Radikal brechen. Zeitung für die antiimperialistische und autonome Bewegung, Nr. 1, Februar 1989

Februar 1989:
Die Nr. 1 von „Radikal brechen. Zeitung für die antiimperialistische und autonome Bewegung“ erscheint. Einen Erscheinungsort gibt es nicht. Auch gibt es keine Klarheit darüber, welche Gruppe diese Zeitung herausgibt, daher wohl der allgemeine Zusatz „antiimperialistische und autonome Bewegung“.

Unter der Überschrift: „Was wollen wir mit dieser Zeitung“ heißt es zur Programmatik der Zeitung: „Wir wollen versuchen, unsere jetzigen Vorstellungen von Weg und Ziel der Revolution in dieser und den folgenden Nummern möglichst genau darzustellen. Unsere Vorstellungen beinhalten jedoch noch viele Unklarheiten und fehlerhafte, ungenaue Positionen. Um diese zu beseitigen und die richtigen immer genauer herauszuarbeiten, ist es für uns zentral, die eigene politische Geschichte und die bisher vertretenen Positionen selbstkritisch aufzuarbeiten.

In dieser Arbeit stecken wir noch mittendrin und die in der Zeitung behandelten Punkte sind ein Teil derselben. Ein weiteres Ziel dieser Zeitung ist es, eine Debatte über zentrale Fragen der Revolution in Gang zu bringen, mit allen, daran interessiert sind. Das Ziel dieser Debatte soll sein, richtige Positionen in diesen zentralen Fragen herauszuarbeiten und zu verbreiten. Wir denken, dass gerade der Kampf innerhalb der Bewegung für die als richtig erkannten Positionen zentral ist, weil nur so eine wirkliche Einheit hergestellt werden kann, die auf gemeinsamen Vorstellungen von Ziel und Weg der Revolution beruht. Viele Autonome und Antiimps wollen aber nicht die Auseinandersetzung, sondern das Zusammenkommen. Sie sagen: Entscheidend ist, dass die Leute zusammen kämpfen, und dann ist es ja egal, was jede/r dabei denkt. Aber so werden sie nur eine ‘Einheit‘ von Leuten erreichen, die völlig unterschiedliche Ziele haben, bis hin zu Leuten, die gegen die Revolution sind (so haben die Autonomen die Teilnahme aller Reformisten an der IWF-Kampagne ‘aufs schärfste begrüßt‘ (siehe ‘Aufruf der Autonomen‘) und etliche Antiimps hätten prinzipiell nichts dagegen, mit der DKP zusammenzuarbeiten)!

Deswegen ist die Auseinandersetzung so wichtig, und kann nicht mit Feindseligkeit, Spalterei abgetan werden. Es geht im Gegenteil dabei um solidarisches Verhalten unter denen, die für die Revolution sind: Sich nicht bloß praktisch (bei Prozessen und Demos) unterstützen, sondern auch sich gegenseitig in der politischen Entwicklung weiterhelfen. Das heißt sowohl Positionen, die als richtig erkannt wurden, gemeinsam genauer herausarbeiten, als auch sich gegenseitig kritisieren und auf die Fehler und Schwachpunkte in Theorie und Praxis zu stoßen. Ein solches solidarisches Verhalten ist auch gegenüber den Gefangenen, die gegen den westdeutschen Imperialismus kämpfen, äußerst wichtig, weil sie ja nach wie vor Teil der revolutionären Bewegung sind.

Es ist ganz besonders wichtig für sie, weil sie dringend solche wesentlichen Kraftquellen brauchen, wie die Beteiligung an der auch kontroversen Debatte über Fragen der Revolution und an der revolutionären Arbeit überhaupt, für ihren besonders schwierigen und kräftezehrenden Kampf in den westdeutschen Knasten. Die Praxis der gefangenen Revolutionäre in der ganzen Welt heute und auch in der Vergangenheit beweist sehr gut, wie zentral solche Debatten für sie sind und waren: So führen z.B. die KP Perus und die Roten Brigaden in den Knasten kontroverse. Diskussionen um wichtige Fragen der revolutionären Bewegung und beteiligen sich auch an Diskussionen über solche Fragen, die draußen laufen. Und dies, obwohl dort die alltägliche Unterdrückung um ein vielfaches brutaler ist als hier. Obwohl in Peru im Juni 86 Hunderte von Genossen und Genossinnen (zum Großteil Anhänger oder Mitglieder der KP Perus) unter dem Beifall der ‘Sozialistischen Internationale‘ (vor allem auch von W. Brandt) ermordet wurden und sich solche Massaker jederzeit wiederholen können.

Genauso werden Debatten in den Gefängnissen der faschistischen Türkei geführt, wo Folter und Mord an revolutionären und antifaschistischen Gefangenen an der Tagesordnung sind. Auch in den KZs des faschistischen Deutschland und in den von den Nazis besetzten Ländern wurden viele kontroverse Diskussionen (zu einem großen Teil auch zwischen Genossen und Genossinnen aus den verschiedensten Ländern) unter ständiger Lebensgefahr, den barbarischsten Lebensbedingungen und trotz riesiger Spitzelapparate, organisiert und geführt. Zum Beispiel wurde in Auschwitz unter Lebensgefahr eine Debatte über das Spezifische des deutschen Chauvinismus geführt und über die Aufgaben des Kampfes gegen ihn. Für uns bleibt es auch jetzt während des Hungerstreiks in Westdeutschland nach wie vor unverzichtbar, die kontroverse Debatte über Weg und Ziel in der revolutionären Bewegung zu führen.

Wir halten es für falsch, auf solche Debatten während des Hungerstreiks zu verzichten (und überhaupt sämtliche politischen Inhalte aus dem Hungerstreik und seiner Unterstützung rauszulassen) und auf später zu verschieben, bis zu dem Zeitpunkt, wo die Zusammenlegung und die anderen Forderungen der Gefangenen erfüllt worden sind. Wir halten es für zentral, DIE DISKUSSION JETZT ZU BEGINNEN und unsere I. Nummer wie auch die weiteren Nummern sollen dazu ein Beitrag sein. In den nachfolgenden Nummern wollen wir weiterhin auf die Kämpfe und die Haftbedingungen der Gefangenen in Westdeutschland eingehen (auch wenn der Hungerstreik vorbei ist) und auch auf die Kämpfe und Bedingungen der revolutionären Gefangenen weltweit. Denn wir sehen es als eine wichtige Aufgabe an, die revolutionären Kämpfe weltweit zu unterstützen und hier insbesondere die Kämpfe, die in Ländern laufen, die vom westdeutschen Imperialismus ausgebeutet und deren Völker von ihm unterdrückt werden. Beteiligt Euch an der Debatte.“

Artikel der Ausgabe sind:
- Es ist schon längst an der Zeit über die Ziele der Revolution zu debattieren
- Zusammen kämpfen ohne politisch-ideologische Auseinandersetzung, eine sichere Methode an den eigenen Fehlern zugrunde zu gehen
- Was wollen wir mit dieser Zeitung
- Kritik der GRAPO am Konzept der RAF
- 7 Jahre bei Antiimps und Autonomen sind genug!
- Solidarität mit gegen den Imperialismus kämpfenden Gefangenen.

„Radikal brechen“ ist u. a. erhältlich in: Schwarzmarkt (Hamburg); BBA Laden (Bremen); Cafe Korn (Hannover); Internationalismus Buchhandlung (Hannover); Buchladen Roter Stern (Göttingen); KOMM (Nürnberg); Buchhandlung Jos Fritz (Freiburg); Buchhandlung Niedlich (Stuttgart).

Aufgerufen wird zur Unterstützung des Hungerstreiks von RAF-Mitgliedern zur „Solidarität mit den gegen den Imperialismus kämpfenden Gefangenen“ und zu einer Demonstration am 17.3. in Hamburg. „RB“ wird „archiviert im ID-Archiv IM IISG/Amsterdam“. Dort wird auch eine im presserechtlichen Sinne verantwortliche Person genannt.
Quelle: Radikal brechen. Zeitung für die antiimperialistische und autonome Bewegung, Nr. 1, o. O., Februar 1989

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