Niedersachsen:
Bauindustrie und Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden (BSE)

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 4.5.2010

Nach unserer natürlich unvollständigen Quellenauswertung waren in Niedersachsen - einige Hinweise auf die Bauindustrie Nordwestniedersachsens werden im Beitrag zu Bremen behandelt - in der Bauindustrie linke Gruppen während der siebziger Jahre nur vereinzelt vertreten (vgl. März 1970) oder beschränkten sich weitgehend auf Enthüllungen über die Zustände auf dem Bau und die vor allem auch für Lehrlinge, oft ungesetzlichen Arbeitsbedingungen (vgl. Jan. 1971, 26.4.1971, Mai 1971, 21.6.1972, 22.11.1973).

Zwar gibt es auch Hinweise auf die IG Bau Steine Erden (vgl. 11.12.1969, 5.7.1971, Okt. 1973) und auch auf oppositionelle Bauarbeiter (vgl. 4.12.1972) sowie auf Agitation im Baubereich (vgl. 7.11.1973, 22.11.1973). Organisierte Proteste aber können hier derzeit nur erschlossen werden aus Hameln bzw. vom AKW Grohnde, wo sie sich gegen die Ziele der Linken richteten (vgl. 19.10.1977).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

11.12.1969:
Die DKP bringt die Nr.37 ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 4.12.1969, 18.12.1969). Aus Niedersachsen wird u.a. berichtet von der IG BSE Delmenhorst.
Quelle: Unsere Zeit Nr.37,Essen 11.12.1969

März 1970:
Innerhalb der Internationalen Kommunisten Deutschlands (IKD) erscheint das zweiteilige 'Interne Bulletin' (IB) Nr.1 (vgl. Nov. 1969, März 1970), welches im Teil B Gruppenberichte enthält. Aus Oldenburg wird u.a. kundgetan, der Arbeitskreis (AK) Spartacus habe 8 Mitglieder (2 Schule, 2 Handelsschule, 1 BAS, 1 Zahnhelfer, 1 Bauzeichner, 1 Baupraktikant).
Q: IKD:Internes Bulletin Nr.1 und Nr.1 Teil B,o.O. März 1970

Januar 1971:
Die Interessengemeinschaft der Jugend (IDJ) Walsrode gibt vermutlich im Januar die Nr.2 ihres 'Landbote Ulifus' (vgl. Apr. 1971) heraus. Berichtet wird u.a. über Lehrlinge im Baugeschäft (BSE-Bereich) Arno Altmann in Hodenhagen.
Q: Landbote Ulifus Nr.2,Walsrode 1971,S.13f

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26.04.1971:
In Berlin geben die Sozialistischen Betriebsgruppen Tempelhof von NCR, SEL, Daimler und Gillette (SBG) die Nr.9 ihrer Zeitung 'Die Sache der Arbeiter' datiert auf April (vgl. 19.4.1971) vermutlich zu Anfang dieser Woche heraus. Berichtet wird auch aus dem BSE-Bereich über die Zeitverträge bei der Firma Adolf Alexander in Berlin und Gandersheim.
Q: Die Sache der Arbeiter Nr.9,Berlin Apr. 1971,S6

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Mai 1971:
Die DGB-Jugendgruppe Alfeld gibt vermutlich im Mai 1971 erstmals ihr Informationsblatt 'Initiative' (vgl. Sept. 1972) heraus. Berichtet wird auch über Lehrlinge einer Baufirma und über Akkord für Lehrlinge, u.a. im Baubereich, bzw. das Jugendarbeitschutzgesetz (JuArschG).
Q: Initiative Nr.1,Alfeld 1971

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05.07.1971:
In Wolfsburg findet, laut Arbeitskreis Wolfsburger Lehrlinge (AWL), eine Jugendversammlung des DGB statt:"
Die Jugendversammlung fand am Montag den 5.7.71 in der Arche statt. Über 60 junge Gewerkschafter besuchten die Versammlung. Zunächst wurde der DGB Kreisjugendausschuß gewählt, der sich aus 5 Kollegen der IGM, 3 Kollegen der ÖTV, 2 Kollegen der HBV sowie je einem Kollegen der IG Bau Steine Erden, IG Textil und der Gewerkschaft Holz zusammensetzt."
Q: Solidarischer Kampf Nr.6,Wolfsburg o.J. (1971)

21.06.1972:
Die KPD gibt die Nr.48 ihrer 'Roten Fahne' (RF - vgl. 14.6.1972, 28.6.1972) heraus, in der Bauindustrie ist in Lüneburg und Kiel die polnische Firma Budimex aufgrund ihrer Hungerlöhne zu Niedrigstpreisen tätig.
Q: Rote Fahne Nr.48,Dortmund 21.6.1972

04.12.1972:
Die KPD/ML-ZK gibt den 'Roten Morgen' (RM) Nr.24 (vgl. 20.11.1972, 18.12.1972) heraus. Eine Arbeiterkorrespondenz berichtet vom Bau einer neuen Sporthalle für die TU Braunschweig durch die Baufirma Grünzweig und Hartmann.
Q: Roter Morgen Nr.24,Berlin 4.12.1972,S.3

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24.07.1973:
In Hannover wird, laut Spartacus B/L, die Baufirma Bothe (300 Besch.) stillgelegt.
Q: Spartacus Nr.8,Mainz Okt. 1973

Oktober 1973:
Spartacus Bolschewiki/Leninisten gibt seinen 'Spartacus' Nr.8 (vgl. Sept. 1973, Nov. 1973) heraus. Aus Niedersachsen wird berichtet aus dem BSE-Bereich aus Hannover (vgl. 24.7.1973) und von den BSE-Geschäftsstellen Hannover und Hildesheim.
Q: Spartacus Nr.8,Mainz Okt. 1973

07.11.1973:
Von der heutigen 'KVZ' Nr.6 verkauft die OG Göttingen des KBW auf der Baustelle vor Händler und Natermann Hannoversch Münden 1 Exemplar.
Q: KBW-OG Göttingen-APA:Statistik über den Verkauf der Kommunistischen Volkszeitung Nummer 6,Göttingen 18.11.1973,S.2

22.11.1973:
Von der heutigen 'KVZ' Nr.7 verkauft die OG Göttingen des KBW bei Dreyer Baustoffe Hannoversch Münden 4 Exemplare.
Q: KBW-OG Göttingen-APA:Verkaufsstatistik für die Kommunistische Volkszeitung Nummer 7,Göttingen 2.12.1973,S.2

22.11.1973:
Der KBW verbreitet im Januar 1974 folgende Korrespondenz aus Eschershausen (Kreis Holzminden):"
4 X 10 STUNDEN - ÜBERSTUNDEN UND KURZARBEIT BEI NATURASPHALT

Ich will Euch heute eine Korrespondenz schreiben über die Ereignisse in unserem Betrieb, der Deutschen Naturasphalt GmbH, der Limmer und Vorwohler Grubenfelder, Werk Eschershausen, zu 99% Eigentum der Braunschweig AG. In der SASAG müssen die Kollegen der Abteilungen, die keine Schicht arbeiten (2 Abteilungen) 4 x 10 Stunden statt 5 x 8 arbeiten und ab Januar Kurzarbeit.

Am Donnerstag, dem 22.11.1973 fand eine Sitzung zwischen Betriebsrat (BR,d.Vf.) und Geschäftsleitung (GL,d.Vf.) statt, da eine 4 x 10 Stunden-Regelung nur mit Genehmigung des Betriebsrates geht. Dieser stimmte zu, obwohl der Vorsitzende der Gewerkschaft (vermutlich IG Bau - BSE,d.Vf.) geraten hatte, die Sache hinauszuzögern. Die Betroffenen wurden erst gar nicht gefragt. Noch am gleichen Tage wurde die Sache mit der einen Abteilung, die Treppenstufen produziert, geregelt, um dann diese gegen unsere Abteilung auszuspielen. Obwohl die Kollegen auch dagegen waren. Am Freitag (23.11.1973,d.Vf.) in der Frühstückspause kamen dann der Betriebsratsvorsitzende Borsoutzki und zwei Herren der Geschäftsleitung, um uns die Sache schmackhaft zu machen. Diese neue Arbeitszeitregelung wurde scheinheilig mit der Einsparung einer knappen Tonne Öl getarnt, um damit auch Vollbeschäftigung zu garantieren. 'Wenn wir kein Öl haben, könnt ihr nicht arbeiten.' Was für ein Hohn, denn jetzt stellt sich heraus, daß ab Januar kurzgearbeitet wird. Viel wahrscheinlicher wird es sein, daß wir die Bilanzen für dieses Jahr noch ein bißchen verbessern sollen. Dafür spricht auch, daß die vier Tage zwischen Weihnachten und Neujahr eingearbeitet werden mußten, obwohl die Kollegen alle Urlaub machen wollten.

Wir waren alle gegen diese lange Arbeitszeit, da 95% der Arbeiter schon über 50 sind und die Arbeitsleistung (Fußbodenplatten von der Maschine abnehmen) bei 4 x 10 größer ist als bei 5 x 8. Es ist eine regelrechte Schinderei. Manche Kollegen sind jetzt bis zu 14 Stunden auf den Beinen. Der Betriebsratsvorsitzende stellte sich dann so: 'Leute, ich bin ja auch gegen diese Regelung, aber wir müssen auch unseren Beitrag zur Ölkrise leisten, und außerdem machen die Kollegen von den Treppenstufen das auch.' Die Besprechung endete damit, daß abgestimmt uwrde mit 90% dagegen, woraufhin die Geschäftsleitung sagte: 'Meine Herren, sie sind nicht zur Vernunft zu bringen. Ab Montag versuchen sie erstmal 10 Stunden bis Weihnachten, und sie werden sehen, daß es geht.' Damit war die Sache gelaufen. Die Kollegen waren aufgebracht wie schon lange nicht mehr, und der Betriebsrat war bei allen unten durch. Ich habe dann den Vorschlag gemacht, eine Vertrauensleutekonferenz (VLK,d.Vf.) einzuberufen, um entweder den Betriebsrat abzusetzen oder Vorbeugemaßnahmen zu treffen, da dies ja nicht das erste Mal war, daß uns der Betriebsrat in den Arsch getreten hat. Aber dazu fehlte den Kollegen wohl doch die Initiative. Ist ja auch kein Wunder, wenn einer 50 Jahre lang getreten wird. man sollte, man müßte, man könnte, und am besten überläßt man es doch der Gewerkschaft, erhielt ich zur Antwort."
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr.1,Mannheim 9.1.1974,S.4

09.06.1976:
Die KPD gibt ihre 'Rote Fahne' (RF) Nr.23 (vgl. 2.6.1976, 16.6.1976) heraus. Aus Niedersachsen wird berichtet über die Fliesenleger (BSE-Bereich).
Q: Rote Fahne Nr.23,Köln 9.6.1976

19.10.1977:
In Hameln demonstrieren, laut SAG, 600 Bauarbeiter gegen den Baustop für das AKW Grohnde.
Q: Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.34,Frankfurt 2.11.1977

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