Die Antifademonstration gegen den Bund Heimattreuer Jugend (BHJ) in Berlin-Neukölln am 14.5.1971

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 24.6.2018


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Es können hier nur wenige Dokumente und Hinweise vorgestellt werden. Wir bitten um Ergänzungen. Die Demonstration am 14. Mai 1971 war offenbar sehr kurzfristig organisiert worden, so wurde auch die KPD/ML-ZB erst am 14. Mai selbst von der KPD/AO zur Aktionseinheit aufgefordert worden. Mobilisiert wurde vermutlich vorwiegend intern.

Wenige Monate später kam es zu einer weiteren ähnlichen Demonstration (vgl. 13.8.1971).

Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)

14.05.1971:
Vor oder am 14. Mai erscheint in Berlin die Nr. 11 von 'Der Schwartzkopff Hammer' (vgl. Mai 1971, 7.6.1971) - Zeitung der Betriebsgruppe Schwartzkopff der KPD/ML-ZB u.a. mit einem Aufruf zur Demonstration gegen den Bund Heimattreuer Jugend (BHJ) am 14.Mai.
Quelle: Der Schwartzkopff Hammer Nr. 11, Berlin Mai 1971, S. 3

Berlin_Schwartzkopff088


14.05.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet über NRJ bzw. BHJ:"
POLIZEI UNTERSTÜTZT 'NATIONALREVOLUTIONÄRE JUGEND'

Folgenden Bericht schickten uns die Genossen aus Westberlin:
'Am 14.5. forderte uns die KPD/AO zu einem Aktionsbündnis gegen die Veranstaltung der Faschisten (die sich auch 'Heimattreue Jugend' nennen und verboten sind) auf, die am gleichen Abend stattfinden sollte. Es handelte sich dabei um eine rassistische Veranstaltung gegen die ausländischen Arbeiter. Wir nahmen das Aktionsbündnis der AO an. Die SEW lehnte ein Bündnis mit uns ab. An der Aktion beteiligte sich auch der KB (KB/ML, d.Vf.) und die PL/PI.

Die AO hatte zugesagt, innerhalb von zwei Stunden 350 Leute zu organisieren, kam dann aber nur mit etwa 100 Leuten an.

Wir bildeten Ketten vor dem Eingang des Gasthauses, wo die Faschisten tagen wollten.

Über Megaphon wurde eine kurze Rede gehalten, die der Bevölkerung Aufschluß über den Sinn der Aktion geben sollte, vor allem, weil wegen der Kurzfristigkeit der Aktion keine Agit-Prop mehr gemacht werden konnte.

WÄHRENDDESSEN FORMIERTEN SICH ETWA 20 - 30 FASCHISTEN AUF DER ANDEREN STRASSENSEITE. SIE WAREN FAST ALLE MIT STAHLRUTEN, TOTSCHLÄGERN UND METALLROHREN AUSGERÜSTET.

Etwa eine halbe Stunde vor der Veranstaltung kam es zu einer Schlägerei: Ein offensichtlich angetrunkener Passant pöbelte die Faschisten an und wurde sofort mit einer Metallstange niedergeschlagen. Der Faschisten, von Genossen verfolgt, flüchtete in eine Polizeiwache. Der Passant wurde ins Krankenhaus gebracht. Etwa 15 Minuten später kam dann die Polizei. Die erste Mannschaft drängte sich zunächst durch die Demonstranten durch und besetzte den Eingang zu dem Gasthaus. Fünf Minuten später kamen dann die nächsten Mannschaftswagen. Die Polizisten sprangen schon mit gezogenem Knüppel aus dem Wagen und gingen sofort ohne Vorwarnung auf die Genossen los. Eine ganze Reihe von Demonstranten wurde schwer zusammengeschlagen und hatte teilweise ziemliche Platzwunden am Kopf. IM HINTERGRUND KLATSCHTEN DIE FASCHISTEN UND FEUERTEN DIE POLIZEI BEIM KNÜPPELN AN.

Die Demonstranten wurden sehr schnell vertrieben; unsere Genossen konnten sich alle ohne Verletzungen in Sicherheit bringen.

DIE POLIZISTEN BESETZTEN DANN ZUSAMMEN MIT DEN FASCHISTEN DEN EINGANG DES GASTHAUSES.

Die Veranstaltung der Faschisten wurde relativ schwach besucht, ich sah höchstens 20 - 30 Leute reingehen. In die Veranstaltung selbst kam ich nicht rein, weil die Faschisten entweder Mitgliedsausweise oder Eintrittskarten hatten. Wichtig ist, daß ein Teil der Bevölkerung, als sie über die Lage aufgeklärt war, und das Vorgehen der Polizei sah, sich spontan mit uns solidarisierte.'"

Die KPD/AO meldet, daß die Aktion, an der sich mehrere Hundert beteiligt hätten, auf ihre Initiative durchgeführt worden sei und sich außer gegen den BHJ auch gegen die Aktion Widerstand (AW) gerichtet habe (vgl. 13.8.1971).

Die SEW habe derweil, ebenfalls in der Hermannstraße, einen Arbeitertreff zum 24.Parteitag der KPdSU durchgeführt, während PL/PI und Anarchisten lieber auf dem Kurfürstendamm randalierten.
Q: Rote Fahne Nr. 19 und 23, Berlin Mai 1971 bzw. 13.8.1971, S. 3 bzw. S. 9; Der AEG-Arbeiter Nr. 15, Berlin 3.6.1971, S. 10;Der NCR Arbeiter Nr. 6 , Berlin 19.5.1971, S. 9;Das rote System Nr. 14, Berlin 1.6.1971, S. 11;Erkämpft das Sozialistische Studium - Physik TU Nr. 3, Berlin Mai / Juni 1971, S. 3f;Rotlicht Nr. 12, Berlin 4.6.1971, S. 3;Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 40, Bochum 26.5.1971, S. 12f;Kommunistische Arbeiterpresse - AEG Telefunken Nr. 20, Berlin 18.5.1971, S. 8

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Berlin_NCR071

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Berlin_KPDAEG164

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Letzte Änderung: 04.11.2019