KPD/ML-Zentralkomitee: Landesverband Niedersachsen

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 24.11.2010

Bei dieser Betrachtung der KPD/ML-Roter Morgen können nur einige Dokumente zur Geschichte ihres Landesverbandes Niedersachsen vorgestellt werden. Eine Ortsgruppe der KPD/ML gründet sich bereits früh in Göttingen (vgl. Apr. 1969), diese aber erlangt kaum jemals eine Bedeutung am Ort. Anders steht es diesbezüglich um die ML-Fraktionen aus dem SDS Hannover und die Rote Garde Celle (vgl. Mai 1969). Beide tragen zunächst die Politik des Zentralkomitees mit (vgl. Sept. 1969).

Bei der sich anbahnenden Spaltung der KPD/ML aber wird auch der Landesverband Niedersachsen nicht verschont, der sich von der KPD/ML-ZK trennende Teil, der dann den KJVD Niedersachsen und den Landesverband Niedersachsen der KPD/ML-Zentralbüro (ZB) bildet, scheint aber nur an wenigen Orten vertreten gewesen zu sein, neben Hannover vor allem in Goslar / Bad Harzburg, Göttingen und Helmstedt (vgl. 4.3.1970, 9.3.1970, 18.4.1970).

Der zur KPD/ML-ZK haltende Landesverband Niedersachsen der Roten Garde (vgl. 4.4.1970, 13.4.1970) scheint dagegen weit stärker zu sein und auch innerparteilich mehr Gewicht besessen zu haben als der Landesverband Niedersachsen der KPD/ML-ZB (vgl. 30.6.1970), der dafür seine Strukturen aufbaut (vgl. Aug. 1970, Sept. 1970, 30.11.1970, 15.12.1970), während Willi Dickhut hinter den Kulissen immer noch genügend Bündnispartner für seine eigene KPD/ML zu finden versucht, damit aber, wie fast überall sonst auch, auch in Niedersachsen bei der KPD/ML-ZK scheitert.

Die Herkunft vieler Gruppen des KJVD und auch der Roten Garde in Niedersachsen scheint in den Deutschen Jungdemokraten (DJD) zu liegen, aber auch im Bund Deutscher Pfadfinder (BDP), dessen Landesverband damals in Celle ansässig war und in dem die sozialistischen Kader vernetzt mit denen innerhalb der Deutschen Jungdemokraten und der Naturfreundejugend (NFJ) tätigen Kader aktiv wurden. Ende 1970 scheinen sich dann auch einige der abtrünnigen KJVD-Gruppen wieder der KPD/ML-ZK anzuschließen (vgl. 23.1.1971), so dass der Landesverband Niedersachsen der KPD/ML-ZK am 1. Mai 1971 in Hannover eine beachtliche Mobilisierungsfähigkeit entfaltet, die sich vermutlich nicht zuletzt auf die Gruppen aus den Jugendverbänden wie BDP, DJD und NFJ stützt (vgl. 1.5.1971).

Während sich die KPD/ML-ZB in Niedersachsen reorganisiert (vgl. Juli 1971, Sept. 1971), spielt der Landesverband Niedersachsen der KPD/ML-ZK nun eine prominente Rolle bei deren Zerfall auf dem außerordentlichen Parteitag, gilt dem Zentralkomitee als Protagonist der versteckt liquidatorischen Linie (vgl. 27.11.1971, 2.12.1971) bzw. des gemäßigteren intellektuellen Opportunismus (vgl. 17.1.1972). An der zweiten Sitzung des Parteitags nimmt Niedersachsen nicht mehr teil, richtet aber doch das Wort an diesen und an die Mitglieder der KPD/ML-ZK (vgl. 9.12.1971).

In Niedersachsen selbst wird nach einem außerordentlichen Landesparteitag eine Kampf – Kritik – Umgestaltung (KKU) Kampagne durchgeführt und dafür auch ein innerorganisatorisches Organ, die 'Massenlinie', geschaffen, von der hier bisher nur zwei von mindestens vier erschienenen Ausgaben dokumentiert werden können (vgl. 8.12.1971, 25.12.1971).

Die Ausführungen des Landesverbandes Niedersachsen werden sowohl in Dortmund studiert (vgl. Jan. 1972), als auch von der dortigen Bolschewistischen Linie (BL) der ehemaligen KPD/ML (RM) abgelehnt (vgl. 10.1.1972) und auch von den Marxisten-Leninisten (ML) Duisburg kritisiert (vgl. Feb. 1972).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

April 1969:
In der Aprilausgabe des 'Roten Morgens' der KPD/ML (vgl. März 1969, Mai 1969) wird über die Gründung von Ortsgruppen der KPD/ML u.a. in Göttingen, berichtet.
Quelle: Roter Morgen,Hamburg Apr. 1969

Mai 1969:
In der Maiausgabe des 'Roten Morgens' der KPD/ML (vgl. Apr. 1969, Juni 1969) wird u.a. über den Anschluß des Marxistisch-leninistischen Ausschusses Hannover an die KPD/ML berichtet. "Nach eingehender Diskussion über das Statut der KPD/ML" beschloßen "die Mitglieder des Marxistisch-Leninistischen Ausschuß Hannover, MLAH" eventuell schon im April, "kollektiv der KPD/ML beizutreten und eine Gruppe Hannover bzw. Landesverband Niedersachsen zu gründen". Leserbriefe kommen u.a. auch aus Celle.
Q: Roter Morgen Mai 1969,Hamburg 1969,S.3

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September 1969:
Die Septemberausgabe des 'Roten Morgens' der KPD/ML (vgl. Aug. 1969, Okt. 1969) berichtet u.a. die Bundestagswahl (BTW - vgl. 28.9.1969):"
Während in Köln Plakate mit der Aufforderung 'Boykottiert die Wahl, schreibt KPD/ML auf den Wahlzettel' erschienen, war das Stadtbild von Hamburg mit Aufklebern übersät." Dieser Kleber wurde auch in Baden-Württemberg in Mannheim und Karlsruhe sowie in Niedersachsen in Celle und Hannover geklebt."
Q: Roter Morgen,Hamburg Sept. 1969

Dezember 1969:
Die KPD/ML-ZK berichtet vermutlich aus dem Dezember von Willi Dickhut (vgl. 8.11.1969):"
W. D., nach seinem Ausscheiden aus dem ZK immer noch Landesvorsitzender von Nordrheinwestfalen (NRW), zeigte sich in der Folge trotz seines Alters (68) - recht kregel. Er, der das ZK für fähig hielt, solange er Mitglied desselben war, hielt es plötzlich für unfähig - nur weil es den von ihm betriebenen Aufnahmebeschluß zur Diskussion in die Grundeinheiten verweis. Statt den ihm unterstellten Ortsgruppen der Partei Gründe und Gegengründe des Beschlusses und seine Zurückverweisung zu erläutern, behauptete er, das ZK verfolge eine kleinbürgerliche Linie und wolle die Partei zu einer Intellektuellenpartei machen. Er nahm persönlich oder durch Mittelsmänner Kontakt zu anderen Landesverbänden (Hannover (Niedersachsen,d.Vf.) und München (Bayern,d.Vf.)) auf, um sie in seinem Sinne zu beeinflussen."
Q: Roter Morgen Nr.7,Hamburg Aug. 1970

04.03.1970:
In Gelsenkirchen verfaßt die Rote Garde (RG) NRW der KPD/ML den Aufruf "Das Hauptquartier bombardieren", in dem die liquidatorische Linie in der KPD/ML angegriffen wird. Diese würde dafür eintreten, daß die Landesleitung Berlin der KPD/ML über die Rote Garde zu bestimmen habe, wodurch die organisatorische Selbstständigkeit der Roten Garde vernichtet wird. In ihrer Opposition gegen die Liquidatoren, für die sich bald, nach einem ihrer Führer - Ezra Gerhard - , der Name 'Ezristen' einbürgern wird, weiß sich die RG NRW einig mit der KPD/ML NRW und den Landesverbänden Niedersachsen von KPD/ML und Roter Garde.
Q: Bolschewik Theoretisches Organ der Roten Garde Nr.0,Essen o.J. (März 1970); Revolutionärer Weg Nr.4/1970,2.Aufl. Stuttgart 1973,S.58f und S.82

09.03.1970:
Laut 'RW' antwortet Willi Dickhut frühestens in dieser Woche auf den Bericht des ZK der KPD/ML vom 17./18.1.1970, d.h. die Aufhebung der 'September-Beschlüsse' mit einer eigenen Stellungnahme:"
Wenn in dem ersten Absatz des Berichts behauptet wird: 'Das ZK faßte gleichzeitig alle Erfahrungen, die sich aus den September-Beschlüssen und der anschließenden Auseinandersetzung ergeben hatte, zusammen', so stimmt das nicht, weil auf der ZK-Sitzung vom 17./18. Jan. nicht einmal die Hälfte der Stellungnahmen der Gruppen aus den verschiedenen Landesverbänden vorlagen. Es fehlten nachweislich 6 Stellungnahmen aus NRW, alle von Niedersachsen und aus München (in Bayern,d.Vf.). Das waren fast alles diejenigen, die die September-Beschlüsse für richtig hielten. Erst am 20. Jan., d.h. zwei Tage nach der ZK-Sitzung hat E. (wahrscheinlich Egon Link, Bochum oder Ezra Gerhard, Berlin,d.Vf.) die bei U. (wahrscheinlich Uwe Pohlmann, Hannover, d.Vf.) liegenden Stellungnahmen aus NRW und Niedersachsen angefordert, die U. dann postwendend einschickte. Das ZK stützte sich also bei der Aufhebung der September-Beschlüsse auf eine Minderheit der Gruppen, ohne die Meinung und Erfahrung der anderen zu berücksichtigen."
Q: Revolutionärer Weg Nr.4/1970,Solingen, weiße Ausgabe S.31ff bzw. dritte Ausgabe (rot) S.40ff

09.03.1970:
Laut MLPD (2) kritisiert das Angestelltenkollektiv der Roten Garde (RG) Berlin vermutlich in dieser Woche die Landesleitung (LL) der KPD/ML Berlin. So wird formuliert:"
Rotgardisten! Letzte Woche (vgl. 2.3.1970,d.Vf.) waren zwei vom Landesverband NRW beauftragte Genossen der Roten Garde in Berlin. Sie hatten drei Materialien, ihr Statut, einen Lehrlingsaufruf und Thesen zur Ausrichtung der Roten Garde mit, die sie der Berliner Roten Garde zur Diskussion in allen Ebenen vorlegen wollten. Hinter diesen drei Unterlagen stehen der Landesverband NRW und Niedersachsen."
Q: MLPD-ZK:Geschichte der MLPD,I.Teil,Stuttgart 1985,S.111f

04.04.1970:
Es beginnt eine zweitägige Bundesdelegiertenkonferenz der Roten Garden (RG) der KPD/ML in Frankfurt, auf der es zur Spaltung zwischen Genossen des späteren KJVD der noch späteren KPD/ML-ZB und der weiterbestehenden RG der KPD/ML-ZK kommt.
Erneut werden die Fragen:
- Verhältnis der Intelligenz zur Arbeiterklasse,
- Verhältnis von Theorie und Praxis,
- Verhältnis von Partei zur Jugendorganisation diskutiert.

Auf der Konferenz sind, laut weiterbestehender RG, Delegationen aus Niedersachsen, Hamburg, Südwest, NRW, München in Bayern und Westberlin, sowie der Bundesjugendbeauftragte des ZK der KPD/ML und sein Stellvertreter, sowie der Beauftragte des ZK für die Organisierung der Konferenz anwesend. Die Vertreter der RG NRW hätten vor Beginn der Konferenz die zweite Ausgabe (Nr.1) ihres 'Bolschewik' (vgl. 16.3.1970) verteilt.

Aus den von der weiterbestehenden RG verbreiteten Org.-Berichten der Delegationen geht hervor:"
Niedersachsen: Die Auseinandersetzung mit ML-Gruppen und APO war weitgehend erfolgreich. Die Haupttätigkeit der zahlreichen Gruppen der RG ist Propaganda und Schulung. Die Herausgabe einer Landeszeitung wird vorbereitet. Der Verband zählt 250 Mitglieder und Sympathisanten."

Am 5. April verlassen die Delegierten der Roten Garde NRW (u.a. Peter Weinfurth und Oliver Thomkins) die Versammlung. Es folgt ihnen ein Teil der Delegierten aus:
- Südwestdeutschland (Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland - falls vorhanden),
- Niedersachsen,
- Berlin.
In einer Erklärung wird dazu u.a. ausgeführt:"
Wir verlassen aus Protest diese Konferenz, weil sie keine Konferenz der Rotgardisten ist, sondern eine Parteiversammlung, die den Anspruch erhebt, die Rote Garde organisatorisch anzuleiten. Die manipulierte personelle Zusammensetzung der Konferenz bestimmte von vornherein den Ablauf und den Ausgang der Konferenz. Außer den Vertretern der Landesverbände NRW und Niedersachsen vertreten die Delegierten der anderen Landesverbände nicht die Mehrheit ihrer Rotgardisten und stehen teilweise offen im Gegensatz zu ihnen. Wir denken nicht länger daran, an einer Konferenz teilzunehmen, die die Absicht hat, die konterrevolutionäre Berliner Linie auf Bundesebene zu verbreiten." Man sei nicht länger bereit sich dem "Diktat des ZK unterzuordnen".
Q: Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.6,Bochum Dez. 1970; KPD/ML-ZK:Analysen und Anträge des LV Süd-West,o.O. 1971; Rote Garde Nr.1,Berlin 1970

13.04.1970:
Vermutlich in dieser Woche erscheint die Nr.1 der 'Roten Garde' der Roten Garde (RG) der KPD/ML bzw. der KPD/ML-ZK.
Laut KPD/ML-NE geben die Verfasser darin bekannt, daß der "Schwerpunkt unserer Arbeit in der Theorie zu setzen" ist.
Es handelt sich um die erste Ausgabe überhaupt.

Verantwortlich für den Inhalt ist der Jugendbeauftragte des ZK der KPD/ML, Ezra Gerhardt in Berlin.

Zur Herausgabe der ersten Nummer heißt es einleitend:"
Am 4./5. April 1970 fand eine Bundesdelegiertenkonferenz aller Roten Garden in Westdeutschland und Westberlin statt. Die Konferenz wurde vom Jugendsekretär der KPD/ML einberufen, um die wichtigsten ideologischen Fragen, die in der KPD/ML und der Roten Garde anstehen, zu klären.

An der Konferenz nahmen die Genossen der Landesverbände teil, die mit dem Aufbau der Roten Garde im Landesmaßstab von der Partei beauftragt und Mitglieder in den zentralen Gremien der Roten Garde sind. Es nahmen je zwei Genossen der Landesverbände Niedersachsen, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Westberlin und Südwest, je ein Genosse aus Hamburg und Frankfurt/M. (in Hessen,d.Vf.) teil. Die Jugendkonferenz stellte einen ersten Schritt zur Vereinheitlichung aller Roten Garden dar. Sie soll weiterhin periodisch einberufen werden.
Q: Rote Garde Nr.1,Berlin 1970; KPD/ML-NE:Die linkssektiererische Linie in der KPD/ML,2.Aufl.,Berlin 1971,S.3

18.04.1970:
Es beginnt eine außerordentliche Delegiertenkonferenz der Roten Garde (RG) NRW der KPD/ML in Bochum. Sie wird am 19. April fortgesetzt. Tagungsort ist ein Hörsaal der Ruhruniversität Bochum (RUB). Diskutiert wird vor allem über die "Bekämpfung der kleinbürgerlichen Linie in der KPD/ML" um Ezra Gerhard.

Laut KJ-Inform, spätere nationale Leitung des KJVD findet ab heute eine "Konferenz der bolschewistischen Rotgardisten statt", die "in mehreren Arbeitssitzungen vorbereitet wurde" und bis zum 20.4.1970 dauert. An ihr nehmen Vertreter der
- Roten Garde (RG) Nordrhein-Westfalen (NRW),
- Roten Garde (RG) Niedersachsen,
- Roten Garde (RG) Berlin
und der Roten Garde (RG) Südwest, d.h. aus Baden-Württemberg und Hessen sowie Rheinland-Pfalz teil.
Q: KJVD-KJ-Inform:Kommunique,Bochum 21.4.1970; Der Junge Bolschewik Nr.4,Bochum 1970,S.3; Revolutionärer Weg Nr.4 1970,2.Aufl. 1973 bzw. 1. Aufl. (weiße Ausgabe),Tübingen 1973 bzw. Solingen 1970,S.65 bzw. S.50

30.06.1970:
Die LL NRW der KPD/ML legt den "Vorschlag eines Plans zur Vereinigung" vor. Laut MLPD (2) unterbreitet zunächst Willi Dickhut diesen Vorschlag dem Landessekretariat (LSek). Dieser Plan enthält u.a.:"
I. Vorbereitung und Durchführung der Vereinigung der vier Organisationen KPD/ML mit KAB/ML und KJVD mit RJ/ML auf regionaler und nationaler Ebene. 1. Schaffung eines vorbereitenden Zentral-Büros (Vorschlag Bochum, Bongardstraße).
2. Vorläufiges zentrales Mitteilungsblatt (Übergang bis Schaffung des Zentralorgans).
3. Durchführung gemeinsamer Landes-Delegierten-Konferenzen aller obigen Organisationen.
Tagesordnung:
a. Die politische und organisatorische Lage in den vier Organisationen und die Notwendigkeit der Vereinigung auf der Grundlage der proletarischen Linie.

b. Wahl der Delegierten zur Bundesdelegiertenkonferenz. Schlüssel (Vorschlag): NRW 14, Südwest (Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland,d.Vf.) 10, Wasserkante (Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen, Teile von Niedersachsen,d.Vf.) 6, Niedersachsen/Hessen 4."
Q: MLPD-ZK:Geschichte der MLPD,I.Teil,Stuttgart 1985,S.206; KPD/ML NRW-LL:Vorschlag eines Plans der Vereinigung vom 30.6.1970,Bochum 1970

August 1970:
Die KPD/ML-ZK gibt die Nr.7 ihres 'Roten Morgens' (vgl. Juni 1970, Sept. 1970) mit dem Leitartikel "Der Kampf um die proletarische Linie" heraus, in dem u.a. über die Spaltung der KPD/ML in KPD/ML-ZB und KPD/ML-ZK berichtet wird, die allerdings bereits im April (vgl. 26.4.1970) stattfand. Der Kommunistische Jugendverband Deutschlands (KJVD) nämlich sei aus der KPD/ML in NRW hervorgegangen, Anführer sei Willi Dickhut. Auch in Hamburg seien Genossen, die Schütt/Debusgruppe, ausgetreten mit der Begründung, das ZK würde die Theorie liquidieren (vgl. 12.4.1970). Zu den Spaltern gehöre die Betriebsgruppe 1 (B1) Bochum, Kontakte hätten die Spalter auch zu den Landesverbänden Bayern (München) und Niedersachsen (Hannover).
Q: Roter Morgen Nr.7,Hamburg Aug. 1970

September 1970:
Laut KPD/ML-ZB erscheinen von ihr in Niedersachsen während der Metalltarifrunde (MTR) wahrscheinlich hauptsächlich im September, aber eventuell auch noch im Oktober vom Landesaufbaukomitee (LAK) Niedersachsen herausgegeben acht Flugblätter an vier verschiedenen Orten.
Q: Der Parteiarbeiter Nr.1,Bochum Jan. 1971,S.*

12.09.1970:
Die niedersächsischen Deutschen Jungdemokraten führen ihren Landesjugendtag durch, was dem FDP-Landesverband, laut KPD/ML-ZB, den Anlaß bietet sie wegen ihrer 'radikal-marxistischen' Zielsetzung aus der FDP auszuschließen (vgl. 31.10.1970).

Auf dem heute beginnenden zweitägigen Landesjugendtag Niedersachsen der Jungdemokraten werden, laut Projektgruppe Information Bad Gandersheim (vgl. 15.9.1970) progressive Beschlüsse gefasst, so dass die FDP ihre Beziehungen zu den DJD Niedersachsen abbricht.
Q: Rote Provinz Nr.9/10,Bad Gandersheim Aug./Sept. 1970,S.14; Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.48,Bochum 7.11.1970,S.5; Zündkerze Nr.4,Bochum Sept. 1970,S.8

30.11.1970:
Vermutlich in dieser Woche erscheint laut KPD/ML-ZB die erste Ausgabe eines Landesfunktionärsorganes der KPD/ML-ZB überhaupt. Diese trägt den Titel 'Funktionär' (vgl. 15.12.1970) und wird herausgegeben vom Landesaufbaukomitee (LAK) Niedersachsen, welches vermutlich für die Regierungsbezirke Braunschweig und Hannover, Kassel in Hessen und vermutlich auch Teile des Regierungsbezirkes Lüneburg zuständig ist. Die anderen Teile Niedersachsens gehören zum Landesverband Wasserkante.
Das Organ richtet sich an die Funktionäre der KPD/ML-ZB, soll 14-tägig erscheinen und soll "ein Anleitungs- und Kontrollorgan auf Landessebene" sein.
Q: Der Parteiarbeiter Nr.1,Bochum Jan. 1971

05.12.1970:
In Wuppertal beginnen, nach eigenen Angaben, zweitägige Verhandlungen der proletarischen Linie der KPD/ML (sprich: KPD/ML-RW) um Willi Dickhut mit dem KAB/ML sowie Vertretern des KJVD Westberlin (sprich: Neue Einheit - NE) und u.a. Uwe Pohlmann vom Landesverband Niedersachsen der KPD/ML-ZK. Bereits am ersten Tag kommt es zu grundlegenden Differenzen zwischen der KPD/ML-RW und dem Landesverband Niedersachsen der KPD/ML-ZK bezüglich der Einschätzung der Aust-KPD/ML. Vor allem der Vertreter des Landesverbandes Niedersachsen der KPD/ML-ZK, Uwe Pohlmann, vertritt die Auffassung, "daß es außerhalb der KPD/ML keine Alternative gäbe". Daher gibt es auch Differenzen zum KAB/ML, "der außerhalb der KPD/ML versuche, eine marxistisch-leninistische Partei aufzubauen". Die Niedersachsener Vertreter reisen nach dem ersten Tag der Konferenz ab. Bei den verbliebenen Organisationen soll - Laut MLPD (2) - Einigkeit in den wesentlichsten Fragen bestanden haben:"
Sie beschlossen, ein einheitliches Organ für das ganze Bundesgebiet mit einem Redaktionskollektiv unter Beteiligung aller Gruppierungen der Marxisten-Leninisten zu schaffen. Dieses Organ sollte die Rote Fahne des KAB/ML sein. Desweiteren verabschiedeten sie die von Willi Dickhut ausgearbeiteten 'Richtlinien zur Betriebs -und Gewerkschaftsarbeit'."
Q: Lernen für den Kampf Nr.1,o.O. 1970; MLPD-ZK:Geschichte der MLPD,I.Teil,Stuttgart 1985,S.217

15.12.1970:
Laut KPD/ML-ZB erscheint in Niedersachsen die Nr.2 des 'Funktionär' - Für die Funktionäre der KPD/ML im Landesverband Niedersachsen. Dieses Organs für KPD/ML-ZB-Mitglieder hat u.a. zum Inhalt:
- Zur Organisierung des Literaturvertriebes,
- Lit-Woche vom 20. bis 26. Dezember 1970,
- Massenhaft Rote Fahne-Abonnenten werben,
- Aus der Praxis der Ortsgruppen.
Q: Der Parteiarbeiter Nr.1,Bochum Jan. 1971

23.01.1971:
In dem Papier "Für die Einheit aller Marxisten-Leninisten in der KPD/ML" geben "Mitglieder und Sympathisanten aus Bochumer Betriebsgruppen … der Gruppe Rote Fahne/Bochum (KPD/ML-ZB) und ihrer Jugendorganisation KJVD" bekannt, daß sie aus beiden Organisationen austreten. Tätig sind diese vermutlich auch im IGM-Bereich bei Opel (vgl. 15.5.1971).
Die KPD/ML-ZB wird in diesem Papier u.a. als "spalterisch" bezeichnet. Die Genossen streben eine Mitarbeit in der "Roten Garde, den Roten Betriebsgruppen und dem KSB/ML" an.
Die KGB/E bezeichnet diese Gruppe als Neuezristen. Dies tut ebenfalls Peter Weinfurth, der ihren Austritt allerdings bereits auf Nov. 1970 legt.
Ebenfalls ungefähr im Januar haben sich, laut KGB/E, auch noch Mitglieder der KPD/ML-ZB aus Südost-Niedersachsen (vgl. Feb. 1971: KJVD Goslar) der KPD/ML-ZK angeschlossen.
Dies geschah "gerade in jener Zeit, als diese Organisation mehr und mehr von der Hauptseite Theorie abrückte und sich erneut die Auseinandersetzung um die Frage des Parteiaufbaus entwickelte."
Auf dem ao. PT der KPD/ML-ZK Ende 1971 trennte sich auch diese Gruppierung von der KPD/ML-ZK.
Q: Beiträge zur revolutionären Theorie Nr.13,Bochum 1981,S.122; Zündkerze Extra Notwendiger Kampf oder prinzipienlose Spaltung?,Bochum o.J. (1971),S.7; Für die Einheit aller Marxisten-Leninisten in der KPD/ML,Bochum 1971,S.1f

01.05.1971:
In Hannover beteiligt sich im IGM-Block der Demonstration auch die KJO Spartacus Ortsgruppe Hildesheim. Laut ihren internen Berichten ist dieser, hauptsächlich aus Jugendlichen bestehende, Block von der Kommunistischen Fraktion Hannover organisiert worden.

An der DGB Kundgebung auf dem Klagesmarkt beteiligen sich, laut SALZ Hamburg, 6 000.

Die zentrale Demonstration des Landesverbandes Niedersachsen der KPD/ML-ZK in Hannover-Linden weist, nach eigenen Angaben, ca. 1 000 Teilnehmer auf, was doch eine gute Steigerung ist (vgl. 1.5.1970). Gesorgt hat dafür u.a. ein gemeinsamer Maiaufruf der KPD/ML-ZK, der Roten Garde und des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes/Marxisten-Leninisten - SDS der KPD/ML, mit 12 Seiten.

Vermutlich auf der Demonstration selbst verteilen KPD/ML-ZK, Rote Garde und SDS/ML dann eine Schrift mit 24 Seiten, "Die Kommunistische Partei Deutschlands / Marxisten-Leninisten stellt sich vor".
Q: KPD/ML-ZK, Rote Garde, SDS/ML:KPD/ML 1. Mai 1971,Hannover 1971; Roter Morgen Nr.5,Hamburg Mai 1971; KJO Spartacus:Nationales Internes Bulletin Nr.7,o.O. Juni 1971; Kommunistische Arbeiter Zeitung Nr.7,Hamburg 26.5.1971

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Juli 1971:
Laut eigenen Angaben findet eine Org.-Büro Sitzung der KPD/ML-ZB statt. Resultat ist u.a. ein "Tätigkeitsbericht des Org.-Büros beim ZB der KPD/ML". Im wesentlichen gab es drei Aufgaben:
1. Vorbereitung auf die Metalltarifrunde (MTR).
2. Der richtige Einsatz der Parteikräfte.
3. Stärkung der Zentrale.

Zu 1 meint das Org. Büro später:"
Die Verteilung der Parteikräfte wurde vom Org.-Büro überwacht und in einigen Fällen direkt angeleitet. Hier fanden in NRW, BW (Baden-Württemberg,d.Vf.) und WB (Westberlin,d.Vf.) größere Ausrichtungsbewegungen statt. Das Org.-Büro hat auf diesem Gebiet vor allem gegenüber NS (Niedersachsen,d.Vf.) nicht voll seine Aufgabe erfüllt; die seit langem vom Org.-Büro festgelegten Maßnahmen zur Stärkung und Sicherung einer korrekten Leitungsarbeit in NS wurde nicht scharf genug kontrolliert, so daß sich jetzt in der MTR große Engpässe zeigen."
Q: Der Parteiarbeiter Nr.7,Bochum Sept. 1971

September 1971:
In der Nr.7 des 'Parteiarbeiters', des Funktionärsorgans der KPD/ML-ZB (vgl. 7.7.1971, Okt. 1971) heißt es über den Neuaufbau von Betriebsgruppen auch, "man kann zum Beispiel in Niedersachsen (NS) und in BW (Baden-Württemberg,d.Vf.) von einem Neuaufbau im engeren Sinne sprechen."
Q: Der Parteiarbeiter Nr.7,Bochum Sept. 1971

27.11.1971:
Außerordentlicher Parteitag (AOPT) der KPD/ML-ZK.
Die erste Tagung wird, laut MLPD (2), wegen schwerwiegender organisatorischer Versäumnisse abgebrochen. Das ZK wurde mit der Vorbereitung der zweiten Tagung nicht beauftragt, "da es fragwürdig sei, ob vom ZK eine korrekte Vorbereitung erwartet werden könne. Das ZK sollte aber die politische Vorbereitung des außerordentlichen Parteitags weiterführen. … In der Vorbereitungskommission waren auch drei Mitglieder des Präsidiums des Parteitags, das am ersten Tag gewählt worden war. Zwei dieser Mitglieder unternahmen einen Putschversuch gegen das ZK. Sie versuchten durchzusetzen, daß die Vorbereitungskommission sich selbst ermächtigte, die Funktion des ZK zu übernehmen, während das amtierende ZK ausgeschaltet werden sollte. Es handelte sich bei den Putschisten um Leute aus Niedersachsen und Südwest. … Doch die Sprengung der KPD/ML war längst besiegelt. Sie zerfiel in zahlreiche Gruppen. Trotz seiner Bemühungen verblieben Ernst Aust nur die Gruppen Hamburg und München, wobei die Hamburger Gruppe ein paar Wochen später auch austrat."
Q: MLPD-ZK:Geschichte der MLPD,I. Teil,Stuttgart 1985,S.245f

02.12.1971:
Ein bislang unbekanntes Exekutivkomitee beim ZK der KPD/ML gibt das Faltblatt "Die bolschewistische Partei ist stärker als alle Liquidatoren" heraus. Dieses Exekutivkomitee, dem Ernst Aust vorsteht, wurde auf dem a.o. PT. der KPD/ML (vgl. 27.11.1971) gebildet, nachdem eine Mehrheit der Delegierten der Organisation den Rücken gekehrt hatte. In dem Faltblatt wird u.a. ausgeführt:"
Die Mehrheit der anwesenden Delegierten entschied sich dafür, offene Fraktionisten (die ihren Fraktionismus auch offen zugaben und sogar zum Prinzip erhoben), Elemente, die ganz eindeutig gegen die Beschlüsse der ersten Sitzung des Parteitages verstossen hatten, ja sogar die Partei als Popanz, der sofort augelöst werden muß, bezeichneten und ihre Anwesenheit auf dem Parteitag nur damit erklärten, daß sie bestimmte Verbündete (nämlich die etwas versteckteren Liquidatoren aus den Landesverbänden Südwest und Niedersachsen) mit ihrer Stimme noch unterstützen wollten, als stimmberechtigte Mitglieder auf dem Parteitag beließen. Diese Haltung beweist unmißverständlich den Verrat an den Prinzipien der bolschewistischen Partei, beweist den schleichenden und heimtückischen Liquidierungsversuch am demokratischen Zentralismus der Partei."
Ernst Aust zeichnet für diesen Aufruf des Exekutivkomitee beim ZK der KPD/ML-ZK verantwortlich.

Eingegangen wird auf dieses Dokument u.a. durch die KPD/ML-ZB (vgl. 8.12.1971) und durch den Landesverband Niedersachsen der KPD/ML-ZK (vgl. 9.12.1971).
Q: KPD/ML-ZK-ZK-EK:Die bolschewistische Partei ist stärker als alle Liquidatoren,Hamburg 2.12.1971; Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.94,Bochum 8.12.1971,S.17f; N.N. (ex-KPD/ML-ZK-LV Niedersachsen):Kampf den rechtsopportunistischen Spaltern der Partei,o.O. o.J.

08.12.1971:
Im Landesverband (LV) Niedersachsen der KPD/ML-ZK verfaßt die Landesleitung (LL) eine Einleitung zur ersten Nummer des innerorganisatorischen Organs 'Die Massenlinie', von dem bis zum Feb. 1972 noch mindestens drei weitere Nummern erscheinen. Enthalten ist aber auch ein Text von m/ll "Den Popanz 'Partei' liquidieren um die wirkliche Partei aufzubauen", der vom 9.12.1971 stammt.

Der Beitrag von gr/LL: "Die Arbeit der Landesleitung Niedersachsen seit dem außerordentlichen niedersächsischem Parteitag" stammt vom 5.12.1971, von der PZ 2 Hannover kommt der Beitrag "Versuch der LL Niedersachsen, den ideologischen Kampf abzuwürgen" vom 24.11.1971. Dazu erscheint auch die "Antwort auf die Kritik der PZ II an der LL" von K.-D. (LL).

Vom 8.12.1971 stammt der Beitrag der PZ II Hannover: "Kampf gegen das bürgerliche Verständnis der Kampf – Kritik – Umgestaltungskampagne", zu der auch die Bezirksleitung Südostniedersachsen (BL/SON) eine Stellungnahme abgibt. Vom 6.12.1971 aus Hannover kommt dazu eine "Stellungnahme des Gen. B. aus der LL zum Papier der BL/SON".

Ein Initiativkreis von etwa 30 Genossen aller Bereiche lädt zu einer Vollversammlung am 7.12.1971 im Heim der ESG Hannover ein, was nachgedruckt wird.

Vermutlich als Ergänzung der ersten 'Massenlinie' wird auch das Papier "Studiert die Maotsetungideen und wendet sie an! (Göttinger Beitrag zur 'Massenlinie')" verbreitet.
Q: Massenlinie,Hannover o. J. 1971; N. N.: Studiert die Maotsetungideen und wendet sie an! (Göttinger Beitrag zur 'Massenlinie',O. O. O. J.; N.N.:Der Anbetung der Spontaneität der Arbeiterbewegung die Anbetung der Spontaneität der eigenen Bewegung entgegensetzen?,Duisburg Feb. 1972,S.1

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09.12.1971:
Heute wird von der Landesleitung Niedersachsen der KPD/ML-ZK die folgende Resolution an den a.o. PT verfaßt:"
RESOLUTION DER LL NIEDERSACHSEN AN DEN AUSSERORDENTLICHEN PARTEITAG DER KPD/MARXISTEN-LENINISTEN

1.) In den Auseinandersetzungen um den korrekten Aufbau der Partei auf dem außerordentlichen Parteitag der KPD/ML hat die niedersächsische Delegation vertreten, daß, um den neo-revisionistischen Sumpf hinter sich zu lassen, mit der bisherigen Politik radikal gebrochen werden muß. Nach heftiger Kritik von der Basis der Partei sowohl an den verbalen Äußerungen vor allem jedoch an dem, was die LL bisher tatsächlich getan hat, richtet die LL folgende Resolution an den außerordentlichen Parteitag:

2.) Die LL erkennt selbstkritisch, daß ihre bisherige Haltung wie auch die Haltung sämtlicher niedersächsischer Delegierter prinzipienlos und inkonsequent war. Zwar wurde immer vom radikalen Bruch geredet, er wurde allerdings nicht wirklich in die Tat umgesetzt. So wurde einerseits die Kampf-Kritik-Umgestaltung (KKU,d.Vf.) gefordert, andererseits hielt man fest am 'nationalen Aufbau der Partei', ohne daß man sich bemüht hätte, die materialistische Grundlage für eine eventuelle Vereinheitlichung der Zirkel auf neuer qualitativer Stufe vorzubereiten und überhaupt zu ermöglichen.

3.) Eine solche materialistische Grundlage kann nur die selbstkritische Aufarbeitung seiner eigenen Politik sein, wobei diese Aufarbeitung selbst nur Teil eines Prozesses von Kampf-Kritik-Umgestaltung unter Einbeziehung sämtlicher bei uns organisierter Genossen sein kann. Die selbstkritische Aufarbeitung unserer Politik ist in Niedersachsen kaum begonnen, es liegen keinerlei greifbare Resultate auf dem Tisch, die als Ergebnis des ideologischen Kampfes eine Antwort darauf geben könnten, wie die Partei unter den gegebenen Bedingungen korrekt aufgebaut werden kann.

4.) Die LL Niedersachsen ist der Meinung, daß eine Fortsetzung des gegenwärtigen Parteitages weder eine prinzipienfeste Klarheit noch eine ebensolche Einheit schaffen kann. Unserer Meinung nach kann keine Delegation, die niedersächsische nicht ausgenommen, nachweisen, daß sie in der Lage ist, gegenwärtig mehr als subjektivistische Beiträge zur politischen Perspektive unserer Organisation und aller Kommunisten vorzuweisen. Eine Fortsetzung des außerordentlichen Parteitags sowie alle Spekulationen über Formen der nationalen Organisation zum gegenwärtigen Zeitpunkt bedeuten deshalb, der Prinzipienlosigkeit ein neues Mäntelchen umzuhängen, die alte Politik nur in Worten ablehnen, in Wirklichkeit aber fortsetzen.

5.) Unserer Meinung nach kann es sich nicht länger mehr darum handeln, unser politisches Handeln auf dem Boden politischer Plattformen oder Resolutionen zu entwickeln, die bestenfalls auf ihre innere formale Logik hin überprüfbar sind. Politische Diskussionen und Aktionen, auch und vor allem solche um den nationalen Zusammenschluß der Zirkel zu einer kommunistischen Partei, können nur mit solchen Beiträgen geführt werden, die nachweisbar im ideologischen Kampf entstanden sind und die die Gewähr dafür liefern, daß ihre Richtigkeit auch an der politischen Praxis überprüft werden kann. Nur so ist auch die Voraussetzung jeder ideologischen, politischen und organisatorischen Einheit, nämlich die prinzipienfeste Abgrenzung gegeneinander, möglich.

6.) Die LL ist nunmehr entschlossen, einen endgültigen Schlußstrich unter ihre verantwortungslose Politik zu ziehen. Der LV Niedersachsen wird keine Delegierten mehr zum außerordentlichen Parteitag schicken. Stattdessen werden wir mit allen Kräften die Kampf-Kritik-Umgestaltungskampagne im Landesverband unterstützen und uns der Kritik der Genossen stellen. Wir wollen wissen, was richtig und was falsch ist. Solange wir das nicht anhand unserer eigenen Fehler erarbeitet und erkämpft haben, lehnen wir es ab, auf nationaler Ebene organisatorische Fragen irgendwelcher Art zu diskutieren. Aus den oben genannten Gründen ist für uns auch eine inhaltliche Diskussion im nationalen Rahmen erst wieder möglich, wenn erste abgesicherte Ergebnisse der Kampf-Kritik-Umgestaltungskampagne in NDS vorliegen.

7.) Bis dahin werden wir nationale Kontakte nur in der Art wahrnehmen, daß wir allen Genossen sämtliches Material unserer Kampagne regelmäßig zur Verfügung stellen. Wir stellen uns damit auch national der Kritik. Wir werden jedoch jede Kritik als prinzipienlos und den Aufbau der Partei entlarvenden Beitrag entlarven, die nicht das Resultat auch selbstkritischer Erkenntnis ist.

8.) Im Rahmen der Kampf-Kritik-Umgestaltungskampagne werden wir entschieden auch gegen die auftreten müssen, die den gegenwärtigen Zustand dazu ausnützen, sich der Kritik durch Rückzug in das Studierstübchen zu entziehen, sowie gegen jene, die meinen jetzt nicht mehr eine nationale Partei auf dem konkret gemachten Boden des Marxismus-Leninismus und der Mao Tse-tung-Ideen aufbauen zu müssen. Nicht um das ob, sondern um das wie geht es.

9.) Als nächsten konkreten Schritt schlagen wir folgendes vor: Wir laden hiermit alle Delegierte aus allen LV's, die prinzipienfest am Aufbau der Partei mitarbeiten wollen, zu einem Termin nach Niedersachsen ein. Dieser Termin sollte unserer Ansicht nach Anfang Februar stattfinden, da bis dahin schon wesentliche Fragen formuliert sein können, über die sinnvoll diskutiert werden kann."

Zusammen mit der Resolution wird auch das folgende Papier verbreitet:"
ZUR PLATTFORM DES ZK DER KPD/ML (Ein Papier des Genossen U., nach gemeinsamer Diskussion geringfügig verändert durch die LL)

Die Herausgabe der Plattform stellt den entscheidenden Fall dar, in dem die Zentrale versuchte, programmatisch die Politik der Organisation zu bestimmen. Eine ausführliche Behandlung dieser Plattform ist allein deshalb notwendig. Hierzu kommt, daß dieses Dokument Anlaß war zur Zerschlagung der Partei, daß ferner im LV NDS die Ansicht verbreitet war und zum Teil noch ist, diese Plattform biete die Möglichkeit, als Grundsatzdokument für eine kommunistische Organisation zu dienen. Konkret gesprochen ist es so, daß allein die Interpretation theoretisch diesen LV daran hinderte, ohne Beschönigung die verhängnisvolle Rolle der Zentrale zur Kenntnis zu nehmen. Das einzige was diesen LV noch an die Zentrale bindet, ist eben diese seine Interpretation der Plattform, wie sie in den Materialien zum a.o. Landesparteitag (vgl. **.**.1971,d.Vf.) veröffentlicht ist. Grundtenor dieser Interpretation:
Nicht die Weisungen der Plattform sind falsch, sondern es sind allein Fehler bei deren Anwendung in der Praxis gemacht worden.

Der Anspruch der Plattform geht dahin, den Charakter der Aufbauperiode anzugeben, im Gegensatz zur entfalteten Partei. Quintessenz dieses Bemühens sind die Aussagen der beiden Hauptseiten Theorie und Zentralismus. Damit die entscheidende Frage für uns, ob mit diesen Aussagen etwas korrektes und spezifisches über die momentane Aufbauperiode der Partei überhaupt gesagt ist.

Wir sagen von uns, daß wir uns auf den Marxismus, den Leninismus und die Mao Tse-tung-Ideen berufen. Ebenso wie in der Zeit des ersten imperialistischen Weltkrieges ein grundsätzlicher Widerspruch bestand zwischen den Parteien, die sich im falschen Sinne auf den Marxismus beriefen und denen, die sich auf dessen konkrete Fortentwicklung den Leninismus beriefen, ebenso besteht heute ein grundsätzlicher Unterschied zwischen den verbalradikalen Revisionisten und den Marxisten-Leninisten, die sich auf den Marxismus-Leninismus unserer Zeit berufen, auf die Mao Tse-tung-Ideen: Alles was Marxisten-Leninisten heute politisch in Angriff nehmen, hat sich allein und ausschließlich zu orientieren an den MTI. Alles andere muß neorevisionistisch enden, weil bei isolierten Berufungen auf Marx, auf Lenin oder auf Stalin lediglich historisch vorgegangen wird, aus den Fehlern der damaligen Politik nicht gelernt wird, die heutige konkrete Situation nicht berücksichtigt wird, überhaupt der Fehler gemacht wird, von einer anderen Situation auf die unsere unmittelbar zu schließen. Ein mittelbarer Schritt ist möglich, der ist aber immer einer, der ausgeht von den Mao Tse-tung-Ideen: Wir lesen Marx, Engels, Lenin und Stalin allein und ausschließlich unter der Perspektive der Mao Tse-tung-Ideen. Alles andere ist theoretisch gesehen historischer Plunder, politisch gesehen eine Revision des Marxismus-Leninismus unserer Zeit, der MTI.

Wenn wir also in allen unseren Handlungen uns die MTI zur Grundlage und Richtschnur nehmen, dann ist die Frage, worin denn das speziell Neue des ML unserer Zeit besteht gegenüber dem Marxismus und dem Leninismus. Ohne Kenntnis dieses speziell Neuen, das es uns allein erlaubt von den MTI als dem ML unserer Zeit zu reden, ohnen einen Begriff vom Wesen der MTI, können wir verbal noch soviel nudeln, werden wir immer ins bürgerliche Fahrwasser des Neorevisionismus kommen.

DIE NEUE QUALITÄT DES ML IN DEN MTI IST AUFZUZEIGEN AN DEM BEGRIFF 'MASSENLINIE', AN DEM BEISPIEL DER GROSSEN PROLETARISCHEN KULTURREVOLUTION.
Die Kommunisten in der KPCh unter der Leitung von Mao Tse-tung setzten hier in einer konkreten Situation ein Beispiel dafür, wie die Partei des Proletariats den Kampf zwischen der proletarischen und der bürgerlichen Linie siegreich führen kann allein unter korrekter Anwendung des Prinzips der Massenlinie bezogen auf den Stand der Klassenkämpfe: in diesem Fall in der Phase der Diktatur des Proletariats in der besonderen Erscheinungsform der Einbeziehung weitester Teile der unorganisierten Massen des Volkes, in der Erscheinungsform der Großen proletarischen Kulturrevolution. Diese Erscheinungsform der Massenlinie ist beschränkt auf die Phase der Diktatur des Proletariats, das Wesen dieses Vorgehens dagegen nicht: Der Kampf zwischen den beiden Linien in der Partei kann nur siegreich geführt werden durch die korrekte Anwendung des Prinzips der Massenlinie in der jeweiligen Situation, wobei Massenlinie heißt weitestgehende Beteiligung der außerhalb der Führungsinstanzen der Partei stehenden Genossen und der außerhalb der Partei stehenden Massen an den ideologischen Kämpfen der Partei.

Das Prinzip Massenlinie hat demnach entgegen einem üblen bürgerlichen Vorurteil nichts damit zu tun, daß sogenannte Massen in regelmäßigen Abständen Pflichtübungen in formaler Demokratie absolvieren können, sondern es heißt konkret: Den ideologischen Kampf in der Partei führen unter Einbeziehung der außerhalb der Führungsinstanzen arbeitenden Genossen und weiterhin der Volksmassen: Diese Erkenntnis ist die Konsequenz aus der revisionistischen Entartung der ehemals proletarischen Organisationen, die den ideologischen Kampf abgeschlossen in irgendwelchen Zentralen und ZKs führten, sich bürgerlich von den Volksmassen abschlossen, und es so den bürgerlichen Agenten in der Partei ermöglichten, sich als bürgerliche Führer der Partei zu bemächtigen, die Partei bürgerlich zu korrumpieren, dem Proletariat seine Organisation zu nehmen.

Massenlinie heißt den ideologischen Kampf in der Partei des Proletariats zu führen unter (bezogen auf die konkrete Situation der Klassenkämpfe) WEITESTMÖGLICHER Einbeziehung der Massen in der Partei und außerhalb der Partei.

Gegenüber dem Prinzip der Massenlinie bezieht sich der Demokratische Zentralismus allein auf die Partei des Proletariats: Zwischen Massenlinie und Demokratischem Zentralismus gibt es keinen Gegensatz: DZ heißt, das Prinzip der Massenlinie angewandt auf die in der Partei organisierten Genossen. Auf der anderen Seite meint das Prinzip der Massenlinie mehr als DZ, weil es sich auch über den organisierten Rahmen der Vorhut hinaus erstreckt. Nur tritt es im Verhältnis zu den nicht in der Partei organisierten Volksmassen nicht in der Erscheinungsform des DZ auf, was im besonderen heißt nicht in der Erscheinungsform, die allein dem höheren ideologischen Niveau der Vorhut angemessen ist.

Von diesen grundlegenden Erkenntnissen aus haben heute Kommunisten ihre Politik zu entfalten. Alles andere ist neorevisionistisch, weil es nicht dem ML unserer Zeit entspricht, den MTI. (Von hieraus wird deutlich, weshalb das Statut der Partei ein revisionistisches Statut ist: Es geht vorbei an dem Prinzip der Massenlinie und kann daher den DZ nur begreifen im bürgerlichen Sinne als Zugeständnisse regelmäßiger formaler Demokratiespielereien: Es geht nicht vom Wesen der Sache, sondern irgendwelchen übernommenen Erscheinungsformen aus.)

ANGELPUNKT JEDER KOMMUNISTISCHEN ARBEIT IST DEMNACH DAS PRINZIP DER MASSENLINIE, DAS PRINZIP DES AKTIVEN KAMPFES UM DIE KORREKTE LINIE UNTER BEWUSSTER HINZUZIEHUNG DER MASSEN. Entscheidende politische Frage in der kommunistischen Arbeit ist: wie können und wie müssen wir in der augenblicklichen konkreten Situation dieses Prinzip der Massenlinie entfalten. Welche Erscheinungsform hat das Prinzip der Massenlinie in der augenblicklichen Situation des Parteiaufbaus?

Damit kommen wir zum entscheidenden Punkt der Kritik an der Plattform: wenn Kommunisten etwas aussagen wollen z.B. über die Besonderheit des Parteiaufbaus, dann muß das eine konkrete Aussage sein, wie erreicht werden kann, daß in allem, was die Partei tut, die Politik die Führung hat, dann muß eine politische Aussage gemacht werden darüber, wie der Kampf der zwei Linie geführt werden muß, dann muß gesagt werden, wie die Massenlinie und damit auch der DZ entfaltet werden muß. Anders ausgedrückt: eine Charakterisierung der Aufbauperiode der Partei ist eine Aussage darüber, in welcher spezifischen Erscheinungsform der Kampf zwischen den beiden Linien geführt werden muß unter den Bedingungen der Aufbausituation. Alles andere ist nicht orientiert an der Weisung, daß in allem die Politik die Führung inne haben muß, es ist mit Verlaub gesagt technizistische bürgerliche Scheiße. Ein Dokument einer proletarischen Organisation, das zu Fragen der Arbeitsweise dieser proletarischen Organisation etwas aussagen will oder in anderem Sinne programmatisch wirken will und dabei kein Wort über den Klassenkampf außerhalb oder innerhalb der Organistion sagt, seinen Bezugspunkt nicht an dem konkreten Stand der Klassenkämpfe nimmt, ist kein marxistisch-leninistisches Dokument, es ist theoretisch gesehen idealistische Sophisterei, politisch gesehen bürgerlicher Plunder. In diesem Sinne gilt das gleiche sowohl für das revisionistische Parteistatut wie auch für die Plattform und den Zwei-Wege-Artikel. Sämtliche programmatischen Äußerungen der Partei sind politisch gesehen neorevisionistisch, weil sie ihre theoretischen Grundlagen in einer Revision des ML unserer Zeit, der MTI, haben.

Die hier entfaltete Kritik ist grundsätzlicher Natur. Daneben ist es natürlich auch möglich, eine immanente Kritik an der Plattform zu entfalten, eine Kritik, die sich auf den Boden der theoretischen Grundlagen der Plattform stellt und von da aus nachweist, daß in sich die Aussagen der Plattform inkonsequent sind. Eine solche Kritik ist eine bürgerliche Kritik. Auch das soll hier versucht werden, um zu zeigen, daß die Plattform nicht einmal bürgerlichen Maßstäben genügt.

1. In der Plattform wird keine Beweisführung geliefert, weshalb gerade Hauptseite Theorie und Hauptseite Zentralismus für die Aufbauperiode gelten sollen. Dazu wäre es notwendig gewesen, eine Argumentationskette zu liefern, die ausgerichtet ist auf die Aufbauperiode im Gegensatz zu dem Reifestadium der Partei. Was angeführt wird zur Erläuterung der beiden Hauptseiten ist nicht spezifisch für die Aufbauperiode der Partei. Das wird ganz deutlich bei den Erläuterungen zur HAUPTSEITE ZENTRALISMUS: WAS DA ANGEFÜHRT WIRD, IST NICHTS ANDERES ALS DIE NOTWENDIGE VORAUSSETZUNG DES INNERORGANISATORISCHEN LEBENS FÜR SÄMTLICHE STADIEN DES PARTEIAUFBAUS (PA) - Unterordnung unter die Zentrale, Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit usw., all das sind keine Aussagen für die spezifische Situation des PA. Mit ihnen kann man keine Begründung dafür liefern, weshalb für die Aufbauphase Hauptseite Zentralismus gelten soll. Diese Behauptung ist deshalb rein willkürlich aus den Fingern gezogen. Ebenso schaut es aus bei der Festlegung der Hauptseite Theorie. Im Gegensatz zur Hauptseite Zentralismus wird hier wenigstens versucht, einen Ansatz von Begründung zu liefern: Allerdings lediglich einen Ansatz, der wiederum nicht in der Lage ist, das Spezifische der Aufbauperiode in den Griff zu bekommen: der Verweis auf die zu erstellende Klassenanalyse kann hier nicht hinreichend sein, weil deren Erstellung sich nicht auf die Aufbauperiode beschränkt, sondern selbstverständlich auch im Reifestadium der Partei fortläuft. Es ist daher nicht einsichtig, weshalb für die Aufbauperiode als Hauptseite Theorie, für das Reifestadium Hauptseite Praxis gelten soll.

2. Aus obigen Darlegungen folgt, daß die Plattform nicht in der Lage ist, konkret etwas über den Unterscheid der Aufbauperiode zum Reifestadium der Partei auszusagen. DAS ERGEBNIS DER PLATTFORM LIEGT ALLEIN DARIN, DASS SIE FESTSTELLT, AUFBAUPERIODE DER PARTEI HEISST, DASS FÜR DEREN ARBEIT ZU GELTEN HAT HAUPTSEITE ZENTRALISMUS UND HAUPTSEITE THEORIE.

Vom logischen Gesichtspunkt aus ist das eine Argumentation, die man als TAUTOLOGIE bezeichnet: keine neue Aussage, sondern eine Begriffsaufschlüsselung, ein Begriff wird erläutert, indem gesagt wird, was er in seiner Definition umfaßt. Ein gleicher tautologischer Schluß liegt vor in der Aussage: EIN SCHIMMEL IST EIN WEISSES PFERD. Das ist das gleiche wie die Aussage, die Partei aufbauen heißt, das die Arbeit genügen muß der Hauptseite Theorie und der Hauptseite Zentralismus.

In beiden Fällen wird wissenschaftlich nichts ausgesagt, sondern Begriffe definiert. Einmal der Begriff Schimmel, zum anderen der Begriff Aufbauphase der Partei.

Nun ist es so, daß auf die Frage eines Menschen, der keinen Schimmel kennt, danach, was denn ein Schimmel ist, die Antwort, ein weißes Pferd durchaus hilfreich ist, unter der Voraussetzung, daß er weiß, was ein Pferd ist und was die Farbe weiß ist, kann er sich dann einen konkreten Begriff von einem Schimmel machen. Und das deshalb, weil ihm zur Erläuterung etwas gegeben wird, was den Schimmel konkret ausmacht, er ist nämlich in der Tat ein Pferd und dazu ein weißes.

Hieraus merken wir, daß die Plattform nicht einmal von diesem hier deutlich gemachten formallogischen Standpunkt aus irgendetwas taugt: Mit der Aussage 'ein Schimmel ist ein weißes Pferd' kann ich etwas anfangen, mit der Aussage, 'die Aufbauphase der Partei ist bestimmt durch Hauptseite Zentralismus und Hauptseite Theorie' kann ich nichts anfangen, weil hier der Begriff Aufbauphase bestimmt wird mit den Begriffen, die dieser Aufbauphase überhaupt nicht spezifisch zukommen, wie unter 1. gezeigt. Die Aussagen der Plattform sind bei aller subtilen Verpackung unsinnig ebenso wie die Aussage: ein Schimmel ist ein weißes Pferd.

Die Unsinnigkeit gewinnt sogar noch eine höhere Potenz dadurch, daß bei unserem Schimmelbeispiel die Erläuterung eine klare Bedeutung hat: Was ein Pferd ist, ist klar. Deshalb hat die Aussage, ein Schimmel ist ein Pferd, nicht den Charakter der Unsinnigkeit, sondern der Unvollkommenheit. Beim Beispiel der Plattform ist es nun aber so, daß die Begriffe, die zur Erläuterung der Aufbauphase dienen sollen, keine konkrete Bedeutung haben, sie nicht einmal in sich definiert worden sind (was bedeutet Hauptseite Theorie), sie darüber hinaus so, wie sie vage bestimmt worden sind, überhaupt nicht für die Aufbauperiode der Partei spezifisch sein können.

Zusammengefaßt: der Versuch der Plattform, die Aufbauperiode im Gegensatz zur Reifeform der Partei zu charakterisieren, ist völlig daneben gegangen. Und das deshalb, weil die Begriffe, mit denen 'Aufbauperiode der Partei' bestimmt worden ist, einmal nicht konkret bestimmt sind, es ist unklar, was sie überhaupt meinen, zum anderen aber in den Erläuterungen ausgesagt wird, daß diese Begriffe nicht spezifisch für die Aufbauperiode sind. Im Griechischen sagt man dazu 'Galimathiasis', idealistisches Gerede.

Unter der Voraussetzung, daß in der Plattform, abgesehen von der Beweisführung, für die konkrete politische Arbeit etwas drin steht, daß also versucht wird, den sogenannten Hauptseiten interpretatorisch einen Sinn zu geben, unter dieser Voraussetzung folgt und kann aus der Plattform für die Hauptaufgabe der Partei in der Aufbauperiode nur eines folgen: HAUPTAUFGABE KLASSENANALYSE. Die später von der Zentrale als verbindliche formulierte Hauptaufgabe der Partei steht in keinem noch so minimalen Kontext zur Plattform: auf der Grundlage der Plattform läßt sich die Hauptaufgabe nicht in der bekannten Form formulieren. Hier liegt offen zutage, wie Leute, die sich nicht genug tun können mit ihrem Schwadronieren von der Wichtigkeit irgendwelcher 'theoretischer' Arbeiten, unberührt von theoretischen Skrupeln das, was sie in der augenblicklichen Situation für richtig halten, 'theoretisch' verbrämt in der Organisation durchpeitschen: hier wird nicht theoretisch gearbeitet, hier werden naive Genossen hinters Licht geführt von bürgerlichen Möchte-Gern-Intellektuellen, die ohne Skrupel völlig eklektizistisch einen Erguß an den anderen reihen, bar jeder Einsicht in die politischen Konsequenzen ihres Tuns.

In theoretischer Hinsicht ist es notwendig, sich Klarheit darüber zu verschaffen, wie es dazu gekommen ist, daß die Plattform im LV NDS zum Grundlagenpapier bis vor kurzem hochstilisiert werden konnte. Der entscheidende Punkt liegt meiner Ansicht nach darin, daß ausgehend von der Einsicht, daß theoretische Grundsatzpapiere nicht von einzelnen Genossen verfaßt und in die Praxis übertragen werden können, ohne daß sie intensiv in der Organisation diskutiert, beraten und letztlich verbessert werden, ausgehend davon ist die Plattform in Niedersachsen länger als ein Jahr diskutiert worden. Auf diese Weise war es allein möglich, die hier vorgelegte Kritik zu erarbeiten. Wichtig ist bei allem ein Begriff davon, wie diese Diskussion im LV schrittweise das Material zur Entlarvung der Plattform bereitstellte:

1.) Die erste systematisierte Fassung der Plattformdiskussion ist niedergelegte worden in dem Papier 'Der Widerspruch zwischen Theorie und Praxis und unsere derzeitige Hauptaufgabe' (vgl. **.**.1970,d.Vf.). Dieses Papier diente als Grundlage für die Diskussion zwischen Zentrale und LL im Sommer letzten Jahres. Dieses Papier liegt vor. Es braucht nicht ausführlich wiedergegeben zu werden, entscheidend scheint mir an ihm zu sein, daß es die alogische Struktur der Plattform erkannt hat, daß es die Unsinnigkeit deren Beweisführung durchschaut, daß es auf dieser Grundlage zu einer korrekten Formulierung der Hauptaufgabe der Partei in der Aufbauperiode kommt über das theoretische Hilfsmittel, daß es festmacht an dem unterschiedlichen Charakter der Arbeit der verschiedenen Parteiebenen und dabei die sogenannte 'theoretische' Arbeit ausdrücklich in den Leitungsgremien der Partei bleibt.

Grundsätzlicher Fehler dieses Papiers ist, daß es hängen bleibt in einer technischen Sicht, daß es nicht ausgeht von der ideologischen Frage des Kampfes der zwei Linien in der Partei.

2.) Der zweite Schritt der Plattformdiskussion wird bezeichnet durch das Gespräch mit der Zentrale (vgl. **.**.197*,d.Vf.). Durch sophistisches Vorschieben der zweifellos vorliegenden theoretischen Fehler unseres Papiers wird das ansatzweise richtige Vorgehen von einem Zentralemitglied bürgerlich zerschlagen. Wir beugen uns seiner bürgerlich-theoretischen Autorität und fortan liegt der gesamten Diskussion im LV NDS zugrunde, daß die Aussagen der Plattform korrekt sind, daß es für uns lediglich darauf ankommt, den Aussagen einen korrekten 'Inhalt' oder 'Sinn' zu geben: der anfängliche korrekte Beginn einer grundsätzlichen Kritik an der Plattform wird von uns verlassen. Das wird verstärkt durch offensichtlich schwachsinnige 'Interpretationen' der Plattform durch andere LVs der Partei mit dem Ergebnis, daß wir in die Rolle des bedingungslosen Verfechters der Plattform uns drängen lassen und dadurch noch weiter von der anfänglich angefangenen korrekten Kritik uns entfernten. Das wird dann weiter verschärft durch den Kampf gegen den KJVD (der KPD/ML-ZB,d.Vf.), dem wir antithetisch glauben antworten zu müssen. Das heißt die Plattform vertreten müssen mit allen möglichen Eiertänzen, um ja nur die Korrektheit der Hauptseiten belegen zu können.

3.) Diese Versuche führen schon frühzeitig dazu, daß wir erkennen, daß wenn diese Plattform überhaupt einen Sinn haben soll, dann die Weisung nach Hauptseite Theorie der nach Hauptseite Zentralismus übergeordnet sein muß. Dieser entscheidende Schritt zur Entlarvung der Plattform wird getan im Kampf gegen die falsche Politik, die von Hamburg getragen wurde. Es ist niedergelegt im ersten RG-Mitteilungsblatt (vgl. **.**.197*,d.Vf.). Ausgehend von dieser Erkenntnis, in der schon angelegt ist ein Begriff vom Primat der Politik wurde Hamburg ausgeschlossen (vgl. **.**.,197*,d.Vf.) und in der Folgezeit der Kampf gegen die bürokratische Abweichung in Hannover geführt. Diese Stufe des Begreifens hat meiner Ansicht nach allein der LV NDS erreicht.

4.) Weiterer Punkt des Begreifens war gegeben durch die Diskussion der Hauptaufgabe der Partei. Wegen der offensichtlichen atheoretischen Argumentation anderer Genossen, verbissen wir uns weiter in die Plattform und vertraten von daher konsequent die Hauptaufgabe Klassenanalyse. Dabei wurde uns die Falschheit unserer Argumentation in diesem konkreten Fall deutlich: wir akzeptierten die von der Mehrheit formulierte Hauptaufgabe und standen nun vor der Aufgabe, diese Formulierung mit der Plattform in einen Zusammenhang zu bringen. Diese Versuche nahmen mehrere Monate in Anspruch.

5.) Hier war entscheidend die Erkenntnis, daß diese Verbindung nur hergestellt werden könnte, wenn für die Plattform die Unterscheidung zwischen Erscheinungsform und Wesen eingeführt wird. Dieser Stand der Diskussion schlägt sich nieder in den Dokumenten zum außerordentlichen Landesparteitag in Niedersachsen (vgl. **.**.197*,d.Vf.).

6.) In diesem Papier wird der Knoten zerhauen: führt man die Unterscheidung zwischen Wesen und Erscheinungsform ein und arbeitet man sie korrekt durch, so wird ersichtlich, daß eben das Wesen der in der Plattform erörterten Frage, der Kampf zwischen den beiden Linien dort überhaupt nicht berührt wird, wird ersichtlich, daß die Plattform nicht zu retten ist, daß der Ausgangspunkt der früheren niedersächsischen Diskussion fallengelassen werden muß. es ist nicht so, daß die Aussagen der Plattform korrekt sind, Fehler lediglich bei deren Übertragung in die Praxis aufgetreten sind, sondern die Plattform ist BÜRGERLICH ANGELEGT, sie bietet keinen Zutritt in theoretischer Hinsicht zu den ideologischen, politischen Problemen, vor denen wir stehen.

Im Zusammenhang dieser Erörterung stellt sich eine Frage, deren Beantwortung von Bedeutung ist in der innerorganisatorischen Auseinandersetzung. Der LV NDS hat eingestandenermaßen in der Vergangenheit irrige Ansichten in Grundfaregn vertreten. Wichtigstes Beispiel ist hierfür die Haltung in der Frage der Hauptaufgabe der Partei. Dessen ungeachtet vertritt der LV den Anspruch, der fortschrittlichste der Partei zu sein. Wie reimt sich das zusammen?

Bei dieser Frage macht sich geltend, das, was zu Beginn dieses Papiers in den beiden ersten Thesen vertreten wird. Entscheidend ist für Kommunisten letztlich nicht das, was sie sagen, sondern das, was sie tun. Mit dieser Feststellung ist der grundlegende Unterschied gemeint zwischen theoretischer Qualifikation im bürgerlichen Sinne und der ideologischen Qualifikation. Eine ideologische Qualifikation ist niemandem in die Wiege gelegt, auch nicht solchen Leuten mit der schwieligen Proletarierfaust. Sie muß erworben, erarbeitet, ERKÄMPFT werden in systematisch geführten Klassenauseinandersetzungen. Allein diese Erkenntnis zeugt ungeachtet des theoretischen Ausdrucks , dessen sie fähig ist, von einem ungleich höheren ideologischen Niveau als jede theoretisch-technische Fähigkeit, die noch so schillern und oberflächlich ins Auge springen mag. Die vergangene Politik des LV NDS war in der Hauptseite getragen von der korrekten politischen Linie. Eine entscheidende Klippe hat dieser LV jedoch noch zu überwinden: das ist der Nachweis der Prinzipienfestigkeit in der Frage der Plattform. Um es noch einmal zu sagen: theoretische Hilflosigkeit ist äußerst hemmend für eine korrekte Arbeit, aber niemals ein Beinbruch, solange die Einsicht in diesen Mangel vorliegt und konsequent darangegangen wird, ihn zu überwinden. Entscheidend in diesem Zusammenhang und in der politischen Konsequenz bedenklich ist im LV NDS die Tatsache, daß die theoretische Konfusion, die sich ergeben hat bei der Diskussion des Zusammenhangs von Plattform und Hauptaufgabe der Partei, wohl erkannt, aber nicht mit Nachdruck aufgehoben wird. Symptomatisch sind die Veröffentlichungen zu diesem Problem in den Materialien zum außerordentlichen Parteitag (vgl. **.1*.1971,d.Vf.). Ihre Grundtendenz besteht nicht darin, diese Problematik gezielt anzugehen, sondern vielmehr mit irgendwelchen Floskeln als nebensächlich in den Hintergrund zu schieben, Ganz bedenklich ist dabei, daß das geschieht unter politischer Diffamierung der vergangenen Bemühungen um die Lösung dieser Frage als bürgerliche Sophisterei. Hier wird genau das erreicht, was wir bisher zurecht in der Partei gegeißelt haben: eine in der Konsequenz verhängnisvolle Abwertung des Bemühens um den adäquaten theoretischen Ausdruck der jeweiligen entfalteten Politik, Abbau der notwendigen Pflicht der Leitungsgremien der Partei ihre Politik für die Genossen einsichtig theoretisch zu begründen und als korrekt zu erweisen (Massenlinie!). Hier wird eben keine wirklich begriffene Politik entfaltet, sondern das bedingungslos übernommen, was irgendwelchen Gremien vorgesetzt wird. Hier sind Schritte unternommen worden, die der Entfaltung einer korrekten Politik, d.h. der korrekten Entfaltung der Massenlinie entgegenstanden! Mag noch so sehr das Gegenteil behauptet werden! Wenn über die Grundlagen der Politik nicht theoretisch korrekt diskutiert werden kann, dann kann es auch nicht die Frage nach richtig und falsch geben und damit auch keine Rechenschaft vor den Genossen, sondern allein eine metaphysische Verpflichtung der Genossen auf die Leitung: sie wird es eben schon halt richtig machen. Genau das sind die Anfänge einer Politik, wie wir sie in der Partei auf nationaler Ebene überall haben."

Kritisiert wird dieses Papier u.a. in:
- NRW in Duisburg (vgl. Feb. 1972).

Zusammen mit den obigen Texten wird auch der folgende Text verbreitet:"
KAMPF DEN RECHTSOPPORTUNISTISCHEN SPALTERN DER PARTEI

Die Vertreter der rechtsopportunistischen Linie haben den Parteitag verlassen, nachdem sie hoffnungslos isoliert worden sind. Sie erkennen den Parteitag nicht mehr als das höchste Gremium der Partei an und usurpieren den Roten Morgen. Sie bezeichnen sich jetzt als die wahre, die bolschewistische KPD/ML und beanspruchen die Führung über die Partei. Damit haben sie die partei gespalten und versuchen sie weiter zu spalten. Zu diesem Zweck verbreiten sie zwei Papiere, eine Öffentliche Erklärung (ÖE) mit dem Titel 'Die bolschewistische Partei ist stärker als alle Liquidatoren' (vgl. 2.12.1971,d.Vf.) und ein internes Papier (IP) mit der Überschrift 'Zur Entwicklung der Widersprüche in der Partei' (vgl. **.12.1971,d.Vf.). Diese Papiere wollen wir ausführlich kritisieren, um den rechtsopportunistischen Spaltern die bolschewistische Maske vom Gesicht zu reißen.

Bevor wir die unverschämten Lügen widerlegen, mit denen die Rechtsopportunisten die Spaltung zu rechtfertigen suchen, wollen wir die Linie kritisieren, die sie vertreten.

POLITIK IM NACHTRAB DER SPONTANEN ARBEITERBEWEGUNG

Die Rechtsopportunisten behaupten, daß das Klassenbewußtsein im spontanen Kampf entsteht, daß die Partei es nicht in die Arbeiterbewegung hineintragen muß. Ihre Aufgabe beschränkt sich darauf, etwas, was im wesentlichen schon da ist, etwas zu vergrößern, eine Entwicklung, die auch ohne sie stattfindet, etwas zu beschleunigen.

'Das proletarische Klassenbewußtsein bildet sich, wenn auch nur in wenig entwickelter Form, und wenn es auch überlagert wird von bürgerlichen Ideen, im spontanen Prozeß. Die Aufgabe der Kommunisten ist es nicht, das 'Klassenbewußtsein in die Arbeiterbewegung hineinzutragen!' sondern sie müssen, wie Lenin es formuliert hat, das Klassenbewußtsein der Arbeitern 'entwickeln'.' (IP S.14)

Nach Art aller Ökonomisten wird der qualitative Unterschied zwischen dem Klasseninstinkt, der Vorstellung vom Grundwiderspruch und dem Zusammenspiel von Kapital und Staat, und dem Klassenbewußtsein, der Vorstellung von der Notwendigkeit der gewaltsamen Zerschlagung des Staatsapparates und der Eroberung der politischen Macht, geleugnet. Zu dieser Vorstellung gelangt das Proletariat nicht allein aufgrund seiner Klassenlage, sie muß ihm von außen gebracht werden. Daß es sie so leicht annimmt liegt an seiner Klassenlage.

Es ist eine Unverschämtheit, wenn sich die Revidierer des M/L bei ihrer Verfälschung auch noch auf Lenin berufen. Lenin spricht in 'Was tun' sowohl vom 'hineintragen' als auch von 'Entwicklung' des Klassenbewußtseins. Unter 'Entwicklung' versteht er aber ausdrücklich nicht Entwicklung 'von innen heraus' anknüpfend an die Vorstellung von der Notwendigkeit eines ökonomischen Kampfes gegen Unternehmer und Regierung, sondern eben Entwicklung durch Hineintragung 'von außen'! (Vergl. AW Bd. I S. …11 (eine Zahl unleserlich,d.Vf.))

Zur weiteren Rechtfertigung ihrer spontaneistischen Auffassung machen die Rechtsopportunisten einen Unterscheid zwischen Hineintragen des wissenschaftlichen Sozialismus und Hineintragen des Klassenbewußtseins in die Arbeiterbewegung. Angeblich wird nur der erstere hinein getragen (IP S.4). Das Klassenbewußtsein kann aber nur aufgrund wissenschaftlicher Einsichten, die von außen in die Arbeiterbewegung hineingetragen werden, entstehen. Hineintragen des wissenschaftlichen Sozialismus ist gleich Hineintragen des Klassenbewußtseins. Lenin hat diese unsinnige Unterscheidung nie gemacht.

'Wir haben gesagt, daß die Arbeiter ein sozialdemokratisches Bewußtsein GARNICHT HABEN KONNNTEN. Dieses konnte ihnen nur von außen gebracht werden. Die Geschichte aller Länder zeugt davon, daß die Arbeiterklasse aus eigener Kraft nur ein trade-unionistisches Bewußtsein hervorzubringen vermag…' (AW Bd.I S.166)

Was nun? Wollt ihr euch immer noch auf Lenin berufen oder ist er jetzt auch ein Liquidator? Muß Lenin jetzt nachträglich aus der Bewegung ausgeschlossen werden?

Das Hineintragen des Klassenbewußtseins ist also eine notwendige Bedingung für die erfolgreiche sozialistische Bewegung. Die Klassenlage, die Entwicklung der objektiven Widersprüche sind keine ausreichenden Bedingungen. Jede Herabminderung der Rolle des bewußten Elementes ist objektiv Verrat an der Revolution, weil dadurch das Proletariat der Vorherrschaft der bürgerlichen Ideologie überlassen bleibt. (AW Bd.I S.175)

Die spontaneistische Auffassung der Rechtsopportunisten läuft letzten Endes auf die revisionistische Theorie der Produktivkraft hinaus. Das Proletariat wird aufgrund der Verschärfung der Widersprüche schon zum Klassenbewußtsein kommen und die sozialistische Revolution machen. Die Partei braucht sich nicht anzustrengen, das Klassenbewußtsein zu entwickeln. Sie hält sich immer im Nachtrab der spontanen Arbeiterbewegung, macht eine bürgerliche Politik bis die große Stunde schlägt. Vergl. Stalin 'Über die Grundlagen des Leninismus' S.25ff

DIE SCHEU VOR PUBLIZITÄT

Die Rechtsopportunisten wehren sich dagegen, daß im ZO auch der Kampf gegen Abweichungen in der Partei geführt wird, der RM soll nur den Kampf nach außen führen. Anderenfalls soll der Einheit der Partei Schaden zugefügt werden. Vergl. ÖE S.2 und Antrag des LV Bayern zum ZO (vgl. **.**.1971,d.Vf.). Sie haben Angst, daß sie vor den Massen kritisiert werden und Selbstkritik leisten müssen, sie haben Angst vor einer Massenbewegung gegen die falschen Ansichten in der Partei. Sie wollen nicht von den Massen lernen und die Massen im Kampf zweier Linien erziehen. Für die Massen soll es immer nur eine Linie geben. Das sind die revisionistischen Praktiken, nur Revisionisten müssen fürchten, daß die Massen sie zum Teufel jagen.

Wie die Revisionisten tarnen unsere Spalter ihre Scheu vor der Publizität mit der Theorie von der Rückständigkeit der Massen. Die Massen würden nicht verstehen, daß es Widersprüche in der Partei gibt, sie würden dadurch abgestoßen. Der LV Bayern behauptet, daß der RM Verkauf vor den Betrieben seit Einführung der Spalte 'Kritik und Selbstkritik' zurückgegangen sei und schließt daraus, daß sie eingestellt werden muß. Niemand verlangt, daß im ZO hauptsächlich der Kampf gegen Abweichungen in den eigenen Reihen geführt wird, aber er muß auch hier geführt werden.

DIE UNFÄHIGKEIT ZU KRITIK UND SELBSTKRITIK

Die Rechtsopportunisten geben nie zu, daß sie eine falsche, eine bürgerliche Linie vertreten haben. Hauptfehler des ZK soll es sein, daß es die richtige Linie nicht genügend verteidigt habe. Die Abweichungen sind angeblich an der Basis entstanden. Das ZK hat sie nicht genügend kritisiert. Daß dieser Fehler nur ein Ausdruck von vielen einer spontaneistischen Linie zum Parteiaufbau ist, wird nie zugegeben (ÖE S.1, IP S.2). Die Fehler sollen dadurch behoben werden, daß dieses ZK, das völlig versagt hat, auch nach Eingeständnissen der Rechtsopportunisten, auch noch freigestellt wird (IP S.2), dann hat es mehr Zeit, um die Abweichungen der Basis zu bekämpfen. Wenn die Rechtsopportunisten ernsthaft Selbstkritik leisteten, dann müßten sie ja die Konsequenzen ziehen, abtreten und sich an der Basis bewähren, dann wäre ja der Traum von der Freistellung aus.

Genauso unfähig wie zur Selbstkritik sind die Rechtsopportunisten auch zur Kritik. Nur mit Lügen und Demagogie können sie ihre Linie durchsetzen und ihre Posten behaupten. Sie behaupten in ihrer öffentlichen Erklärung frech, die 'offenen und versteckten Liquidatoren' meinten: 'Der Rote Morgen sollte nicht das einheitliche Organ der Parteizentrale (Zentralorgan) sein, sondern ein Forum mehrerer Zirkel zur Führung des ideologischen Kampfes (Zirkelorgan)'. Sogar die offenen Liquidatoren wollten, daß in ihrem theoretischen Organ eine einheitliche Linie vertreten wird, die Abweichungen kritisiert werden, auch die in den eigenen Reihen. Das ist die Aufgabe eines jeden Zentralorgans. Wir haben gerade die Koexistenz zweier Linie im ZO, wie sie das ZK bisher betrieben hat, kritisiert und jetzt unterstellt ihr uns euren Fehler, nämlich das Zentralorgan zum 'Forum' verschiedener Linien machen zu wollen. Das ist eine alberne Retourkutsche und reine Demagogie.

BÜROKRATISCHER ZENTRALISMUS

Die Rechtsopportunisten möchten jeden ausschließen, der sie grundsätzlich kritisiert. Dadurch wollen sie sich eine Mehrheit zurechtzimmern. Zur Begründung dieses Vorwurfes berufen sie sich auf die revisionistische Theorie vom gefügigen Werkzeug. Wer einmal einen Beschluß verletzt, soll automatisch ausgeschlossen werden. Dazu berufen sie sich auf das Statut, das in dieser Frage tatsächlich revisionistische Abweichungen enthält: 'Die Partei entfernt aus ihren Reihen diejenigen, die das Statut, die Beschlüsse sowie die Disziplin verletzen.' An anderer Stelle heißt es allerdings, daß man mit Ausschlüssen vorsichtig umgehen soll und es bei Verstößen gegen die Disziplin auch noch andere Parteistrafen gibt. Allerdings ist nirgends festgehalten, daß man jedem Genossen die Möglichkeit geben muß, seine Fehler einzusehen und zu korrigieren und daß Ausschlüsse nur bei überführten Agenten und absolut besserungsunwilligen Elementen gerechtfertigt sind. Vergl. das neue Statut der KPCh. Die Rechtsopportunisten haben auf dem Parteitag allen Ernstes versucht, die Mehrheit der Delegierten aus der Partei auszuschließen, um so aus einer Minderheit eine Mehrheit zu machen:
'denn für Marxisten-Leninisten konnte es auf dem Parteitag nur eine Konsequenz geben: Die Aufrechterhaltung der bolschewistischen Partei und die Säuberung der parteifeindlichen Elemente, der Liquidatoren aller Schattierungen' (ÖE S.3).

Als sie damit natürlich keinen Erfolg hatten, haben sie sich selbst hinausgesäubert. Die Mehrheit war der richtigen Meinung, daß man auch antagonistische Widersprüche innerhalb der Partei zunächst wie nichtantagonistische Widersprüche behandeln muß, um zu versuchen, doch noch in der Partei eine möglichst große Einheit zu erzielen und die wenigen bewußten Spalter vollkommen zu isolieren. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß nicht schon die Spaltung praktisch vollzogen ist, wie es jetzt die Rechtsopportunisten getan haben. Dann ist der ideologische Kampf nur noch von Organisation zu Organisation möglich."

Gemeinsam mit den obigen Papieren erscheint auch das folgende:"
Kampf den Zirkeltheoretikern - Kritik der H. und K. 'Thesen zum Kampf gegen den Ökonomismus' (vgl. **.**.1971,d.Vf.)

Die Thesen sind zu einer Plattform für die Spaltung der Partei geworden. Es ist notwendig, sich eingehend mit ihnen auseinanderzusetzen und in der Auseinandersetzung die richtige Position zu entwickeln.

Der Kern der Thesen ist die Stadientheorie (erst die revolutionäre Theorie schaffen, dann die Partei gründen) und die Auffassung, daß diese Theorie hauptsächlich durch ein theoretisches Organ geschaffen wird. Die Konsequenz ist die Auflösung der Partei; an ihrer Stelle die lose Vereinigung von lokalen Zirkeln um ein theoretisches Organ herum. Die Genossen haben für sich diese Konsequenz bereits gezogen. Sie sind aus der letzten LDK (vgl. **.**.1971,d.Vf.) ausgezogen, als diese ihre Auffassungen zurückwies und beginnen auf eigene Faust mit der Herausgabe eines theoretischen Organs.

Zur Stadientheorie

Sie kommt am klarsten in folgendem Satz zum Ausdruck:
'Anstatt sich dem wissenschaftlichen Sozialismus zuzuwenden und die anstehenden theoretischen Fragen anzugehen, um dadurch den bürgerlichen Charakter der 2.-Juni-Bewegung zu überwinden, um dann den praktischen Ausdruck dieser Theorie zu schaffen, d.h. die revolutionäre Partei des Proletariats, stürzte man sich in die Tageskämpfe der Arbeiter, die man zum revolutionären Klassenkampf hochstilisierte.'

Erst die Theorie der Revolution in der BRD schaffen, dann die Partei schaffen. Diese Stadientheorie wird in den Thesen mit keinem Wort begründet. In mündlichen Äußerungen berufen sich die Verfasser auf die Geschichte der KPdSU(B) und entsprechende Lenin-Zitate. In Rußland war es in der Tat so, daß erst die revolutionäre Theorie ausgearbeitet wurde, bevor die Partei geschaffen wurde und Lenin hat mehrfach darauf hingewiesen, daß das Programm, das auf der revolutionären Theorie fußt, der entscheidende Hebel zur Vereinheitlichung der Partei ist. Das heißt aber nicht, daß die Partei nur so wie in Rußland geschaffen werden kann. Die Tatsachen sprechen eine andere Sprache. Die chinesische Partei wurde gegründet, obwohl die Linie noch nicht ausgearbeitet war. Auch die spanische Bruderpartei (PCE/ML,d.Vf.) hat ihr Programm erst nach der Gründung schrittweise geschaffen. Es ist also unsinnig beweisen zu wollen, daß das Programm nicht in der demokratisch-zentralistischen Partei ausgearbeitet werden kann oder, daß das Programm nicht von einem Zirkel ausgearbeitet werden kann. Beide Wege haben in der Geschichte zum Erfolg geführt. Wir müssen untersuchen, welcher für uns der richtige ist.

In Rußland stellte sich dieses Problem überhaupt nicht. Die russischen Revolutionäre haben nicht bewußt erst die Theorie und dann die Partei geschaffen. Es war so, daß nicht einmal klar war, ob Rußland überhaupt ein kapitalistisches Land wird und die sozialistische Revolution möglich war. Natürlich mußte diese Frage geklärt werden, bevor man eine Parteigründung in Angriff nahm. Außerdem fehlte damals nicht nur die revolutionäre Theorie für Rußland, sondern überhaupt die Theorie des Imperialismus. Auch die Prinzipien des Aufbaus eines kommunistischen Partei waren noch nicht entwickelt. Schließlich waren die äußeren Bedingungen für den organisatorischen Aufbau einer Partei ungünstig, ständig Verhaftungen, Verbannung, Exil.

Wir haben eine ganz andere Ausgangssituation. Die allgemeine Theorie des Zeitalters des weltweiten Untergangs des Imperialismus und des weltweiten Sieges des Sozialismus liegt in der Gestalt der Mao Tse-tung-Ideen vor. In den imperialistischen Ländern kennen wir das Etappenziel der Revolution, die gewaltsame Zerschlagung des Staatsapparates und die Errichtung der Diktatur des Proletariats, den Hauptfeind, die einheimische Monopolbourgeoisie, und die führende Kraft in der Revolution, das einheimische Proletariat. Wir wissen um die Notwendigkeit einer bolschewistischen Partei und um ihre Organisationsprinzipien. Aus den Erfahrungen der internationalen Arbeiterbewegung und unseren eigenen Erfahrungen können wir lernen, wie eine solche Partei aufgebaut werden muß. Dies reicht als ideologische Basis aus, um Revolutionäre zu sammeln und in einer demokratisch-zentralistischen Organisation zu organisieren. Tatsächlich sind auf dieser Basis die Partei und andere ml Organisationen entstanden. Wenn die fortschrittlichsten Menschen in der BRD aufgrund ideologischer Einsicht den Wunsch haben, sich mit allen Verbindlichkeiten und Konsequenzen in einer Partei zu organisieren, soll man sie dann zurückzerren, ihnen sagen, ihr dürft noch nicht, ihr müßt erst was anderes machen? Wenn die Partei nicht recht vorangekommen und die Bewegung so zersplittert ist, dann liegt das nicht daran, daß es unmöglich ist, erst die Partei zu gründen und dann die Theorie zu erarbeiten, sondern daran, daß wir keine Linie für den Parteiaufbau entwickelt haben, ihn nicht planvoll angegangen sind, sondern spontaneistisch vorgingen. Es ist keineswegs so, wie einige Genossen meinen, daß die Partei hoffnungslos versumpft ist und der ideologische Kampf keine Besserung mehr herbeiführen könnte. Trotz der schweren Fehler hat sich die Partei weiterentwickelt: das ideologische und theoretische Niveau hat sich gehoben. Es sind zahlreiche fähige Kader und Sympathisanten herangebildet worden. Der ideologische Kampf auf dem Parteitag beweist, daß die Partei aus ihren Fehlern lernt, falsche Linien korrigiert werden können. Allerdings ist richtig, daß die Einheit der Partei und damit auch die Verwirklichung des demokratischen Zentralismus erst nach Erarbeitung des Programms einen entscheidenden Schritt vorwärts machen können, denn die Partei ist eine politische Organisation und wird hauptsächlich durch die Politik bestimmt, die sie macht. Die Politik kann erst durch das Programm korrekt auf das Ziel der Partei ausgerichtet werden, was natürlich nicht heißt, daß man vorher keine Politik machen kann. Der entscheidende Mangel der ml Bewegung in der BRD, und insofern haben die Zirkeltheoretiker Recht, ist der, daß in der Auseinandersetzung mit den Revisionisten und der Studentenbewegung keine revolutionäre Theorie für die BRD entwickelt wurde, sondern diese Auseinandersetzung nur auf der Ebene der Grundprinzipien des Marxismus, des Leninismus und der Mao Tse-tung-Ideen geführt wurde. Dieser Mangel muß so schnell wie möglich behoben werden.

So schnell wie möglich, d.h. eben auch im Rahmen des demokratischen Zentralismus der Partei. Sie verfügt über viel bessere Möglichkeiten, die Theorie auszuarbeiten, als eine lockere Vereinigung von Zirkeln. Demokratischer Zentralismus d.h. Konzentrierung der richtigen Ideen durch eine Führungsgruppe, Zurückweisung der falschen Ansichten, d.h. Arbeisteilung bei einheitlicher Führung, planvolle, arbeitsteilige Untersuchungsarbeit. Bei einem losen Verband von Zirkeln ist weder eine Diskussion möglich, an der sich alle Mitglieder beteiligen und jede Meinung berücksichtigt oder widerlegt wird, noch eine arbeitsteilige Arbeit nach einheitlichem Plan. Das Organisationsprinzip ist ja die Freiwilligkeit. Die theoretische Arbeit bleibt einigen wenigen Spezialisten überlassen, die dann natürlich länger brauchen und mehr Fehler machen.

Schließlich ist das Prinzip erst Parteigründung, dann Erarbeitung von Theorie und Programm aus deshalb richtig, weil man so besser die nächste Aufgabe nach Erstellung des Programms, die Schaffung eines nationalen Kadergerüstes, vorbereiten kann. Im Rahmen einer demokratisch-zentralistischen Organisation ist natürlich eine gezieltere Kaderentwicklung möglich als in einem Zirkelverbund.

Zur Auffassung, daß die Theorie hauptsächlich über eine theoretische Zeitschrift geschieht:
'Die Voraussetzung dafür, daß sich in der BRD der Sozialismus mit der Arbeiterbewegung verbinden kann, ist überhaupt erst die Erstellung der revolutionären Theorie und deren Verbreitung mit dem Ziel der Erziehung und Vereinheitlichung der Revolutionäre zur Avantgarde des Proletariats. Diese Aufgaben erfordern die Schaffung einer theoretischen Zeitschrift, was in der heutigen Situation ein weit größerer Schritt zur Schaffung der bolschewistischen Partei ist, als alle Parteigründungen und Organisationsbasteleien.'

Die Auffassung, daß die Theorie über ein theoretisches Organ geschaffen wird, ist die Folge davon, daß die Verfasser meinen, sie könne nicht in der demokratisch-zentralistischen Organisation erarbeitet werden. Da es sie nicht geben soll, muß die Theorie stattdessen in der Bewegung entwickelt werden.

Wir haben gezeigt, daß die Theorie besser und schneller in der Partei entwickelt werden kann. Es ist falsch auf die Fähigkeiten eines Redaktionskollektives oder auf die Spontaneität der Bewegung zu vertrauen. Wir müssen die theoretische Arbeit in der Partei anpacken, einen Plan erstellen und die ganze Organisation in die Untersuchungen und in die Diskussion der Zwischenergebnisse einbeziehen. Die Führung muß dabei beim ZK bzw. bei den regionalen Leitungen liegen. Einen zweiten theoretischen Apparat, der sich verselbständigt und absurde Theorien verbrät, darf es nicht länger geben. Wenn die Ergebnisse in der Partei diskutiert sind, werden sie verbreitet. Die Form ist dabei nebensächlich (Zentralorgan, theoretisches Organ, Broschüre). Das wichtigste Organ für die Partei als politische Organisation ist jedenfalls das Zentralorgan. Es verbreitet die Ergebnisse der theoretischen Arbeit als politische Propaganda und politische Enthüllungen, es leitet den ideologischen Kampf in der Partei und Bewegung an, es gibt Beispiele und Richtlinien für die praktische Arbeit und veröffentlicht Grundsatzartikel. Ohne ein solches Zentralorgan, nur mit einem theoretischen Organ, wäre die Partei tatsächlich ein theoretischer Zirkel. Man kann nicht die Zirkeltheorie zurückweisen und doch sagen, es ist wichtiger ein theoretisches Organ aufzubauen als ein Zentralorgan.

Zur Auflösung der Partei

Die Verfasser wollen die Bewegung ins Zirkelstadium zurückzerren bzw. darin festhalten. Weil es im Prinzip wichtig ist, die Theorie in der Partei zu erarbeiten und weil die Partei bereit und fähig ist, diese Aufgabe anzupacken, müssen wir für die Einheit der Partei kämpfen. Erst wenn sich gezeigt hat, daß die Partei eine falsche Linie nicht mehr korrigieren kann, sie also entartet ist, ist eine Spaltung gerechtfertigt.

Die Einheit können wir aber nur auf der Grundlage einer korrekten Linie für den Parteiaufbau herstellen. Sie müssen wir im Kampf gegen die Zirkeltheoretiker und die Vertreter der spontaneistischen und revisionistischen Linie, die so weiterwursteln wollen wie bisher, entwickeln.

Was steckt hinter den Fehlern der Zirkeltheorie?

Der politische Hauptfehler ist das Kapitulantentum. Sie resignieren vor den Schwierigkeiten, die richtige Linie in der Partei und in der Bewegung durchzusetzen und weichen in ein Stadium, das die Bewegung schon theoretisch überwunden hatte, zurück. Und das gerade zu einem Zeitpunkt, wo sich richtige Ansichten über den Parteiaufbau durchzusetzen beginnen.

Die ideologische Wurzel dieses Fehlers ist der Spontaneismus. Die Anbetung der Spontaneität der Massen, wie sie bei den Vertretern der spontaneistischen und revisionistischen Linie vorherrscht, haben sie lediglich durch die Anbetung der Spontaneität der revolutionären Intellektuellen ersetzt. Sie glauben, daß die Theorie durch die Diskussion der Theoretiker in der Bewegung entsteht. Sie sind überheblich, halten sich für sehr fähig, die Theorie auszuarbeiten und schätzen die Massen und die Organisation sehr gering. Die Massen werden ja nicht soweit wie möglich an der Ausarbeitung der Theorie beteiligt. Das machen die Herren Redakteure der verschiedenen theoretischen Organe weitgehend unter sich aus. Die Überheblichkeit und die verachtung der Massen kommt auch darin zum Ausdruck, daß sie glauben alles neu erarbeiten zu müssen. So behaupten sie, daß es in der BRD überhaupt keine marxistische Tradition gibt. Unter marxistischer Tradition verstehen sie offenbar nur eine ausgearbeitete wissenschaftliche Theorie der westdeutschen Revolution. Das ist falsch. Marxistische Tradition heißt durchgängige proletarische Linie, und die kann sowohl in Gestalt einer ausgearbeiteten Theorie bestehen wie auch in der Kritik an der revisionistischen Linie und in ihrer theoretischen und praktischen Überwindung in einzelnen Punkten. Letzteres hat es zweifellos gegeben, denn der Kampf zweier Linien hat um Westdeutschland keinen Bogen gemacht. Wir müssen an den Erfahrungen und Erkenntnissen der Genossen, die den Revisionismus bekämpft haben, anknüpfen: wir dürfen sie nicht geringschätzen und als nicht zur marxistischen Tradition gehörend abwerten. Ebenso verachten die Verfasser die Erfahrungen und Erkenntnisse der ostdeutschen (?,d.Vf.) Bewegung. Sie ist ihrer Meinung nach ein letztes Produkt der Studentenbewegung, eine bürgerliche Bewegung. Eine sozialistische Bewegung muß erst neu entstehen (These 2).

Die Klassenbasis dieser Abweichung ist klar: Es sind typische Erscheinungsformen des kleinbürgerlichen Revolutionarismus, die kurzlebige Begeisterung für den Kampf, die Überheblichkeit, das prinzipienlose Umschwenken von einem Extrem ins andere (sie begründen ihre Position nicht und üben keine Selbstkritik), die Geringschätzung der Organisation (Fraktionismus). Auch die Vorstellung, daß die Partei blitzsauber vom Himmel fällt, wenn nur erst die Theorie geschaffen ist, ist eine typische kleinbürgerliche Vorstellung. Den Genossen fehlt das Bewußtsein um den langwierigen Kampf durchzustehen, in dem sich das Neue aus dem Alten entwickelt.

Der theoretische Fehler der Verfasser ist der Dogmatismus. Sie halten es nicht für notwendig ihre Zirkeltheorie zu begründen. Sie wird als selbstverständliche Wahrheit hingestellt und das angesichts des Kampfes zweier Linien, der in dieser Frage seit mehreren Jahren geführt wird. Dahinter steckt die schematische Übertragung der russischen Parteigründung auf unsere Verhältnisse. Daß man sich die ML Theorie in einer Frage umfassend aneignen muß und sie dann auf die eigenen Verhältnisse anwenden muß, was eigene Untersuchungen voraussetzt, scheinen diese 'Theoretiker' für überflüssig zu halten.

Die Praxis schätzen sie gering. Sie halten die Partei selbst schon für die 'praktische Wendung' des Marxismus und nicht etwa die Politik der Partei! Sie gehen nicht davon aus, daß die Praxis das entscheidende Kriterium ist und daß man zu neuen Erkenntnissen vor allem durch eigene Erfahrungen kommt. So beurteilen sie die ml Bewegung und Partei allein nach theoretischen Fortschritten, deshalb sehen sie keinen Fortschritt, sogar Rückschritte (These 2). Sie sehen gar nicht, was für ein ideologischer und praktischer Fortschritt die ml Bewegung war (Anerkennung der Notwendigkeit der Partei und der führenden Rolle des Proletariats) und daß auf Grund der gemachten Erfahrungen sich jetzt eine richtige Linie herausbildet. Die Genossen sind ja selbst auf Grund der Erfahrungen in der ml Bewegung zu ihren jetzigen Erkenntnissen gekommen. Sie leugnen ihren eigenen Erkenntnisprozeß, wenn sie jetzt so tun, als hätte man Fehler von Anfang an vermeiden können.

Trotz dieser Fehler, haben die Genossen den LV in zwei wesentlichen Punkten entscheidend vorangebracht. Sie haben darauf hingewiesen, daß Klassenanalyse und Programm gegenwärtig das zentrale Kettenglied zur Schaffung der Partei sind und sie haben aufgezeigt, daß der Ökonomismus als Beschränkung der Agitprop auf den ökonomischen Boden nicht die Hauptgefahr ist, sondern ein besonderer Ausdruck einer spontaneistischen Linie zum Parteiaufbau. Die Konsequenzen, die sie aus diesen richtigen Ansichten ziehen, sind jedoch falsch. Sie wollen die Partei nicht nur zurückzerren, sondern sogar zerstören. Überdies liefern sie der rechten Abweichung Munition und erleichtern ihr es, Schwankende auf ihre Seite zu ziehen.

Wir haben bisher im LV den Kampf gegen die Zirkeltheoretiker sträflich vernachlässigt. Am eigenen Leibe haben wir die Erfahrung machen müssen, daß man im Kampf gegen rechte Abweichungen den Kampf gegen linke Abweichungen nicht aus dem Auge verlieren darf. Inzwischen ist zumindest im LV die linke Abweichung zur Hauptgefahr geworden."

Zusammen mit den obigen Papieren wird auch das folgende verbreitet:"
DIE BEDEUTUNG DER KLASSENHERKUNFT FÜR DEN AUFBAU DER PARTEI

Der Artikel 'Der Kampf um die proletarische Linie' (RM 7/70 (vgl. Aug. 1970,d.Vf.) entlarvt zwar die revisionistische Dickhut-Clique, enthält aber selbst Abweichungen von der proletarischen Linie, die entschieden kritisiert werden müssen. Die Kritik bezieht sich auf folgende Passagen:
RM 7/70 S.2:
'1. Die Einhaltung der proletarischen Linie in der Partei ist durch die September-Beschlüsse 'Aufnahmesperre für Studenten, Schüler und Lehrkräfte' nicht zu gewährleisten. Sie berücksichtigen nicht, daß beim Aufbau einer bolschewistischen Partei die Klassenherkunft der Revolutionäre zeitweise in den Hintergrund tritt. Daß das entscheidende Kriterium für den Eintritt eines Genossen in unsere Partei seine proletarische Ideologie und sein proletarischer Klassenstandpunkt ist. Das bedeutet jedoch nicht, daß die Klassenherkunft eines Genossen unbedeutend ist und ein Freibrief für den Eintritt von Studenten und Intellektuellen in die Partei. Die Erfahrungen der Vergangenheit (Revolution 1905 in Rußland) haben bewiesen, daß die Partei nur dann die Führung der Klassenkämpfe haben kann, wenn ihre Kader in den Massen verankert sind, Proletarier sind. So ist schon jetzt das Hauptaugenmerk der Partei auf die Heranbildung fortschrittlicher Arbeiter zu Kadern zu richten.'

'…Das entscheidende Kriterium für die Aufnahme des Genossen in die Partei ist seine marxistisch-leninistische Ideologie und sein Klassenstandpunkt und nicht seine Klassenherkunft. Wir brauchen Genossen mit proletarischer Ideologie und proletarischem Klassenstandpunkt. Es wäre unmarxistisch und unleninistisch, einen mechanischen Zusammenhang zwischen der Klassenherkunft und der Ideologie anzunehmen.'

Diese Abschnitte stellen offensichtlich einen Widerspruch dar. Einerseits heißt es, 'daß beim Aufbau einer bolschewistischen Partei die Klassenherkunft der Revolutionäre zeitweise in den Hintergrund tritt', andererseits heißt es, daß 'schon jetzt das Hauptaugenmerk der Partei auf die Heranbildung fortgeschrittener Arbeiter zu Kadern zu richten ist.'

Es ist klar, wenn wir SCHON JETZT das HAUPTAUGENMERK auf die Heranbildung fortgeschrittener Arbeiter zu Kadern richten, daß dann die Klassenherkunft der Revolutionäre auch nicht nur ZEITWEISE in den HINTERGRUND treten darf. Es sei denn, zwischen Kadern und Revolutionären besteht ein Unterschied, d.h. Arbeiter werden Kader, die Revolutionäre aber kommen aus allen möglichen Klassen. Aber solchen Unsinn wird kein Marxist-Leninist verbraten. Ein Kader ist ein Revolutionär und umgekehrt.

Einerseits heißt es in den zitierten Stellen, daß das entscheidende Kriterium für die Aufnahme des Genossen in die Partei seine marxistisch-leninistische Ideologie und nicht seine Klassenherkunft ist, andererseits heißt es eben wieder, daß schon jetzt das Hauptaugenmerk der Partei auf die Heranbildung fortschrittlicher Arbeiter zu Kadern zu richten ist. Es ist klar, wenn auf die HERANBILDUNG FORTSCHRITTLICHER ARBEITER ZU KADERN das HAUPTAUGENMERK der Partei schon jetzt zu richten ist, daß dann die Klassenherkunft für die AUFNAHME EINES GENOSSEN IN DIE PARTEI auch ein ENTSCHEIDENDES KRITERIUM ist. Es sei denn, die Heranbildung von Kadern habe mit der Aufnahme der Genossen in die Partei nichts zu tun, aber solchen Unsinn wird kein Marxist-Leninist denken. Die Heranbildung von Kadern und die Aufnahme in die Partei ist eine einzige ungeteilte Entwicklung.

Wie kommt der Widerspruch in den zitierten Abschnitten zustande?

Es heißt dort:
'es wäre unmarxistisch und unleninistisch, einen mechanischen Zusammenhang zwischen der Klassenherkunft und der -ideologie anzunehmen.' Das stimmt. Aber so wie man Klassenherkunft und -ideologie nicht mechanisch zusammenfügen kann, kann man sie auch nicht mechanisch trennen. Das wird aber in dem Artikel getan. Während der mechanische Zusammenhang gebrandmarkt wird, wird der entgegengesetzte Fehler, die mechanische Trennung, begangen. Mit dem Angriff auf den mechanischen Zusammenhang wird die eigene mechanische Trennung getarnt.

Weil Klassenherkunft und -standpunkt mechanisch getrennt in dem Artikel behandelt werden, muß es unvermeidlich zu den genannten Widersprüchen kommen. Der erste: daß zwar schon jetzt das Hauptaugenmerk auf die Heranbildung fortschrittlicher ARBEITER zu Kadern zu richten ist, daß aber dennoch zeitweise die Klassenherkunft der REVOLUTIONÄRE beim Aufbau der Partei in den Hintergrund tritt. Der zweite: daß zwar das Hauptaugenmerk bei der Kaderbildung auf den fortschrittlichen Arbeitern liegt, daß aber der Klassenstandpunkt bei der AUFNAHME das entscheidende Kriterium ist. Nur wenn man den unmarxistischen, unleninistischen Blödsinn unterstellt, daß Arbeiter zwar Kader, aber nicht revolutionäre werden können, und daß die Heranbildung von Kadern nichts mit der Aufnahme in die Partei zu tun hat, ist der Text widerspruchsfrei. Dann ist er widerspruchsfrei, aber unmarxistisch und unleninistisch. Gerade aber auf Lenin beziehen sich oft die Genossen, die der Auffassung sind, daß die Ideologie Vorrang vor der Klassenherkunft hat. Sie behaupten, Lenin hätte den Standpunkt vertreten, daß die Klassenherkunft für die Zusammensetzung der Organisation der Berufsrevolutionäre keine Rolle spielt. Sie versuchen ihre Auffassung dadurch zu untermauern, daß sie auf die Äußerung Lenins hinweisen, der wissenschaftliche Sozialismus könne nur von außen in die Arbeiterklasse hineingetragen werden, die Arbeiterklasse vermag aus eigener Kraft nur ein trade-unionistisches Bewußtsein hervorbringen und die spontane Entwicklung der Arbeiterbewegung führe zur Unterordnung unter die bürgerliche Ideologie.

Lassen sich aus diesen richtigen Lehren Lenins die Konsequenzen ziehen, daß die Klassenideologie 'das entscheidende Kriterium für die Aufnahme des Genossen in die Partei' ist, daß die Klassenherkunft der Revolutionäre 'beim Aufbau einer bolschewistischen Partei' zeitweise in den Hintergrund tritt?

Was sagt Lenin selber dazu:
Bd. V S.395:
'Dies heißt selbstverständlich nicht, daß die Arbeiter an einer Ausarbeitung nicht teilnehmen. Aber sie nehmen daran nicht als Arbeiter teil, sondern als Theoretiker des Sozialismus, als die Proudhon und Weitling, mit anderen Worten, sie nehmen nur dann und soweit daran teil, als es ihnen im höheren oder geringeren Maße gelingt, sich das Wissen ihres Zeitalters anzueignen und dieses Wissen zu bereichern. Damit aber den Arbeitern dieses häufiger gelinge, ist es notwendig, alles zu tun, um das Niveau der Bewußtheit der Arbeiter im Allgemeinen zu heben.'

Bd. V S.487:
'Diese Tatsache zeugt davon, daß es unsere allererste, allerdringendste Pflicht und Schuldigkeit ist, die Heranbildung von Revolutionären aus der Arbeiterschaft zu fördern, …'

Bd. V S.489:
'Der Arbeiterrevolutionär muß, um für sein Wirken vollkommen vorbereitet zu sein, ebenfalls Berufsrevolutionär werden. Darum hat b-w unrecht, wenn er sagt, daß die übrigen revolutionären Funktionen (außer der Agitation) 'mit ihrem Hauptgewicht notgedrungen auf einer äußerst geringen Anzahl intellektueller Kräfte dastehen'', weil der Arbeiter 11,5 Std. in der Fabrik beschäftigt ist. Das geschieht gar nicht so 'notgedrungen', sondern infolge unserer Rückständigkeit, weil wir es nicht als unsere Pflicht erkennen, jedem hervorragend befähigten Arbeiter zu helfen, Berufsagitator, Berufsorganisator, Berufspropagandist, Berufskurier zu werden usw. usf. In dieser Beziehung betreiben wir geradezu schändlichen Raubbau an unseren Kräften, wir verstehen es nicht, behutsam umzugehen mit dem dem, was besonders sorgfältig gehegt und gepflegt werden muß. Man sehe sich die Deutschen an: Sie verfügen über hundert mal mehr Kräfte als wir, aber sie wissen sehr gut, daß wirklich begabte Agitatoren usw. aus den 'Durchschnittsarbeitern' gar nicht allzu oft hervorgehen. Darum sind sie sofort bemüht, für jeden begabten Arbeiter Verhältnisse zu schaffen, unter denen seine Fähigkeiten zu voller Entfaltung gelangen und restlose Verwendung finden: man macht ihn zum Berufsagitator, man veranlaßt ihn, sein Arbeitsfeld zu erweitern, es von seiner Fabrik auf das ganze Gewerbe, von einem Ort auf das ganze Land auszudehnen. Er erwirbt Übung und Geschicklichkeit in seinem Beruf, er erweitert seinen Gesichtskreis und seine Kenntnisse, er hat Gelegenheit, hervorragende politische Führer anderer Gegenden und anderer Parteien aus unmittelbarer Nähe zu beobachten, er bemüht sich, das gleiche Niveau zu erreichen, sowie Kenntnis des Arbeitermilieus und Frische der sozialistischen Überzeugung mit der beruflichen Schulung in sich zu vereinigen, ohne die das Proletariat den hartnäckigen Kampf gegen die ausgezeichnet geschulten Reihen seiner Feinde nicht führen kann. So, und nur so steigen aus der Arbeitermasse die Bebel und Auer hervor. Aber was in einem politisch freien Lande zum großen Teil von selbst geschieht, das muß bei uns systematisch von unsren Organisatoren vollbracht werden. Ein halbwegs talentierter und 'zu Hoffnungen berechtigter' Agitator aus der Arbeiterklasse darf nicht 11 Std. in der Fabrik arbeiten. Wir müssen dafür sorgen, daß er aus Mitteln der Partei unterhalten wird, daß er imstande ist, rechtzeitig in die Illegalität zu gehen, daß er den Ort seiner Tätigkeit oft wechselt, denn sonst wird er nicht viel Erfahrungen sammeln, wird seinen Gesichtskreis nicht erweitern, wird nicht imstande sein, sich wenigstens einige Jahre lang im Kampf gegen die Gendarmen zu halten. Je breiter und je tiefer der spontane Elan der Arbeitermassen wird, um so eher bringen sie nicht nur talentvolle Agitatoren hervor, sondern auch talentvolle Organisatoren, Propagandisten und 'Praktiker' im guten Sinne des Wortes (deren es unter unseren Intellektuellen, die größtenteils nach russischer Art etwas nachlässig und schwerfällig sind, so wenige gibt). HABEN WIR ERST TRUPPS SPEZIELL GESCHULTER REVOLUTIONÄRE AUS DER ARBEITERKLASSE, DIE EINE LANGE LEHRZEIT DURCHGEMACHT HABEN (UND ZWAR SELBSTVERSTÄNDLICH VON REVOLUTIONÄREN 'ALLER WAFFENGATTUNGEN'), DANN WIRD KEINE POLITISCHE POLIZEI DER WELT MIT DIESEN TRUPPS FERTIG WERDEN, DENN DIESE TRUPPS DER REVOLUTION GRENZENLOS ERGEBENER MENSCHEN WERDEN AUCH DAS GRENZENLOSE VERTRAUEN DER BREITEN ARBEITERMASSEN GENIESSEN.

Und es ist unsere direkte Schuld, daß wir die Arbeiter zuwenig auf diesen Weg der Schulung zu Berufsrevolutionären 'stoßen', der für sie derselbe ist wie für die 'Intellektuellen', das wir sie allzuoft nach rückwärts ziehen und durch unsere dummen Reden darüber, was der Arbeitermasse, den 'Durchscnittsarbeitern' 'zugänglich' sei' usw.

Aus diesen Zitaten geht klar hervor, daß weder beim Aufbau der Partei noch für die Aufnahme in die Partei die Klassenherkunft in den Hintergrund tritt: auch wenn anfänglich ein Teil der Revolutionäre aus den Reihen der bürgerlichen Intelligenz kommt (und auch später kommen wird). Und die Arbeiterklasse von sich selbst her zum Spontaneismus und Ökonomismus neigt. Gerade die Linie: BERUFSREVOLUTIONÄRE AUS DER ARBEITERKLASSE HERANBILDEN! steht im Vordergrund. Diese Linie nicht einschlagen führt unmittelbar in den Menschewismus. Der Kampf Lenins gegen den Menschewismus ist der Kampf gegen schädliche Einflüsse der bürgerlichen Intelligenz in den eigenen Reihen. Es ist der Kampf gegen die Auffassungen jener Kräfte, die dank ihrer privilegierten bürgerlichen Herkunft in den Besitz der proletarischen Ideologie kamen und die Herrschaft in der proletarischen Organisation an sich reißen wollen.

Es ist der Kampf gegen die Auffassung, daß die Klassenlage beim Aufbau der Partei in den Hintergrund treten kann.

In 'Ein Schritt vorwärts, zwei zurück' schreibt Lenin:
Bd. 7, S. 383:
'Nämlich: 'Prinzipiell ist das proletarische Ziel der Bewegung (in Rußland) dasselbe wie das der Sozialdemokratie im Westen' aber bei uns geht die Einwirkung auf die Arbeitermassen 'von einem ihnen fremden sozialen Element' von der radikalen Intelligenz aus. Gen. Axelrod stellt somit einen Antagonismus zwischen den proletarischen und den radikal-intelligenzlerischen Tendenzen in unserer Partei fest.'

Bd. 7, S.384:
'Jeder weiß auch, daß die orthodoxe Sozialdemokratie gerade die
proletarischen Tendenzen der Bewegung zum Ausdruck bringt, die
opportunistische hingegen die Tendenzen der demokratischen Intelligenz.'

Bd. 7, S.395:
'Der Widerspruch Menschewismus und Bolschewismus ist der Widerspruch 'von den verschiedenen Standpunkten des bürgerlichen Intellektuellen, der sich der Sozialdemokratie anschließt, und des Proletariers, der sich seiner Klasseninteressen bewußt geworden ist.' ***'

Bd. 7, S.393:
'Nicht dem Proletariat, sondern manchen Intellektuellen in unserer Partei mangelt es an Selbsterziehung im Geiste der Organisation und der Disziplin, im Geiste der Feindschaft und der Verachtung der anarchistischen Phase.'

Bd. 7, S.393:
'Ein Proletarier, der ein bewußter Sozialdemokrat geworden ist, und sich als Parteimitglied fühlt, wird die Nachtrabphilosophie in den organisatorischen Fragen mit derselben Verantwortung zurückweisen, mit der er sie in den taktischen Fragen zurückgewiesen hat.'

Bd. 7, S.395:
'Gerade die Fabrik, die so manchem nur als Schreckgespenst erscheint, ist die höchste Form der kapitalistischen Kooperation, die das Proletariat vereinigte und disziplinierte, die es lehrte, sich zu organisieren, und es an die Spitze aller werktätigen und ausgebeuteten Bevölkerung stellte. Gerade der Marxismus als Ideologie des durch den Kapitalismus geschulten Proletariats belehrte und belehrt die Wankelmütigen über den Unterschied zwischen der ausbeuterischen Seite der Fabrik (der auf dem Furcht vor dem Hungertod beruhenden Disziplin) und der organisierten Seite (der auf der gemeinsamen, durch die Bedingungen der technisch höchstentwickelten Produktion vereinigten Arbeit beruhenden Disziplin). Disziplin und Organisation, die der bürgerliche Intellektuelle so schwer begreift, eignet sich das Proletariat dank der 'Schule', die es in der Fabrik durchmacht, besonders leicht an.'

Das Verhältnis der Partei zur Arbeiterklasse ist nicht das Verhältnis der bürgerlichen Intellektuellen, die sich den Marxismus-Leninismus angeeignet haben, zur Arbeiterklasse, sondern es ist das Verhältnis der Avantgarde der Arbeiterklasse zur Arbeiterklasse.

Stalin, Bd. 8, S.38:
'…Avantgarde und Klasse, zwischen Partei und Proletariat. Wir stehen somit unmittelbar vor der Frage der Wechselbeziehung zwischen Partei und Klasse, zwischen Parteimitgliedern und Parteilosen innerhalb der Arbeiterklasse. Lenin definiert diese Wechselbeziehungen als 'gegenseitiges Vertrauen zwischen der Avantgarde der Arbeiterklasse und der Arbeitermasse'.'

Bd. 8, S.40-41:
'…über den Kapitalismus zu siegen, bedarf es richtiger Wechselbeziehungen zwischen der führenden, der kommunistischen Partei, der revolutionären Klasse, dem Proletariat, und der Masse, d.h. der Gesamtheit der Werktätigen und Ausgebeuteten. Nur die kommunistische Partei, wenn sie tatsächlich die Avantgarde der revolutionären Klasse ist, wenn sie die besten Vertreter dieser Klasse in ihren Reihen zählt, wenn sie aus völlig bewußten, der Sache treu ergebenen Kommunisten besteht, die in zähen revolutionären Kämpfen geschult und gestählt worden sind, wenn sie es verstanden hat, sich mit dem ganzen Leben ihrer Klasse und durch sie mit der ganzen Klasse der Ausgebeuteten unzertrennlich zu verknüpfen und dieser Klasse und dieser Masse volles Vertrauen einzuflößen, nur eine solche Partei ist fähig, das Proletariat in dem schonungslosesten, in dem entscheidenden, letzten Kampfe gegen alle Mächte des Kapitalismus zu führen.'

Die Partei zur Avantgarde des Proletariats machen heißt: KEINEN AUGENBLICK BEIM AUFBAU DER PARTEI DIE KLASSENHERKUNFT IN DEN HINTERGRUND SCHIEBEN! So nur bauen wir eine bolschewistische Partei auf.

In den zitierten Abschnitten aus dem RM heißt es: 'Die Einhaltung der proletarischen Linie in der Partei ist durch die September-Beschlüsse 'Aufnahmesperre für Studenten, Schüler und Lehrkräfte' nicht zu gewährleisten.'

Das ist richtig. Aber nur durch die Aufhebung dieser Beschlüsse ist die Einhaltung der proletarischen Linie auch noch nicht gewährleistet. Die proletarische Linie gewinnen wir nicht durch pure Negation einer falschen Linie, sondern durch die positive Bestimmung. Die richtige Linie wird darüberhinaus nicht in Beziehung zur Aufnahme bestimmt, sondern im Hinblick auf die Praxis der Partei, die Aufnahme ist eine automatische Folge der Praxis. Wenn wir an der Uni arbeiten, nehmen wir Studenten auf, wenn in der Fabreik, dann Arbeiter.

Klassenideologie und Klassenherkunft, Klassenlinie und Klassenlage bilden ein dialektisches Verhältnis.

Das heißt:
1. SIE SIND NICHT IDENTISCH MITEINANDER. Nicht jeder Arbeiter vertritt die Ideologie, die den objektiven Interessen seiner Klasse gemäß ist. Und wer den ideologischen Standpunkt der Arbeiterklasse vertritt, muß darum noch kein Arbeiter sein. Personen kleinbürgerlicher und bürgerlicher Herkunft sind es, die heute oft in den Reihen der Opposition gegen den Kapitalismus und Imperialismus die proletarische Klassenideologie vertreten.

Das heißt aber:
2. SIE SIND NICHT VÖLLIG VONEINANDER ZU TRENNEN. Die Stellung der Arbeiter zur Produktion, also die Klassenlage, ist die objektive Basis sowohl für die wissenschaftliche Konzipierung der revolutionären Theorie als auch für die praktisch-revolutionäre Entwicklung des Klassenbewußtseins der Masse. Zwar können einige bürgerliche Theoretiker den proletarischen Klassenstandpunkt annehmen und für eine Wahrheit kämpfen, keine andere Klasse aber als das Proletariat kann auf Grundlage ihrer gesellschaftlichen Stellung ein revolutionäres Interesse hervorbringen. Unsere Politik hat sich an dem Interesse der revolutionären Klasse auszurichten und nicht daran, daß einige bürgerliche Theoretiker individuell dieses Klasseninteresse vertreten.

Das heißt:
3. Bei der Bestimmung des Aufbaus der Partei und der Praxis der Partei darf es im Verhältnis zwischen Klassenideologie und Klassenherkunft niemals ein Entweder-Oder geben, sondern nur ein Sowohl-als auch. Für die Aufnahme in die Partei ist also nicht nur die Klassenideologie entscheidend, sondern sowohl die Klassenideologie als auch die Klassenherkunft. Im RM heißt es falsch: 'Wir brauchen genossen mit proletarischer Ideologie und proletarischem Klassenstandpunkt.' Richtig ist: Wir brauchen Genossen mit proletarischer Ideologie und proletarischer Klassenherkunft. Es geht nicht um Entscheidungen im Einzelfall, sondern um die Bezeichnung einer Linie.

Die korrekte Linie lautet:
'Die Parteiorganisation muß sich aus Fortgeschrittenen des Proletariats zusammensetzen!' (Mao Tse-tung) Keinen Augenblick beim Aufbau der Partei die Klassenherkunft in den Hintergrund schieben! Berufsrevolutionäre aus der Arbeiterklasse heranbilden! Besondere intellektuelle Führer kleinbürgerlicher Herkunft überflüssig machen!

Wenn sich unter dieser Linie kleinbürgerliche oder bürgerliche Intellektuelle bewähren, dann spielen sie beim Aufbau der Partei eine wichtige Rolle. Weil Intellektuelle bürgerlicher oder kleinbürgerlicher Herkunft eine wichtige Rolle beim Aufbau der Partei gespielt haben, darf dies aber keineswegs zur Linie der Partei erhoben werden. Auch die Tatsache, daß 'jeder Unterschied zwischen Arbeitern und Intellektuellen, von den beruflichen Unterschieden der einen wie der anderen ganz zu schweigen, zurücktreten' muß in der Partei (Lenin, Was tun?), bedeutet nicht, daß die Klassenherkunft für die Linie der Partei keine Rolle spielt.

Die Hauptaufgabe der Partei in der gegenwärtigen Phase beim Aufbau der Partei ist die Gewinnung und Schmiedung der Avantgarde des Proletariats. Würde die Klassenherkunft keine Rolle spielen, dann hieße unsere Hauptaufgabe, Gewinnung und Schmiedung der Marxisten-Leninisten. Dann bräuchte es nicht heißen: 'Schwerpunkt in den Betrieben', sondern dann würden wir uns die Marxisten-Leninisten zusammensuchen, wo wir sie gerade finden.

Das heißt:
4. Wir dürfen nicht eine Politik des Vorrangs der Klassenlinie vor der Klassenlage betreiben, sondern müssen
a) die proletarische Klassenideologie herausarbeiten durch Aneignung des Marxismus-Leninismus und der Mao Tse-tung-Ideen und durch die Erstellung der Klassenanalyse und
b) zugleich die Klassenlinie auf der Klassenlage begründen, d.h. im Proletariat verankern.

Konkret heißt das, den in der Plattform festgelegten Vorrang der Theorie im dialektischen Verhältnis von Theorie und Praxis mit der Bolschewisierung der Partei - und das heißt mit dem verstärkten Aufbau von Betriebszellen - zu verbinden. Weiter heißt das: Die Erstellung der konkreten marxistisch-leninistischen Grundsätze unserer revolutionären Arbeit und die Verankerung dieser Grundsätze in der Arbeiterklasse dürfen nicht mechanisch nacheinander betrieben werden. Weiter heißt das: Die Gewinnung und Heranbildung einer revolutionären Arbeiterintelligenz ist eine vorrangige Aufgabe.

Die Herausbildung der konkreten Klassenideologie darf nicht vernachlässigen, daß die Klassenideologie zur Ideologie der Klasse werden muß.

Wenn eine revolutionäre Organisation die Klassenlinie noch nicht auf der Klassenlage begründet hat, also beide noch nicht in eine Einheit verschmolzen, weder insofern als die Partei in den Massen verankert ist, noch insofern als die Führung der Partei zum entscheidenden Teil in den Händen der fortgeschrittensten Kräfte der Arbeiterklasse liegt, und wenn sie dann sagt, das Entscheidende sei beim Aufbau die Klassenideologie, dann drückt das zweierlei aus:
a) daß sie nicht begriffen hat, daß sie die revolutionäre Ideologie der Arbeiterklasse nur durch die Verankerung in der Arbeiterklasse gegen alle Abweichungen festigen, sichern und verteidigen kann,
b) daß sich bürgerliche Elemente in den proletarischen Reihen die Führung sichern wollen.

Es ist das Interesse aller nichtproletarischen Kräfte in der proletarischen Bewegung, die Klassenideologie zum entscheidenden Kriterium gegenüber der Klassenherkunft zu machen, weil sie sich zwar auf theoretische Weise die Klassenideologie, niemals aber die Klassenherkunft aneignen können.

Der Schlachtruf gegen den Kapitalismus hat sich nicht dahingehend verändert, daß er heute: Marxisten-Leninisten aller Länder, vereinigt Euch! heißt, wie es dem abstrakten, undialektischen Vorrang der Klassenideologie vor der Klassenherkunft gemäß wäre. Er hieß einst: Proletarier aller Länder, vereinigt Euch! und heißt heute: Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker, vereinigt Euch!"

Zusammen mit den obigen Papieren wird auch das folgende verbreitet:"
DIE GRUNDLAGEN DES DEMOKRATISCHEN ZENTRALISMUS

'Die Durchführung des proletarischen demokratischen Zentralismus besteht gerade in der Gewährleistung dessen, daß die richtige Linie des Vorsitzenden Mao in die Tat umgesetzt, daß alle falschen Tendenzen, die der Linie der Partei zuwiderlaufen und die Prinzipien der Partei unterminieren, kritisiert und bekämpft, daß die Initiative der Partei zur vollen Geltung gebracht und die zentralisierte Parteiführung ständig gestärkt werden.' (Peking Rundschau Nr.10/71 (vgl. **.*.1971,d.Vf.) S.6)

Demokratie in der proletarischen Organisation, die nach marxistisch-leninistischen Prinzipien aufgebaut ist, bedeutet allgemein die Beteiligung bzw. Einflußnahme aller organisatorischer Einheiten und aller Mitglieder an der Bildung der Erkenntnisse und der Beschlüsse der Partei. Die Methoden, die im dialektischen Widerspruch zwischen Demokratie und Zentralismus besonders die Demokratie gewährleisten:
a) 'AUS DEN MASSEN SCHÖPFEN'
b) Die ÜBERZEUGUNG als die allgemeine Methode bei der Behandlung von Widersprüchen in der Partei
c) Die lebendige und selbstverständliche Anwendung von KRITIK und SELBSTKRITIK
d) Die DISKUSSION aller allgemeinen Fragen der Partei in allen organisatorischen Einheiten
e) Die INITIATIVE aller Genossen zur Geltung bringen
f) Die WAHL der leitenden Kader von unten nach oben
g) Die Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit bei gefaßten Beschlüssen
h) Berichtssystem

Voraussetzung für das Funktionieren der Demokratie ist die intensive Schulung aller Genossen.

Zentralismus in der proletarischen Partei bedeutet allgemein die Zusammenfassung aller Erkenntnisse aus allen Bereichen der Parteiarbeit und der Überblick über die gesamte Organisation, um nach wissenschaftlichen Prinzipien Politik zu machen, nämlich aus der Perspektive des Ganzen die einzelnen Entscheidungen und Beschlüsse zu treffen. Methoden, die den Zentralismus gewährleisten:
a) 'In die Massen tragen'
b) Beschlußfassung von oben nach unten
c) Unterordnung unter die Beschlüsse der gewählten Leitungen
d) Kontrolle der Durchführung der Beschlüsse
e) Anleitung von oben
f) Unterordnung des Besonderen unter das Ganze

'Was heißt Zentralismus? In erster Linie ist es notwendig, die richtigen Meinungen zu konzentrieren, auf dieser Grundlage erreichen wir einheitliche Auffassungen, eine einheitliche Politik, einheitliche Pläne, ein einheitliches Kommando und einheitliche Aktionen. Das heißt Zentralismus und Einheitlichkeit.' (Aus der Rede auf einer Konferenz im Jahre 1962 mit 7 000 Teilnehmern, in 'Laßt bei allem die Ideen Mao Tse-tungs das Kommando führen!')

In der jetzigen Phase beim Aufbau der Partei ist der Zentralismus die Hauptseite in dem Widerspruch zwischen Demokratie und Zentralismus. Demokratie kann nicht ohne Zentralismus sein. Weil die Politik nur aus der Perspektive des Überblicks über das Ganze bestimmt werden kann, braucht jede organisatorische Einheit - ob Zelle, OG, LV oder irgendeine Kommission - zentrale Anweisung, Leitung und Kontrolle, um ihre Arbeit korrekt durchzuführen. Solange jede organisatorische Einheit ihre Arbeit nur aus dem Überblick über die eigene Tätigkeit ausführt, ist es Handwerkelei und Subjektivismus. Ressortgeist, Fraktionismus, im Grunde aber Anarchie sind die Folgen einer Demokratie ohne Zentralismus. Demokratie ohne Zentralismus ist wie ein Schiff ohne Steuermann, oder anders: eine Politik, bei der die Rechte nicht weiß, was die Linke tut.

Zentralismus kann nicht ohne Demokratie sein. Die Zentrale kommt durch die Wahl, an der die ganze Partei beteiligt ist, zustande. Zentrale Beschlüsse werden aufgrund der Basis der Erfahrungen aller Einheiten der Partei gefaßt. Die Zentrale, die anders gebildet wird und zentrale Beschlüsse, die anders zustande gekommen sind, stellen NICHT DIE ZUR EINHEIT ZUSAMMENGEFASSTE AKTIVITÄT DER GANZEN ORGANISATION DAR. Sie ist dann nur vielmehr eine BESONDERE organisatorische Einheit neben anderen oder es sind besondere Weisungen, d.h. solche, die nur auf dem Mist EINER organisatorischen Einheit gewachsen sind. Die Beziehung einer solchen Zentrale zur übrigen Organisation ist dann pure Herrschaft und Unterdrückung, die Diktatur. Das ist eine faschistische Organisationsform.

Der demokratische Zentralismus gewährleistet den Erkenntnisprozeß der Partei, er sorgt dafür, daß die Praxis immer auf der Höhe der jeweils vorhandenen relativen Erkenntnisse über die gegenwärtigen Verhältnisse und die Methoden des Klassenkampfes ausgeübt wird. Die jeweils vorhandenen relativen Erkenntnisse sind insbesondere in der Plattform bzw. im Programm, in der Klassenanalyse und in der Strategie und Taktik der Partei ausgedrückt. Er sorgt dafür, daß jeweils vorhandenen relativen Erkenntnisse überprüft werden, er sorgt dafür, daß sie weiterentwickelt werden. Er schafft die Verbindung zwischen den theoretischen Untersuchungen in den verschiedenen Kommissionen und den sinnlichen Erfahrungen in der praktischen Arbeit, zwischen den Untersuchungen über den sogenannten objektiven Faktor und den Ermittlungsgesprächen auf breiter Ebene. Der demokratische Zentralismus gewährleistet, daß die Ideen in Übereinstimmung mit den Gesetzmäßigkeiten der objektiven Außenwelt gebracht werden.

DER DEMOKRATISCHE ZENTRALISMUS IST DAS PRINZIP DER KORREKTEN VERBINDUNG VON FÜHRUNG UND BASIS. Der DZ gewährleistet FÜHRUNG IM INTERESSE ALLER GENOSSEN. der DZ gewährleistet FÜHRUNG AUF DER BASIS DER AKTIVITÄT ALLER GENOSSEN.

Die korrekte Anwendung des DZ verhindert eine subjektivistische, von den Massen losgelöste Kommandopolitik, da die politischen Richtlinien der Partei aus Untersuchungen und Diskussionen mit den Massen entwickelt worden sind und sie dann wieder in den Massen propagiert werden, damit diese danach handeln.

Der DZ ermöglicht eine Arbeitsteilung bei einheitlicher Führung und gewährleistet sowohl die Entfaltung der Initiative des Einzelnen als auch einheitliches Handeln der ganzen Partei.

DIE METHODEN KRITIK UND SELBSTKRITIK SIND NOTWENDIGE BEDINGUNGEN FÜR DAS FUNKTIONIEREN DES DEMOKRATISCHEN ZENTRALISMUS.

Der DZ gewährleistet, wenn er funktioniert, Objektivität, er gewährleistet die Durchführung der korrekten Linie. Die Linie ist nur dann korrekt, wenn sie den realen Bedingungen gemäß festgelegt wird. Kritik und Selbstkritik sind die Methoden, um Abweichungen von der korrekten Linie zu berichtigen. Der DZ kann durch nichts anderes funktionieren, als durch das Bewußtsein aller Genossen, die so geschult sind, daß sie Abweichungen von der korrekten Linie erkennen. Durch nichts festes, wie Programm, Statut usw. ist die Linie ein für alle Male zu sichern. DIE ENTSCHEIDENDE SICHERHEIT FÜR DIE LINIE BESTEHT IM IDEOLOGISCH GEFESTIGTEN BEWUSSTSEIN DER GENOSSEN. Die Instrumente, mit denen das geschulte ideologische Bewußtsein der Genossen in die Parteiarbeit eingreift, sind Kritik und Selbstkritik. EINHEIT KANN NUR DURCH KAMPF ENTSTEHEN.

Nur wenn man beständig die falschen Ansichten korrigiert, kann man die richtigen Ansichten zusammenfassen und danach einheitlich handeln. Durch Kritik und Selbstkritik, durch beständigen ideologischen Kampf wird die Einheit gefestigt, kommt es wieder zu einer neuen Einheit auf höherer Stufe. Dagegen führt das Vertuschen von Widersprüchen zur Zersetzung der Einheit.

DER DEMOKRATISCHE ZENTRALISMUS IST VORAUSSETZUNG FÜR DIE LERNFÄHIGKEIT DER PARTEI.

Der DZ ermöglicht es, den festgelegten Kurs immer wieder auf breiter Basis an der Praxis zu überprüfen. Er ermöglicht es, verhältnismäßig schnell die Überprüfung des Kurses an der Basis zusammenzufassen und auf diese Weise den Kurs zu korrigieren oder weiterzuentwickeln. Der DZ ist auf diese Weise das organisierte Lernen.

DER DEMOKRATISCHE ZENTRALISMUS IST ENG VERBUNDEN MIT DER MATERIALISTISCHEN ERKENNTNISTHEORIE. DIESE VERBINDUNG IST DAS WESEN DES DEMOKRATISCHEN ZENTRALISMUS.

Mao Tse-tung bezeichnet die beiden Prinzipien 'aus den Massen schöpfen' 'in die Massen tragen' und 'von der Praxis zur Erkenntnis und von der Erkenntnis zur Praxis' als die grundlegenden Prinzipien des marxistisch-leninistischen Erkenntnistheorie (Rotes Buch S.153; Rotes Buch S.245).

Diese beiden Prinzipien bilden eine Einheit. 'Aus den Massen schöpfen', das ist der Übergang 'von Praxis zur Erkenntnis'. 'In die Massen tragen', das ist der Übergang 'von der Erkenntnis zur Praxis'.

Da der DZ aber gerade die Organisation, die Methode dieser Übergänge ist, ist der DZ die Organisation, die Methode der Erkenntnistheorie.

DEMOKRATISCHER ZENTRALISMUS UND MASSENLINIE LASSEN SICH VONEINANDER NICHT TRENNEN.

Die Partei ist Vortrupp und Trupp der Massen. Sie muß darum fest in den Massen verankert sein.

'Die politischen Richtlinien und die Politik des ZK der Partei stammen aus dem Prinzip des demokratischen Zentralismus. Sie kommen aus den Massen und werden in die Massen hineingetragen. Während ihrer Durchführung müssen demokratischer Zentralismus und Massenlinie angewandt werden. Mit anderen Worten, die Parteikomitees aller Ebenen müssen dem demokratischen Zentralismus vollen Spielraum geben, unbeirrbar die Massenlinie verfolgen, den Massen die Politik der Partei in die Hand geben und ihr Bewußtsein bei Durchführung dieser Politik und ihr Verständnis dafür erhöhen, so daß sie diese Politik in die Tat umsetzen können. Gleichzeitig ist es erforderlich, die richtigen Meinungen der Massen zu konzentrieren, ihre fortgeschrittenen Erfahrungen zusammenzufassen und dann weit zu verbreiten.' (PR Nr.10/71 (vgl. **.*.1971,d.Vf.) S.8)

'Von der Praxis zur Erkenntnis und von der Erkenntnis zur Praxis' und 'aus den Massen schöpfen und in die Massen tragen' - das ist ein und derselbe erkenntnistheoretische Ablauf.

Wo bleibt die Aneignung des Marxismus-Leninismus?

Wo bleiben die theoretischen Untersuchungen über den objektiven Faktor? Das eine wie das andere wird NEBENBEI betrieben, das heißt eben neben dem erkenntnistheoretischen Ablauf, wie er oben beschrieben wurde, und fließt ständig in ihn ein. Die Schulung und die Kommissionen sind die Instrumente der Bewältigung dieser theoretischen Arbeit. Die Partei aufbauen, heißt den erkenntnistheoretischen Prozeß organisieren: 'aus den Massen schöpfen' bzw. 'von der Praxis zur Erkenntnis' schreiten und 'in die Massen tragen' bzw. 'von der Erkenntnis zur Praxis' schreiten. Dieser grundlegende Prozeß, der also ständig umläuft und vorwärts läuft, wird von zwei seitlichen Quellen zusätzlich noch gespeist: von oben durch die Ergebnisse der Kommissionsarbeit über den objektiven Faktor und von unten durch die Schulung, in der sich alle Genossen immer besser den Marxismus-Leninismus aneignen. Kommissionsarbeit und Schulung werden eng verknüpft mit dem erkenntnistheoretischen Ablauf. Die Kommissionsarbeit läßt sich von den Ergebnissen der Zusammenfassung der Parteiarbeit leiten und leitet ungekehrt durch ihre Ergebnisse die gesamte Arbeit der Partei. Die Schulung wird in engem Zusammenhang mit der Praxis der Partei und der Zellen durchgeführt.

Der erkenntnistheoretische Prozeß heißt weder 'aus den Büchern schöpfen und in die Massen tragen' noch 'von den Büchern zur Erkenntnis (der gegenwärtigen Verhältnisse) und von der Erkenntnis (der gegenwärtigen Verhältnisse) zu den Büchern'. Das sind Abweichungen. Verwirklichung der Erkenntnistheorie durch den DZ, das ist zugleich die Verwirklichung der Massenlinie durch den DZ. Mao Tse-tung 'betrachtete das Festhalten an der Massenlinie als grundlegendes Problem des Festhaltens an der Erkenntnistheorie des dialektischen Materialismus.' (PR Nr.27/71 (vgl. **.**.1971,d.Vf.) S.20)

DIE IDEOLOGISCHE EINHEIT KANN NUR MITTELS DES DZ HERGESTELLT WERDEN. Die ideologische Einheit der Partei wird nur durch den beständigen Kampf zweier Linien hergestellt. Diskussionen, in denen alle Meinungen hervortreten, sind nötig, um die Widersprüche aufzudecken und die falschen Meinungen zu kritisieren. Der demokratische Arbeitsstil ist die Bedingung für die ideologische Einheit der Partei. Die Richtlinien der Partei stellen dann die Konzentration der richtigen Ansichten dar. Auf dieser Grundlage ist einheitliches Handeln möglich.

Das ist wirkliche, ideologische Einheit der Partei, die durch Kampf zustandegekommen ist, durch die Berichtigung von falschen Ansichten mittels der Methode von Kritik und Selbstkritik und keine erzwungene Einheit, die auf der Vertuschung von Widersprüchen beruht.

Durch Zentralismus auf der Grundlage von Demokratie erhalten wie eine einheitliche Strategie, einheitliche Politik, einheitliches Denken und einheitliches Handeln.

Die Einheit der Partei ist nichts Beständiges. Es tauchen dauernd neue Widersprüche auf, die die Einheit der Partei zerstören und die gelöst werden müssen, um zu einer neuen, festeren Einheit auf höherer Stufe zu kommen. Der DZ ist die Bedingung für das Erkennen und Lösen der Widersprüche. Ideologische Einheit und DZ bilden eine dialektische Einheit, eins kann nicht ohne das andere sein, wobei die ideologische Einheit allgemein die Hauptseite bildet.

Der Opportunismus läßt Falsches bestehen. Der Liberalismus geht Nebenwege neben den Bahnen des DZ und läßt ebenfalls Falsches bestehen. Beide behindern die Herstellung von Richtigem, von Objektivität, beide behindern den Lernprozeß. Daher sind sie mit dem DZ unvereinbar. Die Wurzel für Opportunismus und Liberalismus besteht darin, daß sich die Genossen nicht als Werkzeuge der Partei begreifen, sondern die politische Arbeit persönlich sehen und nehmen.

DER DEMOKRATISCHE ZENTRALISMUS STELLT DIE ENGE VERBINDUNG ZWISCHEN THEORIE UND PRAXIS HER. Wenn die mittels des DZ gewonnenen, verallgemeinerten und systematisierten Ergebnisse, die durch die Verbindung von Schulung, Kommissionsarbeit und Zusammenfassung der Erfahrungen der gesamten Partei bei der Durchführung der Linie zustandegekommen sind, stellen die konkretisierte Form der THEORIE dar, die in Form von Entscheidungen, Beschlüssen, Richtlinien und Weisungen unmittelbar die PRAXIS der Partei bestimmen. Aus dieser Praxis werden wieder neue Ergebnisse gewonnen. Und so setzt sich der Prozeß fort."

Nachgedruckt werden diese Papiere u.a. auch vermutlich in Dortmund (vgl. Jan. 1972).
Q: KPD/ML-ZK-LL Niedersachsen:Resolution der LL Niedersachsen an den außerordentlichen Parteitag der KPD/Marxisten-Leninisten,o.O. 9.12.1971; KPD/ML-ZK-LV Niedersachsen-U.:Zur Plattform des ZK der KPD/ML,o.O. o.J.; N.N.:Der Anbetung der Spontaneität der Arbeiterbewegung die Anbetung der Spontaneität der eigenen Bewegung entgegensetzen?,Duisburg Feb. 1972; N.N.:ohne Titel (erster Text: Resolution der LL Niedersachsen an den außerordentlichen Parteitag der KPD/Marxisten-Leninisten),o.O. o.J. (1972); N.N. (ex-KPD/ML-ZK-LV Niedersachsen):Kampf den rechtsopportunistischen Spaltern der Partei,o.O. o.J.; N.N. (ex-KPD/ML-ZK-LV Niedersachsen):Kritik der H. und K. 'Thesen zum Kampf gegen den Ökonomismus',o.O. o.J.; N.N. (ex-KPD/ML-ZK-LV Niedersachsen):Die Bedeutung der Klassenherkunft für den Aufbau der Partei,o.O. o.J.; N.N. (ex-KPD/ML-ZK-LV Niedersachsen):Die Grundlagen des demokratischen Zentralismus,o.O. o.J.

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25.12.1971:
Im LV Niedersachsen der KPD/ML-ZK erscheint frühestens heute die 'Massenlinie' Nr.3 (vgl. 8.12.1971). Enthalten sind die Beiträge:
- "Resolution der LL Niedersachsen an den außerordentlichen Parteitag der KPD/Marxisten-Leninisten" vom 9.12.1971;
- "Stellungnahme der Freizeitsektion (Kollektiv 1), Rote Garde, zum Papier des Initiativkreises" vom 14.12.1971 vermutlich aus Hannover, in dem die Schülersektion für das Vorantreiben des ideologischen Kampfes gelobt wird;
- "Stellungnahme des Z-Koll der RG Celle zum ideologischen Kampf im LV Niedersachsen" vom 6.12.1971, in dem die Bezirksleitung Hannover-Land kritisiert wird, mit einem Nachtrag vom 25.12.1971;
- "Stellungnahme aller Parteimitglieder u. –kandidaten aus SON – Wie die LL den Marxismus-Leninismus vertieft", in dem die 'Massenlinie' Nr.2 kritisiert wird;
- "Kritik der Politik der KPD/ML" von der ML-Gruppe Rotenburg (Wümme) vom 12.12.1971, in dem die lokale Isolation beklagt wird.
Q: Massenlinie Nr.3,O.O. o. J. (1971)

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Januar 1972:
Vermutlich im Januar erscheint vermutlich in Dortmund eine Sammlung von Papieren zur Spaltung der KPD/ML-ZK, die vermutlich ehemaligen Anhängern dieser Gruppe erstellt wird.

Dabei handelt es sich um Texte aus Niedersachsen (vgl. 9.12.1971), Hamburg (vgl. Aug. 1971), Worms (vgl. 17.6.1971, 9.7.1971, 3.9.1971) und aus dem LV Süd-West (vgl. 11.10.1971).
Q: N.N.:ohne Titel (erster Text: Resolution der LL Niedersachsen an den außerordentlichen Parteitag der KPD/Marxisten-Leninisten),o.O. o.J.

10.01.1972:
Vermutlich aus dieser Woche lag uns das folgende anonyme Papier zum AOPT der KPD/ML-ZK (vgl. 27.11.1971) vor, welches von denjenigen verfaßt wurde, die sich später als Bolschewistische Linie (BL) der ehemaligen KPD/ML (RM) organisieren:"
AUFRUF AN ALLE MARXISTEN IN DEN EHEMALIGEN ORGANISATIONEN DER KPD/ML IN DORTMUND

Nach dem Auszug der Landesverbände Wasserkante und Bayern auf dem 1. außerordentlichen Parteitag der KPD/ML haben 'linke' und rechte Liquidatoren die übrige 'Partei' in alle vier Winde zerstreut. Das anarchistische Treiben von 'linken' Liquidatoren aus dem Landesverband Südwest (Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland,d.Vf.) ist uns bereits seit längerem bekannt. Diese ultra'linken' Elemente verkündeten, daß es notwendig sei, sich in Ortszirkel zurückzuziehen und durch ein 'theoretisches' Organ eine Diskussionsplattform herzustellen. Ihrem Schritt folgten sehr bald die liquidatorischen Führer des Landesverbandes Niedersachsen, die auf der letzten Sitzung des außerordentlichen Parteitages bereits nicht mehr anwesend waren. Durch einen Verbindungsmann ließen sie verlauten, sie wollten, beschränkt auf ihren Landeszirkel, sich 'Klarheit' verschaffen. Nach neueren Informationen sollen die niedersächsischen Liquidatoren Kontakte mit der AO (KPD,d.Vf.) aufgenommen zu haben."
Q: N.N.:Aufruf an alle Marxisten-Leninisten in der ehemaligen Organisation der KPD/ML in Dortmund,Dortmund Jan. 1972

17.01.1972:
Die Nr.1/2 des 'Roten Morgens' (vgl. 27.12.1971, 31.1.1972) enthält neben Solidaritätsschreiben mit der Leitung um Ernst Aust u.a. von der KPD/ML Südheide/Wolfsburg und einem Genossen aus Göttingen auch einen ersten Teil einer Selbstkritik des 1. Zentralkomitees der KPD/ML (vgl. 31.1.1972). Darin wird eingegangen u.a. auf die Gründung der KPD/ML (vgl. 31.12.1968), die Gründung des KJVD (vgl. 25.4.1970) und die einige Monate später erfolgte Abspaltung der 'Rhetoclique' im Landesverband Berlin, die für einen Zirkel, der Klassenanalyse mache, eingetreten seien. Gleichzeitig habe im Landesverband Niedersachsen eine Strömung für einen gemäßigteren Intellektuellenopportunismus existiert.
Q: Roter Morgen Nr.1/2,Hamburg 17.1.1972

Februar 1972:
Ehemalige Mitglieder der KPD/ML-ZK verfassen in Duisburg das folgende Papier mit 4 Seiten DIN A 4 und der Kontaktadresse O. Borgards, über den später auch die Marxisten-Leninisten (ML) Duisburg erreichbar sind.
Gedruckt und getippt wurde es vermutlich bei den späteren ML Dortmund, die evt. auch an der Erstellung beteiligt waren:"
DER ANBETUNG DER SPONTANEITÄT DER ARBEITERBEWEGUNG DIE ANBETUNG DER SPONTANEITÄT DER EIGENEN BEWEGUNG ENTGEGENSETZEN?

EINE KRITIK AN EINIGEN AUFFASSUNGEN IM 'LV' NIEDERSACHSEN

Der Kritik liegen folgende Materialien zugrunde:
Das Papier 'Zur Plattform des ZK der KPD/ML'-Gen. U. und LL (Landesleitung - vgl. 9.12.1971,d.Vf.) (im folg.: 'Zur Pl.'); 'Die Massenlinie' mit der Einleitung der LL-Nds vom 8.12.1971 (im folg.: 'Ml 1'); 'Die Massenlinie 3'; 'Die Massenlinie' mit dem ersten Artikel 'Was heißt kommunistische Betriebsarbeit…' (im folg.: 'Ml 4').

In dem Papier 'Zur Pl.' wird in der Kritik an der Plattform zurecht betont, daß unsere Arbeit ausgehen muß von den Mao Tse-tung-Ideen. Doch sollte man solche Sätze nicht nur als Phrasen im Mund führen, einfach den bürokratischen Zentralismus, die 'Theorie vom gefügigen Werkzeug' zum Wesen des Revisionismus der 'KPD/ML-RM' erklären (und damit eine Erscheinungsform für das Wesen halten), dem entgegensetzen, daß ein breiter ideologischer Kampf geführt werden muß, - und das dann flugs zur 'Massenlinie' erklären. Diese 'schöpferische' Anwendung der Mao Tse-tung-Ideen auf unsere konkrete Situation hat leider mit den Mao Tse-tung-Ideen nichts mehr zu tun.

In dem Papier 'Zur Pl.' wird gesagt: 'Angelpunkt jeder kommunistischen Politik ist das Prinzip der Massenlinie, das Prinzip des aktiven Kampfes um die korrekte Linie unter bewußter Hinzuziehung der Massen. ENTSCHEIDENDE politische Frage in der kommunistischen Arbeit ist: Wie können und wie müssen wir in der augenblicklichen konkreten Situation dieses Prinzip der Massenlinie entfalten. Welche Erscheinungsform hat das Prinzip der Massenlinie in der augenblicklichen Situation des Parteiaufbaus?'

Diese Vorstellungen von 'Massenlinie' liegen unserer Meinung nach der politischen Linie zugrunde, die nach den vorliegenden Dokumenten im 'LV'-Nds vorherrscht. Wir werden die Vorstellungen von der Massenlinie daher zum Ausgangspunkt unserer Kritik machen.

I.

In den Papieren wird wiederholt auf das in der 'KPD/ML-RM' vorherrschende Fehlen, ständige Abwürgen des bewußten ideologischen Kampfes, auf die Vorherrschaft der 'Theorie vom gefügigen Werkzeug', der 'Theorie vom Erlöschen des Klassenkampfs', auf den bürokratischen Zentralismus hingewiesen. Zu gleichen Ergebnissen sind wir und werden wohl alle Gruppen bei der Untersuchung der bisherigen politischen Arbeit gekommen sein. Das ist gut, das beweist die Notwendigkeit eines radikalen Bruchs mit der bisherigen politischen Linie.

Wir meinen jedoch nicht, daß wir mit dieser Einsicht schon das Wesen unserer bisherigen Politik und gleichzeitig den 'Angelpunkt jeder kommunistischen Arbeit' sowie das entscheidende Kettenglied unserer jetzigen und künftigen Politik erkannt haben. Wir müssen weiter fragen, auf welchen ideologischen Grundlagen die verschiedenen Erscheinungsformen der bisherigen Politik beruhen. Wir gehen dabei von der großartigen Erkenntnis Lenins aus, der die Anbetung der Spontaneität, die Herabminderung der Rolle der sozialistischen Bewußtheit als die Grundlage eines jeden Opportunismus bestimmte.

Marx hat im 'Kapital' nachgewiesen, daß die Erscheinungsform der kapitalistischen Produktionsverhältnisse das dahinterliegende Wesen verschleiert, daß dieser Fetisch mit zum gesellschaftlichen Sein der Arbeiterklasse gehört und das Wesen selbst nur durch den wissenschaftlichen Sozialismus aufgedeckt werden kann (siehe dazu auch die Papiere der ehem. Hamburger-Parteiopposition).

Die chinesischen Genossen sagen dazu: 'Aber man muß beachten, daß die sinnliche Erkenntnis nur die Erscheinungen, die einzelnen Seiten und die äußeren Beziehungen der Dinge widerspiegelt und manchmal sogar ein falsches Bild wiedergibt, das dem Wesen der Dinge völlig entgegengesetzt ist. Vorsitzender Mao sagte: 'Die sinnliche Wahrnehmung löst nur das Problem der äußeren Erscheinung, das Problem des inneren Wesens wird erst durch die Theorie gelöst.' Schlußfolgerungen, die allein aus Unterlagen auf Grund der sinnlichen Erfahrung gezogen werden, geben unvermeidlich Anlaß zu Subjektivismus, Einseitigkeit und Oberflächlichkeit und können nicht richtig und vollständig die objektiven Dinge widerspiegeln.' (PR 25/71 (vgl. S1ff*.1971,d.Vf.), S.9)

Aus ihren sinnlichen Erfahrungen allein kann die Arbeiterklasse nicht das sozialistische Bewußtsein entwickeln. In dieser grundlegenden Erkenntnis begründet sich das ml-Verständnis der bolschewistischen Partei als 'bewußter Träger des unbewußten Prozesses', der das sozialistische Bewußtsein in die Arbeiterklasse hineintragen muß, im Kampf gegen die spontan vorherrschenden bürgerlichen Ideen.

Die Führer der revolutionären Bewegung in Westdeutschland und West-Berlin treten diesen Grundsatz mit Füßen. Das ZB (KPD/ML-ZB,d.Vf.) erklärt 'fast alle' theoretischen Fragen der westdeutschen Revolution für gelöst - daß die Arbeitermassen ihm nicht folgen, sei vor allem ein organisatorisches Problem. Die Führer der 'KPD' halten die Durchsetzung der organisatorischen Prinzipien des demokratischen Zentralismus für die Hauptaufgabe beim Parteiaufbau. Gemeinsam mit den Führern des 'KAB/ML'-Tübingen erklären sie, daß es heute vor allem darauf ankäme, im ökonomischen und demokratischen Kampf eine Einheitsfront der Arbeiterklasse zu schaffen. Die Anbetung der spontanen Arbeiterbewegung, die Herabminderung der Rolle der Bewußtheit wird offen zum Banner erhoben.

Der 'Vorsitzende' Ernst Aust brachte es sogar fertig, in der 'Weiterentwicklung der Plattform' (vgl. S1f**.197*,d.Vf.) zu verkünden, dass 'die Arbeiterklasse spontan Klassenbewußtsein entwickelt' - und das unter dem Bild Lenins, der auf dem II. Parteitag der SdAPR erklärte, daß es 'außerhalb des Einflusses der Sozialdemokratie keine klassenbwußte Tätigkeit der Arbeiter (gibt)'.

Die von 'Vorsitzendem' Ernst Aust in der 'Weiterentwicklung der Plattform' so schön 'theoretisch' begründete Anbetung der Spontaneität und Herabminderung der Rolle der Bewußtheit lag unserer bisherigen Politik in der 'KPD/ML-RM' zugrunde.

Die Partei wurde nicht als BEWUSSTER Vortrupp verstanden, sondern als eine Organisation, die dem spontanen Kampf der Arbeiterklasse 'mehr Wucht' verleiht (siehe RM-Artikel 'Bauen wir…' (vgl. S2.**.197*,d.Vf.)). Da die bürgerliche Linie davon ausgeht, daß sich das Klassenbewußtsein der Arbeiterklasse spontan entwickelt, muß sie 'vergessen', daß man die reichen Erfahrungen der Massen nur vom Gesichtspunkt der Mao Tes-tung-Ideen aus zusammenfassen und konzentrieren kann, daß man dazu den 'Marxismus, den Leninismus, die Mao Tse-tung-Ideen ernstlich studieren, sich von ihnen leiten lassen' muß (PR 25/71, S.10). Deshalb ist es für die Neorevisionisten auch unnötig, daß man beim Prozeß der Konzentration der Meinungen der Massen vom Lichte der Mao Tse-tung-Ideen aus 'die Spreu vom Weizen sondert, das Falsche ausmerzt und das Wahre behält' (Mao, Über die Praxis), d.h. einen bewussten ideologischen Kampf führt.

Das Verhältnis zu den Massen stellt sich für die Neorevisonisten demnach folgendermaßen dar: Je nach der Situation wenden sie die 'Theorie der Spontaneität' oder die 'Theorie der Kontrolle' an. Mit der 'Theorie der Spontaneität' werden die bürgerlichen Angriffe auf das Proletariat und die Revolutionäre unterstützt (z.B. Ökonomismus, innerhalb der Organisation keine Erziehung in der politischen Linie). Mit der 'Theorie der Kontrolle' wird ersucht, sämtliche Kritik an der bürgerlichen Linie (und sei es auch nur an Erscheinungsformen) abzuwürgen. Beide Erscheinungsformen der bürgerlichen Haltung zu den Massen beruhen auf der Anbetung der Spontaneität und der Herabminderung der Rolle der Bewußtheit, beruhen auf dem sich daraus ergebenden Verständnis vom Wesen der Partei als hauptsächlich ORGANISIERTEM Trupp, der dem spontanen Kampf der Arbeiterklasse mehr Wucht verleihen muß.

Wenn es in 'Ml 1' heißt, daß 'der Spontaneismus seine Ursache in dem bürgerlichen Verständnis der Massenlinie hat', oder wenn in 'Ml 4' behauptet wird, daß in einem 'falschen Verständnis von Massenorganisation das Wesen der bürgerlichen Politik der KPD/ML liegt', so halten wir das für falsch. Das Fehlen des ideologischen Kampfes, der bürokratische Zentralismus usw. sind nur NOTWENDIGE ERSCHEINUNGSFORMEN des bürgerlichen, auf der Anbetung der Spontaneität beruhenden Parteiverständnisses. IN DEN VORLIEGENDEN DOKUMENTEN DES 'LV'-NDS WERDEN ERSCHEINUNGSFORMEN DER REVISIONISTISCHEN LINIE MIT IHREM WESEN VERWECHSELT.

Die Beantwortung der Frage nach dem Wesen der bisherigen neorevisionistischen Politik hat große Bedeutung hinsichtlich der Konsequenzen für unsere jetzige und zukünftige Arbeit.

Wenn man den ideologischen Kampf nicht als Ding an sich betrachtet, sondern als Mittel zur Erkenntnis und zur Erziehung in der politischen Linie; wenn man davon ausgeht, daß die Beantwortung der Frage, OB und WIE ein breiter ideologischer Kampf geführt wird, von dem marxistisch-leninistischem Verständnis des Wesens der kommunistischen Partei, von den Inhalten der proletarischen Bewußtheit abhängig ist - dann sind die ENTSCHEIDENDEN FRAGEN DER KOMMUNISTISCHEN ARBEIT heute die Fragen nach dem Wesen der KP, nach der sich aus diesem Verständnis und der konkreten Einschätzung der revolutionären Bewegung in Westdeutschland ergebenden Linie zum Parteiaufbau.

Wenn man die Frage, ob und wie ein breiter ideologischer Kampf geführt wird, unabhängig davon zu beantworten glaubt, von welchem Standpunkt, welcher Auffassung und Methode, von welchen Inhalten der proletarischen Bewusstheit aus dieser ideologische Kampf geführt wird; wenn man nicht die Inhalte; sondern die Erscheinungsformen des ideologischen Kampfes zur 'entscheidenden Frage der kommunistischen Arbeit' erhebt - dann wird die Rolle der BEWUSSTEN Führung des ideologischen Kampfes und damit die Rolle der Bewußtheit überhaupt herabgemindert, dann wird auf die spontane Entwicklung des 'ideologischen Kampfes' vertraut.

Auf dieser Grundlage wird die Existenz einer politischen Organisation nicht nach ihren ideologischen und politischen Inhalten beurteilt, sondern danach, ob es günstig ist für den 'ideologischen Kampf'. Die 'Freizeitsektion' lehnte die Auflösung des 'Parteiapparates' deshalb ab, weil man diesen Popanz braucht, um etwas kritisieren zu können. Die logische Konsequenz ist, dass jede Gruppe dafür sorgen muß, daß in ihrer Stadt überall Gruppen des 'KJVD', der 'KPD', des 'KAB' usw. entstehen, um sie 'konkret' kritisieren zu können…

Die Aufforderung der 'Freizeitsektion' beruht darauf, daß der 'ideologische Kampf' zu einem Mythos wird, völlig über den Inhalten schwebend, um die der Kampf geht. Dahinter verbirgt sich das revisionistische Parteiverständnis, das unserer gesamten bisherigen Arbeit zugrunde lag. Wenn die bisherige politische Linie als revisionistisch kritisiert wird, dann heißt das, daß der 'Parteiapparat' basierte auf dieser revisionistischen Linie, von ihr geprägt war. Einen Parteiapparat über den Linien gibt es nicht. Wer den radikalen Bruch mit der revisionistischen Linie vollziehen will, muß auch diesen Popanz zerschlagen, wer unter dem Banner des radikalen Bruchs den Popanz erhalten will, betrachtet die Organisation losgelöst von der Ideologie und Politik, auf der sie beruht, betrachtet sie als über der Ideologie stehend, d.h. revisionistisch.

Wenn der ideologische Kampf nicht durch die Inhalte bestimmt wird, um die er geführt wird, ist nicht der Widerspruch zwischen richtig und falsch, zwischen proletarischer und bürgerlicher Linie entscheidend, sondern der Widerspruch zwischen sog. 'Führung' und sog. 'Massen'. So behauptet der 'Initiativkreis': 'Der Hauptschlag unseres ideologischen Kampfes richtet sich momentan gegen die Partei' - nicht etwa gegen eine revisionistische Linie, egal wo sie auftritt.

Ein anderes Beispiel, in 'Ml 3' schreibt ein Gen.: 'Die letzten Sitzungen, die eher Massenversammlungen glichen, haben jedoch gezeigt, daß sich die Diskussion allmählich durch eine gewisse Ratlosigkeit und Stagnation auszuzeichnen beginnt. Das alte Niveau wird ständig reproduziert und man zankt sich über Scheinwidersprüche. Um diesen Zustand zu beseitigen und endlich konstruktiv zu werden, muß die Fluktuation zwischen den Kollektiven aufhören.' Da die 'entscheidende' Frage eben die Frage nach den Formen des ideologischen Kampfes ist, muß es dazu kommen, daß vorgeschlagen wird, die ideologischen Schwierigkeiten durch organisatorische Maßnahmen zu überwinden - durch Stoppen der 'Tippelbrüder'.

II.

Im Papier 'Zur Pl.' und in den meisten Artikeln der 'Massenlinie' werden unter 'Massen' immer nur die 'bewußten Massen' verstanden, die Mitglieder ehemaligen 'MO' (Massenorganisationen,d.Vf.) und die engen Sympathisanten. Wir halten eine solche Einengung für falsch, sie revidiert die ml Erkenntnistheorie.

Die Massenlinie betrifft das Verhältnis Führung - Massen (wobei Führung in verschiedenen Situation sich verschieden darstellt), sie beruht auf der marxistisch-leninistischen Erkenntnistheorie. Die chinesischen Genossen bezeichnen das Prinzip 'aus den Massen schöpfen und in die Massen hineintragen' als 'wissenschaftliche Methode, um die sinnliche Erkenntnis zur rationalen Erkenntnis zu heben' (PR 25/71). Konsequentes ideologisches Prinzip für alle wirklichen Marxisten-Leninisten muß es sein, die ml Theorie mit der Praxis der westdeutschen Revolution zu verbinden. Das gilt für jede Frage, für jedes Problem, das die Revolutionäre lösen müssen.

Die systematisierten Erfahrungen der internationalen Arbeiterbewegung, den Marxismus-Leninismus und die Mao Tse-tung-Ideen, können wir nur dann auf die konkrete Wirklichkeit in Westdeutschland anwenden, wenn wir mit ihrer Hilfe die Erfahrungen der breiten Volksmassen zusammenfassen, sie mit der Methode 'eins teilt sich in zwei' konzentrieren und systematisieren und wieder in die Massen hineintragen. Dabei redet Mao von den Erfahrungen der gesellschaftlichen Praxis der Volksmassen, dem Produktionskampf, dem Klassenkampf, dem wissenschaftlichen Experimentieren, wobei die gesellschaftliche Praxis des Klassenkampfs die entscheidende ist.

In dem Prozeß 'aus den Massen schöpfen und in die Massen tragen' nimmt ein Teil der Massen besonders aktiv teil, nämlich der Teil, der die KP bzw. den führenden Kern mit den breiten Massen verbindet. Insofern, und NUR insofern ist es ein BESTANDTEIL der Massenlinie, daß der ideologische Kampf so breit wie möglich geführt werden muß (insofern heißt das heute auch konkret, dass die 'Theorie vom möglichst engen Kreis' bekämpft werden muß). Wenn allerdings wie in 'Zur Pl.' dieser Bestandteil der Massenlinie aus dem erkenntnistheoretischen und praktischen Rahmen der Verbindung des Marxismus, des Leninismus und der Mao Tse-tung-Ideen mit der gesellschaftlichen Praxis der breiten Volksmassen gerissen wird, werden die Erfahrungen der gesellschaftlichen Praxis der Volksmassen auf die unmittelbaren Erfahrungen eines Kollektivs, einer 'Sektion' oder allenfalls der 'bewußten Massen' Niedersachsens reduziert.

Die Erfahrungen, die die Revolutionäre in ihrer bewußt verändernden Praxis machen, sind u.a. ein Mittel, die Erfahrungen der gesellschaftlichen Praxis des Klassenkampfs der Volksmassen kennenzulernen. Wenn wir jedoch die Erfahrungen der gesellschaftlichen Praxis der breiten Volksmassen reduzieren auf die Erfahrungen der Revolutionäre, wird es uns niemals gelingen, eine korrekte Linie der westdeutschen Revolution auszuarbeiten. Unsere Politik wird sich dann immer nur auf Teilerfahrungen stützen müssen, und damit notwendigerweise scheitern. Da selbst diese Teilerfahrungen nicht bewußt vom Lichte der Mao Tse-tung_ideen aus konzentriert werden, wenn das entscheidende ist, DASS ein ideologischer Kampf geführt wird und nicht WORÜBER - dann wird auf solcher Basis nie marxistisch-leninistische Einheit von Subjektivem und Objektivem, von Erkenntnis und Praxis hergestellt werden können.

Das notwendige theoretische Resultat dieser Form des Risses zwischen dem Subjektivem und dem Objektivem, zwischen der Erkenntnis und er Praxis ist Eklektizismus, das politische Resultat Opportunismus.

So schreibt die 'LL' in 'Ml 1': 'Um unsere prinzipiellen Fehler überwinden zu können, müssen die Erfahrungen auf allen Ebenen aufgearbeitet werden. VON DEN ERFAHRUNGEN IM EIGENEN BEREICH AUSGEHEND muß jeder Genosse eine Kritik an der Organisationsform und der Politik entfalten. Auf der Basis der eigenen Erfahrungen muß jeder Genosse, ausgehend vom ML auf der höchsten Stufe, den MTI, am Kampf um die richtige Linie beim Parteiaufbau teilnehmen. In diesem Kampf werden wir die Inhalte unserer Arbeit schaffen, aus denen wir unsere konkrete praktische Politik und unsere Organisationsform ableiten.'

Die 'Erfahrungen im eigenen Bereich' und die Mao Tse-tung-Ideen - das reicht. Um die Linie zum Parteiaufbau auszuarbeiten, müssen wir nicht etwa die Erfahrungen der gesamten sich ml nennenden Bewegung vom Lichte der Mao Tse-tung-Ideen aus zusammenfassen, nein, nur die Erfahrungen des 'eigenen Bereichs' (die freilich ein wichtiger Bestandteil der Erfahrungen der diesbezüglichen gesellschaftlichen Praxis des Klassenkampfes sind, aber nur ein Bestandteil). Die 'LL' hält es daher nicht für nötig, den ideologischen Kampf um die brennendsten Fragen von Anfang an im nationalen Rahmen zu führen, die Tatsache, daß die 'Massen' am Ort einen 'ideologischen Kampf' führen, genügt: 'Wir sind in Zirkel aufgespalten und können unsere neorevisionistischen Entartungen nur in den Zirkeln überwinden. Für die nationalen Kontakte kann nur gelten, daß versucht werden muß, zunächst den Genossen Klarheit über unseren Standpunkt zu verschaffen und durch Taten zu dokumentieren, daß wir es ernst meinen. ALLES WEITERE IST IHRE SACHE!' ('Ml 1')

Diese Auffassung halten wir für falsch, weil

1) richtige Ideen nur im Kampf gegen falsche entstehen können, wobei es meist der Fall ist, daß wichtige bürgerliche Strömungen in einem Zirkel gar nicht auftauchen, die eigenen Standpunkte nach den Auffassungen der 'LL' auch nicht im Kampf gegen diese Strömungen entwickelt zu werden brauchen;

2) weil bürgerliche Positionen oftmals erst ihrem Wesen nach eingeschätzt werden können, wenn man sie im Zusammenhang mit anderen Positionen sieht;

3) weil wir unsere Vorstellungen über die Linie zum Parteiaufbau etc. entwickeln müssen auf der Grundlage einer bewußten Auswertung der diesbezüglichen Erfahrungen in Westdeutschland - und zwar nicht nur der Erfahrungen am Ort, sondern der Erfahrungen, die ganze 'KPD/ML (RM)' und die ganze ml-Bewegung gemacht hat; um diese Erfahrungen einbeziehen zu können, müssen wir von Anfang an den ideologischen Kampf auf nationaler Ebene führen;

4) weil das Ziel des ideologischen Kampfes nicht hauptsächlich die Schaffung eines bewußten Zirkels am Ort oder im regionalen Maßstab sein darf, sondern die Schaffung einer nationalen marxistisch-eninistischen Partei.

Dies soll selbstverständlich nicht heißen, daß wir gegenwärtig wie die Versöhnler ein Geschrei nach einem führenden nationalen Gremium erheben. Zirkelstandpunkt bedeutet heute nicht, ein solches Gremium gegenwärtig abzulehnen, weil dafür die ideologischen Grundlagen noch nicht geschaffen sind, sondern heißt heute konkret, das Hauptaugenmerk auf die Konsolidierung örtlicher Zirkel zu richten.

Das Hauptaugenmerk auf den nationalen Aufbau zu richten, heißt für die örtlichen Zirkel konkret, sich systematisch mit den im nationalen Maßstab vorhandenen Positionen auseinanderzusetzen und Beiträge dazu zu leisten, sowie die ideologische Auseinandersetzung auf Treffen verschiedener Art auch mündlich zu führen.

Die Conti-Sektion (CPK-Bereich in Hannover,d.Vf.) sagt in 'Ml 4' allgemein richtig: 'Die KKU-Kampagne muß geführt werden mit dem Ziel des nationalen Parteiaufbaus, es kann nicht das Ziel sein, regionale Zirkel aufzubauen, die sich irgendwann zusammensetzen und die Partei gründen.' Die Bestätigung, dass dies auf der ideologischen Grundlage des Massenlinie-Verständnisses von 'Zur Pl.' eine Phrase bleiben MUSS, folgt sofort: 'Das heißt nicht, daß jetzt hauptsächlich nationale Widersprüche der Partei diskutiert werden, sondern unsere Probleme im Kollektiv.'

Der radikale Bruch vollzieht sich für die Conti-Sektion folgendermaßen: 'Wie wird die bolschewistische Partei im Betrieb aufgebaut? Unter dieser Fragestellung muß die KKU-Kampagne im Bereich der Conti-Sektion geführt werden.' Oder in den 'Thesen zum Betriebsparteizellenaufbau' von Gen. OR/Betriebssektion heißt es: 'Konkreter Beitrag unserer Betriebssektion zur gegenwärtigen KKU-Kampagne muß sein, ausgehend von unseren bisherigen Erfahrungen, Vorstellungen zum Parteiaufbau im Hinblick auf den Betrieb zu entwickeln und abzuleiten, d.h. wir müssen für uns die Frage beantworten, wie Kommunisten im und am Betrieb zu arbeiten haben.'

Für ehemalige RG-Kollektive ist wohl die entscheidende Frage: Wie haben Kommunisten in der Jugend zu arbeiten? Für die LL: Wie haben Kommunisten einen LV anzuleiten? - Nur schade, daß wir kein ZK mehr haben - wer beantwortet denn nun die Frage: Wie haben Kommunisten in Westdeutschland hier die Partei aufzubauen?

Daß diese Fragen nur im Zusammenhang und auf der Grundlage eines Verständnisses vom Wesen der bolschewistischen Partei, von dem sich daraus ableitenden Verständnis von ideologischem Aufbau, Studieren, Untersuchen, Propagieren und Organisieren, auf der Grundlage einer Einschätzung der Bewegung der intellektuellen Jugend und der spontanen Arbeiterbewegung, auf der Grundlage einer Einschätzung des Standes der revolutionären Bewegung beantwortet werden können, kommt den Genossen nicht in den Sinn. Es KANN ihnen auch gar nicht in den Sinn kommen, solange sie sich auf der Basis der erbärmlichen Einengung der gesellschaftlichen Praxis und der Herabminderung der Rolle der Bewußtheit bewegen, die die ideologische Grundlage des Papiers 'Zur Pl.' bilden.

Die Ergebnisse der 'KKU' der Betriebssektion sind dementsprechend: Man nehme die konkreten Erfahrungen (in ihren Erscheinungsformen): Die Genossen waren gefügige Werkzeuge der Partei; man nehme ein Lenin-Zitat 'Die Organisation der Arbeiter muß erstens eine gewerkschaftliche sein…' (Was tun), - also kann es angeblich nur ökonomische Massenorganisationen geben. Bei der KPD/ML gab es aber politische MOs, die jedoch als ökonomische MOs behandelt wurden: 'das Verhältnis der Partei zu den MO war aber das der politischen Führung zur ökonomischen Führung' (es wurde also kein breiter ideologischer Kampf geführt usw.), also: 'In diesem falschen Verständnis von MO liegt das Wesen der bürgerlichen Politik der KPD/ML'!!

Das Wesen der bürgerlichen Politik der KPD/ML wäre also großartig bestimmt, und zwar durch die Verbindung des ML mit den 'Erfahrungen im eigenen Bereich' (nur schade, daß kein Mao-Zitat gefunden wurde). Hätten wir doch früher bloß Was tun? gelesen!

Doch wollen wir uns nicht zu lange beim bürgerlichen 'Wesen' der KPD/ML aufhalten, es müssen doch auch positive Beiträge für den nationalen Aufbau aus den eigenen Erfahrungen gezogen werden: Wenn Lenin sagt, daß MO nur ökonomische MO sein dürfen, bei RM die MO aber politische Organisationen waren, müssen wir schnellstens eigene Gewerkschaftsgruppen aufbauen. Eine kommunistische Jugendorganisation dürfen wir nicht aufbauen, das wäre 'der fünfte Schritt vor dem ersten' (OR/Betriebssektion) (Um das Kauderwelsch zu rechtfertigen, fügt der Genosse noch hinzu, er habe 'bewußt in der Darstellung eine widersprüchliche Form gewählt, um die Problematik aufzuzeigen).

Die Conti-Sektion stellt sich die weitere Arbeit folgendermaßen vor: Die Fehler dürfen nicht nur 'theoretisch' aufgearbeitet werden, 'sondern dies beinhaltet gleichzeitig einen Schritt in die Praxis'. 'Der erste Schritt in die Praxis ist die Erstellung eines Perspektivplans für jedes Kollektiv.' Dazu müssen Fragen beantwortet werden, die sich aus den 'eigenen Erfahrungen' und dem Lenin-Zitat ergeben. Die Fragen können nur in der Praxis beantwortet werden. 'Mit den hieraus gewonnenen Erfahrungen läßt sich ein Perspektivplan erstellen, in dem die Frage des Parteiaufbaus für den jeweiligen Bereich konkret beantwortet werden kann.' Jedem Kollektiv seinen Perspektivplan, zum Parteiaufbau, dann kräftig rühren, äh kämpfen, dann hat der 'LV' eine Plattform, dann mit den anderen Zirkeln zusammen kräftig rühren, äh, kämpfen, dann ist die Partei da.

In diesen Vorstellungen ist u.a. die Herabminderung der Rolle der Bewusstheit vorhanden, was sich darin ausdrückt, daß man NUR vom besonderen zum allgemeinen vorgehen will.

Genossen, solche Blüten des Subjektivismus werden weiterhin das notwendige Ergebnis der 'KKU' sein, wenn ihr weiter den ideologischen Kampf zum Selbstzweck erhebt, loslöst vom Widerspruch Spontaneität - Bewußtheit und damit die Rolle der proletarischen Bewußtheit herabmindert, wenn ihr weiterhin die Erfahrungen der gesellschaftlichen Praxis des Klassenkampfes einengt auf die Erfahrungen des 'eigenen Bereichs'.

Da ihr die Rolle der Bewußtheit herabmindert und euch nur auf die Erfahrungen der 'eigenen Bereiche' der 'bewußten Massen' verlaßt, setzt ihr der Anbetung der spontanen Arbeiterbewegung durch die Herren Aust, Genger und Co. Nichts weiter entgegen als die Anbetung der Spontaneität der eigenen Bewegung, als die Anbetung der spontanen Entwicklung der 'bewußten Massen'. Wie diese Anbetung der Spontaneität der eigenen Bewegung Hand in Hand geht mit der Anbetung der spontanen Arbeiterbewegung, läßt sich schon an dem Vorschlag aufzeigen, heute gewerkschaftliche Massenorganisationen aufzubauen."
Q: N.N.:Der Anbetung der Spontaneität der Arbeiterbewegung die Anbetung der Spontaneität der eigenen Bewegung entgegensetzen?,Duisburg Feb. 1972

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