Bund Kommunistischer Arbeiter Freiburg (BKA):
Antwort auf den 'Offenen Brief' der KPD/ML (Rote Fahne) an den Bund Kommunistischer Arbeiter und den Kommunistischen Jugendbund

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 13.3.2013

Die hier dokumentierte Broschüre des Bundes Kommunistischer Arbeiter (BKA), einer der Vorläufergruppen des (KBW) mit einer Antwort an die KPD/ML-ZB, deren Polemik sich wesentlich an Fragen der Betriebsarbeit bei der Deutschen Rhodiaceta entzündete, aber sich auf allgemeine Fragen ausweitete, fand zu einer Zeit statt, als in der Freiburger linken Bewegung Umgruppierungsprozesse möglich schienen, da sich die frühere Ortsgruppe der KPD/ML-ZK bzw. Roter Morgen im Gefolge des außerordentlichen Parteitags selbständig gemacht hatte und nun als ML Freiburg auftrat. So dürfte nicht nur die Rivalität bei Rhodia Auslöser der Polemik gewesen sein, sondern auch das beiden Kontrahenten gemeinsame Bemühen, einen Anschluss der ML Freiburg zu bewirken.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

20.03.1972:
Vom Bund Kommunistischer Arbeiter Freiburg (BKA) erscheint vermutlich in dieser Woche eine "Antwort auf den 'Offenen Brief' der KPD/ML (Rote Fahne) an den Bund Kommunistischer Arbeiter und den Kommunistischen Jugendbund" (KJB) vom 15.2.1972, in dem auf 18 Seiten DIN A 4 plus Deckblatt von BKA und KJB zur KPD/ML-ZB Stellung genommen wird:"
Genossen, die notwendige ideologische Auseinandersetzung zwischen unseren Organisationen als lebendiger Teil des Parteiaufbaus wird durch euer intrigantenhaftes Verhalten erschwert.

Sprecht ihr in eurem 'offenen Brief' an uns vom 15.2.1972 von 'gegenseitiger Respektierung und organisatorischer Gleichberechtigung' und davon, daß ihr den BKA als Teil der marxistisch-leninistischen Bewegung anseht, so heißt es im INTERNEN Brief 'An die Genossen der früheren Gruppe Roter Morgen' (KPD/ML-ZK,
d.Vf.) vom 4.2.:
'Allerdings sind wir der Meinung, daß die Form einer Delegiertenkonferenz, die ständig und mit Einschluß des BKA tagt, für ideologische Auseinandersetzung unter den wirklichen (!) Marxisten-Leninisten nicht geeignet ist.'

'Wir meinen, daß die Diskussion mit den wirklichen Marxisten-Leninisten in eurer Gruppe, die in der Frage der Hegemonie des Proletariats und der führenden Rolle der Kommunistischen Partei eine korrekte Auffassung vertreten, an erster Stelle stehen muß. Dagegen sind wir der Meinung, daß der BKA in diesen Fragen (und nicht nur dort) eine zirkelhafte, opportunistische (!) und unbolschewistische (!) Haltung einnimmt. Wir meinen deshalb, daß die ideologische Auseinandersetzung mit dem BKA auf einer anderen Ebene (!) und unter anderen Voraussetzungen zu führen ist.'
Ein derartiges Vorgehen ist nicht von dem im Offenen Brief an uns zitierten 'Wunsch nach Einheit', sondern von zweierlei bestimmt:

1) vom Auseinanderbrechen der KPD/ML (Roter Morgen), auf das ihr antwortet mit dem Aufruf zum Beitritt in eure Organisation: 'Es lebe die Einheit aller ehrlichen Marxisten-Leninisten IN DER KPD/ML!' (Brief an die ehemaligen Mitglieder der KPD/ML (Roter Morgen) - Unterstreichung von uns).
'Genossen, unser Ziel können wir nur erreichen, wenn wir eine einheitliche und starke Partei und einen JV haben! Es lebe die revolutionäre Partei des Proletariats - die KPD/ML! Vorwärts in der bolschewistischen Organisation des Jungproletariats - dem KJVD!' (Offener Brief des KJVD an die Rote Garde (RG, d.Vf.), 11.2.1972)
Anstatt aus den Erfahrungen der Genossen der ehemaligen KPD/ML (Roter Morgen) selbst zu lernen, versucht ihr zwischen euch und ihnen eine formale Einigkeit in der gemeinsamen Anerkennung der 'FÜHRENDEN ROLLE der Kommunistischen Partei' zu schaffen. Da ihr EUCH als die 'Kommunistische Partei' begreift, heißt das, wie wir noch ausführen werden, nichts anderes, als die führende Rolle eurer Organisation anzuerkennen. Da die Genossen von der ehemaligen KPD/ML (Roter Morgen) in einer 'Partei' waren, und ihr noch in einer 'Partei' seid, ist die Führung der 'Partei', was auch immer dahinterstecken möge, der von euch vorgeschlagene gemeinsame Nenner. Wie immer, so kommt auch hier euer höchst formales Verständnis der Kommunistischen Partei zum Ausdruck. In eurer grundlegenden Broschüre 'Die Etappen des Parteiaufbaus und die Aufgaben der KPD/ML', 1971 (vgl. 10.5.1971, d.Vf.), schreibt ihr zum Beispiel:

'Die Partei unterscheidet sich von einem Zirkel vor allem dadurch, daß sie eine Anzahl Menschen auf der Grundlage einheitlicher und fester Ansichten und einheitlicher Führung durch eine Zentrale auf nationaler Ebene zusammenschließen kann.' (S.17) Welche Menschen? Welche Ansichten? Wir sind uns sicher, daß die Genossen der ehemaligen Ortsgruppe der KPD/ML (Roter Morgen) und der Roten Garde sich nicht auf ein derart bürgerliches 'Partei'-Verständnis zerren lassen werden.

2) Steht hinter euren Briefen der Versuch, eine weitere Verankerung von BKA und KJB in Betrieb und Gewerkschaft zu verhindern. Zudem versucht ihr, neue Studenten für die Parteiarbeit zu mobilisieren (euer offener Brief an uns wurde nur in der Mensa der Universität verkauft), damit die Freiburger ZB-Genossen, die an anderer Stelle eingesetzt wurden, ersetzt werden können.

Diese beiden Punkte stehen also in Wirklichkeit hinter euren verschiedenen Briefen. An was aber hängt ihr euren Brief an und auf? Ihr werft uns einen Zettel vor, in dem die Rhodia-Gruppe (CPK-Bereich, d.Vf.) des BKA schrieb, daß sie am Dienstag und Mittwoch verteile und euch bat, an diesen Tagen nicht zu verteilen. Wir werden in einem Anhang zeigen, daß hinter euren wortreichen Angriffen im Zusammenhang mit dem Brief der Rhodia-Gruppe im wesentlichen nichts anderes steckt als der Vorwurf, daß wir EURE 'führende Rolle' nicht anerkannt haben.

I. Ihr warft uns weiter vor, wir würden 'die Stärke der Kapitalisten und ihres Staates sowie die Schwäche der Arbeiterklasse propagieren', ja wir hätten die Parole 'die Arbeiterklasse ist schwach' aufgestellt! Was ihr uns vorwerft, ist, daß wir versuchen, historisch-materialistisch das konkrete Kräfteverhältnis zwischen Bourgeoisie und Arbeiterklasse zu bestimmen, ausgehend von einer konkreten Analyse der konkreten historischen Situation unsere Politik zu entwickeln. Wir sagen: Die Kapitalistenklasse verstärkt ihre Angriffe auf die Lebensverhältnisse, die politischen und gewerkschaftlichen Rechte der westdeutschen Arbeiterklasse, - wie sie ebenso versucht, jeden Ansatz von organisierter Klassenpolitik zu zerschlagen. Dieser 'Generalangriff auf die Arbeiterklasse' (Klassenkampf vom 18.11.1971) soll
- trotz Konjunkturabschwächung in der BRD, trotz Krise in den übrigen imperialistischen Ländern die Monopolprofite halten,
- durch frühzeitige Niederlagen die Arbeiterklasse, in der Phase ihres wachsenden Widerstands gegen die Offensive der Kapitalistenklasse, demoralisieren,
- frühzeitig jede Vereinheitlichung von spontaner Arbeiterbewegung und wissenschaftlichem Sozialismus durch Zerschlagung aller Ansätze von proletarischer Organisation verunmöglichen,
- den staatlichen Gewaltapparat vorsorglich so weitgehend ausbauen, daß der bürgerliche Staat - ohne zu einem Formwandel seiner Herrschaft in eine faschistische Diktatur gezwungen zu sein - alle Mittel des Terrors und der Gewalt einsetzen kann.

Diesem umfassenden Angriff der Bourgeoisie ist die Arbeiterklasse noch weitgehend hilflos ausgesetzt. Zwar entwickelt die Arbeiterklasse wieder seit den Septemberstreiks 1969 eine SPONTANE ABWEHRBEWEGUNG UND EINE ZUNEHMENDE KAMPFENTSCHLOSSENHEIT. Aber sie ist noch keineswegs in der Lage, Lohnabbau und Abbau ihrer politischen und gewerkschaftlichen Rechte zu verhindern. Die Arbeiterklasse ist noch nicht in der Lage, gegen die Arbeitsgemeinschaftspolitik der SPD-Linie in den Gewerkschaften ihre Klasseninteressen durchzusetzen. Das heißt: die Arbeiterklasse ist noch schwach! Wie anders wäre es zu erklären, daß trotz der spontanen Radikalisierung von Teilen der Arbeiterklasse, es den bürgerlichen 'Arbeiterführern', den der imperialistischen Bourgeoisie dienenden Gewerkschaftsführern noch immer gelingt, z.B. eine so mächtige Streikbewegung wie die der Metaller im November 1971 (MTR, d.Vf.) unter Kontrolle, in einem für die Kapitalisten und die Regierung gleichermaßen erträglichen Rahmen zu halten.

Die Kämpfe der Arbeiter in den letzten Jahren kennzeichnen das erneute Aufbrechen des unversöhnlichen Gegensatzes zwischen Arbeiterklasse und Kapitalistenklasse, aber den Arbeitern fehlt, und muß auch noch fehlen, das Bewußtsein der unversöhnlichen Gegensätzlichkeit ihrer Interessen zu dem GESAMTEN POLITISCHEN UND SOZIALEN SYSTEM DES IMPERIALISMUS. In den spontanen Kämpfen entstehen jedoch die Keimformen dieses Bewußtseins, in diesen Kämpfen machen die Arbeiter ihre Erfahrungen mit der organisierten Gewalt der Kapitalisten, mit den bürgerlichen Regierungen, mit den sozialdemokratischen Gewerkschaftsführern, und einige Illusionen beginnen, konfrontiert mit der Wirklichkeit des Klassenkampfes, zu verschwinden. Daß der Weg des Proletariats schwer und mit Niederlagen gepflastert ist, auch das beweisen die letzten Jahre. Aber die Arbeiterklasse wird in ihren Kämpfen ihre politische Organisation schmieden und ihr politisches Klassenbewußtsein entwickeln, das es ihr ermöglichen kann, offensiv in die allgemeine Krise des Imperialismus einzugreifen und nicht nur eine Lösung der Krise auf ihre Kosten abzuwehren.

Die Kommunisten haben die Aufgabe, die Schritte zur Bildung des Proletariats als Klasse gegenüber der Bourgeoisie, als 'Partei' gegen das gesamte System des Imperialismus anzugeben. Deshalb auch propagieren wir den Kampf um die Gewerkschaften als Antwort auf Lohnleitlinien und Konzertierte Aktion, als Kampf gegen die sozialdemokratische Linie in den Gewerkschaften. Der Kampf um die Gewerkschaften als Klassenorganisation der Arbeiter ist ein politischer Kampf um die Massen der Arbeiter, er hat nichts, aber auch gar nichts, mit der uns unterstellten Parole 'Zwingt die Bonzen' zu tun. Wie ihr aus der Lektüre des Klassenkampfes hättet entnehmen müssen, gehen wir nicht vom Widerspruch zwischen 'Bonzen' und Massen, sondern vom Widerspruch zwischen der in den Gewerkschaften herrschenden sozialdemokratischen Linie, und einer noch sehr schwachen, aber als Ausdruck der wachsenden spontanen Kämpfe der Arbeiterklasse stärker werdenden proletarischen Linie aus. Wir werfen euch vor, daß ihr mehr und mehr die Gewerkschaftsfrage umgeht, den Kampf um die Gewerkschaften weder führt noch propagiert, und damit notwendigerweise mit eurer Parole 'Vertrauen auf die eigene Kraft - stärkt die KPD/ML' antigewerkschaftlich werdet.

Den Höhepunkt eurer Angriffe auf unsere Arbeit in den Gewerkschaften bildet die 'Rote Spule' vom 16.3.1972, in der 'der BKA schwankt', 'der BKA seine Meinung wechselt wie ein Hemd', 'einmal so schreibt und einmal so', 'seine verstaubte Theorie vom Vertrauensleutekörper wieder aus der Mottenkiste holt', usw. Anlaß für diese Beschimpfungen ist vor allem die Tatsache, daß wir im Klassenkampf-Betriebsflugblatt Rhodia vom 14.3.1972 den jetzigen Vertrauensleutekörper bei Rhodia scharf angriffen, und den Aufbau eines starken, klassenbewußten Vertrauensleutekörpers bei der Rhodia propagierten. Wir sagen, daß ein klassenbewußter Vertrauensleutekörper eine wichtige Waffe im Kampf gegen die Kapitalisten und deren Handlanger ist, wenn die Vertrauensleute in der Belegschaft verankert sind. Doch auf all das kommt es der KPD/ML gar nicht an. Immer deutlicher wird, daß die KPD/ML in den gewerkschaftlichen Ebenen im Betrieb Konkurrenten beim Parteiaufbau sieht. Gegen die VLK wendet die KPD/ML ein, daß diese doch 'zentral eingesetzt' werden (was nicht durchweg stimmt), und daß die Kollegen zunächst sich organisieren sollten, und zwar nicht nur in den Gewerkschaften, sondern vor allem in der Betriebsgruppe Rhodia der KPD/ML. Nicht VLK, sondern Betriebsgruppen der KPD/ML! Wie könnte man deutlicher ausdrücken, daß man den Kampf um die Gewerkschaft aufgegeben hat, und daß man die POLITISCHE Organisation des Proletariats, die Partei, als Ersatzgewerkschaft aufbauen will? Die bankrotte Linie der ehemaligen KPD/ML (Roter Morgen), die 'Roten Betriebsgruppen' (RBG, d.Vf.) aufzubauen, ANSTATT in den Gewerkschaften zu arbeiten, erlebt hier Wiederauferstehung. Ebenso falsch wie eure Angriffe auf unsere Gewerkschaftsarbeit ist eure Behauptung, wir würden nicht mehr von der 'Notwendigkeit der KP und Organisierung in unseren Betriebsgruppen ausgehen'. Einige Zitate: 'Diese Kampffront gegen die ökonomischen und politischen Angriffe der Kapitalistenklasse erfordert die kommunistische Organisation, die allseitig die Interessen der Arbeiterklasse gegen die Kapitalistenklasse vertritt. Die Kapitalistenklasse hat ihre Parteien, die Arbeiterklasse muß ihre kommunistische Partei noch aufbauen'. (Klassenkampf, 21.12.1971) 'Unterstützt den Aufbau der Betriebsgruppen des BKA, damit in jedem Betrieb feste Kerne des Kampfes gegen die Kapitalisten entstehen.' (Cumulus-Betriebsflugblatt, 10.1.1972).
'Wir müssen hier in Freiburg im BKA den Aufbau der KP vorantreiben, die die Arbeiterklasse im Kampf gegen das kapitalistische Ausbeutersystem und für den Sozialismus führt. Wir müssen deshalb tatkräftig die Arbeit der Betriebsgruppe Intermetall unterstützten.' (Intermetall-Betriebsflugblatt, 16.12.1971) Allerdings glauben wir im Gegensatz zu euch nicht, daß man die Partei dadurch aufbaut, daß man sie anpreist und lobt: 'Es lebe die KPD/ML', 'stärkt die KPD/ML', 'KPD/ML weist den richtigen Weg', 'Kampfprogramm DER Betriebsgruppe Rhodia der KPD/ML' - sondern allgemein gesagt, dadurch, daß die kommunistische Organisation auf der Grundlage einer korrekten Massenlinie in der Lage ist, die bewußtesten Teile der Arbeiterklasse zu organisieren.

Welche Bestimmung des konkreten Kräfteverhältnisses zwischen Lohnarbeit und Kapital steht hinter euren Angriffen aus unsere Position? (Unsere Kritik an der KPD/ML deckt sich im wesentlichen mit der der Kommunistischen Gruppe Heidelberg/Mannheim, Neues Rotes Forum 6/71 (KG(NRF) - vgl. 27.12.1971, d.Vf.)). 'Die Haupttendenz in der Welt ist Revolution - das ist die Einschätzung der chinesischen Genossen und die Tatsachen bestätigen diese Einschätzung: die nationalen Befreiungsbewegungen erringen immer neue Siege, das sozialistische China und das gesamte sozialistische Lager blüht und festigt sich, die Kämpfe der Arbeiterklasse in den kapitalistischen und revisionistischen Ländern wachsen an. DIE BEGINNENDE REVOLUTIONÄRE FLUT zeigt sich auch in Westdeutschland; die Kämpfe der Arbeiterklasse wachsen an, sie lösen sich von den Fesseln der Sozialdemokratie und des gewerkschaftlichen Legalismus' (KPD/ML 'gegen den Zirkelblock, KND 71 (vgl. 18.9.1971, d.Vf.), Seite 6/7). 'Die Einschätzung der Bewegung in der Arbeiterklasse durch den Zirkelblock geht davon aus, daß die Arbeiterklasse im Moment in die Defensive gedrängt ist, daß ihre 'Abwehrfront' errichtet werden muß. In Wirklichkeit steht jedoch die ganze Arbeiterklasse in den kapitalistischen und revisionistischen Ländern am BEGINN EINER FLUT DER REVOLUTIONÄREN BEWEGUNG' (KND 69, Seite 8/9 (erschienen am 11.9.1971, der erste Satz des letzten Zitates wurde vom BKA aus zwei Sätzen des KND zusammengefügt - beide Zitate entstammen einer Kritik an der MTR-AE - vgl. 25.7.1971, d.Vf.)). Im KND 62/1971 (vgl. 18.8.1971, d.Vf.) verallgemeinert ihr die Kämpfe des westdeutschen Proletariats im Begriff der 'SPONTANEN REVOLUTIONÄREN BEWEGUNG', womit ihr die Aufgabe der Kommunisten, spontane Arbeiterbewegung und wissenschaftlichen Sozialismus zu verbinden, und damit zum revolutionären Klassenkampf des Proletariats zu machen, liquidiert habt. Die Kommunisten können ihre Aufgabe nicht erfüllen, indem sie die spontane Arbeiterbewegung 'verdoppeln', sondern indem sie die Kämpfe der Arbeiterklasse auf der Grundlage der Analyse der Wirklichkeit anzuführen versuchen.

(In einem Gegensatz zu diesen 'Bestimmungen' stehen bestimmte Aussagen in der Stellungnahme der Politabteilung beim ZB, Rote Fahne 4/72 (vgl. 21.2.1972, d. Vf.) S.8/9. Vorsorglich steht allerdings in der Einleitung der Erklärung, daß sie 'nicht den Charakter einer Grundsatzerklärung' trage. Die Politabteilung schreibt unter anderem:
'Wo aber ist die Partei der Arbeiterklasse? …WARUM IST DIE ARBEITERKLASSE NOCH SO SCHWACH? (Unterstreichung von uns). Warum ist die Bewegung unter der Arbeiterschaft nur spontan, vereinzelt und unbeständig?' Verwirrend allerdings für den Leser ist - neben obiger für das ZB ungewöhnlichen Frage - daß in derselben 'Roten Fahne', in der auf Seite 8 gefragt wird, warum die Arbeiterklasse noch so SCHWACH ist, auf Seite 1 die Hauptüberschrift meldet: 'Hetze der Regierung - ein Zeichen für die STÄRKE UNSERER KLASSE' (Dabei ist keineswegs gemeint, daß die Arbeiterklasse stark werden kann, sondern die Welle der Terror- und Gewaltmaßnahmen der Herrschenden werden mit der MOMENTANEN Stärke der Arbeiterklasse begründet).)

Wie wir an den oben zitierten Aussagen eurer Partei ('sie besagen: wir leben heute in einer revolutionären Flut', Erklärung des ZB gegen die KJ-Inform Fraktion) sehen müssen, versucht ihr nicht, die wirklichen Verhältnisse auf ihren Begriff zu bringen, sondern umgekehrt, der Wirklichkeit eure Begriffe (Flut etc.) aufzupropfen. Die für die EPOCHE der verschärften Krise des Imperialismus und des beginnenden Siegs der sozialistischen Weltrevolution richtige Aussage Mao Tse-tungs 'die Haupttendenz in der Welt ist Revolution', erübrigt keinesfalls die Bestimmung der KONKRETEN KRÄFTEVERHÄLTNISSE in einem bestimmten Land, und da gilt es bei uns festzustellen, daß die Arbeiterklasse sich in der Defensive befindet, und trotz eines Ansteigens des spontanen Widerstands noch nicht in der Lage ist, die AUF ALLEN EBENEN vorgetragenen Angriffe der Kapitalistenklasse abzuwehren. Zu welche gefährlichen 'Einschätzungen' euch eure 'revolutionäre Flut' bringt, soll an einem Beispiel gezeigt werden. Im Artikel zum Berufsverbot (BV, d.Vf.) schreibt eure Zeitung, die Rote Fahne 3/1972 (vgl. 7.2.1972, d.Vf.):
'Die beabsichtigte Säuberung beweist, wie sehr sich die Herrschenden in der Defensive befinden… Auf die Bundeswehr können sie sich nicht verlassen. Desertion und Kriegsdienstverweigerung stehen auf der Tagesordnung.'

Die Bundeswehr ist natürlich kein widerspruchsfreies Instrument, aber sie ist derzeit noch zweifelsohne ein FUNKTIONIERENDES INSTRUMENT der herrschenden Klasse. welch ein Glück, daß die 'Einschätzungen' der KPD/ML nicht dazu führen können, daß die Bundeswehr unter Beweis stellen kann, wie sehr sich die herrschende Klasse ihrer noch sicher ist.

Während in vielen Veröffentlichungen der KPD/NML 'die beginnende revolutionäre Flut in Westdeutschland' beschworen, und allen, die an dieser Bestimmung Kritik übten 'Geringschätzung der Massen' vorgeworfen wurde, fragt - wie schon erwähnt - in der 'Roten Fahne' vom 21.2.1972 die Politabteilung beim ZB sehr richtig: 'Warum ist die Arbeiterklasse noch so schwach?' Die Antwort aber, die darauf gegeben wird, ist falsch: 'Weil ihr die Führung, eine starke, unbeugsame und weitblickende politische Partei fehlt…' Das Fehlen einer kommunistischen Partei, der Klassenorganisation der Arbeiter, welche die BEWUSSTESTEN TEILE DER ARBEITERKLASSE auf der Grundlage eines aus den konkreten Verhältnissen abgeleiteten PROGRAMMS organisiert, ist ebenso sehr FOLGE ALS AUCH AUSDRUCK, nicht aber Ursache der Schwäche des westdeutschen Proletariats. Die Ursachen für die Schwäche der westdeutschen Arbeiterklasse zu benennen, heißt, ihre Geschichte zu untersuchen:
- Zerschlagung der revolutionären deutschen Arbeiterbewegung durch den Hitler-Faschismus.
- Integration der BRD in das imperialistische System durch eine 'konzertierte Aktion' von alliierten Besatzern, westdeutschem Großkapital und SPD/DGB-Führung, wobei letztere vor allem die Ausschaltung der Kommunisten innerhalb der Arbeiterbewegung übernahm. Ausbau der BRD als antikommunistisches Bollwerk.
- 20 Jahre Aufbau des westdeutschen Kapitals und Rückentwicklung der europäisch-sozialistischen Länder (mit Ausnahme Albaniens) zu bürgerlichen Verhältnissen: beides nicht voneinander zu trennende Ursachen für die Entwicklung der KPD/DKP zu einer neuen Sozialdemokratie.

Hierin sehen wir - kurz zusammengefaßt - die Gründe für die Schwäche der westdeutschen Arbeiterklasse.

II. Wo stehen wir also heute?
Am Beginn einer spontanen Arbeiterbewegung, am Wiederentstehen einer politisch stark zersplitterten kommunistischen Bewegung. Die KPD/ML aber geht davon aus, daß die Arbeiterklasse in Westdeutschland in einer 'revolutionären Flut' steht, die KPD/ML ihre Partei ist und die Schaffung dieser Partei als 'im Großen und Ganzen abgeschlossen' betrachtet werden kann. KPD/ML: 'Nach der stalinschen Definition befindet sich unsere Partei in der ersten Etappe ihrer Entwicklung, am Beginn der dritten Periode.' Das aber heißt: 'Sowohl die Schaffung des Grundkerns, …als auch die Herausbildung von Parteikadern auf nationaler Ebene, d.h., der Schaffung des grundlegendsten Gerüstes, kann als im Großen und Ganzen abgeschlossen betrachtet werden.' (Die Etappen des Parteiaufbaus und die Aufgaben der KPD/ML, 1971, S. 23). Jetzt geht es darum, die 'Partei' mit Arbeitern aufzufüllen. Die dritte Periode, in der wir uns angeblich befinden, beschrieb nämlich Stalin als 'Entwicklung der Kader- zur Arbeiterpartei und Auffüllung der Partei mit neu mobilisierten Parteiarbeitern im Verlauf der proletarischen Bewegung (1903-1904)'. Dazu zweierlei:
1) halten wir es für falsch, die Geschichte der KPdSU zu einer allgemeingültigen Parteitheorie zu erheben und die Wirklichkeit nach der Beantwortung der Frage zu sortieren: 'Wo stehen wir heute in der Geschichte der KPdSU?'
2) war die Wirklichkeit der Jahre 1903/1904 in Rußland eine grundsätzlich andere als heute. Diese Jahre waren gekennzeichnet von Massendemonstrationen und großen Streiks der russischen Arbeiter, die sich immer stärker gegen die Zarenherrschaft richteten. Immer wieder wurden zaristische Truppen gegen kämpfende Arbeiter, Bauern und Studenten eingesetzt. Und die SDAPR, die sich auf ihrem 2. Parteitag 1902 ein revolutionäres KAMPFPROGRAMM gegeben hatte, konnte immer weitgehender die Kämpfe der Arbeiter anleiten. 'Die Streiks werden immer hartnäckiger und organisierter. Zum Unterschied zu den früheren Aktionen der Arbeiterklasse wird nunmehr der politische Kampf der Arbeiter fast überall von den sozialdemokratischen Komitees geleitet. Die Arbeiterklasse erhob sich zum revolutionären Kampf gegen die Zarenherrschaft'. (Geschichte der KPdSU (B), S. 37). Diese revolutionäre Situation ist nicht im mindesten mit der heutigen in Westdeutschland, und der Stand und die Verankerung der KPD/ML nicht mit dem der SDAPR von 1903/1904 zu vergleichen. Wir sind der Auffassung, daß der Parteiaufbau als konkret-historische Aufgabe angepackt werden muß und nicht als Nachvollzug der Etappen und Perioden der KPdSU.

Eurem Bewußtsein, daß ein 'Grundkern', 'Parteikader auf nationaler Ebene', 'programmatische und taktische Grundsätze in ihren grundlegenden Formen' schon da sind, entspricht eure AGITATIONS- UND PROPAGANDATÄTIGKEIT. Mit geradezu missionarischem Eifer versucht ihr den Arbeitern bei der Rhodia klarzumachen, daß die KPD/ML ihre Partei ist. (Die KPD/ML Freiburg arbeitet nur noch vor der Rhodia, nachdem sie vor den beiden größten Metallbetrieben (IGM-Bereich, d.Vf.) Freiburgs, ITT und Hellige, ihre Tätigkeit nach einem kurzen Gastspiel wieder eingestellt hat, ohne zu versuchen, dies den Kollegen dort irgendwie zu begründen).

Schon an der Tätigkeit VOR den Fabriktoren ist zu sehen, daß ihr nicht in der lage seid, beharrlich 'die Mehrheit der Arbeiterklasse sowohl in den Gewerkschaften als auch außerhalb zu erobern, geduldig eine starke kommunistische Partei aufzubauen, die fähig ist, bei allen und jeglichen Wendungen der Ereignisse die Massen wirklich zu führen, eine Strategie auszuarbeiten, die der besten internationalen Strategie der 'am meisten aufgeklärten' fortgeschrittenen Bourgeoisie gewachsen ist.' (Lenin, Brief an die deutschen Kommunisten, 1921). Seit einem Jahr preist ihr immer lauter eure Partei vor der Rhodia mit Sprüchen und Plakaten wie 'Arbeiter, lies deine Zeitung!', 'Die KPD/ML weist den richtigen Weg!' usw. Dieses Schauspiel, manchmal mit acht Verteilern, Plakaten und zwei Flüstertüten zeigt, was wirkliche 'Geringschätzung der Massen' ist, die ihr anscheinend nicht für fähig haltet eigenständig zu entscheiden, ob sie eure 'Rote Spule' wollen oder nicht. In der 'Roten Spule' können die Kollegen dann u.a. lesen: 'Die KPD/ML stellte den Kampf der Arbeiterklasse unter die Parole…' (Rote Spule, Dez. 1971 (vgl. 13.12.1971, d.Vf.)) und erfahren, daß sie ein 'Betriebliches Kampfprogramm' haben, das 'die richtige Antwort' gibt. Offensichtlich geht es bei all dem darum, Arbeiter in die 'Partei' zu lotsen und NICHT darum, die Arbeiter in ihren beginnenden Kämpfen gegen die Angriffe der kapitalistenklasse zu unterstützen und dabei die sich in diesen Kämpfen bildenden fortschrittlichen und in Opposition zur SPD-Linie der Gewerkschaftsführung stehenden 'harten Kerne' der spontanen Arbeiterbewegung an den Kommunismus heranzuführen, sie für den Aufbau der Kommunistischen Partei zu gewinnen.

So ist auch das am 23.2.1972 erschienene 'Kampfprogramm der Betriebsgruppe Rhodia der KPD/ML und des KJVD' dazu da, die eigene Organisation anzupreisen ('Darauf geben die Betriebsgruppen der KPD/ML und des KJVD' die richtige Antwort' …'Weisen uns den richtigen Weg') und nicht dazu, die Arbeiter zu unterstützen und IHREN Kämpfen Richtung zu weisen. Dies ist auch gar nicht möglich, da das 'Kampfprogramm' nicht im mindesten aus den Kämpfen, Erfahrungen und Diskussionen der Rhodia-Kollegen hervorgegangen ist. da nützen auch einige Zeilen Selbstkritik wenige Tage später nichts, man habe vor Herausgabe des Kampfprogramms 'nicht genügend mit den Kollegen diskutiert'.

Die 'Partei' muß sich nur noch propagieren! Nicht nur die Kader sind da, auch die 'THEORETISCHEN AUFGABEN' sind im Wesentlichen gelöst. In schreibt in eurem theoretischen Organ 'Bolschewik': 'Insgesamt kann man sagen, daß die theoretischen Aufgaben der KPD/ML wesentlich beschränkterer Natur sind als zum Beispiel Lenins oder KPD!' Ihr zeigt hier wie an anderen Stellen ein grundsätzliches Unverständnis gegenüber der Bedeutung theoretischer Arbeit, gegenüber der Bedeutung konkreter Analysen konkreter historischer Situationen. Wie sonst könntet ihr der Auffassung sein, daß 'die theoretische Schlacht gegen den Revisionismus ihrer Höhepunkt überschritten hat' (Bolschewik) und im Hinblick auf die schon bestehenden Erkenntnisse und Erfahrungen der internationalen Arbeiterbewegung behaupten: 'Angesichts dieses unschätzbaren theoretisch und politisch-ideologischen Rüstzeugs, das die Partei praktisch nur anzuwenden braucht, nehmen sich die theoretischen Aufgaben der deutschen Kommunisten sehr begrenzt aus.' (Bolschewik)

Diese 'praktische Anwendung' des 'Rüstzeugs' führt notwendigerweise dann zu falschen Ergebnissen, weil das 'Rüstzeug' nicht mit der Wirklichkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse vermittelt ist. So kommt ihr zu all den falschen Einschätzungen, daß die westdeutsche Arbeiterklasse 'in einer revolutionären Flut lebt', und die Schaffung der Partei mit der KPD/ML als 'im großen und ganzen abgeschlossen' betrachtet werden kann. Auf diese Weise kommt ihr auch zu der Behauptung, die sich durch eure gesamte politische Arbeit zieht, daß in der GEGENWÄRTIGEN ETAPPE der westdeutschen Revolution die SOZIALDEMOKRATIE , die sich zum Sozialfaschismus entwickle, der HAUPTFEIND der westdeutschen Arbeiterklasse sei. (besonders unsinnig sind die 'Etappen', die der Entwicklung der BRD gegeben werden: '1945-1949 Kampf für die antifaschistisch-demokratische Republik, 1949-1955/1956 Kampf für die Einheit und Unabhängigkeit Deutschlands (!), ab 1956 Kampf für die Diktatur des Proletariats', Bolschewik 7 (vgl. 31.5.1971, d.Vf.)).

III, Ihr behauptet, daß ab 1956 in Westdeutschland der 'Kampf für die Diktatur des Proletariats' geführt wird, und deshalb gegen die Sozialdemokratie (in euren theoretischen Schriften sprecht ihr vom 'Sozialfaschismus') der strategische Hauptschlag geführt werden müsse. Ihr zieht folgendes Stalinzitat heran (an vielen Stellen, z.B. Bolschewik 7 und Schulungsbroschüren für den KJVD (vgl. S8.**.197*, d.Vf.)):

'1. daß die gefährlichste soziale Stütze der Feinde der Revolution in der Periode der herannahenden revolutionären Entscheidung die Paktiererparteien sind;
2. daß es ohne Isolierung dieser Parteien unmöglich ist, den Feind (den Zarismus oder die Bourgeoisie) zu stürzen;
3. daß infolgedessen in der Periode der Vorbereitung der Revolution die Hauptschläge darauf gerichtet sein müssen, diese Parteien zu isolieren und die breiten werktätigen Massen von ihnen loszulösen.' (Stalin, Die Oktoberrevolution und die Taktik der russischen Kommunisten, 1924, S. 121)

Zu diesem Zitat ist zweierlei zu sagen:
1. lautet die Überschrift in dem Stalintext, aus dem Zitat stammt: 'Über einige Besonderheiten der TAKTIK der Bolschewiki in der Periode der Vorbereitung des Oktober'. Aus der Überschrift, als auch aus allen Zeitangaben in diesem Abschnitt geht hervor, daß es sich zeitlich gesehen um die LETZTEN MONATE VOR DER OKTOBERREVOLUTION handelte, eine Zeit, in der sich die Partei 'in ihrem Kampfe unentwegt auf die elementar ansteigende revolutionäre Massenbewegung stützt' (S.120 des Stalintextes)). Diese Taktik ist also in einer ganz bestimmten revolutionären Situation entstanden, und war dem Kampf gegen den Klassenfeind immer untergeordnet.
2. wollte also Stalin sagen, daß es in vorrevolutionären Situationen notwendig sei, die Hauptschläge gegen die Stützen der herrschenden Klasse INNERHALB der ausgebeuteten und unterdrückten Klassen zu führen, 'um den Sieg über den Hauptfeind zu erleichtern und zu beschleunigen' (S.121). Was aber macht ihr? Ihr macht in einer gewiß NICHT vorrevolutionären Situation die Stütze der Bourgeoisie innerhalb der Arbeiterklasse, die Sozialdemokratie, zum Hauptfeind der Arbeiterklasse. 'Sozialdemokratie bleibt der Hauptfeind' (Erklärung der Politabteilung beim ZB, Rote Fahne 2/1972 (vgl. 24.1.1972, d.Vf.), S. 5)

Nun kommt eine weitere der vielen Widersprüchlichkeiten in eurer Argumentation. Geht es um die Bestimmung des Kräfteverhältnisses, so lebt die westdeutsche Arbeiterklasse in einer 'revolutionären Flut'. Geht es jetzt aber um die Begründung dafür, warum der Hauptangriff gegen die Sozialdemokratie zu richten sei, so sagt das ZB in der Erklärung in der 'Roten Fahne' 2/1972: die Sozialdemokratie ist Hauptfeind, gerade weil 'die Revolution NICHT vor der Tür steht'. Stünde nämlich die Revolution vor der Tür, dann wäre wieder das Monopolkapital Hauptfeind der Arbeiterklasse. So aber gilt es 'heute, in der Vorbereitung der revolutionären Entscheidungsschlachten'… 'die wichtigste soziale Stütze dieser Gesellschaftsordnung zu vernichten: den Reformismus. Es gilt diese soziale Hauptstütze zu zerstören… In der Zeit, die dem Entscheidungskampfe vorausgeht, kommt es darauf an, jene politischen Kräfte, die gefährlichsten Feinde der Revolution zu isolieren und ihren Masseneinfluß zu zerschmettern. Gegen sie muß heute der Hauptangriff gerichtet werden' (Erklärung der Politabteilung des ZB).

Was ist dazu zu sagen:
Unser STRATEGISCHES ZIEL ist nicht die 'Erneuerung und Festigung der bürgerlichen Demokratie' (DKP), sondern die Errichtung der KLASSENHERRSCHAFT DES PROLETARIATS und der Aufbau des Sozialismus. Daraus folgt aber nicht, daß mit Ausnahme eines kurzen Moments der revolutionären Erhebung, die Sozialdemokratie zum Hauptfeind wird. Erst langandauernde Kämpfe der Arbeiterklasse mit der imperialistischen Bourgeoisie, IN DEREN VERLAUF sich die Arbeiterklasse unter Führung ihrer Partei von den Stützen der Bourgeoisie innerhalb der Arbeiterklasse lösen muß, können das Bewußtsein des unversöhnlichen Gegensatzes zum gesamten System des Imperialismus, und den festen Willen zur proletarischen Revolution schaffen. Den Kampf gegen die Monopolbourgeoisie und den Kampf gegen deren Stützen innerhalb der Arbeiterklasse müssen wir als EINHEITLICHEN KAMPF führen und dürfen nicht die Wirklichkeit des Imperialismus willkürlich verengen, nur noch die SPD-Regierung und ihre 'Knechte' sehen. Wohin das führt zeigen eure 'Rote Spulen' bei der Rhodia, die in einer Situation verschärfter Arbeitshetze, drohender Kurzarbeit und Entlassungen das Hauptschwergewicht auf die Bekämpfung des 'Regierungsknechts Schnabel'(Betriebsratsvorsitzender) legen, und so vor lauter 'Verrätern' die Kapitalistenklasse nicht mehr sehen. Ihr begründet diese Politik damit, daß die Sozialdemokratie 'heute das Hauptbollwerk gegen die sozialistische Revolution' sei (Rote Fahne 2/1972). Wir sagen dagegen, daß im Rahmen des BEGINNENDEN Kampfes der westdeutschen Arbeiterklasse gegen die Kapitalistenklasse die SPD-Regierung als Instrument der Kapitalistenklasse entlarvt werden und DABEI der Kampf gegen die Sozialdemokratie als bürgerliche Linie innerhalb der Arbeiterbewegung aufgenommen werden muß.

Wie begründet ihr vor den Arbeitern euern 'Hauptstoß gegen die Sozialdemokratie'? Ihr schreibt im 'Betrieblichen Kampfprogramm der KPD/ML'für die Rhodiakollegen (S. 10):
'Die Schnabel und Co. wollen uns einreden: die SPD sei doch nur das kleinre Übel, der wirkliche Feind sei die CDU. Nein Kollegen, die SPD an der Macht ist das größte Übel für die Arbeiterklasse. Denn sie ist es, die die reaktionären Maßnahmen gegen uns durchsetzt. Sie ist es, die uns mit Hilfe der Gewerkschafts- und D'K'P-Führer (DKP, d.Vf.) spaltet und unseren Kampf sabotiert. Sie ist es, die die Preise hochjagt. Sie ist es, die durch die 'Wehrreform' immer größere Teile der Arbeiterjugend in die Bundeswehr preßt, die verschärft aufrüstet für neue Kriege und Unterdrückung der Kämpfe der Arbeiterklasse. Lassen wir uns von der Wahlpropaganda der SPD- und D'K'P-Führer nicht hinters Licht führen. Deshalb: Kampf dem Lohndiktat der SPD-Regierung. Gegen die Verrätereien der Sozialdemokratie - die geschlossenen Front der Arbeiterklasse'.

Der Kollege, der das liest, gewinnt den Eindruck, als ob für die KPD/ML die CDU/CSU 'das kleinere Übel', und die SPD 'der wirkliche Feind' sei. Die Kapitalistenklasse als eigentlicher Gegenpol der Arbeiterklasse taucht überhaupt nicht auf. Und der sozialdemokratischen Linie in der Gewerkschaft, von der Führung bis in viele Vertrauensleutekörper hinein, wird NICHT entgegengehalten:

Die Arbeiter können nicht den Kampf um die Durchsetzung ihrer Interessen zugunsten einer bestimmten Regierung zurückstellen. Solange es den Kapitalismus gibt, wird jede Regierung die Politik der Kapitalistenklasse machen, ob CDU/CSU oder SPD/FDP. Wenn wir also unseren Kampf wegen einer bestimmten Regierung zurückstellen, schwächen wir uns und stärken die Herrschaft der Kapitalistenklasse. Wenn wir also die Kapitalistenklasse schlagen wollen, dürfen wir uns nicht an die SPD binden lassen, sondern müssen unsere eigenständige Klassenpolitik machen.

Nein, die KPD/ML schafft nicht durch eine solche richtige Argumentation politisches Bewußtsein über Kapitalistenklasse, Staat und Sozialdemokratie. Sie dreht die Argumentation der sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer und der DKP einfach rum und sagt: Nicht die CDU/CSU an der Macht, sondern die SPD an der Macht ist das größte Übel! So trägt diese Argumentation der KPD/ML nicht dazu bei, das Bewußtsein des unversöhnlichen Gegensatzes der Arbeiterklasse zum gesamten politischen und sozialen System des Imperialismus zu entwickeln, sondern verbleibt in der taktischen Überlegung vom 'kleineren Übel'. Wie wird nun das Ergebnis dieser Überlegung: das 'größte Übel SPD' begründet?

1. Die SPD-Regierung trifft eine Fülle von 'reaktionären Maßnahmen'. dazu ist zu sagen, daß vergangene CDU-Regierungen eine Fülle von 'reaktionären Maßnahmen' getroffen haben und heute eine Barzel/Strauß Regierung keinesfalls weniger reaktionäre Maßnahmen gegen die Arbeiterklasse und jeden Ansatz von proletarischer Organisation ergreifen würde, als dies gegenwärtig die SPD/FDP-Regierung tut. Zweifellos hat eine SPD/FDP Regierung wesentlich besser Mittel, um über die herrschende sozialdemokratische inie in den Gewerkschaften ihre Politik in der Arbeiterklasse durchsetzen zu können. Aber das heißt weder, daß deshalb die SPD auf Dauer die Regierungsgeschäfte für die Kapitalisten betreibt, noch, daß die Sozialdemokratie oder die SPD-Regierung damit zum Hauptfeind der Arbeiterklasse wird. Vielmehr heißt es, daß die sozialdemokratische Linie INNERHALB der Arbeiterschaft und der Gewerkschaft Hauptfeind für die Durchsetzung einer proletarischen Politik ist, unabhängig davon, ob die SPD an der Macht ist oder nicht. HAUPTFEIND DER ARBEITERKLASSE BLEIBT der Imperialismus, bleibt die Kapitalistenklasse, die mit dem Staat als ihrem geschäftsführenden Ausschuß ihre Herrschaft sichert und aufrechterhält. Auch wenn die SPD nicht mehr 'an der Macht' ist, bleibt aber der Opportunismus Hauptfeind der Arbeiterklasse IN der Arbeiterklasse.

Würden sich die Führer der Gewerkschaften nicht auch an den Imperialismus anbiedern, den Kampf der Arbeiterklasse sabotieren, wenn die CDU an der Macht ist?
Die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung hat gezeigt, daß sie dies tun würden, auch wenn sie dann wieder mit einem etwas radikaleren Getöse auftreten würden (was sie keinesfalls weniger gefährlich macht!). Wenn ihr z.B. SPD Betriebsräte wie Schnabel 'Regierungsknechte' nennt, verschweigt ihr das Wesentliche: daß sie der Bourgeoisie dienen, daß ihr ganzes Tun der Aufrechterhaltung der Herrschaft der Kapitalisten, dem Bestehen der kapitalistischen Gesellschaftsordnung unterworfen ist, und, daß sich die Schnabels nicht anders verhalten werden in ihrem Kampf gegen eine entstehende Arbeiterbewegung, wenn eines Tages die CDU ans Ruder kommt - ohne weiter 'Regierungsknechte' zu sein.

Daß ihr bei der Betriebsratswahl (BRW, d.Vf.) den Kampf gegen die 'REGIERUNGSknechte' führt, zeigt einmal mehr, zu welch falschen Positionen euch eure 'Hauptfeind SPD' Bestimmung zwingt.

Wie ihr in eurem 'Offenen Brief' an uns richtig feststellt, haben wir in der letztjährigen Chemietarifrunde (CTR, d.Vf.) vom 'Lohndiktat der SPD-Regierung' und vom 'Lohndiktat der Kapitalisten und ihrer Regierung' gesprochen. Um was geht es?

Mittels staatlicher Lohnpolitik versuchen bürgerliche Regierungen wie die SPD/FDP, aber auch z.B. die konservative Regierung in England (Großbritannien, d.Vf.), die Löhne und Gehälter an Daten zu binden, welche die Profitrate der Kapitalisten zumindest absichern. Wesentlichstes Instrument des kapitalistischen Staates sind dabei die Opportunisten innerhalb der Arbeiterklasse, der die Massen der Arbeiter noch keine eigenständige Klassenpolitik entgegensetzen können. Den Kampf gegen staatliche Lohnleitlinienpolitik und Konzertierte Aktion, beides nicht Erfindungen sondern nur besonders wirksame Instrumente in den Händen einer SPD/FDP Regierung, führen heißt, die Klasseninteressen des Proletariats durchzusetzen, ohne sich vom 'Gemeinwohl' der bürgerlichen Gesellschaft, noch vom Wohl der SPD/FDP Regierung davon abhalten zu lassen.

Das Durchbrechen der Lohnleitlinien aber drückt noch keineswegs politisches Klassenbewußtsein aus, ist noch nicht Teil des Kampfes um die politische Macht der Arbeiterklasse. Es ist vielmehr entschiedener ÖKONOMISCHER KAMPF der Arbeiterklasse, die sich von Durchsetzung ihrer Lohninteressen von keiner politischen Instanz, von keiner sozialdemokratischen Linie abhalten läßt. Gleichzeitig ist dieser ökonomische Kampf, wie oben schon ausgeführt, Grundlage für das Entstehen von politischem Klassenbewußtsein. es ist deshalb falsch, wenn ihr jeden Lohnkampf der Arbeiter zum politischen Kampf macht, allein aus dem Grund, weil der Staat in diese Lohnkämpfe eingreift.

Während der Chemietarifrunde haben wir einmal vom 'Lohndiktat der SPD-Regierung' gesprochen. Wir haben aber in allen Artikeln und Flugblättern den oben beschriebenen Zusammenhang von kapitalistischen Interessen und staatlicher Lohnpolitik klargemacht. Wir haben niemals den entscheidenden Fehler gemacht, den ihr mit dieser Parole ständig verbindet: nämlich die SPD-Regierung als selbständigen politischen Faktor zu behandeln, die - 'verräterisch' wie sie ist - willkürlich IHRE Lohndiktate durchsetzt. Wie begründet ihr das? 'AN DIE STELLE des Widerstandes der Arbeiter gegen die Hungerlöhne der Kapitalisten tritt der Kampf der Arbeiterklasse gegen STAATLICHEN LOHNRAUB' (Rote Fahne 5/1972 (vgl. 6.3.1972, d.Vf.), S. 3). Der Staat taucht hier als ein gegenüber der herrschenden Klasse und ihren Interessen verselbständigter Faktor auf, eine unseres Erachtens gefährliche Nähe zur revisionistischen Staatstheorie der DKP.

In zwischen halten wir es für falsch, die oben beschriebene staatliche Lohnpolitik als 'LOHNDIKTAT' zu bezeichnen.
Zwar wird über die Köpfe der Arbeiter hinweg in der Konzertierten Aktion die Lohnleitlinie ausgegeben, an die sich die SPD-Gewerkschaftsführer halten. Aber die Kampfstärke der Arbeiterklasse entscheidet letztlich darüber, ob sich die Lohnleitlinienpolitik durchsetzt oder nicht. Nicht wie im faschistischen Staat wird eine Zuwiderhandlung gegen das staatliche Lohndiktat mit dem offenen Terror des staatlichen Gewaltapparats beantwortet. Der Faschismus unterscheidet sich gerade dadurch von der bürgerlichen Demokratie, daß er die mit offenem Terror erzwungene Form der 'Sozialpartnerschaft' ist.
In der Metalltarifrunde (MTR, d.Vf.) haben wir deshalb gesagt:
- Gegen die verschärften Angriffe der Kapitalistenklasse und ihres Staates - die einheitliche Kampffront der Arbeiterklasse!
- Gegen Lohnleitlinien - Raus aus der Konzertierten Aktion!
- Kampf der SPD-Linie in den Gewerkschaften - Machen wir die Gewerkschaften zu Kampforganisationen der Arbeiterklasse!

Der bürgerliche Staat, derzeit angeführt von einer SPD/FDP Regierung, organisiert mit Erschießungen, Durchsuchungen, Absperrungen planmäßig eine Polizeistaatsatmosphäre, er setzt den Ausbau und die Zentralisierung des staatlichen Gewaltapparats fort, er versucht alle Ansätze von proletarischer Organisation zu zerschlagen, droht ständig mit der Anwendung des KPD-Verbots, unterstützt faschistische Regimes in aller Welt. All dies zeigt, daß die herrschende Monopolbourgeoisie immer reaktionärer wird, OHNE zum Mittel der Errichtung der faschistischen Diktatur gezwungen zu sein. Deshalb erscheint uns auch eure Beschreibung der gesellschaftlichen Wirklichkeit mit dem Begriff des 'Sozialfaschismus' (in eurem theoretischen Organ Bolschewik) falsch. es geht NICHT um ein allmähliches Hinübergleiten der bürgerlichen Demokratie in die offen terroristische Herrschaft der Kapitalistenklasse, in den Faschismus. Es geht darum, daß die Kapitalistenklasse frühzeitig versucht, im Rahmen ihrer bürgerlich-parlamentarischen Herrschaftsform alle Mittel zu ergreifen, um, ohne zu einem Formwandel ihrer Herrschaft gezwungen zu sein, jede Verbindung von spontaner Arbeiterbewegung und wissenschaftlichen Sozialismus im Keim zu ersticken. Eine starke, dem Monopolkapital gefährliche Arbeiterbewegung soll mit allen Mitteln der bürgerlichen Demokratie verhindert werden. Unsere Antwort darauf muß in der Stärkung der revolutionären Bewegung im Kampf gegen den Abbau der demokratischen Rechte des Volkes liegen.

IV. Nun zu einem letzten Punkt. Wir meinen, daß euer inhaltsleerer Anspruch, die 'Partei der Arbeiterklasse' zu sein, in allem 'die Führung haben' zu müssen, euch zunehmend unfähiger macht, auf die Wirklichkeit politisch richtig antworten zu können. Ihr trabt hinterher, betätigt euch dann als Richter der Bewegung, um alles und jeden diffamieren zu können, der nicht auf Parteilinie liegt.

Dazu drei wichtige politische Ereignisse in Freiburg".
Berichtet wird von der Vorbereitung des 1.Mai 1971 (vgl. 13.4.1971), der Antifademonstration am 23.10.1971 und ihrer Darstellung in der 'Roten Spule' (vgl. 28.10.1971), sowie dem Kampf gegen die Fahrpreiserhöhungen (vgl. 13.3.1972) und deren Behandlung in der 'Roten Spule' (vgl. 8.3.1972). Geendet wird:"
Wir werden die ideologische Auseinandersetzung mit euch fortführen, weil mit eurer Politik falsches Bewußtsein in die Arbeiterklasse getragen wird. Entscheidend aber dafür, daß ihr in der Arbeiterklasse keinen Einfluß gewinnt, wird sein, daß wir selbst die Wirklichkeit richtig analysieren, daß wir selbst keine Fehler machen, und daß wir dort, wo wir Fehler gemacht haben in der Lage sind, daraus zu lernen."

Als letzter Teil folgt ein:"
ANHANG ZU EINIGEN KONKRETEN VORWÜRFEN DER KPD/ML

1. Wie schon erwähnt, zieht ihr euren 'Offenen Brief' an dem Versuch der Rhodia-Gruppe auf, mit euch eine Verteilabsprache zu treffen. Aus dem Brief der Rhodia-Gruppe schließt ihr bei BKA und KJB:
1 'den Wunsch diktieren zu wollen'
2. 'Geringschätzung der Massen'
3. Unkenntnis der Tatsache, 'daß sich eine KP das Wann und Wie ihrer Agitprop nicht von anderen Organisationen vorschreiben lassen kann.'

zu 1. Worum es der Rhodia-Gruppe ging, und das hätte sie unmißverständlicher ausdrücken müssen, obwohl euch der Wunsch einer Verteil-Vereinbarung durch mündliche Gespräche schon bekannt war:
mit euch eine ABSPRACHE zu treffen, daß zumindest die Zeitungen nicht an demselben Tag verteilt werden. Eine solche Absprache würde natürlich dennoch jeder Organisation das Recht lassen, dann zu verteilen, wenn sie es für politisch notwendig erachtet. Dieser Gedanke ist ja auch keineswegs neu. Nach dem letzten 1.Mai haben sich Mitglieder der KPD/ML (Roter Morgen), KPD/ML
(Rote Fahne) und des BKA mündlich darüber geeinigt, die Verteilerei aufeinander abzustimmen. Verteilerinnen eurer Organisation haben sich danach mehrfach an Verteiler des BKA mit der Frage gewandt, ob es nicht möglich sei, sich über bestimmte Termine zu verständigen. Nach mehrfachen erfolglosen Versuchen, eure Kontaktperson anzutreffen, hat dann die Rhodia-Gruppe den Brief geschrieben. Wie aus der Zusammenfassung in eurem 'Offenen Brief' hervorgeht, geht es auch gar nicht so sehr um die Art unseres 'Vorgehens'. Vielmehr stellt ihr fest, daß unser Verteilvorschlag generell 'den Prinzipien kommunistischer Politik widerspricht.' Warum? Weil hinter diesem Vorschlag 'der Versuch steht, dem ideologischen Kampf auszuweichen'. Wenn wir nicht unbedingt immer zusammen mit euch vor den Rhodia-Toren stehen wollen, so ist dies noch lange kein Ausweichen vor dem ideologischen Kampf. Es ist aber richtig, daß wir bisher zu wenig die ideologische Auseinandersetzung mit anderen Linien in der kommunistischen Bewegung öffentlich geführt haben.

zu 2. Die Art und Weise, wie ihr bei Rhodia verteilt, nicht aber unser Brief, drückt eine 'Geringschätzung der Massen' aus. Um was geht es? Der gegenwärtige Stand der kommunistischen Bewegung drückt notwendigerweise Zersplitterung und Uneinheitlichkeit aus. Es wäre falsch, wenn man diese Realität vor der Arbeiterklasse verschweigen wollte, und dies war und ist von UNS nie beabsichtigt gewesen. Was aber jede PROLETARISCHE Organisation wissen sollte:
- wenn zwei oder noch mehr Organisationen gleichzeitig verteilen, erhalten viele Kollegen nur die Zeitung EINER Organisation (wodurch die ideologische Auseinandersetzung nicht erleichtert, sondern erschwert wird)
- ein großer Teil der Kollegen glaubt es einfach nicht bewältigen zu können, wenn 10 Seiten KLASSENKAMPF und 10 Seiten ROTE SPULE gleichzeitig vor ihm liegen - und liest als Reaktion oftmals gar nichts richtig. Es hat nichts mit 'Geringschätzung der Massen' zu tun, wenn wir dies feststellen. Wir wollen es wiederholen: Unsere Konsequenz daraus war und ist nicht, der KPD/ML z.B. Di. und Mi., und uns an Mo., Do. und Fr. 'Verteilverbot' aufzuerlegen. Und wir müssen sagen, daß viel böswillige Interpretationskunst dazu gehört, angesichts der langandauernden Kontakte unserer Organisationen und auch Gespräche über diesen Punkt, derartiges aus dem Brief der Rhodia-Gruppe abzuleiten. Die Möglichkeit, IMMER zu verteilen, besteht für alle Organisationen, unabhängig ob 'Partei' oder Zirkel.

zu 3. In der Zusammenfassung eures 'Offenen Briefes' werft ihr uns schließlich vor, daß unser Vorschlag 'eine deutliche Unsicherheit und Unklarheit über die Hegemonie (Führung) des Proletariats und die führende Rolle seiner Partei ausdrückt'. Ihr behauptet zwar nirgends in dem 'Offenen Brief', daß ihr in der KPD/ML die Kommunistische Partei seht. Ihr beendet euren 'Offenen Brief' nur mit dem Aufruf zur Einheit aller Marxisten-Leninisten und dem Ruf 'Es lebe die KPD/ML, Es lebe der KJVD', während ihr allerdings in dem Beginn schon erwähnten Brief an die ehemaligen Mitglieder der KPD/ML (Roter Morgen) die Sache klarer ausdrückt: 'Es lebe die Einheit aller EHRLICHEN Marxisten-Leninisten IN der KPD/ML' und im Brief an die ehemaligen Mitglieder der Roten Garde: 'Es lebe die revolutionäre Partei des Proletariats - die KPD/ML'.

Da ihr uns jedenfalls nicht vorwerfen könnt, daß wir einer noch gar nicht bestehenden Kommunistischen Partei 'das Wann und Wie ihrer Agitprop' vorschreiben wollten, müßt ihr euch schon selbst für die Kommunistische Partei der westdeutschen Arbeiterklasse halten. Seid ihr aber dieser Ansicht, so erhebt ihr den politischen Führungsanspruch schon für die Gegenwart, obwohl ihr auf S.1 eures Briefes zunächst richtig feststellt:
'Die politische Führung muß sich im Klassenkampf selbst herausstellen'. Um ein vermeintliches 'Verteildiktat' zurückzuweisen, muß man nicht auf dem 'Führungsanspruch der Partei' rumreiten. Tut man es dennoch, so zeigt man nur, daß man trotz aller Beteuerungen andere kommunistische Organisationen NICHT auf der Basis der Gleichberechtigung anerkennt."

Es folgt ein Abschnitt zum Berufsverbote Teach-In am 7.2.1972 und im letzten Punkt heißt es:"
3. Was die pauschalen Vorwürfe des Bruchs 'eigener Abmachungen', sowie der 'Lügen' und 'Halbwahrheiten' betrifft, so ist es erstaunlich, daß ihr jetzt in einem offenen Brief damit anrückt, ohne mit uns jemals vorher darüber gesprochen zu haben, und dabei so tut, als ob eh bekannt und bewiesen wäre, um was es sich bei euren Vorwürfen eigentlich handelt. Wir halten dies für kein korrektes Vorgehen und werden deshalb gar nicht versuchen herauszufinden, was ihr gemeint haben könntet, um dann darauf einzugehen."
Quellen: Kampf-Kritik-Umgestaltung Nr. 6, Ulm 15.9.1981, S. 56; BKA/KJB Freiburg: Antwort auf den 'Offenen Brief' der KPD/ML (Rote Fahne) an den Bund Kommunistischer Arbeiter und den Kommunistischen Jugendbund, Freiburg März 1972

Freiburg_KBW553

Freiburg_KBW554

Freiburg_KBW555

Freiburg_KBW556

Freiburg_KBW557

Freiburg_KBW558

Freiburg_KBW559

Freiburg_KBW560

Freiburg_KBW561

Freiburg_KBW562

Freiburg_KBW563

Freiburg_KBW564

Freiburg_KBW565

Freiburg_KBW566

Freiburg_KBW567

Freiburg_KBW568

Freiburg_KBW569

Freiburg_KBW570

Freiburg_KBW571


Valid HTML 4.01 Transitional   Valid CSS


[ Zum Seitenanfang ]   [ geographische Zwischenübersicht ]   [ thematische Zwischenübersicht ]   [ Hauptübersicht ]