Bremen: Wirtschaftsgymnasium (WG)

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 15.4.2013

Vom Bremer Wirtschaftsgymnasium (WG) lagen uns bisher nur wenige Dokumente vor. Wir bitten um Ergänzungen.

Einleitend für diese wie immer unvollständige Darstellung berichtet die Aktionsgruppe Demokratischer Lehrer (ADL) von der verbotenen Vollversammlung (vgl. Feb. 1973) und auch der am Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW) orientierte Kommunistischen Oberschülerbundes (KOB) Bremen ist offenbar am WG aktiv (vgl. 27.2.1973).

Am zweiten großen Bremer Schülerstreik Anfang 1973 für das Recht auf Streik und Vollversammlungen beteiligen sich auch Schüler vom Wirtschaftsgymnasium (vgl. 19.3.1973, 23.3.1973), die sich in einem Aktionskomitee organisieren (vgl. 2.4.1973). Die beiden Fragen der vom SSB, dem vermutlich am WG ebenfalls aktiven Schülerbund der DKP, organisierten Urabstimmung werden am WG bejaht (vgl. 25.6.1973).

Das Schulkollektiv des KOB engagiert sich in der Schülervertretung (vgl. 17.10.1973, 11.11.1974) und fühlt sich offenbar mitverantwortlich für deren Geschicke (vgl. 11.2.1974), publiziert auch nach der Einstellung des stadtweiten 'Schulkampf' des KOB eine 'Kommunistische Schüler Zeitung' (KSZ), von der uns zwei Ausgaben vorlagen (vgl. 18.3.1974, 27.5.1974).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

Februar 1973:
Die Aktionsgruppe Demokratischer Lehrer (ADL) Bremen gibt ihr 'ADL-Info' Nr. 3 (vgl. Jan. 1973, Apr. 1973) heraus. Berichtet wird von Vollversammlungen auch am Wirtschaftsgymnasium: "Die Vollversammlung wurde verboten, aber trotzdem von den Schülern 'illegal' durchgeführt."
Quelle: ADL-Info Nr. 3, Bremen Feb. 1973, S. 16

27.02.1973:
In Bremen wählt die Gesamtschülervertretung (GSV) ihren Senat, zu dem auch eine Rote Liste kandidiert, die dem KOB nahesteht und ihr Programm unter Verantwortung eines Schülers des Wirtschaftsgymnasiums veröffentlicht.
Q: Rote Liste: Programm zu den GSV-Wahlen Februar 1973, Bremen o. J. (1973)

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19.03.1973:
In Bremen demonstrieren, laut einer breiten Aktionseinheit, 700 Schüler für das Recht auf Vollversammlungen und Schulstreiks sowie gegen die Schulrausschmisse der Schüler Friedrich und Jeroma (vgl. 16.3.1973, 23.3.1973). Auch laut KPD/ML-ZK demonstrieren 700. Der KOB Bremen rief morgens auf mit einem Flugblatt "Machen wir Thape jetzt Dampf!".

Die Schülergruppe im besetzten Bremer Haus Auf den Häfen (vgl. Apr. 1973) berichtet (vgl. 23.3.1973) ebenfalls, dass 700 demonstrieren. Der KOB Bremen (vgl. 30.3.1973) tut kund, dass die Demonstration spontan erfolgte.
Am Wirtschaftsgymnasium beteiligen sich, laut KOB, nur etwa 20 an der Demonstration.
Q: Roter Morgen Nr. 13, Hamburg 7.4.1973; Schulkampf Nr. 4 und 5, Bremen 30.3.1973 bzw. 17.5.1973, S. 1ff bzw. S.6f;Kommunistische Schülerzeitung - Huckelriede Nr. 1, Bremen 28.5.1973;Gegen politische Disziplinierung in den Schulen / Gegen das VV-Verbot, Bremen o.J. (1973);Kämpfende Jugend Nr. 3, Bremen März 1973;Wir wollen alles Nr. 3, Gaiganz Apr. 1973;ADL-Info Nr. 4, Bremen Apr. 1973, S. 12;KOB Bremen: Machen wir Thape jetzt Dampf!, Bremen o. J. (1973)

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23.03.1973:
In Bremen demonstrieren heute, laut KAJB und ADL (vgl. Apr. 1973), 2 700 streikende Schüler, Berufsschüler und Studenten vom Marktplatz zum Bildungssenator und zurück (vgl. 19.3.1973, 26.3.1973). Laut KOB, der morgens ein Flugblatt verteilt, geht es gegen die Schulverweise der beiden KOB-Mitglieder sowie von 6 Schülern der Gesamtschule für Sozialarbeit und Sozialökonomie (GfSS – 21.3.1973). Auch die KPD/ML-ZK meldet 2 700 Demonstranten.

Die Schülergruppe im besetzten Bremer Haus Auf den Häfen (vgl. Apr. 1973) berichtet (vgl. 19.3.1973), dass 2 700 der 20 000 Bremer Oberschüler streiken, u.a. an der GfSS. Den Lehrern der Aktionsgruppe Demokratischer Lehrer (ADL), sei die Verteilung eines Flugblatts durch die Schulbürokratie verboten worden. Flugblätter hätten der KOB sowie der SSB vor dem Streik verteilt. Als die Schülergruppe das Büro von Thape besetzen wollte hätten KOB und SSB gemeinsam mit der Polizei Ketten gebildet um dies zu verhindern.
Laut KOB (vgl. 30.3.1973) kommen zu der Schülerdemonstration während der Schulzeit 2 7000 bzw. an anderer Stelle gar 3 000. Vom Wirtschaftsgymnasium demonstrieren 120 zunächst zum Gymnasium an der Kleinen Helle.

Solidaritätsaktionen werden u.a. durchgeführt in Oldenburg (vgl. 24.3.1973).

In Göttingen berichtet die Kommunistische Schülerfront (KSF – vgl. 13.11.1973) von 3 000 Streikenden. Die IG/KOG Frankfurt (vgl. 17.5.1973) meldet rund 2 700, die SSG Hamburg (vgl. 4.4.1973) meldet nur 2 000. Die Schüler des KB melden 2 000 sowie 700 am Vormittag.

Vermutlich auf dieser Demonstration wird vom Aktionsrat der Aktionseinheit auch ein Flugblatt mit dem "Solidaritätslied" verbreitet.
Q: Schulkampf Nr. 4, Frankfurt Mai 1973, S. 2; Schulkampf Nr. 6, Göttingen 13.11.1973, S. 2;Rote Presse Nr. 5, Hamburg 4.4.1973, S. 5 und 11;Roter Morgen Nr. 13, Hamburg 7.4.1973;Schulkampf Nr. 4, Bremen 30.3.1973, S. 1ff;Schulkampf Nr. 4, Oldenburg Juni 1973;Kommunistische Schülerzeitung - Huckelriede Nr. 1, Bremen 28.5.1973, S. 1;Kämpfende Jugend Nr. 3, 4 und 6/7, Bremen März 1973, Apr. 1973 bzw. Juni/Juli 1973, S. 1, S. 5f bzw. S. 7;Sozialistisches Schülerforum Nr. 15, Hamburg 16.4.1973, S. 7;Unter dem Roten Banner Nr. 8/9, Bremen 20.4.1973;Wir wollen alles Nr. 3, Gaiganz Apr. 1973;ADL-Info Nr. 4, Bremen Apr. 1973,S.13;Aktionsrat der Aktionseinheit: Solidaritätslied, O. O. (Bremen) o. J. (1973);KOB: Ultimatum abgelehnt. Jetzt Streik!, Bremen o. J. (1973)

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02.04.1973:
Für die heutige Demonstration in Bremen am Bahnhofsvorplatz unter dem Motto "Gegen politische Disziplinierung in den Schulen / Gegen das VV-Verbot" (vgl. 30.3.1973) wurde u.a. mit einem gleichnamigen Flugblatt einer Aktionseinheit mobilisiert, der auch angehört das Aktionskomitee Wirtschaftsgymnasium. Laut KSB Bremen kommen 1 300 zusammen (vgl. 23.3.1973).
Q: Gegen politische Disziplinierung in den Schulen / Gegen das VV-Verbot, Bremen o. J. (1973); Schulkampf Nr. 4, Bremen 30.3.1973, S. 22;Unter dem Roten Banner Nr. 8/9, Bremen 20.4.1973

25.06.1973:
Der KOB Bremen des KBW gibt den Schulkampf Nr. 6 (vgl. 17.5.1973, 19.9.1973) heraus. In "Selbstkritik des KOB zum Verhalten zur Urabstimmung" (vgl. 17.5.1973) heißt es, daß diese vom SSB vorgeschlagen, vom KOB aber abgelehnt worden sei. Folgende Ergebnisse werden mitgeteilt.
Schule für Streikrecht für VV-Recht
Gymnasium Barkhof nein ja
Altes Gymnasium ja ja
Hermann Böse Gymnasium ja ja
Gymnasium Waller Ring ja nein
Gymnasium Kurt Schumacher Allee ja nein
Gymnasium Huckelriede ja ja
Gymnasium an der Kleinen Helle ja ja
Gymnasium Hamburger Straße ja nein
Wirtschaftsgymnasium ja ja
Der KOB habe sich sehr unterschiedlich verhalten, sei entweder für Enthaltung oder ungültig stimmen eingetreten, wenn aber die Mehrheit sich an der Urabstimmung beteiligte, habe er doch mitgemacht. Der KOB ist auch für die Einbeziehung der Haupt- und Realschulen. Insgesamt ergab sich eine solide Mehrheit von 74,4% für VV-Recht aber nur eine knappe Mehrheit von 51,3% für das Streikrecht.
Q: Schulkampf Nr. 6, Bremen 25.6.1973, S. 8

17.10.1973:
Der KOB Bremen gibt seinen 'Schulkampf' Nr. 8 (vgl. 19.9.1973, 7.11.1973) heraus. Das SK Wirtschaftsgymnasium berichtet von der SV-Wahl.
Q: Schulkampf Nr. 8, Bremen 17.10.1973, S. 13f

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11.02.1974:
Das Schulkollektiv des KOB Bremen am Wirtschaftsgymnasium (WG) gibt vermutlich frühestens in dieser Woche das Flugblatt "Selbstkritik des SK des KOB am WG" heraus zur Vollversammlung vom 6.2.1974, auf der die Selbstentschuldigung sowie das SVG, wozu der KOB ein Referat hielt, diskutiert wurden. Den Mißerfolg der VV habe der KOB stark mitverschuldet.
Q: KOB-SK WG: Selbstkritik des SK des KOB am WG, O. O. (Bremen) o. J. (1974)

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18.03.1974:
Das Schulkollektiv des KOB Bremen am Wirtschaftsgymnasium (WG) gibt vermutlich frühestens in dieser Woche erstmals seine 'Kommunistische Schüler Zeitung' (KSZ - vgl. 27.5.1974), von der bei unserem Exemplar leider die Seite 7 nicht bedruckt ist, heraus zum Preis von 10 Pfennig mit dem Leitartikel "Der Leistungsdruck im Mathematikunterricht verschärft sich".

Weitere Artikel sind:
- "Warum wir diese Zeitung machen", in der die KSZ als Ergänzung zur 'KVZ' des KBW dargestellt wird;
- "§ 218 - Ein Mittel zur Unterdrückung der Frau"; sowie
- "Staatsaufsicht an Bremer Schulen".
Q: Kommunistische Schüler Zeitung - Wirtschaftsgymnasium Der Leistungsdruck im Mathematikunterricht verschärft sich, O. O. (Bremen) o. J. (1974)

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27.05.1974:
Das Schulkollektiv des KOB Bremen am Wirtschaftsgymnasium (WG) gibt seine 'Kommunistische Schüler Zeitung' (KSZ - vgl. 18.3.1974) Nr. 2 heraus zum Preis von 10 Pfennig mit dem Leitartikel "Wie Direktor Schukai die Verfassung schützen will, indem er die Meinungsfreiheit unterdrückt" zum Verbot der Ausstellung des KOB zum Grundgesetz.

Weitere Artikel sind:
- "Der Stand des Mathematikkampfes";
- "SV-Wahlen";
- "Der Aufschwung des Befreiungskampfes des palästinensischen Volkes!".
Q: Kommunistische Schüler Zeitung - Wirtschaftsgymnasium Nr. 2, O. O. (Bremen) 27.5.1974

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11.11.1974:
In Bremen wurde zur heutigen Sitzung der Gesamtschülervertretung (GSV) vermutlich in der Woche zuvor ein "Antrag an die GSV" als Flugblatt veröffentlicht, der die Behandlung der Entlassung der Lehrer Siegfried Faulstich und Karin Maier (Gymnasium Huckelriede) fordert und unterzeichnet ist von 4 GSV-Delegierten aus Walle bzw. vom Waller Ring, zwei von der Kornstraße, zwei vom Barkhof, zwei von Huckelriede, zwei vom WG und zwei provisorischen Delegierten von der GfSS. Aufgerufen wird zur Unterstützung dieses Antrags durch Resolutionen in Klassen und auf Vollversammlungen bzw. SV-Sitzungen.
Q: Antrag an die GSV, O. O. (Bremen) O. J. (1974)

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