Freiburg:
Der Protest gegen Fahrpreiserhöhung und Privatisierung der Stadtwerke 1971/72

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin

Vom Freiburger Protest gegen die Fahrpreiserhöhung und die Privatisierung der Stadtwerke Ende 1971 und Anfang 1972 lag uns allein Material des Bundes Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg und seines Kommunistischen Jugendbundes (KJB) vor. In seinem 'Klassenkampf', der vor vielen Betrieben in Freiburg und Umgebung als monatliche Zeitung ergänzt um Extrablätter verteilt wird, protestiert der BKA zunächst gegen die Privatisierung, wird diese doch als Profitschneiderei der Betriebe beim Strom sowie Ursache dräuender Fahrpreiserhöhungen für die Bevölkerung verstanden (vgl. 15.10.1971). Während sich verschiedene andere linke Freiburger Gruppen in der Aktion Roter Punkt (ARP) organisieren, bezweifelt der BKA die Tauglichkeit einer solchen Aktionsform, setzt vielmehr auf die gewerkschaftliche Mobilisierung (vgl. 14.1.1972) und hält sich von der Roter-Punkt-Kundgebung offenbar fern (vgl. 17.1.1972).

Die Privatisierung wird beschlossene Sache (vgl. 21.1.1972), und ist sogleich von Gebührenerhöhungen begleitet, worüber der BKA bald vermittels seines 'Klassenkampf' aufklärt (vgl. 26.1.1972), nicht zuletzt auch den Ausbau des Nahverkehrs in die Arbeiterwohnviertel fordert. In der Freiburger Gewerkschaftsjugend in der der BKA bzw. der mit ihm befreundete KJB nicht ohne Einfluss sind, wird nun ebenfalls protestiert (vgl. 17.2.1972), während sich die KPD/ML-ZB offenbar gänzlich untätig bzw. zänkisch gibt (vgl. 13.3.1972) und der örtliche DGB sich öffentlich in der Tagespresse von der geplanten Protestaktion seiner Jugend distanziert (vgl. 14.3.1972), waren seine Protagonisten doch selbst für die Entscheidung maßgeblich mit verantwortlich, vermögen auch auf der folgenden Versammlung (vgl. 17.3.1972) vermutlich nicht viele der Anwesenden von ihren Ansichten zu überzeugen, vielmehr scheinen sich die jungen mit den älteren Kollegen zu verbünden. Nun ruft auch der BKA zur Demonstration auf (vgl. 20.3.1972), die von der Polizei mit einem bis an die Zähne bewaffneten Grossaufgebot bedacht wird (vgl. 21.3.1972).

Der DGB Kreisvorstand lehnte zwar zunächst die Fahrpreiserhöhungen ab, was aber seinen Vorsitzenden offenbar nicht daran hinderte sich um eine Umstimmung zu bemühen (vgl. 10.4.1972), auch wenn die Fahrpreiserhöhung zunächst verschoben (vgl. 11.4.1972), aber nicht aufgehoben wird, so dass der BKA erneut zur Demonstration aufruft, dabei auch gegen die Fahrplanverdünnungen eintritt (vgl. 8.5.1972). Wiederum demonstrieren um die 1 000 Menschen, unter Beobachtung durch reichlich Polizei, vermögen aber den Stadtrat nicht umzustimmen (vgl. 9.5.1972), so dass diese wie immer unvollständige Darstellung mit einer öffentlichen Manöverkritik des BKA abschließt (vgl. 15.5.1972).

Zu erneuten Fahrpreiserhöhungen kommt es offenbar Anfang 1974 (vgl. 28.1.1974).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

15.10.1971:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg gibt ein Extra "An die arbeitende Bevölkerung" seines 'Klassenkampf' (vgl. 14.10.1971, 15.10.1971) mit einem Umfang von 2 Seiten DIN A 4 heraus:"
NEIN ZUR GEPLANTEN PRIVATISIERUNG DER STADTWERKE

Hinter unserem Rücken planen Stadtverwaltung und Gemeinderat einen Akt sozialer Demontage: Die Privatisierung der Stadtwerke! Was vor den Gemeindewahlen (vgl. **.**.197*, d.Vf.) ausgeklammert wird, um keine öffentliche Unruhe zu erzeugen, soll nach den Wahlen im Ruck-Zuck Verfahren durchgepeitscht werden. Die Planungen sind schon weitgehend abgeschlossen.

DIE STADTWERKE FREIBURG SIND BISLANG EIGENBETRIEBE DER STADT, das heißt, sie stehen voll und ganz im Eigentum der Stadt Freiburg. Das begründet sich daraus, daß sie durchweg nur öffentliche Aufgaben wahrnehmen und dafür auch das Monopol besitzen: für Gas, Strom, Wasserversorgung ebenso wie für den öffentlichen Nahverkehr (Straßenbahn, Bus). Jetzt sollen die Stadtwerke in eine Eigengesellschaft umgemodelt werden, was bedeutet, daß die Stadt zwar die Mehrheit der Anteile in ihrer Hand behält, private Dritte aber als Anteilseigner hinzutreten.

WER HAT EIN INTERESSE AN DIESER UMWANDLUNG

Die Gewinn- und Verlustrechnung der Stadtwerke Freiburg sieht für 1970 so aus, daß einem Ertrag von 87 Mio. DM 90, 6 Mio. DM Ausgaben gegenüberstehen, also ein Defizit von 3, 6 Mio. übrigbleibt. Wenn man sich die Sache für die verschiedenen Betriebszweige genauer ansieht, stellt man fest, daß
bei Strom + 3, 9 Mio. DM, bei Gas - 1, 3 Mio. DM,
bei Wasser + 2, 1 Mio. DM und bei den Verkehrsbetrieben - 8, 3 Mio. DM
in der Endabrechnung stehen.
Das hohe Defizit bei den Verkehrsbetrieben kann also durch den Überschuß, vor allem bei der Stromversorgung nicht ausgeglichen, aber doch kräftig gemildert werden. 'Ein wesentlicher Zweck der Umgründung ist eine Trennung der Versorgungsbetriebe von den Verkehrsbetrieben', schreibt einer der treibenden Kräfte der Privatisierung, Oberbaudirektor Viktor Kuntzenmüller (Direktor des E-Werks), in einem Leserbrief an die Badische Zeitung vom 7.10.1971. Diese Trennung wird rechtlich so aussehen, daß sowohl die Versorgungs- als auch die Verkehrsbetriebe je eine Aktiengesellschaft werden und beide Aktiengesellschaften von einer Dachgesellschaft verbunden werden. Die Aktiengesellschaft Verkehrsbetriebe wird nun eigenständig versuchen müssen aus ihrem Defizit herauszukommen, was nichts anderes bedeutet als
- Erhöhung der Fahrpreise bei Straßenbahn und Bus (Schlagwort: Kostengerechte Tarife)
- Fahrplanverdünnungen, d.h. weniger Verbindungen auf unrentablen Linien
- Verschärfung des Arbeitsdrucks und Wegrationalisierung von Arbeitsplätzen bei den Verkehrsbetrieben

ALLES MASSNAHMEN, DIE SICH DIREKT GEGEN DIE ARBEITENDE BEVÖLKERUNG FREIBURGS RICHTEN. Die Versorgungsbetriebe dagegen können bei einem gewinn von insgesamt 4, 7 Mio. ihre Preise halten, wovon in erster Linie die Unternehmen profitieren, die die großen Stromabnehmer sind. Die künftige Versorgungsbetriebe AG wird ihre Strompreise also FÜR DIE UNTERNEHMER niedrig halten, die künftige Verkehrsbetriebe AG dagegen ihre Fahrpreise kräftig raufsetzen. Bisher ist es also so, daß die Unternehmer über die Strompreise einen Teil des Defizits der Stadtwerke tragen. Müssen dagegen in Zukunft die Verkehrsbetriebe ihre Bilanz ohne den Überschuß der Versorgungsbetriebe ausgleichen, so müssen wir, die 'Nutzer' von Bus und Straßenbahn, dafür aufkommen. FÜR WAS ZAHLEN WIR EIGENTLICH STEUERN, WENN SELBST DIE SELBSTVERSTÄNDLICHSTEN LEISTUNGEN DER GEMEINDEN WIE NAHVERKEHR EINEN IMMER GRÖSSEREN TEIL UNSERES NACH STEURABZUG ÜBRIGGEBLIEBENEN LOHNS WEGFRESSEN? Für mehr Kindergärten und Spielplätze bestimmt nicht, wie man überall sieht.

WEM KOMMT DIE PRIVATISIERUNG NOCH ZU GUTE

Wenn auch die Stadt Freiburg die Mehrheit der Anteile an den Stadtwerken behält, so treten doch private Geldgeber als neue Anteilseigner hinzu, das ist erklärter Zweck der Umgründung. Diese Stadtwerks-Kapitalisten geben ihr Geld nicht, um die Leistungen der Stadtwerke für die arbeitende Bevölkerung zu verbessern, sondern allein aus zwei Gründen:
- sie erhoffen sich eine günstige Verzinsung ihres Geldes
- sie wollen Einfluß gewinnen auf die Planung der Stadtwerke.
Die Gewinne dieser Stadtwerks-Kapitalisten müssen aber zusätzlich zu allen Kosten 'erwirtschaftet' werden, ohne daß dies irgendjemandem in der arbeitenden Bevölkerung zu Gute käme, im Gegenteil: was auf der einen Seite in den Geldsack der Stadtwerks-Kapitalisten fließt, muß auf der anderen durch Mehrarbeit bei den Beschäftigten der Stadtwerke und höhere Preise für uns 'erwirtschaftet' werden.

… UND SCHLIESSLICH SIND PÖSTCHEN ZU VERGEBEN

Vorstände, Aufsichtsräte und Verwaltungsräte für die 2 Aktiengesellschaften und die Dachgesellschaft ergeben zusammen runde 50 fette Pöstchen. Diese Pöstchen und die damit zusammenhängenden Ausgaben (vom Mercedes bis zum Teakholz-Schreibtisch) werden die Stadt ZUSÄTZLICH jährlich mit mindestens einer Million belasten, und das bei einem Defizit von 3, 6 Millionen. Dies erklärt auch besser als alles andere, wieso die 'Stadtväter' so einmütig hinter der Privatisierung stehen, wieso sich die Interessen der Industrie, des lokalen Handels, der Verwaltungsspitzen und der 'Stadtväter' so hervorragend decken.

NOTWENDIGE ABWEHRMASSNAHME

Die geplante Privatisierung der Stadtwerke ist also ein Schlag gegen die arbeitende Bevölkerung, sie liegt ausschließlich im Interesse der Kapitalisten und ihrer Politiker. Sie ist ein Akt sozialer Demontage, der sich würdig einreiht in die horrenden Preiserhöhungen, Steuererhöhungen, in den Abbau von Sozialleistungen und verschärfter Arbeitshetze in den Betrieben. Daß eine derartige Schweinerei wie die Privatisierung der Stadtwerke von der SPD und Gewerkschaftsführern a la Jorzig mitgetragen wird, zeigt einmal mehr, daß die Sozialdemokratie wie alle anderen bürgerlichen Parteien nichts anderes ist als der politische Geschäftsführer der Kapitalistenklasse.

Klar ist, daß die Städte zu wenig Geld haben, daß die Verhinderung der Privatisierung der Stadtwerke eine notwendige Abwehrmaßnahme der arbeitenden Bevölkerung sein muß, daß sie aber an der grundsätzlichen Misere der Städte nichts ändert. Die Misere der Städte hat ihre eigentliche Ursache darin, daß die Profitinteressen der Herrschenden Monopolkapitalisten den Städten eine Erfüllung ihrer kommunalen Aufgaben nicht zulassen. In einer Gesellschaft, in der es darum geht, daß die Kapitalisten Profit machen um ihr Kapital immer weiter zu vergrößern, ist kein Platz für die Befriedigung lebenswichtiger Bedürfnisse der arbeitenden Bevölkerung. Dies drückt sich im Etat der Städte aus, der nicht vorn und nicht hinten langt, um auch nur annähernd die wichtigsten Aufgaben der Städte zu erfüllen. Es ist deshalb Unsinn so zu tun, als ob man ohne Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse, unter der Herrschaft des Monopolkapitals, in den Städten eine Politik im Interesse der arbeitenden Bevölkerung machen könne. Eine Kommunalpolitik im Interesse der arbeitenden Bevölkerung kann es nur geben, wenn die Arbeiterklasse diesen Staat zerschlagen und ihren Staat errichtet hat, wenn sie bestimmt, wofür sie ihre Arbeitskraft einsetzt: für Schulen, anständige Wohnungen, Ausbau des Nahverkehrs usw. SOLANGE ABER DAS MONOPOLKAPITAL HERRSCHT, MUSS SICH DIE ARBEITENDE BEVÖLKERUNG DER STÄNDIGEN ÜBERGRIFFE DER KAPITALISTEN UND IHRER VERTRETER ERWEHREN. Die geplante Privatisierung der Stadtwerke ist solch ein besonders unverschämter Übergriff. WIR MÜSSEN VERSUCHEN IHN ZU VEREITELN!

ARBEITER UND ANGESTELLTE DER STADTWERKE!
ERZWINGT IN EURER GEWERKSCHAFT ÖTV EINE KLARE ENTSCHEIDUNG, EIN KLARES NEIN ZUR PRIVATISIERUNG!
KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN!
WIR ALLE SIND VON DER GEPLANTEN PRIVATISIERUNG DER STADTWERKE BETROFFEN!
WIR ALLE MÜSSEN DEN KAMPF GEGEN DIESEN AKT SOZIALER DEMONTAGE AUFNEHMEN!
VERPFLICHTEN WIR UNSERE VERTRAUENSLEUTE-KÖRPER IM BETRIEB, UNSERE LOKALEN GEWERKSCHAFTSVERTRETER EBENFALLS ZU EINEM KLAREN NEIN!
FORDERN WIR UNSERE BETRIEBSRÄTE AUF GEGEN DIE PRIVATISIERUNG STELLUNG ZU NEHMEN!

WEHREN WIR UNS GEGEN DIE ANGRIFFE DER KAPITALISTEN UND IHRER HANDLANGER"
Quelle: Klassenkampf Extra An die arbeitende Bevölkerung und Extrablatt für die arbeitende Bevölkerung, Freiburg 15.10.1971 bzw. 26.1.1972

Freiburg_KBW479

Freiburg_KBW480


27.12.1971:
In Freiburg verteilt die DKP, laut BKA, ein Flugblatt gegen die Fahrpreiserhöhungen (vgl. 15.10.1971, 14.1.1972).
Q: Klassenkampf Extrablatt für die arbeitende Bevölkerung,Freiburg 26.1.1972; Gewerkschaftliches Maikomitee 1971,Freiburg o.J. (1971)

14.01.1972:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg berichtet:"
WARUM HALTEN WIR NICHTS VON EINER 'ROTE PUNKT AKTION'

Am Freitag, den 14.1. hat sich auf Einladung des Sozialistischen Bundes (SB) die 'Bürgerinitiative Roter Punkt' gegründet. In ihr gibt es nach Aussagen ihrer Väter Jusos (der SPD), DKP, SB und AStA der Universität keine politischen Positionen mehr, sondern nur noch den gemeinsamen Widerwillen der Bürger gegen die Fahrpreiserhöhung. Die Bürger wollen eine Reihe von Maßnahmen vorbereiten: Flugblätter, Presseerklärungen, Versammlungen mit OB, Stadtverwaltung und Landtagsabgeordneten, 'Go-In' in den Stadtrat, Unterschriftensammlung, Demonstration, Fahren zum Nulltarif, Aktion Fahrkartenumtausch, Blockierung der Straßenbahn und Aktion Roter Punkt....

In ihren Versammlungen weigern sie sich hartnäckig, mit Argumenten wie 'Wir wollen keine pessimistischen Diskussionen anzetteln', jede Diskussion über die Mißerfolge aller Rote-Punkt-Aktionen in den letzten 2 Jahren zu führen. Sie weigern sich beharrlich zu diskutieren, warum die 'ROTEN PUNKTE' schließlich nichts als RESIGNATION UND HILFLOSIGKEIT HINTERLASSEN.

STATT ORGANISIERUNG DES ABWEHRKAMPFES - HILFLOSE APPELLE

Wie in den anderen Städten (Hamburg, in vielen Städten des Ruhrgebiets und zuletzt in Stuttgart) will auch die Freiburger Bürgerinitiative jede Darstellung der WIRKLICHEN HINTERGRÜNDE für die geplanten Maßnahmen der Stadtverwaltung herauslassen. Sie wollen ihre Empörung darüber zum Ausdruck bringen, daß nun der Staat bzw. die Stadt sich verhält wie die Kapitalisten auch, und sie zur Zurücknahme ihrer 'unsozialen' Maßnahme zwingen. Das Ganze soll auf eine Auseinandersetzung zwischen den Bürgern und 'ihrer' Stadtverwaltung beschränkt werden. Die Kapitalistenklasse und ihre Interessen sollen schön brav draußen bleiben, um die Bürger nicht zu verschrecken.

Wer wie die DKP und die Jusos die Vorstellung verbreitet, dieser Staat oder diese Stadtverwaltung könne von den Profitinteressen unabhängig gemacht und in den Dienst ihrer Bürger gestellt werden, der VERHINDERT JEDEN WIRKSAMEN KAMPF FÜR DIE LEBENSINTERESSEN DER ARBEITERKLASSE UND DER GESAMTEN WERKTÄTIGEN BEVÖLKERUNG.

Die Beispiele der Fahrpreiserhöhung, der Privatisierung der Stadtwerke, des schrittweisen Abbaus des öffentlichen Nahverkehrs zeigen besonders deutlich, in wessen Interesse der Staat und die Rathausparteien Politik machen. Dem setzen DKP und Jusos nur hilflose Appelle und gute Ratschläge entgegen: 'Ihr Herren Stadträte, wendet Euch um mehr Geld nicht an uns Bürger sondern an Eure Gesinnungsfreunde in Stuttgart und Bonn. Spielt nicht länger den unschuldigen, unwissenden Thomas.' (DKP-Flugblatt vom 27.12.1971)

DER 'ROTE PUNKT' FÜHRT IN DIE SACKGASSE

Daran ändern auch scheinbar radikale Aktionen nichts. Wenn wir uns als Konsumenten, als Bürger organisieren, Appelle an den Staat richten, werden wir niemals in der Lage sein, den Angriffen der Kapitalisten und ihres Staates wirksamen Widerstand entgegenzusetzen. Wer wie die 'Bürgerinitiative Roter Punkt' in ihrem ersten Flugblatt so tut, als ob im Kapitalismus ein 'gut ausgebauter öffentlicher Nahverkehr' möglich wäre, verschleiert die Tatsache, daß dieser Staat Instrument der Kapitalistenklasse und ihren Profitinteressen unterworfen ist. Die geplante Fahrpreiserhöhung ist eine der vielen Maßnahmen, mit denen das Monopolkapital und sein Staat die herannahende Krise auf die arbeitende Bevölkerung abwälzen will. Sie reiht sich ein in die Kette der Preiserhöhungen, Mieterhöhungen, Steuererhöhungen, Gebührenerhöhungen bei der Post und Tariferhöhungen bei der Bahn etc. etc.

UNSERE ANTWORT DARAUF KANN NUR HEISSEN:

Wir müssen den Kampf von dort aus führen, wo wir am stärksten sind. Von unseren Arbeitsplätzen, von den Betrieben aus, wo wir nicht als x-beliebige Käufer, sondern als VERKÄUFER UNSERER ARBEITSKRAFT und als die PRODUZENTEN DES GESAMTEN GESELLSCHAFTLICHEN REICHTUMS im solidarischen Kampf die Kapitalistenklasse und ihren Staat am schärfsten treffen können. Von dieser Position aus müssen wir den Widerstand gegen Fahrpreiserhöhungen, Umgründung, Fahrplanverdünnung, Preistreiberei und Lohnraub als Teil des Abwehrkampfes gegen die umfassenden Angriffe der Kapitalisten und ihres Staates organisieren."

Der BKA legt bei den Verhandlungen ein Papier vor:"
VORSCHLAG DES BUNDES KOMMUNISTISCHER ARBEITER FÜR EINE AKTIONSEINHEIT GEGEN DIE FAHRPREISERHÖHUNGEN

Stadtbürokratie und bürgerliche Parteien planen wie schon in allen größeren Städten der BRD nun auch in Freiburg eine Erhöhung der Tarife im öffentlichen Nahverkehr. Diese Preiserhöhung reiht sich ein eine Fülle von Maßnahmen, die allesamt zu einer Verschlechterung der Lage der Arbeiterklasse und der gesamten übrigen werktätigen Bevölkerung führen und die ihren sichtbarsten Ausdruck in der Senkung Reallohniveaus 1971 findet. Wie sind diese verschärften Angriffe der Kapitalistenklasse und ihres Staates auf die Lage der Arbeiterklasse und der gesamten übrigen werktätigen Bevölkerung zu erklären?

Die Abschwächung der Konjunktur in der BRD wird diesmal verschärft durch eine Krise in den übrigen imperialistischen Ländern (sinkende Produktion, sinkende Beschäftigung in USA, England (Großbritannien,d.Vf.), Italien etc.). Daraus ergibt sich eine erneute Verschärfung des innerimperialistischen Kampfes um Absatzmärkte. Um in diesem Kampf den eigenen Exportvorsprung gegenüber den anderen imperialistischen Ländern aufrechterhalten zu können, versucht das westdeutsche Monopolkapital mit allen Mitteln, den Preis der Ware Arbeitskraft zu senken. Das alles heißt nichts anderes, als daß die Lage der Arbeiterklasse verschlechtert wird, damit die Monopole ihre Profitspanne halten können. Zudem trifft der bürgerliche Staat eine Reihe von politischen Maßnahmen im Interesse der Kapitalistenklasse, um die Arbeiterklasse verstärkt niederhalten zu können (Konzertierte Aktion, Neuauflage des Betriebsverfassungsgesetzes (BVG,d.Vf.), Ausbau des Bundesgrenzschutzes (BGS,d.Vf.) Militarisierung der Polizei). Die Mittel der Kapitalistenklasse, den Verkaufspreis der Ware Arbeitskraft zu senken, sind vielfältig. Im Zentrum steht der direkte Angriff auf das Lohnniveau. Die Tarifabschlüsse in Chemie, Metall und jetzt im Öffentlichen Dienst (ÖD),d.Vf.) bedeuten angesichts der Steigerung der Lebenshaltungskosten 1971 von 7% einen ABBAU DES REALLOHNS. Zudem aber wird durch Steigerung des Arbeitstempos, neue Arbeitsplatzbewertungsmethoden und Rationalisierungen ein DIREKTER ANGRIFF AUF DIE ARBEITSKRAFT jedes einzelnen Arbeiters unternommen, was eine ständige Erhöhung der Arbeitsunfälle und das Ansteigen der Frühindividualität zur Folge hat. DAS LEBENSNIVEAU DER ARBEITERKLASSE KANN WIRKSAM NUR VON DER PRODUKTIONSSPÄHRE AUS ERHALTEN WERDEN, VON DORT, WO DIE ARBEITER ALS KLASSE VEREINT SIND, VON WO AUS SIE DIE KRAFT IHRER KLASSE ENTWICKELN KÖNNEN.

In einer Situation der herannahenden Krise muß der Staat als Instrument der herrschenden Klasse verstärkt seine Umverteilungsfunktionen wahrnehmen. Das heißt, daß alle nicht unmittelbar den Kapitalisten zukommenden Mittel gekürzt werden (Streichung eines großen Teils der Finanzmittel, die zu einer Verbesserung der Lage der arbeitenden Bevölkerung nötig wären, wie Mittel für Gesundheit, Umweltschutz und Bildung etc.). Andererseits werden alle finanziellen Mittel im Interesse der Kapitalisten für Investitionszuschüsse, Steuervergünstigungen und Kreditvergünstigungen bereitgestellt, ebenso wie die Mittel zum Ausbau des staatlichen Gewaltapparates (Erhöhung des Wehretats, Ausbau des Bundesgrenzschutzes, Militarisierung der Polizei) erhöht werden.

DIE SICH VERSCHÄRFENDE FINANZMISERE DER STÄDTE HAT IHRE EIGENTLICHE URSACHE DARIN, DASS DIE INTERESSEN DER HERRSCHENDEN KAPITALISTENKLASSE DEN STÄDTEN EINE ERFÜLLUNG IHRER AUFGABEN NICHT ZULASSEN. In einer Gesellschaft, in der alles darum geht, daß die Kapitalisten Profit machen können, ist kein Platz für die Befriedigung lebenswichtiger Bedürfnisse wie ausreichende Gesundheitsvorsorge- und -fürsorge, ausreichende Bildungsstätten für alle, ausreichenden öffentlichen Nahverkehr usw., was die eigentlichen Aufgaben der Städte sein sollen. So ist auch gar nicht möglich, daß im Kapitalismus ein ausreichendes öffentliches Verkehrsnetz aufgebaut wird, weil dem die Interessen der Auto- und Mineralölindustrie entgegenstehen. Seinen fortgeschrittensten Ausdruck findet dies in den Großstädten der USA, wo der öffentliche Nahverkehr eingeht und verrottet, wo die dringendsten sozialen Aufgaben wie Müllabfuhr nicht mehr bewältigt werden können und andererseits die städtischen Verkehrsämter sechsspurige Schnellstraßen abreißen und achtspurige Schnellstraßen bauen lassen müssen, um dem Individualverkehr einigermaßen Herr werden zu können. Dieser Widerspruch zwischen öffentlichem Nahverkehr und Individualverkehr findet in Freiburg seinen Ausdruck darin, daß die Stadt angesichts eines Defizits der Stadtwerke 1971 von 3,6 Mio. Mark die Fahrpreise heraufsetzen will, andererseits aber 1971 21,6 Mio. Mark für Straßenbau ausgegeben hat.

ZUSAMMENGEFASST HEISST DIES: Die wachsenden Ausgaben für den Verkehr mit Privatwagen (Straßenbau, Parkhäuser etc.), die steigenden Kosten des öffentlichen Nahverkehrs führen dazu, daß sich die Finanzlage der städtischen Nahverkehrsbetriebe seit Anfang der 60er Jahre ununterbrochen verschlechterte, während gleichzeitig die Interessen der Monopole an einer Zentralisierung des Steueraufkommens verhinderten, daß die Gemeinden diese wachsenden Defizite decken konnten. Deshalb steigen die Preise der öffentlichen Nahverkehrsbetriebe in der BRD seit Jahren überdurchschnittlich. Diese Tendenz muß sich dann verschärfen, wenn in Zeiten einer herannahenden Krise die Umverteilungsarbeit des Staates im Interesse der Kapitalisten beschleunigt wird. Das ist der Grund für die letzten Fahrpreiserhöhungen im öffentlichen Nahverkehr in Bochum, Dortmund, Berlin, Hamburg, Heidelberg, Karlsruhe und in den letzten Tagen in Stuttgart und Frankfurt. Diese Fahrpreiserhöhungen sind eine der vielen Preiserhöhungen, die derzeit auf die arbeitende Bevölkerung zukommen. Sie TREFFEN DIE ARBEITENDE BEVÖLKERUNG BESONDERS HART: Die vielen Arbeiter, Angestellte und Lehrlinge, die morgens in überfüllten Straßenbahnen und Bussen zur Arbeit - und abends wieder heim oder zum Bahnhof fahren; die vielen Hausfrauen, die auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen sind; die Schüler, deren Mehrausgaben auf die Eltern zurückfallen, und die Studenten, von denen ebenfalls viele mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. 1970 hatten die öffentlichen Verkehrsmittel immerhin insgesamt über 33 Millionen Fahrgäste! Deshalb müssen wir gegen diese Maßnahme der bürgerlichen Parteien - CDU, SPD, FDP im Verein mit der Stadtverwaltung - entschieden Widerstand leisten.

KEINE ERHÖHUNG DER FAHRPREISTARIFE!

Gleichzeitig müssen wir alle Maßnahmen verhindern, die auf eine Verdünnung des Fahrplans hinauslaufen. Im Gegenteil ist es notwendig, daß gerade in die Randgebiete der Stadt, in denen die arbeitenden Bevölkerung zum großen Teil wohnt, verstärkt öffentlicher Nahverkehr geführt wird.
KEINE VERDÜNNUNG DES FAHRPLANS - AUSBAU DES NAHVERKEHRS IN DIE WOHNVIERTEL DER ARBEITENDEN BEVÖLKERUNG!

Zudem plant die Stadtverwaltung die Privatisierung der Stadtwerke. Diese Privatisierung entspräche den Interessen der zukünftigen Aufsichtsräte und privaten Kapitalgeber. Sie würde aber für die bei den Stadtwerken beschäftigten Arbeiter und Angestellten (ÖTV-Bereich,d.Vf.) Mehrarbeit und Gefährdung der Arbeitsplätze, für die Benutzer der öffentlichen Verkehrsmittel weitere Preiserhöhungen bedeuten. Deshalb ist es notwendig, daß wir uns gegen die Privatisierung der Stadtwerke zur Wehr setzen.

NEIN ZUR PRIVATISIERUNG DER STADTWERKE!

Es ist notwendig, daß wir diesen Kampf gegen die Fahrpreiserhöhung als Teil des Kampfes gegen die umfassenden Angriffe der Kapitalistenklasse auf das Lebensniveau der Arbeiterklasse führen. Es ist notwendig, daß wir hinter den vom Staatsapparat ausgeführten arbeiterfeindlichen Maßnahmen die Interessen der Kapitalistenklasse sehen und sie aufdecken. Deshalb wäre es falsch, den Kampf gegen die Fahrpreiserhöhung isoliert als Auseinandersetzung zwischen 'Bürgern' und 'Stadtverwaltung' zu führen. Deshalb wäre es gefährlich, die Empörung darüber, daß 'nun auch' der Staat mit diesen Preiserhöhungen sich verhält, wie die Kapitalisten auch, zum Inhalt des Kampfes gegen die Fahrpreiserhöhung zu machen. In dieser Empörung dokumentiert sich das illusionäre Konzept der Reformisten, die als Antwort auf dieses 'unsoziale' Verhalten des Staates eine breite Front errichten möchten, um den 'Sozialstaat' zur 'Erfüllung seines Verfassungsauftrages' zu zwingen. Diesem gefährlichen, illusionären Konzept der Reformisten gegenüber müssen wir auch im Kampf gegen die Fahrpreiserhöhung deutlich machen, daß solange die Kapitalistenklasse herrscht, solange die Arbeiterklasse ausgebeutet und in allen Lebensbereichen unterdrückt wird, der Staat Instrument der
Kapitalistenklasse ist - seine Institutionen wie Militär, Polizei, Justiz, Verwaltung, Parlament Instrumente der herrschenden Klasse sind und nicht in den Dienst der werktätigen Massen gestellt werden können. Wir müssen den Kampf gegen die Fahrpreiserhöhung als TEIL DES NOTWENDIGEN ABWEHRKAMPFES der Arbeiterklasse und der übrigen werktätigen Bevölkerung führen.

Wir dürfen der Kampagne gegen die Fahrpreiserhöhungen auch keinen falschen Inhalt und keine falsche Form geben. Die 'Rote Punkt Aktionen' begehen diesen Fehler, indem sie ihren Inhalt auf die Auseinandersetzung um die Fahrpreiserhöhung reduzieren und die Demonstranten als 'Straßenbahnbenutzer' (als Käufer einer Dienstleistung) organisieren. Sie verhindern damit, daß in der Aktion die Einheit der Arbeiterklasse gegen die verschärften Angriffe der Kapitalistenklasse zum Ausdruck kommt und gestärkt wird. Die 'Rote Punkt Aktionen' lassen nach ihren zahlreichen Fehlschlägen (jetzt in Stuttgart) deshalb nur verstärkte Empörung über den 'Sozialstaat' und Hilflosigkeit zurück. Sie erwecken zudem die ILLUSION, als ob durch die Herstellung der Solidarität aller Mitmenschen und die Organisation eines zeitweiligen Boykotts der Massenverkehrsmittel der Aufbau eines Konkurrenzunternehmens 'Rotes Punkt Auto' die Stadt zu Zugeständnissen zwingen könnte.

Statt dessen schlagen wir eine breite KAMPAGNE GEGEN DIE FAHRPREISERHÖHUNG, DIE VERDÜNNUNG DES FAHRPLANS UND DIE PRIVATISIERUNG DER STADTWERKE vor. Wir fordern alle Arbeiter, Angestellten und Lehrlinge in Betrieb und Gewerkschaft auf, gegen die geplanten arbeiterfeindlichen Maßnahmen der Stadt Stellung zu beziehen. Wir fordern alle Schüler und Studenten auf, am Kampf zur Verhinderung dieser Maßnahmen teilzunehmen. Wir schlagen vor, zum geeigneten Zeitpunkt eine mächtige Demonstration gegen die Maßnahmen der Stadt zu organisieren."
Q: BKA Freiburg:Vorschlag des Bundes Kommunistischer Arbeiter für eine Aktionseinheit gegen die Fahrpreiserhöhungen,o.O. (Freiburg) 14.1.1972;
BKA/KJB Freiburg:Antwort auf den 'Offenen Brief' der KPD/ML (Rote Fahne) an den Bund Kommunistischer Arbeiter und den Kommunistischen Jugendbund,Freiburg März 1972,S.14f;
Klassenkampf Extrablatt für die arbeitende Bevölkerung,Freiburg 26.1.1972

17.01.1972:
In Freiburg findet, laut und ohne BKA, vermutlich in dieser Woche eine 'Aktion Roter Punkt' (ARP)-Kundgebung statt, an der sich auch eine Gruppe Italiener beteiligt.
Q: Klassenkampf Nr.17,Freiburg 26.1.1972,S.5

21.01.1972:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg berichtet von der Privatisierung der Freiburger Stadtwerke, heute "wurde in einer nichtöffentlichen Sitzung des Werksausschusses die Entscheidung spruchreif gemacht".
Der BKA meint dazu:
NEIN ZUR GEPLANTEN PRIVATISIERUNG DER STADTWERKE

In einem Flugblatt am 15.10.1971 deckten wir die hinter unserem Rücken geplante Privatisierung der Stadtwerke auf (vgl. dort,d.Vf.) ...

VERSCHÄRFTE AUSBEUTUNG DER DER STADTWERKSBESCHÄFTIGTEN

Die Arbeiter und Angestellten der Stadtwerke sind über die geplante 'Umgründung' beunruhigt. Zu Recht muß jeder befürchten, daß sein Arbeitsplatz aus sogenannten Rentabilitätsgründen wegrationalisiert wird oder die Arbeitsbelastung sich weiter erhöht. Bei den Lehrlingen kommt dazu, daß eine Verschlechterung der Ausbildung befürchtet wird. Dem Widerstand der Stadtwerksbeschäftigten soll auf ganz hinterhältige Weise dadurch die Spitze genommen werden, daß Personalvertreter ebenfalls Angebote für Aufsichtsratsposten usw. gemacht werden!"
Q: Klassenkampf Extrablatt für die arbeitende Bevölkerung,Freiburg 26.1.1972,S.1

26.01.1972:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg gibt ein Extrablatt seines 'Klassenkampf' (vgl. 26.1.1972, 18.2.1972) für die arbeitende Bevölkerung mit 4 Seiten DIN A 4 heraus. Dieses wird vermutlich nicht wie normalerweise nur vor den Betrieben, sondern auch in der Stadt verteilt:"
FAHRPREISERHÖHUNG
NEUER ANGRIFF AUF LÖHNE UND GEHÄLTER

Die Freiburger Stadtbürokratie und die bürgerlichen Parteien (CDU, FWV, FDP, SPD) planen nun auch in Freiburg, wie schon in fast allen größeren Städten der BRD eine ERHÖHUNG DER TARIFE IM ÖFFENTLICHEN NAHVERKEHR um 20 - 30%. Für die Stadtbürokratie und die Parteien scheint dies abgemacht. Im Haushaltsplan für 1972 sind schon jetzt 2 Mio. DM Mehreinnahmen aus den Verkehrsbetrieben veranschlagt.

DIE PRIVATISIERUNG DER STADTWERKE soll gleich mit durchgezogen werden (…) (vgl. 21.1.1972, 17.2.1972, d.Vf.).

GEBÜHRENERHÖHUNG!!

In der Haushaltsdebatte 1972 beklagt OB Keidel wortreich die Finanzmisere der Städte und Evers (MdB) stellt nur noch 'Resignation' fest.

Bei der Durchsetzung der eigenen Interessen resigniert die Rathausclique allerdings nie, wie das Beispiel der Privatisierung der Stadtwerke zeigt. Wie sie die Lösung der Finanzmisere anzugehen gedenkt, eröffnet uns Stadtkämmerer Dr. Bernauer. Zu allererst sollen DIE GEBÜHREN FÜR VOLKS- UND FREIBÄDER, DIE KINDERGARTEN- UND ELTERNBEITRÄGE, DIE FRIEDHOFSGEBÜHREN USW. ERHÖHT WERDEN. Mit einem Wort nicht nur das Leben, sondern auch das Sterben soll teurer werden.

GEGEN VERSCHÄRFTE ANGRIFFE DER KAPITALISTEN…

Die geplanten Maßnahmen der Stadt reihen sich ein in eine Fülle von Maßnahmen der Kapitalistenklasse und ihres Staates, die alle darauf abzielen eine Senkung von Löhnen und Gehältern durchzusetzen.

Im Zentrum steht der direkte Angriff auf das Lohn- und Gehaltsniveau. Die Tarifabschlüsse bei Chemie, Metall und jetzt auch im Öffentlichen Dienst (ÖD, d.Vf.) zwischen 4und 6% netto bedeuten angesichts der Steigerung der Lebenshaltungskosten 1971 von 7% eine VERSCHLECHTERUNG UNSERER LEBNSSITUATION. Und jeden Tag lesen wir von neuen Preis-, Gebühren- und Steuererhöhungen (Post, Eisenbahn, Verbrauchssteuern usw.). Zudem wird durch die ständige Steigerung des Arbeitstempos, neue Arbeitsplatzbewertungsmethoden (wie jetzt bei Cumulus (IGM-Bereich, d.Vf.)) und Rationalisierungen ein direkter Angriff auf die Arbeitskraft jedes einzelnen Arbeiters und Angestellten unternommen. Die Konsequenz: ständige ERHÖHUNG DER ARBEITSUNFÄLLE UND EIN ANSTEIGEN DER FRÜHINDIVIDUALITÄT.

…UND IHRES STAATES

In einer Situation der herannahenden Krise (sinkende Produktion, wachsende Arbeitslosigkeit) in fast allen imperialistischen Staaten (BRD, USA, England (Großbritannien, d.Vf.), Italien) muß der Staat als Werkzeug der herrschenden Kapitalistenklasse einerseits verstärkt dafür sorgen, daß alle nicht unmittelbar den Kapitalisten zukommenden Mittel gekürzt werden (ein großer Teil der Gelder, die für die arbeitende Bevölkerung nötig wären, wie Mittel für Gesundheitsfürsorge, Bildung und Umweltschutz wurden gestrichen). Andererseits werden alle finanziellen Mittel im Interesse der Kapitalisten, für Investitionszuschüsse, Steuervergünstigungen und billige Kredite bereitgestellt. Gleichzeitig werden die Mittel zum Ausbau des staatlichen Gewaltapparates (Erhöhung des Wehretats, Ausbau der Bundesgrenzschutzes (BGS, d.Vf.) zur Bundespolizei, Militarisierung der Polizei) erhöht.

FÜR GESELLSCHAFTLICHE AUFGABEN IM INTERESSE DER ARBEITENDEN BEVÖLKERUNG: IMKAPITALISMUS IMMER WENIGER PLATZ!

Tatsache ist, daß die Verschuldung der Städte und Gemeinde rapide ansteigt. Die Verschuldung der Stadt Freiburg ist von 120 Mio. im Jahre 1965 auf 260 Mio. im Jahre 1972 angestiegen. Auf jeden Einwohner der Stadt Freiburg kommen über 1 200 DM Schulden! Die Finanzmisere der Städte hat ihre Ursache darin, daß die Interessen der herrschenden Monopolkapitalisten eine Erfüllung der sogenannten kommunalen Aufgaben (Schulen, Krankenhäuser, Nahverkehr, Kindergärten usw.) nicht zulassen. In einer Gesellschaft, in der alles darum geht, daß die Kapitalisten Profit machen, in der sich IMMER MEHR REICHTUM IN IMMER WENIGEREN HÄNDEN KONZENTRIERT, in der nicht die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen sondern die SICHERUNG DES PROFITS DER KAPITALISTEN INHALT DER POLITIK ist, ist FÜR DIE AUFGABEN DER STÄDTE IMMER WENIGER PLATZ, IMMER WENIGER GELD VORHANDEN. Lebenswichtige Bedürfnisse, wie ausreichende Gesundheitsfürsorge, ausreichende Bildungsstätten für alle, ausreichender öffentlicher Nahverkehr stehen im Widerspruch zu den Profitinteressen der Kapitalisten. Sie müssen ständig gegen deren Interessen erkämpft werden und vor allem dann, wenn das Kapital wie derzeit in eine Krise gerät. Erst wenn wir den Sozialismus erkämpft haben, wenn die Arbeiterklasse die politische Macht in Händen hat, kann der von allen arbeitenden Menschen geschaffene Reichtum zur Lösung aller gesellschaftlichen Aufgaben eingesetzt werden.

VERROTTUNG DES ÖFFENTLICHEN NAHVERKEHRS

Die großen Städte und Ballungszentren drohen im Verkehrschaos und an der Verpestung der Luft zu ersticken. Auch in Freiburg sind einige Straßenzüge bereits heute nicht mehr bewohnbar. Die Lärmbelastung und Abgaskonzentration in der ESCHHOLZSTRASSE sind nachweislich höher als die 'Sachverständigen' festgelegten Grenzen, die - wie die Sachverständigen schreiben - 'Menschen aus unteren Schichten' zugemutet werden können. Aber statt den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs voranzutreiben, was die einzige Alternative wäre, werden Milliarden in den Ausbau des Straßennetzes verpulvert. Die Vertreter der Gemeinden und die bürgerliche Presse jammern theatralisch über 'die Folgekosten unserer Industriegesellschaft'. Aber niemand sagt in wessen Interesse, zu wessen Nutzen das geschieht, WER DER GEGNER IST. Die Interessen der Autoindustrie, der Mineralölindustrie erzeugen dieses Chaos, schaffen diese Anarchie, lassen das Vernünftige nicht zu, weil dem das nackte Profitinteresse entgegensteht.

So kommt es, daß viele von uns gezwungen sind einen Großteil des monatlichen Verdienstes in einen PKW zu stecken, weil der miserable Zustand des öffentlichen Nahverkehrs uns überhaupt keine andere Wahl läßt. Dies wird sich noch verschlimmern, wenn die Stadt die Fahrpläne weiter verdünnt, was Bürgermeister Kiefer ankündigte. Ständige Tariferhöhungen und gleichzeitige Verdünnung der Fahrpläne dienen nur einem: DER AUTO- UND MINERALÖLINDUSTRIE.

DAS DEFIZIT DER VERKEHRSBETRIEBE

Die wachsenden Ausgaben für den Verkehr mit Privatwagen (Straßenbau, Parkhäuser usw.), die steigenden Kosten des öffentlichen Nahverkehrs führen dazu, daß sich die Finanzlage der städtischen Verkehrsbetriebe seit Anfang der 60er Jahre ununterbrochen verschlechterte, während gleichzeitig die Interessen der Monopole an einer Zentralisierung des Steueraufkommens beim Bund - DENN VOR ALLEM DORT KANN ES DEN MONOPOLINTERESSEN DIENSTBAR GEMACHT WERDEN - verhinderten, daß die Gemeinden diese wachsende Defizite decken konnten.

DESHALB STEIGEN DIE PREISE FÜR DIE ÖFFENTLICHEN VERKEHRSMITTEL SEIT JAHREN ÜBERDURCHSCHNITTLICH.

In einer KRISE DER KAPITALISTISCHEN WIRTSCHAFT wie 1966/67, wo es viele Entlassungen und Kurzarbeit gab, verstärkt sich der Druck der Kapitalistenklasse über ihren Staat. Das ist auch der Grund für die jüngsten Preiserhöhungen im öffentlichen Nahverkehr in Bochum, Dortmund, Berlin, Hamburg, Heidelberg, Karlsruhe und in den letzten Tagen in Stuttgart (vgl. 10.11.1971, d.Vf.) und Frankfurt (vgl. Dez. 1971, d.Vf.).

GEGEN LOHNDRÜCKEREI UND PREISTREIBEREI…

Die Fahrpreiserhöhungen sind EINE der vielen Preiserhöhungen der Kapitalisten und ihres Staates, die derzeit auf die arbeitende Bevölkerung zukommen. SIE TREFFEN DIE ARBEITENDE UND DIE IN DER AUSBILDUNG STEHENDE BEVÖLKERUNG BESONDERS HART: die vielen Arbeiter, Angestellten und Lehrlinge, die morgens in überfüllten Straßenbahnen und Bussen zur Arbeit und abends wieder heim oder zum Bahnhof fahren. Die Schüler deren Mehrausgaben auf die Eltern zurückfallen, die vielen Hausfrauen, die auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen sind und die Studenten, von denen ebenfalls viele mit den öffentlichen Verkehrsmittel fahren.

…DIE EINHEITLICHE FRONT DER ARBEITERKLASSE UND ALLER ÜBRIGEN WERKTÄTIGEN!

Klar ist, daß im Zentrum des Kampfes um unser Lebensniveau der Kampf um Löhne und Gehälter steht. Denn wir sind vor allem dort stark, wo wir als Klasse vereint sind, im Betrieb. Die Kapitalisten und ihre Presse versuchen uns ständig den Lohnkampf als sinnlos auszureden, indem sie uns das Märchen von der Lohnpreis-Spirale auftischen, uns die Schuld zuschieben, daß die Preise steigen. Als Allheilmittel bieten sie zuweilen den Lohn-Preisstop an, wobei natürlich immer nur der Lohnstop funktioniert, während die Preise munter weiter steigen (wie der jüngste 'Lohn-Preisstop' in den USA zeigt). Wir müssen im Betrieb gegen Lohndrückerei und verschärfte Arbeitshetze kämpfen. Wir müssen aber auch gemeinsam mit allen anderen davon betroffenen Gruppen der Bevölkerung gegen derart unverschämte Preistreibereien kämpfen wie die geplante 20 - 30ige Tariferhöhung bei den öffentlichen Verkehrsbetrieben. Ebenso müssen wir uns zusammen mit den bei den Stadtwerken Beschäftigten gegen die geplante Privatisierung zur Wehr setzen.

Weil die geplanten Maßnahmen der Stadt nur ein TEIL der vielfältigen Angriffe der Kapitalisten und ihres Staates sind, müssen wir sie auch dementsprechend bekämpfen.

Anstatt eine bürgerliche Initiative mit vielen roten Punkten zu machen, müssen wir jeden Angriff der Kapitalisten und ihres Staates mit einer Stärkung der Arbeiterklasse und der gesamten übrigen werktätigen Bevölkerung beantworten. Wir müssen am Arbeitsplatz Möglichkeiten des Widerstands gegen derartige Maßnahmen besprechen. Wir müssen die betrieblichen Vertretungen auffordern, Abwehrmaßnahmen zu unterstützen und wir müssen uns in unseren Gewerkschaften dafür einsetzen, daß diese gegen derartige Preistreiberei unseren Widerstand setzen.

DGB-Chef Jorzig und Co, denen zum Teil fette Aufsichtsratsposten bei den Stadtwerken winken, werden versuchen gewerkschaftliche Abwehrmaßnahmen zu verhindern. Sie werden uns einreden wollen, daß die Tariferhöhungen unumgänglich und die Privatisierung für die Allgemeinheit von Vorteil ist.

Setzen wir dem entgegen:
GEGEN DIE ANGRIFFE DER KAPITALISTENKLASSE UND IHRES STAATES - DIE EINHEITLICHE KAMPFFRONT DER ARBEITERKLASSE

WEHREN WIR UNS GEGEN LOHNDRÜCKEREI UND PREISTREIBEREI

KEINE FAHRPREISERHÖHUNGEN - GEGEN VERDÜNNUNG DER FAHRPLÄNE

FÜR DEN AUFBAU DES ÖFFENTLICHEN NAHVERKEHRS IN DIE WOHNVIERTEL DER ARBEITENDEN BEVÖLKERUNG

NEIN ZUR PRIVATISIERUNG DER STADTWERKE".
Q: Klassenkampf Extrablatt für die arbeitende Bevölkerung, Freiburg 26.1.1972

Freiburg_KBW522

Freiburg_KBW523

Freiburg_KBW524

Freiburg_KBW525


17.02.1972:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg berichtet (vgl. 26.1.1972, CPK-Bereich 8.3.1972):"
GEWERKSCHAFTSJUGEND GEGEN FAHRPREISERHÖHUNGEN

Die Jugendgruppen der IG Metall (IGM, d.Vf.), ÖTV, Handel-Banken-Versicherung (HBV, d.Vf.), Druck und Papier (DP, d.Vf.), Mitglieder der IG Chemie (CPK, d.Vf.) und die Jugendgruppe der DAG haben beschlossen, gemeinsam GEGEN DIE GEPLANTE PRIVATISIERUNG DER STADTWERKE UND ERHÖHUNG DER FAHRPREISE im öffentlichen Nahverkehr vorzugehen. In einem Flugblatt am 17. Februar machten diese Gewerkschaftsjugendgruppen klar, daß die geplanten Maßnahmen der Stadt zum Nachteil der arbeitenden Bevölkerung sind. Wenn z.B. ein Kollege jetzt durch die 7, 5%ige Lohnerhöhung 40 DM mehr im Monat bekommt, und die Sichtkarten um 9 Mark (30%) teurer werden, dann sind von der Lohnerhöhung schon wieder 30% weg, nur für Straßenbahn und Omnibus. Anders als die 'BÜRGERINITIATIVE Roter Punkt' sagt die Gewerkschaftsjugend: 'Unsere Abwehrmaßnahmen müssen von da ausgehen, wo wir stark sind, vom Betrieb aus'. Alle Kollegen, Jugendvertreter, Betriebsräte und Vertrauensleute werden in dem Flugblatt aufgefordert, sich am Widerstand gegen die arbeiterfeindlichen Maßnahmen der Stadt zu beteiligen. Am Tag der entscheidenden Stadtratssitzung (vgl. 21.3.1972, d.Vf.) will die GEWERKSCHAFTSJUGEND eine DEMONSTRATION gegen Privatisierung und Fahrpreiserhöhung durchführen."
Q: Klassenkampf Nr. 18, Freiburg 23.2.1972, S. 9

Freiburg_KBW549


13.03.1972:
Der BKA Freiburg berichtet in einer Polemik gegen die KPD/ML-ZB (vgl. 20.3.1972) vermutlich spätestens aus dieser Woche von deren Verhalten bei Rhodia zu den Fahrpreiserhöhungen (vgl. CPK-Bereich 8.3.1972):"
Auch die Gewerkschaftsjugend wird von euch gerichtet:
'Aufgrund der bisherigen Diskussionen müssen wir bei euch - ebenso wie beim BKA - wenigstens die Tendenz vermuten, nicht vor und in den Massen führen wollen, sondern bereits durch 'Entscheidungen' am Schreibtisch, fern von den Kollegen in den Betrieben' (Schreiben der KPD/ML und des KJVD Freiburg an die Gewerkschaftsjugend).
Was soll dieser Unsinn? In allen Gewerkschaftsjugendgruppen wurden seit Wochen die Maßnahmen der Stadt diskutiert, Resolutionen verabschiedet, Flugblätter verteilt und eine öffentliche Versammlung durchgeführt. Was aber machtet ihr? Zunächst einmal sehr lange nichts. Dann stellt ihr 'Bedingungen' für die Teilnahme der 'Partei' an der Demonstration (vgl. 21.3.1972,d.Vf.) ('Partei'-Block), weil doch die Partei ihrem Anspruch gerecht werden muß, die Massen zu führen. So wird der Widerspruch zwischen eurem Handeln und eurem Anspruch, die 'führende Kraft' zu sein, immer deutlicher."
Q: BKA/KJB Freiburg:Antwort auf den 'Offenen Brief' der KPD/ML (Rote Fahne) an den Bund Kommunistischer Arbeiter und den Kommunistischen Jugendbund,Freiburg März 1972,S.15

14.03.1972:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg berichtet vom Kampf gegen die Fahrpreiserhöhungen bzw. die Umgründung der Stadtwerke (vgl. 13.3.1972, 17.3.1972):"
Seit Wochen diskutierte die GEWERKSCHAFTSJUGEND die Umgründung der Stadtwerke und die Fahrpreiserhöhungen. In allen Gruppen wurden Resolutionen gefaßt, die ein klares Nein enthielten. In Flugblättern und einer öffentlichen Versammlung (vgl. 17.3.1972,d.Vf.) letzten Freitag Abend (80 - 100 Anwesende), erklärte die Gewerkschaftsjugend:
Diese Maßnahmen verstoßen gegen die Interessen der arbeitenden Bevölkerung! Es ist unsere Pflicht, den Widerstand dagegen zu organisieren.

Der DGB Freiburg, von allem informiert, ließ sich die ganze Zeit über nicht in der Öffentlichkeit vernehmen. Doch plötzlich letzten Dienstag, tauchte eine unverschämte PRESSEERKLÄRUNG in der Badischen Zeitung auf, in der die Gewerkschaftsjugendlichen, genau wie letzten 1.Mai, als Strohpuppen irgendwelcher Hintermänner diffamiert wurden. Der DGB erklärte, mit der öffentlichen Protestkundgebung der Gewerkschaftsjugend (vgl. 21.3.1972,d.Vf.) nichts zu tun zu haben. Daß die Herren JORZIG (DGB Kreisvorsitzender, SPD Stadtrat), SCHNABEL (Betriebsratsvorsitzender bei der Rhodia (CPK-Bereich,d.Vf.), Aufsichtsrat, SPD Stadtrat) und HELLINGER (Betriebsratsvorsitzender bei ITT (IGM-Bereich,d.Vf.)), sowie HAAS (DGB Rechtssekretär, Stellvertreter Jorzigs, CDU Stadtrat) - um nur einige dieser Herren zu nennen - nichts, aber auch gar NICHTS MIT DER INTERESSENVERTRETUNG DER ARBEITER UND ANGESTELLTEN ZU TUN haben, das wissen wir zur Genüge! Deshalb auch immer die wütenden Angriffe gegen die Kommunisten."
Q: Klassenkampf Extrablatt,Freiburg 20.3.1972,S.2

17.03.1972:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA - vgl. 20.3.1972) Freiburg berichtet vom Kampf gegen die Fahrpreiserhöhungen und die Umgründung der Stadtwerke (vgl. 14.3.1972, 21.3.1972) u.a. über die heutige Versammlung der DGB-Jugend, die von 80 bis 100 Personen besucht worden sei und:"
Kurzfristig angesetzt und 'zufällig' gleichzeitig mit der öffentlichen Versammlung der Gewerkschaftsjugend fand letzten Freitag Abend eine ERWEITERTE KREISVORSTANDSSITZUNG DES DGB FREIBURG ZUM THEMA UMGRÜNDUNG statt. Alle, die noch irgendwelche Illusionen über die 'Belehrbarkeit' dieser bürgerlichen 'Gewerkschafter' hatten, wurden an diesem Abend eines Besseren belehrt.

Versammlungsleiter Haas stellte zunächst klar, daß die Anwesenden überhaupt nichts beschließen könnten. Die Stadträte würden allein ihrem Gewissen folgen!

Dann behämmerten Haas und Schnabel (CPK, Betriebsratsvorsitzender Rhodia,d.Vf.) die Anwesenden 50 Minuten lang mit dem aus zahlreichen Zeitungsanzeigen bekannten Standpunkt der Stadtverwaltung. Schnabel, der noch vor wenigen Wochen (vgl. **.*.1972,d.Vf.) in der Badischen Zeitung sich gegen die Umgründung aussprach, erklärte sich nun plötzlich für bekehrt, eine 150seitige Analyse habe ihn überzeugt. Haas fügte später hinzu, daß das Thema Umgründung so kompliziert sei, daß das einfache Volk davon nichts verstehen könne! Jedenfalls haben Schnabel und Haas gezeigt, daß sie vom Geschäft der Kapitalistenklasse sehr viel verstehen!

Die anwesenden Personalräte der Stadtwerksbeschäftigten (ÖTV,d.Vf.), Arbeiter und Angestellte, sprachen sich alle gegen die Umgründung aus. Stimmen gegen die Umgründung wurden laut: Beschäftigte bei den E-Werken, Mitgliederversammlung der Gewerkschaft Handel-Banken-Versicherungen (HBV,d.Vf.). Als deutlich wurde, daß die Gewerkschaftsjugend keineswegs allein stand, sondern die meisten der anwesenden Kollegen, vor allem die von den Stadtwerken mitzogen, arbeiteten Hass, Schnabel und Hellinger (IGM, Betriebsratsvorsitzender Intermetall,d.Vf.) mit allen Mitteln. Als zum Beispiel ein ca. 60jähriger Arbeiter aufstand und sagte, die Gewerkschaftsjugend habe recht, wenn die Jugend vor 1933 auch so aktiv gewesen wäre, wäre es nie so weit gekommen und dann auch die Erklärung des DGB in der Zeitung (vgl. 14.3.1972,d.Vf.) angriff, entzog Versammlungsleiter Haas diesem Kollegen das Wort. Begründung: Die Gewerkschaftsjugend stehe 'nicht auf der Tagesordnung', das würde ein gesondertes 'Nachspiel' haben. Als demselben Kollegen direkt darauf ein zweites Mal das Wort entzogen wurde, setzte er sich kopfschüttelnd wieder nieder. Als der Vertreter der ÖTV-Jugend eine Resolution verlesen wollte, wurde ihm mit derselben Begründung mehrfach das Wort entzogen. Jeder Diskussionsbeitrag in Richtung Gewerkschaftsjugend wurde untersagt. Hellinger (ITT) erlaubte sich sogar die Unverschämtheit zu behaupten, eine IG METALL JUGEND gebe es überhaupt nicht.

Trotz aller Demagogie und offener Meinungsunterdrückung ließen sich die meisten der anwesenden Kollegen nicht überfahren. Abgestimmt werden durfte ja nicht, aber die eindeutige Stimmung der MEHRHEIT WAR GEGEN UMGRÜNDUNG, GEGEN FAHRPREISERHÖHUNG. DESHALB KONNTE SICH SCHLIESSLICH AUCH DER DGB KREISVORSITZENDE JORZIG NICHT MEHR VOM VORGEHEN DER GEWERKSCHAFTSJUGEND DISTANZIEREN. JORZIG ERKLÄRTE ZUM SCHLUSS, DASS DIE JUGEND DIE DEMONSTRATION UND KUNDGEBUNG VERANSTALTEN KÖNNE, UND DER DGB NICHTS DAGEGEN UNTERNEHMEN WERDE."

Der Kommunistische Jugendbund (KJB) Freiburg des BKA (vgl. 23.3.1972) berichtet u.a. von heute:"
Seit Anfang Februar wurde in der Freiburger Gewerkschaftsjugend das Thema Privatisierung und Fahrpreiserhöhung diskutiert. Die Kollegen sagten, daß diese Maßnahmen der Stadtverwaltung nichts anderes bedeuten als LOHNRAUB. Sie sagten, daß diese Maßnahmen Teil der sich verschlechternden Situation der Arbeiter ist. Die Lohnerhöhungen von 5 - 7,5% (das sind netto 3 - 5%) können die in die Höhe schnellenden Lebenshaltungskosten nicht mehr auffangen (1971: 7%). Die Lage in den Krankenhäusern, Schulen und Kindergärten ist katastrophal.

Aus den Reihen der arbeitenden Gewerkschaftsjugendgruppen wurde nun ein Aktionsrat gewählt, der die Demonstration vorbereiten und organisieren sollte. Dem DGB-Chef Jorzig und den Einzelgewerkschaften wurde eine Resolution übermittelt, in denen sie über die geplante Demonstration informiert wurden. Als jedoch die ersten Flugblätter der Gewerkschaftsjugend erschienen, hielt der DGB es für notwendig sich in einer unverschämten Presseerklärung von der Aktion der Gewerkschaftsjugend zu distanzieren.

DGB-FÜHRUNG CONTRA GEWERKSCHAFTSJUGEND

Er hielt es jedoch nicht für notwendig, öffentlich gegen die Privatisierung Stellung zu beziehen, geschweige denn, etwas dagegen zu unternehmen. Die Herren Jorzig, Schnabel und Haas beschränkten sich selbstzufrieden darauf im Stadtrat gegen die Privatisierung zu stimmen, weil sie genau wußten, daß die Privatisierung sicher beschlossen werden würde.

Am Freitag, den 17.März hielt die Gewerkschaftsjugend eine Versammlung in der 'Harmonie' ab, zu der etwa 100 Kollegen kamen. In einem Kurzreferat wurde aufgezeigt, welche Folgen die Privatisierung und Fahrpreiserhöhung für die Bevölkerung und die Stadtwerker bringen werde. Der CDU-Stadtrat EVERS, der auch zur Versammlung gekommen war, jammerte über die Finanzmisere Freiburgs und forderte auf, darüber zu diskutieren, was man anstellen müsse, daß der Stadtrat zu mehr Geld käme. Die Versammlung lachte ihn daraufhin aus und ein älterer Arbeiter sagte unter brausendem Beifall, daß die Probleme der Stadtverwaltung oder des Staates nicht unsere Sorgen sein können, vielmehr hätten die Aktionen der Arbeiter und Angestellten sich nach der Situation in ihrer Lohntüte zu richten.

Kurzfristig angesetzt und 'zufällig' gleichzeitig mit der öffentlichen Versammlung der Gewerkschaftsjugend, fand am Freitagabend eine erweiterte Kreisvorstandssitzung des DGB statt. Die Gewerkschaftshäuptlinge Jorzig, Schnabel und Haas zeigten hier ihr wahres Gesicht. Immer wenn die Rede auf die Gewerkschaftsjugend kam wurden die jeweiligen Redner zum Schweigen gebracht.

Als zum Beispiel ein ca. 60jähriger Arbeiter aufstand und sagte, die Gewerkschaftsjugend habe recht, wenn die Jugend vor 1933 auch so aktiv gewesen sei, wäre es nie soweit gekommen und dann auch die Erklärung des DGB in der Zeitung angriff, entzog Versammlungsleiter Haas diesem Kollegen das Wort. Begründung: Diese Gewerkschaftsjugend 'stehe nicht auf der Tagesordnung' das würde ein gesondertes 'Nachspiel' haben. Als dem selben Kollegen direkt darauf ein zweites Mal das Wort entzogen wurde, setzte er sich kopfschüttelnd wieder hin. Als der Vertreter der ÖTV-Jugend eine Resolution seiner Jugendgruppe verlesen wollte, wurde ihm mit derselben Begründung mehrfach das Wort entzogen. Jeder Diskussionsbeitrag in Richtung Gewerkschaftsjugend wurde abgewürgt. Hellinger (ITT (IGM-Bereich,d.Vf.)) erlaubte sich sogar die Unverschämtheit zu behaupten, eine IG-Metall-Jugend gäbe es überhaupt nicht.

Trotz aller Demagogie und Meinungsunterdrückung ließen sich die meisten der anwesenden Kollegen nicht überfahren. Abgestimmt werden durfte nicht, aber die Mehrheit war gegen Umgründung, gegen Fahrpreiserhöhung.

Deshalb konnte sich auch der DGB-Kreisvorsitzende Jorzig nicht mehr vom Vorgehen der Gewerkschaftsjugend distanzieren. Jorzig erklärte zum Schluß, daß die Jugend die Demonstration und Kundgebung veranstalten könne und der DGB nichts dagegen unternehmen werde."
Q: Klassenkampf Extrablatt,Freiburg 20.3.1972,S.2;
Kommunistische Jugendzeitung Extrablatt,Freiburg 23.3.1972,S.1ff

20.03.1972:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg gibt ein Extrablatt seines 'Klassenkampf' (vgl. 2.3.1972, 23.3.1972) mit zwei Seiten DIN A 4 heraus:"
AUFRUF ZUR DEMONSTRATION
GEGEN UMGRÜNDUNG DER STADTWERKE!
GEGEN FAHRPREISERHÖHUNG!

Morgen soll in der STADTRATSSITZUNG die 'UMGRÜNDUNG' der Stadtwerke über die Bühne gehen. Die Stadtwerke sollen zu einer Privatgesellschaft umgewandelt, und die THÜRINGER GAS (mehrheitlich im Besitz der PREUSSAG) soll Gesellschafter werden. 18 Millionen zahlt die Thüringer Gas ein - und erhält dafür prozentuale Beteiligung am Mehrumsatz und, unabhängig von der Ertragslage, einen jährlich garantierten Gewinnanteil. Die 'Umgründung' wird zu verschärften Rationalisierungsmaßnahmen auf Kosten der Verkehrs- und Versorgungsarbeiter (ÖTV-Bereich, d.Vf.) und zu weiteren Fahrpreis- und Gebührenerhöhungen benutzt werden.

Am 11. April sollen die FAHRPREISE um durchschnittlich 34% erhöht werden. Und Stadtkämmerer Bernauer kündigte schon die ERHÖHUNG DER GEBÜHREN für Kindergarten, Freibäder, Friedhof usw. an.

GEGEN LOHNRAUB UND PREISTREIBEREI!

Preistreibereien und Mietwucher auf der einen Seite, ständige Verschärfung der Ausbeutung unserer Arbeitskraft auf der anderen Seite: das sind die beiden Hebel einer Zange, mit der die Kapitalistenklasse und ihr Staat uns auspreßt. Aber wie ist diese Flut von Steuer-, Gebühren- und Fahrpreiserhöhungen nicht nur in Freiburg, sondern in der ganzen BRD und Westberlin zu erklären?

Weil der Griff der Kapitalisten nach den Steuergeldern der Werktätigen noch stärker geworden ist. Weil die westdeutsche Kapitalistenklasse im verschärften imperialistischen Kampf um die Märkte ihre Stellung zumindest behaupten will, weil die westdeutschen Monopol trotz herannahender Krise, deren ständige Wiederkehr im Kapitalismus unvermeidlich ist, ihre Machtpositionen ausbauen wollen. Deshalb setzt die westdeutsche Kapitalistenklasse an allen Fronten zum Angriff auf die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse an. Deshalb preßt der Staat, der immer die Interessen der herrschenden Klasse organisiert und vertritt, immer mehr aus uns raus, um es den Monopolen durch Steuererleichterungen, Subventionen, Eventualhaushalte u.a. zukommen zu lassen.

Die Energiekonzerne wie Badenwerk, Preußag und Thüringer Gas haben die höchsten Profitraten, die dicksten Dividenden. Diese Profite der Zuliefererkonzernen sollen durch die Beteiligung der Thüringer Gas, durch die folgenden Fahrpreiserhöhungen und Erhöhungen der Haushaltstarife erhalten und noch ausgebaut werden. Uns, der arbeitenden Bevölkerung wird dauernd vorgeschwatzt, daß die Umgründung und die Fahrpreiserhöhung notwendig sei, um die riesigen Defizite der öffentlichen Nahverkehrsbetriebe abzutragen. Was uns aber die Herren von der Stadtverwaltung usw. verschweigen: DIESE DEFIZITE, 1971 circa 900 Millionen Mark für die öffentlichen Nahverkehrsbetriebe, TAUCHEN BEI DEN MONOPOLEN ALS PROFITE AUF! Wir sollen mehr schuften und mehr blechen, damit die Monopolprofite stimmen - auf das läuft alles hinaus! Für uns kann es nur eines geben: ein klares NEIN zur Umgründung der Stadtwerke, zur verschärften Arbeitshetze für die Stadtwerksbeschäftigten, ein klares NEIN zu jeder Fahrpreis- und Gebührenerhöhung!

DEMONSTRATION - DIENSTAG 21.3. - 17 UHR MÜNSTERPLATZ
ANSCHLIESSEND KUNDGEBUNG MÜNSTERPLATZ"

Berichtet wird auch von den Auseinandersetzungen im DGB bzw. der DGB-Jugend (vgl. 14.3.1972, 17.3.1972).
Q: Klassenkampf Extrablatt Aufruf zur Demonstration. Gegen Umgründung der Stadtwerke! Gegen Fahrpreiserhöhung!, Freiburg 20.3.1972

Freiburg_KBW600

Freiburg_KBW601


21.03.1972:
In Freiburg beteiligen sich, laut KG (NRF) Mannheim/Heidelberg und BKA, rund 1 000 an der Demonstration der Gewerkschaftsjugend gegen die Fahrpreiserhöhungen und die Privatisierung der Stadtwerke (vgl. 17.3.1972). Aufgerufen wurde u.a. vom BKA (vgl. 20.3.1972).

Der BKA (vgl. 23.3.1972, 8.5.1972) berichtet:"
DEMONSTRATION DER GEWERKSCHAFTSJUGEND
GEGEN LOHNRAUB UND PREISTREIBEREI

Knapp 1 000, darunter viele Lehrlinge, junge Arbeiter und Angestellte, aber auch ältere Kollegen, beteiligten sich an der Demonstration der Gewerkschaftsjugend Freiburg GEGEN DIE UMGRÜNDUNG DER STADTWERKE und die für den 11.April vorgesehene ERHÖHUNG DER FAHRPREISE.

Unter den Parolen 'Gegen die verschärften Angriffe der Kapitalistenklasse und ihres Staates - die einheitliche Kampffront der Arbeiterklasse' 'Kampf Lohnraub und Preistreiberei' zeigten die Kollegen, daß sie nicht länger bereit sind, der Verschlechterung ihrer Lebenslage und dem Abbau ihrer Rechte tatenlos zuzusehen.

Zur selben Zeit, als die Demonstration durch die Innenstadt zog, Sprechchöre gegen Umgründung und Fahrpreiserhöhung rief, als Tausende von Flugblättern verteilt wurde und viel mit den zustimmenden Passanten diskutiert wurde, entledigte sich der Stadtrat mit großer Mehrheit seiner Aufgabe: die arbeiterfeindliche 'Umgründung' der Stadtwerke, die verschärfte Arbeitshetze für die Stadtwerksarbeiter und laufend neue Fahrpreiserhöhungen für die Bevölkerung mit sich bringen wird, wurde mit großer Mehrheit beschlossen. Die Mehrheit war von vornherein so sicher, daß sich Jorzig, Schnabel und Hass leisten, 'gegen' die 'Umgründung' zu stimmen.

Um den reibungslosen Ablauf der 'Umgründung' zu garantieren, waren mehrere Hundertschaften Bereitschaftspolizei samt ihren Maschinenpistolen aus Göppingen neben dem Rathaus postiert. Als nach der Kundgebung Demonstranten vor das Rathaus zogen (schon das hatte die Polizei, ebenso wie eine Kundgebung dort verboten!), sperrten sofort dichte Polizeiketten das Rathaus ab. Unter dem Schutz der Staatsgewalt wurde die arbeiterfeindliche Maßnahme beschlossen."

Der Kommunistische Jugendbund (KJB) Freiburg des BKA (vgl. 23.3.1972) berichtet, u.a. über die Vorbereitung bzw. Behinderung durch den DGB (vgl. 17.3.1972):"
DEMONSTRATION GEGEN FAHRPREISERHÖHUNG UND PRIVATISIERUNG DER STADTWERKE:
...
Am Dienstag zogen dann auch etwa 1 000 Demonstranten, überwiegend Lehrlinge und Jungarbeiter durch die Freiburger Innenstadt. In Sprechchören und auf Tausenden von Flugblättern wurde gefordert:
Schluß mit Lohnraub und Preistreiberei
Gegen Privatisierung und Fahrpreiserhöhung.

DKP-FÜHRUNG CONTRA GEWERKSCHAFTSJUGEND

Die Gewerkschaftsjugend hatte vor der Demonstration alle politischen Gruppen aufgefordert, ihre Aktion zu unterstützen und auf der Demonstration auf eigene Parolen und Lautsprecher zu verzichten. Obwohl auch die DKP dies dem Aktionsrat der Gewerkschaftsjugend versprochen hatte, hielt sie sich nicht daran. Sie tauchte mit EIGENEN Parolen, EIGENEM Lautsprecherwagen, EIGENEN Megaphonen auf (als die DKP eine Woche vor der Demonstration von der Gewerkschaftsjugend gefragt wurde, ob sie ihr ein Megaphon leihen könne, antwortete der DKP Vertreter, daß sie keine besäßen). Für die DKP war die Initiative der Gewerkschaftsjugend eine Konkurrenz für das von ihr bereitgehaltene Sammelbecken aller Bürger, die 'Bürgerinitiative Roter Punkt'.

Während der Demonstration propagierte die DKP IHRE und NICHT die Parolen der Gewerkschaftsjugend. So versuchte die DKP, die vorher in der 'Bürgerinitiative Roter Punkt' die Gewerkschaftsjugend als Spalter beschimpfte, bei der Demonstration ihr eigenes Süppchen zu kochen. Bis zu diesem Zeitpunkt blieb die DKP in der Versenkung der Bürgerinitiative verschwunden.

Nach Abschluß der Demonstration und Kundgebung riefen viele Kollegen vor dem Rathaus, das von der Polizei bewacht wurde: 'Jorzig, Schnabel, Haas - raus'. Doch diese kümmerten sich nicht darum. Im Rathaus beschloß der Stadtrat unter dem Schutze der Staatsmacht mit großer Mehrheit die Privatisierung der Stadtwerke."
Q: Arbeiter-Zeitung Nr.4,Mannheim/Heidelberg Mai 1972;
Klassenkampf Extrablatt, Nr.19 und 20, Extrablatt, Freiburg 20.3.1972, 23.3.1972, 20.4.1972 bzw. 8.5.1972,S.1f, S.1 und 10, S.7 bzw. S.2;
Kommunistische Jugendzeitung Extrablatt,Freiburg 23.3.1972,S.1ff

23.03.1972:
Der Kommunistische Jugendbund (KJB) Freiburg des BKA gibt ein Extrablatt "Demonstration gegen die Fahrpreiserhöhung und Privatisierung der Stadtwerke" seiner 'Kommunistische Jugendzeitung' (KJZ - vgl. 13.12.1971, 18.4.1972) mit sechs Seiten DIN A4 und einem Leitartikel zur Demonstration gegen die Fahrpreiserhöhungen (vgl. 21.3.1972) bzw. deren Vorbereitung (vgl. 17.3.1972) heraus.
Q: Kommunistische Jugendzeitung Extrablatt Demonstration gegen die Fahrpreiserhöhung und Privatisierung der Stadtwerke, Freiburg 23.3.1972, S. 1ff

Freiburg_KBW118

Freiburg_KBW119

Freiburg_KBW120


10.04.1972:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg (vgl. 15.5.1972) berichtet über die Befürwortung der Fahrpreiserhöhungen (vgl. 9.5.1972) im Stadtrat u. a. durch den DGB-Kreisvorsitzenden vermutlich aus dieser Woche:"
DGB Kreisvorsitzender Jorzig taktierte sehr geschickt. Er hielt sich einerseits an den Beschluß des DGB-Kreisvorstandes Freiburg, jede Fahrpreiserhöhung abzulehnen (vgl. **.*.1972,d.Vf.). Andererseits unterließ er aber jeden Versuch, die Kollegen in den Betrieben gegen die Fahrpreiserhöhung zu mobilisieren. Er berief vielmehr Mitte April eine Delegiertenkonferenz des DGB Freiburg in, in der fern ab von den Arbeitern das Für und Wider zusammen mit OB Keidel diskutiert wurde. Die Diskussion endete schließlich mit einer Abstimmung, in der gleich viel Stimmen für wie gegen die Fahrpreiserhöhung abgegeben wurden!

Die Hälfte der DGB-Delegierten trat also für diese Lohnraub-Maßnahmen ein!"
Q: Klassenkampf Extrablatt,Freiburg 15.5.1972,S.2

11.04.1972:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg (vgl. 20.4.1972) berichtet:"
FAHRPREISERHÖHUNGEN FÜR BUS UND STRASSENBAHN VERSCHOBEN!

Nach der am 21.März vollzogenen Umgründung der Stadtwerke sollte am 11.April die Fahrpreiserhöhung über die Bühne gezogen werden. Der Plan der Fahrpreiserhöhung ist keineswegs aufgegeben, doch der Termin wurde verschoben! Oberbürgermeister Keidel (SPD) und die Fraktionsvorsitzenden haben sich darauf geeinigt, den Termin zu verschieben, angeblich, weil das Thema noch nicht ausreichend in den Ausschüssen vordiskutiert sei. In Wirklichkeit ist es jedoch ganz einfach so, daß die Parteien nicht zwölf Tage vor den Landtagswahlen (LTW - vgl. 23.4.1972, d.Vf.) eine Maßnahme beschließen wollten, die auf so einhellige Ablehnung in allen Teilen der Bevölkerung stößt. Keine der Parteien will es sich mit dem 'Wahlvolk' vor dem 23.4., dem Termin der Landtagswahlen, verderben, keine will als Preistreiber dastehen. Deshalb wird jetzt zunächst der Flächennutzungsplan beschlossen, bevor - wahrscheinlich Anfang Mai - die Fahrpreise um durchschnittlich über 30% erhöht werden sollen. Ein gut gelungenes Beispiel für bürgerliche Demokratie!"
Q: Klassenkampf Nr. 20, Freiburg 20.4.1972, S. 7

Freiburg_KBW618


08.05.1972:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg gibt ein Extrablatt seines 'Klassenkampf' (vgl. 24.4.1972, 17.5.1972) mit zwei Seiten DIN A4 ohne Angabe eines presserechtlich Verantwortlichen zur morgigen Demonstration heraus:"
AUFRUF ZUR DEMONSTRATION GEGEN FAHRPREISERHÖHUNG UND FAHRPLANVERDÜNNUNG

SAMMELPUNKT 17 UHR DIENSTAG, MÜNSTERPLATZ

Am Dienstag nachmittag, gegen 17 Uhr 30, will der Freiburger Stadtrat die Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr um ca. 30% erhöhen.

Gleichzeitig wird die Verdünnung des Fahrplans fortgesetzt durch zunehmende Einschränkung der Fahrten auf den Berufs- und Einkaufsverkehr sowie durch
Streichung ganzer Linien!

Diese Maßnahmen gefährden einerseits die Arbeitsplätze der Arbeiter und Angestellten bei den Stadtwerken (ÖTV-Bereich, d.Vf.). Andererseits sind Verteuerung und gleichzeitige Einschränkung des öffentlichen Nahverkehrs direkt gegen die Arbeiter, Angestellten und deren Familien in Freiburg und den Randgemeinden gerichtet, die ein Interesse an einem umfassenden und billigen Nahverkehr haben.

Deshalb rufen der BUND KOMMUNISTISCHER ARBEITER und der KOMMUNISTISCHE JUGENDBUND (KJB, d.Vf.) die werktätige Bevölkerung zu einer Protestdemonstration gegen Fahrpreiserhöhung und Fahrplanverdünnung auf!

VORGESEHENE FAHRPLANVERDÜNNUNGEN

1. Der Abendverkehr im Stadtgebiet soll ab 21 Uhr im 30 Minuten Abstand verkehren (bisher 20 Minuten)

2. Ab 20 Uhr soll der gesamte Verkehr nach Kappel, Gundelfingen/Wildtal und Merzhausen eingestellt werden

3. Für die Stadtrandzonen soll ein Zuschlag erhoben werden

auf Einzelfahrschein und Mehrfachkarte 0, 30 .-

auf Wochensichtkarten                  2, 50.-

auf Monatssichtkarten                  8, 00.-

VORGESEHEN TARIFERHÖHUNGEN
bisher ab 1.6.
A EINZELFAHRSCHEINE

Erwachsene                                                0,70  0,90  +30%

B MEHRFAHRTENKARTE
Erwachsene
a) 5 Fahrten x DM -, 60                                   3.-   4.-   +33%

b) Nur in Verkaufsstellen erhältlich 6 Fahrten x
DM -, 50 nun 5 Fahrten                                    3.-   3, 50 +40%

C WOCHENSICHTKARTEN

Wochenstreckenkarte Mo - Fr                               4.-   5, 50 +37%

Schüler / Studenten / Lehrlinge Wochennetzkarte So - Sa   5.-   7.-   +40%

D MONATSSICHTKARTEN

Monatsnetzkarte                                          26.-  33.-   +27%

Schüler / Studenten / Lehrlinge Monatsnetzkarte          20.-  24.-   +20%

Am 21.März hat der Freiburger Stadtrat gegen den Protest weiter Bevölkerungsteile die Privatisierung der Stadtwerke beschlossen. Damit werden die Stadtwerke in eine Versorgungs- und eine Verkehrs Aktiengesellschaft aufgespalten, die beide in der Stadtwerke GmbH zusammengefaßt sind. Der Energiekonzern Thüringer Gas wird an den Versorgungsbetrieben beteiligt (Gas, Wasser, Strom), die 1972 mit einem Gewinn von ca. 5 Millionen DM arbeiten werden. Die Verkehrsbetriebe, die mit vielen Millionen Defizit arbeiten sollen mit Rationalisierungsmaßnahmen, Fahrplanverdünnungen und Fahrpreiserhöhungen aus dem Defizit möglichst weit herauskommen. So kommt es, daß auf der einen Seite Straßenbahn und Bus immer teurer werden und die Verkehrsarbeiter um ihre Arbeitsplätze fürchten müssen, während auf der anderen Seite alle Energiekonzerne Riesenprofite vermelden und die Thüringer Gas in ihrem Aktionärsbrief auch für 1971 eine Dividende von 15% ! ankündigen kann. Auch mit den Ergebnissen des laufenden Jahres 1972 könne man zufrieden sein, schreibt der Thüringer Gas Vorstand und gibt schließlich bekannt: 'Der Vorstand rechnet wieder mit einer befriedigenden Gewinnentwicklung.' (Handelsblatt (HB, d.Vf.), 6.April 1972)

Die Umgründung der Stadtwerke wird nur als ein Mittel eingesetzt, um bei den Stadtwerken verschärft rationalisieren und die Tarife erhöhen zu können. Begründen wird der Stadtrat seine Maßnahmen mit dem Defizit der Verkehrsbetriebe. Aber während die öffentlichen Nahverkehrsbetriebe mit Hunderten von Millionen Defiziten arbeiten, während der Staat Steuern und Gebühren erhöht, während Gelder für Bildungs- und Sozialaufgaben gestrichen werden, unterstützt derselbe Staatsapparat mit Milliardenbeträgen die Monopole und hilft ihre Profite zu sichern. So wird z.B. in Freiburg Bauland für Billigstpreise an die Kapitalisten abgegeben (Rhodia (CPK-Bereich, d.Vf.)) und wurde jetzt in diesen Wochen (vgl. Apr.1972, d.Vf.) die Gewerbesteuer, die die Unternehmer an die Stadt zahlen müssen, zum ersten Mal seit 1954 !! (vgl. 1954, d.Vf.) angehoben, und auch das nur geringfügig.

Die Politik des Staatsapparates muß sich nach den Interessen der herrschenden Klasse ausrichten und sie verteidigen; diese Politik ist notwendigerweise gegen die Interessen der breiten Masse des Volkes gerichtet. Wenn jetzt die Verbrauchssteuern erhöht worden sind, ebenso die Gebühren für die städtischen Bäder etc., so geht es dabei um die Interessen und Profite der Kapitalisten. Die Verlagerung von Kosten ist Teil der allgemeinen Lohndrückerei, wodurch unser aller Lebensverhältnisse verschlechtert werden.

Vom Stadtrat können wir uns nichts erhoffen! Er funktioniert als das letzte Rädchen eines Staates, der gerade in einer Krisensituation verstärkt dazu beiträgt, die Kosten auf die Arbeiterklasse abzuwälzen, um die Macht des westdeutschen Monopolkapitals aufrechtzuerhalten und voranzutreiben. Er funktioniert als Teil des kapitalistischen Staatsapparates, der immer mehr Geld aus unserer Lohntüte in die Taschen der Kapitalisten wandern läßt.

Protestieren wir gegen die geplanten Maßnahmen der Stadt!

Zeigen wir Stadtverwaltung und Stadtrat, daß wir diesen Angriff auf unser Interesse an einem billigen und umfassenden öffentlichen Nahverkehr nicht hinnehmen!

Zeigen wir, daß wir die Einstellung des Abendverkehrs nach Kappel, Gundelfingen/Wildtal und Merzhausen und die Kürzung des Abendsverkehrs in der Stadt entschieden ablehnen!

Verlangen wir durch unser geschlossenes Auftreten:

KEINE ERHÖHUNG DER FAHRPREISE!

KEINE VERDÜNNUNG DER FAHRPLÄNE!

AUSBAU DES ÖFFENTLICHEN NAHVERKEHRS IN DIE WOHNVIERTEL DER ARBEITEN BEVÖLKERUNG!

DEMONSTRATION

Wir fordern alle Kollegen, alle Betriebsräte und Vertrauensleute auf, die Maßnahmen der Stadt entschieden abzulehnen!

Kommt zur Demonstration gegen Fahrpreiserhöhung und Fahrplanverdünnung!

PAROLEN:

Preiserhöhung ist ein Hohn - sie geht ab von unserem Lohn!

Finanznot ist ein fauler Trick - die Thüringer Gas macht den Profit!

Der Stadtrat tritt nicht für uns ein - den Kampf, den führen wir allein!"

Später (vgl. 15.5.1972) berichtet der BKA:"
Der BUND KOMMUNISTISCHER ARBEITER UND DER KOMMUNISTISCHE JUGENDBUND hatten am Tag vor der Stadtratssitzung auf Flugblättern in den Betrieben, Gewerbeschulen und in der Stadt die von der Stadtverwaltung geheimgehaltenen Maßnahmen veröffentlicht. Die einhellige Meinung war: 'Diese Fahrpreiserhöhungen sind eine Sauerei!' Und vielen Kollegen war auch klar, daß mit derlei Maßnahmen der Staat sein Teil dazu beiträgt, die Kosten der Krise auf die Arbeiterklasse abzuwälzen."
Q: Klassenkampf Aufruf zur Demonstration gegen Fahrpreiserhöhung und Fahrplanverdünnung bzw. Kampf gegen Fahrpreiserhöhung und Fahrplanverdünnung, Freiburg 8.5.1972 bzw. 15.5.1972, S. 1f bzw. S.1

Freiburg_KBW624

Freiburg_KBW625


09.05.1972:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg (vgl. 8.5.1972) rief zur heutigen Demonstration um 17 Uhr ab Münsterplatz gegen die Fahrpreiserhöhung und Fahrplanverdünnung auf, die heute im Stadtrat (SR) beschlossen werden sollen.

Die Demonstrationsroute soll über die Kaiser Josef Str. zu Siegesdenkmal und Bertholdbrunnen, durch die Salzstr, die Herrenstr. wieder zum Münsterplatz führen.

Später (vgl. 15.5.1972) berichtet der BKA:"
Rund 1 000 Arbeiter, Angestellte und andere Werktätige, Schüler und Studenten folgten dem Aufruf des BUNDES KOMMUNISTISCHER ARBEITER und des KOMMUNISTISCHEN JUGENDBUNDES sowie anderer Organisationen und demonstrierten gegen Fahrpreiserhöhung und Fahrplanverdünnung.

Viele Freiburger, die noch nicht mitdemonstrierten, ließen ihre Zustimmung zu den Forderungen der Demonstranten erkennen.

Viele Kollegen konnten von der Demonstration nicht mehr informiert werden. Die BADISCHE ZEITUNG (BZ, d.Vf.) unterschlug die Ankündigung der Demonstration ebenso, wie sie die Maßnahmen der Stadt vor der Beschlußfassung im Stadtrat nicht veröffentlichte. Und in der Berichterstattung über die Demonstration berichtete sie mit keinem Wort über die Ansprache unseres Vertreters auf dem Münsterplatz, halbierte dafür aber die Teilnehmerzahl an der Demonstration auf die Hälfte. …

Der Stadtrat beschloß mit großer Mehrheit Fahrpreiserhöhung und Fahrplanverdünnung. Während die Gewerbesteuer 18 Jahre lang unverändert gering geblieben ist, ist dies nun schon die zweite Fahrpreiserhöhung innerhalb von vier Jahren, zusammengenommen eine Erhöhung von bis zu 100%!


Alle Fraktionen, natürlich auch die SPD, stimmten für die arbeiterfeindlichen Maßnahmen. Zwar gab es in der Diskussion einiges Hick-Hack, aber schon am selben Abend saßen alle wieder vereint, darunter auch der DGB-Kreisvorsitzende Jorzig - beim Spargelessen in Opfingen, und rissen ihre Witze über die so anstrengenden Debatten im Stadtrat.

Natürlich war auch Rhodia-Betriebsratsvorsitzender (CPK-Bereich, d.Vf.) Schnabel bei den Befürwortern der Fahrpreiserhöhung!"

Berichtet wird von der Haltung des DGB-Kreisvorsitzenden Jorzig bzw. der Befürwortung der Fahrpreiserhöhungen durch die Hälfte der DGB-Kreisdelegiertenkonferenz (vgl. 10.4.1972):"
Mit diesem Abstimmungsergebnis im Rücken konnte der DGB-Kreisvorsitzende dann behaupten, daß 'die Kollegen' gar kein Interesse an Maßnahmen gegen die Fahrpreiserhöhung hätten. Doch die Diskussionen im Betrieb über unser Flugblatt und die Teilnahme vieler Kollegen an der Demonstration haben genau das Gegenteil bewiesen: sehr viele waren empört über die Maßnahmen der Stadt und waren selbst auch bereit, sich dagegen einzusetzen!

Nach der Demonstration zogen viele Teilnehmer der Demonstration spontan vor das Rathaus, um dem Stadtrat ihre Forderungen entgegenzusetzen:

WEG MIT FAHRPREISERHÖHUNG

WEG MIT DER FAHRPLANVERDÜNNUNG

MEHR BUSSE IN ARBEITERVIERTEL

Doch der Stadtrat hatte vorgesorgt, um jeden Kontakt mit 'der Straße' - wie man abfällig sagt - zu verhindern. Im Sitzungssaal selbst sorgten geschlossene Fenster und schallgedämpfte Wände dafür, daß man kaum etwas von draußen hören konnte. Eine ganze Serie von Kripobeamten patrouillierten auf und ab, um das reibungslose Ablaufen der Stadtratssitzung zu gewährleisten. In der Gauchstraße längs zum Rathaus standen uniformierte Polizeimannschaften zum Einsatz bereit, wenn 'das Volk' zu unruhig werden sollte. Und dies waren nur einige der Maßnahmen, um die Verabschiedung der volksfeindlichen Maßnahmen sicherzustellen!"

Bei Rhodia (vgl. 15.5.1972) berichtet der BKA:"
STADTRAT SCHNABEL UNTERSTÜTZT FAHRPREISERHÖHUNGEN

Am vergangenen Dienstag beschloß der Freiburger Stadtrat, die Fahrpreise für die städtischen Verkehrsmittel um durchschnittlich 30% anzuheben. Kollegen, die mit städtischen Bussen zur Arbeit fahren, müssen jetzt monatlich sieben DM mehr für ihre Netzkarte bezahlen (und das bei einer Netto-Lohnerhöhung von 30 - 40 DM in den letzten Tarifverträgen!).

Gleichzeitig wird ab 20 Uhr abends der Busverkehr nach Kappel, Merzhausen, Wildtal und Gundelfingen eingestellt!

Deutlicher als mit diesen Maßnahmen könnten SPD, CDU, FDP usw. kaum zeigen, um was es ihnen geht: Solange der Arbeiter zur Arbeit fährt und von der Arbeit kommt, solange die Angestellten in Büros und Geschäfte strömen, solange die Hausfrau zum Einkauf fährt und vom Einkauf kommt, - solange fahren auch die Busse und Strassenbahnen.

Damit ist es aber dann auch getan! Stehen die Maschinen still, sind die Büros geschlossen und die Kaufhäuser dicht gemacht, dann wird nur noch für den Abtransport der arbeitenden Menschen gesorgt, und dann hat sich die Sache.

Zum täglichen Geschäft des Stadtrats im Dienst des Kapitals gehört es, seinen Teil zur Verstärkung der Ausbeutung der werktätigen Bevölkerung beizutragen. Und in dieses Geschäft paßt ein Stadtrat wie 'Kollege' Schnabel wie angegossen! Auch im Stadtrat ist Schnabel wie im Betrieb und in der Gewerkschaft ein treuer Deiner seiner Herren, der arbeiterfeindlichen SPD-Führer und der Kapitalisteninteressen.

Vor den BR-Wahlen (BRW - vgl. 8.5.1972, d.Vf.) hatte Schnabel noch gegen die Privatisierung der Stadtwerke gestimmt. Jetzt, nachdem er seinen Posten wieder hat, braucht er keine 'Rücksichten' mehr auf sich zu nehmen!

Wie sagte Dr. Boos auf der vorletzten Betriebsversammlung (BV - vgl. Okt. 1971, d.Vf.) im Herbst zufrieden: 'Herr Schnabel, wir sind ja so froh, daß wir sie im Stadtrat haben!'"
Q: Klassenkampf Extrablätter und Extrablatt Rhodia, Freiburg 8.5.1972, 15.5.1972 bzw. 15.5.1972, S. 1f, S. 1 bzw. S. 2

Freiburg_Rhodia024


15.05.1972:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg gibt ein Extrablatt seines 'Klassenkampf' (vgl. 8.5.1972, 17.5.1972) mit zwei Seiten DIN A4 unter Verantwortung von Leo Horlacher, Freiburg, Herrenstr.53 und der Postlagerkarte von D. Friedrich sowie einer Telefonnummer als Kontaktmöglichkeit heraus, in dem u.a. von der letzten Fahrpreisdemonstration und deren Vorbereitung (vgl. 8.5.1972, 9.5.1972) berichtet wird:"
KAMPF GEGEN FAHRPREISERHÖHUNG UND FAHRPLANVERDÜNNUNG …

Wir konnten die Fahrpreiserhöhungen, die Fahrplanverdünnungen nicht verhindern, ebensowenig, wie dies in den letzten Monaten den Kollegen in den anderen Städten gelang. Aber wir konnten im Widerstand gegen diese Maßnahmen den Kampfwillen gegen Kapital und Staat und für den Sozialismus stärken. Wir konnten vor allem mit vielen Illusionen über den Charakter des Staates aufräumen, der nicht neutral über den Klassen steht, sondern Instrument der herrschenden Klasse ist. Und da in der westdeutschen Gesellschaft die Kapitalistenklasse, voran das Monopolkapital, herrscht, ist der Staatsapparat nicht anders als deren geschäftsführender Ausschuß, Instrument gegen die Massen des werktätigen Volkes. Erst wenn wir diesen Staatsapparat zerschlagen haben, können wir die Klassengesellschaft des Proletariats, den Sozialismus aufbauen."

Angekündigt wird die Nr. 21 des 'Klassenkampf' (vgl. 17.5.1972).
Q: Klassenkampf Kampf gegen Fahrpreiserhöhung und Fahrplanverdünnung, Freiburg 15.5.1972

Freiburg_KBW626

Freiburg_KBW627


28.01.1974:
Der KSB Freiburg des KBW gibt die Nr.1 seines 'Schulkampfes' (vgl. 12.12.1973, 13.3.1974) für Januar vermutlich in dieser Woche heraus. Aufgefordert wird: "Eine breite Meinung gegen die geplante Fahrpreiserhöhung herstellen!".
Q: Schulkampf Nr. 1, Freiburg Jan. 1974, S. 2f

Freiburg_Schulkampf044

Freiburg_Schulkampf045

Freiburg_Schulkampf046


Letzte Änderungen: 19.3.2013

Valid HTML 4.01 Transitional   Valid CSS


[ Zum Seitenanfang ]   [ geographische Zwischenübersicht ]   [ thematische Zwischenübersicht ]   [ Hauptübersicht ]