Arbeitersache - Zeitung der sozialistischen Betriebsgruppe Regensburg, Jg. 4, Nr. 29, Feb. 1973

26.02.1973:
Die SBG Regensburg gibt vermutlich Anfang dieser Woche die Nr. 29 ihrer 'Arbeitersache' (vgl. 22.1.1973, 12.3.1973) mit sechs Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Klaus Grenzheuser, Goldene Bärenstraße 5 und folgendem Leitartikel zu den VLK-Wahlen (VLW) der IGM bzw. der MTR/STR heraus:"
VERTRAUENSLEUTEWAHLEN: AUFGEWACHT!

Kollegen, wieder hat es sich in der Tarifrunde gezeigt, wie konsequent und kämpferisch Vertrauensleute unsere Interessen vertreten können. Zum Beispiel der Vertrauensleutekörper in Wolfsburg (bei VW, d.Vf.), der in diesem Jahr die fortschrittlichste Forderung aufstellte und der Vertrauenskörper von Hoesch in Nordrhein-Westfalen. Sie waren es, die sich nicht mit dem Abschluß der IG Metall-Spitze abspeisen ließen. Bei Hoesch in Dortmund kam es dann soweit, daß die Kapitalisten acht fortschrittliche Vertrauensleute entlassen wollten, aber die Kapitalisten hatten sich verrechnet! Denn alle Arbeiter standen hinter diesen acht und das Kapital mußte die acht Kollegen wieder einstellen (vgl. 8.2.1973, 22.2.1973, d.Vf.).

DAS IST SOLIDARITÄT!

Das ist die Solidarität, die kein Kapitalist brechen kann!

Den Hoesch-Vertrauensleuten haben es die Kollegen in Dortmund zu verdanken, daß sie jetzt 5 Pfennig mehr rausholten, als abgeschlossen war. Auch deswegen brauchen wir einen guten, aktiven Vertrauenskörper, der immer unsere Interessen vertritt und keine Mauscheleien zuläßt, sondern klar auf unserer Seite steht und nein zur Lohnleitlinien-Politik der SPD sagt, der nein sagt zur Konzertierten Aktion, der nein sagt zu 8, 5%.

Unsere Losung kann nur heißen: Das nächste Jahr mit guten Vertrauensleuten in die Tarifrunde, damit unser Lohn wieder steigt.

Auf IGM-Zimmermann dürfen wir uns bei den jetzt anstehenden Vertrauensleute-Wahlen nicht verlassen!

Bei HÄNDLER 'wollte' IGM-Zimmermann schon zweimal den längst notwendigen Vertrauenskörper aufbauen - geschickt wurde dieser Plan wieder in Grabesgruft versenkt. Aber was angefangen wurde, das kann auch durchgeführt werden, wenn wir uns nur gehörig dahinterklemmen. Es liegt jetzt eben vor allem an uns, daß ein Vertrauenskörper bei Händler aufgebaut wird.

LASSEN WIR UNS NICHT BETRÜGEN!

Auch bei der MR (MF Reinhausen, d.Vf.) dürfen wir uns von der Gewerkschaftsspitze nichts erwarten, sondern müssen fordern, daß in jeder Abteilung Vertrauensleute gewählt werden. Um die Vertrauensleutewahl dürfen sich auch die Betriebsräte nicht herumdrücken. Das Argument, es scheiden so viele aus, die nicht ersetzt werden können, zieht nicht. Es gibt gute Kollegen, die sich zum Vertrauensmann eignen auch bei uns, nur müssen wir sie auffordern und ihnen den Rücken stärken! Klar, daß wir solche wie Eibl auch im Vertrauenskörper nicht brauchen. Bei MR muß sofort eine betriebliche Mitgliederversammlung (zwischen diesem im Original getrennten Wort steht folgende letrasettete Parole: 'IGM-MITGLIEDERVERSAMMLUNG FÜR MR!', d.Vf.) her. Dort wird der Wahlausschuß für die Vertrauensleutewahlen bestimmt. Sonst besteht die Gefahr, daß nur der Vertrauenskörper-Vorstand oder überhaupt nicht neu gewählt wird.

Die Kandidaten für die Vertrauensleute werden selbstverständlich von den Abteilungen aus aufgestellt, auch wird in den Abteilungen gewählt.

JETZT DARÜBER DISKUTIEREN!

Bei HÄNDLER gilts, die Grabesstille zu durchbrechen, und die Vertrauensleute-Wahlen ins Gespräch zu bringen. Aber das allein reicht nicht. Holt euch die Betriebsräte, die in der IG Metall sind. Fordern wir eine betriebliche Mitgliederversammlung! Die Ausrede, es wären ja zweimal zuwenig Kollegen gekommen, zieht nicht! Die IG Metall hat für uns die gewerkschaftlichen Richtlinien zu verteilen, wo sich jeder Kollege davon überzeugen kann, wie notwendig Vertrauensleute sind. Unsere Betriebsräte müssen es jetzt halt auf sich nehmen, und die Kollegen einzeln über Vertrauensleute-Wahlen aufzuklären. Jeder gewerkschaftliche Kollege sollte da mittun, und für seine Abteilung sich nach den geeigneten Kollegen für den Vertrauenskörper umsehen.

Kollegen, Karrieristen brauchen nicht dabei zu sein, die müssen wir schon vorher aussondern. Denn sonst können wir gleich den Moser mit dem Aufbau des Vertrauenskörpers beauftragen! Was meint Ihr, auf welche Weise die Klos besser werden, wie die Sauereien von Moser einzudämmen sind?????

Ohne Vertrauensleute gehts nicht!
Im März (vgl. März 1973, d.Vf.) sind Vertrauensleute-Wahlen!"

Zum Lohnsteuerjahresausgleich wird der bei Siemens in Regensburg und Prüfening verbreitete Artikel (IGM-Bereich - vgl. 23.2.1973), mit Auslassung des Satzes über Siemens und des Wortes "freigestellten" vor Betriebsräte, nachgedruckt.

Berichtet wird von den Fahrpreiserhöhungen in Regensburg (vgl. 21.2.1973, 22.2.1973), dem Münchener Prozeß von Franz Josef Strauß (CSU) gegen Helge Sommerrock (ABG - vgl. März 1973), den Steuererhöhungen der Bundesregierung (vgl. 18.2.1973), eingegangen auf den 75.Geburtstag von Bertolt Brecht (vgl. 10.2.1898) und auf die Währungskrise speziell der USA (vgl. 12.2.1973, 24.2.1973), wozu genaueres in der nächsten 'KAZ' (vgl. März 1973) stehe.

Aufgerufen wird zur nächsten Sitzung der IGM-JG (vgl. 28.2.1973), zum Prozeß gegen Himmelmeyer bei Siemens (vgl. 28.2.1973), zum 1. Mai des DGB (vgl. 26.2.1973) und zur Anti-Strauß-Aktion in Vilshofen (vgl. 7.3.1973).

Berichtet wird von Händler über den:"
STATTHALTER DES ZAREN

Moser suchte mal wieder einen aus der Krankheitsliste aus, ließ den Kollegen zu sich rufen, scheißte ihn zusammen und drohte mit Kündigung wegen zu langer Krankheit.

Damit wir den feinen Stückchen, die sich Moser leistet, besser Einhalt gebieten können, schicken am besten in Zukunft einen von uns mit, wenn er einen Kollegen verhören und rauswerfen will!

Bei den drei Angestellten damals (vgl. S5.**.197*, d.Vf.), die zusammen zu Moser gingen und mehr Gehalt forderten, konnte er es sich zumindest nicht leisten, sie fertigzumachen. Einigkeit nützt und schützt uns.

Außerdem, Kollegen, ist es ein Verbrechen, krank zu sein? Die von uns, die schon mehr Arbeitsjahre auf dem Buckel haben, wissen am besten, was uns Arbeiter krankmacht.

Es ist die gesteigerte Arbeitshetze, die verlängerte Arbeitszeit durch Überstunden, die unser Leben und unsere Gesundheit ruinieren. Schon lange vor dem festgesetzten Rentenalter sind viele von uns pensionsreif.

Die schlimmsten Auswirkungen der kapitalistischen Wirtschaft sind die erschreckend vielen Arbeitsunfälle, die laufend zunehmen. Hier der jetzige Stand (Woche vom 22.2.)". Es folgt ein Zeitungsartikel zu diesem Thema (vgl. 22.2.1973) sowie die Parole:"
WEHREN WIR GEMEINSAM DIE SCHLIMMSTEN ÜBERGRIFFE AB!"

Von der MR wird berichtet:"
BLIND VOR PROFITGIER

Es wurden schon öfters Werkstücke von den Scheubecks bei der Firma Ferro-Stahl reklamiert, und teilweise zurückgenommen. Laut MR-Kapitalisten waren die Stücke nicht nach vorgegebenem Plan gefertigt.

Diesmal kam jemand von Ferro-Stahl selber zur MR, um einiges klarzustellen. Er ließ zuerst den zuständigen Meister reden, der darauf bestand, daß die Werkstücke ungenau seien und nicht in die Vorrichtung paßten.

Dann zog der von Ferro-Stahl die Schablone aus der Tasche, nach der der Auftrag gefertigt worden war. Die Schablone stimmt haargenau auf das Werkstück!

Was falsch war, waren die Angaben für die Schablone, die Scheubecks hatten sich mal wieder vertan. So sieht das in der Profitwirtschaft unvermeidliche Chaos aus.

Die Reklamation an Ferro-Stahl mußte selbstverständlich zurückgenommen werden.

Der entstandene Verlust wird 'sozialisiert', d.h. wir werden noch mehr bei der Arbeit gehetzt, um den Ausschuß reinzuarbeiten.

Immer sollen wir es sein, die die Suppe auslöffeln sollen, die uns die Scheubecks in ihrer Profitgier eingebrockt haben."

Von der MR wird auch berichtet:"
KEINE PRESSLUFTHÄMMER

Im Verwaltungsgebäude bei der MR wird schon lange umgebaut, und unter anderem der Vertrieb vergrößert. Eben sind die Büros fertig geworden. Eine Treppe zum Büro und Fotolabor ist noch in Bau. Die bisherige Hühnersteige, auf der gerade ein Mann Platz hatte, war auch untragbar geworden.

Viele Kollegen dachten schon, jetzt kommt der ohrenbetäubende Lärm von den Preßlufthämmern auf uns zu. Manche fluchten ganz schön. Durch diesen Protest der Kollegen konnte es sich Egon Scheubeck und Co. nicht leisten, den Treppenumbau mit Preßlufthämmern ganz während unserer Arbeitszeit zu machen. Die Arbeit wurde nach Dienstschluß gemacht. Kollegen, schauen wir, daß auch bei den weiteren Umbauten keine Preßlufthämmer uns auf den Ohren liegen!"

Zur MR heißt es auch zum BSE-Bereich:"
GUT GEMACHT!

Den ganzen Winter über sind schon die Maurer und Handwerker im Betrieb. Scheubeck plante mal wieder so großzügig, daß vor einiger Zeit die Maurer ohne Arbeit dastanden. Scheubeck hatte sie aber für länger wegen der Umbauten engagiert, und so mußte dringend Arbeit für sie beschafft werden. Denn Scheubeck zahlt nicht umsonst. Die Maurerkollegen nutzten diese miese Lage der MR-Kapitalisten sehr gut aus, und erzwangen von der Geschäftsleitung eine längst fällige Verbesserung:

Der Fliesenbelag im Gang zur Mechanik wurde endlich erneuert. Auf den neuen Fliesen bleibt der Schmutz nicht so hängen, und der Gang ist leichter zu reinigen.

Was die Kollegen von auswärts fertigbrachten, das bringen wir vom Betrieb gemeinsam erst recht zustande. Jede kleinste Schwäche der Scheubecks ist für uns auszunützen!!

Die Vertrauensleute-Wahl steht an.

Machen wir die Kollegen zu unseren Vertrauensleuten, die sich für die kleinste Forderung für uns stark machen!"

Ebenfalls zur MR heißt es:"
UNFALLGEFAHR!

Vor dem Loch am Aufzug, das durch die Bauarbeiten entstanden ist, wurde zwar jetzt eine Art Warnschranke angebracht, aber reinfallen kann man immer noch. Wenn die Scheubecks schon erweitern, um ihren Profit noch profitabler anzulegen, dann nicht auf unsere Kosten! Das Loch muß schleunigst weg!"

Unserem Exemplar beigeheftet ist ein Aufrufflugblatt des Vietnamkomitees für Frieden und Befreiungskampf (VKfFuB - vgl. 2.3.1973) zum Friedensabkommen (vgl. 27.1.1973).
Q: Arbeitersache Nr. 29, Regensburg Feb. 1973; VKfFuB Regensburg: Vietnamkomitee für Frieden und Befreiungskampf. Mit der Unterzeichnung des …, Regensburg o.J. (1973)

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