Würzburg: Stürtz AG und IG Druck und Papier

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder (†), ergänzt durchs MAO-Projekt, 11.2.2023


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Es können hier nur wenige Dokumente und Hinweise zur Stürtz AG und der IG Druck und Papier Würzburg vorgestellt werden. Wir bitten um Ergänzungen.

Aktiv im Betrieb war die KPD/ML-ZK, die dort Flugblätter (vgl. 1.2.1971, 25.10.1971, 29.10.1971) verteilte und eine Rote Betriebsgruppe aufbaute sowie ihre Betriebszeitung 'Die Walze' (vgl. Apr. 1972, Mai 1972, 6.11.1972, April 1973) herausgab, was zu Ausschlüssen aus der IG Druck und Papier führte sowie zur hartnäckigen Verfolgung durch Gewerkschaftsfunktionäre (vgl. 21.4.1973).

Andere Gruppen berichteten nur selten von DruPa und DJU Würzburg bzw. von Stürtz (vgl. Dez. 1971, 21.8.1977, 19.9.1977).

Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)

01.02.1971:
Die OG Würzburg der KPD/ML-ZK gibt vermutlich in dieser Woche das folgende Flugblatt mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Josef Hirsch, München, Georgenstr.58 und einer Postlagerkarte als Würzburger Kontaktadresse zur DTR der DruPa heraus, das vermutlich u.a. bei Stürtz verteilt wird:"
JETZT NICHT NACHGEBEN!

Die Tarifverträge im graphischen Gewerbe sind zum 31.Dezember 1970 gekündigt worden.

DIE IG DRUCK UND PAPIER HAT GEFORDERT:

- 10% Vorweganhebung der bisherigen Tariflöhne
- und 12%ige Erhöhung des Tariflohns

für die Lehrlinge:

im ersten Lehrjahr 25% des Wochenecklohns
im zweiten Lehrjahr 50% des Wochenecklohns
im dritten Lehrjahr 75% des Wochenecklohns

Mit diesen Forderungen ging es in die Verhandlungen. Die Unternehmer bezogen Stellung: 'Die 10%ige Vorweganhebung muß weg. Sonst wird erst gar nicht verhandelt. Für die Lehrlinge höchstens 35%.'

Die Kapitalisten warfen der IG Druck und Papier vor, mit ihren Forderungen gefährden sie die Arbeitsplätze in der Druckindustrie.

DAS IST EIN ALTER HUT

Dieses Lügenmärchen erzählen uns die Unternehmer, seit wir um Verbesserung unserer wirtschaftlichen Lage kämpfen.

Geht es mit der Konjunktur bergaufwärts, dauert es seine Zeit, bis wir höhere Löhne und Gehälter erkämpft haben. Wir haben von der Hochkonjunktur noch kaum etwas für die Lohntüte abbekommen, geht es schon wieder bergab. Die nächste Krise kommt - und damit immer eine Gefährdung der Arbeitsplätze. Denn ein Kapitalist braucht einen Arbeiter nur dazu, um Profit aus ihm herauszuholen. Die Krisen sind eine Frage unseres kapitalistischen Systems.

IM KAPITALISMUS GIBT ES IMMER KRISEN, EGAL OB WIR EINIGE MARK MEHR ODER WENIGER ERKÄMPFEN!

Auch die Druckerei-Arbeiter kriegen die Krise zu spüren. Es ist klar, daß die Kapitalisten scharf darauf sind, die Auswirkungen der kommenden Krise bis auf den letzten Pfennig auf uns Arbeiter abzuwälzen:

Deshalb gilt es jetzt:

KEIN PROZENT WENIGER

Die Kapitalisten fordern frech: Weg mit den 10% Vorweganhebung! Wie reagieren die Herren der IG Druck und Papier?

BIS JETZT SIEHT ES NOCH GANZ PASSABEL AUS:

- Die Tarifverhandlungen sind wegen dieser Unternehmerforderung von der IG Druck und Papier für gescheitert erklärt worden (vgl. S2.*.1971,d.Vf.). Jetzt beginnt die Sache mit den Schlichtungskommissionen.

- Am vergangenen Samstag (vgl. 29.1.1971,d.Vf.) kam die Zentrale Schlichtungskommission mit ihrem ganz unverschämten Vorschlag: Die Löhne sollen linear um lediglich 8,5% angehoben werden (ja, bloß um 8,5%, das ist kein Druckfehler). Die Tarifkommission der Gewerkschaft hat abgelehnt.

ABER WIR SIND ERST AM ANFANG!

WAS NICHT IST, KANN NOCH WERDEN!

Noch hat die Gewerkschaftsführung den Kapitalisten nicht nachgegeben. Aber wie sah die Praxis ihrer 'Kollegen' von der IG Metall bei den Metall-Verhandlungen (MTR der IGM, d.Vf.) im Herbst 1970 aus?

ERST: mit entsprechenden Forderungen sich bei den Arbeitern anbiedern, erst groß auf die Pauke hauen,

DANN: klein beigeben.

UNSERE FORDERUNGEN:

DIE VORWEGANHEBUNG VON 10% BLEIBT!

DADRAUF KOMMEN 12% ERHÖHUNG UND KEIN PROZENT WENIGER!

DIE FORDERUNG FÜR DIE LEHRLINGSVERGÜTUNG WIRD NICHT GEKÜRZT!

Alles andere ist Verrat!

Notfalls wird gestreikt!

KOLLEGEN UND KOLLEGINNEN!

Schreibt uns, wie Ihr die Sache seht! Jede einzelne Meinung interessiert uns!

KLASSENBEWUSSTE ARBEITER, ORGANISIERT EUCH IN DER BETRIEBSGRUPPE DER KPD/ML

Lest 'ROTER MORGEN' (RM,d.Vf.) - Zentralorgan der Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten KPD/ML"
Quelle: KPD/ML-ZK-OG Würzburg: Jetzt nicht nachgeben!, Würzburg o. J. (1971)

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August 1971:
Die Nr. 8 des 'Roten Morgens' (vgl. Juli 1971, 13.9.1971) der KPD/ML-ZK erscheint. Spenden gingen u.a. ein von der Ortsgruppe Würzburg und den Würzburger Roten Betriebsgruppen (RBG) bei Noell-Salzgitter und Stürtz.
Q: Roter Morgen Nr. 8, Hamburg Aug. 1971

25.10.1971:
Die KPD/ML-ZK (vgl. 23.5.1972) gibt vermutlich Anfang dieser Woche bei Stürtz Würzburg ein Flugblatt "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" heraus (vgl. 29.10.1971).
Q: Roter Morgen Nr. 10, Hamburg 23.5.1972, S. 3

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29.10.1971:
Die Geschäftsleitung von Stürzt Würzburg gibt, laut KPD/ML-ZK (vgl. 23.5.1972), in ihren 'Stürtz-Informationen' eine Gegendarstellung zu dem Flugblatt "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" der KPD/ML-ZK (vgl. 29510.1971) heraus.

Damit befaßt sich die KPD/ML-ZK bei Stürtz auch später (vgl. Apr. 1972).
Q: Roter Morgen Nr. 10, Hamburg 23.5.1972, S. 3

Dezember 1971:
Die Nr. 18 der südbayrischen 'Kommunistischen Arbeiter Zeitung' (vgl. 22.11.1971, Jan. 1972) berichtet u.a. über die Entlassung des DJU-Landesvorsitzenden Bayern beim Mainecho Würzburg.
Q: Kommunistische Arbeiter Zeitung Nr. 18, München Dez. 1971, S. 4

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April 1972:
In Würzburg gibt die KPD/ML-ZK erstmals beim Druckbetrieb Stürtz ihre Betriebszeitung 'Die Walze' (vgl. 6.11.1972) heraus. Darin heißt es u.a.:"
Wir lassen uns nicht spalten!

Vor einiger Zeit verteilte die Rote Betriebsgruppe (RBG, d.Vf.) Stürtz ein Flugblatt ('Gleicher Lohn für gleiche Arbeit'), in dem die Lohnpolitik als Mittel zur Spaltung der Stürtz-Arbeiter entlarvt wurde. Die Geschäftsleitung reagierte darauf schnell mit eine geradezu lächerlichen Gegendarstellung (Stürtz-Informationen 29.10.1971). Die Tatsachen, die wir gezeigt hatten, versuchte sie als Lügen abzustempeln. Im Vertrauen darauf, daß die allerwenigsten Arbeiter wissen, was in ihrer Nachbarabteilung vorgeht, was ihr Nachbarn an der Maschine verdient, behaupteten sie, es gäbe keine Lohndifferenzen bis zu 5 DM. Wenn man die Löhne vergleicht, weiß man, daß das schlichtweg gelogen ist.

Es ist schon recht seltsam, daß kürzlich mehrere Facharbeiter Lohnerhöhungen bekamen, ohne mehr GELD gefordert zu haben. Sind die Stürtz-Kapitalisten plötzlich zu Wohltätern geworden, oder steckt etwas anderes dahinter? Sicher, denn mit der Lohnerhöhung bekamen die Kollegen noch einen Vortrag gehalten: 'Ich erwarte von Ihnen, daß Sie sich in Zukunft entsprechend einsetzen. Sie müssen eben dafür sorgen, daß sich die Hilfsarbeiter ranhalten.'

Solche und ähnliche Worte, etwas ausführlicher und eindringlicher, bekommt man dann bei einer Lohnerhöhung zu hören. Zu gut Deutsch heißt das: 'Treten Sie Ihren Leuten kräftiger in den Arsch, damit sie mehr leisten!'

Und hier wird ganz klar, was hinter den Lohnerhöhungen steckt: Der Feind der Hilfsarbeiter sollen unsere Facharbeiter-Kollegen sein - der Feind der Facharbeiter sollen unsere Hilfsarbeiter-Kollegen sein. Die Arbeiter sollen sich gegenseitig bekämpfen und dabei ihren gemeinsamen Feind, die Kapitalisten, aus den Augen verlieren.

Und was war nun damals so Schlimmes an unserem Flugblatt? Diese Spaltungspolitik der Geschäftsleitung wurde entlarvt, die ängstlich gehütete Abkapselung der Abteilungen wurde von uns durchbrochen und von den Lohndifferenzen in den verschiedenen Abteilungen berichtet.

Das Schlimmste für die Stürtz-Kapitalisten aber war die Reaktion der Kollegen: Sie tauschten ihre Monatsabrechnungen untereinander aus und diskutierten über den Inhalt des Flugblatts. Ein Kollege sagte z.B.: 'Die Bonzen wissen, daß Arbeiter, die zusammen halten, immer gefährlicher sind. Deshalb versuchen sie, durch diese Methoden Streit unter die Kollegen zu bringen. Sie drillen die Facharbeiter schon, daß sie bei ihrer nächsten Forderung nach Lohnerhöhung nicht fragen, warum die Hilfsarbeiter so wenig bekommen, und sich nicht trauen, gemeinsame Forderungen mit uns zu stellen.'

Diese Reaktion war für die Stürtz-Kapitalisten deshalb das Schlimmste, weil sie nichts mehr fürchten als den gemeinsamen Kampf der Arbeiterklasse. Denn der einheitliche Kampf der Arbeiterklasse rüttelt an den Grundfesten ihrer Herrschaft! Und solche Diskussionen, in denen die Kollegen die Spaltungsmanöver der Stürtz-Kapitalisten entlarven, werden verhindern, daß sich die Kollegen noch länger für ein paar Pfennig mehr gegen andere aufhetzen lassen.

GEGEN DIE SPALTUNGSMANÖVER DER KAPITALISTEN DIE KÄMPFERISCHE EINHEIT DER ARBEITERKLASSE!"
Q: Roter Morgen Nr. 10, 20 und Sdr.Nr., Hamburg 23.5.1972, 9 .10.1972 bzw. 11.4.1973, S. 3, S. * bzw. S. *

Mai 1972:
Die KPD/ML gibt für Stürtz die Nr. 2 der Betriebszeitung "Die Walze" heraus.
Inhalt:
- Rauch hat ausgespielt!
- Kommunistenprozess
- Rote Garde: Für eine kämpferische Jugendvertretung!
- Die Haupttendenz in der Welt ist Revolution, auch in Westdeutschland
- Kämpft mit der KPD/ML
- Hoch die internationale Solidarität: 1. Mai
- 10 Familien, 1 Wasserhahn! Bericht aus der Zellerau
- Stürtz-Arbeiter, Weiter so! Zur Betriebsversammlung
- Roter Morgen: Was will die KPD/ML?

Berichtet wird u. a. über die Betriebsratswahlen, über den Kommunistenprozess in München. Die Rote Garde tritt "Für eine kämpferische Jugendvertretung!" ein. Geworben wird für die Broschüre über den Kommunistenprozess mit Dokumenten zum "Fall Hugo Lanz". Aufgerufen wird zum 1. Mai, zu einer Veranstaltung in München am 24.5. zu den Ostverträgen.
Quelle: KPD/ML: Die Walze. Stürtz-Betriebszeitung, Nr. 2, Würzburg, Mai 1972.

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06.11.1972:
Bei Stürtz Würzburg gibt die KPD/ML-ZK ihre Betriebszeitung 'Die Walze' Nr. 5 (vgl. Apr. 1972) heraus mit dem Leitartikel "Putzfrauen entlassen", was 12 Frauen traf. Angekündigt wird eine Versammlung der Roten Betriebsgruppe dazu.

Weitere Artikel sind:
- "'bitte, bitte…'" zu einem Betriebsrat;
- "109 Jahre Demokratischer Sozialismus?" zur SPD bzw. zu en Bundestagswahlen (BTW);
- "Kampf den Ausschlüssen!" (UVB) aus der DruPa-Jugend gegen 3 Kollegen, die der KPD/ML-Nähe verdächtigt wurden. Propagiert wird die RGO;
- "Bonzenterror gegen Kollegen wächst" zur Mitgliederversammlung der IG DruPa, die über die Ausschlüsse abstimmen soll;
- "Zur Betriebsversammlung: Das sind unsere Forderungen";
- "Ausschluß + Rausschmiß - Drupa + Stürtz Hand in Hand" zur Entlassung eines der beiden Stürtz-Kollegen, die aus der DruPa ausgeschlossen werden sollen;
- "13. Monatsgehalt für alle!";
- "Zu Eurer Kritik" am Artikel zum Tod des Kollegen Sandmann; sowie
- ein Bericht zur Beerdigung des Kollegen Popp, für die die "Volle Bezahlung der Ausfallzeit!" gefordert wird.
Q: Die Walze Nr. 5, Würzburg 6.11.1972

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April 1973:
Bei Stürtz Würzburg gibt die KPD/ML die Nr. 8 der Betriebszeitung "Die Walze" heraus.
Q: Roter Morgen Nr. 17, Dortmund, 27.4.1974, S. 7.

21.04.1973:
Die KPD/ML-ZK gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 15 (vgl. 14.4.1973, 28.4.1973) heraus und berichtet u.a. aus Würzburg über KoeBau (IGM-Bereich), den DruPa-OV und die eigene Betriebszeitung bei Stürtz im DruPa-Bereich. Es gingen ein Solidaritätsspenden von Stürtz Würzburg.
Q: Roter Morgen Nr. 15, Dortmund 21.4.1973; S. 3

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25.08.1973:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 33 (vgl. 18.8.1973, 1.9.1973) heraus, in dem sie u.a. berichtet aus dem DruPa-OV Würzburg:"
'Basisarbeit'

Einige der Kollegen erregten sich auf der Jahreshauptversammlung der IG Druck und Papier darüber, dass die Kassierer 5 Prozent aller eingezahlten Beiträge bekommen. In Würzburg gab das 1972 etwa 9 000 Mark.
Bezirksvorsitzender Stiassny fand das Geld gut angelegt, weil ermeinte, die Kassierer seien oft der einzige Kontakt der Mitglieder zur Gewerkschaft.
Der einzige Kontakt ist der Griff in die Tasche! Das ist die Bankrotterklärung der Bonzenpolitik."
Q: Roter Morgen Nr. 33, Dortmund 25.8.1973, S. 3

21.08.1977:
Der Bezirk Unterfranken des KBW gibt eine Bezirksbeilage zur 'KVZ' Nr. 34 (vgl. 14.8.1977, 28.8.1977) heraus. Berichtet wird aus Würzburg von der 'Main-Post' über einen dort in der Buchbinderei arbeitenden Studenten, denn: "BAFöG zwingt zu zusätzlicher Arbeit".
Q: Kommunistische Volkszeitung Bezirksbeilage Unterfranken Nr. 34, Würzburg 21.8.1977, S. 2

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19.09.1977:
Der Bezirk Unterfranken des KBW gibt eine Bezirksbeilage zur 'KVZ' Nr. 38 (vgl. 4.9.1977, 25.9.1977) heraus. Berichtet wird aus Würzburg über in den Ferien bei Stürtz arbeitende Schüler und Studenten.
Q: Kommunistische Volkszeitung Bezirksbeilage Unterfranken Nr. 38, Würzburg 19.9.1977, S. 1

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Letzte Änderung: 11.02.2023