Dortmund: Vietnam-Prozesse

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 9.3.2011

Von der polizeilichen bzw. juristischen Verfolgung der Vietnamsolidarität in Dortmund scheint nach unserer wie immer unvollständigen Quellenauswertung allein die Anhängerschaft der KPD und ihrer Massenorganisationen wie der Liga gegen den Imperialismus (LgdI) betroffen. Während der einleitend geschilderte Polizeieinsatz ohne größere Folgen zu bleiben scheint (vgl. 13.12.1971), kommt es aufgrund der zweiten hier erschlossenen Auseinandersetzung im Rahmen der Proteste gegen die Bombenangriffe der USA (vgl. 31.12.1972, 8.1.1973) zu einem größeren Prozess gegen sieben Angeklagte, dem sog. 'Dortmunder Vietnamprozeß' (vgl. 11.2.1974, 19.2.1974) bei dem immerhin fünf Freisprüche 'erkämpft' werden konnten, so dass die diesbezügliche Veranstaltung, die vermutlich geplant wurde zur weiteren Organisierung der Solidarität, vermutlich eher zu einer Feier wurde (vgl. 21.2.1974).

Es gibt allerdings auch weitere Vietnamprozesse (vgl. 24.6.1974) und Sammlungsverbote (vgl. Jan. 1975) und noch sieben Jahre später wird Thomas Luczak wegen seiner Vietnamsolidaritätsaktionen aus dem Jahr 1972 belangt (vgl. Mai 1979).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

13.12.1971:
Vermutlich Anfang dieser Woche erscheint, vermutlich in Dortmund, das folgende anonyme zweiseitige Flugblatt, das vermutlich sowohl vom KSV der KPD als auch der LgdI der KPD verbreitet wird:"
BRUTALER POLIZEIÜBERFALL AUF MEDIKAMENTENSAMMLUNG FÜR DIE DEMOKRATISCHE REPUBLIK VIETNAM

Die 'Liga gegen den Imperialismus' hat den Kampf gegen imperialistische Unterdrückung und für die Unterstützung der unterdrückten Völker seit Sommer dieses Jahres in Westberlin und der BRD aufgenommen. Sie hat im Oktober Protestmanifestationen gegen die Anwesenheit des japanischen Kaisers Hirohito durchgeführt, unter dessen Oberbefehl im 2. Weltkrieg Millionen Menschen von der japanischen Aggressionsarmee ermordet worden sind. Die Liga hat im Dezember mit Solidaritätsaktionen zur Unterstützung der Demokratischen Republik Vietnam begonnen: Durch die Spendensammlung wird das vietnamesische Volk bei der Überwindung der Flutkatastrophe unterstützt, die in einigen Monaten viele Erfolge beim sozialistischen Aufbau im Delta des Roten Flusses zunichte machte.

Versuchte die Polizei, die Protestaktionen gegen Hirohito durch Festnahmen von Flugblattverteilern und brutale Prügeleien vergebens zunichte zu machen, so ging sie auch kürzlich wieder gegen die anti-imperialistischen Aktivitäten der Liga zur Unterstützung der DRV vor. In Düsseldorf verhinderte die Verzögerungstaktik des Ordnungsamtes eine Straßensammlung unter dem fadenscheinigen Vorwand, die Verwendung der Spenden für den genannten Zweck sei nicht gesichert. Jüngstes Beispiel ist die Nacht-und-Nebel-Aktion in Dortmund:

PRESSEERKLÄRUNG:
'Die Liga gegen den Imperialismus verurteilt aufs schärfste den brutalen Einsatz der Hundestaffelgruppe der Dortmunder Kriminalpolizei und andere rechtswidrige Übergriffe, die widerrechtliche Inhaftierung, erkennungsdienstliche (ED,d.Vf.) Behandlung gegen zwei unbescholtene Dortmunder Bürger, den Studenten B.v.M. und den Arzt Ch.v.H., sowie die widerrechtliche Beschlagnahmen einer Medikamentenspende zur Unterstützung der von einer Flutkatastrophe betroffenen Bevölkerung Nordvietnams. Die brutalen Übergriffe der Dortmunder Polizei am 9. und 10.12. sind ein weiterer Höhepunkt der Versuche der Polizei und anderer staatlicher Stellen, die Unterstützungskampagne zur Überwindung der Flutkatastrophe in Nordvietnam mit allen Mitteln zu behindern. Gleichzeitig ist dieser empörende Vorfall ein weiterer Beweis dafür, daß beim Abbau der demokratischen Rechte in der BRD, die Anwendung terroristischer Mittel zunehmend auf die Tagesordnung gesetzt wird.'

Der Überfall auf die Medikamentensammlung und die widerrechtliche Inhaftierung des Studenten sind ein weiteres Glied in der Kette der Terrormaßnahmen der herrschenden Klasse.

Unter dem Vorwand, einen Apothekeneinbruch aufzuklären und Rauschgiftdelikte zu verhindern, wird die Methode deutlich, durch Anhängen von Kriminalstrafsachen einzelne fortschrittliche Menschen und demokratische Organisationen zu illegalisieren. Alle diese Terrormaßnahmen stehen im Zusammenhang mit anderen fieberhaften Vorbereitungen der Bourgeoisie auf die sich verschärfenden Klassenauseinandersetzungen.

Mit der Verabschiedung des Handgranatengesetzes, der Notstandsgesetze (NSG,d.Vf.), den Änderungen der Haftbestimmungen, den Gesetzen über den Bundesgrenzschutz (BGS,d.Vf.), den Verfassungsschutz und jüngst der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes (BVG,d.Vf.) wird eine Entwicklung deutlich, die auf eine Zentralisierung der Machtmittel des Klassenstaates gegen das Volk hinausläuft.

Um alle diese Terrormaßnahmen (zu legitimieren,d.Vf.), erfand die bürgerliche Klasse den kriminellen Popanz der Baader-Meinhof-Bande (RAF,d.Vf.), der alle Hetzjagden, Straßensperren, Hausdurchsuchungen, willkürliche Personenfestnahmen und sogar Tote auf die Tagesordnung setzt.

Die LIGA GEGEN DEN IMPERIALISMUS, die sich die aktive Unterstützung der Befreiungsbewegungen der Welt und die Bekämpfung des westdeutschen Imperialismus zum Ziel gesetzt hat, protestiert auf das Schärfste gegen die widerrechtliche Inhaftierung des Studenten und die Beschlagnahme der Medikamente zur Verhinderung der Solidaritätsaktionen 'Helft die Flutkatastrophe in der Demokratischen Republik Nordvietnam überwinden'.

HOCH DIE INTERNATIONALE SOLIDARITÄT!

UNTERSTÜTZT DEN AUFBAU DES SOZIALISMUS IN DER DEMOKRATISCHEN REPUBLIK VIETNAM!

SPENDET AUF DAS KONTO Postscheckkonto Berlin-West … oder Sparkasse der Stadt Berlin-West …

Erklärung des KSV zu den Übergriffen der Dortmunder Polizei:

Der Kommunistische Studentenverband (KSV) verurteilt aufs Schärfste den Angriff auf die antiimperialistischen Aktivitäten der LIGA GEGEN DEN IMPERIALISMUS. Daran zeigt sich ein weiteres Mal, daß es notwendig ist, in einer Periode sich verschärfender Klassenauseinandersetzungen verstärkt den Kampf gegen den Abbau der demokratischen Rechte des Volkes zu führen. Nur so ist wirksam zu verhindern, daß Kommunisten und Demokraten kriminalisiert, fortschrittliche Aktivitäten von bürgerlicher Klassenjustiz und Polizeiapparat unterdrückt werden. Der KSV weiß, daß der Kampf für den Sozialismus in der BRD und Westberlin untrennbar verbunden ist mit dem Kampf gegen den US-Imperialismus, den Hauptfeind der Menschheit. Er unterstützt deshalb voll und ganz die antiimperialistischen Aktivitäten der LIGA zur Unterstützung des Kampfes der unterdrückten Völker gegen den US-Imperialismus.

SOLIDARITÄT MIT DER LIGA GEGEN DEN IMPERIALISMUS!
KAMPF DEM ABBAU DER DEMOKRATISCHEN RECHTE DES VOLKES!
NIEDER MIT DEM US-IMPERIALISMUS, DEM HAUPTFEIND DER MENSCHHEIT!
DIE STUDENTEN ZU ENTSCHIEDENEN KÄMPFERN GEGEN DEN IMPERIALISMUS MACHEN!"
Quelle: N.N.:Brutaler Polizeiüberfall auf Medikamentensammlung für die Demokratische Republik Vietnam,o.O. o.J. (Dez. 1971)

31.12.1972:
In Dortmund findet, laut KPD, heute eine Vietnamaktion am Bahnhof statt, wegen der es später zum Prozeß gegen 7 Personen kommt (vgl. 19.2.1974). Von den Polizeiangriffen berichten auch die Vietnamausschüsse (VA) Dortmund und die Ortsgruppe (OG) Dortmund der Roten Hilfe (RH) e.V. der KPD (vgl. 11.2.1974, 18.2.1974).
Q: RH e.V.-OG Dortmund:Freispruch für die sieben Angeklagten im Dortmunder Vietnam-Prozeß!,Dortmund o.J. (Feb. 1974),S.1; RH e.V.-OG Dortmund:Freispruch für die Angeklagten im Dortmunder Vietnamprozeß!,Dortmund o.J. (Feb. 1974),S.1;VAs Dortmund:Sofortige Unterzeichnung des 9-Punkteabkommens durch die USA-Regierung,Dortmund o.J. (Jan. 1973),S.2;Rote Fahne Nr.1 und 6,Dortmund 3.1.1973 bzw. 6.2.1974,S.1 bzw. S.*

08.01.1973:
Die Vietnamausschüsse (VA) Dortmund des NVK der KPD geben vermutlich in dieser Woche das folgende Flugblatt mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von G. Nau, Dortmund, Saarbrückerstr.36 heraus:"
SOFORTIGE UNTERZEICHNUNG DES 9-PUNKTEABKOMMENS DURCH DIE USA-REGIERUNG

Nachdem die USA-Regierung die Pariser Friedensverhandlungen durch über 200 unannehmbare Forderungen sprengte, versuchte der Kriegsverbrecher Nixon die vietnamesische Verhandlungsdelegation 'an den Verhandlungstisch zurückzubomben', wie er selbst sagte. Damit wollte er die Demokratische Republik Vietnam und die Provisorische Revolutionäre Regierung Südvietnams kompromißbereit machen und Forderungen wie den Verzicht auf die Wiedervereinigung Vietnams durchsetzen. Die beiden Regierungen gingen aber auf Nixons 'Sonderwünsche' nicht ein, da das vietnamesische Volk die Wiedervereinigung seines Landes nicht aufgeben kann.

Unter diesen brutalen Bombariderungen hatte ausschließlich die Bevölkerung zu leiden. 1 319 Menschen wurden getötet, ebensoviele verletzt. Die Städte Nordvietnams existieren praktisch nicht mehr, die Krankenhäuser und Schulen sind zerstört.

Allen diesen brutalen und unmenschlichen Bombardierungen zum Trotz wächst die Entschlossenheit des vietnamesischen Volkes, solange zu kämpfen bis kein einziger US-Soldat oder Zivilberater mehr in Vietnam ist. Die heroische Luftabwehr der DRV hat seit Dezember ca. 60 Piratenflugzeuge abgeschossen, davon allein 34 B-52-Bomber!

Ein Mitglied der Botschaft der Demokratischen Republik Vietnam in Ostberlin faßte auf einer Solidaritätsveranstaltung der Vietnamausschüsse Westberlins (vgl. S1.**.1972,d.Vf.) den Willen des vietnamesischen Volkes folgendermaßen zusammen:
'Der USA-Imperialismus wird die Liebe zur Freiheit des vietnamesischen Volkes nicht ersticken. Lieber stehend sterben, als knieend leben - lieber für die Uanbhängigkeit und Freiheit des Vaterlandes sterben, als in der Sklaverei leben.' und weiter: 'In unserem Volk herrscht die Sehnsucht nach Frieden, aber nicht nach einem Frieden der amerikanischen Art, sondern nach einem echten Frieden. Das ist der Frieden der Freiheit und Unabhängigkeit. Solange der USA-Imperialismus auf seine Aggression nicht verzichtet, wird das vietnamesische Volk weiterkämpfen, bis es seine Freiheit errungen hat.'

In der ganzen Welt wuchs und wächst die Solidarität mit dem vietnamesischen Volke. Die Hafenarbeiter von Australien und Genua (in Italien,d.Vf.) weigern sich solange amerikanische Schiffe auszuladen, bis Nixon ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet hat. Diese Solidarität hat gesiegt, vorläufig sind die Bombenangriffe eingestellt!

Gerade die letzten grausamen Bombardierungen der US-Luftwaffe haben immer mehr Menschen den wahren Charakter des Krieges in Vietnam vor Augen geführt: Aggression von seiten der Nixon-Regierung - Wille nach Unabhängigkeit und Freiheit auf seiten des vietnamesischen Volkes.

Angesichts dieser Tatsache wird immer klarer, daß Friedenskanzler Brandt sich eindeutig auf die Seite der USA-Verbrechen stellt. Jede Bekräftigung der 'Friedenspolitik' von dem Parteivorstand der SPD wird zur Bekräftigung des Friedens der Machart Nixon und Thieu, wenn Staatsminister Bahr vor seinem Amerikaflug sagt: 'Mit Freunden redet man offen, aber nicht öffentlich!' Die Unterstützung der US-Aggression in Worten läßt der von der SPD geführte Staatsapparat auch Taten folgen: Überall, wo in letzter Zeit gegen die Bombenangriffe demonstriert wurde, versuchte die Polizei durch überfallartigen Einsatz die Demonstranten auseinanderzujagen, so z.B. in Bonn (vgl. 19.12.1972,d.Vf.), Köln (vgl. 20.12.1972,d.Vf.) und Dortmund (vgl. 20.12.1972,d.Vf.). Die SPD-Polizei wurde zum Helfershelfer der USA-Imperialisten!

Aber viele Menschen, die den Bombenterror verabscheuen und denen klar geworden ist, daß das vietnamesische Volk einen gerechten Krieg führt, fragen sich: Wie können wir die Vietnamesen unterstützen - Vietnam ist weit?

Neben der moralischen und materiellen Hilfe durch Demonstrationen und Geldsammlungen können wir in der BRD das vietnamesische Volk ganz konkret unterstützen, indem wir folgende Forderungen der Provisorischen Revolutionären Regierung und der Demokratischen Republik Vietnams erkämpfen:
UNGEHINDERTE EINREISE DER VERTRETER DER PRR UND DRV IN DIE BRD!
SOFORTIGE ANERKENNUNG DER DRV!
SOFORTIGE ANERKENNUNG DER PRR!
WEG MIT DER THIEU-BOTSCHAFT IN BONN!
ZULASSUNG VON INFORMATIONSBÜROS DER PRR!

Diese Forderungen legen klar, daß die PRR und die DRV die einzig legitimen Vertreter des vietnamesischen Volkes sind, die Thieu-Clique eine vom USA-Imperialismus an der Macht gehaltene Marionette ist.

Mit diesen Forderungen führen die Dortmunder Vietnamausschüsse eine Kampagne zur Unterstützung des vietnamesischen Volkes durch, deren Abschluß eine Demonstration am 18. Januar sein wird, dem Tag der Amtseinführung von Nixon. Mit Geldsammlungen für den Wiederaufbau von Hanoi und Haiphong, mit Unterschriftensammlungen für die sofortige Unterzeichnung des 9-Punkte-Abkommens bei Hausbesuchen, in Kneipen, auf der Straße, bei größeren kulturellen Veranstaltungen wollen die Vietnamausschüsse Dortmunds die Front aller derjenigen Menschen erweitern, die sich auf die Seite des vietnamesischen Volkes stellen und seinen gerechten Krieg unterstützen wollen.

Für alle, die sich beteiligen wollen, haben die Vietnamausschüsse eine tägliche Kontaktadresse eingerichtet. Man kann dort mit Mitgliedern der Vietnamausschüsse reden, Informationen über ihre Arbeit erhalten.

KONTAKTADRESSE HAUS PETERS, RHEINISCHE STRASSE 168 AUSSER DI, TGL. VON 17 UHR 30 - 19 UHR 30

Gebt Eure Unterschrift für die sofortige Unterzeichnung des 9-Punkte-Abkommens!
Unterstützt die Geldsammlung für den Wiederaufbau von Hanoi und Haiphong durch eine Spenden!
Kommt zur Demonstration am 18. Januar!

DEMONSTRATION AM 14. JAN. IN BONN
AM 18. JAN. IN DORTMUND
BUSABFAHRT NACH BONN: 9 UHR HAUPTBAHNHOF"
Q: VAs Dortmund:Sofortige Unterzeichnung des 9-Punkteabkommens durch die USA-Regierung,Dortmund o.J. (Jan. 1973)

11.02.1974:
Die Ortsgruppe (OG) Dortmund der Roten Hilfe (RH) e.V. der KPD gibt vermutlich in dieser Woche das folgende Flugblatt mit zwei Seiten DIN A 4 unter verantwortung von H. J. Overbeck, Dortmund, Heroldstr.50, zum Vietnamprozeß (vgl. 31.12.1972, 19.2.1974) heraus:"
FREISPRUCH FÜR DIE SIEBEN ANGEKLAGTEN IM DORTMUNDER VIETNAM-PROZESS!

Am 19.2. 1974 beginnt in Dortmund ein Prozeß gegen sieben Antiimperialisten. Alle sind wegen Hausfriedensbruch angeklagt, gegen drei werden zusätzliche Anklagepunkte vorgebracht. Das 'Verbrechen', das sie begangen haben:

Sie haben am Sylvestertag 1973 an einer Demonstration teilgenommen, zu der die Ortsleitung Dortmund der Kommunistischen Partei Deutschlands aufgerufen hatte. Diese Protestdemonstration richtete sich gegen die Bombenangriffe, die die US-Luftwaffe im Dezember 1972 gegen die Demokratische Republik Vietnam (DRV) flog.

Im Dezember 1972 war die US-Luftwaffe über der DRV mehr Tonnen Bomben ab, als während des gesamten zweiten Weltkriegs über dem Ruhrgebiet abgeworfen wurden. Zweck dieses Terrors war, die Unterzeichnung des Friedensabkommens durch die US-Regierung hinauszuzögern, sodaß in der gewonnenen Zeit große Mengen Kriegsmaterial an das Thieu-Regim geliefert werden konnten. In dieser Zeit wurde Thieus Luftwaffe von den Amerikanern zur drittgrößten der Welt gemacht. - Wenn wir ein Volk schon nicht besiegen können, dann vernichten wir es eben! Das war die Losung, nach der der Massenmörder Nixon die Interessen des amerikanischen Imperialismus in Vietnam durchsetzen wollte.

Gegen diese Verbrechen richtete sich die Demonstration, die mit einer Kundgebung im Dortmunder Hauptbahnhof endete, der 100 bis 200 Menschen zuhörten.

Während der Kundgebung stürzten vier Bahnpolizisten in die Bahnhofshalle, sagten kurz, daß wir kein Recht hätten, dort eine Kundgebung abzuhalten, zückten ihre Gummiknüppel und prügelten auf die Demonstranten ein. Sie wurden von allen Anwesenden mit solcher Empörung begrüßt, daß sie sich bald zurückziehen mußten. Sie zerrten einen Demonstranten mit sich auf die wache, wo sie ihn zusammenschlugen.

Als die Demonstration nach der Kundgebung die Halle verlassen wollte, trafen zehn Polizeistreifenwagen vor dem Bahnhof ein. Die Bullen sprangen aus ihren wagen, verhafteten die anderen sechs Angeklagten wahllos aus der Menschenmenge heraus, zerrten und prügelten sie in die Autos.

Die Demonstranten hatten nicht nur Nixons Massenmord in Vietnam angeklagt, sie klärten die Anwesenden auch über die Mithilfe der Brandt-Regierung bei den Ausrottungsversuchen in Vietnam auf. Millionenkredite an das faschistische Thieu-Regime (1973 163 Mio. DM), Auslieferung von südvietnamesischen Kriegsgegnern an die Henker Thieus, lügenhafte Hetze gegen die Provisorische Revolutionäre Regierung (PRR,d.Vf.) Südvietnams, Verweigerung der Einreise für die Vertreter dieser Regierung, Verteufelung und Verfolgung von Menschen, die sich mit dem gerechten Kampf des vietnamesischen Volkes solidarisieren - das sind einige Beispiel der 'Friedenspolitik' Brandts in Vietnam.

Wer diese Machenschaften anprangert, der muß zum Schweigen gebracht werden, denn solche Enthüllungen richten sich direkt gegen die Interessen der deutschen Imperialisten, lassen immer mehr Menschen den volksfeindlichen Charakter der SPD-Regierung erkennen.

Um den Schein der 'Demokratie' zu wahren, werden die sieben Angeklagten nicht offen wegen ihrer antiimperialistischen oder kommunistischen Gesinnung vor gericht gestellt, sondern mn macht sie zu Kriminellen: Schläger und notorische Krawallmacher müssen eben bestraft werden.

Wie skrupellos sich die bürgerliche Klassenjustiz über ihre eigenen Gesetze hinwegsetzt, wenn es gilt, entschiedene Gegner dieses imperialistischen Systems zu kriminalisieren, zeigen die Prozesse gegen Uli Kranzusch (vgl. Bonn - 13.10.1973,d.Vf.) und der Prozeß gegen zehn Kölner Antiimperialisten (vgl. 12.12.1973,d.Vf.). Obwohl während beider Prozesse kein einziger Beweis für eine Straftat erbracht werden konnte, wurden die Angeklagten verurteilt.

Wenn sich als Zeugen gut vorbereitete Polizisten in ihren Aussagen selbst widersprachen, sagten die Richter: ein Zeuge, der sich nicht widerspricht, lügt. Deshalb seien die Aussagen völlig glaubhaft. Wagen es die Prozeßzuschauer gegen solches Gerichtstheater zu protestieren, so werden sie von bereitstehenden Polizisten aus dem Saal geprügelt. Den Anwälten wurde mehrmals das Wort verboten und die Benennung bzw. Anhörung von Zeugen verweigert.

In den Urteilsverkündungen sagten dann die Richter offen und unverblümt, wessen Recht sie sprechen. Als Grund für die Verurteilung der Angeklagten gaben sie an, daß diese sich trotz der drohenden Strafen nicht von ihren Aktionen gegen den amerikanischen Terror in Vietnam distanziert hatten und bereit sind, ihre demokratischen Rechte auch weiterhin dazu zu benutzen gegen den US-Imperialismus zu demonstrieren. Wer solch eine Gesinnung auch noch offen zugibt soll verurteilt werden.

Auf die gleiche Art und Weise sollen auch die sieben Angeklagten im Dortmunder Vietnam-Prozeß verurteilt werden. Das darf nicht geschehen! Und es ird nicht geschehen, wenn jeder entschiedene Demokrat, jeder Sozialist und Kommunist, jeder fortschrittliche Mensch Dortmunds mit dagegen kämpft.

Es geht in diesem Prozeß nicht nur um die sieben Angeklagten, sondern vor allem darum, die demokratischen Rechte des Volkes gegen die bürgerliche Klassenjustiz zu verteidigen. Das Recht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit, die Rechte der Rechstanwälte vor Gericht dürfen wir ns nicht nehmen lassen.

Solidarisiert euch mit den sieben Angeklagten!

Kommt zum Prozeß! Termin: Dienstag, 19.2., Schöffengericht Dortmund, Zimmer 23

FÜR DEN ENDGÜLTIGEN SIEG DER VÖLKER INDOCHINAS!

NIEDER MIT DEM USA-IMPERIALISMUS, DEM HAUPTFEIND DER MENSCHHEIT!

KAMPF DER BÜRGERLICHEN KLASSENJUSTIZ!

FREIUSPRUCH FÜR DIE SIEBEN ANGEKLAGTEN1

KAMPF DEM ABBAU DER DEMOKRATISCHEN RECHTE DES VOLKES!

Spendet zur Unterstützung der Protestkampagne auf das Konto: Stadtsparkasse Dortmund 001296214 (Prozeßhilfe)"
Q: RH e.V.-OG Dortmund:Freispruch für die sieben Angeklagten im Dortmunder Vietnam-Prozeß!,Dortmund o.J. (Feb. 1974)

18.02.1974:
Die Ortsgruppe (OG) Dortmund der Roten Hilfe (RH) e.V. der KPD gibt vermutlich heute das folgende Flugblatt mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von R. Pohl, Dortmund, Heroldstr.50, heraus:"
FREISPRUCH FÜR DIE ANGEKLAGTEN IM DORTMUNDER VIETNAMPROZESS!

SOLIDARITÄT HILFT SIEGEN!

DEN VÖLKERMORD KANN MAN NICHT VERGESSEN MACHEN!

Es war auf dem Höhepunkt der amerikanischen Bombenangriffe auf Vietnam. Während Nixons Bomberflotte Fabriken, Wohnviertel, Schulen und Krankenhäuser in Hanoi und Haiphong ausradierte, erhoben sich überall Stimmen des Protestes. Schwedens Ministerpräsident Palme z.B. nannte die Bombenangriffe 'Greueltaten, die mit den Verbrechen der Nationalsozialisten in Oradour, Lidice und Treblinka vergleichbar sind.' Aber bei uns in der BRD, einem Land, das faschistische Terrorherrschaft und Bomberherrschaft gegen Zivilisten kennt, bei uns schweigt die Regierung, schweigt - und zahlt: 'Devisenausgleichszahlungen, direkte 'Militärhilfe' für den Kriegsverbrecher Nixon aus unseren Steuergeldern!

Aber nicht die Regierung Brandt spricht für das deutsche Volk: überall in der BRD und Westberlin finden Demonstrationen der Solidarität mit dem vietnamesischen Volk statt: so auch in Dortmund am 31.12.1972. Diese Demonstration wird am Hauptbahnhof von der Polizei des Herrn Riwotzki brutal überfallen, Demonstranten und Passanten werden verprügelt, festgenommen.

Mehr als ein Jahr später stehen sieben Antiimperialisten vor Gericht: 'Hausfriedensbruch', 'Widerstand gegen die Staatsgewalt', 'gefährliche Körperverletzung' - so lautet die erlogene Anklage. Mit den Mitteln der Justiz sollen politische Gegner der Brandtregierung (SPD/FDP,d.Vf.) und des Imperialismus als Kriminelle abgestempelt werden. Vom nachgewiesenen versuchten Völkermord der USA-Regierung ist in der Anklageschrift natürlich keine Rede. Dafür strotzt sie vor erlogenen und sich widersprechenden Anklagepunkten. Zeugen der Anklage sind allesamt Polizisten.

WIE MAN 'TATBESTÄNDE' SCHAFFT…

In welchem Klima findet der Vietnamprozeß statt? Über 20 Prozesse finden in den nächsten Wochen in Dortmund statt: Gegen die Teilnehmer der Demonstration (vgl. 19.5.1973,d.Vf.) der KPD anläßlich des Breschnew-Besuchs (vgl. Feb. 1974,d.Vf.), gegen Dortmunder Jugendliche (vgl. Feb. 1974,d.Vf.), die für ein freies Jugendzentrum demonstriert haben (vgl. S1.**.1973,d.Vf.), gegen die Presseverantwortlichen einer revolutionären Zeitung usw.: Alles Kriminelle - so die Klassenjustiz. So leicht wird das gemacht: Polizeipräsident Riwotzki (SPD) läßt seine Polizisten friedliche Demonstrationen überfallen, prügeln, verhaften. So schafft man 'Tatbestände': 'Widerstand gegen die Staatsgewalt' oder gar 'gefährliche Körperverletzung', Landfriedensbruch, Hausfriedensbruch…

Und wo nicht einmal Polizeizeugen zum 'Beweis' ausreichen, dort muß die Gesinnung als Beweis herhalten: So heißt es in der Anklageschrift gegen die sieben Antiimperialisten, sie seien alle 'Mitglieder oder Sympathisanten der KPD' - als seien ihnen alle möglichen kriminellen Delikte zuzutrauen. Schon im Prozeß gegen Uli Kranzusch (vgl. 13.10.1973,d.Vf.), im Kölner Vietnamprozeß (vgl. 12.12.1973,d.Vf.) und anderen Prozessen wurde diese Art 'Beweisführung' zur Methode: Antiimperialisten gleich Kommunisten gleich Gewalttäter.

…UND WAS WIR DAGEGEN TUN MÜSSEN.

Die 20 Dortmunder Prozesse, Hunderte weitere Prozesse in der BRD und Westberlin beweisen: Die Justiz dieses Staates ist eine Klassenjustiz: sie treibt die Kriminalisierung derer voran, die von ihren demokratischen Rechten Gebrauch machen, um für die Interessen der unterdrückten Völker, für die Interessen des Volkes hier in der BRD einzutreten. 'Das Auge des Gesetzes sitzt im Gesicht der herrschenden Klasse'. Wer sich auf die Gnade der Justiz verläßt, der ist verlassen. Hier hilft nur eins: Die Solidarität aller Werktätigen, aller Schüler und Studenten, aller Demokraten. Nur der solidarische gemeinsame Widerstand kann dem Treiben der Klassenjustiz Einhalt gebieten: Solidarität hilft siegen! Wir, die Angeklagten im Dortmunder Vietnamprozeß, die Ortsgruppe Dortmund der Roten Hilfe e.V., rufen alle auf:

KOMMT ZUM VIETNAMPROZESS! DIENSTAG, 19.2., 10 UHR ZIMMER 23

KOMMT ZUR VERANSTALTUNG!" Diese soll am 21.2. stattfinden.

In einem Kasten wird auch zum Besuch des Oßwald/Schulte-Prozesses gegen die ehemaligen Verantwortlichen der 'Roten Fahne' (RF) der KPD/ML-ZB (vgl. 22.2.1974) sowie der Bochumer Demonstration dagegen (vgl. 21.2.1974) aufgerufen.
Q: RH e.V.-OG Dortmund:Freispruch für die Angeklagten im Dortmunder Vietnamprozeß!,Dortmund o.J. (Feb. 1974)

19.02.1974:
Der KOV der KPD berichtet:"
Nach den Terrorurteilen in Köln (vgl. 25.1.1974,d.Vf.) sollen nach der Logik der Klassenjustiz auch in Dortmund am 19.2. Antiimperialisten verurteilt werden. Sie hatten Sylvester 1972/73 im Dortmunder Hauptbahnhof an einer spontanen Kundgebung gegen die damalige mörderische Bombardierung der DRV (DR Vietnam,d.Vf.) durch die US-Imperialisten kurz vor der Unterzeichnung des Friedensabkommens teilgenommen. Die Anklagepunkte sind bei allen Hausfriedensbruch (! - weil die Bahnpolizei brutal dazwischenknüppelte!), Widerstand gegen die Staatsgewalt, bei einigen auch Gefangenenbefreiung (!)."

Laut KPD werden von 7 Angeklagten 5 freigesprochen.

Berichtet wird auch durch den KJV (vgl. 1.3.1974) sowie die Ortsgruppe (OG) Dortmund der Roten Hilfe (RH) e.V. der KPD (vgl. 17.11.1975), die auch mit Flugblättern (vgl. 11.2.1974, 18.2.1974) mobilisierte und eine Veranstaltung organisierte (vgl. 21.2.1974).
Q: Kämpfende Jugend Nr.4,Dortmund 1.3.1974,S.7; RH e.V.-OG Dortmund:Freispruch für die Angeklagten im Dortmunder Vietnamprozeß!,Dortmund o.J. (Feb. 1974),S.1f;RH e.V.-OG Dortmund:Freispruch für die sieben Angeklagten im Dortmunder Vietnam-Prozeß!,Dortmund o.J. (Feb. 1974),S.1f;RH e.V.-OG Dortmund:Für ein unabhängiges, vereintes und sozialistisches Deutschland!,Dortmund o.J. (Nov. 1975),S.2;Rote Fahne Nr.6, 7 und 8,Dortmund 6.2.1974, 13.2.1974 bzw. 20.2.1974;Schulkampf Nr.2,Dortmund Feb. 1974,S.4

KJVb1


21.02.1974:
Die Ortsgruppe (OG) Dortmund der Roten Hilfe (RH) e.V. der KPD (vgl. 18.2.1974), lud für heute zu einer Veranstaltung um 20 Uhr in der Gaststätte Hansa-Eck, Bornstr./Heroldstr. gegen den Vietnamprozeß (vgl. 19.2.1974) ein.
Q: RH e.V.-OG Dortmund:Freispruch für die Angeklagten im Dortmunder Vietnamprozeß!,Dortmund o.J. (Feb. 1974),S.2

24.06.1974:
In Dortmund findet, laut KPD, vermutlich in dieser Woche ein Vietnamprozeß statt.
Q: Rote Fahne Nr.27,Dortmund 3.7.1974

Januar 1975:
Bei Holstein und Kappert (H+K, IGM-Bereich - vgl. 10.2.1975) berichtet die Ortsleitung (OL) Dortmund der KPD vermutlich aus dem Januar:"
In Dortmund wurde die Sammlung der VIETNAMHILFE ALLES FÜR DEN SIEG mit fadenscheinigen Gründen verboten."
Q: KPD-OL Dortmund:Zeitung,Dortmund o.J. (1975),S.4

Mai 1979:
Vermutlich Mitte bis Ende Mai ergeht in Dortmund das Urteil gegen Thomas Luczak, Funktionär der KPD. Laut KB soll er "für 17 Monate in den Knast". U.a. soll er zu einer Gesamtstrafe wegen folgender Delikte verurteilt werden:
- Teilnahme an einer Demonstration gegen den Bombenterror der USA gegen Nordvietnam 1972,
- Staatsverunglimpfung,
- Sachbeschädigung.
Q: Arbeiterkampf Nr.154,Hamburg 28.5.1979,S.8

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