Rote Presse-Korrespondenz, 4. Jg., Nr. 171, 9.6.1972

09.06.1972:
Die Nr. 171 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Kreibichs Reform: Polizei auf dem Campus
- Rede eines KSV-Genossen auf der Vollversammlung der Germanisten am 6.6.
- Vietnam: Die Veränderungen in der Lage des Krieges
- Die Amerikaner und die Marionetten befinden sich in totaler Passivität, ihr Verteidigungssystem wird nach und nach durchbrochen
- Der Zusammenbruch der „Vietnamisierung“
- Was hat die Bonner Juristische Fakultät mit dem Faschismus in der Türkei zu tun?
- Plattform des Kampfkomitees für die Berufung von Professor Akosy.

Im Artikel „Kreibichs Reform: Polizei auf dem Campus” geht es um das ausgesprochene Verbot „dreier Seminare der Rotzeg“ aus dem Dezember 1970. „Am Donnerstag, dem 1. Juni, hat das Oberverwaltungsgericht Westberlin das vom Senat für Wissenschaft und Kunst Stein Dezember 1970 ausgesprochene Verbot dreier Seminare fortschrittlicher Germanistikstudenten an der FU Westberlin für rechtswidrig erklärt und damit die Berufung Steins gegen die Aufhebung des Verbots in I. Instanz zurückgewiesen.“ Des Weiteren wird erklärt, wie es zu diesem Verbot und dem Verbot der Rotzeg als „verfassungsfeindlicher Organisation“ kam (29.12.1970). Dagegen formierte sich ein Aktionsbündnis von „sozialistischen und kommunistischen Organisationen“. Die Folge war ein „Massenstreik an allen Westberliner Hoch- und Fachschulen im Februar 1971“ unter den Parolen: „Sofortige und bedingungslose Zurücknahme des Verbots der drei Seminare!“, „Verhindert die Durchführung des Verbots der drei Seminare!“, „Kampf der Illegalisierung Sozialistischer und Kommunistischer Organisationen!“. Es folgte eine Demonstration „von 8.000 Hochschulangehörigen zum Senator für Wissenschaft und Kunst“.

Bei der Berufung von Stein „geht es vor allem um die Anfechtung jenes Teils des Gerichtsbeschlusses, der besagte, die Bestimmung der Wissenschaftlichkeit einer Lehrveranstaltung sei interne Angelegenheit der Universität und gehöre nicht in die Entscheidungsbefugnisse des Staates oder Gerichts … Es ging Stein also um die Ebnung des Weges für die Staatskontrolle und Fachaufsicht über die Universität wie sie in der Novellierung des Westberliner Universitätsgesetzes angelegt ist. Um diese Berufungsverhandlung ging es am Donnerstag“ (8.6., d. Verf.).

Am 7.6. beschloss die Vollversammlung aller Germanistikstudenten „dem Vorschlag des KSV zu folgen und das Germanistische Seminar zu besetzen“. Daraufhin machte Kreibich von seiner Hausordnung gebrauch und rief die Polizei auf den Campus. Ein „Besetzerrat“ wurde gebildet, der über die praktischen Schritte beriet. Die Studenten beschlossen schließlich, „den Rückzug anzutreten“.
Q: Rote Presse-Korrespondenz, Nr. 171, West-Berlin, 9.6.1972.

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