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Marl: Bergbau

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 22.2.2008

Aus dem Bergbaubereich in Marl, d.h. von den hier betrachteten Zechen Auguste Victoria und Brassert lag uns allein von der DKP etwas betriebliches Material vor. Überörtliche Berichte kommen vor allem von DKP, IGBE und KPD/ML-ZB.

Zunächst berichtet in dieser wie immer unvollständigen Darstellung die IGBE von der Eingliederung von Brassert in die RAG (vgl. 1.12.1969, 5.12.1969), diese aber fackelt auch in Marl nicht lange, sondern läutet umgehend auch hier das Zechensterben ein, zumindest für Brassert (vgl. 1.9.1970, 30.6.1971, 1.7.1971, 1972, Dez. 1972). Die IGBE aber bleibt in Marl auch 1972 aktiv, denn die Auguste Victoria Schächte fördern ja auch weiter, trotz der Befürchtungen bei Hansa Dortmund (vgl. Dez. 1972). So kann die DKP dort noch Jahre später ihre Betriebszeitung publizieren (vgl. Nov. 1975, Dez. 1975, Mai 1977, Juni 1977, Aug. 1977, März 1977).


Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

01.12.1969:
Die IGBE gibt am 15.12.1969 die Betriebsdirektoren für Personal- und Sozialfragen (PS) der RAG bekannt:
GRUPPE IV Bergbau AG Herne/Recklinghausen: Brassert/Wulfen: Otto Schwanke.
=Einheit Nr.24,Bochum 15.12.1969

05.12.1969:
Die IGBE (vgl. 15.11.1969) berichtet von der Ruhrkohle AG (vgl. 1.12.1969, 8.12.1969), daß heute die Gesamt-Betriebsräte der sieben Betriebsführungsgesellschaften gebildet werden sollen.

Am 15.12.1969 gibt die IGBE die Vorsitzenden der Gesamtbetriebsräte bekannt:
- Bergbau AG Recklinghausen: Stellvertretender Vorsitzender: Gottfried Groß, Zeche Brassert.
=Einheit Nr.22 und 24,Bochum 15.11.1969 bzw. 15.12.1969,S.* bzw. S.*

01.09.1970:
Die Nr.29 des 'KND' (vgl. 29.8.1970, 5.9.1970) der KPD/ML-ZB berichtet u.a., die Ruhrkohle AG (RAG) habe in der letzten Woche ein neues Rationalisierungsprogramm verkündet. Hierzu wird u.a. ausgeführt:"
Sie vermeiden es aber, offen zu sagen, welche Zechen sie schliessen wollen. Dabei weiß jeder, daß z.B. Brassert (Marl) und Alstaden (Oberhausen) auf der Abschußliste stehen."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.29,Bochum 1.9.1970

30.06.1971:
Laut DKP findet heute eine Sitzung des Aufsichtsrats (AR) Ruhrkohle AG (RAG) statt, auf der beschlossen wird bis 1975 weitere 10 Zechen zu schließen.

Die KPD/ML-ZB (vgl. 3.7.1971) berichtet:"
NEUES ZECHENSTERBEN BEI DER RAG

Der seit der Gründung der Ruhrkohle AG angekündigte Stillegungsplan, genannt 'Gesamtstillegungsplan' ist raus:

25 000 BERGARBEITER werden in den nächsten vier Jahren ihren Arbeitsplatz verlieren! Acht Zechen werden stillgelegt, neun Anlagen werden zu Verbundwerken zusammengeschlossen, sieben Anlagen sollen 'voll ausgelastet' werden.

Die Stillegungen sollen Anfang nächsten Jahres beginnen: Anfang 1972 werden die Zechen Katharina in Essen und Emscher-Lippe in Datteln geschlossen; Ende 1972 Mathias Stinnes in Essen; zwischen 1973 und 1975 schließen dann Emil Fritz (Essen), Alstaden (Oberhausen), Brassert (Marl), Vereinigte Pörtingsiepen/Carl Funke (Essen) und Hannover-Hannibal/Constantin (Bochum).

Die Arbeiter der stillgelegten Zechen sollen auf andere Anlagen verlegt werden. Für die Kumpel bedeutet das Verlängerung der Arbeitszeit durch lange Anfahrtszeiten zum Arbeitsplatz."

Die KPD (vgl. 13.8.1971) berichtet:"
RUHRKOHLE AG
VERSTAATLICHUNG DER VERLUSTE - REPRIVATISIERUNG DER PROFITE - RATIONALISIERUNG DURCH MASSENENTLASSUNGEN:
...
Der Rationalisierungsplan der RAG sieht vor:
- Stillegung von 10 Schachtanlagen,
...
- bis 1975: ... Brassert (Kreis Recklinghausen) mit 1 200 Beschäftigten".
=Rote Fahne Nr.23,Berlin 13.8.1971,S.1ff;
Kumpel-Post Die 'goldenen siebziger' Jahre für den Bergmann??,Dortmund Aug. 1971,S.1;
Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.50,Bochum 3.7.1971,S.5ff


01.07.1971:
Laut IGBE (vgl. 1.7.1971) findet eine Sitzung des Aufsichtsrats (AR) der RAG statt, auf der auch Fragen "des sogenannten Anpassungsprogramms beraten werden" sollen.

Die IGBE berichtet auch:"
RUHRKOHLE AG LEGT SIEBEN ZECHEN STILL
2 MILLIARDEN FÜR INVESTITIONEN NOTWENDIG

Die vom Aufsichtsrat der Ruhrkohle AG beschlossenen Konzentrations- und Anpassungsmaßnahmen sehen vor:
...
3. Stillegung von nachhaltig unrentablen und auslaufenden Schachtanlagen, beginnend 1972 mit Emscher-Lippe (Datteln,d.Vf.), Katharina und Mathias Stinnes (Essen,d.Vf.). In den Jahren bis 1975 wird die Förderung auslaufen auf den Zechen Emil Fritz (Essen, d.Vf.), Alstaden (Oberhausen,d.Vf.), Brassert (Marl,d.Vf.), Pörtingsiepen/Carl Funke (Essen,d.Vf.). Nach Verbundanschluß des Baufeldes Mont-Cenis an Friedrich der Große (Herne,d.Vf.) ist die Fördereinstellung der Bergwerke Bochum vorgesehen.

Diese zur Gesundung des Steinkohlebergbaus vorgesehenen Maßnahmen erfordern einen erheblichen Einsatz von finanziellen Mitteln. Allein für die planmäßige Förderverlagerung wird mit Investitionen in Höhe von 500 Millionen DM gerechnet. Die Erweiterung und der Neubau der Kokereien wird die gleiche Summe erfordern. Für weitere Investitionen und den Umweltschutz ist eine weitere Milliarde DM notwendig.

In einer Erklärung der RAG heißt es zu diesem Programm u.a.:

'Durch Sozialpläne wird sichergestellt, daß die berechtigten Interessen der Belegschaft gewahrt werden.'"

Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich von den IGBE-Reaktionen auf die heutige Sitzung:"
In den nächsten vier Jahren werden 25 000 Bergarbeiter ihren Arbeitsplatz durch das neue Zechensterben der RAG verlieren (... (vgl. 28.6.1971,d.Vf.)); deshalb versuchen die Gewerkschaftsführer diese Krisenangriffe im Bergbau dadurch zu 'entschärfen', daß sie die Umschulung als große Möglichkeit anpreisen. (WAZ 2.7.)"
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.52,Bochum 10.7.1971,S.6;
Einheit Nr.13 und 14,Bochum 1.7.1971 bzw. 15.7.1971,S.1 bzw. S.1ff


1972:
In Marl wird dieses Jahr, laut IGBE (vgl. 15.1.1973), die Zeche Brassert stillgelegt.
=Einheit Nr.2,Bochum 15.1.1973,S.4

24.09.1972:
Laut IGBE (vgl. 15.12.1971, 15.5.1972) soll heute in Hannover ihr 10. Gewerkschaftskongreß (vgl. 30.9.1971) beginnen (vgl. 3.1.1972), der am 28.9.1972 abgeschlossen sein soll und auch in Marl aktiv vorbereitet wurde.
=Einheit Nr.24, 10, 15 und 19,Bochum 15.12.1971, 15.5.1972, 1.8.1972 bzw. 1.10.1972,S.1, S.3, S.4 und 6ff bzw. S.1ff

Dezember 1972:
Ein Extrablatt der 'Schlag zu' - Betriebszeitung der KPD/ML-ZK für die Zeche Hansa Dortmund (vgl. 2.5.1973) erscheint. Ein Artikel lautet:"
KAMPF DEN ZECHENKILLERN

Die Zulieferer und Reparaturwerkstatt von Victor Ickern in Castrop-Rauxel wird dichtgemacht. 140 Arbeiter und Angestellte liegen auf der Straße. Und bald kommen die nächsten dran: 1973 sollen Scharnhorst (in Dortmund,d.Vf.) und Viktoria 1/2 (in Marl,d.Vf.) stillgelegt werden. 'Wir lassen den Bergbau nicht im Stich', hat Wirtschaftsminister Schmidt (SPD,d.Vf.) gesagt. Aber lang lang ist's her - nämlich kurz vor den Wahlen (BTW - vgl. 19.11.1972,d.Vf.) wars. Und Adolf Schmidt hatte groß erzählt: 'Wir haben sein Wort'. Jetzt ist auch er plötzlich still geworden. Genau wie die Verräter in den Betriebsräten."
=Schlag zu Extrablatt Schluß mit den unbezahlten Überstunden!,Dortmund 1972

Dezember 1972:
Laut IGBE (vgl. 1.1.1973) bestimmen vermutlich im Dezember "rote Zahlen das Geschäftsbild der Ruhrkohle AG. Für das Jahr 1972 werden Verluste zwischen 600 und 700 Millionen DM erwartet."
Am 15.1.1973 berichtet die IGBE:"
GROSSES LOCH IN RAG-KASSE
HALDEN BINDEN 1 MILLIARDE
1972 EIN MIESES JAHR
18 500 BERGLEUTE WENIGER
...
Im Laufe des Jahres wurden die fünf Schachtanlagen Emscher-Lippe (Datteln - vgl. Feb. 1972,d.Vf.), Katharina (Essen - vgl. 1972,d.Vf.), Brassert (Marl - vgl. Apr. 1972,d.Vf.)), Mathias Stinnes (Essen - vgl. Apr. 1972,d.Vf.) und Alstaden (Oberhausen - vgl. 1972,d.Vf.) stillgelegt. Brassert und Alstaden wurden sogar vorzeitig und entgegen den ursprünglichen Absichten des Anpassungsprogramms schon 1972 dichtgemacht. Auch wegen der miesen Absatzlage. Insgesamt waren es 4,3 Millionen Jahrestonnen Förderkapazität, die mit den Stillegungen vernichtet wurden.

Die Belegschaftszahl verminderte sich gleichzeitig um 18 500. Dennoch fehlten einerseits jüngere Arbeitskräfte im Bergbau, während andererseits ein Überhang an älteren Mitarbeitern besteht. Ein Teufelskreis."
=Einheit Nr.1 und 2,Bochum 1.1.1973 bzw. 15.1.1973,S.1 bzw. S.4

November 1975:
Die DKP Marl gibt vermutlich im November ihre Betriebszeitung 'Querschlag' für die Auguste Victoria Schächte (vgl. Dez. 1975) heraus.
=Querschlag,Marl o.J. (1975)

Dezember 1975:
Die DKP Marl gibt vermutlich im Dezember ihre Betriebszeitung 'Querschlag' für die Auguste Victoria Schächte (vgl. Nov. 1975, Mai 1977) heraus.
=Querschlag,Marl o.J. (1975)

Mai 1977:
Die DKP Marl gibt ein Extrablatt ihrer Betriebszeitung 'Querschlag' für die Auguste Victoria Schächte (vgl. Dez. 1975, Juni 1977) heraus.
=Querschlag Extrablatt,Marl Mai 1977

Juni 1977:
Die DKP Marl gibt vermutlich im Juni ihre Betriebszeitung 'Querschlag' für die Auguste Victoria Schächte (vgl. Mai 1977, Aug. 1977) für Juni/Juli heraus.
=Querschlag,Marl Juni/Juli 1977

August 1977:
Die DKP Marl gibt ihre Betriebszeitung 'Querschlag' für die Auguste Victoria Schächte (vgl. Juni 1977, März 1978) heraus.
=Querschlag,Marl Aug. 1977

März 1978:
Die DKP Marl gibt vermutlich im März ihre Betriebszeitung 'Querschlag' für die Auguste Victoria Schächte (vgl. Aug. 1977) für März/April heraus.
=Querschlag,Marl März/Apr. 1978

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