Repression in München: Teil 1: Die späten 1960er Jahre

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 7.8.2013

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Einen separaten Beitrag gibt es zu den Osterunruhen 1968.

Wie auch in anderen Städten kommt es auch in München während der antiautoritären Revolte zu verschiedenen Aktionen, die zum Anlass von Gerichtsverfahren werden, namentlich in der Solidarität mit Griechenland (vgl. 31.1.1968, 17.6.1968) und bei den Protesten gegen das Attentat auf Rudi Dutschke (vgl. 10.4.1968).

Im Widerstand gegen die Notstandsgesetze (vgl. 20.5.1968, 29.5.1968, 30.5.1968) formiert sich mit den Arbeiter-Basis-Gruppen der außerparlamentarischen Opposition (ABG - vgl. 5.6.1968) diejenige Gruppe, die trotz zahlreicher Abspaltungen jahrelang die radikale Linke Münchens dominieren wird und deren Anführer wie Thomas Schmitz-Bender (vgl. 8.11.1968, 12.11.1968, 19.11.1968, 27.11.1968) und Helge Sommerrock (vgl. 28.3.1969) wiederholt von Prozessen betroffen waren.

Zu einer ersten Verhängung einer längeren Freiheitsstrafe, die auch bundesweite Aufmerksamkeit erregt (vgl. 27.5.1969, Juli 1969) kommt es dann wegen der Springeraktionen vom 10.4.1968 gegen Rolf Pohle, der später als RAF-Mitglied verurteilt werden wird.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

31.01.1968:
In München findet, laut 'apo press', eine Demonstration statt, wegen der Thomas Schmitz-Bender später einen Prozeß hat:"
Sein Vergehen bestand darin, am 31. Januar 1968 an einer Demonstration teilgenommen zu haben und mit einer Farbsprühdose die 114 (Widerstandsartikel der griechischen Verfassung) an die Wand des griechischen Generalkonsulats gesprüht zu haben" (vgl. 17.6.1968).
Quelle: apo press Nr. 25, 18.11.1968, S. 8

10.04.1968:
In München findet, laut 'Bochumer Studenten Zeitung', eine spontane Demonstration gegen den Mordanschlag auf Rudi Dutschke statt. In der Nacht wird, laut MSB Spartakus der DKP, versucht die Auslieferung der 'BILD-Zeitung' zu verhindern.
Q: Bochumer Studenten Zeitung Extra,Bochum 13.4.1968; MSB Spartakus:500 Jahre Klassenuniversität München - 500 Jahre Kampf gegen die Reaktion,München o.J.,S.78

20.05.1968:
In München findet, laut 'apo press' eine Demonstration gegen die Notstandsgesetze (NSG) zum Gewerkschaftshaus statt.
Q: apo press Nr. 7, München 25.2.1969, S. 10ff

29.05.1968:
In München findet, laut AB, wie in anderen Großstädten einen Tag vor der Verabschiedung der Notstandsgesetze eine große Demonstration statt. Auf einer Veranstaltung, die in München unter dem Motto "Was Tun?" steht, ruft der Sprecher des Kuratoriums Notstand der Demokratie zur Bildung von Basis-Gruppen auf (vgl. 5.6.1968).
Q: AB:10 Jahre Antwort auf die Frage 'Was Tun?'.10 Jahre Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD, München 1980, S. 10

30.05.1968:
Die KPD/ML-ZB berichtet von den Notstandsgesetzen (NSG):"
In München, wo am Tag der 3. Lesung mehrere Streiks stattfinden, werden von Gewerkschaftsfunktionären 1 200 Unterschriften gegen die NS-Gesetze gesammelt und an den Bundestag geschickt."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 55, Bochum 21.7.1971,S. 9

05.06.1968:
Laut AB findet heute in München die "Gründungsversammlung der Arbeiter-Basis-Gruppen" statt (vgl. 29.5.1968, 27.6.1968). Vom AB heißt es dazu:"
Am 5.Juni folgen diejenigen, die die Gründung der Basis-Gruppen nicht als Rückzugsgefecht verstanden wissen wollen, dem Aufruf einiger revolutionärer Studenten und einigen sich darauf, mit den Basis-Gruppen eine Organisation zum Kampf gegen den Kapitalismus zu schaffen. Das war die Geburtsstunde der Arbeiter-Basis-Gruppen."
Während wir bezüglich dem Datum dem AB Glauben schenken, bleiben doch bezüglich des Namens Vorbehalte, da er doch ein wenig zu identisch mit der Vorläufergruppe des AB, den ABG für den Wiederaufbau der KPD klingt. Die 'apo press' München z.B. berichtet ebenfalls von der Gründung, spricht aber nur von Basisgruppen, zumindest zeitweise wurde auch der Name ABG der APO verwandt.

Laut 'apo press' München konstituieren sich in München nach den Antinotstandsgesetzaktionen die Basisgruppen, "als die Notwendigkeit einer praxisnahen Arbeit bitter gefühlt wurde. Man wollte die spezifischen Probleme der Bevölkerung angehen, so daß sich verschiedene Untergruppen entwickelten."
Laut Igor Preiss standen die ABG unter der Führung von Helge Sommerrock und Thomas Schmitz-Bender.
Q: apo press Nr. 12, München 2.4.1969, S. 11; Preiss, Igor:Zur gegenwärtigen Situation des Arbeiterbundes für den Wiederaufbau der KPD (AB), in: Aufsätze zur Diskussion Nr. 5/6, Frankfurt 1980, S. 124;AB:10 Jahre Antwort auf die Frage 'Was Tun?'.10 Jahre Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD, München 1980, S. 10 und S.56

17.06.1968:
In München wird Thomas Schmitz-Bender, laut 'apo press', in erster Instanz wegen Landfriedensbruch, Aufruhr, Sachbeschädigung und Verletzung der Bannmeile des Bayerischen Landtages zu 8 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt (vgl. 31.1.1968, 8.11.1968).
Q: apo press Nr. 25, München 18.11.1968,S. 8

03.08.1968:
Laut 'apo press' München soll heute in München erstmalig das Münchener Sozialistische Straßentheater auftreten. Thema der Aufführung soll sein: Notstand und Mitbestimmung.
Q: apo press Nr. 9, München 28.7.1968,S. 17

08.11.1968:
Laut 'apo press' München findet in der Münchener Universität ein Teach-in "über politische Justiz und Vorbereitung des Schmitz-Bender-Prozesses statt" (vgl. 17.6.1968, 12.11.1968). U.a. beteiligen sich Rechtsanwalt Horst Mahler (Berlin), Fritz Teufel, Reinhard Wetter und Linda de Vos an der Diskussion. Weiter berichtet Rolf Pohle von der "Rechtshilfe der APO".
Q: apo press Nr. 23 und 24, München 4.11.1968 bzw. 11.11.1968, o.A. bzw. S. 18

12.11.1968:
Laut 'apo press' München findet vor der 13.Strafkammer des Landgerichtes München I "das Berufungsverfahren von dem Genossen Schmitz-Bender statt. Thomas war am 17. Juni 1968 in erster Instanz wegen Landfriedensbruch, Aufruhr, Sachbeschädigung und Verletzung der Bannmeile des Bayerischen Landtages zu 8 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden. Sein Vergehen bestand darin, am 31. Januar 1968 an einer Demonstration teilgenommen zu haben und mit einer Farbsprühdose die 114 (Widerstandsartikel der griechischen Verfassung) an die Wand des griechischen Generalkonsulats gesprüht zu haben". Der Prozeß wird am 19.11.1968 fortgesetzt (vgl. 8.11.1968).
Q: apo press Nr. 23 und 25, München 4.11.1968 bzw. 18.11.1968,S. 22 bzw. S. 8

19.11.1968:
Laut 'apo press' München wird heute in München der Prozeß gegen Thomas Schmitz-Bender (vgl. 12.11.1968, 27.11.1968) fortgesetzt.
Q: apo press Nr. 26, München 25.11.1968, S. 8

27.11.1968:
In München wird heute, laut 'apo press', der Prozeß gegen Thomas Schmitz-Bender fortgeführt (vgl. 19.11.1968). Er wird zu 8 Monaten Gefängnis mit Bewährung verurteilt.
Q: apo press Nr. 26 und 27, München 25.11.1968 bzw. 2.12.1968, S.8 bzw. S.3; SDS-Info Nr. 1, Frankfurt falsches Datum: 4.11.1968,S. 13ff

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04.12.1968:
Laut 'apo press' München wird in München der Student Michael Ewe. "zu einer Gefängnisstrafe von einem Monat mit Bewährung wegen Auflaufs verurteilt".
Q: apo press Nr. 28, München 9.12.1968, S. 6

08.01.1969:
Es erscheint das 'SDS-Info' Nr. 3 (vgl. 18.12.1968, 25.1.1969) Enthalten sind auch der Anfang des Beitrags: "München: revolutionäre Verbindung von Justiz- und Hochschulaktion", der auf das nächste 'Info' verschoben wurde sowie "Informationen zur politischen Justiz München".
Q: SDS-Info Nr. 3, Frankfurt 8.1.1969, S. 6 und 15

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28.03.1969:
Laut 'apo press' München beginnt in München ein Prozeß gegen Helge Sommerrock. Sie wird angeklagt, "als Veranstalter und Versammlungsleiter der 'Mieterkundgebung gegen den Weißen Kreis' und in ihrem Diskussionsbeitrag auf der Veranstaltung im Bavariakeller zu einer illegalen Demonstration zum 'Haus- und Grundbesitzerverein' aufgerufen zu haben". Vom Staatsanwalt wird beantragt, Helge Sommerrock als 'ideologische Rädelsführerin' zu einer Geldstrafe von 500 DM ersatzweise 25 Tage Haft zu verurteilen. "Der Prozeß, der der erste war der sich grundsätzlich von bisherigen Studentenprozessen unterschied, erstreckte sich über 2 Tage. Etwa 2/3 der Zuhörer waren Mieter, die dem Prozeßverlauf kritisch folgten. Die Beweiserhebung ergab, daß die Behauptung des Staatsanwalts keine Konfrontation mit der Realität vertrugen. Richter Schlund sprach Helge Sommerrock frei, weil
1.) Die Demonstration berechtigt gewesen sei (Sozialadäquanz). Die im Bavariakeller Versammelten hätten zwei Tage vor der parlamentarischen Behandlung des 'Weissen Kreises' keine andere Wahl, als die der Demonstration.
2.) In diesem Fall haben Studenten mit sozial schwachen Schichten der Bevölkerung zusammengearbeitet.
3.) Das Grundgesetz sehe keine 'ideologische Rädelsführerin' vielmehr aber die Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) vor".
Q: apo press Nr. 12, München 2.4.1969, S. 13

27.05.1969:
In München wird, laut 'apo press', Rolf Pohle, "ehem. AStA-Vorsitzender und Mitarbeiter in der APO-Rechtshilfe" zu 15 Monaten Gefängnis wegen Landfriedensbruch und Nötigung verurteilt "weil er an Ostern 1969 vor dem Springer-Verlag gegen dessen Pressemanipulation und Mordhetze demonstriert hat". Die Basisgruppe Jura ruft dazu auf, sich mit Rolf Pohle zu solidarisieren.
Q: apo press Nr. 19, München 28.5.1969

Juli 1969:
Vermutlich Anfang Juli erscheint das 'SDS-Info' Nr. 17 (vgl. 13.6.1969, Juli 1969). Aus München wird dokumentiert das Pohle-Urteil.
Q: SDS-Info Nr. 17, Frankfurt o. J. (1969), S. 54ff

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