Oldenburg: § 218 und Frauenbewegung

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 3.3.2014

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Während einleitend sowohl die örtliche Gruppe des Kommunistischen Bundes (KB) im Oldenburger Metallbereich (vgl. 25.7.1971, 27.9.1971) in ihrer Branchenzeitung als auch die örtlichen Anhänger des Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW) beim Oldenburger Werk der AEG in ihrer Betriebszeitung sich für die Belange der arbeitenden Frauen einsetzen, bildet sich später ein Komitee gegen den § 218 in Oldenburg, welches dem KBW nahesteht und in verschiedenen Stadtteilen, aber auch an der Hochschule, bei dem Druckbetrieb Stalling und der Fachoberschule aktiv wird (vgl. 19.5.1975, 20.6.1975) und dabei auch der polizeilichen Repression unterliegt, wovon die örtlichen Gruppe des Kommunistischen Bund (KB) berichten (vgl. 30.8.1975, 6.9.1975), die damals selbst beginnen, sich intensiver mit der Frauenfrage zu befassen (vgl. 19.9.1975), ohne daß es allerdings zu gemeinsamen Aktionen mit dem § 218-Komitee des KBW oder ach der Oldenburger Frauengruppe gekommen wäre (vgl. 25.2.1976).

Aktiv im Frauenbereich scheint auch die DKP (vgl. 19.1.1976), engagiert sich offenbar, wenn auch für den KB in fragwürdiger Form, anläßlich des Frauentags (vgl. 6.3.1976).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

25.07.1971:
Auf einer Beratung kommunistischer Zirkel aus verschiedenen Städten Westdeutschlands und Berlins wird in Hamburg eine Minimalplattform für eine überregionale Aktionseinheit in der Metalltarifrunde (MTR) 1971 erstellt (vgl. 25.9.1971). Als Minimalforderungen gelten: 120 DM für alle, Absicherung der Effektivlöhne durch Vorweganhebung, Weg mit den Leichtlohngruppen, Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Gleicher Lohn für Männer und Frauen, Gegen die Angriffe der Kapitalistenklasse die einheitliche Kampffront der Arbeiterklasse, Raus aus der Konzertierten Aktion, Kampf gegen das arbeiterfeindliche BVG, Macht die Gewerkschaften wieder zu Kampforganisationen der Arbeiterklasse.

Unterzeichnet wurde diese Plattform anfangs u.a. von der KAG Oldenburg.
Quellen: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 69 und 71, Bochum 11.9.1971 bzw. 18.9.1971, S. 7ff bzw. S. 5 und 11f; Einheit Kritik Einheit Nr. 2/3, Hamburg 7.8.1971, S. 48ff;Arbeiterkampf Nr. 32 und 88, Hamburg Sept. 1973 bzw. 6.9.1976, S. 24 bzw. S. 42;Arbeiterstimme Nr. 12, Bremerhaven Aug. 1971, S. 1ff;Arbeiter-Zeitung Nr. 1, Mannheim/Heidelberg Jan. 1972, S. 3;Neues Rotes Forum Nr. 4, Heidelberg Okt. 1971;BKA/KJB Freiburg: Antwort auf den 'Offenen Brief' der KPD/ML (Rote Fahne) an den Bund Kommunistischer Arbeiter und den Kommunistischen Jugendbund, Freiburg März 1972, S. 4

27.09.1971:
Die Kommunistische Arbeitergruppe (KAG) Oldenburg gibt die Nr. 2 (vgl. 13.9.1971, 30.5.1972) ihres 'Der Metallarbeiter' - Zeitung zur Metalltarifrunde 1971 heraus mit dem Artikel "Frauen müssen mitverdienen" wozu gefordert wird: "Weg mit den Frauenlohngruppen".
Q: Der Metallarbeiter Nr. 2, Oldenburg 27.9.1971, S. 5

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23.04.1974:
Die Ortsaufbaugruppe Oldenburg des KBW gibt die Nr. 3 ihrer Druck-Branchenzeitung 'Das Fundament' (vgl. 13.3.1974, 5.6.1974) heraus mit dem Artikel "Weg mit dem § 218".
Q: Das Fundament Nr. 3, Oldenburg 23.4.1974, S. 5

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24.04.1974:
Die KBW-Ortsaufbaugruppe Oldenburg gibt die Nr. 1 ihrer Betriebszeitung 'Der Motor' für AEG heraus mit den Artikeln "Betriebskindergarten für AEG - Oldenburg", wo 55 % der rund 3 000 Beschäftigten Frauen sind und "Weg mit dem § 218" gegen den sich ein Komitee aus Frauen und Männern gegründet hat, welches mittwochs um 20 Uhr in der Gaststätte Reil in der Auguststraße tagt.
Q: Der Motor Nr. 1, Oldenburg 24.4.1974, S. 4 und 6

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22.04.1975:
In Oldenburg besuchen, laut KBW (vgl. 7.5.1975), über 20 Personen eine Veranstaltung seiner KHG gegen den Paragraphen 218.
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr. 18, Mannheim 7.5.1975

05.05.1975:
Der KBW (vgl. 15.5.1975) berichtet vermutlich aus dieser Woche aus Oldenburg-Ohmstede über die Gründung einer Arbeitsgruppe zum Paragraphen 218.
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr. 19, Mannheim 15.5.1975

19.05.1975:
Der KBW (vgl. 29.5.1975) berichtet vermutlich aus dieser Woche, daß in Oldenburg von 80 Personen ein Komitee gegen den Paragraphen 218 gegründet wird.
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr. 21, Mannheim 29.5.1975

19.05.1975:
Der KBW (vgl. 29.5.1975) berichtet vermutlich aus dieser Woche von einer Sitzung des AStA der Fachschule und Fachoberschule für Sozialpädagogik (FS SP / FOS SP) Oldenburg auf der einstimmig ein Volksentscheid gegen den Paragraphen 218 gefordert wird.
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr. 21, Mannheim 29.5.1975

20.06.1975:
Das Komitee gegen den § 218 Oldenburg gibt die Nr. 1 seiner Zeitung 'Weg mit dem § 218" zum Preis von 30 Pfennig in einer Auflage von 500 Stück heraus. Kontaktadressen der acht Komitee-Arbeitsgruppen werden angegeben für die Universität, für Stalling, die Fachoberschule (FOS), für die Innenstadt, Ohmstede, Osternburg und Dietrichsfeld, für Kreyenbrück finden sich keine Angaben.

Enthalten sind die Artikel:
- "Fristen- und Indikationslösung ist keine Lösung";
- "Es ist die elende Lage, die die Menschen zur Abtreibung zwingt!";
- "Der § 218 muß weg! (Lied)";
- "Warum fordern wir 'Volksentscheid gegen den § 218'?";
- "Was ist das Komitee - wie arbeitet es?", wobei berichtet wird, dass es 60 Mitglieder habe; sowie
- "Aufruf der Komitees gegen den § 218".
Q: Weg mit dem § 218 Nr. 1, Oldenburg 20.6.1975

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30.08.1975:
Der KB / Gruppe Oldenburg (vgl. 19.9.1975) berichtet (vgl. 6.9.1975):"
Vor dem Stand des KBW-inspirierten 'Komitee gegen den §2 18' wurde eine Parole gegen den § 218 auf das Pflaster der Innenstadt gesprüht. Vermutlich Mitglieder des reaktionären CDU Haufens 'Schülerunion' denunzierten diesen Vorgang bei der Polizei, die mit zwei Mann den angeblichen 'Täter' griffen, obwohl die Personenbeschreibung der Denunzianten nicht paßte ('der hat sich verkleidet'!). Die Empörung der Passanten und beherztes Eingreifen Einzelner verhinderte die Festnahme des betroffenen, der mit einem zerrissenen Pullover und Würgemalen am Hals aus dieser Auseinandersetzung ging. (lt. 'KVZ'-Ortsbeilage 2.9.)"
Q: Barrikade Nr. 3, Oldenburg 19.9.1975, S. 3

06.09.1975:
Der KB / Gruppe Oldenburg (vgl. 19.9.1975) berichtet (vgl. 30.8.1975):"
Ein Mitglied des '§ 218-Komitees' wurde nach längerer Beobachtung durch zivile Bullen von vier Bullen gestellt und blitzschnell mit Handfesseln gefesselt und dann abtransportiert. Bei der Personalienüberprüfung wurde ihm dann 'Widerstand gegen die Staatsgewalt', 'Gefangenenbefreiung' usw. vorgeworfen.

Die Personalien eines 'KVZ' Verkäufers wurden polizeilich festgestellt; etliche Zivilbullen spionierten in der Innenstadt herum und filmten. Diese Schnüffelei ist in den letzten Wochen verstärkt festzustellen."
Q: Barrikade Nr. 3, Oldenburg 19.9.1975, S. 3

19.09.1975:
Der KB / Gruppe Oldenburg gibt die Nr. 3 seiner Stadtzeitung 'Barrikade' (vgl. 22.8.1975, 20.3.1976) für September heraus mit den Artikeln "Behörden- und Polizeiwillkür läuft an!" gegen das § 218-Komitee (vgl. 30.8.1975, 6.9.1975) sowie gegen Plakate- und Aufkleber-Kleber des KBW und des KB;
- "Leserbrief" einer Genossin gegen die Volksentscheid-Forderung des §218-Komitees; und
- "Die Arbeiter und die Frauen haben begonnen, ihre Geschicke selbst zu lenken! Reisebericht aus Portugal", der sich gliedert in die Abschnitte "Gesundheitswesen", "Volksklinik", "Abtreibungsproblem", "Die Frauen von Timex" und "Die Frauen von Sogantal".
Q: Barrikade Nr. 3, Oldenburg 19.9.1975, S. 3f und 6

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19.01.1976:
Der KB (vgl. 20.3.1976) berichtet:"
Alice Schwarzer in Oldenburg

Alice Schwarzer (sinngemäß): '… die Angriffe gegen mich in der Presse (…die Schwarzer hat's nötig - die hat bloß keinen abgekriegt - wie die schon aussieht…) gelten nicht nur mir, sondern richten sich gegen die gesamte Frauenbewegung'.

Zu der von der Galerie 'Unart' organisierten Veranstaltung mit Alice Schwarzer, wo auch die 'Frauengruppe Oldenburg' kurz ihre Arbeit - vor allem in 'Selbsterfahrungsgruppen' und am Aufbau eines 'Frauenzentrums' vorstellte, waren ca. 500 - überwiegend Frauen - gekommen: ein Ausdruck für die Unzufriedenheit vieler Frauen mit ihrer zweitrangigen Situation!

Die Diskussion war geprägt von Beiträgen u.a. des 'Spartacusbund' (SpB, d. Vf.) und der DKP, die überheblich die Existenz von 'reinen Frauengruppen' bemäkelten und die Notwendigkeit des 'gefälligst' mit Männern gemeinsamen Kampfes für den Sozialismus zur Phrase herabwirtschafteten, anstatt in konkreten Beispielen die Probleme der Frauen zur Diskussion zu stellen!

Im Anschluß an die Veranstaltung sollen sich ca. 70 Frauen in die Liste der 'Frauengruppe' eingetragen haben."
Q: Frische Brise Nr. 5, Oldenburg 20.3.1976, S. 7

22.01.1976:
Der KB / Gruppe Oldenburg (vgl. 20.3.1976) berichtet:"
Hausdurchsuchungen und Ermittlungsverfahren gegen § 218-Gegner

In der Nacht vom 22. auf den 23. Januar wurden in Oldenburg zwei Frauen und ein Mann - angeblich - 'beim Plakatkleben' festgenommen (NWZ 5.2.76).

Als nächster Schritt wurden dann Ende Januar polizeiliche Hausdurchsuchungen gegen diese drei Mitarbeiter des 'Komitee gegen den § 218' (KBW) gerichtlich angeordnet, bei deren Durchführung eine Schreibmaschine als 'Beute' beschlagnahmt wurde.

Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft bereits gegen die § 218-Gegener: 'Sie werden verdächtigt, Plakate und Flugblätter verbreitet und eventuell sogar entworfen zu haben, auf denen mißbräuchlich die angeblichen Unterschriften des SPD-Bundestagsabgeordneten Walter Polkehn und des CDU-Bundestagsabgeordneten Werner Broll verwendet worden sind' (NWZ)."
Q: Frische Brise Nr. 5, Oldenburg 20.3.1976, S. 12

25.02.1976:
Der KB (vgl. 20.3.1976) berichtet:"
In Oldenburg fand am 25.2. eine mit ca. 100 Teilnehmern gut besuchte Veranstaltung gegen den § 218 und das Bundesverfassungsgerichtsurteil statt. Aufgerufen hatten die 'Werkstatt'-Frauengruppe, die GIM und die Arbeitsgruppe Frauen des KB im Rahmen der 'Aktion gegen das Abtreibungsverbot'. Die 'Oldenburger Frauengruppe' (ebenfalls in der 'Aktion…') konnte sich zu einer Beteiligung nicht entschließen.

Nach einem anschaulichen Einführungsreferat wurde ein Film gezeigt. Die folgende Diskussion wurde leider noch allzusehr von den verlogenen und blöden Beiträgen des KBW bzw. des 'Komitees' bestimmt. Es wurde aber auch deutlich, wie schwach erst die praktische Frauenarbeit aller beteiligten Gruppen entwickelt ist. Insgesamt hat die Veranstaltung aber auch bewiesen, daß eine erfolgreiche Zusammenarbeit dieser Gruppen möglich sein kann. Man wird für die Zukunft allerdings überlegen müssen, wie man der Behinderung der Diskussion durch die Frauenfeinde vom KBW begegnet, damit die Frauen mit ihren Problemen und Interessen selbst stärker zu Wort kommen."
Q: Frische Brise Nr. 5, Oldenburg 20.3.1976, S. 7; Arbeiterkampf Nr. 76, Hamburg 15.3.1976, S. 45

06.03.1976:
Der KB (vgl. 20.3.1976) berichtet: "Oldenburg. DKP zum internationalen Frauentag. Da muß mal Putz gemacht werden!".
Q: Frische Brise Nr. 5, Oldenburg 20.3.1976,S. 7f

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20.03.1976:
Der KB gibt die Nr. 5 seiner Zeitung für das Weser-Ems-Gebiet 'Frische Brise' für März / April heraus mit den Artikeln:
- "Frauenarzt: gefährliche Beratung! Leserbrief";
- "'Ein Zimmer in der Nähe?'" zur Wohnungsnot der Studenten bzw. der sexuellen Ausbeutung der Studentinnen dabei;
- "Internationaler Frauentag. Der Kampf gegen das Abtreibungsverbot ist noch nicht zu Ende!" wobei berichtet wird aus Oldenburg (vgl. 19.1.1976, 25.2.1976) und Emden (vgl. 4.3.1976) sowie aus "Oldenburg. DKP zum internationalen Frauentag. Da muß mal Putz gemacht werden!" (vgl. 6.3.1976);
- "KBW zu 218: Frauenfeindlichkeit, Lügen und Provokationen";
- "Sind ledige Mütter 'Menschen 2. Klasse'?";
- "Hausdurchsuchungen und Ermittlungsverfahren gegen § 218-Gegner" aus dem Komitee gegen den § 218 des KBW (vgl. 22.1.1976).

Geworben wird auch für die Broschüre "Wie der KBW der Bewegung gegen den § 218 schadet".
Q: Frische Brise Nr. 5, Oldenburg 20.3.1976, S. 6ff

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01.05.1979:
Laut KB beteiligen sich in Oldenburg an einer DGB-Kundgebung ca. 1 500 Menschen:"
Es gab jedoch kaum oppositionelle Aktivitäten (ein paar Transparente vom KBW, Offener Brief der BI an den DGB, Frauentransparente der DFI)."
Q: Arbeiterkampf Nr. 153, Hamburg 14.5.1979, S. 14

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