Düsseldorf-Bilk: Jagenberg AG

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 14.10.2012

Aus dem Düsseldorfer Werk der Krefelder Papiermaschinenfabrik Jagenberg AG können hier bisher nur wenige Hinweise erschlossen werden. Nach einem Warnstreik in der Metalltarifrunde (MTR - vgl. 24.9.1970) kommt es ein Jahr später zu einem weiteren Warnstreik gegen Entlassungen (vgl. 22.10.1971).

Aktiv im Betrieb ist damals die DKP mit einer Betriebszeitung, die gemeinsam für das Werk in Düsseldorf-Bilk und dasjenige in Neuss erscheint (vgl. Juli 1971, 21.3.1972, Okt. 1972).

Spätestens ab dem Frühjahr 1972 verfügt aber auch die KPD über Anhänger bei der Jagenberg AG (vgl. 27.3.1972), die sich wiederholt an den überregionalen Treffen der oppositionellen Gewerkschafter der KPD (vgl. 21.5.1972) bzw. an denen der oppositionellen Metaller (vgl. 1.10.1972) beteiligen.

Im Jahr 1973 kommt es nicht nur im Januar zu einem Warnstreik (vgl. 25.1.1973) sowie im Februar zu Solidaritätsaktionen mit dem Streik bei Hülsbeck und Fürst (HuF) in Velbert (vgl. 14.2.1973), sondern vermutlich auch im Sommer zu einem wilden Streik für eine Teuerungszulage (TZL), wobei die linke Presse sich über das Datum nur grob informiert zeigt (vgl. Juni 1973, Aug. 1973, 24.8.1973, 12.9.1973).

Zum vorläufigen Abschluss dieser Darstellung kommt es dann erneut zu einem kurzen Warnstreik bei der Jagenberg AG (vgl. 15.9.1975).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

24.09.1970:
Heute beteiligen sich, laut 'EXI', 1 500 bei Jagenberg in Düsseldorf an einem Warnstreik im Rahmen der Metalltarifrunde (MTR). Laut KPD/ML-ZB sind es 2 000, laut KPD/ML-ZK ist der Streik morgen, laut RFO Saarland gar erst im November.
Quellen: Express International Nr. 107, Frankfurt 16.10.1970, S. 6; Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 36 und 37, Bochum 25.9.1970 bzw. 30.9.1970;Roter Morgen Nr. 9, Hamburg Okt. 1970;Rote Fahne - Hadir Nr. 5, St. Ingbert 15.12.1970

Juli 1971:
Bei Jagenberg Düsseldorf und Neuß gibt die DKP ihr 'Unser Etikett' Nr. 2 (vgl. 21.3.1972) heraus.
Q: Unser Etikett Nr. 2, Düsseldorf Juli 1971

22.10.1971:
In Düsseldorf findet heute, laut KB, bei Jagenberg ein Warnstreik von 1 500 Arbeitern und Angestellten gegen die geplante Entlassung von 150 Angestellten statt.

Die KPD berichtet im Zusammenhang mit der MTR in Nordbaden/Nordwürttemberg (NB/NW - vgl. 28.10.1971) und auch so: "
STREIK BEI DER JAGENBERG AG

Gegen die vom Vorstand beschlossene Entlassung von 150 Angestellten (zumeist aus Konstruktionsbüros) kam es am 22.Oktober zu einem Warnstreik von mehr als 1 200 Arbeitern und Angestellten.

Der Streik wurde erst beendet, als die Firmenleitung gezwungen war, der Forderung nach einer außerordentlichen Betriebsversammlung zuzustimmen. Die Kampfaktion war hauptsächlich eine Antwort auf den erpresserischen Druck der Firmenleitung, die Namen der von der Entlassung bedrohten Kollegen nicht zu nennen. Auch der Zeitpunkt der Kündigungen wurde nicht bekannt gegeben Auf Fragen nach einem Sozialplan hatte der Vorstandsvorsitzende Max Olbrich die Stirn, zu antworten: 'Vermutlich wird es einen geben.'

Wie schon bei der Stillegung von Voigtländer (IGM-Bereich in Braunschweig, d.Vf.) und in anderen Fällen von Massenentlassungen besteht die erste und wichtigste Maßnahme der Kapitalisten darin, den verschärften Konkurrenzdruck - entstanden durch die Zuspitzung der innerimperialistischen Widersprüche - durch 'gezielte Senkung der Personalkosten' (Olbrich) aufzufangen. Die Jagenberg AG, Hersteller von Maschinen für die Papierverarbeitung und das Verpackungswesen, exportiert 70% ihrer Erzeugnisse.

Der Firmensprecher: 'Die Währungskrise und protektionistische Strömungen im Welthandel haben das Unternehmen in seiner Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt.'

Der Ausspruch Olbrichs, daß Facharbeiter nicht entlassen werden sollen, 'um die Produktion nicht zu stören', war ein Köder, der den Arbeitern hingeworfen wurde, um sie von den Angestellten-Kollegen abzuspalten.

So ist es besonders zu begrüßen, daß die Arbeiter solidarisch mit den Angestellten den Kampf führten.

Diesen gemeinsamen Kampf gilt es auf der Betriebsversammlung fortzusetzen. Neben den schon erhobenen Lohnforderungen muß auf dieser Versammlung vor allem die Forderung nach 'Offenlegung aller Rationalisierungsmaßnahmen' sowie nach 'Umfassenden Sozialplänen und Überbrückungsgeldern' gestellt werden.

Jetzt kommt es darauf an, daß auch in anderen Metallbetrieben Düsseldorfs der Kampf verstärkt wird für lineare Lohnerhöhungen und gegen das Krisenprogramm der Kapitalisten."

Die Betriebsgruppe DWM Berlin (vgl. Nov. 1971) berichtet:"
Bei Jagenberg Düsseldorf konnte durch Warnstreiks und die entschiedene Haltung des Betriebsrats die von der Firmenleitung geplante Entlassung zunächst verhindert werden."
Q: Der rote Weichensteller Nr. 21, Berlin Nov. 1971, S. 5; Rote Fahne Nr. 29, Berlin 5.11.1971, S. 3 und 5;Metallkampf Nr. 5, Eutin 22.11.1971;Kommunistische Arbeiter Zeitung Sdr.ausgabe, Flensburg 22.11.1971

21.03.1972:
Bei Jagenberg Düsseldorf und Neuß gibt die DKP ihr 'Unser Etikett' Nr. 10 (vgl. Juli 1971, Okt. 1972) zur heutigen Jugendvertretungswahl (JVW) heraus. Angekündigt wird die Jugendbetriebsversammlung (vgl. 4.4.1972).
Q: Unser Etikett Nr. 10, Düsseldorf März 1972

27.03.1972:
Die KPD (vgl. 7.4.1972) berichtet vermutlich aus dieser Woche über das MK Düsseldorf (vgl. 19.4.1972): "
MAIKOMITEES GEGRÜNDET
OPPOSITIONELLE GEWERKSCHAFTER ORGANISIEREN SICH

DÜSSELDORF

WIR DRUCKEN IN AUSZÜGEN DEN AUFRUF DES OPPOSITIONELLEN GEWERKSCHAFTLICHEN MAIKOMITEES AB:

(…) Das oppositionelle gewerkschaftliche Maikomitee setzt gegen die Einheit von SPD- und DGB-Führung am diesjährigen 1.Mai die Einheit aller Schaffenden für ihre Klasseninteressen und wird dies in der Organisierung eines mächtigen oppositionellen Blocks in der 1.MAI-DEMONSTRATION deutlich zum Ausdruck bringen. (…)

FÜR DEN AUFBAU EINER REVOLUTIONÄREN GEWERKSCHAFTSOPPOSITION (RGO, d.Vf.)

Wie notwendig die Arbeit einer gewerkschaftlichen Opposition ist, wird deutlich, wenn man sich einmal ansieht, was die DGB-Führung gegen die Verschlechterung der Arbeits- und Lebensbedingungen der werktätigen Massen durch Monopolkapital und SPD-Regierung tut: nämlich gar nichts!

Wo Arbeitshetze, Lohnraub und schrankenlose Preistreiberei immer stärker das Bild bestimmen, wo durch strukturelle Schwächen und zyklische Krisen wie in der Eisen- und Stahlindustrie (IGM-Bereich, d.Vf.) und im Ruhrkohlebergbau (RAG - IGBE-Bereich, d.Vf.), Kurzarbeit, Massenentlassungen und Stillegungen zum Alltag gehören, da sind die DGB-Führer die ersten, die die aufflammenden Kämpfe der Kollegen abwürgen. Wo die Kollegen offen das Monopolkapital angreifen, wo sie konkrete Schutzrechte fordern, da verwässern die Gewerkschaftsführer mit Unterstützung der revisionistischen DKP-Führung diesen Kampf durch ihre illusionierenden Forderungen nach Mitbestimmung. Nach 20 Jahren Mitbestimmung in der Montanindustrie fragen wir:

Was unterscheidet die Verhältnisse bei Mannesmann (MM, IGM-Bereich, d.Vf.), wo wir von Anfang an Mitbestimmung hatten, von etwa denen bei Jagenberg (IGM-Bereich, d.Vf.)? Überhaupt nichts!

Wir aber treten ein für die Losung:
STATT MITBESTIMMUNGSILLUSION - SCHUTZRECHTE DER ARBEITERKLASSE ALS BASTION IM KLASSENKAMPF"
Q: Rote Fahne Nr. 40 und 41, Dortmund 7.4.1972 bzw. 19.4.1972, S. 3 bzw. S.3

04.04.1972:
Bei Jagenberg Düsseldorf und/oder Neuß soll, laut DKP, eine Jugendbetriebsversammlung stattfinden.
Q: Unser Etikett Nr. 10, Düsseldorf März 1972

21.05.1972:
An der ersten nationalen Konferenz der der KPD-nahestehenden oppositionellen Gewerkschafter (vgl. 1.10.1972) nehmen, nach eigenen Angaben, über 100 Gewerkschafter aus 9 Gewerkschaften (CPK, IGM, IGBE, DruPa, BSE, ÖTV, DPG, DAG, GEW) und fast 50 Betrieben teil, u.a. von Jagenberg Düsseldorf.
Q: Rote Fahne Nr. 44 und 50, Dortmund Mai 1972 bzw. 5.7.1972, S. 1f bzw. S.4; Revolutionäre Gewerkschafts Opposition Nr. 1, o.O. (Dortmund) o.J. (1972)

Oktober 1972:
Bei Jagenberg Düsseldorf und Neuß gibt die DKP ihr 'Unser Etikett' Nr. 16 (vgl. 21.3.1972) heraus.
Q: Unser Etikett Nr. 16, Düsseldorf Okt. 1972

01.10.1972:
In Dortmund nehmen, nach eigenen Angaben über 100 Personen an einem Treffen oppositioneller, der KPD-nahestehender Metaller teil. Die Teilnehmer kommen auch von Jagenberg Düsseldorf.
Q: Rote Fahne Nr. 63, Dortmund 4.10.1972; Revolutionäre Gewerkschaftsopposition Nr. 1, Dortmund o.J. (1972), S. 36

Bochum_KPD058


25.01.1973:
Bei Jagenberg Düsseldorf wird, laut KG (NRF) Mannheim/Heidelberg und KPD, wahrscheinlich heute für die Anrechung des Tarifabschlusses auf den Effektivlohn gestreikt.

Die KSG (NRF) berichtet "bei Jagenberg in Düsseldorf streikten die Arbeiter gegen die Anrechnung der 8,5% Lohnerhöhung auf den Nettolohn statt auf den Bruttolohn. Die Angestellten sammelten solidarisch für den Verdienstausfall der Arbeiter."
Q: Arbeiter-Zeitung Nr. 2, Mannheim/Heidelberg Feb. 1973; Rote Fahne Nr. 5, Dortmund 31.1.1973;Schulkampf Nr. 9, Heidelberg o.J. (1973), S. 14

14.02.1973:
Die KPD gibt die Nr. 7 ihrer 'Roten Fahne' (vgl. 7.2.1973, 21.2.1973) heraus, in der vom Streik bei HuF Velbert (vgl. 13.2.1973) berichtet wird.
Solidarität für HuF kam aus dem zuständigen IGM Ortsverein Düsseldorf von Jagenberg und auch von Schieß (1 600 DM).
Q: Rote Fahne Nr. 7, Dortmund 14.2.1973

März 1973:
Vermutlich im März gibt die Gewerkschaftsabteilung beim ZK der KPD die Nr. 2 ihrer 'Revolutionären Gewerkschaftsopposition' (RGO – vgl. 18.12.1972, Mai 1973) heraus. Berichtet wird von Streiks auch bei Jagenberg in Düsseldorf.
Q: Revolutionäre Gewerkschaftsopposition Nr. 2, Dortmund o.J. (1973)

Juni 1973:
Bei Jagenberg Düsseldorf findet, laut AB, vermutlich im Juni ein Streik für eine Teuerungszulage (TZL) statt.
Q: Der Rote Weichensteller Nr. 10, München Juli 1973

August 1973:
Bei Jagenberg Düsseldorf kommt es, laut KPD, vermutlich im August zu einem Streik für eine Teuerungszulage (TZL).
Q: Revolutionäre Gewerkschaftsopposition Nr. 6/7, Dortmund Sept. 1973

24.08.1973:
Bei den Klöcknerwerken in Düsseldorf - Vereinigte Drahtindustrie (VDI) beginnt, laut KPD, ab 10 Uhr morgens ein 'wilder' Streik für eine Teuerungszulage (TZL) u.a. in der Drahtzieherei (vgl. 27.8.1973).

Die DKP gibt im Verlaufe des Streiks, laut KPD, u.a. ein Extrablatt ihrer 'Auf Draht' heraus, in dem sie sich u.a. mit Jagenberg Düsseldorf und den Stahl- und Röhrenwerken (S+R) Düsseldorf-Reisholz befaßt.
Q: Rote Fahne Nr. 35, Dortmund 29.8.1973; Revolutionäre Gewerkschaftsopposition Nr. 6/7, Dortmund Sept. 1973

12.09.1973:
Frühestens heute gibt die SAG die auf September datierte Nr. 27 ihres 'Klassenkampf' (vgl. Juli 1973, Okt. 1973) heraus, in der erneut auf die Streikwelle in der Metallindustrie und dem ÖD eingegangen wird.

Berichtet wird hierzu auch von Jagenberg Düsseldorf.
Q: Klassenkampf Nr. 27, Frankfurt Sept. 1973

15.09.1975:
Bei der MF Jagenberg in Düsseldorf findet, laut AB, ein anderthalbstündiger Streik statt. Laut 'Voran' streikt die Frühschicht in der Papier-MF.
Q: Voran Nr. 11, Köln Okt. 1975; Kommunistische Arbeiterzeitung Nr. 74, München 16.11.1975

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