Meine lieben Bergleute' versucht der Landtagspräsident Maurer die Arbeiter anzureden. Doch er wird sofort von einem Kumpel unterbrochen: 'Wir haben Forderungen vorzutragen und mitzuteilen, was der Vorstandsvorsitzende der Saarbergwerke dazu gesagt hat. Wer hat wen gewählt - die uns oder wir die Jetzt herrscht die Mehrheit über die Minderheit.' SPD-Fraktionsvorsitzender Läpple beginnt mit den Kumpeln zu reden und verspricht sich einzusetzen. Er schlägt vor, eine Delegation zu bilden. Ein Sprecher der Bergarbeiter, Werner Matschenbacher von der Grube Reden sagt darauf: '1969 haben wir mit der Abspaltung schlechte Erfahrungen gemacht! Nicht wir, sondern die anderen sollen eine Delegation bilden. Sie sollen uns nach einer halben Stunde sagen, was ist.' Die Bergarbeiter wissen, was sie wollen und verhalten sich sehr geschlossen. Als sich ein Journalist einer bürgerlichen Zeitung unter die Streikenden mischen will, herrscht ihn ein Arbeiter an: 'Gehen sie auf die Seite, wo Sie hingehören. Sie gehören nicht zu uns!'

Der DGB-Landesvorsitzende Wagner fängt lang und breit an, von Plänen der SPD-Regierung zu sprechen. Die Arbeiter rufen ihn zur Sache: 'Wir wissen ja, was Wagner als DGB-Vorsitzender gebracht hat, nichts, nur eine Beitragserhöhung auf 16 DM. Wir streiken jedoch nicht gegen die Gewerkschaften, sondern gegen die Kapitalisten. Die ruinieren unsere Gesundheit.' Schließlich einigte man sich, doch eine 12-köpfige Delegation zu bilden. Die Bergleute werden stehen bleiben, bis das Verhandlungsergebnis da ist. Wir streiken, bis unsere Forderungen erfüllt sind, heißt es.

BONN SCHALTER SICH EIN

Der Landtagspräsident sichert der Delegation zu, sich für die Forderungen einzusetzen und sie an die zuständigen Stellen weiterzuleiten. Wirtschaftsminister Schäfer wird nach Bonn fliegen und dort mit den zuständigen Leuten reden. Die Delegation erläutert in der Staatskanzlei ihre Forderungen. Finanzminister Wilhelm erscheint. Von ihm verlangen die Kumpel 'Butter bei die Fische'. Was durchschnittlich am Monatsende in der Lohntüte steckt - nämlich 800 bis 1100 DM ist einfach zu wenig. Die Delegation kommt wieder heraus. Vor dem Bergwerksgebäude stehen die Kumpel. Werner Matschenbacher sagt, daß es jetzt darauf ankommt, noch mehr Macht hinter die Streikforderungen zu bekommen. Kraftwerke und Kokereien sollen dazu. Arbeitsdirektor Lamprecht wird auf der Schlußkundgebung gefragt, ob er die Forderungen für unberechtigt halte. Lamprecht weicht aus und verweist auf das Defizit der Saarbergwerke und die Bonner Zuständigkeit. 'Sollen wir jetzt nach Bonn laufen?', fragen die Kumpel. Sie beschließen: 'Morgen um 8 Uhr geht's weiter'.

POLIZEI IM HINTERGRUND

Während des ganzen Tages hielt sich die Polizei 'im Hintergrund', nämlich im Garten des Landtagsgebäudes hinter der Staatskanzlei. Mehrere Mannschaftswagen der Bereitschaftspolizei wurden im Laufe des Tages zusammengezogen. Ein Bergmann tröstet einen aufgeregten Polizeioffizier. 'Wir tun ihnen nichts'.

ADOLF SCHMIDT VERRÄT DIE KUMPEL

Inzwischen kamen in Bonn die Politiker auf Trab. Staatssekretär Rohwedder erklärt, der Bund bleibe hart. Das war das Signal für den Generalangriff gegen die Streikfront. Am Abend in den Spätnachrichten ergreift Adolf Schmidt, Vorsitzender der IGBE, das Wort. Er hält einen langen Vortrag gegen den Streik der Bergarbeiter, sagt, sie sollen sich nicht verführen lassen von Radikalen, der Streik gefährdet die Arbeitsplätze.

Worte, wie man sie sonst von Sprechern des Unternehmerverbandes hört. Adolf Schmidts Rede ist eine klare Streikabbruchrede, wie man sie bisher noch nicht gekannt hat."

Berichtet wird auch durch die SSG Hamburg (vgl. 6.11.1973).
Q: Roter Kumpel Solidarität mit den Saarkumpeln und Lange war der Bergmann still, jetzt zeigt er, daß er kämpfen will,Dortmund o.J. (1973) bzw. o.J. (1973),S.1 bzw. S.1ff

25.10.1973:
Es erscheint ein Flugblatt des 'Roten Kumpel' (vgl. 18.10.1973, 29.10.1973), der Branchenzeitung der Branchenzelle Bergbau der Ortsaufbaugruppe Dortmund für die Kumpel der Bergbau-AG Dortmund, welches auf zwei Seiten DIN A4 fordert: "Solidarität mit den Saarkumpeln!" (vgl. 24.10.1973).
Angekündigt wird die Betriebsversammlung von Minister Stein (vgl. 27.10.1973).
Q: Roter Kumpel Solidarität mit den Saarkumpeln!,Dortmund o.J. 1973

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27.10.1973:
Zur Belegschaftsversammlung (BV) auf der Zeche Minister Stein in Dortmund rief die Branchenzelle Bergbau der Ortsaufbaugruppe (OAG) des KBW im Zusammenhang mit den Streiks im Saarbergbau (vgl. 24.10.1973) auf:"
SOLIDARISIEREN WIR UNS MIT DEN SAARKUMPELN!

Was für das Revier an der Saar gilt, das gilt auch für das Revier an der Ruhr. Die Stahlarbeiter und die Metaller haben in den vergangenen Monaten erfolgreich den selbständigen Lohnkampf aufgenommen und bestimmte Verbesserungen durchgesetzt. Auch wir müssen die teuren Preise bezahlen. Doch weder die letzte Tarifrunde hat die notwendige Lohnerhöhung gebracht, noch hat es wie in den anderen Branchen irgendwelche Zuschläge gegeben. Sollen wir bis 1974 warten bis der Tarifvertrag abläuft? Lernen wir besser von den Saarkumpeln. Fordern wir die Kündigung der Tarifverträge und stellen wir Lohnforderungen auf, die unsere Existenz sichern.

Am Samstag muß diese Sache unbedingt auf der Belegschaftsversammlung auf Minister Stein angesprochen auf den Tisch.

FÜR DIE VORZEITIGE KÜNDIGUNG DER TARIFVERTRÄGE!"

Später berichtet die Branchenzelle Bergbau der Ortsaufbaugruppe (OAG) des KBW (vgl. 29.10.1973):"
BELEGSCHAFTSVERSAMMLUNG MINISTER STEIN!

Am Samstag war um 10 Uhr eine Betriebsversammlung von Minister Stein. Von den ca. 4000 Kumpeln, die auf Minister Stein angelegt sind, waren etwa 300 erschienen. Der Saal, der gleiche wie immer, war genau auf diese Zahl abgestimmt. Da ist doch zu fragen, warum immer so wenig zur BV erscheinen. Liegt das etwa an unserer Faulheit? Oder liegt es vielleicht daran, daß der Termine auf Samstag vormittag gelegt wurde, wo viele von uns einfach nicht können, wo man einkaufen muß usw.

Warum kann die BV nicht an einem Werktag stattfinden, z. B. am Ende der Früh -oder am Anfang der Mittagschicht, wo die meisten Kumpel da sind? Warum wurde nicht mehr Werbung gemacht? Zwei Plakate, eins in der Kantine von Minister Stein, eins auf Fürst Hardenberg, genügt da nicht! Warum wurde die BV gerade dann angesetzt, als der DGB zur Demonstration für Kündigungsschutz für Jugendvertreter nach Köln aufrief? Deshalb konnten mehrere jüngere Kollegen nicht erscheinen! Bleibt die Frage offen, ob vielleicht der Betriebsrat nicht möchte, daß alle Kollegen erscheinen?

Oder fürchtet er vielleicht Produktionsausfall, wenn die BV während der Schichtzeit stattfindet?

Oder rücken ihm 4.000 Kumpel zu sehr auf den Pelz? Wir müssen jedenfalls vom BR fordern, daß die nächste BV während der Schichtzeit stattfindet und daß mehr Werbung dafür gemacht wird. Und wir selber müssen dafür sorgen, daß die Dinge besprochen werden, die tatsächlich alle angehen.

WAS WURDE AUF DER BV DISKUTIERT?

Zuerst hielt MdB Hans Urbaniak ein Referat über das Energieprogramm der Bundesregierung. Ich will darauf nicht weiter eingehen: wir haben darüber schon sehr viel geschrieben. Nur soviel: die Bundesregierung erkennt die Leistungen der Bergarbeiter an. Offensichtlich nur, solange die Anerkennung nichts kostet. Oder hatten etwa die Kumpel an der Saar etwas von dieser 'Anerkennung'?! Als nächstes soll das Ibbenbürener Revier dichtgemacht werden, während die RAG weiterbestehen soll. Ob Urbaniak das den Ibbenbürener Kumpels genauso offen erzählen würde, wie uns?

Oder handelt es sich hier um die berühmte Salamitaktik. Hier ein Scheibchen, dort ein Scheibchen, und am Ende sind alle auf der Straße! Die Frage der Sozialpläne, also unserer elementaren Existenzsicherung wude wieder nicht angesprochen.

Der Bericht des Betriebsrates erläuterte kurz die neuen Tarife und die Urlaubsregelung und gab bekannt, daß am 20. November das Urlaubsangebot der RAG rauskommt, sodaß es dann kein Problem sei, wohin man in Urlaub fährt.

Die Urlaubsregelung wurde hart kritisiert, aber der BR meinte, wir sollten die Regelung nicht kritisieren, bevor wir sie nicht kennen. Leider war sie schon im Aushang. Auf Kritik stieß ebenfalls die Punktbewertung, weil sie manchen weniger Geld einbringt die persönliche Zulage.

Über das brennendste Thema, den Streik im Saarbergbau wurde nicht diskutiert, auch wurde nichts über die außerordentliche VL-Sitzung am Freitag berichtet, die ja wohl über den Saarstreik handelte."
Q: Roter Kumpel Solidarität mit den Saarkumpeln! und Lange war der Bergmann still, jetzt zeigt er, daß er kämpfen will,Dortmund o.J. (1973) bzw. o.J. (1973)

29.10.1973:
In Dortmund gibt die Branchenzelle Bergbau der Ortsaufbaugruppe (OAG) des KBW vermutlich in dieser Woche eine Ausgabe ihres 'Roten Kumpels' (vgl. 25.10.1973, 16.11.1973) mit 6 Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Reinhart Wagner, 46 Dortmund, Uhlandstraße 82, Telef.: 831313 und der Titelüberschrift "Lange war der Bergmann still, jetzt zeigt er, daß er kämpfen will!" heraus, in der auf die Streiks im Saarbergbau (vgl. 24.10.1973, 25.10.1973) sowie die Haltung der IGBE dazu (vgl. 25.10.1973) eingegangen wird.

Berichtet wird auch von der NRW-weiten Demonstration gegen Jugendvertreterentlassungen (vgl. 27.10.1973) und den Prüfungen für die Lehrlinge der RAG (vgl. Okt. 1973).

Auf Seite 1 heißt es:"
LOHNABBAU FÜR BERGARBEITER

Ob die bürgerliche Presse oder Adolf Schmidt, gemeinsam betonen sie: 'Die Bergleute haben doch erst vor 3 Monaten 9,6% Lohnerhöhung erhalten. Wie sieht die Lage für Bergarbeiter oder wirklich aus?

Der 9,6% Abschluß war nicht ausreichend! Weshalb:
- Von den 9,6% gingen etwa 3-4% durch Steuerprogression gleich wieder verloren, sodaß allenfalls ein Betrag von 6% bleibt.
- Die 9,6% erreichten nicht einmal zahlenmäßig die rund 13% Preissteigerungen auf dem Warenmarkt.
- Durch die prozentuale Erhöhung erhielten die Kollegen alle unterschiedliche Lohnerhöhungen, obwohl die Preise für alle gleich gestiegen waren.
- 8 Monate, nachdem die diesjährigen Tarifkämpfe begonnen hatten, erhielten erst die Kumpel mehr Lohn, zu einem Zeitpunkt, an dem sich die Metaller bereits auf die nächsten Tarifkämpfe vorbereiteten.

Und die Preise steigen munter weiter um derzeit 6%. Die Metaller haben im Frühjahr und Sommer als erste gezeigt, was zu tun ist gegen Preistreiberei und Lohnleitlinienabschlüsse. Allein der selbständige gewerkschaftliche Kampf der Arbeiter war die Kraft, den weiteren Reallohnabbau zu verhindern."

In einem weiteren Artikel wird gefragt:"
ÖLPREISE STEIGEN - ÖLPREISE STEIGEN WARUM?

In Folge des Nahost-Krieges sind bei uns die Preise für Heizöl gestiegen. Wie diese Preissteigerung tatsächlich zustande gekommen ist, könnt Ihr aus den nebenstehenden Artikel aus der 'Kommunistischen Volkszeitung' entnehmen.

Wir wollen dazu nur folgendes bemerken: Vor einem Monat hatten wir im 'Roten Kumpel' über die sogenannte 'höhere Rentabilität' des Erdöls gegenüber der Kohle geschrieben: '…zum anderen ist das Erdöl ja zum guten Teil nur deshalb so billig, weil die international organisierten
Konzerne die Erdölländer regelrecht ausplündern können.'Jetzt, einen Monat später haben sich diese Länder selbst international organisiert und haben die Preise für Rohöl um 17% erhöht, um auch einen Anteil am internationalen Erdölprofit zu bekommen.

Und schon schreibt das Handelsblatt, ob die Drosselung der Kohleproduktion im Rahmen des Energieplans noch gerechtfertigt ist, da mit steigenden Erdölpreisen die Kohleproduktion ja wieder rentabel würde…"

Sodann wird der zentrale Artikel des KBW, "Ölpreise steigen, warum?" angehängt.

Reklame wird in der Ausgabe auch gemacht für die
Kommunistische Volkszeitung (KVZ):"
KAUFT UND LEST DIE KOMMUNISTISCHE VOLKSZEITUNG

Die 'Kommunistische Volkszeitung' wird herausgegeben vom Kommunistischen Bund Westdeutschland'.

Sie erscheint alle 14 Tage Mittwochs und wird dann vor den Toren verkauft.

Die 'Kommunistische Volkszeitung' kostet 50 Pfennig. Ihr könnt die Zeitung sowie weitere kommunistische, sozialistische Literatur auch in der Buchhandlung 'rote front' erhalten. Außerdem gibt es eine reichhaltige Auswahl an gebrauchten politischen Büchern. Die Buchhandlung liegt nördlich des Hauptbahnhofes an der Uhlandstraße 82. Sie ist werktags von 16. 00 Uhr bis 18. 30 Uhr und samstags von 10-14 Uhr geöffnet. Telefonisch könnt ihr die Buchhandlung über die Nummer 831313 erreichen. KOMMUNISTISCHER BUND WESTDEUTSCHLAND."
Q: Roter Kumpel: Lange war der Bergmann still, jetzt zeigt er, daß er kämpfen will, Dortmund, o. J. (1973)

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07.11.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der KBW OAG Dortmund (vgl. 16.11.1973) verbreitet gegen die heute bekanntgewordene Stillegung der Zeche Hansa vor dieser in den folgenden Tagen die folgende:"
PROTESTRESOLUTION GEGEN DIE SCHLIEßUNG DER ZECHE HANSA

Wir protestieren gegen den Stillegungsplan der Ruhrkohle-AG, die Zeche Hansa im Jahr 1975 zu schließen.
Denn die Schließung der Zeche Hansa bedeutet Abbau für fast 3. 000 Bergarbeiter. Sie bedeutet für die 200 Lehrlinge, daß sie sich einen neuen Arbeitsplatz suchen müssen. Viele Kumpel müssen teilweise zum vierten Mal wegen einer Stillegung ihren Arbeitsplatz wechseln. Die Kumpel, die über 50 Jahre alt sind, werden nach der Stillegung ohne Arbeit und mit einer geringen Rente dahinvegetieren müssen.

Wir sind der Meinung, daß auf Zeche Hansa noch weitere Kohle gefördert werden kann. Selbst wenn auf Hansa alle Vorräte erschöpft sind, können im nördlichen Revier neue Zechen abgeteuft werden.

Wir sind weiter der Meinung, daß die Ruhrkohle AG die Zeche nicht stillegen will, weil sie Absatzschwierigkeiten hat, sondern weil ihr der Profit nicht reicht. So ist auch die Begründung für die weiteren Zechenstillegungen, daß die Förderung zu teuer ist.
Wir protestieren gegen den Energieplan der Bundesregierung, der eine Drosselung der Kohleförderung um 21% vorsieht, da die westdeutschen Konzerne sich damit auf Erdöllieferungen verlassen, die anderen Völkern billig abgepresst werden. Wir treten dagegen ein für die Aufrechterhaltung oder auch Steigerung der Kohleförderung und damit auch die Sicherung der Arbeitsplätze der Bergarbeiter.

Nur wenn wir eine gemeinsame Front gegen die Zechenstillegung bilden, werden wir sie verhindern können.

GEGEN DIE STILLEGUNG DER ZECHE HANSA!

FÜR DIE SICHERUNG DER 3. 000 ARBEITSPLÄTZE AUF HANSA!

Ich erkläre mich mit dieser Protestresolution einverstanden…!

Kollegen diskutiert diese Resolution überall da, wo Ihr über die Stillegung redet! Bildet Initiativen, unterschreibt gemeinsam die Resolution! Denn wir dürfen uns nicht unterbuttern lassen, von Leuten, denen es um ihren Profit oder um Ruhe im Betrieb geht.

Diskutiert mit unseren Verteilern, gebt ihnen oder euren Vertrauensleuten die unterschriebene Resolution!"
Q: Roter Kumpel, Dortmund 16.11.1973,S.4

07.11.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der KBW OAG Dortmund (vgl. 16.11.1973) berichtet von Monopol Kamen:"
Angeblich soll die Zeche Monopol geschlossen werden, weil die Kohlevorräte nicht mehr ausreichen. Aber: Am Samstag, dem 3. 11., wurde von der Werksleitung erklärt, daß die Arbeitsplätze sicher seien. Am Mittwoch, dem 7. 11., also vier Tage später stimmte das nicht mehr!

Offensichtlich ist die Behauptung, daß die Vorräte nicht mehr ausreichen, eine Lüge, oder wurde etwa in den vier Tagen soviel gefördert, daß jetzt plötzlich alles abgebaut ist? Die Kamener Kumpel glaubten diesen Sprüchen nicht!

Als am 1.Mai in Kamen gegen Stillegungspläne demonstriert wurde ('Monopol darf nicht sterben'), sagte Herbert Wehner auf der Demonstration, er sei gegen die Stillegung."

Ein Kumpel heute:
'Das war doch nur alles Schmus, da wußten die Weisse-Kragen-Herren doch schon
längst, was lief'.

Der Betriebsrat von Monopol, Dyduch, meinte:
'Dieser Stillegung werden wir nie zustimmen. Wir werden mit allen Mitteln dagegen kämpfen!' Ein anderes BR-Mitglied sagte:

'Heute können wir es noch nicht fassen -aber ab morgen werden wir kämpfen!'"
Q: Roter Kumpel,Dortmund 16.11.1973,S.2

07.11.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der KBW OAG Dortmund (vgl. 16.11.1973) berichtet von Zechenstillegungen:"
Thyssen und Werne sollen stillgelegt werden, weil die Schichtleistung nicht ausreichend sei (3,6 t. bzw. 3, 9 t. pro Mann und Schicht). Die Durchschnittsleistung bei der RAG liegt bei 4,2 t. Aus diesem Grund war Minister Stein schon einmal in der Stillegungsdiskussion. Beide Zechen liefern auch nicht so gute Kohle. Aber alle diese Argumente zeigen nur, daß es der RAG um ihren Profit geht. Und der bei einer Zeche nicht reicht, verlieren die Kumpels ihre Arbeitsplätze.

Die Stillegungsgründe der RAG sind einzig und allein an ihrem Profit orientiert. Die Reaktion der Kumpel von Monopol ist die einzig richtige Antwort: Mit allen Mitteln gegen die Stillegung kämpfen."
Q: Roter Kumpel, Dortmund 16.11.1973,S.2

09.11.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der KBW OAG Dortmund (vgl. 16.11.1973) und die Zelle Hoesch Dortmund des KBW (IGM-Bereich - vgl. 14.11.1973) berichten (vgl. 12.11.1973):"
POLIZEIAKTION GEGEN JUGENDLICHE. ERICH DOBHARDT-HAUS GERÄUMT!

Seit über einer Woche hatten Jugendliche ein Abbruchhaus in der Oesterholzstraße besetzt und in ein freies Jugendzentrum verwandelt. Das Haus wurde saubergemacht und verschiedene Arbeitsgruppen bildeten sich und verschiedene Räume wurden eingerichtet. Aus der Bevölkerung waren Stühle, Tische und viele andere Sachen für das Jugendzentrum gespendet worden! Breit ist die Sympathie unter den Anwohnern der Oesterholzstraße und dem Viertel am Borsigplatz mit der Aktion der Jugendlichen. Nach der Hausbesetzung durch über 200 Jugendliche war die Solidarität so groß, daß niemand es wagte, gegen die Jugendlichen vorzugehen. Das besetzte Haus bekam den Namen Erich Dobhardt Haus. Erich Dobhardt, das war ein Jugendlicher aus dem Borsigplatzviertel, der von der Polizei auf der Flucht erschossen worden war, nachdem er ein Radio geklaut hatte und aus einem Erziehungsheim abgehauen war. Damit sollte klar gemacht werden, die jungen Lehrlinge und Arbeiter kriminalisieren anstatt für sie Möglichkeiten für Freizeit und Erholung zu schaffen.

In dem ganzen Viertel am Borsigplatz gibt es kein freies für alle Jugendlichen offenes Jugendzentrum. Deshalb haben auch zahlreiche Lehrlinge und Jungarbeiter, die hier wohnen das Erich Dobhardt-Haus aufgesucht und an den Aktionen teilgenommen.

Am Freitag, den 9. November wurde von dem nahegelegenen St. Vincensheim eine Räumungsklage bei Oberstaatsanwalt in Dortmund gestellt, bis 15. 00 Uhr das Haus zu verlassen, die Polizei würde andernfalls das Haus räumen und alle Jugendlichen wegen Hausfriedensbruch inhaftieren.

Sofort versammelten sich nach Bekanntwerden dieser Nachricht zahlreiche Leute vor dem Erich-Dobhardt-Haus, um gegen die angekündigten Polizeiaktionen zu protestieren. Doch die Polizei wagte wieder nicht, gegen die Jugendlichen vorzugehen."
Q: Roter Kumpel, Dortmund 16.11.1973

10.11.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der KBW OAG Dortmund (vgl. 16.11.1973) und die Zelle Hoesch Dortmund des KBW (IGM-Bereich - vgl. 14.11.1973) berichten:"
SOLIDARITÄTSDEMONSTRATION FÜR DIE 22 ENTLASSENEN MANNESMÄNNER

KEINER KÄMPFT FÜR SICH ALLEIN, ALLE MÜSSEN WIEDER REIN!

Unter dieser Losung demonstrierten am Samstag, den 10.11. 8-9 000 Arbeiter, Lehrlinge, Schüler und Studenten durch Duisburg-Huckingen zum Mannesmann-Verwaltungsgebäude. Über 200 Solidaritätsadressen trafen dort ein. Darunter auch eine von Gesamtbetriebsrat der BAG DO. Durch diese wurde der Forderung nach Zurücknahme der restlichen 22 Kündigungen Nachdruck verliehen. Auf der Schlußkundgebung verlas Betriebsratsmitglied Fritz Wäscher eine Solidaritätsresolution des Hoesch-Betriebsrates. Es genügt jedoch nicht, einen Delegierten zu schicken, sondern es ist notwendig, daß alle Kollegen stärker in den Kampf einbezogen werden und sich praktisch solidarisieren. Denn: Heute ist's Dein Nebenmann, morgen bist Du selber dran! Als Vertreter des Solidaritätskomitees Duisburg unterstrich ein Pfarrer die Notwendigkeit, den Kampf an dieser Stelle nicht abzubrechen, sondern ihn an allen Fronten fortzusetzen. Weitere Forderungen der Demonstranten waren:

FÜR VOLLES STREIKRECHT!

FÜR FREIE, POLITISCHE UND GEWERKSCHAFTLICHE BETÄTIGUNG!
22 FÜR ALLE, ALLE FÜR 22!"
Q: Roter Hoesch Arbeiter Nr.6,Dortmund 14.11.1973,S.3; Roter Kumpel, Dortmund 16.11.1973,S.3

13.11.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW (vgl. 3.1.1974) berichtet:"
IGBE-FÜHRUNG GEGEN FORTSCHRITTLICHE KOLLEGEN

Nach dem Versagen der IGBE-Führung, für angemessene Lohnerhöhung zu sorgen, versuchten die Saarkumpel durch einen Streik eine Lohnerhöhung durchzusetzen.

Der Staat konnte durch das Verhalten der IGBE-Führung abgewürgt werden, die den kämpfenden Kumpels in den Rücken fiel und sich öffentlich von dem Lohnkampf distanzierte.

Um dieses Verhalten nachträglich zu rechtfertigen, geht der Vorstand jetzt ran und versucht die Saarkumpels auf das übelste zu beschimpfen. Wenn man in die 'Einheit' schaut so steht dort: Da waren so ein paar Wirrköpfe, die haben mit üblen Tricks versucht die Kollegen aufzuhetzen und es ihnen leider auch gelungen (v. 1. 12 1973).

Welche Kollegen sollen hier diffamiert und isoliert werden? Gerade die Kollegen, die versuchten, aus ihrer langjährigen Erfahrung der Klassenauseinandersetzung zu schöpfen, die umsichtig und erfolgreich den Lohnkampf von 15 000 Kollegen organisieren.

Und Teil dieser Erfahrung war auch, daß die heutigen Führer der IGBE ihre soziale Frage für sich gelöst haben, indem sie treue Interessenvertreter der Kapitalisten in unserer Gewerkschaft sind. Deshalb versuchen sie auch immer wieder, die Kollegen vom Lohnkampf mit allen Mitteln abzuahalten.

Und weil in den letzten Jahren immer größere Teile der Arbeiterklasse diese Haltung durchschaut und zum Mittel des selbständigen Lohnkampfes gegriffen haben, versuchen die sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer diese Kämpfe zu diffamieren.

Wenn die Saarkumpel in ihrem Kampf keine Lohnerhöhung erzielen konnten, so lag das nicht daran, daß die Organisatoren Wirrköpfe waren, denn die Front der 15 000 stand. Der Verrat der IGBE-Führung war mit entscheidende Ursache für den Mißerfolg. Gegen diese Politik des Verrats und der Diffamierung aktiver Kollegen müssen wir uns wehren. Wer die Politik der IGBE-Führung rechtfertigt, kann nicht unser Kandidat für gewerkschaftliche Organe sein. Vor allem aber müssen wir auch gegen solches verräterische Verhalten unserer Gewerkschaftsführer verstärkt den Kampf um eine klassenkämpferische Politik unserer Gewerkschaft führen."
Q: Roter Kumpel: 1974 - Immer tiefer in die Krise,Dortmund o.J. (1974),S.1f

15.11.1973:
Die Betriebszelle Braunschweigische Kohle-Bergwerke (BKB) des Sozialistischen Aktionskreises (SAK) Helmstedt des KBW berichtet:"
BERGBAULEHRLINGE - FORDERUNG NACH 120 DM FÜR JEDE AUSBILDUNGSSTUFE

Helmstedt. Am 15.11. lud die Jugendvertretung (JV,d.Vf.) der Braunschweigischen Kohle-Bergwerke die Lehrlinge zu einem Tarifgespräch im Helmstedter DGB-Haus ein. Anwesend waren dann ca. 50 Auszubildende der einzelnen Lehrjahre, die Jugendvertretung sowie der Geschäftsstellenleiter der IGBE, L. Steinbach.

In der Diskussion wurde von den einzelnen Lehrlingen erkannt, daß die Lohnforderung nur durchgesetzt werden kann, wenn man eine lineare Lohnforderung aufstellt, ihr geschlossenen Nachdruck verleiht und wenn man die älteren Kollegen in diese Forderung mit einbezieht.

Danach wurde eine Forderung von 120 DM für alle Lehrjahre gleich aufgestellt, die vorher in der Betriebszellenzeitung des Sozialistischen Aktionskreises ('Der Braunkohlenkumpel',d.Vf.) propagiert worden war. Diese Forderung wurde mit einer Gegenstimme angenommen.

Der Geschäftsstellenleiter der IG Bergbau versuchte diese Forderung lächerlich zu machen und las nicht durchsetzbar hinzustellen. Auch der Jugendvertretungsvorsitzende R. Eiermann, SPD-Mitglied und Juso, zog sich auf diese Linie der Gewerkschaftsführung zurück, als seine Forderung von 90 DM für alle abgelehnt worden war.

Diesen Angriffen der sozialdemokratischen Gewerkschaftsführung müssen wir klar entgegentreten, indem wir unsere eigenen Forderungen aufstellen, fortschrittliche Betriebsräte und Vertrauensleute wählen und uns nur auf unsere eigene Kraft verlassen. Das heißt, daß wir unsere Kämpfe um mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen selbst organisiert durchführen müssen."

Diesen Artikel verbreitet auch in NRW die Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW (vgl. 18.1.1974).
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr.1,Mannheim 9.1.1974,S.6; Roter Kumpel,Dortmund 18.1.1974,S.4

16.11.1973:
Der 'Rote Kumpel' - Branchenzeitung des KBW für die Kumpel der Bergbau AG Dortmund (vgl. 29.10.1973, 28.11.1973) erscheint mit 4 Seiten DIN A4 und ruft zur Demonstration gegen die Zechenstillegung in Kamen (vgl. 7.11.1973, 18.11.1973) auf und berichtet auch von weiteren Stillegungen in Dortmund (vgl. 7.11.1973), Werne (vgl. 7.11.1973) und Duisburg (vgl. 7.11.1973).

Aus Dortmund wird auch berichtet vom durch den AKJZ besetzten Erich-Dobhardt-Haus (vgl. 9.11.1973, 12.11.1973).

Der Leitartikel ruft zum Protest gegen die Stillegung der Zeche Hansa auf:"
DIE STILLEGUNG NICHT KAMPFLOS HINNEHMEN

Vor wenigen Monaten hieß es noch in der Presse: Bergbau-AG dementiert Stillegungsgerüchte; mit dem modernen Schildausbau sollte der Abbau auf 2000 t. Förderleistung pro Tag gesteigert werden. Zwei Monate später hat die Bergbau-AG beschlossen, die Zeche Hansa stillzulegen.

Ähnlich war es bei der Zeche Monopol in Kamen: Erst wurden die Kumpel vertröstet, die Zeche bliebe erhalten, nun wird auch Monopol stillgelegt. Die Kamener Bergarbeiter haben gegen die Stillegung ihrer Zeche Aktionen vorbereitet. Sie wollen die Pläne der Ruhrkohle-Herren nicht tatenlos hinnehmen. Sie planen eine Demonstration.

Wir meinen, auch die Kumpel von Hansa dürfen die Stillegung nicht tatenlos hinnehmen. Sie planen eine Demonstration. Wir meinen, auch die Kumpel von Hansa dürfen die Stillegung nicht tatenslos hinnehmen. Wir haben vor Hansa eine Protestresolution gegen die Stillegung verteilt, die wir in diesem
Roten Kumpel noch einmal abdrucken (vgl. 7.11.1973,d.Vf.). Diese Resolution sollte der Kumpel unterschreiben und damit zu unseren gewerkschaftlichen Vertretern gehen und sie auffordern, schnell Versammlungen zu organisieren, auf denen alle sagen sollen, was sie von der Stillegung halten und was gemeinsam dagegen getan werden kann. Ganz besonders muß der Betriebsrat eine außerordentliche Betriebsversammlung einberufen, das ist das mindeste!

Warum sind wir gegen die Stillegung?

Es wird immer gesagt, die Kohleförderung sei nicht mehr rentabel, Erdöl sie viel billiger. Deshalb sei es einfach notwendig, Zechen zu schließen.

Rentabel ist aber eine Zeche dann, wenn sie genügend Profit bringt und die Herren deshalb ihr Kapital nicht besser woanders anlegen. Aber der Profit ist nicht unsere Sache, davon sehen wir keinen Pfennig. Eine Stillegung aus Profitgründen liegt deshalb auch nicht in unserem Interesse; denn wir verlieren unseren Arbeitsplatz, damit die Kapitalisten ihren Profit nicht verlieren.

100 Jahre lang brachte die Kohle Profit bei der Stahlerzeugung und als allgemeine Energiebasis. Und die Bergleute standen mit ihrem Beruf und ihrer harten Arbeit vorn. Heute verdienen die Zechenherren daran, uns abzubauen.

Wenn die Erdölpreise weiter steigen, werden vielleicht in einigen Jahren die stillgelegten Schächte wieder eröffnet; diesen unsinnigen Kreislauf haben wir ja gerade mit der Zeche Graf Bismarck erlebt. Und das wird dann als 'vernünftig' und 'notwendig' hingestellt. Vernünftig im Interesse der arbeitenden Bevölkerung wäre die Erhaltung und Weiterentwicklung der Schachtanlagen, um damit den Rohstoff- und Energiebedarf des ganzen Volkes zu decken.

Das wird nur möglich sein, wenn die Arbeiterklasse die Leitung der Gruben den Zechenherren aus der Hand nimmt und die Produktion unter eigener Kontrolle entfaltet.

Heute geht es um den Kampf gegen die Stillegung von Hansa. Der Kampf ist notwendig, wenn wir uns nicht wie Schafe zur Schlachtbank führen lassen wollen.

Ziel unseres Kampfes ist es, die Stillegung der Zeche zu verhindern. Viele Kumpel sind empört! Wenn wir zusammenstehen und gemeinsam gegen die Stillegung protestieren, können wir Erfolg haben. Beweisen wir, daß man uns nicht einfach mit ein paar Trostworten abspeisen kann.

BETROFFENE STÄDTE PROTESTIEREN

Durch die Stillegung der vier Zechen sind nicht nur die Kumpel betroffen, sondern die ganze Umgebung. So sind die drei Orte Kamen, Bergkamen und Werne ihrer wichtigsten Industrie und Einnahmequelle beraubt. Zum Beispiel ist vorauszusehen, daß ein Teil des Einzelhandels mit der Schließung pleite gehen wird.

Deswegen protestieren auch die Bürgermeister der drei Städte gegen die Stillegung; es ist aber nicht so sicher, ob es ihnen nicht mehr um die Gewerbesteuereinnahmen geht als um die Kumpel… Der Bürgermeister von Kamen meinte:
'Es ist geradezu makaber, wenn die RAG davon spricht, daß die Stillegung ohne regionalwirtschaftliche Schwierigkeiten abgewickelt werden kann.'"
Q: Roter Kumpel,Dortmund 16.11.1973

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17.11.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW (vgl. 28.11.1973) berichtet aus der IGBE:"
FUNKTIONÄRSKONFERENZ: SCHMIDTS DEMAGOGIE

Am 17.11. war im Goldsaal der Westfalenhalle die alljährliche Funktionärskonferenz des Bezirks Ruhr-Ost. Wie immer hielt Adolf Schmidt das Hauptreferat, diesmal: 'Energiepolitik ohne Illusionen'.

Als erstes gab er seiner Freude Ausdruck, daß er die Möglichkeit erhalten habe, die Ereignisse des vergangenen Jahres noch einmal zusammenzufassen. Was er aber dort brachte, war allerdings keine Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse dieses Jahres, sondern Wiederholung der Reden, die er schon sehr oft gehalten hatte.

Als erstes stellte er dar, wie der Energieplan entstanden sei. Wie er sich in mühevollen Verhandlungen dafür eingesetzt hätte, daß die geplante Fördermenge um soundsoviel Mill. t. erhöht würde. Wie sie bewiesen hätten, daß die IGBE mit sich reden ließe, zwar erst ab einer bestimmten Fördermenge, aber immerhin.

Anstatt die Fehler, die gemacht wurden, aufzudecken, lobte er die soo geschickte Verhandlungstaktik. Natürlich sagte er nichts darüber, was man hätte erreichen können, wenn man die ganze Kraft der Organisation eingesetzt hätte, nämlich Erfolge; er ging nur kurz darauf ein, indem er meinte, man müsse eine Energiepolitik ohne Illusionen machen und sehen, was sich durch Verhandlungen ereichen lasse.

Später spöttelte er dann noch etwas rum, daß es da doch glatt Leute gäbe, die meinten, wenn man ein paar Leitungen zusammenschweißt, brauche man nur noch vorne Kohle reinzutun und hinten käme Öl raus. Adolf Schmidt machte sich zum Sprecher für den kapitalistischen Energieplan, anstatt aufzuzeigen, wohin der Energieplan den Kumpel bringt, die Folgen der Rationalisierung zu erläutern und zu sagen, was man gegen den Plan machen kann. Schmidt rief zum Stillhalten auf.

Nach dem Referat meldeten sich drei Kollegen zu Wort. Als erster Wulff, Betriebsrat auf Hansa. Er erzählte nochmal, wie erstaunt er über den plötzlichen Stillegungsbeschluß war. Und lud Schmidt ein, den Energieplan doch mal auf einer Belegschaftsversammlung auf Hansa zu erläutern. Natürlich war Schmidt damit einverstanden- 'wenn sein Terminkalender das zuläßt'.

Ein anderer Kollege erklärte, er käme sich langsam vor wie ein Zigeuner, er wäre erst drei Monate auf Hansa. Vor kurzem hätte es noch geheißen 'Hinein in die goldenen 70er Jahre!' Golden seien aber offensichtlich die 70er Jahre nur für den Profit der Kapitalisten, nur nicht für den Kumpel.

Der dritte Redner ging darauf ein, daß der Profit der Ölkonzerne ungeheuer gestiegen ist.

In seinem Schlußwort ging Schmidt dann noch auf die geplante Stillegung ein. Er meinte, die Zechen würden auch dann geschlossen, wenn die Förderleistung erhöht würde. Warum sagte er nicht.

Wenn man sich mal betrachtet, was Schmidt auf der Konferenz ausgeführt hat und was er ansonsten macht, muß man sich fragen, ob er noch unsere Interessen vertritt, oder nicht schon vielmehr die Interessen der RAG-Kapitalisten und der Bundesregierung.

Vor kurzem hatte er offen gegen den Streik der Saarkumpel, (Wort fehlt - vermutlich 'gehetzt',d.Vf.) und das mit Argumenten, die auch von der Ruhrkohle oder von der Bundesregierung kommen könnten. Im Sommer schloß er einen Tarifvertrag ab, obwohl die Kumpels kampfbereit waren. Und schließlich unterstützt er einen Energieplan, der für die Bergarbeiter den Verlust von fast der Hälfte aller Arbeitsplätze bedeutet! (Eingeschlossen die Arbeitsplätze, die durch Rationalisierung verschwinden).

Wenn man sich die Taten des Adolf Schmidt anschaut und sich fragt, ist das die Politik eines Gewerkschafters oder ist das die Politik von Leuten, denen Aufsichtsrats- und Regierungsposten eben mehr bedeuten als ihre Aufgaben als Gewerkschafter, dann kommt heute die Antwort fast von selbst: Schmidt steht nicht auf unserer Seite. Er betreibt eine Politik der RAG-Kapitalisten und der SPD-Regierung, und deren Interessen sind unvereinbar mit den unseren.

Wenn wir nichts gegen Leute wie Schmidt und Konsorten unternehmen, wird sich unsere Gewerkschaft immer mehr zu einem gelben Verband entwickeln. Nur wenn wir tatsächlich in der Gewerkschaft arbeiten, können wir alle solchen Leute wie Schmidt das Handwerk legen.

Machen wir die IGBE wieder zur Kampforganisation der Kumpel, setzen wir gemeinsam durch, daß die Gewerkschaft wieder Arbeiterinteressen vertritt und nicht der Zechenbesitzer!"
Q: Roter Kumpel,Dortmund 28.11.1973,S.3

18.11.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der KBW OAG Dortmund rief auf (vgl. 16.11.1973):"
MONOPOL GEHT VORAN

Der Betriebsrat und der Schachtgewerkschaftsausschuß der Zeche Monopol in Kamen organisiert am 18. November eine Demonstration gegen die geplanten Schließungen der vier Zechen. Der Betriebsrat und der Schachtgewerkschaftsausschuß sind der Meinung, daß das Problem der Zechenschließung nicht das Problem einer Zeche allein ist, sondern daß alle Zechen gemeinsam gegen die Stillegungen kämpfen müssen.

Deshalb fordert er alle Kumpel auf, zu der Demonstration zu kommen. Das ist der richtige Weg! Dagegen halten die Ortsverwaltung und verschiedene Betriebsräte die Demonstration nicht für richtig und unterstützen sie auch nicht. Sie glauben wohl, damit im Sinne des Energieplans zu handeln, der ja leider vom letzten Gewerkschaftstag der IGBE gebilligt worden ist.

Aber das sollte uns nicht davon abhalten, aktiv gegen das neuerliche Zechenmorden aufzutreten. Deshalb: Auf zur Demonstration am 18. November! Kampf gegen die Stillegungen!

HERAUS ZUR DEMONSTRATION GEGEN DIE ZECHENSTILLEGUNGEN AM SONNTAG DEN 18.11.1973 IN KAMEN.
ABFAHRT DER BUSSE: HUCKARDER MARKT, 8.00 UHR.

Die Bergbau Zelle des KBW wird alle Initiativen der Gewerkschaft oder einzelner Kollegen unterstützen, die zu dieser Demonstration aufrufen und selbst einen Bus bereitstellen."

Später (vgl. 28.11.1973) berichtet die Branchenzelle Bergbau der KBW OAG Dortmund:"
MONOPOL KAMEN: 2. 000 GEGEN STILLEGUNG

Am 18. November demonstrierten in Kamen mehr als 2. 000 Menschen gegen die Stillegung von vier Zechen im Ruhrgebiet.

Ein großer Teil von ihnen war Kumpel auf der Zeche Monopol. Ehefrauen, Kinder, Knappschaftsrentner und die Ortsgruppen Dortmud und Hamm des Kommunistischen Bundes Westdeutschlands unterstützten solidarisch den Widerstand der Kumpel von Monopol gegen die Stillegung. Unter den Parolen 'Weg mit den Stillegungsplänen' und '4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich' formierte sich der Demonstrationszug, der durch die Kamener Innenstadt zur Zeche Monopol zog. Nicht wenige Kamener reihten sich unterwegs noch ein. Auch Minister Girgensohn marschierte mit, obwohl doch gerade die SPD-Regierung, der er angehört, die Stillegungspläne ausarbeitete und das Dichtmachen mit Steuergeldern prämierte. Deshalb war sein Auftreten auch keine glaubwürdige Solidarität, wahrscheinlich wollte er durch volkstümliches Auftreten nur Stimmen für die nächste Wahl einfangen.

Im Demonstrationszug wurde überall die Lage der Bergarbeiter besprochen. Es waren nicht wenige Kollegen, die feststellten: 'Es ist ein Unding, daß jetzt, wo angeblich eine Energiekrise existiert, der Bergbau weiter stillgelegt wird. Das zeigt, daß durch Stillegungen nicht ein Überschuß abgebaut werden soll. Die Kapitalisten stürzen sich auf das profitablere Erdöl und wir haben darunter zu leiden, daß nicht genug Energie vorhanden ist und unsere Arbeitsplätze auch zum Teufel sind'. Und so mancher Kollege, der für den Autokauf jahrelang Panzerschichten kloppte, dem hat die Regierung jetzt verboten, am Wochenende zur Erholung mit dem Wagen aus der schmutziggrauen Stadt hinaus zu fahren. Und einige Kumpel sagten auch, warum der Kumpel immer noch der 'Dumme' ist. 'Wir sollen auf der Straße liegen, aber das Kapital macht mit Stillegungen und hohen Benzin- und Ölpreisen den goldenen Schnitt. Und das wird sich so lange nicht ändern, wie die Arbeiter es nicht ändern und die Produktion nicht selbst in die Hand nehmen'.

Auf der Zeche Monopol angekommen hielt ein Betriebsratsmitglied noch eine kurze Rede. Er bedankte sich für die breite Solidarität mit den bedrohten Kumpel und forderte, daß sie noch größer werden müsse. Vor allem müsse dieser Kampf aber von allen bedrohten Zechen gemeinsam geführt werden, eine Zeche könne nicht stellvertretend kämpfen. Er forderte deshalb die gewerkschaftlichen Vertreter der anderen Zechen auf, auch dort den Kampf gegen die Stillegung zu organisieren.

Und diesen Widerstand müssen wir schon deshalb selbst organisieren, weil die IGBE-Führung inzwischen klar gezeigt hat, daß ihr Verständnis nicht unserer Sache gilt, sie aber um so mehr Verständnis für die Sicherung der Kapitalprofite hat.

Fragen wir also unsere Vertreter auf Hansa, was sie bisher gegen die Stillegungsabsichten getan haben. Und wir müssen ihnen auch klar sagen, nur wenn die breite Front der Kumpel errichtet wird, können wir einen Sieg erringen und die Stillegung verhindern. Sie müssen sich jetzt als die aktive organisierende Kraft im Kampf um unsere Arbeitsplätze beweisen."
Q: Roter Kumpel,Dortmund 16.11.1973 bzw. 28.11.1973,S.1f bzw. S.3f

21.11.1973:
Laut der Branchenzelle Bergbau des KBW in Dortmund (vgl. 28.11.1973) findet heute vermutlich in Dortmund eine Solidaritätsveranstaltung 'Freiheit für alle politischen Gefangenen im Iran' statt, auf der auch die folgende Resolution verabschiedet wird:"
RESOLUTION GEGEN DIE WAFFENLIEFERUNG DER BUNDESREGIERUNG AN DAS SCHAH-REGIME

Die Teilnehmer der Solidaritätsveranstaltung 'Freiheit für alle politischen Gefangenen im Iran' am 21. 11. 1973 protestieren gegen die drohenden Todesurteile gegen 12 iranische Patrioten.

Sie verurteilen die Unterstützung des Schah-Regimes durch die Bundesregierung und fordert: Schluß mit den Waffenlieferungen an das Schah-Regime! Freiheit für alle politischen Gefangenen im Iran!

Die Anwesenden begrüßen die Initiative der Förderation iranischer Studenten für eine zentrale Demonstration und fordert alle antiimperialistischen gesinnten Menschen auf, zu dieser Demonstration am 1.12. nach Köln zu kommen.

Die 83 Teilnehmer der Solidaritätsveranstaltung."
Q: Roter Kumpel, Dortmund 28.11.1973,S.6

24.11.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der KBW OAG Dortmund (vgl. 28.11.1973) berichtet:"
OELSCHWINDEL

Am Samstag wandte sich Kanzler Brandt über Rundfunk und Fernsehen an die Bevölkerung. Mit ernsten Worten forderte der Kanzler Verständnis für die Maßnahmen der Regierung. Er sprach vom Gemeinsinn und der Solidarität des ganzen Volkes bei der Verteilung und Verwendung der geringen Mineralölvorräte.

Solidarisch und widerspruchslos sollen wir hinnehmen
- daß das Benzin täglich teurer wird (z.B. in Essen 1, 04 pro L.),
- daß in den öffentlichen Gebäuden (also auch Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern) die Temperaturen gesenkt werden,
- daß unsere Kinder den wöchentlichen Schulstoff jetzt in 5 Tagen einpauken müssen, damit Heizöl gespart wird,
- daß durch das Sonntagsfahrverbot die Arbeiter nicht mehr am Wochenende zur Erholung aus der Großstadt hinausfahren können.

Zumindest für ein halbes Jahr sollen wir alle diese Maßnahmen im Interesse der Gesamtheit hinnehmen. Verfolgte man die Presse in den letzten Tagen genau, so konnte man ihr folgende Informationen entnehmen:
- Ein Hamburger Bürgermeister erklärte, in den westdeutschen Häfen komme nicht weniger, sondern mehr Öl als in den Monaten zuvor an,
- Die Überseetanker müssen teilweise bis zu zehn Häfen anlaufen, um freie Tanks für ihre Ladung zu finden,
- Im Dortmunder Hafen liegen sechs Tankschiffe mit Heizöl und Benzin, die nicht entladen werden können, weil die Lagertanks voll sind.

Die Ruhr-Nachrichten schreiben hierzu:
'ROTTERDAM MELDET: KEIN LITER ÖL WENIGER

Rotterdam: Im Rotterdamer Hafen ist seit dem Ölboykott der arabischen Staaten gegen die Niederlande bisher kein Liter Öl weniger angelangt als vor einem Jahr. Nach Angaben des Rotterdamer Oberbürgermeisters Thomassen wurde die Versorgung des Ölhafens bisher aufrechterhalten, weil
- bei Ankündigung des Ölembargos noch genügend Mammuttanker mit Rohöl unterwegs waren (die Reise ums Kap dauert vier Wochen).
- und weil die internationalen Öl-Konzerne bisher den Boykott der Araber unterliefen.'
So wurden zum Beispiel für England bestimmte Tanker aus Nigeria, das dem Boykott nicht angeschlossen ist, nach Rotterdam umgeleitet, während Mammut-Tanker aus Arabien statt nach Rotterdam nach England gehen.
Der Versuch der Ölkonzerne, die Krise gleichmäßig auf die Kundenstaaten zu
verteilen, hat vor allem die britische und die französische Regierung verstimmt, die dank ihrer guten Beziehung zu den Scheichs auf volle Belieferung hoffen. Aber das verschiffte Rohöl ist Eigentum der Konzerne, auch etliche Mammut-Tanker sind in ihrem Besitz. Trotzdem kündigen die Raffinerien in Rotterdam eine erhebliche Produktionsbeschränkung um insgesamt 20 Prozent Rohöl an. Dazu der Geschäftsführer einer niederländischen Industriegewerkschaft: `Nach unseren Informationen sind die Öltanks noch bis zum Rande voll, und die Produktion kann noch mindestens einen Monat auf Hochtouren laufen.' Die Ölkonzerne spielen ein raffiniertes Spielchen, um den Preis für raffinierte Produkte emporzutreiben.`

Wenn aber noch ausreichend Öl vorhanden ist, weshalb dann diese Maßnahmen, weshalb solche Panikstimmung?

Die Zeitungen und die Wirtschaftsinstitute der Kapitalisten reden immer offener vom Konjunkturabschwung im neuen Jahr und einer beginnenden Krise. Und weil die Kapitalisten allein nach dem Profit trachten und nicht nach dem oft vorgetäuschten Gesamtinteresse, versuchen sie vor Beginn der Krise die Profite noch so hoch wie möglich zu steigern.

Die großen Ölmonopole wie Shell, Esso, BP usw. haben nur mit dem Hinweis auf die Produktionsbeschränkung in den arabischen Ländern den Öl- und Benzinverbrauch gedrosselt, und das Öl in Tanks gehortet, um unbehindert die Preise treiben zu können!

Diese Entwicklung ist nur die Spitze der allgemeinen Teuerungswelle. Die Monopole verbessern ihre Profite allein auf dem Rücken der Arbeiterklasse und des Volkes. Und auch der Staat verdient daran: Die Staatskasse bekommt den Löwenanteil an jeder Benzin- und Ölpreiserhöhung, nämlich 60% des Endpreises!

Und im Windschatten der sogenannten Ölkrise sollen neue Lohnraubabschlüsse im Metallbereich und im öffentlichen Dienst abgeschlossen werden. Außerdem drohen die Kapitalisten mit Kurzarbeit und Entlassungen wegen Energiemangels (wie z. B. bei Opel und Ford). Damit soll aber nur über die Ursache der sich verschlechternden Lebensbedingungen der Arbeiterklasse hinweggetäuscht werden.

Nämlich über die Krise des westdeutschen Kapitals hervorgerufen durch die sinkenden Profite. Das westdeutsche Volk soll von den Schachzügen der Ölmonopole abgelenkt werden, diesen Sinn haben die Gemeinsinnappelle und die Araberhetze. Uns soll vorgegaukelt werden, alle Deutschen säßen in einem Boot.

Diese gemeinsamen Interessen aber gibt es nicht! Die arabischen Völker führen einen gerechten Kampf um ihr von Israel besetztes Land und um die selbständige Nutzung ihrer Bodenschätze. Sie stehen dabei in einem unversöhnlichen Gegensatz zu den Ölmonopolen, die diese Länder weiter abhängig halten wollen, um sie wie bisher ausplündern zu können. Und die Monopole sind auch unsere Feinde; denn sie versuchen uns auch durch ständige Preiserhöhungen tief in die Tasche zu greifen und unsere Lebenssituation ständig zugunsten ihres Profites zu verschlechtern.

Und die SPD-Regierung bewährt sich mit ihren Appellen und ihrer Energieverordnung als die gleiche sichere Stütze der Kapitalinteressen, wie es die CDU unverhohlen immer schon war.

Es gilt deshalb, sich durch Araberhetze und Gemeinsinnappelle nicht vom Widerstand und Kampf gegen den Feind abhalten zu lassen, der durch die ständigen Angriffe auf unsere Existenzbedingungen seine Existenz sichert. Die arabischen Völker leisten der imperialistischen Ausplünderung Widerstand.

In unserem Land gilt es, ebenso den Widerstand gegen die Kapitalistenklasse zu entfachen, die uns ausplündert und unsere demokratischen Rechte unterdrückt. Unsere Solidarität gilt deshalb nicht den Kapitalisten, die uns ausplündern. Mag Kanzler Brandt auch noch so oft den Gemeinsinn beschwören. Gemeinsamkeiten haben wir nur mit all denen, die ebenfalls von den Kapitalisten ausgebeutet und unterdrückt werden, wie z. B. die arabischen Völker.

Unsere Solidarität ist die Waffe im Kampf gegen die Ausbeuterklasse.

GEMEINSAMER KAMPF GEGEN DIE AUSPLÜNDERUNGSPOLITIK DER KAPITALISTENKLASSE!

FORT MIT DEM ENERGIESICHERUNGSGESETZ!

SOLIDARITÄT IM SELBSTÄNDIGEN KAMPF FÜR UNSERE POLITISCHEN UND WIRTSCHAFTLICHEN INTERESSEN!"
Q: Roter Kumpel,Dortmund 28.11.1973,S.1f

24.11.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der KBW OAG Dortmund (vgl. 28.11.1973) berichtet von den Zechenstillegungen in NRW (vgl. 7.11.1973):"
STILLEGUNGEN ABGEWENDET

'Die Entscheidung über Stillegungen muß ausgesetzt werden', erklärte Wirtschaftsminister Riemer am letzten Wochenende. Das nordrheinwestfälische Kabinett hatte angesichts der Energiekrise den sofortigen Stopp der beschlossenen Zechenstillegungen gefordert. In den Zeitungen war plötzlich wieder die Rede von einer 'Überprüfung des Energieplanes' usw.

Doch hat sich tatsächlich für die Kumpel etwas geändert? In einer Radiosendung sprach der Minister aber auch davon, die betriebswirtschaftlichen Rationalisierungspläne der RAG-Kapitalisten in jedem Fall unterstützen zu wollen.

Die Rationalisierungspläne bestehen darin, weitere unrenetable, das heißt nicht genügend Profit bringende Zechen, zu schließen, um auf den wenigen übrigbleibenden Zechen die Förderung um das mehrfache zu steigern.

So soll nach den Plänen der RAG-Kapitalisten bis 1980 die Untertageleistung je Mann und Schicht von gegenwärtig 4,2 auf 6,5 t. gesteigert werden. Die verwertbare Förderung soll je Betriebspunkt von zur Zeit 1000 auf 3000 t. hochgeschraubt werden.

Jeder Kumpel weiß, was das heißt. In den untersten Streben herrscht ein Klima von 44 Grad Celsius. Die modernen Maschinen verursachen eine Unmenge von Staub, sodaß man die Hand kaum vor den Augen sehen kann.

Wenn nun angesichts der hohen Ölpreise sich die Bundesregierung und verschiedene Kapitalisten auf die Kohle rückbesinnen und von der Möglichkeit der Kohlehydrierung geredet wird, ändert sich für den Kumpel gar nichts. Denn das Interesse der RAG-Kapitalisten und der Bundesregierung ist nich, sichere Arbeitsplätze und einen guten Lohn für uns zu erhalten. Das haben diem letzte Woche gezeigt. Die Bundesregierung schiebt den Ölkonzernen Riesenprofite zu und die RAG befolgt weiter ihr Profitkonzept der 'Rationalisierung des Bergbaus'.

Für den Kumpel heißt daß, das die Lebenshaltungskosten durch diese Preiserhöhungen um ca. 6-7% gestiegen sind und die Arbeitsplätze weiter gefährdet bleiben.

Gegen diesen Lohnraub und die weiteren Stillegungen können sich nur alle Bergarbeiter gemeinsam wehren. Und hier steht es zur Zeit nicht gut. Die IGBE wird von Leuten geführt, die nicht die Interessen der Bergarbeiter, sondern die der SPD/FDP-Regierung und der RAG-Kapitalisten vertreten. Auch sind in der Gewerkschaft nur wenige Kumpel aktiv. Kollegen, ändern können wir das nur, wenn wir die IGBE wieder unser Kampforganisation machen.

Deshalb:
GEGEN STILLEGUNGEN UND STEIGERUNG DER FÖRDERUNG AUF KOSTEN DER KUMPEL!

FÜR SICHERE ARBEITSPLÄTZE UND EXISTENZSICHERNDE LÖHNE!

FÜR KLASSENBEWUßTE KAMPFSTARKE GEWERKSCHAFTEN!"
Q: Roter Kumpel,Dortmund 28.11.1973,S.1 und 6

28.11.1973:
Der 'Rote Kumpel' - Branchenzeitung der Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW für die Kumpel der Bergbau AG Dortmund (vgl. 16.11.1973, 12.12.1973) erscheint mit 8 Seiten DIN A4.
Berichtet wird von der Rede des Bundeskanzlers zur Ölkrise (vgl. 24.11.1973), aus NRW vom IGBE-Bezirk Ruhr-Ost (vgl. 17.11.1973) und den Zechenstillegungen (vgl. 24.11.1973).

Aus Kamen wird berichtet von der Demonstration gegen die Stillegung der Zeche Monopol (vgl. 18.11.1973).

Berichtet von (vgl. 21.11.1973) und auch aufgerufen wird zur Iran-Solidarität (vgl. 29.11.1973, 30.11.1973, 1.12.1973).

Reklame wird in der Ausgabe auch für die KVZ gemacht:"
Die 'Kommunistische Volkszeitung' wird herausgegeben vom KOMMUNISTISCHEN BUND WESTDEUTSCHLAND. Sie erscheint alle 14 Tage Mittwochs und wird dann vor den Toren verkauft. Die 'Kommunistische Volkszeitung' kostet 50 Pfennig. Ihr könnt die Zeitung sowie weitere kommunistische, sozialistische Literatur auch in der Buchhandlung 'rote front' erhalten. Außerdem gibt es eine reichhaltige Auswahl an gebrauchten politischen Büchern. Die Buchhandlung liegt nördlich des Hauptbahnhofes an der Uhlandstraße 82. Sie ist werktags von 16. 00 Uhr bis 18. 30 Uhr und samstags von 10-14 Uhr geöffnet. Telefonisch könnt ihr die Buchhandlung über die Nummer … erreichen."
Q: Roter Kumpel,Dortmund 28.11.1973

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30.11.1973:
In Dortmund soll eine Iranveranstaltung stattfinden (vgl. 29.11.1973,
1.12.1973), die bei der Bergbau AG (vgl. 28.11.1973) und im IGM-Bereich bei Hoesch (vgl. 28.11.1973) vom KBW so angekündigt wurde:"
SOLIDARITÄTSVERANSTALTUNG: FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN IM IRAN, FREITAG, 30.11. UM 19 UHR, GASTSTÄTTE ZUM ZEPPELIN (Malinckrodtstraße gegenüber Nordmarkt).

Es spricht ein Vertreter der FÖDERATION IRANISCHER STUDENTEN;
REFERAT, DIAS, VORTRAG, DISKUSSION -
FÖDERATION IRANISCHER STUDENTEN IN DER BRD UND WESTBERLIN (FIS), KOMMUNISTISCHER BUND WESTDEUTSCHLAND."

Bei der Bergbau AG Dortmund (vgl. 28.11.1973) wurde vom KBW aufgerufen:"
ERDÖL AUS IRAN

Im Rahmen des Energieplans der Bundesregierung wird aus den Unternehmen VEBA und Gelsenberg mit Hilfe staatlicher Subventionen ein westdeutscher Erdölkonzerne aufgebaut.

Die Ausbeutung ausländischer Erdölquellen, wie sie bisher vor allem von amerikanischen Konzernen betrieben worden ist, soll nun ein profitables Geschäft westdeutscher Konzerne werden.

Bei den amerikanischen Konzernen haben wir in den vergangenen Jahren erlebt, wie sie brutal Regierungen stürzten, reaktionäre Militärregimes errichteten oder unterstützten und den Widerstand der Völker blutig zu unterdrücken halfen, um ungestört Rohstoffe und Arbeitskräfte des Landes ausplündern zu können.

Solche imperialistischen Pläne verfolgt auch die Bundesregierung im Iran mit dem neuen Mineralölkonzernen. Das Schah-Regime unterdrückt blutig das persische Volk und die Bundesregierung liefert Waffen dazu. Mit fetten Wirtschaftskrediten wird das Regime hochgepäppelt. Minister Friedrichs war im Oktober im Iran um den Bau einer Mineralölraffinerie zu vereinbaren, die Rohöl für den westdeutschen Markt verarbeiten soll.

Damit können dann die westdeutschen Imperialisten direkt die persischen Erdölquellen ausplündern. Erkauft wurde diese Möglichkeit mit Waffenlieferungen, mit denen das Schahregime den patriotischen Widerstand des Volkes unterdrückt, erkauft wurde sie mit der Zusicherung, in der Bundesrepublik die politischen Emigranten aus dem Iran der iranischen Geheimpolizei SAVAK auszuliefern und dieser Opposition den Mund zu stopfen.

Der Verfassungsschutz geht in unserem Land gemeinsam mit dem SAVAK gegen die CISNU und die Förderation iranischer Studenten vor. Bei einzelnen Mitgliedern wird schon mit Haussuchungen und Abschiebungen begonnen.

Billiges Erdöl also für die Konzerne auf Kosten der blutigen Unterdrückung des persischen Volkes! Dagegen muß sich jeder Arbeiter wenden; denn die Unterdrückung und Ausbeutung anderer Völker kann nicht im Interesse der Arbeiterklasse liegen!

Vielmehr müssen wir erkennen, daß der Widerstand von Patrioten, Arbeitern, Bauern und Studenten im Iran gegen den faschistischen Terror des Schahregimes vollkommen berechtigt ist.

Auch wir kämpfen gegen den Lohnabbau und die zunehmende politische Unterdrückung in der Bundesrepublik. Mit folgendem Aufruf werden wir zur Solidarität mit dem Freiheitskampf des iranischen Volkes aufgefordert (vgl. 1.12.1973,d.Vf.):

Am Freitag, den 30. November findet eine Veranstaltung über die Lage des persischen Volkes statt. Sie wird durchgeführt von der Förderation iranischer Studenten (FIS) und unterstützt von einer Reihe fortschrittlicher Organisationen, u. a. auch von der Ortsaufbaugruppe Dortmund des KBW.

Zuerst wird ein Mitglied der FIS sprechen. Der Vortrag wird dann durch eine Diavorführung ergänzt. Danach soll eine Diskussion stattfinden.

Eine solche Veranstaltung ist schon sehr wichtig, wenn man bedenkt, wieviel Informationen man tatsächlich über den Iran hat. Nämlich so gut wie gar keine. Außerdem hat man hier die Möglichkeit, sich breit über den Iran und die Kämpfe des persischen Volkes zu informieren und Fragen über die Demonstration am Samstag zu stellen."
Q: Roter Kumpel,Dortmund 28.11.1973,S.6ff

Dezember 1973:
Die Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW (vgl. 3.1.1974) berichtet von der BETR:"
TARIFRUNDE VORBEREITEN

Im Laufe des Monats Dezember stimmte der Gesamtverband der Bergbauunternehmen dem Vorschlag der IGBE zu, die Tarifverhandlungen vorzuziehen. Er forderte gleichzeitig seine Mitglieder, RAG - Saarbergbau - Ibbenbüren auf, den Vorschlag aufzunehmen. Damit ist der Weg frei für neue Tarifverhandlungen.

Und daß diese Tarifverhandlungen tatsächlich ein Erfolg werden, müßten wir in den einzelnen Ortsteilgruppen, im nächsten Monat über Forderungen für die nächste Tarifrunde diskutieren und diese aufstellen. Ortsteilgruppen sind nicht nur dafür da, daß man sich einen Referenten anhört, etwas darüber diskutiert und dann nach Hause geht, sondern man kann und man muß hier Forderungen aufstellen, die der Tarifkommission als Richtschnur dienen, an die sie sich zu halten hat. Man muß auch die Forderung nach einer Urabstimmung aufstellen; denn es ist gar nicht so sicher, daß die Tarifkommission unsere Forderungen berücksichtigt, wie dies in den letzten Jahren immer wieder geschah."
Q: Roter Kumpel: 1974 - Immer tiefer in die Krise,Dortmund o.J. (1974),S.2

03.12.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW (vgl. 12.12.1973) berichtet:"
VORGEZOGENE TARIFVERHANDLUNGEN

Seit einigen Wochen fordert die IBGE vorgezogene Tarifverhandlungen für Mai nächsten Jahres. Damit geht sie endlich auf die Forderung vieler Kumpel nach kürzeren Laufzeiten für die Tarifverträge ein.

In ihrem Flugblatt 'Einheit-Telegramm' führt sie aus, daß die IGBE erst im August neue Verträge mit einer Laufzeit von 12 Monaten habe, daß aber die neuen Entwicklungen auf dem Preis- und Energiesektor uns Kumpeln das Warten bis August 1974 unmöglich machen würde. Einmal, weil die Preise gestiegen sind. Zum anderen erforderte die neue Lage auf dem Energiesektor, daß die Arbeitsplätze im Bergbau attraktiver würden, damit genügend Bergleute bei dem neuen Aufschwung zur Verfügung stehen.

Die Führung der IGBE folgt damit viel zu spät den Forderungen der Saarbergleute, deren Sreik Schmidt selbst gebrochen hat. Sie folgt endlich den Forderungen der V-Leute von Hardenberg und anderen. Sie erfüllt eine lange bewußt vernachlässigte Pflicht. Anstatt als Gewerkschaft im Kampf der Bergleute um höhere Löhne voranzugehen, trottet sie hinterher.

Das zweite Argument, den Bergbau attraktiver zu machen, ist einfach ein äußerst übles Argument. Denn damit spielt die Gewerkschaft Lohnbüro und Werber für die RAG. Und das auf Grund einer Vermutung; denn daß es mit dem Bergbau aufwärts geht, ist noch keineswegs sicher. Die Attraktivität des Bergbaus soll die IGBE ruhig den Ruhrkohle-Kapitalisten überlassen, ihre Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, daß die Arbeitsplätze im Bergbau gesichert werden, und die Löhne so erhöht werden, daß wir es nicht mehr nötig haben, Überschichten auf Deubel komm raus zu fahren.

Wie müssen wir uns auf Mai vorbereiten?

Eine der wichtigsten Sachen ist dabei, die Diskussion in den einzelnen Gewerkschaftsgruppen zu führen und die Gewerkschaftsausschüsse mal etwas zu aktivieren. Und die Forderung, die wir stellen werden, muß gut überlegt sein. Der Rote Kumpel wird die Forderung, die uns bekannt werden, veröffentlichen und kommentieren und so die Diskussion um die richtige Forderung unterstützen.

Wir meinen, daß es bei der Forderung auf zwei Dinge ankommt:

ERSTENS müssen wir die unteren drei Lohngruppen wegfallen. Denn von dem Lohn der Lohngruppen 1 bis 3 kann man einfach nicht vernünftig leben.

ZWEITENS muß die Höhe der Forderung festgelegt werden. Grundsätzlich muß es EINE FORDERUNG IN MARK UND PFENNIG sein und keine Prozentforderung. Denn ein Brot kostet für die unterste Lohngruppe soviel mehr wie für die Lohngruppe 11. Und unser Kampf wird durch Prozentforderungen gespalten.

Denn für einen in der oberen Lohngruppe lohnt sich z.B. ein Tarifabschluß schon bei 5%, während man in einer unteren Lohngruppe erst bei 10 oder 15% überhaupt was von der Lohnerhöhung merkt.

Die Kumpel an der Saar haben auch erkannt, daß Prozentforderungen die Kampffront spalten und haben Forderungen in Mark und Pfennig für alle aufgestellt.

Die Höhe der Forderung muß so bemessen sein, DAß UNTERM STRICH EINE ERHÖHUNG bei rauskommt, also auch dann, wenn man die Preissteigerungen einrechnet. Das heißt, daß die Forderung über die Preissteigerung bei Lebensmitteln usw. ganz bestimmt hinausgehen muß.

Die beschissene Lage beim Bergbau darf nicht wie bei der letzten Tarifrunde ein Argument gegen ausreichende Lohnerhöhungen sein.

Unserer Meinung nach wäre eine Forderung von 12,- DM pro Schicht angemessen. Damit wäre die Preissteigerung nicht nur gerade ausgeglichen, sondern es bleibt auch unterm Strich moch eine angemessene Erhöhung über."
Q: Roter Kumpel Vorgezogene Tarifverhandlungen,Dortmund o.J. (1973),S.1 und 4

03.12.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW (vgl. 12.12.1973) berichtet vermutlich aus dieser Woche:"
POHLSCHRÖDER: IN DER SCHWEISSEREI DIE FENSTER ZUGESCHRAUBT!

Haben Sonntagsfahrverbote, Geschwindigkeitsbegrenzung und Preissteigerungen bei Benzin und Heizöl werden nun auch in zahlreichen Fabriken die Heizungen gedrosselt, um Heizkosten zu sparen - auf Kosten der Gesundheit der Arbeiter.

In einer Werkhalle, in der geschweißt wird, haben sie die Fenster zuschrauben lassen. Der Erfolg: Es stinkt in der Halle fürchterlich und die giftigen Gase vom Schweißen bleiben in der Luft. Die Kollegen haben sich bei Pohlschröder bereits über diese Maßnahme empört. Nur um Heizkosten zu sparen, schädigen die Pohlschröder-Kapitalisten die Gesundheit der Kollegen. Diese Schikane ist kein Einzelfall. Unter dem Vorwand der Energiekrise werden gegenwärtig in vielen Betrieben solche Schikanen durchgesetzt. Dagegen müssen sich die Arbeiter gemeinsam wehren!"
Q: Roter Kumpel: Vorgezogene Tarifverhandlungen,Dortmund o.J. (1973),S.4

07.12.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW (vgl. 12.12.1973) berichtet vermutlich von heute:"
IN DER KRISE ZAHLT DER KUMPEL DIE ZECHE

Kohleförderung wird 1974 nicht gedrosselt -das konnte jeder dick und fett am letzten Freitag in der WAZ lesen. Wer aber glaubte, jetzt aufatmen zu können, wurde schon beim zweiten Blick enttäuscht: Als Untertitel stand da nämlich gleich: 'Beschlossene Stillegungen werden konsequente durchgeführt'! Die Tatsachen lassen sich eben nicht vertuschen: Wenn die Kohleförderung erhalten bleiben soll, aber die Stillegungen durchgeführt werden, dann heißt das schlicht: Mehr Arbeit für die Kumpel, die ihren Arbeitsplatz behalten!
Wenn Herr Bund erklärte, man könne keinen Bergmann entlassen, man brauche 'jetzt' alle, dann heißt das nur, daß er morgen, wenn er nicht mehr alle braucht, weiter entlassen wird.

Da führt keine Schönrederei dran vorbei: Die Energiekrise wird auf alle Werktätigen, auch auf die Bergarbeiter abgewälzt, auch der Kumpel soll mehr arbeiten und kriegt weniger Lohn. Das jedenfalls ist der 'Krisenplan' der Kapitalisten!"
Q: Roter Kumpel Vorgezogene Tarifverhandlungen,Dortmund o.J. (1973),S.2

08.12.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW (vgl. 12.12.1973) berichtet:"
HANSA-BELEGSCHAFTSVERSAMMLUNG: DIE EMPÖRUNG LÄßT SICH NICHT WEGREDEN!

Die berechtigte Empörung der Kumpel von Hansa läßt sich weder mit schönen Worten noch mit einem Schwall ausgeklüngeleter Zahlen zudecken - das ist das wichtigste Ergebnis der Belegschaftsversammlung von Samstag. 'Laßt uns noch einmal wie 67 ein Signal setzen!' -dieser Aufruf eines Kumpels drückt aus, was sicher viele dachten. Aber denken allein genügt nicht. Denn auch im Bergbau gilt: Von den Kapitalisten bekommen wir Arbeiter nichts geschenkt, was wir brauchen müssen wir uns holen!

Der dickste Hammer aber wurde nachgeliefert: Zeche Recklinghausen soll 74 zur Stillegung angemeldet werden, das wurde am Montag abend bekannt. Da sieht mal einer an!

Wir alle haben die schönen Reden noch im Ohr: 'Keine weiteren Zechenstillegungen! Nur die beschlossenen Stillegungen werden durchgeführt!'

Und noch am Samstag tönte Ricken auf der BV. 'Die übrigen Zechen sind sicher!' Und ganze ZWEI TAGE später kommt die Meldung von der nächsten Stillegung! Haben wir es denn mit berufsmäßigen Lügnern bei der RAG zu tun?

Was jetzt ganz falsch wäre, das ist Vertrauen auf Sozialplan und Arbeitsdirektor. Solange die Zeche noch fördert, 'kriegt jeder ein Verlegungsangebot', aber wenn sie mal dicht macht, dann können die Herren mit uns machen, was sie wollen, dann kann die Sache ganz anders aussehen! Die neue Stillegung von Recklinghausen zeigt ja deutlich: auf schöne Worte von oben ist absolut kein Verlaß. Nicht Sozialpläne und Verlegung auf andere Zechen muß deshalb unser Ziel sein; denn so werden wir nur von einem Abstellgleis auf's nächste geschoben, sondern: Erhaltung unseres eigenen Pütts! Rücknahme aller Schließungen! Denn es ist tatsächlich so:
'Der beste Sozialplan ist die Erhaltung von Hansa!'"
Q: Roter Kumpel Vorgezogene Tarifverhandlungen,Dortmund o.J. (1973),S.1f

10.12.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW (vgl. 12.12.1973) berichtet:"
ZECHE RECKLINGHAUSEN SOLL 1974 ZUR STILLEGUNG ANGEMELDET WERDEN

Am Montag Abend wurde in der Nachrichtensendung 'hier und heute' gemeldet, daß der Vorstand der Ruhrkohle AG beschlossen habe, im Sommer 1974 die Zeche 'Recklinghausen' zur Stillegung anzumelden. Betroffen sind davon 2. 800 Bergleute. Zum Teil sollen die Kumpel von der benachbarten Zeche Ewald übernommen werden, von der aus auch ein Teil der Vorkommen auf 'Recklinghausen' abgebaut werden sollen. Die Nachricht über die erneute Stillegung wurde nur eine knappe Woche nach der Feststellung der RAG bekannt, daß keine weiteren Zechen stillegelegt würden. Noch am Samstag hatte der technische Direktor der BAG Dortmund, Ricken, auf einer Belegschaftsversammlung der Zeche Hansa erklärt, daß nach den vier bis dahin geplanten Stillegungen die 'anderen Zechen sicher' seien."
Q: Roter Kumpel Vorgezogene Tarifverhandlungen,Dortmund o.J. (1973),S.1

12.12.1973:
Der 'Rote Kumpel' - Branchenzeitung der Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW für die Kumpel der Bergbau AG Dortmund (vgl. 28.11.1973, 3.1.1974) erscheint vermutlich heute mit 4 Seiten DIN A4.

Berichtet wird von der IGBE bzw. der BETR (vgl. 3.12.1973), von der bundesdeutschen Kohleförderung (vgl. 7.12.1973), aus Dortmund von der Betriebsversammlung der Zeche Hansa (vgl. 8.12.1973) sowie aus dem IGM-Bereich von Pohlschröder (vgl. 3.12.1973), aus Recklinghausen von der gleichnamigen Zeche (vgl. 10.12.1973). Abgedruckt wird die Erklärung des ZK des KBW zum Verbot der Irandemonstration (vgl. 1.12.1973). Auf Seite 2 wird gefordert:"
KEINE SPARMAßNAHMEN AUF DEM RÜCKEN DES VOLKES. WEG MIT DEN WIRTSCHAFTLICHEN ZWANGSMAßNAHMEN DER KAPITALISTEN UND DER REGIERUNG

Unter dem Vorwand der sogenannten Energiekrise führt die Regierung gegenwärtig eine Reihe von wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen durch, die ausschließlich den Interessen der Kapitalisten dienen. Die bisher einschneidendste Maßnahme ist das Sonntagsfahrverbot. Während die Ölkonzerne die Preise treiben und Erdölvorräte horten, verbietet die Regierung jeglichen privaten Sonntagsverkehr.
Diese Maßnahme trifft ausschließlich die breiten Volksmassen. Die wesentliche Absicht dieser Maßnahme ist: Das Volk soll sich an Opfer gewöhnen, damit ihm später größere Opfer abverlangt werden können. Weitere Zwangsmaßnahmen sind die Herabsetzung der Heizungskosten und die Drosselung der Heizungen in öffentlichen Arbeitsstätten, Behörden, Schulen usw., sowie willkürliche Eingriffe in die Arbeitszeit der Beschäftigen im öffentlichen Dienst wie Viertagewoche, Überstunden und Zwangsurlaub.
Die Kapitalisten schließen sich diesen Maßnahmen selbstverständlich mit großem Vergnügen an und drosseln mit den Heizungen in den Werkshallen und den Büros auch ihre Heizungskosten.
All diese Schikanen und Zwangsmaßnahmen des kapitalistischen Staates und der einzelnen Kapitalisten dienen einzig und alein dazu, die Arbeiter und das Volk in eine Notgemeinschaft mit ihren schlimmsten Feinden zu pressen, um sie wehrlos zu machen.
Gleichzeitig scheffeln die Erdölkonzerne Profite wie noch selten und steigert der kapitalistische Staat seine Einnahmen aus Mehrwert- und Mineralölsteuer ins Ungeheure. Den wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen der Kapitalisten und des bürgerlichen Staate stellen wir die Forderung entgegen:
WEG MIT DEM SONNTAGSFAHRVERBOT!
WEG MIT DEN STAATLICHEN SPARMAßNAHMEN AUF DEM RÜCKEN DES VOLKES! WEG MIT DEN EINGRIFFEN IN DIE ARBEITSZEIT!
WEG MIT DEM ZWANGSURLAUB!
WEG MIT DER MEHRWERTSTEUER UND DEN SONDERSTEUERN AUF ERDÖLPRODUKTE!"
Q: Roter Kumpel Vorgezogene Tarifverhandlungen,Dortmund o.J. (1973)

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31.12.1973:
Die Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW (vgl. 18.1.1974) berichtet im IGBE-Bereich:"
KOMMUNISTISCHER JUGENDBUND (INITIATIVE) IN DORTMUND GEGRÜNDET

Im Aktionsprogramm des KJB (I) heißt es: 'Mit der Formulierung des Programms und Gründung des Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW) ist ein wichtiger Schritt voran getan worden in der Zusammenfassung der zersplitterten kommunistischen Bewegung Westdeutschlands und im Aufbau der Kommunistischen Partei, die zum Führer der Volksmassen in den Klassenkämpfen werden kann. Damit sind Voraussetzungen geschaffen worden, auch die Zersplitterung der Jugend in einzelne spontane Bewegungen und ihre Beeinflussung durch bürgerliche und revisionistische Jugendorganisationen zu überwinden. Es gilt, einen kommunistischen Jugendbund aufzubauen; denn die besondere Lage der Jugend und ihre besonderen Eigenschaften machen eine eigenständige Organisation notwendig.'

Und an anderer Stelle schreiben die Genossen: 'Unser erster Schritt zum Aufbau dieses Kommunistischen Jugendbundes ist die Gründung des Kommunistischen Jugendbundes (Initiative). Sie besteht aus jungen Kommunisten, die in einem begrenzten Bereich Zellen aufbauen und eine kommunistische Jugendpolitik entwickeln werden.'

Die Lehrlinge und Jungarbeiter, die sich für den Kommunistischen Jugendbund (Initiative) interessieren, können sich an Rolf Jentsch, Dortmund, Lessingstraße 9 wenden."
Q: Roter Kumpel,Dortmund 18.1.1974,S.5

Januar 1974:
Die Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW (vgl. 18.1.1974) berichtet vermutlich aus dem Januar:"
WWAG LÄSST 'ALTE ZECHENKOLONIE' VERFALLEN

Die Bewohner der 'Alten Zechenkolonie' in Eving sind über die weitere Zukunft ihrer Wohnungen besorgt. Viele von ihnen wohnen dort schon in der dritten Generation. Nun läßt die Westfälische Wohnstätten AG (WWAG) die Häuser verkommen, Bäume werden gefällt und Hecken abgerissen, sodaß sich immer mehr Leute fragen, was die WWAG eigentlich vorhat. Es wird von Sanierungsplänen gemunkelt, die bereits vorliegen sollen.

Sanierung, das bedeutet für die Bewohner der Zechenkolonie: Umzug in teure Wohnungen, wohnen in einer Beton- und Steinwüste, wo man kaum noch einen Baum sieht. Weg von den Bekannten und Arbeitskollegen, mit denen man seit Jahrzehnten zusammengelebt hat. Längere Anfahrtswege zum Arbeitsplatz, die einem keiner bezahlt.

Die Bewohner der 'Alten Zechenkolonie' müssen sich gegen solche kapitalistischen Sanierungspläne zur Wehr setzen. Versammlungen müssen einberufen werden. Und vor allem muß die WWAG die Karten offen auf den Tisch legen, was sie mit der Zechenkolonie vor hat."
Q: Roter Kumpel,Dortmund 18.1.1974,S.1f

03.01.1974:
Der 'Rote Kumpel' - Branchenzeitung der Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW für die Kumpel der Bergbau AG Dortmund (vgl. 12.12.1973, 18.1.1974) erscheint vermutlich heute mit 4 Seiten DIN A4. Berichtet wird von der BETR (vgl. Dez. 1973) und aus dem Saarland über die IGBE (vgl. 13.11.1973).

Im Leitartikel heißt es:"
1974 - IMMER TIEFER IN DIE KRISE!

Wie noch kein Jahr in der Geschichte der Bundesrepublik beginnt das Jahr 1974 in einer Zeit extremer Teuerung, steigender Arbeitslosigkeit, zunehmender Rohstoffverknappung und internationaler Krise in allen Ecken der Welt.

Die Hoffnung vieler Bergarbeiter, daß die Energiekrise den Bergbau wieder aufwerten würde und damit auch die Arbeitsplätze sichern würde, ist rasch wieder verflogen. Das Stillegungsprogramm der RAG wird unverändert durchgeführt und um der Abhängigkeit durch das Erdöl zu entgehen, ist nicht etwa die Steigerung der westdeutschen Kohleförderung in der Diskussion, sondern der Import billiger brasilianischer und südafrikanischer Kohle.

Genauso wie alle Werktätigen, tragen auch die Kumpel die Last der beginnenden Krise der kapitalistischen Wirtschaft. Die Lage der Arbeiterklasse verschlechtert sich von Monat zu Monat. Die kapitalistische Wirtschaft verzeichnet wieder einmal einen sogenannten Konjunkturabschwung, d. h. sie schlittert in eine Krise. In der gesamten BRD nähert sich die Zahl der Arbeitlosen der 400 000 Grenze und hat sich damit um über 50% gegenüber dem Vorjahresmonat erhöht. Die Kurzarbeiterziffer schnellte im gleichen Zeitraum gar um das achtfache in die Höhe, von 11 300 auf 105 200 (Spiegel vom 17.12.).

Dieser starke Anstieg der Kurzarbeiter- und Arbeitslosenziffer ist - wie wir inzwischen alle wissen - nicht allein saisonal bedingt, sondern sind Anzeichen einer tiefgehenden kapitalistischen Krise. Die Schwierigkeiten der bürgerlichen Politiker gegenüber dieser Krise drückte Kanzler Brandt in Kopenhagen vor kurzem so aus, indem er prophezeite, daß der Westen vor der größten Belastungsprobe seit der Weltwirtschaftskrise stehe. Darin wird er von den bürgerlichen Wirtschaftstheoretikern im Staatsapparat und kapitalistischen Managern unterstützt, die traurig feststellen, daß diese erneute kapitalistische Krise nicht mit den herkömmlichen Konjunkturlenkungs- oder besser Krisenrezepten angegangen werden kann.

Wie ernst die imperialistischen Monopole von der Krise betroffen sind - so verzeichnet die Bauwirtschaft den niedrigsten Auftragsbestand seit 25 Jahren - wird aus den Prognosen der Bundesanstalt für Arbeit: 385 000 Arbeitslose im günstigsten Fall, eine Million oder mehr - das sind ca. 5% der Lohnabhängigen - im ungünstigsten Fall.

Zum Vergleich: Die Arbeitslosenziffer in der Weltwirtschaftskrise von 66/67 betrug ca. 500. 000. Den Experten ist bei alle dem nur zu klar, daß die Entwicklung in der Textil- und Bauwirtschaft nur ein Anfang ist. Betroffen werden in den kommenden Wochen vor allem die Autobranche, die Eisen- und Stahlindustrie, Maschinenbau und die Kautschuk- und Asbestindustrie.

DER AUSWEG DER ARBEITERKLASSE AUS DER KRISE IST DER KAMPF FÜR DEN SOZIALISMUS.

Wie reagieren die Kapitalisten und ihre bürgerlichen Politiker auf diese Anzeichen? Die SPD/FDP-Regierung tritt der wachsenden Unruhe unter den Arbeitern mit Beruhigungsappellen entgegen.

So sprach W. Brandt vor BASF-Arbeitern davon, daß er zwar keinem den Erhalt SEINES Arbeitsplatzes garantieren könne, aber auf jeden Fall werde jeder EINEN Arbeitsplatz erhalten.

Wie wenig die anwesenden Arbeiter diese Rede Brandts überzeugte, so wenig können auch wir dem Krisenmanagement der Regierung im Interesse der imperialistischen Monopole vertrauen.

Stück um Stück erfahren wir, welche weiteren Notverordnungen uns die Regierung unter dem Vorwand der Energiekrise noch unterjubeln will. Hierzu gehört auch die Zwecklüge, die zunehmende Arbeitslosigkeit als Ergebnis der 'Erpressung der ölproduzierenden arabischen Länder' auszugeben.

Doch dieses Märchen verfängt nicht; denn die Krisenerscheinungen auf dem Textil- und Bausektor dauern bereits seit dem Sommer an. Gerade die Entwicklung in der Textilbranche trägt alle Anzeichen einer erneuten kapitalistischen Krise. Die Planlosigkeit der privaten Profitwirtschaft, die sich nicht nach den Bedürfnissen der Bevölkerung ausrichtet, führt regelmäßig dazu. Jedoch besteht heute nicht wie im Jahr 1966/67 die Möglichkeit für die imperialistischen Konzerne, der Krise durch eine verstärkte Ausweitung des Exports zu entgehen.

Denn gerade am Beispiel der vermehrt selbständigen, an nationalen Interessen ausgerichteten Politik, der erdölproduzierenden Länder ist deutlich geworden, daß der Imperialismus weitgehend auf immer größeren Widerstand stößt.

Diese Entwicklung, nämlich den kleinen Ländern nicht mehr einfach die Vertragsbedingungen zur Ausbeutung ihrer Bodenschätze diktieren zu können, hat den westdeutschen Imperialismus neben seiner wirtschaftlichen auch in eine politische Krise gestürzt, in der er die Werktätigen immer stärker unterdrückt und entrechtet.

Wie verhalten wir uns in dieser Krise der Bourgeoisie? Wie sichern wir uns unsere Arbeitsplätze? Die erneute Krise ist Ergebnis der kapitalistischen Planlosigkeit in der Produktion. In der Vergangenheit haben sie wieder - auf Deubel komm raus - produziert, egal was, Hauptsache es brachte Profit.

Jetzt, wo sie mehr und mehr auf ihren Waren sitzen bleiben - weil sie uns gleichzeitig so ausgequetscht haben, daß wir sie nicht kaufen können - da sollen wir wie immer die Zeche zahlen. Wir sollen kürzer treten und weniger Lohn fordern. Das Karussell der Konjunktur geht auf seinen Tiefpunkt zu - da sollen wir uns zurückhalten; geht's wieder aufwärts - sollen wir uns auch zurückhalten.
Die Dummen sind immer wir!

Deshalb kann unsere Antwort auf die Aufforderung der Bourgeoisie und ihres Staates, in gemeinsamer Anstrengung die Karre aus dem Dreck zu ziehen, nur der selbständige Kampf zur Durchsetzung unserer Klasseninteressen sein.

Denn unser Interesse ist es nicht, eine Wirtschaftsordnung zu erhalten, die uns alle Jahre wieder eine Krise beschert, die unsere Existenz immer wieder auf's Schärfste bedroht. Unser Arbeitsplatz und damit unsere Existenz ist unter den Bedingungen kapitalistischer Produktion stets auf mannigfache Weise gefährdet. Von daher schützen wir unseren Arbeitsplatz gerade in der Krise nicht dadurch, daß wir aus der Furcht heraus den Arbeitsplatz verlieren, auf den Kampf zur Durchsetzung unserer berechtigten Interessen verzichten.

Den Schwanz einzuziehen, hat die Kapitalisten bisher immer ermutigt, noch mehr bei uns rauszuholen. Nur der entschlossene Widerstand gegen die Ausbeutung befreit uns davon."

Der Artikel wird umrahmt von einem Schaubild, das aufzeigt, daß Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit in den Jahren 1964-1973 zugenommen haben, weiter, daß die D-Mark durch die Weltwirtschaftskrise gegenüber den imperialistischen Konkurrenten aufgewertet wurde, daß dadurch die Kapitaleinfuhr begünstigt wurde. Der Geldwertschwund würde somit im Inland die Löhne ständig entwerten.

Auf Seite 2 heißt es:"
WAHLEN DER GEWERKSCHAFTSORGANE

In den nächsten Monaten stehen Wahlen zu den gewerkschaftlichen Organen an. Der Vorstand gab die Richtlinie raus, keine radikalen Biedermänner zu wählen! Es fragt sich, was er darunter versteht? Kollegen, die den Vorstand kritisieren, wenn er etwas falsch macht, also daß der Vorstand Kollegen, die eine andere Meinung vertreten als er, am liebsten aus der Gewerkschaft ausschließen möchte. Unsere Linie zu den Wahlen darf nicht die sein: auf jeden Fall Sozialdemokraten, sondern wir müssen uns fragen, versucht der Kollege das gewerkschaftliche Leben zu aktivieren und versucht er für unsere Interessen einzutreten. Wenn dies der Fall ist, müssen wir solche Kollegen wählen in die verschiedenen Organe der Gewerkschaft, unabhängig davon, ob er Sozialdemokrat, Kommunist oder Parteiloser ist! Machen wir aus den Ortsteilgruppen wieder Organe, die es uns ermöglichen, unsere Interessen voll durchzusetzen."

Aufgefordert wird:"
Kollegen, schreibt eure Meinung über den ROTEN KUMPEL mal auf oder teilt sie uns auf andere Art mit. Sprecht einen Verteiler an, kommt in den Buchladen ROTE FRONT, oder schreibt uns. Teil uns mit was du am ROTEN KUMPEL für richtig und was für falsch hälst. Sind bestimmte Ausdrücke unverständlich, kommen bestimmte Probleme zu kurz? Oder was ist sonst am ROTEN KUMPEL nicht nach Deinem Geschmack? Welche Fragen hast Du über den KBW, die Branchenzelle Bergbau oder allgemein über den Kommunismus? Teil sie uns mit, denn dann können wir sie beantworten."
Q: Roter Kumpel: 1974 - Immer tiefer in die Krise,Dortmund o.J. (1974)

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04.01.1974:
Die Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW (vgl. 18.1.1974) berichtet aus Großbritannien mit Hilfe der 'KVZ' (vgl. 9.1.1974) in einem mit D.T. unterzeichneten Artikel u.a. von heute:"
BERGARBEITER UND EISENBAHNER AN DER SPITZE DES LOHNKAMPFS

In Großbritannien stehen Bergarbeiter und Eisenbahner an der Spitze des Lohnkampfs zur Erhaltung ihres Lebensstandards. Dabei ist die ganze kapitalistische Presse bei uns voll von Hetztiraden über die Unvernunft der britischen Arbeiter, die 'die Wohlfahrt aller' in Gefahr brächten. Doch die Wahrheit ist anders: Durch die schärfere internationale Konkurrenz drohen die Profite der britischen Monopole zu sinken. Und um sich ihre riesigen Profite zu erhalten, erhöhen sie die Preise. So ist allein der Preis für Lebensmittel in Großbritannien um 26% in einem Jahr gestiegen! Das ist eine Lohnerhöhung von 13-16% (Maximales Angebot der Kohlebehörde) eine echte Lohnsenkung. Und für diesen Hungerlohn sollen die britischen Kumpels jetzt auch noch Überstunden schieben! Welcher klassenbewußte Arbeiter kann da noch von Unvernunft reden, wenn die britischen Bergleute diese Überstunden verweigern, bis ihre Forderungen erfüllt sind?

Die 'Kommunistische Volkszeitung' schreibt zur Lage in England, 'Seit dem 31. Dezember gilt in Großbritannien für 16 der 25 Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter die 3-Tage-Woche. 730 000 sind bereits entlassen, und diese Zahl wird in den kommenden Tagen weiter ansteigen und bald mehr als 1 Million betragen. Das meldeten am 4. Januar alle Zeitungen. Die 3-Tage-Woche wurde von der britischen Regierung als Notstandsmaßnahme beschlossen, um den Energieverbrauch zu steuern. Die augenblicklichen Vorräte an Öl und Kohle erfordern nach Angabe der Regierung eine Einschränkung des Verbrauchs um 40%. Ursache dafür sei die Verknappung und Verteuerung des Öls sowie die Kampfaktionen der britischen Bergleute und der Lokomotivführer zur Durchsetzung höherer Löhne. Die Bergleute weigern sich seit 6 Wochen, die geforderten Überstunden zur Steigerung der Kohleförderung abzuleisten.

Mit dieser Kampfform wollen sie die staatliche Kohlebehörde - in Großbritannien ist der Staat der Arbeitgeber der Bergleute - zu einer wirksamen Erhöhung der Löhne zwingen.
Die Verhandlungen, die am 2. Januar fortgesetzt wurden, haben aber immer noch kein Ergebnis gebracht. Die angebotenen 13 - 16% werden von den Bergarbeitern abgelehnt, weil sie nicht einmal die enorme Steigerung der Lebenshaltungskosten ausgleichen und Reallohnabbau bedeuten.

Außerdem ist die staatliche Kohlebehörde nicht bereit, die Zeit, die für Umkleiden, Waschen, Einfahren in die Schachtanlagen benötigt wird, als volle Arbeitszeit zu bezahlen.

Ähnlich sollen die Lokomotivführer abgespeist werden, deshalb führen sie den Dienst 'nach Vorschrift' aus, was zu Verzögerungen im Eisenbahnverkehr geführt hat.

DIE KRISE DES BRITISCHEN IMPERIALISMUS SOLL AUF DIE BRITISCHE ARBEITERKLASSE ABGELADEN WERDEN

Zu den Maßnahmen und der starren Haltung der Regierung erklärte der britische Premierminister Heath, die 3-Tage-Woche würde der Wirtschaft großen Schaden zufügen. Aber seiner Meinung nach würde die Wirtschaft 'unendlich mehr geschädigt', wenn man Lohnforderungen nachgäbe, die über das hinausgehen, was die Nation zu zahlen vermag und in Phase III der Einkommenspolitik niedergelegt ist' (Neue Zürcher Zeitung, 3.1.1974).

Die sogenannte Phase III der Einkommenspolitik ist eine Abmachung zwischen Kapitalisten und Regierung, keine Lohnsteigerungen zuzulassen, die mehr beträgt als 1 Pfund plus 4% auf den Wochenlohn. Das Angebot der staatlichen Kohlebehörde hält sich in diesem Rahmen. 1973 haben diese Lohnleitlinien den großen Konzernen die Steigerung ihrer Gewinne um 42% gebracht, während sich die Lage breiter Teile der Bevölkerung wesentlich verschlechtert hat. So haben die Lebensmittelpreise in November 1973 um 26% über denen vom November 1972 gelegen. Das stellte die englische Zeitung The Guardian in einer Berechnung am 3. Januar fest.

Die britischen Kapitalisten fordern aber derzeit weitere Schritte, um den Lohn und die Lohnkosten zu senken. Ihre Position auf dem Weltmarkt hat sich in den letzten Monaten des alten Jahres rapide verschlechtert: Das Defizit im Außenhandel ist sprunghaft angestiegen auf über 2 Milliarden Pfund, etwa 12 Milliarden DM. Im Inland beginnen sie an Boden zu verlieren gegenüber den deutschen und französischen Konzernen seit dem Beitritt zur EWG. Wenn sie ihre Profite und ihre Stellung gegenüber der internationalen Konkurrenz halten wollen, dann müssen sie die heimischen Arbeiterinnen und Arbeiter zur Ausdehnung der Arbeitszeit und zum Lohnverzicht zwingen.

Dieses Ziel gegenwärtig durchzusetzen, der britischen Arbeiterklasse also eine entscheidende Niederlage zu bereiten, dafür setzt der britische Staat alle seine Machtmittel ein. Die Krise des britischen Kapitals soll auf die britische Arbeiterklasse abgeladen werden.

Das ist die gegenwärtige Aufgabe der Regierung. Dem dienen die terroristischen Maßnahmen wie z. B. die tägliche zeitweise Abschaltung des Stroms für Privathaushalte, die nur stundenweise und unregelmäßige Öffnung der Tankstellen, die einer Benzinrationierung für breite Teile der Bevölkerung gleichkommt, oder die Verknappung der Lebensmittel, die zunehmend zu einer Schwarzmarktstellung führt.

Große Teile der britischen Arbeiterklasse haben das erkannt. Sie entwickeln den selbständigen Kampf zur Verteidigung ihres Lebensniveaus, ihrer gewerkschaftlichen und politischen Rechte. Dafür bauen sie immer weniger auf die Labour Party unter Wilson, die, derzeit in der Opposition im britischen Parlament, ein großes Geschrei anstimmt und den Rücktritt der Regierung Heath fordert. Die britischen Arbeiter wissen noch zu genau, wie Wilson Ende der 60er Jahre als Premierminister selbst diese Politik zur Sanierung der Profite der britischen Kapitalisten gemacht hat.

Die Labour-Party erhielt damals eine Schlappe, weil die Labour-Regierung ein Gesetz eingebracht hatte, mit dem das Streikrecht eingeschränkt werden sollte. Dieses Gesetz, das die Konservativen unter Heath inzwischen verabschiedet haben im Parlament, wird nach wie vor von den Arbeitern nicht anerkannt.

Diese selbständige Kampftradition führt die britische Arbeiterklasse verstärkt fort.

Die Automobilarbeiter fordern augenblicklich die Bezahlung der auf den Samstag fallenden Schichten als Überstundenarbeit; denn der Samstag ist normalerweise frei. Damit aber zeigen sich die Autokapitalisten nicht einverstanden. Wo nur an drei Tagen in der Woche gearbeitet wird, sei der Samstag als normaler Arbeitstag zu rechnen. Außerdem haben sie ebenso wie die Kapitalisten in anderen Branchen angekündigt, die Regelungen über die Garantie des Wochenmindestlohns außer Kraft zu setzen. Auf Betriebsebene wird darüber schon zwischen den Vertrauensleuten und den Geschäftsleitungen verhandelt. Noch herrscht zwar weitgehend Ruhe nach außen, aber daß es bald zu raschen Veränderungen kommen wird, zeigt sich überall.

Die Ankündigung der Bergarbeitergewerkschaft, die gezwungen ist, unter dem Druck der Massen sich von der Politik der Labour-Partei zu lösen, sofort den Vollstreik vorzubereiten, ist ein erstes Anzeichen, das direkt darauf hindeutet: Die gesamten britische Arbeiterklasse wird mit der Eröffnung des Angriffs nicht mehr lange warten."
Q: Roter Kumpel,Dortmund 18.1.1974,S.3f

12.01.1974:
Die Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW (vgl. 18.1.1974) berichtet über den 9.1. und heute:"
BUNDESREGIERUNG LÄßT PROTESTDEMONSTRATION ZUSAMMENPRÜFELN

Zweimal wurden in der vergangenen Woche in Frankfurt Demonstrationen von einer Polizeimacht zusammengeprügelt. Es gab Verletzte, Passanten und Demonstranten wurden durch die Straßen gehetzt und Polizeitrupps prügelten wie wild auf die Menschen ein. Dies geschah auf direkte Anweisung der Bundesregierung, während sich Presse und Rundfunk weitgehend darüber ausschwieg.

Begonnen hatte es damit, daß die Conföderation Iranischer Studenten in Frankfurt einen Kongress abhalten wollte. Diese Organisation ist dafür bekannt, daß sie unerbittlich die blutige Unterdrückung des iranischen Volkes durch das Schahregime in aller Welt aufdeckt.

Die Bundesregierung versuchte den Kongreß zu behindern durch ein Einreiseverbot für mehrere Delegationen zu dem Kongreß. 'Die außenpolitischen Belange der Bundesrepublik seien gefährdet', hieß es in den bürgerlichen Zeitungen. Worin bestehen diese 'außenpolitischen Belange'?

Die CISNU schreibt dazu in ihrer Presseerklärung: 'Bei den angeblichen Belangen der BRD…handelt es sich wesentlich um ökonomische Interessen der westdeutschen Industrie in Persien: 12% der bundesrepublikanischen Ölimporte stammen aus dem Iran. … Bereits 1971 hatte die BRD mehr als 1 Milliarde DM privat im Iran investiert.'

Der Preis für diese ungestörte wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Schah ist die Verpflichtung der Bundesregierung, die Opposition gegen das Schahregime in der BRD mundtot zu machen.

Die wirtschaftlichen Unternehmungen der Bundesregierung und der Konzerne im Iran liegen nicht im Interesse der westdeutschen Arbeiterklasse und der übrigen Lohnabhängigen.

Denn wir müssen die gestiegenen Benzin- und Heizölpreise sowieso bezahlen. In unserem Interesse liegt es nicht, daß das persische Volk blutig unterdrückt wird, damit die Ölkonzerne ihre Profite machen können. Deshalb müssen wir auch dagegen protestieren, daß die Bundesregierung mit dem Hinweis auf ihre Interessen im Iran persische Studenten verfolgt und terrorisiert. Die Polizeimanöver in Frankfurt reihen sich ein in die Notstands- und Krisenmaßnahmen der Bourgeoisie und ihres Staates."
Q: Roter Kumpel,Dortmund 18.1.1974,S.1 und 6

14.01.1974:
Die Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW (vgl. 18.1.1974) berichtet aus dieser Woche:"
DER DREIFACHE PROFIT DER KOHLEBARONE

Hinter der 'schlechten wirtschaftlichen Lage des Bergbaus' verbirgt sich ein dreifacher Profit der Kohleherren: Erstens erzielt die RAG große Profite durch die gesteigerte Arbeitsleistung der Bergarbeiter (pro Mann und Schicht wurde die Arbeitsleistung von 1969 bis 1973 von 3, 3, auf 4, 0 t. gesteigert).

Zweitens kassierten die Kohlebarone für jede stillgelegte Zeche hohe Prämien. Für die Stillegung der Zeche Bismarck wurde beispielsweise 140 Millionen gezahlt. Drittens erhalten die Kapitalisten Unsummen durch den Verkauf von Abbaurechten der Kohlevorräte bereits stillgelegter Zechen.

Diese Profitschneiderei auf Kosten der Bergarbeiter wurde in dieser Woche am Beispiel der Zeche Viktoria 1/2 in Lünen deutlich. Viktoria 1/2 ist Anfang der 60er Jahre stillgelegt worden. Die Harpener Bergbau AG erhielt die Stillegungsgelder. Die reichen Kohlevorräte der Zeche blieben allerdings in ihrem Besitz. Sie wurden auch nicht in die neugegründete Ruhrkohle AG eingebracht. Jetzt plant die Bergbau AG Dortmund mit dem Verbundwerk Gneisenau den Abbau der Kohlevorräte von Viktoria wiederaufzunehmen. Dafür muß sie nun der Harpener Bergbau AG eine sogenannte Option zahlen. Die Harpener Bergbau AG verdient damit ein Drittes Mal an der Zeche Viktoria."
Q: Roter Kumpel,Dortmund 18.1.1974,S.2

18.01.1974:
Der 'Rote Kumpel' - Branchenzeitung der Branchenzelle Bergbau der OAG Dortmund des KBW für die Kumpel der Bergbau AG Dortmund (vgl. 3.1.1974) erscheint vermutlich heute mit 4 Seiten DIN A4. Dies ist die letzte uns bisher bekanntgewordene Ausgabe.

Berichtet wird von der ÖDTR (vgl. 21.12.1973), über die Gründung der Kommunistischer Jugendbund (Initiative) Dortmund des KBW (vgl. 31.12.1973), von Studenten in Dortmund (vgl. 18.12.1973) und bundesweit (vgl. 24.1.1974), über die alte Zechenkolonie in Dortmund-Eving (vgl. Jan. 1974), über die Zeche Viktoria 1/2 in Lünen (vgl. 14.1.1974), über die Verbote der Irandemonstrationen in Frankfurt (vgl. 12.1.1974) sowie aus Helmstedt aus dem IGBE-Bereich (vgl. 15.11.1973) und aus Großbritannien (vgl. 4.1.1974).

Auf Seite 1f heißt es:"
GEGEN DEN STABILITÄTSPAKT DER KAPITALISTEN, IHRER REGIERUNG UND DER GEWERKSCHAFTSFÜHRUNG, SELBSTÄNDIGER LOHNKAMPF!

Die ÖTV- und Metallkollegen haben Lohnforderungen in Höhe von 15-18% gestellt. Die Bundesregierung versucht gemeinsam mit Vertretern der Kapitalistenverbände und der Gewerkschaftsführung einen Stabilitätspakt auszuhandeln um den Lohnkampf abzuwürgen. Die Preise würden durch diese Lohnforderungen noch weiter steigen und die Arbeitsplätze wären gefährdet. Die Arbeiter sollen auf den Lohnkampf verzichten, damit die Profite der Kapitalisten stabil bleiben. Auf die Preissteigerungen und die Arbeitslosigkeit haben sie keinerlei Einfluß. Wenn die Arbeiter auf ihren Lohnkampf verzichten, sinken weder die Preise noch werden die Arbeitsplätze sicherer. Das hat sich im Bergbau klar gezeigt. Hier hat die ständige Bedrohung der Kumpel, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, dazu geführt, daß der Kumpel im Lohnkampf nicht mehr wie früher vorn steht, und trotzdem werden immer mehr Kumpel entlassen.

Unser Kampf geht darum, daß wir unsere Arbeitskraft so teuer wie möglich an die Kapitalisten verkaufen. Die Metallarbeiter haben im Sommer mit selbständigen Lohnkämpfen Verbesserungen erzielt, und im Saarrevier haben auch Bergleute den selbständigen Lohnkampf aufgenommen. Die wichtigste Vorbereitung auf die Tarifrunde muß deshalb darin bestehen, allen Kumpels klarzumachen, daß wir nicht auf Zugeständnisse der Regierung und der RAG warten dürfen. Selbständig müssen wir den Lohnkampf vorbereiten und führen. Dazu muß in der Belegschaft die Forderung diskutiert werden, die in Mark und Pfennig aufgestellt werden muß und hinter die sich alle Kumpel stellen können.

Die Bergbauzelle des KBW hat hier 12 DM pro Schicht vorgeschlagen, weil mit dieser Forderung nicht nur gerade die Preissteigerungen ausgeglichen werden, sondern unterm Strich auch real eine Erhöhung bei rauskommt. Es muß geklärt werden, welche Mitglieder des Schachtgewerkschaftsausschusses die Diskussion um die Forderung in Mark und Pfennig führen wollen. Welche Mitglieder des Schachtgewerkschaftsausschusses stellen die Interessen der Kumpel über die Befehle der Gewerkschaftsführung? Auf wen kann man sich hier verlassen? Welche Kumpel stellen die gemeinsamen Interessen aller Arbeiter über ihre Zugehörigkeit zur SPD oder CDU? Wer ist in der Lage, die Auseinandersetzung mit den Kapitalisten zu führen, wer kann einen Streik leiten und alle Kumpel zusammenhalten? Über diese Fragen muß in den nächsten Monaten Klarheit geschaffen werden, damit wir uns auf den selbständigen Kampf gut vorbereiten."

Auf Seite 5f wird berichtet über:"
KUMPEL VON HEUTE UND GESTERN

Über das Leben der Bergarbeiter in der Volksrepublik China wird der Rote Kumpel in dieser und in den beiden nächsten Ausgaben berichten. Wir drucken hier in 3 Fortsetzungen einen Korrespondentenbericht der 'Peking Rundschau' über die chinesischen Kohlegruben von Kailuan. Wir meinen, daß dieser Artikel eine Antwort gibt, auf die Frage vieler Kumpel, was für einen Sozialismus wir wollen.

'Einige Tage vor Neujahr besuchten wir die Kohlegrube Kailuan, eines der größten Kohlenbergwerke in China. In allen Grubenbetrieben herrschte eine beschwingende Atmosphäre. Berichte über ausgezeichnete Erfolge und die vorfristige Erfüllung des Produktionsplans für das Jahr wie auch Nachrichten über neue Rekorde der Produktion gingen von Mund zu Mund in der Zeche. Das Produktionssoll für 1971 wurde um sieben Tage vorfristig erfüllt, und die breiten Massen der Kumpel rüsteten sich zu neuen Taten für 1972. Mit großem Interesse besuchten wir Kumpel und ihre Familien.

HERREN DER GRUBE

Die Kohlegrube Kailuan blickt auf eine lange Geschichte zurück. Bereits vor 500 Jahren wurde hier Kohle gefördert. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts streckten die Imperialisten ihre Krallen nach China aus, und diese Grube kam für etwa 50 Jahre unter fremde Herrschaft. Als einer der ausländischen Räuber nach der Befreiung der Stadt Tangschan die Kohlegrube Kailuan verlassen mußte, höhnte er: 'Die Kumpel können ohne uns die Gruben gar nicht verwalten. Ohne uns wird Kailuan innerhalb drei Monaten geschlossen sein.'

Aber die Dialektik der Geschichte ist unerbittlich. Heute sind es gerade die alten Kumpel und ihre Nachkommen, die die führende Rolle in der Grube spielen, sie sind es, die in der Verwaltung tätig sind und die den Betrieben ein völlig neues Aussehen und jugendliche Vitalität gegeben haben.

Gao Yung-scheng, ein Kumpel der 4. Generation, ist einer der stellvertretenden Vorsitzenden des Revolutionskomitees der Zeche von Tangschan, die nahezu 100 Jahre alt ist. Sein Urgroßvater Gao Dschen-dschong gab bereits seinen Schweiß unter der Peitsche der Kapitalisten. Er starb, als er aus einem mit Kumpeln überladenen Förderkorb in der Presse hinausgedrängt und zerquetscht wurde.

Die nackte Armut zwang den damals noch sehr jungen Sohn dieses Mannes, Gao Ho-ming, den Großvater von Gao Yung-scheng, in der Grube Beschäftigung zu suchen. Mehr als zehn Stunden pro Tag arbeitend, konnte dieser Mann kaum genug verdienen, um seine Familie zu ernähren. Er war so arm, daß, als er krank wurde, er keine ärztliche Hilfe oder Medikamente erfordern konnte und so schnell weggerafft wurde.

Gao Guo-en, der Vater Gao Yung-schengs, schwor, daß er selbst unter keinen Umständen jemals als Kumpel arbeiten würde, doch, vom Hunger geplagt, obwohl er für Gutsbesitzer wie ein Lasttier schuftete und auch andere harte, aber schlecht bezahlte Arbeit zu finden wußte, war schließlich gezwungen, in der höllischen Grube von Tangschan arbeiten. Er begann dort, als er 20 Jahre alt war. Sein Sohn, Gao Yung-scheng fuhr als 14-jähriger in die Grube ein und, obwohl noch ein halbes Kind, lebte er dort wie ein Zugtier.

Die Lebensgeschichte der vier Generationen der Familie Gaos widerspiegelt das blutige und tränenreiche Los der Zechenarbeiter von Kailuan.

Die Gründung des Neuen China in 1949 kündet eine neue Ära der Geschichte an, eine Ära, in der die Volksmassen Herren ihres eigenen Landes sind. Von der Partei und dem Staat herangebildet und erzogen, sind viele Kumpel zur Reife gekommen und arbeiten jetzt als leitende Funktionäre.

Ein Fall wie der von Gao Yung-scheng ist nicht selten. Mehr als 80% der Kader, die in der Grubenverwaltung arbeiten, kommen aus den Reihen der Arbeiter, 44% der Mitglieder der Revolutionskomitees, in den verschiedenen Gruben und Werken sind Kumpel, die direkt an der Produktion teilnehmen. Die Kumpel beherrschen die Technik der Produktion schon längst sehr gründlich, obwohl einst die ausländischen Plünderer ihnen diese Fähigkeit völlig absprachen. Viele der Probleme, die unter der Herrschaft der Imperialisten unlösbar schienen, sind heute von den Arbeitern bereits erledigt worden. Die Imperialisten schielten stets mit begehrlichen Augen auf die reiche Kohle in Fange-dschuang.

Aber die vielen Versuche, dort einen Schacht zu bauen, mißlangen immer wieder, weil der Treibsand dort eine ungelöste Frage darstellte. Nach der Befreiung wurde ein großer moderner Schacht dort gebaut. Der Chefingenieur, der die technische Arbeit beim Bau des Schachtes leitete, war Ouyiang-Dji-hsiu, vor der Befreiung ein einfacher Kumpel.

Er hatte die Bitternis und die Qualen der alten Gesellschaftsordnung voll ausgekostet. Nach der Befreiung wurde er zum Studium in das Pekinger Institut für Bergbau geschickt. Die Schwierigkeiten, die ihm das Lernen aller der verschiedenen Kurse von der Grundschule bis zur Hochschule in nur ein paar Jahren verursachte, kann man sich leicht vorstellen. Doch er dachte an das erbärmliche Leben unter der alten Gesellschaftsordnung, dachte daran, wie seine Frau und seine Kinder eines elenden Todes starben, dachte daran, wie er gelitten hatte, daß er nicht schreiben und lesen konnte und nicht imstande war, die Technik zu meistern.

So wurde er aller Schwierigkeiten her. Entschlossen, sich um die Arbeiterklasse verdient zu machen und sich die moderne wissenschaftliche Technik anzueignen, beendete er mit Erfolg das sechsjährige Studium an der Hochschule. Er kehrte zu den Grubenbetrieben zurück und begann auf eigenen Wunsch als ein einfacher Kumpel zu arbeiten, um in der Praxis seine neuerworbenen Kenntnisse auf die Probe zu stellen. Für seine hervorragenden Erfolge bei der technischen Neugestaltung wurde er in mehr als zehn Jahren vom Techniker zum Ingenieur und zum Chefingenieur befördert."
Q: Roter Kumpel,Dortmund 18.1.1974

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