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Die Ratifizierung der Ostverträge am 17. und 19. Mai 1972

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 10.3.2005

Broschüre: Bonn fordert Revanche
Broschüre

Materiallage

Es werden hier nur einige wenige von vielen Analysen dargestellt.


Die Organisationen

Neben der KPD/ML-ZB analysiert auch der BKA Freiburg in dieser Darstellung die Ostverträge. Die DKP, die sich energisch für die Ostverträge eingesetzt hatte, taucht hier nicht auf, hat aber sicherlich triumphierende Erklärungen abgegeben.


Wichtige Themen und Ereignisse

Die Verabschiedung und Ratifizierung der Ostverträge bildete den vorläufigen Abschluss einer größeren politischen Debatte in der Bundesrepublik Deutschland, deren einzelne Stationen in weiteren Beiträgen aufgezeigt werden. Während die KPD/ML-ZB die Ostverträge gar als 'Kriegspakt Bonn - Moskau' (vgl. 18.5.1972) auffasst, dagegen Demonstrationen durchführt wie in Mannheim (vgl. 17.5.1972), analysiert auch der BKA die Auseinandersetzung um die Ostverträge als 'Scheinkampf', da es FDP/SPD auf der einen und CDU/CSU auf der anderen Seite nur um die bessere wirtschaftliche Infiltration der Sowjetunion und auch Polens gehe, die 'SU-Revisionisten' dem Imperialismus durch die Ostverträge Zugeständnisse machen würden. Die Auswirkungen des durch die Ostverträge ermöglichten Osthandels werden von den ML-Gruppen wiederholt am Beispiel der Wittener Mannesmannwerke geschildert.


Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

17.05.1972:  Laut KJVD der KPD/ML-ZB werden am 17. und am 19.Mai im Bonner Bundestag die Ostverträge bzw. die Verträge von Moskau und Warschau mit der SU bzw. Polen verabschiedet.
Die Ostverträge werden von KPD/ML-ZB und KJVD als 'Kriegsverträge' bezeichnet, da die Anerkennung der DDR und aller Grenzen in Europa fehlt; denn "die Verträge schaffen keine Rechtsgrundlage für die heute bestehenden Grenzen".
In den Verträgen selbst sei "Revanche und Eroberung verankert".

Weiter heißt es:"
Der Moskauer Vertrag und die gemeinsam Entschließung der Bundestagsparteien ..., ist nichts anderes als ein solches erpresserisches Zugeständnis an den westdeutschen Revanchismus: Wir lassen euch in Osteuropa zufrieden, sagen die Sozialimperialisten, laßt ihr uns in Ruhe unsere aggressiven Pläne gegen China aushecken. ... So sind auch die Ostverträge für die Bonner Kriegstreiber nur eine Ermutigung, weiterzugehen. Die Armee, die sie für ihre weiteren Schritte brauchen, bauen sie fieberhaft aus. ... Darum ist es eine gefährliche Illusion zu glauben, die Verträge und Verhandlungen seien besser als Kriege. Nein - diese Erpresserverträge ermutigen die westdeutschen Revanchisten weiterzugehen bis zum Krieg - so sieht die Wahrheit aus. "

Die KPD/ML-ZK (vgl. 23.5.1972) berichtet:"
OSTVERTRÄGE

VERTRÄGE ZWISCHEN KRIEGSTREIBERN

'REDEN ERST DIE VÖLKER SELBER, WERDEN SIE SCHNELL EINIG SEIN'

Wieder einmal schaut Europa nach Deutschland. Genauer: heute schauen die Völker Europas besorgt auf den westdeutschen Imperialismus. Denn er ist wieder zur vorherrschenden Macht in Westeuropa geworden, und wie schon zweimal in diesem Jahrhundert wird ihm die Jacke zu eng. Die europäischen Völker, auch das deutsche Volk, haben noch in guter Erinnerung, was es heißt, wenn die Herren Krupp, Thyssen und Mannesmann Ausschau halten nach neuen Rohstoffquellen und Absatzmärkten. Die deutsche Arbeiterklasse trägt eine große Verantwortung für den Frieden in Europa. Für alle wirklichen Kommunisten heißt es, den Kampf der Massen gegen die Großmachtpläne des BRD-Imperialismus zu führen: Nieder mit dem westdeutschen Imperialismus!

NIEDER MIT REVANCHISMUS UND MILITARISMUS! KAMPF DEN GROSSMACHTPLÄNEN DES BRD-IMPERIALISMUS! KRIEG DEM IMPERIALISTISCHEN KRIEG!

Es ist so gekommen, wie der große Stalin gesagt hat. 1952 (vgl. 1952,d.Vf.) entgegnete er jenen, die den deutschen Imperialismus nach seiner Niederlage 1945 für immer am Boden liegen sahen, unfähig einen Schritt ohne seinen Herren, den US-Imperialismus zu machen: 'Es fragt sich, welche Garantien gibt es, daß Deutschland und Japan nicht erneut auf die Beine kommen, daß sie nicht versuchen werden, aus der amerikanischen Knechtschaft auszubrechen und ein selbständiges Leben zu führen? Ich denke, solche Garantien gibt es nicht.'

Stalin sagte weiter: 'Daraus folgt aber, daß die Unvermeidlichkeit von Kriegen zwischen den kapitalistischen Ländern bestehen bleibt.'

As Brandt im letzten Jahr auf die Krim flog (vgl. S1.**.1971,d.Vf.), um mit seinem neuen Partner, dem Kremlzaren Breschnew, ins Gespräch zu kommen, wurde ihm von anderen bürgerlichen Kreisen vorgeworfen, daß er nicht vorher die 'westlichen Verbündeten' gefragt habe. Brandt sagte im Fernsehen (vgl. S1.**.1971,d.Vf.): 'Auch die anderen fragen uns nicht, ob sie irgendwo hingehen dürfen... Wir haben es jetzt soweit gebracht, daß unsere Stellungen uns erlauben, wie die anderen zu handeln. Wir wollen unsere Bedeutung nicht übertreiben - wir sind aber ein emanzipierter Staat, eine emanzipierte Regierung.'

So weit haben 'wir' es gebracht:

- Die Bundeswehr ist die drittgrößte Militärmaschinerie der Welt, größer als die Wehrmacht Hitlers vor Kriegsbeginn.

- 23 Milliarden beträgt der Rüstungshaushalt der SPD-Regierung, mehr als je zuvor in der Bundesrepublik.

'Alles, was stehen und gehen kann', soll in die Bundeswehr, wie das Helmut Schmidt (SPD) ausdrückte. 800 000 Jugendliche sollen bis 1980 an den Maschinengewehren und Panzern von Krupp, Messerschmidt und Henschel stehen.

In Hamburg wurde die erste Bundes-Universität (BWHS,d.Vf.) gegründet. Mit dem 'Wehrkundeerlaß' (WKE,d.Vf.) dringt der Militarismus in unsere Schulen. Immer mehr Konzerne schalten auf Rüstungsproduktion um, immer mehr Forschungs- und Universitätsinstitute betreiben Kriegsforschung.

NIEDER MIT DEM WESTDEUTSCHEN IMPERIALISMUS! WEG MIT DEM WEHRKUNDEERLASS - BUNDESWER RAUS AUS DEN SCHULEN! BAUT ANTIMILITARISTISCHE KOMITEES IN DER BUNDESWEHR AUF!

Die Tatsachen heißen: wahnsinnige Aufrüstung, Notstandsgesetze (NSG - vgl. 30.5.1968,d.Vf.), Notstandsübungen, Mobilmachungsübungen in Richtung Osten, Manöver an nachgebildeten Grenzen der DDR...

Diese Tatsachen sind der beste Beweis, was hinter der 'neuen friedlichen Ostpolitik' wirklich steht. Wie kommt es aber, daß große Teile der Arbeiterklasse und anderer antimilitaristischer Kräfte in unserem Land immer noch auf das Friedensgetrommel der bürgerlichen Parteien hereinfallen?

Die deutsche Bourgeoisie hat große Erfahrung im Volksbetrug, sie weiß, wie man unter dem Deckmantel von 'Frieden' und 'Freiheit' Großmachtpolitik betreibt.

1928 (vgl. 1928,d.Vf.) wurde die SPD-Regierung Müller von der herrschenden Klasse ausgewählt, den ersten Panzerkreuzer Deutschlands nach dem I.Weltkrieg zu bauen.

Noch 1938 (vgl. 1938,d.Vf.) mußte sogar ein Hitler alle Register der Friedensdemagogie ziehen, um seine Aggressionspläne zu verschleiern.

Heute gibt Brandt auch ganz offen zu, wozu die schönen 'Friedensreden' über die Ostverträge dienen: 'Unser friedliches Streben nach deutscher Einheit (gleich Annexion der DDR) und europäischer Einigung (unter deutscher Vorherrschaft) wird durch diese Verträge dem Vorwurf der Friedensstörungen entzogen.' (Bericht über die Lage der Nation, 23.Febr. 1972). Zu gut deutsch: Die Wachsamkeit der Völker soll eingeschläfert werden.

Aber die Friedensdemagogie eines Brandt kommt in der Arbeiterklasse immer weniger an. Zu gut wissen sie, welchem Friedensengel sie das arbeiterfeindliche BVG (vgl. 19.1.1972,d.Vf.) zu verdanken haben, wem sie Lohnleitlinien und Lohnraub durch Steuer- und Preiserhöhungen zu verdanken haben. Deshalb werden die Arbeitertäuscher in DKP/SEW für die imperialistischen Großmachtpläne immer dringender gebraucht. Mit ihrer Bejubelung der 'vernünftigen' Brandt-Regierung, mit ihrem Reklamerummel für die Ratifizierung der Ostverträge und gegen das 'Rechtskartell' sollen sie das Mißtrauen der Arbeiterschaft über die Pläne Bonns zerstreuen. Daher:

NIEDER MIT DER VERLOGENEN 'FRIEDENS'PROPAGANDA DER BOURGEOISIE!

NIEDER MIT DER 'FRIEDENS'DEMAGOGIE DER SPD-REGIERUNG!

SCHONUNGSLOSER KAMPF DEN GEFÄHRLICHSTEN FEINDEN IN DER ARBEITERBEWEGUNG, DEN SPRACHROHREN DER IMPERIALISTEN IN DER ARBEITERBEWEGUNG: DER DKP/SEW!

1945: der deutsche Imperialismus liegt am Boden. Zum zweiten Mal sind seine Großmachtpläne gescheitert. Die Völker fordern: Nie wieder darf der deutsche Imperialismus und Revanchismus auferstehen. Im Osten Deutschlands werden unter dem Schutz der damals sozialistischen Sowjetunion die Kriegsverbrecher bestraft, verjagt, enteignet. Im Westen werden sie unter dem Schutz der anglo-amerikanischen Imperialisten (GB/USA,d.Vf.) wieder in Aufsichtsräte, in Staat, Verwaltung, Justiz und Schulen gelassen. Die Gründung der neuen Angriffswaffe wird vorbereitet: der Bundeswehr. Denn wieder heißt es für die Kriegsgewinnler: Keine Abfindung mit dem Verlust von Einflußsphären, mit dem Verlust der Ostgebiete, Wieder heißt es Revanche.

1951 mobilisierten die deutschen Kommunisten die Bevölkerung gegen die Aggressionspläne in Ost und West gegen die erneute Militarisierung, für den Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland. 96% stimmten in der DDR dafür (vgl. 3.6.1951,d.Vf.). Ähnlich auch in der Bundesrepublik, trotz Verbot der Volksabstimmung.

Die Imperialisten denken aber nicht an einen wirklichen Friedensvertrag, denn das würde ja die Abrechnung mit ihren Verbrechen bedeuten. Gemeinsam zimmern sie den sogenannten 'Deutschland'-Vertrag (vgl. 26.5.1952,d.Vf.) zusammen. Dort wird in Artikel 7 das erste Ziel der Expansion genannt: 'Ein wiedervereinigtes Deutschland, das eine freiheitlich-demokratische Verfassung, ähnlich wie die Bundesrepublik besitzt und das in die europäische Gemeinschaft integriert ist.'

An diesem Ziel hat sich bis heute nichts geändert. Im Gegenteil, heute fühlt sich der westdeutsche Imperialismus stärker denn je:

Carlo Schmidt (SPD) sagte in der Bundestagsdebatte über die Ostverträge: 'Ein wiedervereinigtes Deutschland verändert in der Tat die Gleichgewichtsfaktoren (in Europa) beträchtlich... Dieser Gedanke mag nicht allen Völkern sympathisch sein - aber wir werden darauf bestehen müssen, daß man uns den Weg dahin öffnet.' (erste Beratung der Ostverträge (vgl. S2.**.197*,d.Vf.) S.176)

Großdeutschland, darum geht es ihnen nach wie vor. Darum:

NIEDER MIT DEN GROSSMACHTPLÄNEN DES WESTDEUTSCHEN IMPERIALISMUS! NIEDER MIT DER REVANCHEPOLITK UNTER DER 'FRIEDENSMASKE'!

Die Revanchepläne des BRD-Imperialismus seit 1945 haben sich nicht geändert!

WAS IST DENN NUN DAS NEUE AN DEN OSTVERTRÄGEN?

Das 'geänderte Kräfteverhältnis in der Welt' posaunen die DKP/SEW Revisionisten. Allerdings! Aber nicht 'die Friedensinitiative des sozialistischen Lagers' hat die Ostpolitik in Bewegung gebracht, sondern die SOZIALIMPERIALISTISCHE POLIIK der Kremlzaren gegenüber dem BRD-Imperialismus.

Das wirkliche sozialistische Lager wich nach dem Krieg nicht vor den Drohungen und Revancheplänen der Imperialisten zurück - die Sozialimperialisten aber machen heute Zugeständnis um Zugeständnis. Die sozialistische Sowjetunion unter Stalin bestand immer darauf, daß der Wille der Völker Europas erfüllt wird:

Abrechnung mit den Verbrechen des deutschen Imperialismus; Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland auf der Grundlage des Potsdamer Abkommens (vgl. 17.7.1945,d.Vf.). Die neuen Kremlzaren stellen aber heute die Ostverträge als diesen Friedensvertrag hin. Damit waschen sie den deutschen Imperialismus von seinen Verbrechen rein. Sie ermöglichen ihm so, in aller Welt wieder als politisch 'salonfähig' aufzutreten, ja die Kremlzaren rechtfertigen und unterstützen damit neue Annexions- und Aggressionshandlungen des BRD-Revanchismus.

Schon längst hat Breschnew den 'Brief zur deutschen Einheit' (vgl. S2.**.197*,d.Vf.) anerkannt. Darin wird dem BRD-Imperialismus gestattet, sich in die inneren Angelegenheiten des souveränen Staates DDR einzumischen, mehr noch, damit wird das Ziel des revanchistischen 'Deutschlandvertrags' von 1945 geduldet: Imperialistische Wiedervereinigung Deutschlands, Annexion der DDR. Der erste Schritt auf diesem gefährlichen Weg ist bereits gemacht. Die Annexion Westberlins durch das Berlinabkommen (vgl. S2.**.197*,d.Vf.). Weitere Schritte sind angekündigt. Diese Politik im Geiste des Münchener Kuhhandels von 1938, wird das gleiche bewirken wie damals: Der Heißhunger des deutschen Imperialismus wird angestachelt. Nichts geändert hat sich an den alten Revancheplänen: Bis heute keine völkerrechtliche Anerkennung der DDR. Bis heute keine Anerkennung der Westgrenze Polens. Bis heute wird die Ungültigkeit des Münchner Abkommens nicht von Anfang an anerkannt. (Im Münchner Abkommen von 1938 (vgl. 29.9.1938,d.Vf.) wurde u.a. dem deutschen Imperialismus ein Großteil der Tschechoslowakei in den Rachen geworfen.) Das 'neue' an der Ostpolitik von heute ist das Komplott des BRD-Imperialismus mit den sowjetischen Sozialimperialisten. Das Tor nach Osten wird dem BRD-Imperialismus geöffnet, er hat seinen Fuß in die Tür gesetzt und wird versuchen sie immer weiter aufzustoßen. Freiwillig wird er ihn nie zurückziehen.

Es ist die große Aufgabe der deutschen Arbeiterklasse, unter Führung ihrer Partei, der KPD/ML, alle antimilitaristischen Kräfte zusammenzuschließen und den Bonner Wunschtraum vom 'Platz an der Sonne' auf Kosten des deutschen Volkes und des Friedens in Europa zunichte zu machen. Im revolutionären Kampf dem Imperialismus Schlag auf Schlag zu versetzen, das ist die einzige Friedenspolitik, die Politik der deutschen und internationalen Arbeiterklasse.

PROLETARISCHER INTERNATIONALISMUS GEGEN IMPERIALISTISCHE SCHACHEREIEN!

NIEDER MIT DEN OSTVERTRÄGEN!

NIEDER MIT DEM IMPERIALISTISCHEN KOMPLOTT BONN - MOSKAU!

KAMPF DEN GROSSMACHTS- UND REVANCHEPLÄNEN DES WESTDEUTSCHEN IMPERIALISMUS!

SOFORTIGE VÖLKERRECHTLICHE ANERKENNUNG DER STAATLICHEN SOUVERÄNITÄT DER DDR.

SOFORTIGE VÖLKERRECHTLICHE ANERKENNUNG DER WESTGRENZE POLENS!

SOFORTIGE ERKLÄRUNG DER UNGÜLTIGKEIT DES MÜNCHNER ABKOMMENS VON ANFANG AN!"

Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg (vgl. 17.5.1972) berichtet:"
DER SCHEINKAMPF UM DIE OSTVERTRÄGE

Seit Wochen und Monaten liefern uns die Bonner Parteien den Schaukampf um die Ratifizierung der Verträge von Moskau und Warschau. Wollte man der Propaganda der bürgerlichen Parteien Glauben schenken, dann drohten die Parteien und das ganze deutsche Volk in zwei feindliche Lager auseinanderzubrechen:

in Gegner und Befürworter der Ratifizierung der Verträge. Während die Gegner der Verträge behaupteten, die Verträge bedeuten den 'Verzicht auf deutsche Interessen' und 'die Teilung Deutschlands werde endgültig fixiert', präsentieren sich die Befürworter der Verträge als aufrechte 'Kämpfer für den Frieden'.

Die sich anbahnende Einigung zwischen den Parteien, das Zustandekommen einer GEMEINSAMEN ENTSCHLIESSUNG ALLER IM BUNDESTAG VERTRETENEN PARTEIEN ZU DEN OTVERTRÄGEN läßt die ganze aufgeblasene Auseinandersetzung wie eine Seifenblase zerplatzen. Der Kampf um die Formulierungen, deren Unterschiede dem Uneingeweihten kaum einsichtig sind, macht nun vollends deutlich: nie bestand die Alternative JA oder NEIN zu den Verträgen. Der Inhalt der gemeinsamen Entschließung, die heute im Bundestag die einmütige Zustimmung aller Parteien finden wird, stellt ganz klar heraus, worum es bei dieser Auseinandersetzung ging. Zur Debatte stand nicht das Friedensbedürfnis des Volkes, das nach den Erfahrungen zweier imperialistischer Weltkriege und des Faschismus nicht mehr bereit ist, noch einmal ein abenteuerliche imperialistische Kriegspolitik zu unterstützen. Zur Debatte stand, wie kann unter den gegenwärtigen Bedingungen die weitere Ausdehnung und Machtenfaltung des westdeutschen Monopolkapitals gesichert werden, ohne daß die BRD irgendwelche Zugeständnisse macht, ohne daß die alten Ziele des BRD-Imperialismus z.B. die Einverleibung der DDR in den Herrschaftsbereich des westdeutschen Monopolkapitals vertraglich aufgegeben werden müssen.

Die Börse reagierte sofort auf das Zustandekommen der gemeinsamen Entschließung; nach deren Bekanntgabe zeigten die die Börsenkurse deutliche Aufwärtstendenzen. 'Die Börse setzt auf die Ostverträge', so faßt die Süddeutsche Zeitung (SZ - vgl. S2*5.1972,d.Vf.) in einer Überschrift in ihrem Wirtschaftsteil die Situation zusammen und stellt damit den eigentlichen Interessenten dieser Verträge vor.

DAS PROGRAMM DES BRD-IMPERIALISMUS

Der Inhalt der gemeinsamen Entschließung enthüllt, was der Text der Verträge nur zwischen den Zeilen offenbart. Solange von Frieden und feierlichen Gewaltverzichtversprechen die Rede ist, bedient man sich der deutschen Sprache. Wenn man zur 'Sache' kommt, wird's lateinisch.

Im Absatz I der gemeinsamen Entschließung heißt es: Sie (die Verträge) sich wichtige Elemente des MODUS VIVENDI, den die Bundesrepublik Deutschland mit ihren östlichen Nachbarn herstellen will. Zu deutsch: die Verträge sind nur als vorläufige Regelungen anzusehen, gelten nur bis auf weiteres. Sie gelten nur solange, bis sich die Bedingungen für den westdeutschen Imperialismus wieder verändern, bis er wieder mit offener Gewalt sein 'Recht' fordert. Gleichzeitig sollen sie die politischen Voraussetzungen für das 'friedliche Eindringen' westdeutscher Waren und westdeutschen Kapitals in die osteuropäischen Staaten schaffen.

So wird dann auch in den folgenden Absätzen der gemeinsamen Entschließung ausdrücklich festgestellt,

- daß die Verträge eine friedensvertragliche Regelung nicht vorwegnehmen und KEINEE RECHTSGRUNDLAGE FÜR DIE HEUTE BESTEHENDEN GRENZEN SCHAFFEN,

- daß sie die Lösung der deutschen Frage nicht präjudizieren (d.h. nicht vorweg nehmen) und

- daß der Deutschlandvertrag (vgl. 26.5.1952,d.Vf.) uneingeschränkte Gültigkeit besitzt; ein Vertrag, in dem der Anspruch der BRD auf die Annexion der DDR ausdrücklich formuliert ist.

Weiter versichern sich die bürgerlichen Parteien gegenseitig, daß die BRD fest im Atlantischen Bündnis steht d.h. keine der unterzeichnenden Parteien verzichtet selbstverständlich darauf, den weiteren Ausbau des militärischen Apparats der NATO aktiv voranzutreiben, um die Herrschaft des Monopolkapitals nach innen und außen abzusichern. Der Ausbau der Bundeswehr und die Stärkung der NATO durch die SPD/FDP-Regierung liefert dazu den täglichen Beweis.

Außerdem halten die Parteien fest, daß sie die Politik der europäischen Einigung unbeirrt fortsetzen werden d.h. alle Parteien sind sich darin einig, daß sie die politischen Voraussetzungen dafür schaffen wollen, daß der westdeutsche Imperialismus seine Großmachtpläne im Rahmen und mit Hilfe der EWG durchsetzen muß.

Die gemeinsame Entschließung ist kurz gefaßt das Programm des westdeutschen Imperialismus, über das sich all bürgerlichen Parteien einig sind.

DIE ANTWORT DER SU: IMMER WEITERE ZUGESTÄNDNISSE

Der sowjetische Botschafter Falin wurde von den beratenden Parteien bei der Formulierung der gemeinsamen Entschließung ständig hinzugezogen und hat die Annahme der Entschließung durch seine Regierung zugesagt. Inzwischen ist in Bonn bekannt, daß 'Moskau die Resolution des Bundestags noch in das Ratifizierungsverfahren einbringen wird, das im Obersten Sowjet eingeleitet worden ist.' (Badische Zeitung (BZ,d.Vf.) vom 13.5.1972)

Die UdSSR antwortet also auf die neue Taktik der Aufweichung und Unterwanderung mit immer neuen und weitergehenden Zugeständnissen. Nicht nur verrät sie die Interessen der DR, verzichtet auf die Forderung nach völkerrechtlicher Anerkennung der DDR, auf die Forderung nach einem Friedensvertrag, der die bestehenden Grenzen in Europa vertraglich sichert, sondern stellt zugleich vor den Völkern die sozialdemokratische Politik als neue Politik der Vernunft, als Politik der Friedenskräfte dar, die es mit allen Mitteln, auch denen der Zugeständnisse zu unterstützen gilt. Angeblich stehen der friedlichen Sozialdemokratie die revanchistischen Kräfte der CDU gegenüber, die derzeit die Hauptgefahr für die Erhaltung des Friedens und der Entspannung in Europa darstellen sollen. Indem die KPdSU die demokratischen Friedenskräfte im deutschen Volk mit der sozialdemokratischen Regierung gleichsetzt, hilft sie der SPD Regierung die imperialistische Politik der westdeutschen Kapitalistenklasse als Friedenspolitik zu tarnen.

In unserer Erklärung zur Landtagswahl (LTW in Baden-Württemberg, vgl. 12.4.1972, 23.4.1972,d.Vf.) haben wir zu begründen versucht, warum die Führung der UdSSR derartigen Verträgen zustimmt. Damals schrieben wir:

Zum anderen ist die Ausdehnung nach Osten derzeit mit friedlichen Mitteln möglich, weil die Herrschenden in der Sowjetunion an einer Zusammenarbeit mit dem Imperialismus und speziell dem BRD-Imperialismus brennend interessiert und deshalb bereit sind, große Zugeständnisse zu machen.

In der Sowjetunion selbst haben sich Partei und Staat zunehmend in Instrumente gegen die Interessen der sowjetischen Arbeiterklasse verwandelt. Seit die planmäßige Entwicklung der sowjetischen Volkswirtschaft unter Führung der werktätigen Massen abgebrochen ist, die Orientierung auf das Profitprinzip zunehmend die Anarchie der Warenproduktion wiederhergestellt hat, sind die herrschenden Kräfte in der SU gezwungen, bei den Imperialisten anzuklopfen, um Entwicklungsprojekte auf hoher technologischer Stufe überhaupt noch in Angriff nehmen zu können. Sie öffnen dem westdeutschen Imperialismus immer weiter die Tore zu den Völkern Osteuropas, übernehmen 'schlüsselfertige' Industriekomplexe, langfristige Kredite von westdeutschen Banken, ordnen die Bedürfnisse der sowjetischen Werktätigen der kapitalistischen Technik und ihren modernsten Ausbeutungsmethoden unter. Die SU-Revisionisten geben vor, daß sich 'Normalisierung' der Beziehungen die wirtschaftliche Überlegenheit des 'Sozialismus' in der SU zeigen werde. Doch in Wirklichkeit tragen diese Beziehungen zwischen herrschenden Kräften in der SU und dem BRD-Imperialismus lediglich dazu bei, die Rückentwicklung der Verhältnisse in der SU zu kapitalistischen Verhältnissen voranzutreiben. Die Wurzel dafür liegt in der Errichtung einer neuen Ausbeuterordnung in der SU selbst.

Der Wunsch der herrschenden Kräfte in der SU nach einer 'Normalisierung' mit dem BRD-Imperialismus hat neben der Stagnation in einigen Bereichen der Wirtschaft noch einen zweiten unmittelbaren Grund. Diese Kräfte sehen im sozialistischen China eine unmittelbare Bedrohung, hetzen deshalb pausenlos gegen den Aufbau des Sozialismus in China, massieren ihre Truppen an der sowjetisch-chinesischen Grenze, organisieren immer wieder Grenzverletzungen. Die 'Normalisierung' der Beziehungen zu den imperialistischen Ländern erlaubt den herrschenden Kräften in der SU sich voll auf ihre Aggressionsabsichten gegen die Volksrepublik China einzustellen.'

Die Rückentwicklung in der UdSSR zu kapitalistischen Produktionsverhältnissen ist also einer der wesentlichen Gründe dafür, daß sich die Ausdehnung des BRD-Imperialismus derzeit ohne offene Aggressionen vollziehen kann.

Mit Friedenspolitik hat das allerdings NICHTS zu tun."

Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg (vgl. 17.5.1972) berichtet auch:"
'KAMPF' UM DIE OSTVERTRÄGE - KAMPF UM DIE FUTTERKRIPPEN DES STAATES

Hinter den Nebelschwaden der Phrasen von Frieden, Freiheit, Selbstbestimmungsrecht der Völker usw. geht es nicht nur um die endgültige Gestalt der Ostverträge, sondern gleichzeitig wird mit allen Mitteln um die Macht und um den Platz an der Futterkrippe des Staates gekämpft. Der 'Kampf um die Ostverträge' enthüllt gleichzeitig die ganze Verkommenheit des bürgerlichen Parlamentarismus.

BARZELS GESCHEITERTER COUP

Mit dem Wahlsieg in Baden-Württemberg (LTW - vgl. 23.4.1972,d.Vf.) im Rücken, in dem die CDU mit ihrer sozialen Demagogie die Enttäuschung breiter Teile der Bevölkerung über die verlogenen Versprechungen der SPD/FDP-Regierung für sich nutzbar machen konnte, glaubten sich Barzel und die CDU/CSU stark genug, den hinter den Kulissen schon lange vorbereiteten Sturz der Brandt/Scheel-Regierung auch vor den Wählern rechtfertigen zu können. Wo schamlos von der Gewissensfreiheit jedes Abgeordneten, von der großen Verantwortung, die jeder einzelne Angeordnete zu tragen habe, die Rede war, ging es um Schmiergelder, Pöstchen und politischen Einfluß. Die SPD/FDP-Regierung setzte sich auf ihre Weise zur Wehr. So billigte sie u.a. dem FDP-Bundestagsabgeordneten Kienbaum, Industrieberater und Millionär, Einsichtnahme in den Haushaltsplan zu, verbunden mit der Aufforderung, ihm genehme Streichungen vorzunehmen. Währenddessen hielt man im Bundestag vor der Fernsehkamera staatsmännische Reden, um der Schmierenkomödie den feierlichen Anstrich zu geben. Barzels und der CDU/CSU Plan war klar. Sollte der Mißtrauensantrag gegen Brandt zugunsten Barzels ausfallen, so sollten nach einer Zeit der diplomatischen Ruhe und Beruhigung die Verhandlungen mit Moskau und Warschau neu aufgenommen werden. Der SU-Führung wollte man noch mehr Zugeständnisse abringen und die Ostverträge dann als das (Werk,d.Vf.) Barzels und nicht Brandts ausgeben. Barzels Coup mißlang. Im Kampf um jeden Mann behielten die Regierungsparteien knapp die Oberhand. Sie hatten offensichtlich ihre Verfügung über den Staatsapparat und die damit zu Gebote stehenden größeren Einfluß- und Bestechungsmöglichkeiten voll ausgeschöpft.

Nach allen Finten und Haken, die er schlagen mußte, guckte Barzel laut eigener Aussage am Ende nicht mehr durch. Aber nicht die 'Sache' stürzte ihn in solche Verwirrung, sondern die Anstrengung, trotz seines einst so forschen 'SO NICHT' vor den Wählermassen glaubwürdig zu bleiben und gleichzeitig die Brandt/Scheel-Regierung zu noch deutlicheren Formulierungen zu nötigen. Barzels Bitte um Aufschub der Debatte wurde ihm am letzten Mittwoch gewährt. Man billigte ihm bis heute Zeit zu, neue Winkelzüge zu beraten, die Ratifizierung in der CDU/CSU durchzusetzen und dennoch sein Gesicht und das Ansehen des bürgerlichen Parlamentarismus zu wahren.

Lassen wir uns von den Manövern der bürgerlichen Parteien nicht beirren. Gehen wir daran, unsere eigene Politik zu machen.

FÜR DEN WIEDERAUFBAU DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI!

Von der Ratifizierung berichten auch in:
- NRW der Arbeitskreis Blumen für Stukenbrock (vgl. 2.9.1972) und in Dortmund im IGM-Bereich bei Hoesch Westfalenhütte die KPD (vgl. 31.5.1972).
=Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.5,Bochum Juni 1972;
Klassenkampf Nr.21,Freiburg 17.5.1972,S.1ff;
Kommunistische Arbeiterpresse Hoesch Westfalenhütte Nr.13,Dortmund 31.5.1972,S.1f;
Roter Morgen Nr.10,Hamburg 23.5.1972,S.1f;
Duve,Freimut:Aufbrüche. Die Chronik der Republik 1961 bis 1986,Hamburg 1986;
Arbeitskreis Blumen für Stukenbrock:Aufruf zum Antikriegstag 1972,o.O. o.J. (1972),S.1


17.05.1972:  In Mannheim beteiligen sich, laut KPD/ML-ZB, rund 200 Personen an einer Demonstration gegen die Ostverträge, die diese Gruppe gemeinsam mit der KPD/ML-ZK durchführt.
=Rote Fahne Nr.11,Bochum 29.5.1972,S.1

18.05.1972:  Von KPD/ML-ZB und KJVD herausgegeben erscheint das Flugblatt "Nieder mit dem Kriegspakt Bonn-Moskau. Erklärung des Zentralbüros der KPD/ML zur Ratifizierung der Ostverträge". Danach sollen Hunderttausende in den letzten Wochen gezeigt haben, "daß sie keinen Ritt nach Osten wollen. Wir wollen weder kalten noch heißen Krieg für die Krupp und Thyssen, wir sind gegen Notstand, Aufrüstung und Revanchepolitik. Seit über einer Woche haben sich Brandt, Barzel, Strauß und Co. - die ganze Revanchistenbrut von den rechten CDU-Faschisten bis zum linken SPD-Flügel daher zusammengerauft, um dennoch gemeinsam gegen den eindeutigen Willen des Volkes ihr Programm der Wiedervereinigung, das in Wirklichkeit ein Programm der Eroberung der DDR, der Aufrüstung und Kriegsvorbereitung ist, durchzusetzen. Gestern nachmittag wurden im Bundestag mit 248 Stimmen Mehrheit die Verträge von Moskau und Warschau und die gemeinsame Entschließung von SPD, FDP und CDU/CSU mit 491 Stimmen verabschiedet. Die Unionsparteien enthielten sich der Stimme bei den Verträgen, um den Schein der Opposition gegen Brandts-Friedenspolitik zu wahren. In Wirklichkeit wisssen sie nur zu gut, daß der Kriegspakt mit Moskau völlig den Revancheforderungen Bonns und damit auch ihrer Politik entspricht. Deshalb halfen sie mit bei der Formulierung der gemeinsamen Entschließung zu den Verträgen. Deshalb die offene Zusammenarbeit von Brandt, Barzel und Strauß in den letzten Tagen ... Die Verträge schaffen keinerlei Rechtsgrundlage für die heute bestehenden Grenzen. Das wurde gestern im Bundestag beschlossen ... Mit anderen Worten: Die Bonner Regierung läßt sich durch die Verträge nicht von ihren Eroberungsplänen abhalten. Das wurde gestern im Bundestag beschlossen. Die SPD-Führer haben diese Verträge von Anfang an in enger Zusammenarbeit mit den Unionsspitzen mit den neuen Zaren im Kreml ausgehandelt und erpresst. Diese Verträge waren von Anfang an ein Pakt der Kriegstreiber ... Kollegen, wenn die Imperialisten unter sich die Welt aufteilen und um ihre Einflußssphären schachern, bringt es den Völkern nicht Frieden, sondern Krieg. Das Komplott zwischen Washington, Bonn und Moskau - um nichts anderes handelt es sich bei den Ostverträgen - soll den beiden Supermächten Frieden in Europa sichern, um den Krieg in Asien führen zu können. Der US-Bombenterror gegen die indochinesischen Völker und der gigantische Truppenaufmarsch von 44 sowjetischen Divisionen gegen das sozialistische Volkschina - das ist die Kehrseite des Kriegspaktes. Hände weg von China! Für den Sieg der indochinesischen Völker! und: Auflösung des aggressiven NATO- und des aggressiven Warschauer Paktes - das sind die Losungen, die wir dem Komplott der US und SU-Imperialisten mit den westdeutschen Revanchisten entgegensetzen müssen. Für die sofortige und bedingungslose völkerrechtliche Anerkennung der DDR und aller bestehenden Grenzen in Europa! Für eine freie entmilitarisierte Stadt Westberlin! Für die Annulierung des Münchener Abkommens von Anfang an! Diese Forderungen müssen wir den anmaßenden Revancheforderungen Bonns und seinen Friedensverträgen mit den Neuen Zaren entgegensetzen. Der Friede in Europa wird dauerhaft nur gesichert werden, wenn die Wurzeln des Krieges beseitigt: das raffgierige Monopolkapital mitsamt seinem Staatsapparat. Daher das Ziel der KPD/ML: Sturz der Kriegstreiber in Bonn. Nieder mit dem Revanchistenstaat! Für die Diktatur des Proletariats! Das ist unsere Losung".
=KPD/ML-ZB, KJVD:Nieder mit dem Kriegspakt Bonn-Moskau. Erklärung des Zentralbüros der KPD/ML zur Ratifizierung der Ostverträge,Bochum 18.5.1972

20.05.1972:  Die Nr.37 des 'KND' der KPD/ML-ZB und des KJVD (vgl. 17.5.1972, 27.5.1972) erscheint unter der Titelüberschrift "Nieder mit dem Kriegspakt Bonn - Moskau". Enthalten ist die "Erklärung des Zentralbüros der KPD/ML zur Ratifizierung der Ostverträge".

U.a. wird ausgeführt:"
Hunderttausende haben mit ihren Streiks und Kundgebungen in den letzten Wochen gezeigt:
Wir wollen keinen Ritt nach Osten, wir wollen weder kalten noch heißen Krieg für die Krupp und Thyssen, wir sind gegen Notstand, Aufrüstung und Revanchepolitik. Seit über einer Woche haben sich Brandt, Barzel, Strauß und Co. - die ganze Revanchistenbrut von den rechten CDU-Faschisten bis zum linken SPD-Flügel - daher zusammengerauft, um dennoch gemeinsam gegen den eindeutigen Willen des Volkes ihr Programm der Wiedervereinigung, das in Wirklichkeit ein Programm der Eroberung der DDR, der Aufrüstung und Kriegsvorbereitung ist, durchzusetzen. Gestern nachmittag wurden im Bundestag mit 248 Stimmen Mehrheit die Verträge von Moskau und Warschau und die gemeinsame Entschließung von SPD, FDP, CDU/CSU mit 491 Stimmen verabschiedet. Die Unionsparteien enthielten sich der Stimme bei den Verträgen, um den Schein der Opposition gegen Brandts Friedenspolitik zu wahren. In Wirklichkeit wissen sie nur zu gut, daß der Kriegspakt mit Moskau völlig den Revancheforderungen Bonns und damit auch ihrer Politik entspricht. Deshalb haben sie mit bei der Formulierung der gemeinsamen Entschließung zu den Verträgen. Deshalb stimmten sie für die Entschließung. Deshalb die offene Zusammenarbeit von Brandt, Barzel und Strauß in den letzten Tagen. Warum aber jetzt die Enthaltung? Weil den Vertriebenenführern, den gekauften Überläufern und einzelnen faschistischen Elementen die Revancheforderungen nicht offen genug sind. Daher demonstrierte man Opposition. Die Ostverträge wurden dadurch nicht verhindert - aber die eigenen Reihen zusammengekittet ... Die SPD-Führer haben diese Verträge von Anfang an in enger Zusammenarbeit mit den Unionsspitzen mit den neuen Zaren im Kreml ausgehandelt und erpresst. Diese Verträge waren von Anfang an ein Fakt der Kriegstreiber ... Kollegen, lassen wir uns nicht durch das feingewirkte Netz diplomatischer Manöver und die Demagogie der Bonner Politiker übers Ohr hauen. Die Bonner Parteien haben gestern erneut gezeigt, in wessen Dienst sie stehen. Sie haben für die Revanchepläne der Krupp und Thyssen und für den Kriegspakt mit den Moskauer Zaren gestimmt. Wenn die Imperialisten unter sich die Welt aufteilen und um ihre Einflußsphären schachern, bringt es den Völkern nicht Frieden, sondern Krieg. Das Komplott zwischen Washington, Bonn und Moskau - und um nichts anderes handelt es sich bei den Ostverträgen - soll den beiden Supermächten Frieden in Europa sichern, um den Krieg in Asien führen zu können. US-Bombenterror gegen die indochinesischen Völker und der gigantische Truppenaufmarsch von 44 sowjetischen Divisionen gegen das sozialistische Volkschina - das ist die Kehrseite des Kriegspaktes. Hände weg von China! Für den Sieg der indochinesischen Völker! und: Auflösung des aggressiven NATO- und des aggressiven Warschauer Paktes, das sind die Losungen, die wir dem Komplott der US- und SU-Imperialisten mit den westdeutschen Revanchisten entgegenstellen müssen. Für die sofortige und bedingungslose völkerrechtliche Anerkennung der DDR und aller bestehenden Grenzen in Europa! Für eine freie, entmilitarisierte Stadt Westberlin! Für die Annullierung des Münchener Abkommens von Anfang an! - diese Forderungen müssen wir den anmaßenden Revancheforderungen Bonns und seinen Friedensverträgen mit den Neuen Zaren entgegensetzen. Der Friede in Europa wird dauerhaft nur gesichert werden, wenn man die Wurzeln des Krieges beseitigt: das raffgierige Monopolkapital mit samt seinem Apparat. Daher ist das Ziel der KPD/ML: Sturz der Kriegstreiber in Bonn. Nieder mit dem Revanchistenstaat! Für die Diktatur des Proletariats! Das ist unsere Losung. Kollegen, jetzt kommt es darauf an, nicht in den Jubelrausch der Krupp und Thyssen und ihrer sozialdemokratischen Diener einzufallen. Jetzt gilt es, dem Theater der Bonner Parteien unmißverständlich den Widerstand der Arbeiterklasse entgegenzusetzen. Sozialismus und Frieden!"
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.37,Bochum 20.5.1972

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