Göttinger Betriebszeitung, Jg. 5, Nr. 47, 17.10.1973

17.10.1973:
Es erscheint die Göttinger Betriebszeitung (GBZ) Nr. 47 (vgl. 11.10.1973, 7.11.1973) mit dem Leitartikel zur MTR "Metalltarifrunde. Die Forderungen an den Interessen der Arbeiter ausrichten".

Berichtet wird über die TZL über die:"
Situation im Göttinger Raum

Im Göttinger Raum wurden in einigen Betrieben Teuerungszulagen erstreikt. In vielen anderen Betrieben haben die Unternehmer 'freiwillig' Teuerungszulagen gezahlt. Hier eine vorläufige und unvollständige Übersicht:
Isco
Am 18. Juni erreichten die Kollegen durch einen dreistündigen Streik, daß ihnen sowohl 30 Pfennig mehr als auch die Streikzeit bezahlt wurde.

Sollinger Hütte
Am 28. August führten die Kollegen der Sollinger Hütte in Uslar einen 15-minütigen Warnstreik durch. Sie forderten: 280 DM Teuerungszulage für alle und 80 DM für Auszubildende sowie Bezahlung er Streikzeit.

Toeller
Mit einem Warnstreik am 7.9. bekräftigten die Kollegen von Toeller in Hann.-Münden ihre Forderung nach einer Teuerungszulage von 300 DM,. Der Streik wurde am 11. und 12.9. fortgesetzt. Ergebnis: 20 Pf. / Std. für alle, rückwirkend ab 1.9.. Die Streikzeit wurde nicht bezahlt. Eine Solidaritätssammlung in anderen Mündener Betrieben erbrachte 350 DM zur Unterstützung des Streiks.

Feinprüf
Am 14.9. begannen dann die Feinprüf-Kollegen ihren Kampf für eine Teuerungszulage von 400 DM. Nachdem kurze Warnstreiks ohne Erfolg blieben, traten die Kollegen am 17.9. in den Vollstreik. Am 19.9. lag das Ergebnis auf dem Tisch: 30 Pfennig mehr für alle bis zum Jahresende - das macht etwa 200 DM. Eine einmalige Zulage von 60 DM für alle, was die Kollegen als Bezahlung der Streikzeit auffassen. Die Feinprüf-Kollegen wurden durch Solidaritätsadressen und Geldsammlungen aus anderen Göttinger Betrieben (Zeiss, Sartorius) unterstützt. …

Zeiss
Mitte des Jahres forderte der Betriebsrat des Hauptwerkes in Oberkochen eine Teuerungszulage. Die Geschäftsleitung erklärte sich bereit, für die Betriebe der Carl-Zeiss-Stiftung (etwa 17 000 Beschäftigte) einen Betrag von insgesamt 210 000 DM zur Verfügung zu stellen. Davon entfielen auf Göttingen rund 51 000 DM. Der Verteilerschlüssel, der in Oberkochen aufgestellt wurde, führte einerseits zu großer Unruhe in der Belegschaft, da 2/3 leer ausgingen. Andererseits war es der Geschäftsleitung damit aber gelungen, die Belegschaft zu spalten und von einem gemeinsamen Vorgehen abzuhalten.
Hinzu kommt, daß bei Zeiss viele Überstunden gemacht werden. Dennoch kam es Anfang September zu einem 2-stündigen Streik in der Optik-Poliererei und am 8.10. zu einem zweistündigen Streik in der Dreherei. Dabei ging es um betriebliche Arbeits- und Lohnverbesserungen. …

Haendler & Natermann
Im Anschluß an den Toeller-Streik erklärten sich auch die Kapitalisten von Haendler & Natermann in Hann. Münden zu Verhandlungen bereit. Der Betriebsrat forderte 30 Pf./Std. für alle. Das Ergebnis ist eine einmalige stufenweise Zahlung : Verheiratete, die länger als 6 Monate im Werk sind, erhalten 175 DM; Verheiratete, die unter 6 Monate im Werk sind, erhalten 120 DM, Ledige erhalten 90 DM und Auszubildende 50 DM.

Northeimer Maschinenfabrik
Hier zahlen die Kapitalisten seit dem 1. September 'freiwillig' 30 Pfennig mehr pro Stunde.

Ruhstrat / Lenglern
Im Anschluß an den Feinprüf-Streik zahlt Ruhstrat 'freiwillig' eine einmalige Teuerungszulage von 150 DM.

Bosch
Bei Bosch wurde im August bekannt, daß ein Sonderbonus von mindestens 100 DM, gestaffelt nach dem Bruttojahresverdienst gezahlt wird. Ähnlich wie bei Zeiss geht es dem Unternehmer auch hier darum, durch dieses 'freiwillige Zugeständnis' das Entstehen einer einheitlichen Kampffront im Betrieb zu verhindern.

Phywe
Viele Kollegen forderten eine Teuerungszulage von 400 DM. Der Vertrauenskörper forderte den Betriebsrat auf, darüber zu verhandeln. Doch der Betriebsrat lehnte es ab, Verhandlungen aufzunehmen. Die Geschäftsleitung lehnt es ab, eine Teuerungszulage zu zahlen. Stattdessen schließt sie eine Betriebsvereinbarung über das Weihnachtsgeld mit dem Betriebsrat ab. Darin steht: 'Bei Störung des Arbeitsfriedens behält sich die Geschäftsleitung es sich vor, diese Sonderzulage zu zahlen.' Mit dieser Erpressung gelingt es Geschäftsleitung und Betriebsrat fürs erste, die Kollegen einzuschüchtern und vom solidarischen Handeln abzuhalten.

Demag
Auch bei der DEMAG zahlten die Kapitalisten eine 'freiwillige' einmalige Teuerungszulage von 200 DM.

Spindler & Hoyer
Hier haben die Kollegen durchgesetzt, daß sie schon für die ersten beiden Überstunden 40% Zuschlag bekommen und nicht 25%, wie es im Manteltarifvertrag steht.

Weber
Die Kollegen bei Weber forderten eine einmalige Teuerungszulage von 150 DM sowie 30 Pfennig mehr pro Stunde. Das Verhandlungsergebnis: 30 Pfennig mehr pro Stunde.

Rube
Am 14.9. streikten die Kolleginnen und Schlosser der Becherabteilung für eine Teuerungszulage von 300 DM. In fast allen Betrieben des Margarine-Verbandes des Unilever-Konzerns - wozu auch Rube gehört - wurde schon im Juli eine Teuerungszulage von 266 DM gezahlt. Das Ergebnis des Streiks: Bezahlung der Streikzeit. Da die Tarifrunde vor der Tür stand, versprach die Geschäftsleitung, daß nach der Tarifrunde erneut über eine Teuerungszulage verhandelt wird. Damit gaben sich die Kolleginnen und Kollegen vorerst zufrieden. …

Dise Übersicht ist unvollständig, da wir nicht aus allen Betrieben Informationen haben. Wir wissen aber, daß in weiteren Betrieben (DR.KERN, STARK-PACKO usw.) verhandelt wurde oder noch verhandelt wird."

Weitere Artikel sind:
- "Sartorius. Kampagne gegen ein Betriebsratsmitglied";
- "Carl Zeiss. Die Kämpfe werden schärfer";
- "Solidarität mit dem Kampf des chilenischen Volkes";
- "Feinprüf. einige Erfahrungen im Streik", wobei ein Kasten "Einmischung von außen?" sich mit den KBW-Flugblättern befaßt;
- "Conti: Betriebsversammlung";
- "Papiertarifrunde: Zurückweichen vor den Unternehmern", wogegen sich die Vertrauensleute aus Göttingen, Hahnemühle und Hannoversch Münden einsetzten; sowie
- "Nordwürttemberg/Nordbaden. Streik für bessere Arbeitsbedingungen" zum Manteltarifvertrag (MTV) in NB/NW.
Q: Göttinger Betriebszeitung Nr. 47, Göttingen 17.10.1973

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