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Kreis Gütersloh

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 19.11.2006


Materiallage

Hier werden nur wenige der einschlägigen Dokumente des APO-Archivs vorgestellt. Weitere Darstellungen zum Kreis Gütersloh liegen derzeit vor für die Kundgebungen am sowjetischen Gräberfeld Stukenbrock.


Die Organisationen

Im heutigen Kreis Gütersloh scheint zunächst die Aktion Demokratischer Fortschritt (ADF), bald aber auch die Deutsche Kommunistische Partei aktiv, später ist die KPD/ML vertreten und vermutlich auch die KPD.


Wichtige Themen und Ereignisse

Zu Beginn dieser Darstellung ist in Wiedenbrück die ADF präsent (vgl. 7.12.1968), in der vermutlich auch die Anhänger der bald darauf gegründeten DKP tätig sind (vgl. 3.4.1969, 14.8.1969). Die DKP berichtet wiederholt aus Gütersloh (vgl. 3.7.1969, 24.7.1969, 31.7.1969), aber auch aus Rheda (vgl. 10.4.1969).

Im Altkreis Halle erzielt die NPD bei den Kommunalwahlen 1969 überdurchschnittlich hohe Ergebnisse (vgl. 9.11.1969), die DKP berichtet weiterhin aus Gütersloh 20.11.1969), wo sie vermutlich mit der Deutschen Friedensunion (DFU) zusammenarbeitet (vgl. 19.2.1970) und sich auf Oberschüler stützen kann (vgl. 23.5.1970).

Bei Gebrüder Claas in Schloß Holte wird erfolgreich gegen Vorarbeiterschikanen gestreikt, was von verschiedenen Gruppen als vorbildlich berichtet wird (vgl. Apr. 1970, 11.4.1970, 1.6.1970).

In Stukenbrock gibt es nicht nur das sowjetische Gräberfeld, sondern auch eine Gießerei (vgl. 15.6.1970), in Gütersloh versieht ein, nach Ansicht der DKP, durch den Nationalsozialismus vorbelasteter Jurist seinen Dienst (vgl. 15.12.1971).

Die Landeselternschaft der Gymnasien NRW stellt die Schülermitverwaltung (SMV) des Bezirks Halle-Herford als vorbildliches Bollwerk gegen den Bolschewismus dar (vgl. 14.8.1972).

Im Laufe des Jahres 1973 scheint sich die KPD/ML im Kreis zu etablieren (vgl. 26.5.1973, 3.11.1973), ist auch mit der spanischen FRAP befreundet (vgl. 13.4.1974).

Die KPD ist in dieser Darstellung die erste, die den dominierenden Betrieb im Kreis Gütersloh, den Bertelsmannverlag in Gütersloh zur Sprache bringt (vgl. 20.11.1974), sie berichtet auch indirekt aus Langenberg (vgl. 10.11.1975) und scheint Freunde in Versmold zu besitzen (vgl. 14.7.1976).

Das Ende dieser Darstellung schildert die traurige Berühmtheit, die Steinhagen während der nationalistischen Anschlagswelle zu Beginn der 1990er Jahre erlangte (vgl. 8.1.1994).


Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

07.12.1968:  Das Innenministerium NRW berichtet von der Aktion Demokratischer Fortschritt (ADF - vgl. 2.11.1968, 1.1.1969):"
In Nordrhein-Westfalen bestehen, soweit bisher bekannt wurde, örtliche Gruppen des Aktions- und Wahlbündnisses an 44 Orten, und zwar in ... Paderborn-Wiedenbrück".
=Innenministerium NRW:Extremismusberichte an den Landtag oder Landesbehörden 1969,Düsseldorf 1969,S.11ff

03.04.1969:  Die DKP gibt die Nr.1 der Ausgabe NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 10.4.1969). Im Regionalteil wird die ADF in Paderborn-Wiedenbrück erwähnt. =Unsere Zeit NRW Nr.1,Essen 3.4.1969

10.04.1969:  Die DKP gibt die Nr.2 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 3.4.1969, 17.4.1969). Berichtet wird u.a. über das Krankenhaus Rheda.
=Unsere Zeit NRW Nr.2,Essen 10.4.1969

03.07.1969:  Die DKP bringt die Nr.14 ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 26.6.1969, 10.7.1969) und berichtet aus Gütersloh.
=Unsere Zeit Nr.14,Essen 3.7.1969

24.07.1969:  Die DKP gibt die Nr.17 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 17.7.1969, 31.7.1969). Berichtet wird u.a. über die Textilindustrie in Gütersloh.
=Unsere Zeit NRW Nr.17,Essen 24.7.1969

31.07.1969:  Die DKP gibt die Nr.18 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 24.7.1969, 7.8.1969). Berichtet wird u.a. über Gütersloh.
=Unsere Zeit NRW Nr.18,Essen 31.7.1969

14.08.1969:  Die DKP gibt die Nr.20 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 7.8.1969, 21.8.1969). Berichtet wird u.a. über die ADF in Paderborn-Wiedenbrück.
=Unsere Zeit NRW Nr.20,Essen 14.8.1969

09.11.1969:  Heute finden die Kommunalwahlen (KW) im Kreis Halle statt, bei denen die NPD 1149 und damit 3,4% der Stimmen erhält. Sie kandidiert auch in den Gemeinden Brockhagen (108 Stimmen - 7,0%) und Loxten (102 Stimmen- 6,9%) wo sie jeweils einen Sitz erringt.
=Innenministerium NRW:Extremismusberichte an den Landtag oder Landesbehörden 1969,Düsseldorf 1969,S.21

20.11.1969:  Die DKP bringt die Nr.34 ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 13.11.1969,
27.11.1969) und berichtet aus Gütersloh.
=Unsere Zeit Nr.34,Essen 20.11.1969

19.02.1970:  Die DKP gibt die Nr.8 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 12.2.1970, 26.2.1970). Veranstaltungen werden u.a. angekündigt von der DFU Gütersloh.
=Unsere Zeit - Ausgabe NRW Nr.8,Essen 19.2.1970

April 1970:  Die Kabelwerke Reinshagen (KWR) Bochum Betriebsgruppe der KPD/ML und des KJVD (IGM-Bereich - vgl. 4.5.1970) berichtet vermutlich aus dem April:"
VORARBEITER ABGESETZT

SCHLOSS HOLTE: 300 Metallarbeiter der Mähdrescherfabrik Gebrüder Claas streikten an zwei Tagen jeweils neun und zwei Stunden gegen die Schikanen eines Vorarbeiters.

Er wurde abgesetzt!"
=Rotes Kabel Nr.2,Bochum Mai 1970,S.9

11.04.1970:  Die DKP gibt die Nr.15 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 4.4.1970, 18.4.1970). Berichtet wird u.a. über Gebrüder Claas in Schloß Holte.
=Unsere Zeit - Ausgabe NRW Nr.15,Essen 11.4.1970

23.05.1970:  Die DKP bringt die Nr.21 ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 16.5.1970, 30.5.1970) und berichtet vom evangelischen Gymnasium Gütersloh.
=Unsere Zeit Nr.21,Essen 23.5.1970

01.06.1970:  Es erscheint die Nr.2 der 'Sozialistischen Betriebskorrespondenz' (SBK)
(vgl. 1.5.1970, 1.7.1970) die u.a. über eine Reihe von Streiks berichtet, u.a. bei der MF Gebrüder Claas bei Bielefeld.
=Sozialistische Betriebskorrespondenz Nr.2,Offenbach 1.6.1970

15.06.1970:  Es erscheint die Nullnummer des 'Marburger Betriebsboten' (MBB) (vgl. 30.6.1970), u.a. mit einem Bericht aus einer Gießerei in Stukenbrock.
=Marburger Betriebsbote Nr.0,Marburg 15.6.1970

15.12.1971:  Der DKP Bezirk Ruhr-Westfalen gibt zum heutigen Roter Punkt Prozeß gegen seinen Vorsitzenden Manfred Kapluck in Gelsenkirchen (vgl. 15.12.1971) Unterlagen zur Nazivergangenheit von Richtern und Staatsanwälten heraus, u.a. auch über:"
Dr. Herbert Behrendt, geb. 4.10.1907. Z.Zt Amtsgerichtsrat in Gütersloh.

Behrendt trat am 1.5.1933 in die NSDAP ein. Seine Mitgliedsbuch-Nr.: 1981208. Seit dem 1.4.1933 war B. Mitglied der SA.

B. war während seiner Tätigkeit in Schönebeck auch an Verfahren des Sondergerichts beim Landgericht in Magdeburg beteiligt. Unter seiner Mitwirkung wurde am 10.Februar 1942 der jüdische Bürger Lederer wegen 'Rassenschande' zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt. Lederer wurde, wie aus den Akten hervorgeht, wenig später der Gestapo zur Überweisung in das Vernichtungslager (KZ,d.Vf.) Auschwitz überstellt.

Die NSDAP-Kreisleitung Gardelegen bescheinigte Behrendt, daß er bereits vor 1933 aktiv für die NSDAP gewirkt habe und seinen Vater und Bruder zum Eintritt in die NSDAP veranlaßt hat."
=DKP Bezirk Ruhr-Westfalen:Protest gegen antidemokratische Justizkampagne,Essen o.J. (1971),S.2;
DKP-Bezirk Ruhr-Westfalen:Wie lange noch?,o.O. (Essen) o.J. (Dez. 1971),S.2


14.08.1972:  Die Landeselternschaft der Gymnasien in NRW (vgl. Okt. 1972) berichtet vermutlich u.a. aus dieser Woche über die Tätigkeit ihres Vorstands:"
SCHÜLERZEITUNGEN
...
Die Schülermitverwaltung der Gymnasien des Bezirks Herford-Halle gibt ein 'Info' heraus, mit dem sie betont Front macht gegen die in der Landes-SMV feststellbaren einseitigen und radikalen Linkstendenzen. Diese Schülergruppe schreibt uns:
'Die Linksradikalen scheinen in den meisten Schülermitverwaltungen zu dominieren. Ungefähr 85% der Mitglieder der Landesversammlung sind DKP-Mitglieder, andere Mitglieder von Schülergewerkschaften und von 'Marxistischen Schülerbünden', wiederum andere arbeiten mit den 'Roten Zellen' zusammen.....

'Linksradikales Gedankengut realisieren'... bedeutet Abbau demokratischer Grundrechte und damit Zerstörung unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung (FdGO,d.Vf.) mit der sozialen Marktwirtschaft. Wir sind jedoch der Überzeugung, daß das System - unsere parlamentarische Demokratie - mit dem Ziel eines menschenwürdigeren Lebens des Einzelnen weiterentwickelt werden muß. Darauf gilt es immer wieder hinzuweisen. Auch die Schülermitverwaltung hat diese Aufgabe.'

In der Ausgabe Nr.5 des Blattes dieser Schülergruppe (vgl. S11.**.1972,d.Vf.) heißt es, daß die SMV u.a. die Aufgabe habe,
- dem einzelnen Schüler parteipolitische Angebote zu machen.

Die Schülermitverwaltung darf sich parteipolitisch nicht festlegen. Es muß versucht werden, den Schüler objektiv über die aktuelle 'Parteienbühne' zu informieren. Ziel dieser Bestrebungen ist das Erwecken von politischem Bewußtsein.

- zusammen mit Vertretern der Elternschaft, mit Lehrern usw. konstruktive Reformvorschläge für das Schulleben auszuarbeiten.

Dabei sind besonders die Wünsche der Schüler zu berücksichtigen und nicht die persönlichen Ideologien einiger SMV-Funktionäre. Zielsetzung muß die freiwillige Anerkennung der Vorschläge seitens der Betroffenen sein.

- bessere zwischenmenschliche Beziehungen anzustreben.

Der Demokratisierungsprozeß darf nicht auf Kosten der zwischenmenschlichen Beziehungen im negativen Sinne vorangetrieben werden. Das Gegenteil muß erreicht werden! Eine sachliche und freundliche Atmosphäre zwischen Lehrern und Schülern ist die Voraussetzung für echte partnerschaftliche Zusammenarbeit.

- den Schüler auf seine Stellung in der Gesellschaft hinzuweisen und mit demokratischen Spielregeln vertraut zu machen.

Bei gesellschaftspolitischen Diskussionen ist von unserer bestehenden freiheitlich-demokratischen Grundordnung, unserer parlamentarischen Demokratie mit der sozialen Marktwirtschaft, auszugehen."
=Landeselternschaft der Gymnasien in NRW:Mitteilungsblatt Nr.77,Rheydt Okt. 1972,S.10ff

26.05.1973:  Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr.20 (vgl. 19.5.1973, 2.6.1973) heraus und berichtet aus Rheda-Wiedenbrück.
=Roter Morgen Nr.20,Dortmund 26.5.1973

03.11.1973:  Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr.43 (vgl. 27.10.1973, 10.11.1973) heraus. Die RG Halle (Kreis Gütersloh) berichtet von der Bundeswehr.
=Roter Morgen Nr.43,Dortmund 3.11.1973

13.04.1974:  In Harsewinkel (Kreis Gütersloh) möchte die FRAP Spanien, laut und mit KPD/ML (vgl. 20.4.1974), heute oder morgen eine Veranstaltung durchführen.
=Roter Morgen Nr.16,Dortmund 20.4.1974

13.04.1974:  In Gütersloh möchte die FRAP Spanien, laut und mit KPD/ML (vgl. 20.4.1974), heute oder morgen eine Veranstaltung durchführen.
=Roter Morgen Nr.16,Dortmund 20.4.1974

20.11.1974:  In der Nr.47 ihrer 'Roten Fahne' (vgl. 13.11.1974, 27.11.1974) berichtet die KPD aus Gütersloh über Arbeitslose, über Bauern und von Bertelsmann (DruPa- bzw. HBV-Bereich).
=Rote Fahne Nr.47,Dortmund 20.11.1974

10.11.1975:  In Lüneburg wird, laut KPD, vermutlich in dieser Woche die für März 1976 bevorstehende Schließung des Werkes der Bartels-Ibus GmbH (390 Besch., Zentrale in Langenberg in NRW) bekannt, wo Bauelemente, Türen und Spanplatten produziert werden.
=Rote Fahne Pressedienst Nr.2,Köln 18.11.1975

14.07.1976:  Die KPD gibt ihre 'Rote Fahne' (RF) Nr.28 (vgl. 7.7.1976, 21.7.1976) heraus. Wahlfondsspenden zu den Bundestagswahlen (BTW - vgl. 3.10.1976) gingen u.a. ein aus Versmold.
=Rote Fahne Nr.28,Köln 14.7.1976

08.01.1994:  Im Brett CL/ANTIFA/ALLGEMEIN berichtet U.SCHATZSCHNEIDER@NADESHDA am 6.2.1994:"
In der letzen Woche (genau in der Nacht von Sa., den 8.1 auf So., den 9.1.1994 gegen 2 Uhr versuchten 5 junge Männer in Steinhagen Kreis Gütersloh NRW ein Flüchtlingsheim anzugreifen.

Zum genannten Zeitpunkt fuhren fünf Personen auf vier Motorrädern (alle schwere Straßenmaschinen) am Flüchtlingsheim vor. Sie stiegen von ihren Motorrädern, setzten die Helme ab und gingen ca. 10 Minuten um das Flüchtlingsheim. Ausgerüstet waren sie mit zwei Benzinkanistern, einer Eisenstange, einem Baseballschläger und einem Molotow-Cocktail. Als sie sich schließlich an der Eingangstür zu schaffen machten, wurden sie von einem Auto gestört, das gerade auf den Parkplatz fuhr. Diese Störung veranlaßte sie das Feld zu räumen. Da die Bewohner des Flüchtlingsheimes in großer Angst waren, das einzige Telefon des Hauses aber direkt an der Eingangstür angebracht ist, traute sich niemand von den Flüchtlingen, während der 10 Minuten die Polizei zu verständigen. Selbige wurde erst einen Tag später informiert, nach dem die Flüchtlinge mit ihren BetreuerInnen gesprochen hatten. Die Polizei führte allerdings nur sehr halbherzige Ermittlungen durch (weder wurden den Flüchtlingen Fotos von Motorrädern noch von Personen aus der 'neo'-Faschistenscene Owl's gezeigt)."
=CL/ANTIFA/ALLGEMEIN-U.SCHATZSCHNEIDER@NADESHDA:Rechte Anschläge - Januar
1994,6.2.1994

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