Göttinger Betriebszeitung, Jg. 5, Nr. 46, 20.9.1973

20.09.1973:
Es erscheint die Göttinger Betriebszeitung (GBZ) Nr. 46 (vgl. 17.9.1973, 11.10.1973) mit dem Leitartikel "Bürgerkrieg in Chile".

Weitere Artikel sind:
- "Sartorius. Klage der Geschäftsleitung abgewiesen";
- "Streikerfolg bei Feinprüf" (vgl. 19.9.1973);
- "Hoesch Dortmund – Forderungen zur Tarifrunde verabschiedet", wo auf einer Betriebsversammlung 20 % mehr gefordert wurden;
- "Metaller kämpfen für bessere Arbeitsbedingungen" zum Manteltarifvertrag (MTV) in Nordbaden/Nordwürttemberg (NB/NW); sowie
- "'Hastet hier jemand? rennt hier jemand?'" zum Streik bzw. den Bandgeschwindigkeiten bei Ford Köln.

Im Artikel "Entlassungswelle fortschrittlicher Kollegen" heißt es auch:"
Während und nach den spontanen Streiks der letzten Monate wurden viele aktive Kollegen fristlos entlassen. So waren es bei Ford Köln laut Zeitungsberichten, die fast alle unterschiedliche Zahlen nannten, etwa 100 Kollegen, darunter auch Vertrauensleute. Auf die Entlassungsliste konnte man schon kommen, wenn man ein Mitglied der Streikleitung gut kannte!

Bei Opel Bochum wurden fortschrittliche Kollegen zur Geschäftsleitung und zum Ermittlungsdienst zitiert und verhört. Der Ermittlungsdienst, zum Teil mit alten Faschisten besetzt, versucht neben der Bedrohung solcher Kollegen selbst ihre Frauen einzuschüchtern: 'Wenn Dein Mann so weiter macht, landet er im Knast.'

Während des Streiks auf der Klöckner Hütte Bremen wurden den Frauen Briefe zugeschickt, daß sie ihre Männer zur Arbeit schicken sollten, wenn sie nicht entlassen werden sollten.

Als Entlassungsgründe werden die verschiedensten Vorwände vorgeschoben, wie bei den 30 Kolleginnen von Pierburg Neuss, die maßgeblich an der Organisierung des Streiks beteiligt waren. Hier wurde unter dem Vorwand, die Kolleginnen hätten Kontakt zu 'betriebsfremden Gruppen' aufgenommen, mit ihren Entlassungen ein Exempel statuiert.

Bei AEG Küppersbusch Gelsenkirchen wurde einem jungen Kollegen gekündigt, weil er die auszubildenden zur Solidarität mit ihren streikenden älteren Kollegen aufgefordert hat. Außerdem habe er sich bei den Demonstrationen 'besonders wild' verhalten. 'Da er erst seit drei Wochen im Betrieb ist, ist eine Zustimmung des Betriebsrates zur Kündigung nicht notwendig.', erklärte ein Mitglied der Geschäftsleitung.

Noch schlimmer trifft es ausländische Kollegen, die ja gerade in der letzten Streikwelle vielfach mit den deutschen Kollegen solidarisch eine Kampffront bildeten. Außer der Entlassung aus dem Betrieb droht ihnen aufgrund der reaktionären Ausländergesetze bei Teilnahme an 'wilden Streiks' oder unliebsamen politischen Aktionen die Ausweisung. Jene 13 türkischen Kollegen von Ford, die als Vorleute der Streikbewegung aufgefallen waren, müssen mit ihrer Ausweisung rechnen.

Deshalb haben viele Belegschaften in den Streiks auch die Forderung aufgestellt: KEINE REPRESSALIEN GEGEN DIE STREIKENDEN UND DIE STREIKLEITUNG!

Auch die Entschließung der IG Metall Vertreterversammlung gegen die Ausschlüsse von Jugendvertretern darf nur der erste Schritt für weitere Maßnahmen sein. , da jetzt auch konkrete Vorfälle in Göttingen vorliegen. Bei ISCO soll der Jugendvertreter wegen einer zu spät abgegebenen Krankmeldung rausgeschmissen werden. Ein Vorwand findet sich immer !

Das gleiche bei Betriebsräten, wo aktive Kollegen meist wegen 'Störung des Betriebsfriedens' gefeuert werden. In Göttingen will bekanntlich die Firma Sartorius mal wieder ein Betriebsratsmitglied feuern, das bereits seinen ersten Arbeitsgerichtsprozeß gegen die Firma gewann. In Bremen wurde ein Verfahren gegen den Betriebsratsvorsitzenden der Klöckner Hütte Röpke wegen seiner Aktivität wegen des letzten spontanen Streiks eingeleitet."

Berichtet wird auch aus Hannoversch Münden:"
Solidaritätsspenden für Toeller

Die Kollegen von Toeller haben Anfang letzter Woche in einem Streik eine Lohnerhöhung von 20 Pfg. durchgesetzt. Allerdings fehlte ihnen noch die Kampfkraft, um auch die Bezahlung der Streikzeit von 1 1/2 Stunden durchzusetzen. Um den Toeller-Kollegen ihre Solidarität zu beweisen, wurde in den Hann. Mündener Betrieben gesammelt, um ihnen so weit wie möglich die ausgefallene Streikzeit zu ersetzen und die Kampfkraft der Kollegen weiter zu erhöhen. Das hat sich bisher auch in einer Erhöhung der gewerkschaftlich Organisierten von 20 auf 90% in etwa einem Jahr ausgedrückt."
Q: Göttinger Betriebszeitung Nr. 46, Göttingen 20.9.1973

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