Rote Presse-Korrespondenz, 1. Jg., Nr. 41 (28.11.1969)

28.11.1969:
Die Nr. 41 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Gegen den Links-Opportunismus und Sektierertum in der Organisationsfrage. Erklärung des Beirats der RPK zum Vorgehen der ML-Gruppen und der Ruhrkampagne
- Ein Schritt vorwärts zur organisierten Unterstützung der Black Panther Partei
- Zur Frage einer sozialistischen Randgruppenstrategie
- Zur Wahl des FU-Präsidenten
- Zur Analyse der Studentenbewegung (Teil 1).

In „Gegen den Links-Opportunismus und Sektierertum in der Organisationsfrage. Erklärung des Beirats der RPK zum Vorgehen der ML-Gruppen und der Ruhrkampagne” erklärt der Beirat der „RPK“ u. a.: „Auf einer außerordentlichen Sitzung des Beirats am 24.11., die zu dem Zweck einberufen war, die verschiedenen anderen, für die nächste Nummer vorgesehenen Artikel zu besprechen, erklärte die Redaktion, dass sie sich an den Beschluss des Beirats nicht gebunden sehe und für die Periode bis zur Arbeitskonferenz die politische Verantwortung für die RPK alleine an sich nehme. Der Beirat hat daraufhin der Redaktion das Misstrauen ausgesprochen und übernimmt selbst die Aufgaben der Redaktion bis zur Arbeitskonferenz.

Die Arbeitskonferenz wurde deshalb einberufen, weil im Beirat in der Zwischenzeit verschiedene Fraktionen auftraten. U. a. legte die ML-Fraktion ein Papier vor, dass nicht mehr „als Diskussionsbeitrag zur Organisationsfrage verstanden werden konnte … sondern die Bekanntgabe der Gründung einer parteiähnlichen Organisation darstellt“. Die ML-Gruppen sowie die Ruhrkampagne werden vom Beirat der RPK u. a. als „Fraktionisten” und „Sektierer” bezeichnet. Der Beirat „hält die Gründung einer marxistisch-leninistischen Übergangsorganisation für notwendig“. ML-Gruppen und Ruhrkampagne werden deshalb als „Scheinfraktion” bezeichnet, „die in ihrem Papier in keiner Weise die Anstrengung macht, die Bedingungen revolutionärer Praxis in der nächsten Etappe des Klassenkampfes in der BRD und Westberlin anzugehen”.

Der Artikel zur „Black Panther Party“ ist vom „Solidaritätskomitee für die Black Panther Partei.“ Bekannt gegeben wird, dass in der zurückliegenden Woche für die BRD und West-Berlin, das „Solidaritätskomitee für die Black Panther Partei“ gegründet wurde. Das sei eine neue Form der „internationalistischen Solidarität“. Ein ZK sei bereits gegründet worden. Es habe dem Komitee die Aufgaben übertragen:
- Aufklärung über den Kampf der Partei und über den faschistischen Terror der herrschenden Klasse der USA
- Agitation und Propaganda unter den in Deutschland stationierten GIs.
- Materielle Unterstützung der Partei.

Im Artikel „Zur Frage einer sozialistischen Randgruppenstrategie“ wird die Debatte aus der „RPK“ 39 fortgesetzt. Es geht nun um die Fragen:
- Lumpenproletariat - deklassiertes Proletariat
- Historische Rolle des Lumpenproletariats
- Die Psychosoziale Situation der Kriminalisierten und Verwahrlosten des deklassierten Proletariats
- Sozialisationsbedingungen
- Praktische Erfahrungen
- Ansätze einer sozialistischen Politik gegenüber den Randgruppen.

Der letzte Abschnitt beschäftigt sich mit der „Agitation und Propaganda von Gruppen des deklassierten Proletariats“, wobei der sog. „karitativen Hilfe“ eine klare Absage erteilt wird. „Die Lage des deklassierten Proletariats“ würde sich erst dann verbessern, „wenn die Arbeiterklasse und die proletarischen Kinder und Jugendlichen sich organisieren und ihre historische Aufgabe wahrnehmen, den Kampf gegen das Kapital aufzunehmen“.

Der Artikel „Zur Wahl des FU-Präsidenten“ ist von der „Rotzeg, die die Frage aufwirft, „in welchem Maße sich der Kampf an der Universität, Aktionen gegen die trostlosen Gestalten der Ordinarienuniversität überhaupt noch“ lohne. Eine längerfristige Perspektive und eine „taktische Neubestimmung des Kampfes an der Hochschulfront“ seien erst dann möglich, wenn eine „Analyse der Streikbewegung“ in der BRD erfolgt sei, die sich „entfaltenden Klassenkämpfe ebenso wie eine gründliche Untersuchung der Studentenbewegung und ihrer bisherigen Theorie“ einschlösse.

Ein erster Artikel „Zur Analyse der Studentenbewegung“ ist von Joscha Schmierer aus Heidelberg. Der Artikel ist aus dem „Roten Forum“ 5/1969 übernommen. Im Wesentlichen geht es Schmierer darum, die Widersprüche zwischen der Studentenbewegung und der Arbeiterbewegung herauszuarbeiten. Schlagworte sind etwa:
- Klassenanalyse der Studenten
- Kapitalisierung der Wissenschaft
- Bestimmung des Verhältnisses von Studenten und Arbeiterbewegung
- Grundwiderspruch: Lohnarbeit und Kapital
- Strategie der Studenten an den Hochschulen
- Technologische Verfügung der Studenten durch die Wissenschaft
- Ausdehnung der kapitalistischen Praxis auf den Hochschulsektor
- Produktivkraft Wissenschaft
- Methodologie
- Verwissenschaftlichung des Proletariats.

Reklame wird gemacht für:
- Jürgens Buchladen (West-Berlin)
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Quelle: Rote Presse-Korrespondenz, Nr. 41, West-Berlin, 28.11.1969.

28.11.1969:
Die „RPK” Nr. 41 enthält u. a. eine „Erklärung des Beirats der RPK zum Vorgehen der ML-Gruppen und der Ruhrkampagne: Gegen Linksopportunismus und Sektierertum in der Organisationsfrage.” Diese beschäftigt sich mit den Vorfällen vom 23. und 24.11.1969.

Ebenso wie die Erklärung wird diese Ausgabe der „RPK” herausgegeben von: Fraktion der Arbeiterkonferenz, Fraktion des SALZ, Basisgruppe Tegel, Basisgruppe Moabit, Betriebsgruppe Schering, Betriebsgruppe NCR, ROTZEG, ROTZING, ROTZJUR, ROTZMAT, ROTZÖK, Sozialistisches Anwaltskollektiv, Internationales Forschungsinstitut des SDS (INFI), Vietnamkomitee, Arbeitsgruppe Revolutionäre Erziehung.

In einer Erklärung vom 28.11.1969 (siehe unten), die von den Marxisten-Leninisten Westberlins unterzeichnet ist und unter den Losungen „Den Kampf zweier Linien führen. Erklärung der Redaktion der Roten Presse Korrespondenz zum Putsch der ROTZEG (Rote Zelle Germanistik). Die Marxistisch-Leninistische Organisation in Angriff nehmen. Warum dieser Artikel unterdrückt wurde. Erklärung der Redaktion der RPK zum Putsch der Roten Zellen” erscheint, wird u. a. erklärt:
„Von der mittlerweile kommissarisch mit der Durchführung der Redaktion Beauftragten wurde ohne jede Begründung der abgesetzten Redaktion eine inhaltliche Erklärung zum Putsch und seiner Vorgeschichte in der jetzt erscheinenden RPK Nr. 41 verweigert.”

Die Entwicklung dieser Differenzen liegt in einem Artikel begründet, der die Konzeption einer „revolutionären proletarischen Übergangsorganisation” vertrat. Diese Konzeption war von den ML-Gruppen, ML-Fraktionen der Arbeiterkonferenz und des SALZ erarbeitet worden. Vor allem die ROTZEG vertrat die Auffassung, dass der Artikel erst auf der „Arbeitskonferenz” zu diskutieren sei (er lautete: „Die Marxistisch-Leninistische Organisation in Angriff nehmen.”). Eine Veröffentlichung vor der „Arbeitskonferenz” wurde von der ROTZEG abgelehnt. Aufgrund der unterschiedlichen politischen Einschätzung der „Arbeitskonferenz” und der unterschiedlichen politischen Positionen bezüglich der Veröffentlichung war es nicht möglich, einen gemeinsamen Konsens zu erarbeiten. Daraufhin gab es eine Abstimmung (von der Mehrheit der ROTZ-Gruppen herbeigeführt), und der Redaktion wurde das Misstrauen ausgesprochen (die ML-Genossen beteiligten sich nicht an dieser Abstimmung).

Die Redaktion bezeichnet den Beirat als „zynisch machtpolitisch operierend“, der „jede Diskussion auszuschalten” gedenkt und „damit die RPK zum Blatt einer radikal-phraseologischen Intellektuellen-Fraktion” machen will. Die Redaktion beschloss, „die nächsten beiden Nummern bis zur RPK- Konferenz in eigener Verantwortung zu redigieren und diese Entscheidung den Lesern der RPK zu erklären“.

Sie beschloss weiter, den Artikel der ML zu veröffentlichen und ihre Gründe dafür darzulegen. Eine entsprechende Erklärung gab sie vor dem am nächsten Tag nochmals einberufenen „Kleinen Beirat” ab. Nach harter Debatte führte diese Initiative zur Zustimmung der Veröffentlichung des Artikels unter der Bedingung, dass der Beirat bis zur Arbeitskonferenz seine politischen Entscheidungsbefugnisse behält, aber zugleich von einem Teil des Beirats der Redaktion das Misstrauen ausgesprochen wird und diese Misstrauenserklärung dem Artikel der ML vorangestellt werden soll.

Die Ruhrkampagne, die ML-Gruppen, das SALZ, die Arbeiterkonferenz-ML, das PROZ und die Betriebsgruppe Druck und Papier-ML sprechen der Redaktion das Vertrauen aus. Die Redaktion, der das Misstrauen des durch die ROTZEG angeführten Teils des Beirats ausgesprochen war, die beiden nächsten Nummern aber dennoch bis zur Beiratskonferenz gestalten solle (mit einem entsprechenden Kommentar der ROTZEG), begann mit der Vorbereitung der RPK- Nummer 41. Bereits im Vorfeld begann sich abzuzeichnen, dass die ROTZEG sich nicht an ihren Beschluss halten würde; denn das Erscheinen des ML-Artikels („Die Marxistisch-Leninistische Organisation in Angriff nehmen“) wurde durch Nichteinhaltung verschiedener technischer Übereinkünfte verhindert.

Auf einer Tagung von Anhängern und Sympathisanten der ROTZEG (am 25.11.) in den Redaktionsräumen der RPK wird Mitgliedern der RPK-Redaktion erklärt, dass sich hier eine „Fraktion des Beirats, die der RPK- Redaktion das Misstrauen ausgesprochen hätte“, versammelt habe. Daraufhin verließen ML- und Ruhrkampagne-Genossen einschließlich der Redaktion die Räume. Nach einem Bericht zurückgebliebener ML-Genossen urteilend, ergab die weitere Sitzung Hinweise darauf, dass zunächst einmal ein „Übergangsgremium gebildet” werden solle, „das für die Zeit bis zur Arbeitskonferenz die Funktion in der Redaktion wahrnehmen soll“. Die „Übergangsredaktion” sollte mit folgenden Genossen besetzt werden: Blöcher, Schwiedrzik, Huffschmidt, Soergel, Maria Bergmann, H. v. Rohde, Kreidt, Tautfest, Scharrer.

Es erscheint auch der Artikel der ML, über den der Streit ausbrach. Der Artikel ist jetzt unterzeichnet von: „Marxistisch-Leninistische Fraktion der Arbeiterkonferenz, PROZ-ML, Sozialistisches Arbeiterkollektiv Druck und Papier-ML, Marxistisch-Leninistische Fraktion im SALZ.” Die Marxisten-Leninisten Westberlins erklären zu dem Artikel, dass die ROTZEG und Sympathisanten genau in dem Augenblick mit einem Handstreich vorgingen, „als wir es wagten, die ersten Schritte einer proletarischen Übergangsorganisation in der RPK vorzustellen”.
Q: RPK-Redaktion: Den Kampf zweier Linien führen, West-Berlin, 1969; ML Westberlins: Die Marxistisch-Leninistische Organisation in Angriff nehmen, Berlin, 1969; Rote Presse-Korrespondenz Nr.41, Berlin, 28.11.1969.

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Marxisten-Leninisten Westberlins (Hrsg.): Den Kampf zweier Linien führen. Erklärung der Redaktion der Roten Presse-Korrespondenz zum Putsch der Rotzeg (Rote Zelle Germanistik). Die marxistisch-leninistische Organisation in Angriff nehmen. Warum wurde dieser Artikel unterdrückt?, West-Berlin, 28.11.1969

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