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Zeche Emil-Fritz, Altenessen

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 22.6.2007


Betriebliches Material von Emil-Fritz lag uns allein von der DKP vor, die bereits früh nicht nur von dort berichtet (vgl. 8.5.1969, 16.10.1969), sondern auch bald eine Betriebszeitung herausgab (vgl. Aug. 1969, 3.11.1969, Apr. 1970, Mai 1970, Aug. 1970).

Natürlich wird auch die Zeche Emil-Fritz in die Ruhrkohle AG eingegliedert, es gibt zwar Sozialdirektoren (vgl. 1.12.1969), aber der Anfang der Ruhrkohle AG bedeutet das Ende auch dieser Zeche.

Zuerst werden die Sozialleistungen 'harmonisiert' (vgl. 25.10.1970), bald aber ist die Stillegung beschlossene Sache (vgl. 30.6.1971, 1.7.1971), was auch durch die kämpferischen Maiaktivitäten des IGBE-Schachtgewerkschaftsvorstandes (vgl. Apr. 1971) nicht verhindert werden konnte.

Es werden noch einmal die RAG-Betriebsräte gewählt, wobei auch Emil-Fritz vertreten ist (vgl. Mai 1972), dann aber erfolgt die Stillegung zuerst der Kokerei (vgl. 30.6.1973) und dann auch der Zeche (vgl. 15.12.1973), wobei die Kumpel, die u.a. nach Pluto Wanne-Eickel umgesetzt werden, eine deutliche Verlängerung der Anfahrtzeiten erleiden.


Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

08.05.1969:  Die DKP gibt die Nr.6 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 1.5.1969, 15.5.1969). Berichtet wird u.a. über die Zeche Emil/Fritz und die IGBE Essen.
=Unsere Zeit NRW Nr.6,Essen 8.5.1969

August 1969:  In Essen gibt die DKP Betriebsgruppe auf dem Schacht Emil Fritz vermutlich im August ihren 'Stapel links' (vgl. 3.11.1969) heraus.
=Stapel links,Essen o.J. (1969)

16.10.1969:  Die DKP gibt die Nr.29 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 9.10.1969, 23.10.1969). Berichtet wird u.a. über die Zeche Emil Emscher in Essen-Altenessen.
=Unsere Zeit NRW Nr.29,Essen 16.10.1969

03.11.1969:  In Essen gibt die DKP Betriebsgruppe auf dem Schacht Emil Fritz vermutlich in dieser Woche ihren 'Stapel links' (vgl. Aug. 1969, Apr. 1970) heraus.
=Stapel links,Essen o.J. (1969)

01.12.1969:  Die DKP berichtet von der RAG:"
SOZIALDIREKTOREN DER RUHRKOHLE AG

Die Ruhrkohle AG hat am 1.12.1969 ihre Arbeit aufgenommen. Sie ist in sieben Gruppengesellschaften gegliedert. Ihr gehören als Sozialdirektoren Heinz Kegel (Konzernleitung), Theodor Therhorst (Bergbau AG Niederrhein), Werner Lipa (Bergbau AG Oberhausen), Anton Taplikowski (Bergbau AG Gelsenkirchen), Franz Schulte (Bergbau AG Herne-Recklinghausen), Josef Ganster (Bergbau AG Essen), Dr. Emil Schrumpf (Bergbau AG Dortmund) und Josef Brand (Bergbau AG Westfalen/Hamm-Heesen) an. Die Betriebsräte bilden eine zentrale Arbeitsgemeinschaft und Gruppenbetriebsräte."

Die IGBE gibt am 15.12.1969 die Betriebsdirektoren für Personal- und Sozialfragen (PS) der RAG bekannt:
GRUPPE III Bergbau AG Gelsenkirchen: Emil Fritz: Theodor Schrör.
=Einheit Nr.24,Bochum 15.12.1969,S.*;
Unsere Zeit Nr.37,Essen 11.12.1969,S.6


April 1970:  In Essen gibt die DKP Betriebsgruppe auf dem Schacht Emil Fritz vermutlich im April ihren 'Stapel links' Nr.1 (vgl. 3.11.1969, Mai 1970) heraus.
=Stapel links Nr.1,Essen 1970

Mai 1970:  In Essen gibt die DKP Betriebsgruppe auf dem Schacht Emil Fritz ihren 'Stapel links' (vgl. Apr. 1970, Aug. 1970) heraus.
=Stapel links,Essen Mai 1970

August 1970:  In Essen gibt die DKP Betriebsgruppe auf dem Schacht Emil Fritz ihren 'Stapel links' (vgl. Mai 1970) heraus.
=Stapel links,Essen Aug. 1970

25.10.1970:  Die DKP berichtet von heute, eventuell allerdings auch vom letzten oder gar vorletzten Sonntag:"
HARMONIE MIT MISSTÖNEN
'EMIL-FRITZ'-SOZIALLEISTUNGEN UNTER DEM HAMMER?

Die Kumpel der Schachtanlage 'Emil-Fritz' in Essen-Altenessen bangen um ihre Sozialleistungen:
- Die Jahresabschlußvergütung in Höhe von 650 - 700 Mark ist gefährdet
- der Zusatzurlaub für langjährig Beschäftigte kann gestrichen werden
- die Abkehrschichten können entfallen und damit drei Monatslöhne für ausscheidende 'Emil-Fritz'-Kumpel
- die Ferienkasse kann gekündigt werden, über die der Bergmann nach zwei Jahren bei einem eigenen Sparanteil von 204 Mark von der Zeche den gleichen Betrag dazuerhielt.
Das alles kann unter den Hammer kommen.

Initiator ist die Ruhrkohle AG. Sie will die Kumpel schröpfen. Sie meint es ernst. Davon können die Invaliden von Emil-Fritz ein Lied singen. Ihnen wurde bereits der Preis für Hausbrandkoks von 14,55 DM auf 26,50 Mark erhöht, obwohl sie sich vor längerer Zeit auf Anraten der Zechenleitung auf Koksöfen umstellten.

Ursache ist die Absicht der Ruhrkohle AG, die unterschiedlichsten Sozialleistungen der einzelnen Zechen nach unten gleichzustellen. 'Harmonisieren' nennt man das. Es ist eine Harmonie mit Mißtönen. Im Laufe der Jahre erkämpften sich die Zechenbelegschaften und die Gewerkschaft außertarifliche Sozialleistungen von unterschiedlicher Qualität. Das hing von der Kampfkraft und von anderen Bedingungen ab. Nach dem die Zechen in den Mammut-Konzern Ruhrkohle AG zusammengefaßt sind, sollen diese unterschiedlichen Sozialleistungen vereinheitlicht werden. Statt von jeder Zeche die jeweils beste Lösung zum Maßstab zu nehmen und daraus ein Paket von Zuwendungen zu machen geht die Leitung der RAG dazu über einen sogenannten Mittelweg zu finden. Schlechte Sozialleistungen werden etwas verbessert und gute Sozialleistungen sollen ungleich stärker abgebaut werden. Die Ruhrkohle AG ist ein kapitalistischer Konzern.

Auf der Belegschaftsversammlung am vergangenen Sonntag kritisierte der Bergmann Helmut Schielke diese Absichten der Ruhrkohle AG. Er zog seinen Vertrag aus der Tasche und vertra die Meinung, daß er einen Rechtsanspruch auf die Beibehaltung der Sozialleistungen hat.

Hier kam auch noch eine Forderung auf die Tagesordnung: Der Bergarbeiter Wolf verlangte, daß eine echte Deputationskohlenregelung in den Tarifvertrag aufgenommen werden sollte. Schließlich jeder Kumpel mit seiner Kohlenzuteilung machen können, was er wolle. IGBE-Rechtsschutzsekretär Schmidt erklärte daraufhin, daß beim Hauptvorstand der Gewerkschaft viele Resolutionen die gleiche Forderung erheben und daß sich der HV damit befaßt."
=Unsere Zeit - Ausgabe NRW Nr.44,Düsseldorf 31.10.1970,S.17

April 1971:  Anfang April ruft in Essen, laut KJO Spartacus, der Schachtgewerkschaftsvorstand der Zeche Emil Altenessen zu einer Demonstration, die am 1.Mai zur DGB-Saalveranstaltung führen soll, auf. Daraufhin habe sich das Maikomitee der Gewerkschaftsjugend diesem Plan angeschlossen. Leider aber habe es in dem Maikomitee einen Streit von SDAJ auf der einen, KJO Spartacus und Unorganisierten auf der anderen Seite gegeben. Die SDAJ, die mit einem Delegierten im Maikomitee vertreten gewesen sei, habe sich gegen die Bildung eines oppositionellen Blocks und gegen die Anprangerung des Verrats der Gewerkschaftsbürokraten in Flugblättern gewandt. Im Zentrum Kritischer Auszubildender (ZKA) sei die SDAJ allerdings mit diesen Positionen stets unterlegen.
=KJO Spartacus:Nationales Internes Bulletin Nr.7,o.O. Juni 1971

30.06.1971:  Laut DKP findet heute eine Sitzung des Aufsichtsrats (AR) Ruhrkohle AG (RAG) statt, auf der beschlossen wird bis 1975 weitere 10 Zechen zu schließen.

Die KPD/ML-ZB (vgl. 3.7.1971) berichtet:"
NEUES ZECHENSTERBEN BEI DER RAG

Der seit der Gründung der Ruhrkohle AG angekündigte Stillegungsplan, genannt 'Gesamtstillegungsplan' ist raus:

25 000 BERGARBEITER werden in den nächsten vier Jahren ihren Arbeitsplatz verlieren! Acht Zechen werden stillgelegt, neun Anlagen werden zu Verbundwerken zusammengeschlossen, sieben Anlagen sollen 'voll ausgelastet' werden.

Die Stillegungen sollen Anfang nächsten Jahres beginnen: Anfang 1972 werden die Zechen Katharina in Essen und Emscher-Lippe in Datteln geschlossen; Ende 1972 Mathias Stinnes in Essen; zwischen 1973 und 1975 schließen dann Emil Fritz (Essen), Alstaden (Oberhausen), Brassert (Marl), Vereinigte Pörtingsiepen/Carl Funke (Essen) und Hannover-Hannibal/Constantin (Bochum).

Die Arbeiter der stillgelegten Zechen sollen auf andere Anlagen verlegt werden. Für die Kumpel bedeutet das Verlängerung der Arbeitszeit durch lange Anfahrtszeiten zum Arbeitsplatz. In Essen z.B. wird nach der Schließung von fünf Zechen nur noch die Schachtanlage Zollverein fördern. Da Zollverein natürlich nur einen kleinen Teil dieser Kumpel aufnehmen kann (insgesamt ca. 10 000 - 12 000), und es auch in der näheren Umgebung kaum eine Zeche gibt, die das könnte, werden tausende von Essener Bergarbeitern direkt an den Niederrhein und in die Gegend von Hamm verlegt werden. Das sind Anfahrtszeiten von mindestens zwei Stunden pro Weg - bei der Bildung der RAG legte Schiller fest, daß Fahrtzeiten von zwei Stunden für einen Weg 'zumutbar' sind; bis dahin war die Grenze bei einer Stunde!

Als weitere Rationalisierungsmaßnahmen wurden angekündigt: Steigerung der Förderung durch Vollauslastung vorhandener Kapazitäten auf den Anlagen Walsum (Walsum), Jacobi Haniel (Bottrop), Osterfeld (Oberhausen) und Fürst Leopold (Dorsten). 'Vollauslastung' bedeutet, daß die Anlagen für einige Jahre noch einmal voll ausgefahren werden, um sie nachher umso schneller stillegen zu können.

Vier neue Verbundbergwerke sollen geschaffen werden: Rheinpreussen/Pattberg/Rossenray am linken Niederrhein, Ewald/Recklinghausen in Recklinghausen, Consolidation/Pluto (Wanne-Eickel/Gelsenkirchen) und Haus Aden/Grimberg 3/4 in Bergkamen. Diese Verbundbergwerke sehen so aus, daß zwar die Kohle noch in den Flözen beider Zechen abgebaut, aber nur noch nach einer Stelle gefördert wird. Dadurch werden hunderte von Übertagearbeitern 'überflüssig'. Im neuen Verbundbergwerk Ewald/Recklinghausen z.B. wird nur noch bei Ewald gefördert, damit werden die 1 500 Übertagearbeiter von Recklinghausen praktisch 'überflüssig'.

Obwohl die Pläne für all diese Rationalisierungsmaßnahmen schon längst ausgearbeitet waren, haben die Zechenherren dies bis zuletzt geleugnet. Noch in der letzten Woche bestritten die Herren der Bergbau AG Essen, daß die Anlagen Mont Cenis und Friedrich der Große zu einem Verbundbergwerk zusammengefaßt werden sollen. Jetzt wurde diese Maßnahme als Vorbedingung für die Stillegung von Hannover-Hannibal/Constantin angekündigt.

Der gesamte Plan wird die Stillegung von 13 - 14 Mio. t Jahresförderung zur Folge haben. Die bei der Gründung der Ruhrkohle angekündigte Stillegung von 20 Mio. t ist damit noch nicht erreicht. Es ist deshalb wahrscheinlich, daß noch weitere ausgearbeitete Pläne fürs Zechensterben bestehen. Dafür spricht auch die Tatsache, daß bei den Stillegungen und der Bildung von Verbundbergwerken der Raum Dortmund völlig unberührt bleibt, obwohl hier in den letzten Jahren mit die größten Verluste gemacht wurden. In der 'Ruhrkohle', der Zeitung der Zechenherren, hieß es auch in Nr.8/1970 (vgl. S6.8.1970,d.Vf.) ganz deutlich: 'Auch im Dortmunder Raum bedarf es rechtzeitiger neuer Lösungen. Die hier betriebenen Förderanlagen weisen... ungünstige Kosten auf. Hier zielen erste Maßnahmen auf eine bessere Auslastung der Kapazitäten und deren Ausbau gegebenenfalls unter PLANMÄSSIGER VERLAGERUNG DER FÖRDERUNG ab.' Der Grund, warum in ihren offiziellen Ankündigungen von den Zechen in diesem Raum kein Wort zu finden ist, ist die Furcht vor der Kampfstärke der Dortmunder Bergarbeiter: 1967 (vgl. 21.10.1967,d.Vf.) demonstrierten in Dortmund 15 000 Kumpel unter roten und schwarzen Fahnen gegen die geplante Stillegung von Hansa und Pluto (in Herne-Wanne-Eickel,d.Vf.). Ihr Kampf richtete sich klar gegen die SPD-Führer, die damals wie heute die Angriffe gegen die Bergarbeiter vorantrieben.

Auch bei den jetzt veröffentlichten Stillegungsplänen handelt es sich um ein Komplott von Zechenherren, SPD-Regierung und IGBE-Führern:

- In Geheimverhandlungen während der letzten Monate wurden diese Pläne geschmiedet: Zechenherren und IGBE-Führer trafen sich bei SPD-Kühn, sprachen mit Brandt und verhandelten mit Schiller.

- Die Landesregierung NRW hat zugesagt 1/3 der Kosten der 'Sozialmaßnahmen' zu übernehmen. Unter Vorsitz von SPD-Ministerpräsident Kühn wurde ein 'Kohlekabinett' gebildet (ihm gehören u.a. auch Riemer, Wertz und Figgen an), das in Zukunft 'alle Probleme, Programme und Maßnahmen zur Konsolidierung der Ruhrkohle für die Kabinettsentscheidung vorbereitet'.

- Brandt erklärte in einem Brief an IGBE-Schmidt (vgl. S6.*.1971,d.Vf.), die Bundesregierung werde alles tun, um Härten für die Bergarbeiter zu vermeiden.

- SPD- und Gewerkschaftsführer planen jetzt die Übernahme der Kosten für die Herabsetzung des Rentenalters auf 50 Jahre durch die SPD-Regierung. Ihr Ziel ist dabei die Durchsetzung der flexiblen Altersgrenze. Wie wir schon ... ausführlich beschrieben haben, geht es bei dieser 'Reform' u.a. darum, eine Senkung der Renten zu erreichen. Der Bergbau bietet sich für die Durchsetzung der flexiblen Altersgrenze aus zwei Gründen an: 1) sind die Renten hier im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen relativ höher, 2) stehen vor allem die von Stillegungen betroffenen Bergarbeiter mit dem Rücken an der Wand; sie haben mit 50 Jahren die 'Alternative': entweder Verlegung auf eine andere Zeche mit einer möglichen Verlängerung des Arbeitstages um vier Stunden oder mit weniger Rente in den Ruhestand gehen.

Diesen Plan von SPD-Regierung und IGBE-Führern müssen die Gewerkschaftsbonzen natürlich vor den Kumpels geheim halten; IGBE-Chef Schmidt sagte, es sei jetzt möglich, ältere Bergleute früher in einen sozial und wirtschaftlich gesicherten Ruhestand zu entlassen. Damit könne der Grundsatz vom gesicherten Arbeitsplatz bei der Ruhrkohle AG garantiert werden. Lügen wie 'sicherer Arbeitsplatz bei der RAG' aber verfangen bei vielen Bergarbeitern nicht mehr."

Die KPD (vgl. 13.8.1971) berichtet:"
RUHRKOHLE AG
VERSTAATLICHUNG DER VERLUSTE - REPRIVATISIERUNG DER PROFITE - RATIONALISIERUNG DURCH MASSENENTLASSUNGEN:

Am 30.Juni beschloß der Aufsichtsrat der Ruhrkohle-AG mit den Stimmen der 'Arbeitervertreter' einstimmig ein großangelegtes Stillegungs- und Rationalisierungsprogramm für die nächsten fünf Jahre.

20 000 Bergleute werden allein durch die Stillegungen betroffen, über die von den Rationalisierungsmaßnahmen bedrohten Arbeiter und Angestellten schweigen sich Konzernleitung und IGB-Spitze einträchtig aus. Kuhnke, RAG-Vorsitzender, erklärte dazu: 'Eine große Mobilität setzt ein.'

Diesem Rationalisierungsplan ging die am 1.6. tarifvertraglich festgelegte Neuordnung der Löhne voraus, die mit der Einführung von Arbeitsplatzbewertung und Ausbau des Leistungslohnsystems zu einem faktischen Lohnstop und teilweise zu Lohnrückstufungen bis zu 10 DM pro Schicht führte.

Die Gründung der Ruhrkohle-AG und die jetzt eingeleiteten Maßnahmen sind ein Lehrbeispiel dafür, wie die Kapitalisten sinkende Profitraten rücksichtslos auf Kosten der Arbeiterklasse wieder zu steigern versuchen. Sie sind ein Lehrbeispiel für die Rolle der SPD-Regierung, die durch den Ausbau der staatsinterventionistischen Maßnahmen den Monopolkapitalisten das Risiko der Kapitalverwertung abnimmt und ihnen gleichzeitig durchschnittliche Profite garantiert. Sie sind ein Lehrbeispiel für den vollständigen Verrat der Gewerkschaftsspitze an den Interessen der Arbeiterklasse. Mit sozialer Demagogie der IGBE-Führung - nur die Einheitsgesellschaft könne die Arbeitsplätze und den 'klassenneutralen' staatlichen Einfluß sichern - war sie die treibende Kraft der RAG-Gründung und täuschte die Bergleute über deren Ziel: planmäßige Wiederanhebung der Profite auf das bundesrepublikanische Durchschnittsniveau zugunsten der Montankonzerne.

Der Rationalisierungsplan der RAG sieht vor:
- Stillegung von 10 Schachtanlagen,
- noch in diesem Jahr: Germania (Dortmund) mit 2 700 Beschäftigten und Graf Moltke (Gladbeck),
- bis Ende 1972: Mathias Stinnes (Essen) mit 3 500 und Emscher-Lippe (Kreis Recklinghausen (Datteln,d.Vf.)) mit 2 630 Beschäftigten.
- Katharina (Essen) mit 1 800,
- bis 1975: Emil Fritz (Essen) mit 4 000, Vereinigte Poertingsiepen/Carl Funke (Essen) mit 2 700, Brassert (Kreis Recklinghausen) mit 1 200 Beschäftigten, Alstaden (Oberhausen), Bergwerke Bochum.
- Aufbau von vier Verbundzechen aus neun Schachtanlagen,
- Vollauslastung von sieben und Kapazitätserweiterung von sechs Zechen vornehmlich im östlichen und westlichen Ruhrgebiet.

Ziel des Planes ist es, bei Einfrierung der Förderung auf 80 Mio. t pro Jahr (1970 86 Mio. t) durch umfassende Mechanisierung und Automatisierung und weitere Verschärfung der ständig steigenden Arbeitshetze die Schichtleistung pro Mann von 4 auf 8 Tonnen zu verdoppeln. Dadurch soll den seit 15 Jahren schwelenden Schwierigkeiten bei der Profitrealisierung ein Ende gesetzt werden. Für die Ruhrkumpel bedeutet er die dritte große Welle von Entlassungen, Frühberentung und Umsetzung."
=Rote Fahne Nr.23,Berlin 13.8.1971,S.1ff;
Kumpel-Post Die 'goldenen siebziger' Jahre für den Bergmann??,Dortmund Aug. 1971,S.1;
Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.50,Bochum 3.7.1971,S.5ff


01.07.1971:  Laut IGBE (vgl. 1.7.1971) findet eine Sitzung des Aufsichtsrats (AR) der RAG statt, auf der auch Fragen "des sogenannten Anpassungsprogramms beraten werden" sollen.
Die IGBE berichtet auch:"
RUHRKOHLE AG LEGT SIEBEN ZECHEN STILL
2 MILLIARDEN FÜR INVESTITIONEN NOTWENDIG

Die vom Aufsichtsrat der Ruhrkohle AG beschlossenen Konzentrations- und Anpassungsmaßnahmen sehen vor:

1. Verlagerung von 7,5 bis 9,5 Millionen t. Jahresförderung bis 1975/1976 auf die ertragsstärksten Zechen. Es sind dies die Schachtanlagen Walsum (Dinslaken), Osterfeld, Jacobi/Haniel (beide Oberhausen,d.Vf.), Fürst Leopold (Dorsten,d.Vf.), Lohberg (Dinslaken,d.Vf.), Prosper 3/4 (Bottrop,d.Vf.), Nordstern (Gelsenkirchen,d.Vf.), Radbod (Hamm,d.Vf.), Werne und Heinrich Robert (Hamm,d.Vf.).

2. Zusammenlegung von neun Schachtanlagen zu vier leistungsstarken Verbundwerken, und zwar Rheinpreußen/Pattberg und Rossenray (alle Moers,d.Vf.), Ewald (Herten,d.Vf.) und Recklinghausen, Consolidation (Gelsenkirchen,d.Vf.) und Pluto (Herne,d.Vf.), Haus Aden (Oberaden,d.Vf.) und Grimberg 3/4 (Bönen,d.Vf.).

3. Stillegung von nachhaltig unrentablen und auslaufenden Schachtanlagen, beginnend 1972 mit Emscher-Lippe (Datteln,d.Vf.), Katharina und Mathias Stinnes (Essen,d.Vf.). In den Jahren bis 1975 wird die Förderung auslaufen auf den Zechen Emil Fritz (Essen, d.Vf.), Alstaden (Oberhausen,d.Vf.), Brassert (Marl,d.Vf.), Pörtingsiepen/Carl Funke (Essen,d.Vf.). Nach Verbundanschluß des Baufeldes Mont-Cenis an Friedrich der Große (Herne,d.Vf.) ist die Fördereinstellung der Bergwerke Bochum vorgesehen.

Diese zur Gesundung des Steinkohlebergbaus vorgesehenen Maßnahmen erfordern einen erheblichen Einsatz von finanziellen Mitteln. Allein für die planmäßige Förderverlagerung wird mit Investitionen in Höhe von 500 Millionen DM gerechnet. Die Erweiterung und der Neubau der Kokereien wird die gleiche Summe erfordern. Für weitere Investitionen und den Umweltschutz ist eine weitere Milliarde DM notwendig."
=Einheit Nr.13 und 14,Bochum 1.7.1971 bzw. 15.7.1971,S.1 bzw. S.1ff

Mai 1972:  Die IGBE (vgl. 1.6.1972) berichtet vermutlich aus dem Mai:"
RAG-BETRIEBSRÄTEARBEITSGEMEINSCHAFT
NEU KONSTITUIERT

Die Arbeitsgemeinschaft der Gesamtbetriebsräte der Ruhrkohle AG hat sich nach den Betriebsratswahlen (BRW - vgl. 18.4.1972,d.Vf.) neu konstituiert. Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft ist Karl-Heinz Mross, Betriebsratsvorsitzender der Schachtanlage Bergmannsglück/Westerholt, BAG Herne/Recklinghausen, stellvertretender Vorsitzender ist Herrmann Klos, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender der Zeche Friedrich Heinrich, BAG Niederrhein. Außerdem gehören der Arbeitsgemeinschaft folgende Betriebsratsvorsitzende oder stellvertretende Betriebsratsvorsitzende an:
...
BAG GELSENKIRCHEN
... Heinz Rex, Zeche Zollverein und Walter Czarnietzki, Zeche Emil Fritz (beide Essen,d.Vf.)".
=Einheit Nr.11,Bochum 1.6.1972,S.4

14.04.1973:  Spartacus Bolschewiki/Leninisten (SBL) gibt seinen 'Spartacus' Nr.4 (vgl. 5.3.1973, Mai 1973) heraus und berichtet u.a. von Emil Fritz in Essen.
=Spartacus Nr.4,Mainz 14.4.1973

30.06.1973:  Laut IGBE (vgl. 15.6.1973) wird vermutlich heute die RAG-Kokerei Emil in Essen-Altenessen stillgelegt:"
407 Beschäftige müssen durch diese Anpassungsmaßnahme ihren angestammten Arbeitsplatz aufgeben. Doch für eine weitgehende soziale Absicherung der betroffenen Arbeitnehmer ist gesorgt. Mit Hilfe des Anpassungsgeldes, mit Beihilfen nach den Richtlinien des Montanunionvertrages und über die Knappschaftsausgleichsleistung können 117 Arbeitnehmer in den Ruhestand treten. Verlegt wurden bis heute 68 Arbeitnehmer. Sie haben einen anderen Arbeitsplatz innerhalb der Ruhrkohle AG erhalten. Weitere 182 Beschäftigte haben ein Velegungsangebot in der Tasche. 40 Arbeitnehmer der Kokerei Emil kehren aus dem Bergbau ab."
=Einheit Nr.12,Bochum 15.6.1973,S.5

15.12.1973:  Für den KBW berichtet U.B. vom KVZ-Lesekreis (KVZ LK) Essen:"
ZECHE EMIL FRITZ STILLGELEGT - DKP RIEF ERST ZUR DEMONSTRATION AUF, ALS LETZTE SCHICHT GEFAHREN WURDE

Essen, 15.12.
Liebe Genossen,
anbei einen kurzen Bericht über eine DKP Demonstration heute früh. Anlaß war die Schließung der Zeche Emil Fritz. Wir haben in dem betreffenden Stadtteil (Altenessen) so gut wie noch nicht gearbeitet und erfuhren daher nur kurzfristig von der angesetzten Demonstration. Daher beschränken wir uns auch darauf, vom Verlauf der Demonstration und warum die Kumpel nicht demonstrierten zu berichten.

EMIL FRITZ WIRD DICHTGEMACHT

Die Zeche 'Emil Fritz' im Norden von Essen wurde am 15. Dezember geschlossen. Die Zeche, auf der 1965 noch 6 500 Kollegen arbeiteten, hatte zum Schluß noch 2 350 Mann Belegschaft. Der Großteil der verbliebenen Belegschaft wurde auf Zechen in Gelsenkirchen und Wanne-Eickel (Herne,d.Vf.) umgesetzt. Die zwei bis drei Stunden Fahrzeit, die jetzt täglich zur Arbeit dazukommen, werden den Kumpel nicht bezahlt. Die Schließung erfolgte, obwohl die Zeche immer besonders hochwertige Kohle förderte und obwohl 60 Millionen Tonnen noch nicht abgebaut sind.

Erst als alles zu spät war, nämlich am Tag, an dem die Zeche die letzte Schicht fuhr, rief die DKP zu einer Protestdemonstration auf. Kein Kumpel folgte. Nur etwa 60 DKP-Mitglieder, durchweg keine Bergleute, formierten sich auf dem Zechenvorplatz zum Demonstrationszug. Auf Schildern trugen sie Parolen wie 'Stoppt die falsche Energiepolitik' und 'Verstaatlicht die Ölkonzerne'. Die Kollegen, mit denen wir sprachen, meinten: 'Vor zwei Jahren hätte man demonstrieren müssen, als die Stillegung beschlossen wurde. Jetzt ist es zu spät. Jetzt sind die Anlagen schon seit Monaten verrottet.' Sie wiesen uns darauf hin, daß es der DKP noch nicht einmal gelungen sei, ihr eigenen Leute, die in der Bergmannssiedlung wohnen, zu mobilisieren. Die Bergleute haben zum großen Teil ihr Leben lang auf der Zeche gearbeitet, jetzt werden sie Opfer der kapitalistischen Rationalisierungspolitik. 'Irgendwie muß man es in den Griff kriegen, daß die Unternehmer nicht einfach ihr Geld aus dem Bergbau ziehen und woanders reinstecken können. Aber es ist alles Politik. Auch die Regierung in Düsseldorf und Bonn hat es nicht anders gewollt', sagten die Kollegen. Tatsächlich! Man muß die Regierung, die Staatsmacht, 'in den Griff kriegen', damit die Wirtschaft dem Volke dient und nicht einer kleinen Zahl von Geldsäcken."
=Kommunistische Volkszeitung Nr.1,Mannheim 9.1.1974,S.4

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