Die Antikriegstagsprozesse 1972 - 1980

Der Prozess gegen Peter Bayer

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Dietmar Kesten, Gelsenkirchen, September 2011

1973

Das Münchener „Solidaritätskomitee: Kampf der politischen Verfolgung“ berichtet über den verhafteten Genossen B. Vermutlich ist Peter Bayer gemeint. Gegen ihn wird ein Ermittlungsverfahren eröffnet. Der Grund dafür ist: Er soll sich bei der Demonstration zum „Roten Antikriegstag“ „vorsätzlich bewaffnet“ haben. Die Verhaftung erfolgte erst am 3. September während einer Demonstration in München, die „illegal“, so die „Anklageschrift“, gewesen sein soll.

Eine „Kampfveranstaltung der KPD/ML“, die unter dem Motto: „Freiheit für die Demonstranten des 2. September“ steht, findet zusammen mit der Roten Hilfe München am 17.3. statt (vgl. 24. März 1973).

Vermutlich wird Peter Bayer am 20.3. der Prozess gemacht. Er gibt vor dem Jugendschöffengericht in München eine Erklärung ab, in der er den 2. September verteidigt. Die KPD/ML-ZK nennt diesen Prozess einen „politischen“ (vgl. 20. März 1973; 31. März 1973).

Auch das Münchener „Solidaritätskomitee Roter Antikriegstag“ setzt sich für den Angeklagten ein (vgl. 31. März 1973).

Im Juni 1973 wird Peter Bayer wegen „Teilnahme an der Demonstration zum Roten Antikriegstag“ zu 12 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt (vgl. 23. Juni 1973).

Der „Rote Morgen“ wendet sich im Juni in einem Artikel zum „Roten Antikriegstag“ gegen die „Terrorurteile“ u. a. gegen Peter Bayer und fordert dazu auf, den „Kampf des Roten Antikriegstages fortzusetzen“ (vgl. 21. Juli 1973).

1974

Vermutlich beginnt am 14.3. in München der Berufungsprozess im Fall Peter Bayer (vgl. 9. März 1974).

Die Rote Hilfe fordert in ihrer Zeitung den „Freispruch für die Kämpfer des Roten Antikriegstages 1972“. Sie bezeichnet die Urteile als „Terrorurteile“. In den jetzt anstehenden „Revisionsprozessen“ müsse der Kampf gegen die „bürgerliche Klassenjustiz“ aufgenommen werden, die die Genossen insgesamt für „11 Jahre ins Gefängnis“ stecken wolle. U. a. wird auch gegen das Urteil für Peter Bayer Front gemacht. Die RHD fordert zudem, dass die die Anwälte der Genossen in ihrer Tätigkeit nicht behindert werden dürfen (vgl. September 1974).

Im ersten „Revisionsprozess“ gegen Peter Bayer bleibt der Haftbefehl aufrechterhalten. Begründung des Gerichts: „Fluchtgefahr“, keine ausreichende „soziale Bindung“. Die neue konstituierte Rote Hilfe Mannheim/Ludwigshafen setzt sich für den Genossen unter der Parole „Kampf gegen die politische Unterdrückung“ ein (vgl. 21. September 1974).

In München findet Ende Dezember u. a. die „Berufungsverhandlung“ gegen Peter Bayer statt (vgl. 28. Dezember 1974).

1975

Der Berufungsprozess gegen Peter Bayer ist auf „9 Verhandlungstage“ angesetzt. Der „Rote Morgen“ fordert: „Freispruch für die angeklagten Genossen“. Der Haftbefehl gegen Bayer wird „auf Antrag der Verteidigung“ zunächst „aufgehoben“. Die KPD/ML warnt vor Illusionen; denn schließlich könne ein Gericht „die sofortige Vollstreckung der Strafe anordnen“, wenn z. B. „Fluchtgefahr“ bestehe. Gegen die Prozesse agitiert auch der KSB/ML in Marburg mit einer „Solidaritätsresolution“, die u. a. vom KSV, von der Liga und dem KJV unterschrieben wurde. „Freiheit für alle politischen Gefangenen“ wird gefordert (vgl. 18. Januar 1975; 8. Februar 1975; 19. Februar 1975).

Peter Bayer wird laut „Roter Morgen“ zu 18 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Ihn soll ein „Polizeizeuge“ festgenommen haben. Ihm wird auch „Rädelsführerschaft“ unterstellt. Die Verurteilung erfolgt wegen „Landfriedensbruch“. Doch in Wahrheit wurde er verurteilt, „weil er Kommunist ist“ und „mit der KPD/ML für die Sozialistische Revolution kämpft“, so die KPD/ML (vgl. 22. Februar 1975).

In Karlsruhe soll eine Veranstaltung der KPD/ML zum „Roten Antikriegstag 1972“ stattfinden. Thema: „Freiheit für die Kämpfer des Roten Antikriegstages“. Peter Bayer soll sprechen (vgl. 3. März 1975).

Peter Bayer muss, laut Roter Hilfe, seine Haftstrafe von 18 Monaten am 21. April in der Jugendstrafanstalt Ebrach (bei Würzburg) antreten. Die RH fordert: „Freiheit für Peter Bayer!“ und „Freiheit für alle politischen Gefangenen“ (vgl. April 1975).

Der „Rote Morgen“ schreibt, dass Bayer trotz der Verurteilung seinen „Kampf im Gefängnis fortsetzen“ werde (vgl. 19. April 1975).

Auf einer Veranstaltung zum „Roten Antikriegstag 1972“ in Ludwigshafen soll auch Peter Bayer sprechen (vgl. 19. April 1975).

Der „Rote Morgen“ führt ein Interview mit Bayer kurz vor dem Antritt seiner Haftstrafe (vgl. 19. April 1975).

Mit einer „kämpferischen Veranstaltung“, vermutlich in Mannheim, wird Peter Bayer von den Ortsgruppen der KPD/ML, der Roten Garde und der RH verabschiedet (vgl. 3. Mai 1975).

Später berichtigt sich der „Rote Morgen“. Danach wird Peter Bayer schon am 29.4. von der „Polizei zu Hause abgeholt“. Er wird in das Gefängnis Stadelheim (München) verlegt (vgl. 10. Mai 1975).

Vorübergehend scheint er, nach den vorliegenden Berichten, dann noch in Ludwigsburg inhaftiert worden zu sein. Dort wird ihm u. a. Literatur der KPD/ML von der Gefängnisleitung verweigert (vgl. 10. Mai 1975).

Nach einem weiteren Bericht des „Roten Morgen“ sitzt Peter Bayer nun in Darmstadt ein (vgl. 19. Juli 1975).

Ein „Extrablatt“ des „Roten Morgen“ ruft dazu auf, sich mit den Genossen in Haft (u. a. Peter Bayer, Bernd Reiser, Hans-Georg Schmidt, Hubert Lehmann und Heinz Baron) zu solidarisieren (vgl. August 1975).

Zum „Roten Antikriegstag 1975“ erklärt der „Rote Morgen“, dass der „westdeutsche Imperialismus seine aggressiven Ziele keinesfalls aufgegeben“ habe. Das würden auch die Terrorurteile gegen die „Kämpfer des Roten Antikriegstages 1972“ (u. a. gegen Genossen Peter Bayer, Hubert Lehmann, Bernd Reiser und Georg Schmidt) zeigen (vgl. 9. August 1975).

Die Rote Garde der KPD/ML ruft dazu auf, Peter Bayer, der in Haft sitzt, zu schreiben. Peter Bayer schickt zum Jugendkongress der RG aus dem Gefängnis eine „Grußadresse“ (vgl. September 1975).

An der „Antikriegstagsdemonstration“ der KPD/ML in Frankfurt/M. nimmt auch die RHD mit einem eigenen Block teil. Eine Forderung der Demonstranten war u. a.: „Freiheit für die Kämpfer des Roten Antikriegstages“. Auch Portraits der Inhaftierten (u. a. Peter Bayer) sollen mitgeführt worden sein (vgl. 6. September 1975).

Peter Bayer berichtet aus dem Gefängnis über die „Solidaritätsgrüße“, die ihn bisher erreicht haben (vgl. 20. September 1975).

Peter Bayer wird laut „Roter Morgen“ am 25.11.1975 aus der Haft entlassen. Letztes Urteil: „3 Jahre auf Bewährung“ (vgl. 25. November 1975).

Drüber berichtet auch die Rote Hilfe (vgl. Dezember 1975).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

03.02.1975:
Laut „RPK - Pressedienst der Kommunistischen Partei Deutschlands“ beginnt in München die Berufungsverhandlung im „Antikriegstagsprozess“ gegen die Genossen Peter Baier, Hubert Lehmann, Klaus Stahl und Bernd Reiser. Sie waren 1972 „dem Aufruf der KPD/ML zum ‚Roten Antikriegstag‘ gefolgt". „In 1. Instanz hatte die Klassenjustiz die Genossen zu je 1 Jahr Gefängnis verurteilt.“
Quelle: RPK - Pressedienst der Kommunistischen Partei Deutschlands, Nr. 11, 3.2.1975.

20.03.1973:
Laut „Roter Morgen“, Nr. 12/1973, findet in München der erste Antikriegstagsprozess statt.
Quelle: Roter Morgen Nr. 12/1973, Hamburg, S. 7.

24.03.1973:
Im „Roten Morgen“, Nr. 11/1973, erscheint der Artikel: „Freiheit für Genossen B. Bericht des Solidaritätskomitees: Kampf der politischen Verfolgung.“ Ausgeführt wird:

„Der Genosse ist Elektriker von Beruf und hatte, als er nach München zum Antikriegstag 1972 fuhr, seine Einberufung zum Bund in der Tasche. Er hat genau richtig gegen den westdeutschen Militarismus gekämpft und sich aktiv gegen die Kriegstreiber und ihre Helfer zur Wehr gesetzt.

Die Staatsanwaltschaft und das Hohe Gericht wissen, wie rasch sich die antimilitaristische Bewegung in der Jugend und auch in der Bundeswehr entwickelt. Dem Genossen und allen Gleichgesinnten soll ein Denkzettel verpasst werden. Genosse B. wird vor ein Jugendschöffengericht gezerrt, weil er eine Strafe von ‘mehr als einem Jahr zu erwarten hat‘ (wie es in der Vorladung heißt). Was hat nun der Jungarbeiter B. verbrochen?

Ganz einfach: Er hat sich zur Demonstration am 2. September in den München ‘vorsätzlich bewaffnet‘. Die Bewaffnung, sieht so aus ‘mit einem über einen Meter langen Holzknüppel, an dessen einem Ende zur Tarnung eine kleine rote Fahne befestigt war‘, so heißt es wörtlich in der Anklageschrift.

Künftig sollen also keine Demonstrationen unter roten Fahnen mehr stattfinden. Wer eine mit sich führt, ist bewaffnet und erfüllt die Voraussetzungen für den Paragraphen ‘besonders schwerer Landfriedensbruch‘, der nach dem StGB mit Gefängnis zwischen 6 Monaten und 10 Jahren bestraft wird.

Der Genosse wurde verhaftet, als sich am 3. September über 1.000 Demonstranten zu einer Demonstration vor dem Justizgebäude in München aufstellten. Diese Demonstration war für ‘illegal‘ erklärt worden. Tausende Bundesgrenzschützer hatten die Demonstranten umzingelt. Genosse B. wurde herausgegriffen und musste sich öffentlich nackt ausziehen.

So also schützt der Bundesgrenzschutz unsere Grenze. Unter der SPD/FDP-Regierung wurde der Bundesgrenzschutz offen zur Bürgerkriegsarmee umgerüstet. Die Ausbildung - so wurde jetzt durch die Kuhlmann-Affäre überhaupt bekannt - erhalten diese Bürgerkriegstruppen des Kapitals durch Vietnam- erfahrene US-Killer.

Die Methoden des psychologischen Terrors, wie sie gegen Genossen B. angewandt wurden, sind auch den westdeutschen Justizbeamten aus alten braunen Zeiten bekannt. Genosse B. erlebte sie drei Wochen lang in der Untersuchungshaft, in die er gleich nach seiner Verhaftung gesteckt wurde. Wie bei ‘staatsgefährlichen Verbrechern‘ üblich geworden, wurde er in Einzelhaft gesteckt. Auf den Hof wurde er auch einzeln unter besonderer Bewachung ausgeführt. Nachts sollte er durch ständiges Licht-Anknipsen mürbe gemacht werden; die Matratzen wurden ihm weggenommen, und immer wieder Drohungen und Beschimpfungen.

Genosse B. und die anderen verhafteten Demonstranten des Antikriegstages lassen sich nicht mürbe machen. Auch nicht vor den Schranken der Klassenjustiz. Am Dienstag, den 20. März, fand die Verhandlung statt. Wir werden im nächsten Roten Morgen darüber berichten.“

Im Artikel „Kampfveranstaltung in München“ heißt es:

„Am 17.3. fand in München eine Kampfveranstaltung der KPD/ML Freiheit für die Demonstranten des 2. September statt. Über 200 Menschen waren gekommen. Die Rote Hilfe München gab eine Solidaritätserklärung ab, in der sie dem Kampf der Angeklagten gegen die Klassenjustiz ihre tatkräftige Unterstützung zusagte. 360 DM konnten für die Angeklagten gesammelt werden. Vier der Demonstranten, die sich jetzt vor dem Richter dafür ‘verantworten‘ sollen, dass sie gegen imperialistischen Krieg und Militarismus gekämpft haben, waren anwesend.

In ihren Reden und Liedern, die der Agitprop-Trupp der Partei vortrug, wurde klar: Hier wird nicht gejammert, hier wird der herrschenden Klasse der Kampf angesagt. Der Kampf vom 2. September gegen die Kriegstreiber geht weiter.“
Q: Roter Morgen Nr. 11/1973, Hamburg, S. 7.

RM_1973_11_07


31.03.1973:
Im „Roten Morgen“, Nr. 12/1973, erscheint der Artikel: „Erster Antikriegstagsprozess in München. Anklage gegen die Imperialisten.“ Ausgeführt wird:

„Am 20.3. fand vor dem Jugendschöffengericht in München der Prozess gegen den 21-jährigen Arbeiter und Soldat, Peter B. statt. Von Anfang an musste das Gericht sehen, dass es hier nicht einfach einen Einzelnen fertig machen konnte. Der Gerichtssaal war bis auf den letzten Platz besetzt, die anwesenden Polizeispitzel von den Genossen eingekeilt. Hier hatten es Richter und Staatsanwalt auch nicht mit einem Angeklagten zu tun, der vor ihnen buckelt und bereute.

Genosse B. weigerte sich grundsätzlichere weitere Fragen zur Person und zur ‘Sache‘ zu beantworten und gab stattdessen eine Erklärung zur Antikriegstagsdemonstration ab (Auszug):

‘… Schon aus den Formulierungen in der Anklageschrift kann man sehen, dass es sich um konstruierte Anschuldigungen handelt. Damit sollen genau die Gesetze zur Anwendung kommen können, die die herrschende Klasse gegen Kommunisten gemacht hat, die Gesetze, mit denen das Volk vom Kampf gegen Ausplünderung, Unterdrückung und Kriegstreiberei abgehalten werden soll. Die Klassenjustiz will hier einige Genossen herausgreifen, ihnen hohe Strafen aufbrummen und hofft, so alle konsequenten antimilitaristischen Kämpfer einschüchtern zu können

Diese große Demonstration vom 2. September war nämlich der richtige Ausdruck der breiten antimilitaristischen Bewegung, die vor allem die Jugend ergriffen hat. Am 1. September letzten Jahres jährte sich zum 33. Mal der Tag, an dem der deutsche Imperialismus unter Hitler Polen überfiel und den II. Weltkrieg entfesselte. Die Riesenverbrechen an der Menschheit sind bekannt und auch heute gerade an der Jugend unvergessen …

Die Rüstungsproduktion lief auf vollen Touren, der Militärapparat wurde riesig ausgebaut und nach außen wurden den Völker der Welt das friedliebende dritte Reich vorgelogen, während die Wehrmacht schon die Besetzung fremder Länder übte. Der Parteitag der NSDAP 1938 stand unter dem Motto ‘Parteitag des Friedens‘. Die olympischen spiele 1936 hatten die Aufgabe die Welt über die angriffslustigen Pläne des deutschen Imperialismus hinwegzutäuschen …‘

Im Folgenden zieht der Genosse in seiner Erklärung die Parallelen zu heute. Expansionspolitik, Aufrüstung, Militarisierung, aber auch eine breite antimilitaristische Bewegung in der deutschen Jugend und die erhöhte Wachsamkeit der Völker in aller Welt gegenüber dem deutschen Imperialismus. Um die Völker über die Bonner Großmachtpläne zu täuschen.

‘… dazu sollen die olympischen Spiele dienen, die groß als Friedensspiele herausgeputzt werden. Deshalb war auch die Münchener Innenstadt zur Bannmeile erklärt worden. Die breite Antikriegs-Bewegung sollte ihrer Möglichkeit beraubt werden, die wahren Verhältnisse in Westdeutschland vor der Weltöffentlichkeit aufzudecken.

Um einen ungestörten Ablauf dieses Täuschungsmanövers zu gewährleisten, wurden aus dem gesamten Bundesgebiet 20.000 Bundeswehrsoldaten und 12.000 Polizisten zusammengezogen. Das neue Gesetz, das den Bundesgrenzschutz offen zur Bürgerkriegsarmee macht, wurde angewandt. Die ‘Friedensspiele‘ sollten nicht gestört werden.

Trotzdem demonstrierten am 2. September 6.000 Antimilitaristen, Kommunisten und andere fortschrittliche Menschen… Wenn der Demonstrationszug die Absperrungen zum Marienplatz durchbrochen hat, dann hat er die volksfeindlichen Absichten der westdeutschen Imperialisten durchbrochen, dann hat er das getan, weil sich die Demonstranten ihrer Verantwortung aller Antimilitaristen, allen friedliebenden Menschen gegenüber bewusst waren …‘

In diesem Politischen Prozess versuchten Staatsanwaltschaft und Gericht - wie bei solchen Prozessen üblich - ihre eigenen Gesetze zu umgehen. Der Rechtsanwalt und die aktive Öffentlichkeit im Gericht enthüllten diese Praktiken, so dass die Klassenjustiz vorerst noch nicht riskierte, ihre eigenen Gesetze offen zu brechen. Der Prozess musste verschoben werden.

Mit einem Strauß Nelken und schnell gefertigten Transparenten zogen Genosse B. und die Zuschauer zum Münchener Stachus. Sie diskutierten mit der Bevölkerung, einige sangen das Lied ‘Gebt die politischen Gefangenen‘ frei. Im Nu hatten sich mehrere Hundert Menschen versammelt, und gleich darauf auch Polizei. Ein Polizist wagte sich in die Menge, um ein Schild der Demonstranten herunterzureißen. Sofort hörte man überall: ‘Sauerei, man wird doch wohl noch mal seine Meinung sagen dürfen‘, ‘Was ist das denn für ein Staat, es geht wohl wieder los‘, ‘Nazimethoden‘ usw.

Als der Polizist daraufhin einen Passanten festnehmen wollte, wurde dieser durch andere Passanten wieder befreit. Die Polizei musste abrücken. Sie führten einen abseits stehenden Passanten mit weißem Arbeitskittel ab, weil dieser sich auch über die Vorgänge empört hatte.

Polizei und Justiz dieses Ausbeuterstaates stoßen auch immer breiteren Widerstand. Die Solidarität mit den angeklagten Demonstranten vom Roten Antikriegstag muss breiter organisiert werden.
Kampf dem westdeutschen Militarismus!“
Q: Roter Morgen Nr. 12/1973, Hamburg, S. 7.

RM_1973_12_07


31.03.1973:
Das „Solidaritätskomitee Roter Antikriegstag“ ruft, laut „Roter Morgen“ Nr. 12/1973, dazu auf, „dem Solidaritätskomitee darüber zu berichten“, wie sie „verfolgt und beschnüffelt werden“. Das „Solidaritätskomitee“, das sich vermutlich kurz nach den Münchener Ereignissen vom 2./3. September konstituiert haben dürfte, meint:

„Nur dann können wir gemeinsam die politische, ideologische und juristische Vorbereitung der anstehenden Prozesse in Angriff nehmen. Machen wir die Prozesse zu einem Bumerang für die Bourgeoisie. Wendet Euch an das ‘Solidaritätskomitee: Kampf der politischen Unterdrückung‘ in Essen.“
Q: Roter Morgen Nr. 12/1973, Hamburg, S. 7.

23.06.1973:
Im „Roten Morgen“, Nr. 24/1973, erscheint der Artikel: „Terrorurteil. 12 Monate Gefängnis für Peter Bayer.“ Ausgeführt wird:

„Am 6. Juni wurde der Elektriker Peter Bayer wegen Teilnahme an der Demonstration am Roten Antikriegstag zu 12 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Diese 12 Monate sind Terror, sogar nach dem bürgerlichen Recht. Denn Peter konnte noch nicht einmal nachgewiesen werden, dass er an der ‘Schlacht am Karlstor‘ überhaupt aktiv beteiligt war.

Hauptbelastungszeuge Polizeiobermeister Schmerzinger verwickelte sich in Widersprüche. Außerdem behauptete er, er habe Peter beim Karlstor erkannt - mit einer Kapuze auf dem Kopf. Peter hatte bei der Demonstration überhaupt keine Kapuze getragen- wie auch die dem Staatsanwalt vorliegenden Bilder bewiesen.

Hier sollte die Gesinnung verurteilt, Klassenkämpfer eingebuchtet werden - von ‘Rechtssprechung’ blieb nicht einmal der Schein. Und so sagte der Richter bei der Urteilsverkündung denn auch offen: Peter Bayer habe besonders bei seiner Schlussrede gezeigt, dass er sich nicht ‘bessern‘ wolle, deshalb sei auch die Strafe nicht zur Bewährung.

Peter sagte in seiner Schlussrede unter anderem:

‘… Wenn der Staatsanwalt sagt, ich hätte ‘schädliche Neigungen’, so hat er recht. Denn unsere Gesellschaft besteht aus zwei Klassen- den Ausbeutern und Unterdrückern und den Ausgebeuteten und Unterdrückten. Zwei Klassen, die sich entgegenstehen. Wenn also etwas für die eine Klasse schädlich ist, so ist das für die andere Klasse nützlich. Meine Neigungen sind für die Kapitalistenklasse schädlich, weil ich zur Arbeiterklasse gehöre, für die meine Neigungen nützlich sind. Ich werde meine Neigungen einsetzen für den Sturz der Kapitalistenklasse, zur Errichtung der Herrschaft über die alten Ausbeuter, zur Errichtung der Diktatur des Proletariats.
Freiheit für alle politischen Gefangenen! Vorwärts im antimilitaristischen Kampf!“
Q: Roter Morgen Nr. 24/1973, Hamburg, S. 7.

RM_1973_24_07


21.07.1973:
Im „Roten Morgen“, Nr. 28/1973, erscheint der Artikel: „Nieder mit den Antikriegstags-Prozessen!“ Ausgeführt wird:

„Vor einem knapp einem Jahr, am 2. September 1972, fand in München anlässlich der Kriegs- und Notstandsolympiade der Rote Antikriegstag statt. Mehrere tausend Demonstranten folgten dem Aufruf der KPD/ML und zeigten vor aller Welt ihre Entschlossenheit, nie wieder einen Krieg von deutschem Boden ausgehen zu lassen. Sie rissen den westdeutschen Militaristen und Revanchisten, die mit den ‘heiteren Spielen‘ die Völker über ihre wahren Kriegspläne täuschen wollten, die Friedensmaske vom Gesicht. 25.000 Soldaten, Bundesgrenzschutz und etliche Zivilpolizisten waren aufgeboten, dieses heuchlerische Friedensfest zu schützen. München glich einer belagerten Festung. Über die Innenstadt war eine Bannmeile verhängt worden.

Die Demonstranten ließen sich jedoch das von unserem Volk hart erkämpfte Recht auf die Straße nicht nehmen und demonstrierten trotzdem in der Innenstadt. Am Karlstor durchbrachen sie die Polizeiketten. Der reaktionären schwer bewaffneten Polizeigewalt wurde die revolutionäre Gewalt entgegengesetzt. Hier demonstrierten keine Friedenstauben, sondern Friedenskämpfer.

Dies war ein sehr wichtiges Ereignis für die revolutionäre Bewegung in Westdeutschland und Westberlin. Erstmal seit langem wurde in größerem Ausmaß unter kommunistischer Führung militant gegen den bürgerlichen Terrorapparat vorgegangen. Das bedeutet eine neue Stufe des Klassenkampfes und einen weiteren Schritt in Richtung zur gewaltsamen Revolution der Volksmassen in Westdeutschland und Westberlin. Die weitere Entwicklung der Bewegung seit dem 2. September zeigt dies deutlich.

Der verwundete Tiger, die westdeutschen Imperialisten, reagierte empfindlich getroffen. Mit neuen Demonstrationsverboten, Haussuchungen, brutalen Polizeieinsätzen und vor allem mit Justizterror versucht er sich zu rächen und die Weiterentwicklung der revolutionären Bewegung gewaltsam zu bremsen.

Weg mit den Terrorurteilen

In dieser Woche liefen die Prozesse gegen insgesamt 18 Demonstranten des Roten Antikriegstags in München an. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen schweren Landesfriedensbruch, schweren Widerstand gegen die Staatsgewalt, Verstoß gegen das Waffengesetz (gemeint sind hölzerne Fahnenstangen) sowie in einzelnen Fällen gefährliche Körperverletzung vor. Zur Untermauerung der Anklage standen bis jetzt ausschließlich Polizeizeugen zur Verfügung, obwohl doch viele tausend Passanten und Spaziergänger aus der Bevölkerung die ‘Schlacht am Karlstor‘ miterlebt haben. In einigen Fällen sind nicht einmal Polizeizeugen, sondern nur irgendwelche obskuren Fotos vorhanden.

Obwohl sich die verschieden Polizeizeugen völlig widersprochen haben, wurden in den bis jetzt in erster Instanz abgeschlossenen Prozessen wahre Terrorurteile gefällt.

- der Genosse Hein Baron wurde zu 16 Monaten ohne Bewährung verurteilt!
- der Genosse Peter Bayer wurde zu 12 Monaten ohne Bewährung verurteilt!
- der Genosse Hans-Georg Schmidt wurde zu 18 Monaten ohne Bewährung verurteilt!

In allen drei Fällen forderte die Staatsanwaltschaft noch höhere Strafe, beim Genossen Schmidt sogar über drei Jahre. Diese Urteile zeigen ganz klar: Bei uns spricht keine ‘unabhängige Justiz‘, sondern die bürgerliche Klassenjustiz. Im Auftrag ihrer Brötchengeber, der westdeutschen Kapitalistenklasse, versuchen diese terroristischen Richter, wie schon zu Hitlers Zeiten, aufrechte Antimilitaristen durch hohe Gefängnisstrafen für lange Zeit ‘aus dem Verkehr zu ziehen‘ und drohen damit gleichzeitig alle anderen, die das Unrecht und die Verbrechen dieses Staates nicht mehr kampflos hinnehmen wollen: ‘Passt auf! So geht es allen, die uns auf den Pelz rücken. Nicht umsonst haben wir unsere Notstandsgesetze, unsere bewaffnete Polizei- und Grenzschutztruppen, unsere Notstandsrichter und unsere Foltergefängnisse.‘

Arbeiter, die für einen höheren Lohn streiken, Hausfrauen, die gegen die Inflation demonstrieren, Mieter, die aus Protest gegen Mietwucher und Bodenspekulation an Hausbesetzungen teilnehmen, alle fortschrittlichen und revolutionären Menschen sollen eingeschüchtert werden und von ihrem gerechten Kampf und für ihre Interessen ablassen. Und besonders sollen natürlich die Kommunisten, die KPD/ML, die diesen Kämpfen die richtige Richtung zum Sozialismus weisen, getroffen werden.

Mut wächst im Kampf

Aber die Bourgeoisie und ihre3 bestochenen Richter haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Der Mut der Massen wächst im Kampf! Die bis jetzt betroffenen Genossen haben vor Gericht konsequent ihren Kampf gegen den westdeutschen Militarismus fortgesetzt, sie sind keinen Millimeter von ihrer kommunistischen Überzeugung abgewichen und haben sich auch von den Terrorurteilen nicht einschüchtern lassen. Sie haben die Prozesse zu einer schreienden Anklage gegen die Bourgeoisie selbst gemacht. Dies ist beispielhaft für alle anderen Genossen, die ihre Prozesse noch vor sich haben.

Unsere Partei wird den Kampf der Genossen vor Gericht noch stärker als bisher mit dem Kampf der Massen verbinden. Sie wird einerseits zur breiten Solidarität mit den angeklagten und inhaftierten Genossen aufrufen: Durch Flugblätter, Berichte im Roten Morgen, spezielle Broschüren, Demonstrationen und Veranstaltungen. Sie wird auch in der Roten Hilfe für diese Zwecke arbeiten. Andererseits wird sie dabei gleichzeitig den Kampf genau an dem Kampfabschnitt konsequent fortsetzen, wo er vor dem Prozess aufgenommen wurde: Am antimilitaristischen Kampf des Roten Antikriegstags 1972. Durch die revolutionäre Führung der Prozesse und die Mobilisierung der fortschrittlichen Kräfte unseres Volkes werden wir die Reihen der Revolution weiter stärken, die Reihen des Feindes weiter schwächen.

München war erst ein Anfang

Denn die verschärfte Entwicklung des Klassenkampfs seit dem vorigen Herbst beweist eindringlich die Richtigkeit unserer Aktionen am Antikriegstag. Was hatte zum Beispiel die Münchner Bevölkerung heute von dieser Olympiade? Nach 6 Jahren Baulärm und zahlreichen anderen Belästigungen stehen teure Luxuswohnungen im olympischen Dort massenhaft leer, obwohl in München eine fürchterliche Wohnungsnot herrscht. Das Zeltdach, das Millionen kostete, muss mit weitern zigtausenden von Mark erhalten werden und droht jetzt obendrein noch einzustürzen. Durch den olympischen Rummel haben die Münchener jetzt olympische Preise, so dass inzwischen ein normaler Kneipenbesuch immer mehr zum Luxus wird. Die Empörung der Bevölkerung ist groß, immer mehr erkennen, wie wichtig und notwendig es war, gegen diese ‘heiteren‘ Betrugsspiele demonstriert und gekämpft zu haben, und weiter zu kämpfen.

Und wie sehr sich auch die bürgerlichen Schmierblätter von der ‘Bild‘ bis zur DKP-Zeitung ‘UZ‘ uns als Politrocker und Chaoten diffamieren, so sehr haben die kämpfenden Massen selbst diese Leute Lügen gestraft. Sie haben gezeigt, dass es richtig ist, der reaktionären Gewalt die revolutionäre Gewalt entgegenzusetzen, dass man zurückschlagen muss gegen die schwerst bewaffneten brutalen Polizeihorden. Sie selbst haben das revisionistische Märchen entlarvt, sie seien noch nicht reif genug für den revolutionären Kampf.

In Frankfurt am Main griffen Hunderte spontan die militanten Kampformen des 2. September 72 auf und kämpften unerschrocken gegen den katastrophalen Mietwucher und die Bodenspekulation. In Nordhorn ging die Bevölkerung in ihrem gerechten und unerschrockenen Kampf gegen den Natobombenterror noch weiter. Straßenbarrikaden und Molotowcocktails drückten ihre Kampfentschlossenheit aus.

Es wird der herrschenden Klasse samt ihrer revisionistischen Helfern der DKP nicht gelingen, immer breitere Teile der kämpfenden Bevölkerung als ‘Politrocker‘ zu diffamieren. Setzen wir jetzt bei den Prozessen gegen unsere Genossen konsequent den Kampf des Roten Antikriegstags fort.
Krieg dem imperialistischen Krieg.“
Q: Roter Morgen Nr. 28/1973, Hamburg, S. 7.

RM_1973_28_07


09.03.1974:
Laut „Roter Morgen“, Nr. 10/1974, beginnt „am 14.3. der Berufungsprozess um die Verurteilung des Genossen Horst Bayer (vermutlich: Peter Bayer, d. Vf.) wegen seiner Teilnahme am Roten Antikriegstag. Genosse Horst war im ersten Prozess zu neun Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden. Als Rechtsanwalt des Genossen wurde Rechtsanwalt Becker bestellt. Genosse Becker sitzt allerdings seit dem 4.2. In Haft, weil die Bourgeoisie ihm vorwirft, er gehöre zur RAF.

Die Klassenjustiz kann sicher sein, dass Genosse Bayer darauf bestehen wird, tatsächlich von seinem Rechtsanwalt verteidigt zu werden. Auf jedenfall werden wir diesen Prozess ausnutzen, um den Kampf gegen Isolationsfolter zu führen, der politische Gefangene - wie die Genossen der RAF und des SPK Heidelberg usw. teilweise schon jahrelang unterworfen sind. Freispruch für Genossen Bayer! Freiheit für Rechtsanwalt Becker! Freiheit für alle politischen Gefangenen!“

Er erscheint auch eine „Grußadresse des Genossen Sascha an die Teilnehmer der CISNU-Demonstration in Dortmund am 2.3.1974.“

Der Genosse schickt „den Teilnehmern der Demonstration am 2.3.74 in Dortmund, vor allem den iranischen Genossen und Patrioten die wärmsten Kampfesgrüße. Das revolutionäre deutsche Proletariat kämpft an der Seite des iranischen Volkes … Wie manche von euch wissen, betrifft mich die politische Verfolgung in der DBR auch persönlich, indem der Bonner Gewaltstaat versucht, mich als deutschen Kommunisten an das faschistische Schahregime auszuliefern.

Dabei kommt es der bürgerlichen Klassenjustiz nicht darauf an, dass meine Mutter Deutsche ist, dass ich in Deutschland geboren bin, hier lebe und arbeite. Nein, ausschlaggebend für sie ist meine kommunistische Gesinnung! Freunde und Genossen! Ob Einzelne verfolgt werden oder Organisationen, Solidarität hilft uns siegen! Die iranischen und deutschen Blutsauger gehen ihrem Untergang entgegen, das iranische und das deutsche Proletariat werden ihr Schicksal besiegeln; denn die Haupttendenz in der Welt ist Revolution. Iraner - Deutsche, Hand in Hand - Klassenkampf im eigenen Land. Freiheit für alle politischen Gefangenen!“
Q: Roter Morgen Nr. 10/1974, Dortmund, S. 7. u. 8

September 1974:
In der „Roten Hilfe“, Nr. 26/1974, erscheint der Artikel: „Freispruch für die Kämpfer des Roten Antikriegstages 1972.“ Ausgeführt wird:

„In diesen Tagen beginnen die Revisionsprozesse der Kämpfer des Antikriegstages von 1972 gegen die Terrorurteile der Klassenjustiz - insgesamt 11 Jahre Gefängnis wegen Teilnahme an der Demonstration anlässlich des 33. Jahrestages des Überfalls des Hitlerfaschismus auf Polen. Damals, am 1.9.72 (Berichtung: Die Demonstration(en) war(en) am 2.9., d. Vf.) kämpften Genossen und Freunde der KPD/ML, Antim-Imperialisten und Antimilitaristen, in München die Straße frei, um gegen Imperialismus und die von ihm stets ausgehende Kriegsgefahr zu kämpfen. Zur höchsten Strafe wurde Sascha Haschemi, Rotgardist persischer Staatsangehörigkeit, verurteilt: 18 Monate ohne Bewährung, Genosse Heinz Baron wurde zu 16, Genosse Schorsch Schmidt, LV-Vorsitzender der KPD/ML, zu wiederum 18 Monaten, Genosse Peter Bayer zu 12 Monaten verurteilt. Alle Urteile ohne Bewährung.

Nach zwei Jahren eröffnet die Bourgeoisie immer noch weitere Prozesse gegen Teilnehmer der Antikriegstagsaktionen 72. So gegen Klaus Kercher. Gegen ihn erließ die Klassenjustiz Haftbefehl wegen Fluchtgefahr, weil er ‘nicht verheiratet‘ sei. Der Haftbefehl wurde aufgehoben, aber sofort wieder erneuert, als Genosse Kercher nicht zu einem Prozesstermin erschien, an dem er ohne juristischen Beistand seines Anwalts Lang aufs Kreuz gelegt werden sollte. Um zu verhindern, dass Genosse Klaus wie die RAF-Genossen auf dem Wege der ‘Untersuchungs‘ - Haft ohne Prozess eingekerkert würde, entzog er sich der Verhaftung. Es gelang den Bullen jedoch, ihn auf einer Veranstaltung zu verhaften. Der konsequente Kampf der KPD/ML und der Roten Hilfe erreichte jedoch nach sechs Hafttagen seine Freilassung. Das ist ein hervorragender Erfolg des offensiven Kampfes gegen alle Manöver der Klassenjustiz! Sofort nach seiner Freilassung ging Genosse Klaus auf eine Veranstaltung der Roten Hilfe und wurde dort stürmisch begrüßt. Jetzt gilt es, seinen Prozess und die übrigen neu aufgenommenen, sowie die Revisionsprozesse von Genossen Schmidt, Beyer, Baron und Singer in echte Rohrkrepierer zu verwandeln.

Der Berufungsprozess von Klaus Singer beginnt am 26.8. Ihn hatte die Polizei am Antikriegstag 72 in der Verkleidung von Demonstranten überfallen, zusammengeschlagen, verhaftet und vier Wochen eingesperrt. Im Prozess entlarvte er die Justizfarce, in der unter anderem eine große Kiste mit ‘Demonstrationswaffen‘ angeschleppt wurde, um Stimmung zu machen (vgl. das Foto aus der Polizeiausstellung). Das Gericht fühlte sich ‘aufs Schwerste beleidigt‘ und urteilte: 1 Jahr Gefängnis und 1.000 DM Geldstrafe. Sofort nach der Urteilsverkündung sprang der Staatsanwalt auf und entriss Genossen Klaus seine Prozessunterlagen, um daraus eine ‘Beleidigung eines Polizeizeugen‘ sowie die Schilderung der Festnahme durch Genossen Klaus zu entnehmen, was zur Begründung über einen weiteren Strafbefehl über 1. 000 DM herhielt. Auch der Anwalt des Genossen, Jörg Lang, wurde wegen angeblicher ‘Beleidigung‘ des Staatsanwalts zu 1. 000 DM Geldstrafe verurteilt.

Kampf der bürgerlichen Klassenjustiz!
Schluss mit der Verhinderung der Verteidigung in politischen Prozessen!
Sofortige Einbürgerung von Sascha Haschemi!
Freispruch für Genossen Klaus Singer!
Freispruch für alle Angeklagten des Roten Antikriegstags 72.“
Q: Rote Hilfe Nr. 26, Dortmund o. J. (September 1974), S. 9.

RHD064


21.09.1974:
Laut „Roter Morgen“, Nr. 38/1974, bleibt „der Haftbefehl gegen Genossen Peter Bayer, der wegen der Teilnahme am Roten Antikriegstag zu 12 Monaten ohne Bewährung verurteilt worden war, aufrechterhalten. Als Antwort auf einen Antrag des Genossen, den Haftbefehl aufzuheben, antwortete das Gericht, dass dieser Antrag abzulehnen sei, da ‘angesichts der zu erwartenden Strafe‘ nach wie vor Fluchtgefahr bestehe. Außerdem sei der Angeklagte ohne ‘hinreichende soziale Bindung‘. Kurz zuvor war gegen den Genossen ein Strafverfahren wegen ‘Sachbeschädigung‘ eingeleitet worden, weil er einen Kleber der Partei auf einen Laternenmast geklebt haben soll. Der Zweck ist eindeutig, den Genossen vor Beginn der Berufungsverhandlung, die in Kürze stattfinden soll, noch zum Vorbestraften zu stempeln“.

Dagegen führt die Mannheimer/Ludwigshafener Rote Hilfe den „Kampf gegen die politische Unterdrückung“.

Weiter berichtet die Ausgabe davon, dass am 8. und 11.10. in München „die Berufungsverhandlung im Antikriegstagsprozess gegen Genossen Heinz Baron“ stattfindet.
Q: Roter Morgen Nr. 38/1974, Dortmund, S. 7.

28.12.1974:
In der Rubrik „Kampf der bürgerlichen Klassenjustiz“ heißt es im „Roten Morgen“ unter München:

„Vor dem Landgericht in München beginnt am 28.1.1975 die Berufungsverhandlung wegen der Teilnahme am Roten Antikriegstag 1972 gegen die Genossen Peter Bayer, Klaus Stahl und Hubert Lehmann in einer gemeinsamen Verhandlung. Die Verfahren gegen den Genossen Sascha Haschemi, der im ersten Prozess gemeinsam mit den Genossen Bernd und Hubert vor Gericht stand, wurde abgetrennt, weil sein Aufenthaltsort unbekannt sei.

Die vier Genossen, die im nächsten Januar vor Gericht stehen werden, wurden im ersten Prozess alle zu je einem Jahr Gefängnis verurteilt. Genosse Sascha erhielt im ersten Prozess 18 Monate Gefängnis und musste bereits während des Prozesses in den Untergrund gehen, weil völlig klar war, dass Genosse Sascha, der, obwohl in München geboren, in den Iran abgeschoben werden soll. Als Vorwand für diesen geplanten Schreibtischmord, diente den westdeutschen Imperialisten die Tatsache, dass der Vater des Rotgardisten die iranische Staatsangehörigkeit hat. Die KPD/ML und die Rote Garde werden diesen Prozess ausnutzen, um verstärkt die sofortige Einbürgerung und einen deutschen Pass für Genossen Sascha zu fordern. Die bisher für den Prozess gegen die 4 Genossen festgesetzten Termine liegen am 28.1., 29.1., 30.1., 31.1., 3.2., 4.2., 5.2., 6.2. und 7.2.1975, jeweils um 9.00 Uhr im Münchner Landgericht.“
Q: Roter Morgen Nr. 52/1974, Dortmund, S. 7.

RM_1974_52_07


18.01.1975:
Im „Roten Morgen“, Nr. 3/1975, erscheint der Artikel: „Antikriegstagsprozess in München: Richter: Angeklagten mürbe machen.“ Ausgeführt wird.

„Am 28.1.1985 beginnt in München ein Berufungsprozess gegen Teilnehmer des Roten Antikriegstags 1972, die in der ersten Verhandlung jeweils zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden waren. Bereits jetzt ist die Verhandlungsdauer gegen die Genossen Peter Bayer, Klaus Stahl, Bernd Reiser und Hubert Lehmann auf 9 Verhandlungstage angesetzt worden. Die Berufungsverhandlung gegen den fünften Genossen, Sascha Haschemi, wurde abgetrennt, weil sein Aufenthaltsort unbekannt sei.

Im Landesverband Bayern der KPD/ML werden anlässlich dieses Prozesses mehrere Veranstaltungen und am 25.1.1975 eine Demonstration in München stattfinden. Bei dem Kampf der Partei wird es nicht nur um die Unterstützung der im Gericht kämpfenden Genossen gehen, sondern vor allem um den verstärkten Kampf für die Einbürgerung des Genossen Sascha Haschemi, der nun seit fast genau einem Jahr in der Illegalität leben muss, weil die Bourgeoisie ihn an das persische Henkerregime abschieben will. Vorwand für diesen geplanten Schreibtischmord ist, dass Sascha, obwohl in München geboren, durch seinen persischen Vater die iranische Staatsbürgerschaft besitzt.

Dieser Antikriegstagsprozess in München ist der erste größere Prozess, der nach der Verschärfung der Strafprozessordnung gegen Kommunisten geführt wird. Durch die Auswahl des Vorsitzenden Richters hat die Bourgeoisie zusätzlich Vorsorge getroffen, dass alle ihre Terrormaßnahmen gegen angeklagte Kommunisten und Antimilitaristen auch Anwendung finden.

Richter Höfner, der Vorsitzende Richter, nahm im Herbst des letzten Jahres an einer Podiumsdiskussion der Münchener Juristischen Gesellschaft teil mit dem Thema ‘Prozessführung in spektakulären Prozessen‘. Welche Prozesse hier gemeint waren, zeigte sich unter anderem daran, dass einer der teilnehmenden Staatsanwälte während der Diskussion in der Broschüre der KPD/ML ‘Kampf der bürgerlichen Klassenjustiz‘ blätterte.

Auf dieser Tagung forderten Richter Höfner und die anderen Teilnehmer praktisch genau die Verschärfungen der Strafprozessordnung, die seit dem 1.1.75 in Kraft sind. Nehmen wir einige Beispiel:

1. Die Strafprozessordnung sieht seit dem 1.1.75 eine verschärfte Anwendung des Ausschlusses der Öffentlichkeit vor. Dazu Richter Höfner im letzten Herbst: ‘Bei solchen Prozessen ist die Geschicklichkeit des Vorsitzenden nicht entscheidend. Mürbe wird der Angeklagte erst, wenn er weiß, wir bleiben unter uns … Um mit dem Angeklagten fertig zu werden, reicht in den meisten Fällen der Ausschluss der Öffentlichkeit aus.‘

Gleichzeitig plädierte Höfner dafür, dass dieser Ausschluss allein durch den Vorsitzenden Richter entschieden werden kann. Ebenso wurde auf dieser Tagung die Erhöhung des Ordnungsstrafrechts auf 7 Tage Ordnungsstrafe gefordert.

2. Die Strafprozessordnung bedeutet vor allem einen scharfen Angriff auf die Verteidiger, die jetzt schon allein bei dem Verdacht auf verschiedene ‘Straftaten‘ ausgeschlossen, deren Anzahl für einen Angeklagten eingeschränkt und die in einem Verfahren nur noch einen Angeklagten verteidigen dürfen. Dazu Richter Höfner:‘ Das größte Problem stellen die Verteidiger dar.‘ Und: ‘Wenn ein Verteidiger zusammen mit dem Angeklagten den Prozess sabotieren will, dann kann man nichts dagegen machen. Hier hilft allein der Gedanke der Verwirkung.‘

Verwirkung bedeutet, dass der Verteidiger seine Verteidigungsrechte verwirkt, wenn er nicht so verteidigt, wie es das Gericht will. Gleichzeitig wurde auf dieser Tagung die Beschränkung der Wahlverteidiger für einen Angeklagten auf 3 gefordert.

Richter Höfner machte sich auf dieser Tagung außerdem noch dafür stark, mit den ‘unsinnigen Beweisanträgen‘ Schluss zu machen. Als ein Mittel dazu wurde erwogen, das Recht, einen Befangenheitsantrag zu stellen wegen der Ablehnung von Beweisanträgen, abzuschaffen.

Sozusagen als ‘Ideal‘ einer Strafprozessordnung in politischen Prozessen forderte Richter Höfner dann politische Sondergerichte.

Soweit Richter Höfner auf der Tagung der ‘Münchener Juristischen Gesellschaft‘. Im Prozess wird natürlich weniger von ‘mürbe“ und ‘fertigmachen‘ der angeklagten Genossen als von ‘Demokratie‘ und ‘Gerechtigkeit‘ die Rede sein. Aber schöne Worte können nicht über die Tatsache hinwegtäuschen. Und Tatsache ist, dass mit Höfner ein Vorkämpfer der Faschisierung des staatlichen Unterdrückungsapparates den Vorsitz im Prozess gegen die angeklagten Genossen bekommen hat, weil die Bourgeoisie mit einem Terrorurteil in diesem Prozess nicht nur die Genossen, sondern auch andere fortschrittliche Menschen vom Kampf im Geiste des Roten Antikriegstages abhalten will.

Freispruch für die angeklagten Genossen!
Freispruch und einen deutschen Pass für Sascha!
Nieder mit dem westdeutschen Imperialismus und seiner Klassenjustiz.“
Q: Roter Morgen Nr. 3/1975, Dortmund, S. 6.

RM_1975_03_06


08.02.1975:
Im „Roten Morgen“, Nr. 6/1975, heißt es unter „Kurz berichtet“:

„München: Im Anschluss an die Schlusskundgebung nach der Demonstration in München für den Freispruch der Angeklagten im Antikriegstagsprozess und im Prozess gegen Hanns Marzini und andere Antifaschisten gingen einzige Genossen der Partei auf den Sammelplatz für eine Demonstration der SDAJ: ‘Für bessere Ausbildungsplätze‘ und ‘Gegen die Jugendarbeitslosigkeit‘. Kurz nachdem die Genossen begonnen hatten, die Flugblätter für die Einbürgerung des Genossen Sascha zu verteilen und den Roten Morgen zu verkaufen, starteten zwei DKP-Schlägertrupps Überfälle auf die Genossen. Sie verzogen sich allerdings, als sie auf den Widerstand der Genossen stießen. Dagegen zeigte sich, dass viele einfache SDAJ - Anhänger Interesse an den Flugblättern der Partei hatten. Sie kamen oft direkt auf die Verteiler zu und verlangten nach Flugblättern.“

Im Artikel: „Gesinnungsurteil gegen 7 Genossen. Zeugen sahen nichts - Gericht: 6. 300 DM.“ Ausgeführt wird:

„Am Montag, den 2.1.75 standen in München 7 Kommunisten vor Gericht. Sie hatten alle einen Strafbefehl über 900 DM erhalten, weil sie bei einer Kundgebung der KPD/ML über den faschistischen Überfall der Polizei auf die Zuschauer im Prozess gegen die Genossen Sascha, Bernd und Hubert im letzten Jahr Flugblätter verteilt haben sollen. Bei dieser angemeldeten und erlaubten Kundgebung waren die Genossen plötzlich von der Polizei überfallen worden.

In ihrer Erklärung vor Gericht widerlegten die Genossen, dass es eine ‘Beleidigung‘ sei, wenn in dem Flugblatt gestanden habe, dass die Methoden der Polizei beim Prozess gegen Sascha und die anderen Genossen ‘nur noch an das faschistische Regime Hitlers‘ erinnerten. Dies, wie auch die Feststellung, dass gegen Genossen Sascha ein ‘Henkersurteil‘ gefällt werden soll, sei nichts als die Wahrheit, erklärten sie.

Nach dieser Erklärung meinten Staatsanwalt und Gericht, eine Zeugenvernehmung sei überflüssig, weil durch die Erklärung der ‘Tatbestand‘ hinreichend nachgewiesen sei. Mehrere Beweisanträge der Genossen zur Ladung von Zeugen wurden abgelehnt. Erst ein Befangenheitsantrag gegen den Richter brachte ihn dazu, doch noch Zeugen zu laden.

Offensichtlich wollte der Richter vor den vielen Zuschauern, von denen die meisten Freunde und Bekannte und Verwandte der Angeklagten waren, seine ‘demokratische‘ Maske nicht zu schnell verlieren. Aber gerade die Zeugenvernehmung brachte den Charakter dieses Gerichts noch klarer an den Tag. Denn keiner der acht Polizeizeugen konnte aussagen, dass einer der Angeklagten das Flugblatt verteilt habe.

Obwohl so völlig eindeutig die Anklage zusammengebrochen war, beantragte der Staatsanwalt die Bestätigung der strafe über insgesamt 6.300 DM mit der Begründung: ‘Die Angeklagten erklären sich mit dem Inhalt des Flugblatts solidarisch, erschwerend kommt hinzu, dass sie dieses gemeinsam taten und somit in Tateinheit handelten.‘

Was auf gut Deutsch: Sie sollen verurteilt werden wegen ihrer Gesinnung und wegen ihrer Solidarität.

Der Richter entsprach diesem Antrag und begann in seiner Urteilsbegründung noch zu behaupten, die Genossen mit ihrem simplen Verstand hätten Marx überhaupt nicht verstanden, bei Marx sei das alles viel komplizierter. Die Genossen hörten sich aber diese Tiraden gegen den Marxismus-Leninismus nicht weiter an, sondern verließen unter dem Singen der Internationale zusammen mit allen Zuschauern den Gerichtssaal.“

Es erscheint auch der Artikel: „Im Prozess gegen 4 Demonstranten des Roten Antikriegstags 1972: Beweise aus Kriminalmuseum? Staatsanwalt: Theoretisch ja!“ Ausgeführt wird:

„Am 28.1.75, genau ein Jahr nach der ersten Verhandlung, begann in München die Berufungsverhandlung gegen die Genossen Peter Bayer, Hubert Lehmann, Klaus Stahl und . Der Metallarbeiter Peter, der Bürokaufmann Hubert und die beiden Köche Klaus und Bernd waren vor einem Jahr zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden, weil sie zusammen mit 6. 0000 anderen am 2. September 1972 bei der Olympiade gegen den imperialistischen Krieg demonstriert hatten.

Im gleichen Prozess war damals der Rotgardist Sascha Haschemi zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Das Verfahren gegen Sascha wurde jetzt abgetrennt. Sascha ging damals am 7.2.74, noch während des Prozesses, in die Illegalität, weil die bürgerliche Klassenjustiz den Haftbefehl bereits ausgestellt hatte, um ihn, den gebürtigen Münchner, in den Iran abzuschieben.

Die Partei und die Rote Hilfe in München hatten vor dem Prozess unter anderem mit einer Demonstration und einer Veranstaltung für die Solidarität mit den Angeklagten und vor allem mit Genossen Sascha gekämpft. Mit Erfolg wie auch der der Verlauf des Prozesses zeigte.

Am 28.1.75 verstellten Polizisten den Eingang zum Gerichtssaal. Jeder, der hineinwollte, musste sich durchsuchen lassen. Als die angeklagten Genossen sich weigerten, drohte das Gericht, sofort die seit 2 ½ Jahren bestehenden Haftbefehle gegen die Genossen Peter und Hubert zu vollstrecken gegen Bernd und Klaus neue Haftbefehle auszustellen und alle vier sofort ins Gefängnis zu bringen.

Von Anfang an war dann für jeden im Gerichtssaal klar, dass der Prozess hier nicht gegen vier Einzelpersonen geführt wurde, sondern gegen vier Kommunisten, stellvertretend für die 6.000, die am 2.9.72 gegen den imperialistischen Krieg demonstriert hatten, stellvertretend für die KPD/ML, die sich damals dem Demonstrationsverbot in der Münchener Innenstadt nicht gebeugt, sondern das Recht auf die Straße erkämpft hatte.

Die Genossen gingen in ihren Erklärungen auf die fortschreitende Faschisierung des Staatsapparates ein und die Rolle, die die bürgerliche Klassenjustiz dabei spielt. Der vorsitzende Richter in diesem Prozess hatte sich dabei, wie wir bereits im Roten Morgen berichtet haben, auch persönlich hervorgetan, indem er auf einer Münchener Juristentagung öffentlich dafür plädiert hatte, politische Angeklagte ‘fertigzumachen‘ und sogar politische Sondergerichte gefordert hatte.

Auch hier in diesem Prozess zeigte sich, wie sehr die Bourgeoisie den Kampf der Partei gegen den imperialistischen Krieg fürchtet. Viermal unterbrach Richter Höfner Genossen Peter Bayer, der bewies, dass sich heute die Gefahr eines imperialistischen Krieges weiter verschärft und entzog im schließlich das Wort.

Die angeklagten Genossen prangert dann an, dass die Bourgeoisie die Kommunisten, die konsequentesten Kämpfer gegen Imperialismus und Krieg, nicht nur mit Gefängnis bedroht, wie in ihrem Fall, sondern auch vor ihrer Ermordung nicht zurückschreckt, wie es sich bei unserem Genossen Günter Routhier gezeigt hat, wie der geplante Schreibtischmord an Sascha beweist.

Genosse Bernd begann anschließend, eine Solidaritätsresolution von seinen Kollegen im Betrieb zu diesem Prozess vorzulesen, in der es sinngemäß hieß: ‘… wenn wir auch Deine Gesinnung nicht immer teilen, bist Du doch für uns, egal wie der Prozess ausgeht, niemals ein Verbrecher …‘

Der Richter unterbrach ihn gleich zu Anfang mit der Begründung: Was seine Kollegen im Betrieb sagen würden, interessiert hier nicht. Kein Wunder, dass das Gericht so allergisch auf diese Solidaritätserklärung von sieben Kollegen reagierte. Er weiß genau, dass diese sieben für über 20. 000 stehen, die einen deutschen Pass und Freispruch für Sascha gefordert haben. Das Gericht dagegen, das behauptet, im Namen des Volkes zu sprechen, konnte trotz mühseliger Sucharbeit neben seinen Polizeizeugen nur einen einzigen ‘Zeugen aus dem Volk‘ auftreiben, der sich zudem von Prozess zu Prozess lächerlich machte.

Am zweiten Verhandlungstag stand auf Anweisung des Staatsanwalts die in Antikriegstagsprozessen berüchtigte ‘Waffenkiste‘, die angeblich Helme und Stangen von Demonstranten enthalten soll, bereits im Saal. Die Verteidiger und die angeklagten Genossen protestierten dagegen, da diese Kiste nichts anderes beweist, als dass die Staatsanwaltschaft sich irgendwo Stangen und Helme beschafft hat …

Das Gericht beschloss allerdings trotzdem, die Kiste in die Verhandlung einzuführen und erklärte, im Übrigen sei das alles ja sowieso schon in der ersten Instanz dran gewesen. Diese Begründung zeigt nicht nur, wie der Richter diese Berufungsverhandlung auffasst, sondern war in Bezug auf den angekündigten Genossen Klaus schlicht gelogen. Die Verteidigung verlangte dann auch sofort, dass diese Lüge protokolliert wurde, worauf sich das Gericht widerwillig zur Beratung zurückzog…

Nach Wiederbeginn der Verhandlung stellte die Verteidigung einen Antrag auf Befangenheit des Richters, weil der Richter die Protokollierung seiner unwahren Behauptungen abgelehnt hatte. Dieser Antrag wurde als ‘Prozess verschleppend‘ abgelehnt, weil die Verteidiger ‘offen von falschen Tatsachen ausgehen würden‘.
Mit anderen Worten: De Richter lügt, die Verteidiger wollen seine Lüge protokollieren lassen. Der Richter lehnt nicht nur das, sondern auch einen darauffolgenden Befangenheitsantrag ab, weil die Verteidiger (!) lügen. Offener kann man die Tatsachen nicht auf den Kopf stellen …

Dann wurden die Bilder eingeführt, auf denen Demonstranten vom Roten Antikriegstag zu sehen sind. In der ersten Instanz sollen die Polizeizeugen mit Pfeilen und Kreuzen kenntlich machen, wer vielleicht Ähnlichkeit mit den angeklagten Genossen habe. Genosse Bernd widersetzte sich einer Wiederholung der ‘Beweisführung‘, weil weder die Herkunft der Photos noch der Photograf bekannt sind …

Bisher wurden zwei Anträge auf Befangenheit des Gerichts gestellt. Beide wurden abgelehnt. Einmal mit dem Zusatz des Staatsanwalts: Der Antrag sei frivol und standeswidrig, was eine offene Drohung an die Verteidigung ist.

Am dritten Verhandlungstag hatte das Gericht die Haftbefehle gegen die Genossen Peter und Hubert auf Antrag der Verteidigung aufgehoben. Das ist ein eindeutiger Erfolg des Kampfes der Partei und der Roten Hilfe. Aber gleichzeitig darf man sich keine Illusionen machen. Wenn Angeklagte nach dem Jugendstrafgesetz behandelt werden, wie in diesem Fall, dann besteht keine Möglichkeit zur Revision. Dann ist das Urteil sofort rechtskräftig und nach dem Verlauf der bisherigen Verhandlung muss damit gerechnet werden, dass das Gericht die sofortige Vollstreckung der Strafe anordnet mit der Begründung, die Angeklagten könnten sich sonst der Strafe entziehen. Der Partei und die Rote Hilfe werden deshalb ihren Kampf für den Freispruch der Genossen verstärken.

Während drei von vier Verhandlungstagen, war die Öffentlichkeit im Gericht ausgeschlossen. Aber durch die angeklagten Genossen, die Partei und die Rote Garde und die Rote Hilfe, besteht sie trotzdem weiter. Es wurden Informationsstände, Hausbesuche und Briefkastenaktionen durchgeführt, Flugblätter verteilt, der Rote Morgen und die Rote Hilfe verkauft … So wurde der Prozess trotz des Ausschlusses der Öffentlichkeit zu einer Tribüne des Klassenkampfes …“
Q: Roter Morgen Nr. 6/1975, Dortmund, S. 7f.

RM_1975_06_07

RM_1975_06_08


19.02.1975:
Laut „Roter Morgen“, Nr.10/1975, fand in Marburg eine Veranstaltung von KSV, KJV und Liga gegen den Imperialismus statt, die zum Thema: „Kampf gegen den Imperialismus und antimilitaristischer Kampf“ hatte. Dort brachten auch Genossen des KSB/ML folgende „Solidaritätsresolution“ ein:

„Am 12. Februar wurde im Prozess zum Roten Antikriegstag 72 in München das Urteil gegen drei Genossen gesprochen: 18 Monate für Peter Bayer, 1 Jahr für Bernd Reiser, 1 Jahr für Hubert Lehmann. Mit diesem Terrorurteil gegen die kommunistische Gesinnung versucht die Bourgeoisie die Bevölkerung einzuschüchtern und die Niederlage wettzumachen, die sie vor 2 ½ Jahren erhalten hat.

Am Roten Antikriegstag 72 hatten 6. 000 Demonstranten unter der Führung der KPD/ML bewiesen, dass die herrschende Klasse nicht allmächtig ist, hatten sie das Demonstrationsverbot in München während der Olympiade durchbrochen, um dort, wo die Massen waren, gegen den imperialistischen Krieg zu demonstrieren. Der Kampf der verurteilten Genossen gegen Imperialismus und Krieg ist im Interesse des Volkes und damit gerecht. Deshalb gilt ihnen unsere volle Solidarität …

Die auf der Veranstaltung von KJV, KSV und Liga am 19.2. versammelten Kollegen und Genossen fordern:

FREIHEIT FÜR DIE GENOSSEN PETER, BERD UND HUBERT LEHMANN …
FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN!
NIEDER MIT DER BÜRGERLICHEN KLASSENJUSTIZ!“
Q: Roter Morgen Nr. 10/1975, Dortmund, S. 5.

22.02.1975:
Im „Roten Morgen“, Nr. 8/1975, erscheint der Artikel: „Urteil im Antikriegstagsprozess: 3 ½ Jahre Gefängnis für Peter, Hubert, Bernd.“ Ausgeführt wird:

„Am Mittwoch, den 12.2.75, wurde in München das Urteil im Prozess gegen die Genossen Peter Bayer, Hubert Lehmann und Bernd Reiser gesprochen. Wie der Staatsanwalt gefordert hatte, wurde Peter Bayer zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt. Das ist ein halbes Jahr mehr als die Strafe im ersten Prozess vor einem Jahr. Die Berufung der Genossen Hubert und Bernd wurde verworfen. Weil dieses Urteil nach dem Jugendstrafrecht gefällt wurde, haben alle drei Genossen keine Möglichkeit mehr, dagegen Revision einzulegen. Der Staatsanwalt deutete am letzten Verhandlungstag bereits an, dass er auf eine schnelle Vollziehung der Strafe dringen wird.

Auch am letzten Verhandlungstag blieb die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Trotzdem waren 30 bis 40 Freunde und Genossen gekommen, darunter auch ein Kollege des Genossen Bernd und seine Frau, die vor dem Gerichtssaal auf die Angeklagten warteten. Richter Höfner machte in seiner Urteilsbegründung sich erst gar nicht die Mühe, auf die widersprüchlichen Aussagen der Polizeizeugen einzugehen, sondern erklärte einfach, die angeklagten würden sich von ihrer Schuld sowieso nicht überzeugen lassen, deshalb sei eine nähere Begründung des Urteils auch nicht notwendig.

Nachdem schon den ganzen Tag über die Ortsgruppe München der Roten Hilfe Deutschlands und die Partei vor den Betrieben und im Stadtteil über den Prozess berichtet hatten, fand abends eine kämpferische Veranstaltung statt, zu der über 100 Menschen kamen. Die angeklagten Genossen berichteten hier noch einmal über den Prozess. Ein Vertreter der Partei erklärte die Bedeutung der Demonstration am Roten Antikriegstag 1972, bei der die Partei klargestellt hatte, dass sie sich den Kampf gegen den imperialistischen Krieg nicht mit Bannmeilen verbieten lässt, sondern sich das Recht auf die antimilitaristische Agitation und Propaganda, das Recht auf die Straße erkämpft. Auf der Veranstaltung wurden eine Reihe von Resolutionen vorgelesen, unter anderem eine Resolution der RHD Marburg und der CISNU. 450 DM wurden zur Unterstützung von angeklagten Kommunisten und anderen Revolutionären gesammelt. Ein großer Erfolg, den die Partei und die RHD in diesem Prozess erkämpft haben, ist der Freispruch des Genossen Klaus Stahl, der in der ersten Verhandlung zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden war. Diesmal, wo der Genosse nicht allein vor Gericht stand, wagte es das Gericht nicht mehr, nachdem die Mutter des Genossen Stahl entlarvt hatte, dass der auf den ‘Beweisfotos‘ abgebildete Demonstrant niemals ihr Sohn sein könne, die Denunzianten zu laden, auf deren Aussagen vor einem Jahr die Verurteilung gestützt wurde. Stattdessen wurde die Verhandlung gegen Genossen Klaus abgetrennt und er freigesprochen.

Ein anderer wichtiger Erfolg ist die Tatsache, dass das Gericht während des Prozesses die immer noch bestehenden Haftbefehle gegen die Genossen Peter Bayer und Hubert Lehmann aufhob.

Dass der Freispruch des Genossen Klaus und die Aufhebung der Haftbefehle gegen die beiden Genossen nicht auf die ‘Milde‘ des Gerichts zurückzuführen sind, zeigte der gesamte Verlauf des Prozesses, in dem Richter Höfner von Anfang an zeigte, dass er alle Möglichkeiten des Gesetzes ausnutzen würde, um ein Gesinnungsurteil gegen die Genossen zu fällen.

Der Charakter dieses Gerichts zeigt sich aber vor allen in dem Urteil gegen Genossen Peter Bayer. Währen des Prozesses kann ein Polizeizeuge, der Genossen Peter am Roten Antikriegstag festgenommen hat, wobei er mitten auf der Straße nackt ausgezogen wurde, ohne die geringste Reaktion des Gerichts sagen, dass man an sich hätte schießen müssen. Um eine höhere Strafe gegen ihn durchzusetzen, wird ihm gleichzeitig eine ‘Anweisung an die Demonstranten‘ vorgelegt, die man angeblich im Handschuhfach seines Autos gefunden habe. Dass dieses Blatt, mit dem man Peter offensichtlich zum Rädelsführer stempeln will, so wie es vorgelegt wird, umgeknickt, gar nicht in ein Handschuhfach passt, ist einer der Widersprüche, auf die einzugehen sich Richter Höfner in seiner fehlenden Urteilsbegründung spart.

Tatsache ist, dass dieser Prozess im Falle der Genossen Peter, Hubert und Bernd genauso wenig Beweise, nämlich gar keine, erbracht hat, um die Anklage auf Landfriedensbruch usw. zu belegen, wie bei Klaus Stahl und allen anderen Genossen, die bisher in Prozessen wegen des Roten Antikriegstages 1972 verurteilt wurden.

Alle diese Genossen, zuletzt Heinz Baron und Klaus Kercher, wurden ausschließlich deshalb verurteilt, weil sie als Kommunisten gegen den imperialistischen Krieg und die Friedenslüge des westdeutschen Imperialismus kämpften und weil sie auch vor Gericht kein Geheimnis daraus machten, dass ihr Ziel ist, gemeinsam mit der KPD/ML für die sozialistische Revolution zu kämpfen.

Während des Kampfes, den die Partei und die RHD München in der Zeit des Prozesses führte, gelang es - und das ist ein entscheidender Erfolg dieses Prozesses - eine Reihe von Kollegen zur Unterstützung des Kampfes gegen die bürgerliche Klassenjustiz zu gewinnen.

So hatten zum Beispiel sieben Kollegen des angeklagten Genossen Bernd bereits vor dem Prozess eine Solidaritätserklärung geschrieben. Sie bekräftigten das noch einmal, nachdem Bernd ihnen erzählt hatte, wie die Verhandlung verlaufen war. Ein Kollege, der bisher der Partei noch skeptisch gegenüberstand, sagte nach dem letzten Verhandlungstag, an dem er mit seiner Frau erst am Gericht und dann bei der Veranstaltung der Partei war, dass ihm das Auftreten der Partei sehr gut gefallen hat.“
Q: Roter Morgen Nr. 8/1975, Dortmund, S. 7.

RM_1975_08_01

RM_1975_08_07


03.03.1975:
Laut „Roter Morgen“, Nr. 9/1975, soll an diesem Tag in Karlsruhe eine Veranstaltung der KPD/ML zum „Roten Antikriegstag 1972“ stattfinden. Sie hat das Thema: „Freiheit für die Kämpfe des Roten Antikriegstages.“ Peter Bayer, einer der Verurteilten, soll sprechen.
Q: Roter Morgen Nr. 9/1975, Dortmund, S. 10.

April 1975:
Laut „Rote Hilfe - Zeitung der Roten Hilfe Deutschlands, Nr. 2/1975, muss „Peter Bayer ins Gefängnis.“ Dazu heißt es:

„Am 21. April muss Genosse Peter Bayer für 1 Jahr und 6 Monate ins Gefängnis, in die Jugendstrafanstalt Ebrach bei Würzburg. Als Teilnehmer des Roten Antikriegstages 1972 war er zusammen mit Bernd Reiser, Mitglied der Zentralen Leitung der RHD und Hubert Lehmann verurteilt worden.

18 Monate sind eine lange Zeit. Aber, Genosse Peter, dem Klassenfeind wird es nicht gelingen, dich hinter Kerkermauern zu isolieren und zu zermürben. Stets bist du mit der Solidarität deiner Klasse verbunden. Schreibt an Genossen Peter!

FREIHEIT FÜR PETER BAYER!
FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN.“

In der Ausgabe erscheint auch eine „Grußadresse des Genossen Sascha“ zur „Gründungsveranstaltung der Roten Hilfe Deutschlands“. In der heißt es:

„Liebe Freunde und Genossen!
Zur Gründungsveranstaltung der RHD möchte ich Euch meine heißesten brüderlichen Kampfesgrüße übermitteln. Mit großer Begeisterung habe ich verfolgt, wie gerade letztes Jahr der Kampf gegen die politische Unterdrückung einen neuen Aufschwung genommen hat. Tausende haben ihre Solidarität bewiesen im Kampf um meine Einbürgerung, gegen meine Abschiebung, viele wurden angesichts dieser brutalen Verfolgung eines jungen Kommunisten in ihrer Kampfentschlossenheit bestärkt, vielen konnten die kommunistische Weltanschauung näher gebracht werden. So hat der Kampf und die großartige Solidarität vieler Menschen nicht nur bewirkt, dass die Abschiebung verhindert wurde und die Chancen für meine Einbürgerung günstiger sind denn je, sondern auch mit dazu beigetragen, dass jene revolutionäre Massenorganisation wieder entstand, welche die Schaffung der breitesten proletarischen Klassensolidarität auf ihre Fahnen geschrieben hat: Die Rote Hilfe Deutschlands.

Freunde und Genossen!
Wenn ich auch noch gezwungen bin, mich vor den Schergen der bürgerlichen Klassenjustiz zu verstecken, so bin ich doch mit dem Herzen und den Gedanken bei Euch. Möge die Gründung der RHD ein weiterer Nagel am Sarge des Kapitalismus werden und ein weiterer Meilenstein auf dem Wege zu einer freien, einem sozialistischen Deutschland!

P. S.: Richtet bitte dem Genossen Bernd aus, er möchte bitte bei der Ortsgruppe München der RHD meine Mitgliedschaft beantragen.“
Q: Rote Hilfe Nr. 2/1975, Dortmund, April 1975.

RHD007


19.04.1975:
Im „Roten Morgen“, Nr. 16/1975, erscheint der Artikel: „Ab 21. April 1½ Jahre Gefängnis. Genosse Peter Bayer muss in Haft.“ Ausgeführt wird:

„Am 21. April, nur knapp zwei Monate nach der Urteilsverkündung, muss Genosse Peter Bayer, der wegen seiner Teilnahme an der Roten Antikriegstagsdemonstration 1972 in München zu 18 Monaten verurteilt wurde, ins Gefängnis.

Als Kommunist versicherte Genosse Peter: Auch im Gefängnis wird er seinen Kampf für die Revolution, für den Sozialismus fortsetzen. Unterstützt seinen Kampf, schreibt Briefe an den Genossen Peter Bayer, Ebrach/Württemberg, Strafvollzugsanstalt.“
Q: Roter Morgen Nr. 16/1975, Dortmund, S. 8.

RM_1975_16_08


19.04.1975:
Laut „Roter Morgen“, Nr. 16/1975, soll an diesem Tag in Ludwigshaften eine Veranstaltung der KPD/ML stattfinden. Thema: „Kampf der Klassenjustiz.“ Es spricht Peter Bayer.
Q: Roter Morgen Nr. 16/1975, Dortmund, S. 8.

26.04.1975:
Im „Roten Morgen“, Nr. 17/1975, erscheint der Artikel: „Interview mit dem Genossen Peter Bayer.“ Ausgeführt wird:

„Nach Genossen Peter Bayer, der am 21. April ins Gefängnis musste, hat nun auch Genosse Hubert Lehmann die Aufforderung zum Strafantritt erhalten. Am 28. April muss er für 1 Jahr ins Gefängnis, weil er am Roten Antikriegstag 1972 gegen den imperialistischen Krieg kämpfte…

Der Rote Morgen sprach mit Beter Bayer kurz vor seinem Strafantritt:

RM: Lieber Genosse Peter, als erster Genosse unserer Partei sollst Du jetzt für 18 Monate eingesperrt werden. Du kämpfst schon seit Jahren an der Seite der Partei. Wie bist Du zur Partei gekommen?

Peter: Ich wurde 1952 auf einem kleinen Dorf zwischen Gießen und Frankfurt geboren und bin auf dem Land aufgewachsen. Mein Vater war Elektriker. Als ich 12 Jahre alt war, starb mein Vater. Für mich war klar, dass er an den Folgen eines Kriegsleidens gestorben war und ich sah den Krieg als Hauptverantwortlichen für den Tod meines Vaters an. Ich stellte mir die Frage nach den Ursachen des Krieges und begann, den Faschismus zu hassen.

Mit 13 Jahren hatte ich Angst, dass der Faschismus wieder von der NPD eingeführt wird. Mit Freunden zerstörten wir Schilder der NPD. Damals wusste ich noch nicht, dass die Hauptgefahr des Faschismus vom kapitalistischen Staatsapparat ausgeht. Ich glaubte, dass man mit Hilfe der Gewerkschaft die ‘rechten‘ Kräfte bekämpfen kann. Das Vertrauen in den DGB-Apparat verlor ich aber bald, während meiner Elektrikerlehre. Ich setzte mich mit anderen Kollegen für unsere Interessen und Bedürfnisse ein. Nach Beendigung meiner Lehre wurde ich gefeuert. Der Kommentar der Gewerkschaft war: Du bist halt zu weit gegangen.

Ich musste nun im 40 km entfernten Frankfurt Arbeit suchen. Von morgens um Viertel vor vier bis abends Viertel vor sieben war ich unterwegs. Freizeit gab es lediglich am Wochenende, und da war man so müde, dass man nur noch schlafen konnte. Ich begann, mir die Frage nach dem Ausweg aus der kapitalistischen Ausbeutung und Unterdrückung zu stellen. Zu dieser Zeit bekam ich Kontakt zur Ortsgruppe Frankfurt der Partei und organisierte mich im Sommer 1970 in der Roten Garde. Seitdem kämpfe ich an der Seite der Partei, weil ich weiß, dass es für mich als Arbeiter und meine ganze Klasse keine andere Möglichkeit der grundsätzlichen Veränderung der Lebenslage gibt, als unsere Herrschaft, die Diktatur des Proletariats, zu errichten.

RM: Wie war das dann am Roten Antikriegstag 1972?

Peter: Mit dem Einberufungsbefehl zum Bund in der Tasche fuhr ich nach München. Unsere Demonstration war ein gelungener Schlag gegen die Bourgeoisie, auf den sie mit faschistischem Terror reagierte. Dieser Terror zeigte sich z. B. in der Behandlung der Genossen, die wie ich beim Durchbruch durch die Polizeiketten am Karlstor, gefangengenommen wurden: Ich musste mich mitten auf der Straße nackt ausziehen und wurde untersucht. Zusammen mit anderen Genossen wurde ich drei Wochen lang in Untersuchungshaft gesteckt. Ich wurde isoliert: Kontaktverbot mit anderen Gefangenen, totale Postsperre, Einzelhofgang mit Sonderbewachung. Nachts wurde ich jede Stunde geweckt. Solche Maßnahmen können zweierlei bewirken: Einmal, dass man nachgibt, von seiner politischen Überzeugung ablässt und den Kopf in den Sand steckt - oder dass der Hass nur vergrößert und das Bewusstsein gestärkt wird, dass dieser Ausbeuter- und Unterdrückerstaat nur durch die revolutionäre Gewalt der Volksmassen unter der Führung der Partei beseitigt werden kann. Und das zweite war bei mir der Fall …

RM: Du weißt, mit welchen faschistischen Methoden die bürgerliche Klassenjustiz und ihr Vollstreckungsapparat mit politischen Gefangenen umgehen. Die Zeit im Gefängnis wird nicht leicht sein. Wie siehst Du das?

Peter: Mir ist vollkommen klar, dass die Partei keinen ihrer Genossen im stich lässt. Außerdem würde ich mich freuen, wenn ich Post von vielen Genossen bekommen würde.

RM: Du hast in der BASF gearbeitet, einem der größten Konzerne in der DBR. Was haben Deine Kollegen gesagt, dass Du ins Gefängnis sollst?

Peter: Bei meinen Kollegen bin ich als Kommunist bekannt. Zuerst konnte es keiner recht fassen, dass ich eingesperrt werden soll. Viele sagten: ‘… Solche Verbrecher, das gibt es doch gar nicht …‘

Ein Kollege meinte wörtlich: ‘… Anhand von solchen Sachen wird man wieder mit der Nase darauf gestoßen, welchen Charakter der deutsche Staat hat …‘ Von vielen Kollegen wurde ich mit Handschlag und gutgemeinten Ratschlägen verabschiedet. Einige versprachen, mir in den Knast zu schreiben.

RM: Die Partei überbringt Dir ihre revolutionären Kampfesgrüße und bittet Dich, dass Du immer, auch in schweren Zeiten, wo man versucht ist, den Kopf hängen zu lassen, die Zuversicht haben wirst, dass unser Kampf weitergeht und wir eines Tages siegen werden.

Peter: Ich möchte alle Genossen der Partei, alle Rotgardisten und Sympathisanten grüßen. Ich grüße alle Genossen, die wegen ihrer Teilnahme am Roten Antikriegstag 1972 noch Gefängnisstrafen absitzen müssen und alle Genossen, denen Prozesse, Gefängnis und Geldstrafen bevorstehen - Rot Front.“
Q: Roter Morgen Nr. 17/1975, Dortmund, S. 6.

RM_1975_17_06


03.05.1975:
Im „Roten Morgen“, Nr. 18/1975, erscheint der Artikel: „Mannheim/München: Solidarität mit Hubert und Peter.“ Ausgeführt wird:

„Mit kämpferischen Veranstaltungen verabschiedeten die Ortsgruppen Mannheim und München der KPD/ML die Genossen Peter Bayer und Hubert Lehmann, die noch der vor dem Roten 1. Mai ins Gefängnis sollen, weil sie wegen ihrer Teilnahme am Roten Antikriegstag 1972 zu 18 Monaten bzw. 12 Monaten Gefängnis verurteilt wurden.

Mit Solidaritätserklärungen aus allen Teilen der Bundesrepublik, mit Geld- und Sachspenden drückten die Ortsgruppen der Partei und der Roten Garde, die Rote Hilfe Deutschlands und viele fortschrittliche Menschen den Genossen ihre Solidarität aus. In Mannheim z. B. wurden etwa 2.000 DM gesammelt, Genosse Hubert in München erhielt revolutionäre Bücher und ein Radio.

Am 21. April sollte Genosse Peter Bayer in Ebrach, am 28. April Genosse Hubert in Niederschönfeld/Donauwörth ins Gefängnis. Am Morgen des 21. April teilte Genosse Peter in Mannheim dem zuständigen Richter mit: ‘… Freiwillig komme ich nicht … Wenn Ihr was von mir wollt, dann müsst ihr mich holen…‘ Bis zum Redaktionsschluss am Abend des 27. April war Genosse Peter noch frei …

Auch Genosse Hubert Lehmann, der wegen seiner Teilnahme am Roten Antikriegstag ‘unehrenhaft‘ aus der Bundeswehr entlassen wurde, hat die Solidarität des Volkes unter seinen Arbeitskollegen und Nachbarn erfahren. So versprach z. B. eine alte Frau aus dem Dorf, indem er lebt, spontan, ihm regelmäßig Pakete ins Gefängnis zu schicken, seine Kollegen solidarisierten sich mit ihm. Die Terrorurteile, mit denen die Bourgeoisie Revolutionäre und Kommunisten als ‘Kriminelle‘ von den Volksmassen isolieren will, bewirken das Gegenteil. Immer mehr Menschen schließen sich zusammen und nehmen den Kampf auf gegen die politische Unterdrückung.“
Q: Roter Morgen Nr. 18/1975, Dortmund, S. 6.

RM_1975_18_06


10.05.1975:
Im „Roten Morgen“, Nr. 19/1975, heißt es in „Kampf der bürgerlichen Klassenjustiz“ unter Mannheim:

„Am 29.4. Morgens wurde Genosse Peter Bayer, der wegen seiner Teilnahme am Roten Antikriegstag 1972 zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt worden ist, von der Polizei zu Hause abgeholt. Genosse Peter wird nicht, wie ursprünglich geplant, in der Haftanstalt Ebrach gefangen gehalten, sondern im Münchener Gefängnis Stadelheim. Die Adresse ist: JVA Stadelheim, 8 München, Stadelheimstraße.“

Unter München heißt es:

„An einem Tag wurde Genosse Peter (ob es sich hierbei um Peter Bayer handelt, dürfe eher zweifelhaft sein, d. Vf.) aus München in zwei Prozessen vom gleichen Richter zu 3.450 DM Geldstrafe verurteilt. Im ersten Prozess war der Genosse angeklagt, weil den NPD-Faschisten, die in München demonstriert hatten, ihre Fahnen nid Transparente heruntergerissen worden waren. Der Genosse hatte deswegen einen Strafbefehl über 1.600 DM erhalten. Das Gericht entschied jetzt im Prozess auf 1.800 DM. Begründung: ‘Die erschreckende Uneinsichtigkeit‘ des Genossen.

Im zweiten Prozess war der Genosse angeklagt, weil er angeblich den ‘Hausfrieden‘ des Gerichts gebrochen hatte, indem er beim Prozess gegen den Genossen Klaus Kercher im Gerichtsgebäude gesungen haben soll. Der Genosse hatte deswegen einen Strafbefehl über 3 Monate Gefängnis auf Bewährung erhalten plus 600 DM Geldstrafe. Das Gericht verurteilte ihn jetzt zu 1.650 DM …

Wie schon im ersten Prozess arbeiteten auch hier Richter, Staatsanwalt und Polizeizeugen offen zusammen. Nur ein Beispiel für die ‘Beweisführung‘ des Gerichts. Ein Polizeizeuge musste, vom Gericht darauf hingewiesen, dass er jetzt etwas anderes aussage als bei seiner polizeilichen Vernehmung, zugeben: ‘Ich habe vorhin die Vorführungsanzeige des einen Kollegen gelesen. Da stand es anders drin. Daher werde ich das wohl haben.“
Q: Roter Morgen Nr. 19/1975, Dortmund, S. 7.

17.05.1975:
Im „Roten Morgen“, Nr. 20/1975, heißt es in „Korrespondenzen“ unter Ludwigsburg:

„Eine Genossin hat Peter Bayer in der Haftanstalt Ludwigsburg besucht, in der er vorübergehend gefangen gehalten wird. Genosse Peter berichtete, dass es ihm gut gehe und dass er auch guten Kontakt zu anderen Gefangenen habe. Die Bourgeoisie versuchte allerdings von Anfang an, ihn mürbe zu machen. Genosse Peter wurde der Rote Morgen unterschlagen, den er abonniert hat und auch die Genossin, die ihn besuchte, durfte ihm weder die Peking Rundschau, noch den neuen Roten Morgen, noch die Broschüre mit der Kieler Rede des Genossen Ernst Aust übergeben. Die Begründung der Gefängnisleitung, das Lesen des Roten Morgen würde die Ziele der Haft gefährden! Genosse Peter hat darauf mit einer Beschwerde geantwortet, in der er die Lächerlichkeit dieser Spekulation der bürgerlichen Klassenjustiz auf eine Änderung seiner kommunistischen Gesinnung im Gefängnis entlarvte.“
Q: Roter Morgen Nr. 20/1975, Dortmund, S. 6.

19.07.1975:
Im „Roten Morgen“, Nr. 29/1975, heißt es in der Rubrik „Kampf der bürgerlichen Klassenjustiz“ unter Wiesbaden:

„Eine 85-jährige Genossin aus Wiesbaden sammelte und spendete selbst 50 DM für den Genossen Peter Bayer. Die Genossin liest schon seit über zwei Jahren den Roten Morgen. Wir drucken aus diesem Anlass noch einmal die Adressen der inhaftierten Genossen ab und fordern unsere Leser auf, die Genossen mit Briefen usw. zu unterstützen: Hubert Lehmann, JVA Niederschönenfeld, Donauwörth; Peter Bayer, 61 Darmstadt, Marienburgerstr. 74.“
Q: Roter Morgen Nr. 29/1975, Dortmund, S. 7.

August 1975:
In einem Extrablatt des „Roten Morgen“, August 1975, „Heraus zum Roten Antikriegstag“, heißt es in: „Freiheit für die Kämpfer des Roten Antikriegstages 1972“:

„Solidarisieren wir uns am diesjährigen Roten Antikriegstag mit den Genossen, die wegen ihrer Teilnahme am Roten Antikriegstag 1972 zu Haftstrafen in einer Gesamthöhe von mehr als 12 Jahren verurteilt wurden.

Die Genossen Bernd Reiser, Georg Schmidt, Hubert Lehmann und Peter Bayer sind bereits im Gefängnis. Gegen den Genossen Heinz Baron wurde der seit 1972 bestehende Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt, der Genosse am 4.8. Verhaftet. Nur der sofortigen kämpferischen Solidarität, die von der Partei, der Roten Garde und der Roten Hilfe Deutschlands organisiert wurde, ist es zu verdanken, dass Genosse Heinz nach einer Woche wieder frei war- vorläufig, bis auch er seine Strafe im Gefängnis absitzen muss. Aber die Bourgeoisie verhängte gegen die Genossen, die am Roten Antikriegstag mit revolutionärer Gewalt gegen den imperialistischen Krieg kämpften, nicht nur Gefängnisstrafen. Genosse Sascha soll - das geben Münchener Richter und Staatsanwälte offen zu - an das faschistische Schah-Regime ausgeliefert werden. Als Vorwand diente der Bourgeoisie dabei die Tatsache, dass Sascha, der in München geboren wurde und aufwuchs, einen persischen Vater hat. Seit eineinhalb Jahren ist Genosse Sascha deshalb schon gezwungen, in der Illegalität zu leben.

Sascha und die anderen inhaftierten Genossen können an diesem Roten Antikriegstag nicht mit uns auf der Straße kämpfen, aber sie werden mit ihren Gedanken dabei sein. Denken auch wir an die gefangenen Kämpfer. Fordern wir ihre Freiheit und die Freiheit aller politischen Gefangenen.“
Q: Roter Morgen Nr. 34/1975, Dortmund, S. 12.

RM_1975_34_12


09.08.1975:
Im „Roten Morgen“, Nr. 32/1975, heißt es im „Aufruf des ZK de KPD/ML zum Roten Antikriegstag 1975“ u. a.:

„Im Einklang mit Moskau und Washington verkündet die Bundesregierung uns eine neue Phase der Entspannung. Aber auch der westdeutsche Imperialismus hat in Wirklichkeit seine aggressiven Ziele keineswegs aufgegeben. Nur ist er gegenwärtig nicht in der Lage, selbständig einen imperialistischen Krieg zur Verwirklichung dieser Ziele vom Zaun zu brechen. Wenn von ihm auch nicht die Hauptgefahr für einen neuen imperialistischen Krieg ausgeht, bedeutet das nicht, dass er sein aggressives Wesen verloren hat, dass wir ihm gegenüber nicht äußerst wachsam zu sein brauchen.

Das zeigen auch die Terrorurteile, die die bürgerliche Klassenjustiz gegen die Kämpfer des Roten Antikriegstags 1972 verhängt hat. Die Genossen Peter Bayer, Hubert Lehmann, Bernd Reiser und Georg Schmidt wurden bereits ins Gefängnis geworfen, weil sie gegen den imperialistischen Krieg kämpften. Genosse Heinz Baron muss jeden Tag mit seiner Verhaftung rechnen. Der Rotgardist Sascha Haschemi wurde zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt und soll, obwohl in Deutschland geboren und aufgewachsen, an das faschistische Schahregime in den Iran abgeschoben werden. Dieser Terror gegen die Kämpfer des Roten Antikriegstages zeigt, wie sehr die Imperialisten die revolutionäre Bewegung gegen den imperialistischen Krieg fürchten.“
Q: Roter Morgen Nr. 32/1975, Dortmund, S. 1.

September 1975:
In „Die Rote Garde“, Zeitung der Roten Garde, Jugendorganisation der KPD/ML, Nr. 6/1975, heißt es zum Rote-Garde-„Antikriegstagskongress“ 1975 unter dem Abschnitt: „Die Bourgeoisie kann sie nicht die Knie zwingen“:

„Alle 4 Gefangenen des Roten Antikriegstages in München 1972 schicken uns Grüße (zum Offenbacher Jugendkongress der Roten Garde am 30. und 31. August in der dortigen Stadthalle, d. Vf.). So schreibt der Genosse Peter Bayer: ‘… Meine Zelle liegt nur 30 km von Euch entfernt, ich bin mit meinem Herzen bei Euch und selbst wenn meine Zelle 3. 000 km weit weg wäre, so gibt es eine Kraft, die alle Kerkermauern durchbricht: Das ist die Solidarität, das ist unser gemeinsamer Kampf …‘

Anschließend riefen 2. 000 Jugendliche: ‘… Freiheit für die Kämpfer des Roten Antikriegstags …‘

Die Genossen im Gefängnis hatten sich noch etwa ganz besonderes ausgedacht: Obwohl ihre Gefängniszellen weit auseinander liegen, haben sie unseren Genossen Sascha einen gemeinsamen Brief geschrieben und ihm einen Blumenstrauß geschickt. Wie sie das geschafft haben, wird wohl für die Bourgeoisie ein Rätsel bleiben.

Auch Sascha Haschemi ist einer der Verurteilten vom Roten Antikriestag 1972. Doch zu der Gefängnisstrafe hat die Bourgeoisie sich für ihn noch was besonderes ausgedacht: Sie will ihn an das faschistische Schah-Regime ausliefern. Dort aber wartet auf jeden Kommunisten Gefängnis, Folter und eventuell sogar Ermordung. Deshalb ist unser Genosse Sascha untergetaucht und er wird erst wieder auftauchen, wenn seine Einbürgerung durchgesetzt ist. Die Bourgeoisie wird ihn nicht finden!

Während des Kongresses sandte er uns revolutionäre Grüße auf einer Tonbandaufnahme. Auch wir, Genosse Sascha, senden Dir herzliche Kampfesgrüße und versprechen Dir alles zu tun, um Deine Einbürgerung zu erzwingen.“
Q: Die Rote Garde Nr. 6/1975, Dortmund, S. 4.

RGZ_1975_06_04


September 1975:
In „Die Rote Garde“, Zeitung der Roten Garde, Jugendorganisation der KPD/ML (Sondernummer), erscheint der Artikel: „Freiheit für die Kämpfer des Roten Antikriegstages“. Darin heißt es:

„Auch das ist eine wichtige Parole unserer Demonstration und unseres Kongresses (gemeint ist der Jugendkongresses der Roten Garde, der am 30. und 31. August in der Stadthalle Offenbach stattfand, d. Vf.).

Die Genossen Hubert, Bernd, Peter und Schorsch sind von der Bourgeoisie ins Gefängnis geworden worden, weil sie als Kommunisten am RAKT 72 in München in den vordersten Reihen gegen den imperialistischen Krieg gekämpft haben. Am Abend werden die Briefe der Genossen an den Kongress vorgelesen. Alle 4 Genossen zusammen haben einen Brief an Sascha geschrieben, der nun schon fast 2 Jahre in der Illegalität leben muss. Über die Rote Garde München lassen sie ihm einen Strauß roter Nelken überbringen. Der Kongress verabschiedet einen Brief an unsere gefangenen Genossen.

Grußadresse des Genossen Peter Bayer, Darmstadt, 29.8.75:

„Liebe Genossen! Ich sende Euch die revolutionärsten Kampfesgrüße zum RG - Kongress in Ofenbach. In Gedanken bin ich bei Euch. Uns trennen nur etwa 35 km, vom Darmstädter Gefängnis zur Stadthalle in Offenbach. Als wären es 3.500 km und doppelt so hohe apern, mir ist eins gewiss: Eure Solidarität würde mich auch dann erreichen. Bis jetzt sah diese Solidarität folgendermaßen aus: 249 Briefe und Postkarten aus allen Teilen Deutschlands, auch aus der DDR. In 249 Briefen und Karten wird vom Kampf der Partei, der RG und der RHD von draußen berichtet. Genossen, das ist ein Teil der Solidarität, der zeigt, dass es der Bourgeoisie niemals gelingen wird, die Solidarität der Kämpfe draußen mit den politischen Gefangenen zu brechen. Dies wurde mir bisher 249 Mal bewiesen. Mir ist klar, dass ich nicht im Gefängnis bin, weil ich etwa kriminell wäre, oder dass die Bourgeoisie besonders etwas gegen mich, als Einzelperson, hätte. Nein, ich und die anderen politischen Gefangenen des RAKT wurden stellvertretend für 6.000 Menschen in den Knast gesteckt, die am RAKT 1972 unter Führung der KPD/ML, militant demonstrierten und sich das Recht auf die freie Straße nicht nehmen ließen.

Schon 1972 war es nicht nur das Recht, sondern die Pflicht der Partei, sich an die Spitze des Kampfes gegen die wachsende Kriegsgefahr durch die beiden Supermächte zu stellen. Und diese Verpflichtung ist in den letzten drei Jahren enorm gestiegen. Gestiegen in dem Maße, wie sich die Gefahr eines neuen imperialistischen Weltkriegs verschärft hat. In der Entwicklung im Nahen Osten, im Mittelmeer, in Indien usw. sehen wir, dass die Kriegsgefahr ständig wächst. Europa mit seinem enormen Wirtschaftspotenzial und seinen Millionen Menschen ist für jede der beiden Supermächte ein fetter Brocken. Westeuropa wird vom US-Imperialismus und Osteuropa vom sowjetischen Sozialimperialismus besetzt gehalten. Der US-Imperialismus hat durch die Schläge, die ihm die Völker der Dritten Welt versetzt haben, den Gipfel seiner Machtentfaltung überschritten. Er ist auf dem absteigenden Ast. Das ist auch dem Sozialimperialismus bekannt. So wird er nichts unversucht lassen, dem US-Imperialismus die Absatzmärkte, Rohstoffquellen und Einflussgebiete abzujagen. Und dazu rüstet er fieberhaft auf, verstärkt seine Truppen, führt ständig neue Militärmanöver durch. Der sowjetische Sozialimperialismus, das zeigt die Entwicklung der letzten Jahre, ist zum Hauptfeind der Völker geworden.

Er hat seine 5. Kolonne in allen Ländern. Das beste Beispiel ist Portugal. Bei uns sind es die DKP-Revisionisten, die uns vom Kampf gegen beide Supermächte abhalten sollen, um in Zusammenarbeit mit einem Teil der westdeutschen Bourgeoisie, im Falle eines Einmarsches des Sozialimperialismus als dessen Statthalter zu dienen. Aber die Arbeiterklasse und das gesamte werktätige Volk will nicht gegen die eine Supermacht kämpfen, um dann von der anderen genauso oder vielleicht noch blutiger unterdrückt und ausgebeutet zu werden. Dies den breiten Schichten der Kollegen klarzumachen, ist eine der Hauptaufgaben der Partei. Denn nur unter der Führung der kommunistischen Partei ist es möglich, beide Supermächte mitsamt der westdeutschen Bourgeoisie und der Statthalter Moskaus in der DDR zum Teufel zu jagen, um ein Deutschland ohne Ausbeutung, Krisen und Krieg, ein vereintes, unabhängiges, sozialistisches Deutschland, zu errichten. Im Kampf für dieses Ziel hat die Jugend eine besonders wichtige Aufgabe. Denn die Jugend ist es, die auf den Schlachtfeldern verbluten soll. Die Jugend ist es auch, die am meisten danach dringen wird, dies zu verhindern … Liebe Genossen, hiermit wünsche ich Euch viel Erfolg beim RG - Kongress. Er wird ein großer Schritt vorwärts sein. Was ich mit am meisten wünsche ist, dass, wenn ich rauskomme, ich mich nicht mehr auskennen werde vor lauter neuen Genossen, dass sich die Reihen der Partei der RG stark vergrößern werden. Mir ist gewiss, dass dieser Wunsch in Erfüllung geht. Solange ich noch im Gefängnis bin, werde ich mein möglichstes tun, um dieses Ziel zu erreichen. Eure Aufgabe ist es, uns politischen Gefangenen weiterhin die große Solidarität zukommen zu lassen, wie das bisher geschehen ist.

Schreibt, berichtet von den Kämpfen draußen, schickt Flugblätter und Betriebszeitungen. Das ist für uns eine wichtige Stütze in unserem Kampf. In diesem Sinne, Genossen: Revolutionäre Kampfesgrüße aus dem Gefängnis, auch im Namen des Genossen Schorsch Schmidt, Bernd Reiser und Hubert Lehmann und im Namen aller politischen Gefangenen.

Vorwärts mit der Roten Garde, vorwärts mit der KPD/ML! Für ein vereintes, unabhängiges, sozialistisches Deutschland.“
Q: Die Rote Garde Nr. 6/1975 (Sondernummer), Dortmund, S. 20.

RGZ_1975_06_Sondernummer_20


06.09.1975:
Der „Rote Morgen“, Nr. 36/1975, berichtet vom „Roten Antikriegstag 1975“ in seinem Artikel: „Eine machtvolle Demonstration. Roter Antikriegstag 1975“, auch davon, dass auch die „Rote Hilfe Deutschlands“ ebenfalls mit einem eigenen Block an der Demonstration (in Frankfurt/M., d. Vf.) teilnahm. Im Mittelpunkt ihrer Agitation an diesem Tag stand die Forderung: ‘Freiheit für die Kämpfer des Roten Antikriegstages! Die Genossen führten ein großes Transparent mit den Portraits der Genossen Bernd Reiser, Peter Bayer, Hubert Lehmann und Georg Schmidt, die wegen ihres Kampfes gegen den imperialistischen Krieg im Gefängnis sind, mit …“
Q: Roter Morgen Nr. 36/1975, Dortmund, S. 10.

20.09.1975:
Im „Roten Morgen“, Nr. 38/1975, heißt es in der Rubik: „Kampf der bürgerlichen Klassenjustiz“: „Vor kurzem erhielten wir einen Brief des Genossen Peter Bayer, in dem es unter anderem heißt:

‘… In meiner Grußadresse zum Rote Garde Kongress berichtete ich Euch, dass 243 Briefe und Karten angekommen sind. Heute, am 5.9. hat sich diese Zahl auf 340 Stück erhöht. Täglich kommen im Schnitt etwa 20 Solidaritätskarten an, ein Ende ist nicht abzusehen. Genossen, dafür meinen allerherzlichsten Dank. Wenn sich meine Freude darüber auf die Körpergröße auswirken würde, könnte ich jetzt mühelos die Knastmauern überschreiten …‘

Genosse Peter bittet darum, wie übrigens auch alle anderen gefangenen Genossen, ihn ausreichend mit Briefmarken für Rückporto zu versorgen.“
Q: Roter Morgen Nr. 38/1975, Dortmund, S. 8.

25.11.1975:
Laut „Roter Morgen, Nr. 49/1975, wird Peter Bayer aus der Haft entlassen. Er erhält „3 Jahre Bewährung“. Danach wurde er am „25.11. aus dem Darmstädter Gefängnis entlassen“.
Q: Roter Morgen Nr. 49/1975, Dortmund, S. 8.

Dezember 1975:
In der „Roten Hilfe - Zeitung der Roten Hilfe Deutschlands“, Nr. 9/1975, erscheint der Artikel: „Peter Bayer aus der Haft entlassen.“ Ausgeführt wird:

„Am 25. November konnte Genosse Peter Bayer nach sieben Monaten Haft das Gefängnis in Darmstadt verlassen. Er war wegen der Teilnahme am Roten Antikriegstag 1972 zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Nun wurde ihm auf seinen Antrag hin der Rest der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Peter hatte über seinen Antrag im letzten Brief, der uns erreichte, geschrieben:

‘… Die bürgerliche Klassenjustiz ist jetzt vor die Entscheidung gestellt: Lässt sie mich vorzeitig raus, auf Bewährung, hat sie ein Druckmittel für die nächsten drei Jahre. Kehrseite: Ich bin draußen unter den Massen und Genossen. Lässt sie mich die vollen 18 Monate abbrummen, hat sie natürlich kein Druckmittel mehr, mir aber mit allen Konsequenzen die Zähne gezeigt … Zermürben lasse ich mich allerdings nicht…‘

Das wird die Bourgeoisie wohl gemerkt haben, dass sie ihr ‘Haftziel‘, den Peter kleinzukriegen, nicht erreichen kann. Seine Briefe an uns strahlten stets Kampfgeist und Optimismus aus. Peter war während seiner Haftzeit immer verbunden mit der Solidarität der Klassenbrüder und Genossen draußen. 14 Tage vor seiner Entlassung war die Zahl der Briefe und Karten, die ihn erreicht hatten, auf 564 angewachsen. Seine alten Freunde aus seinem Heimatdorf, die alle keine Kommunisten sind, haben ihm während der ganzen Zeit geschrieben und für seine Sozialversicherung und Gewerkschaftsbeiträge zusammengelegt.

Die vorzeitige Entlassung von Peter Bayer ist ein Erfolg dieser Solidarität und der festen revolutionären Haltung des Genossen. Aber noch sitzen drei seiner Kampfgefährten hinter Gittern, ein vierter, Heinz Baron, soll dazukommen. Verstärken wir unsere Unterstützung für den Genossen.

FREIHEIT FÜR ALLE KÄMPFER DES ROTEN ANTIKRIEGSTAGS!

Wir rufen Euch an dieser Stelle besonders auf, dem Genossen Bernd Reiser zu schreiben. Es ist der Bourgeoisie bekannt, dass Bernd Mitglied der ZL ist und sie unternimmt deshalb besondere Schikanen gegen ihn. Er erhält weder die Rote Hilfe Zeitung noch den Roten Morgen oder andere revolutionäre Zeitschriften. Auch kommen nur wenige Briefe durch. Umso häufiger müssen wir schreiben!

Lasst nicht zu, dass der Klassenfeind unseren Genossen isoliert! Auch Bernd hat einen Antrag auf vorzeitige Entlassung gestellt.
FREIHEIT FÜR Bernd Reiser!“
Q: Rote Hilfe Nr. 9/1975, Dortmund, S. 4.

RHD024


Letzte Änderungen: 2.2.2014

Valid HTML 4.01!   Valid CSS!
Seitenanfang |  nächste Zwischenübersicht |  Startseite |  Impressum