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Vorwort und Inhaltsverzeichnis zu allen Teilen
Die „Dokumentation zur Kiez-Demo / Reichenbergerstraße 63A-Besetzung“ stammt von „Leuten, die sich als Gruppe aus dem Kiezpalaver zusammengefunden haben“ (Vorwort). Sie erschien vermutlich im Januar oder Februar 1988. Mit der Kiez-Demo wollten die Verfasser ein Zeichen gegen „Kahlschlagsanierung, Rausmodernisierung, profitables Spekulantengeschäft, Umstrukturierung, soziale Gesundung des Stadtteils, drastische Mieterhöhungen, Zwangsräumungen, Obdachlosigkeit“ setzen. Zudem geht es in der Broschüre um die Besetzung der „Reichenbergerstraße 63 A.“
14.11.1987:
In der „Dokumentation zur Kiez-Demo“ wird ein „Aufruf zur Kiez-Demo am 14. November um 14 Uhr, Heinrichplatz“ veröffentlicht. Danach soll an diesem Tag eine „Kiez-Demo“ stattfinden. Dem Senat soll gezeigt werden, dass man „die Rechnung ohne uns gemacht“ hat. Zudem will man „unseren Widerstand praktisch zum Ausdruck bringen“. Die Perspektive sei, „im Kiez so leben zu können, wie WIR es wollen“. Veranstalter der Demo sind die „Kreuzberger Kiezinitiativen“.
Zur Demo am 14.11. rufen auf:
- Mieterrat Walde e.V.
- Kinderbauern e. V.
- Kosmos e. V.
- Heilehaus e. V.
- Bauchladen e. V.
- Kinderbauernhof Görlitzer Bahnhof e. V.
- Blockrat 89
- AStA TU
- Blockrat Walde
- Mietergruppe Mariannenplatz Nord e. V.
- VoBo Initiative 61
- Bewohner Block 104
- Bürgerinitiative SO 36
- Kerngehäuse Cuvrystraße e. V.
- Bezirksgruppe Kreuzberg der Berliner Mietergemeinschaft e. V.
Quelle: Dokumentation zur Kiez-Demo / Reichenbergerstraße 63A-Besetzung, o. O., o. J. (Berlin 1988), S. 3ff. und 5.
16.11.1987:
Laut der „Dokumentation zur Kiez-Demo“ erklärt die AL West-Berlin in einer „Presseerklärung“ u. a., dass die am Samstag veranstaltete Demonstration (14.11.1987) eine „gelungene Aktion“ gewesen sei.
Q: Dokumentation zur Kiez-Demo / Reichenbergerstraße 63A-Besetzung, o. O., o. J. (Berlin 1988), S. 35.
14.12.1987:
Laut der „Dokumentation zur Kiez-Demo“ wird an diesem Tag die „Reichenbergerstraße 63a besetzt“.
Gefordert wird:
- Kein Abriss in der Reichenberger 63 A
- Keine Zwangsräumungen
- Keine Rausmodernisierung
- Solidarität mit der Hafenstraße.
Q: Dokumentation zur Kiez-Demo / Reichenbergerstraße 63A-Besetzung, o. O., o. J. (Berlin 1988), S. 38 u. 44ff.
27.12.1987:
Laut der „Dokumentation zur Kiez-Demo“ geben die „BesetzerInnen der Reichenbergerstraße 63A“ eine „Presseerklärung“ heraus, in der es u. a. heißt: „Wir haben in der Nacht vom 24. zum 25.12.1987 das leerstehende Haus Reichenbergerstr. 63A besetzt. Nachdem die Besitzer Heymann & Kreuels nunmehr seit 10 Jahren auf Abriss spekulieren, steht nun vor Gericht die Entscheidung für das Vorderhaus an, für Seitenflügel und Fabrikgebäude gibt es bereits eine Abrissgenehmigung. Dieses Haus ist nicht das einzige, das in den Händen von Heymann & Kreuels verrottet.
Trotz permanenter Observation ist es uns mit einer größeren Gruppe gelungen, in den späten „Heilig“- Abendstunden unbemerkt in das Haus zu kommen. Etwa zur gleichen Zeit haben sich ca. 150-200 Unterstützerinnen vor dem Haus eingefunden. Die etwa 30 Minuten danach eintreffende Polizei versuchte mehrmals vergeblich die Unterstützerinnen einzukesseln …“
„18 Personen“ seien festgenommen worden. Weiter heißt es: „Diese Vorgänge lassen keinen anderen Schluss zu, als dass die Besetzung in der Öffentlichkeit totgeschwiegen werden soll. Dem entspricht auch die Pressemitteilung der Polizei, nach der im Haus nur zwei Personen gesichtet worden seien, niemand aber festgenommen worden sein soll. Auch für die Medien standen die Auseinandersetzungen vor dem Haus im Vordergrund.
Wir gehen davon aus, dass die Polizei keinen Räumungstitel hatte, und dass demnach die Räumung sehr willkürlich vom örtlichen Einsatzleiter angeordnet wurde. Das Haus steht illegal leer. Der Prozess, der kurz vor dem Abschluss steht, wird von den Besitzern um eine Abrissgenehmigung auf rein wirtschaftlicher Grundlage geführt. Von daher ist es auch das Interesse der Besitzer und der zuständigen Senatsbehörden das Haus aus dem öffentlichen Interesse rauszuhalten …
Uns geht es mit der Besetzung aber nicht nur darum, Wohnraum zu erhalten, sondern einer profitorientierten Wohnungspolitik und der Umstrukturierung im Kiez unseren Widerstand entgegenzusetzen. Dazu gehören Hausbesetzungen genauso wie die Verhinderung von Zwangsräumungen und die Organisierung des Mietboykotts.“
Q: Dokumentation zur Kiez-Demo / Reichenbergerstraße 63A-Besetzung, o. O., o. J. (Berlin 1988), S. 43.
Januar 1988:
Im Januar oder Februar 1988 erscheint die von „Leuten, die sich als Gruppe aus dem Kiezpalaver zusammengefunden haben“, wie es im Vorwort heißt, erstellte „Dokumentation zur Kiez-Demo / Reichenbergerstraße 63A-Besetzung.“ Inhalt der Broschüre ist:
Teil 1: Kiez-Demo am 14. November
- Aufruf zur Kiez-Demo am 14.11.
- Redebeitrag von Frauen und Lesben
- Kinderbauernhof Mauerplatz
- Backsteinfabrik Waldemarstraße
- Allgemeine Ortskrankenkasse
- Sozialamt Mariannenplatz
- Sozialer Wohnungsbau
- Beitrag der Mietboykottgruppe
- Beitrag zur Wrangelstraße 90
- Abschlusskundgebung vor ‚Bolle‘
- Zum Kiezpalaver
- Unstrukturierung in der Einsenbahnstraße
- Stellungnahmen zur Kiez-Demo
- Nachbetrachtung
Teil 2: Reichenberger-Aktion am 14.11.
- Besetzung der Reichenberger 63A am 24.12.
- Reichenberger 63 A besetzt
- Selbstkritisches zur Reiche-Besetzung
- Auf ein Neues - und diesmal besser
- Die Reichenberger 63 A ist besetzt
- BesetzerInnen gesucht
- Presseerklärung zum 24.12.
- Zur Reiche-Besetzung und zu den Festnahmen
- Flugblatt der „Weihnachts“-BesetzerInnen
Teil 3: Anhang
- Häuserkampfbeitrag aus der ‚Wildcat‘
- Pressespiegel.
Im Vorwort der Broschüre heißt es: „Wir wollten am 14.11.87 mit der Kiez-Demo und der Besetzung der Reichenberger 63A uns, wie auch denen, die mit dem Grundbedürfnis 'wohnen' Geschäfte und unterdrückerische Politik betreiben, zeigen: worin zwischen diesen Schlagworten Zusammenhänge bestehen, und dass es nicht wenige sind, die sich gegen diese Inhalte wehren.
Allerdings versäumten wir, diese Demo breiter bekannt zu machen. Darin unterstützen uns - natürlich ungewollt - die Mieterläden Dresdner- und Manteufellstraße, sowie der Verein SO 36 mit ihrer Distanzierung von der Kiez-Demo. Auch der Konflikt um die Hafenstraße in Hamburg mobilisierte, da diese Demo ja auch ein Ausdruck von Solidarität war.
Wir (das sind Leute, die sich als Gruppe aus dem Kiezpalaver zusammengefunden haben) wollten von Anfang a eine Kiez-Demo machen, die nicht mit abgehobenen Institutionen wie dem Verein SO 36 in einem Bündnis zur Demo aufrufen, sondern mit Initiativen von unten und den Kiez BewohnerInnen, die sich wehren wollen. Wir wollen keine Bündnis mit abgetakelten Institution die von ihrer Funktion her auf Seiten des Senats stehen und sozial integrativ sind - von einigen MitarbeitInnen mal abgesehen, die vielleicht anders wollen, sich aber objekl in den vorgeschriebenen Bahnen verhalten müssen, wollen sie da weiter arbeiten.
Die nächsten Schritte müssen zu einer Art Gegenmacht führen. Wenn wir die Schlagwörter als Inhalte nehmen, brauchen wir nur noch die Hülsen wegzupusten! Die Aktualität hat uns überrascht! Die Kiez-Demo ist mittlerweile über anderthalb Monate her und am 24.12. wurde die Reichenbergerstr. 63A erneut besetzt., mit dem Unterschied, dass es diesmal Festnahmen gab: Sieben Besetzerinnen wurden aus dem Haus festgenommen, 19 davor, einer sitzt noch in U-Haft. Die Auseinandersetzung um die Reiche hat damit ein Ausmaß angenommen, das bei der Kiez-Demo noch nicht abzusehen war …“.
Q: Dokumentation zur Kiez-Demo / Reichenbergerstraße 63A-Besetzung, o. O., o. J. (Berlin 1988), S. 2.
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