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Der christliche Gewerkschaftsbund – die gelbe Gefahr?

Von Jürgen Schröder, Berlin (10.2.2005)


Der Christliche Gewerkschaftsbund, der hier keineswegs umfassend betrachtet werden soll, sondern so weit, wie er für linke Gruppen relevant erschien, taucht in der Datenbank MAO nur vereinzelt auf, obwohl wir zahlreiche betriebliche Publikationen ausgewertet haben. Erste Meldungen kommen aus Bayern (vgl. 8.9.1969, 1.5.1970), wobei der CGB auch dort eher eine kleine Organisation darzustellen scheint.

Einige vereinzelte betriebliche Einflussbereiche besitzt der CGB aber scheinbar durchaus. Dazu gehört u.a. die Zeche General Blumenthal in Recklinghausen (vgl. 24.4.1971). Die Naivität des dort argumentierenden CGB-Mitglieds verwundert nicht angesichts der auf Wunderheiler zurückgehenden Namensgebung des CGB.

Für die maoistische Linke bedeutet der CGB meist nur die Sicherstellung der Listenplätze der SPD-Betriebsräte (vgl. Jan.1972) bei den Betriebsratswahlen (BRW), für die Sozialdemokraten und Moskautreuen bedeutet der CGB vor allem die Spaltung der Einheitsgewerkschaft. Eigene politische Angriffsfläche bot der CGB mangels Aktivität oder Masse oder beidem zusammen scheinbar wenig. Auseinandersetzungen mit Äußerungen des CGB konnten wir in den ausgewerteten Publikationen nicht auffinden.

Der CGB führt allerdings bei Siemens Berlin zur offensichtlichen Verwirrung selbst sonst außerordentlich auf die klar und immer eindeutig führende Linie bedachter, örtlich dominierender Avantgardeparteien (vgl. 22.3.1972), die dafür nicht umsonst sogleich heftige Schläge von der doppelt gleichnamigen, aber doch bitter verfeindeten KPD/ML-Konkurrenz versetzt bekommen, was diese auch bei anderen Betrieben anprangert (vgl. 26.4.1972).

Auf der Zeche Westerholt Polsum in Herten, wo der CGB ebenfalls aktiv ist, hat die KPD ihre Lektion dann bereits gelernt (vgl. 18.4.1972).

Die IGBE gibt sich angesichts der Ergebnisse der Betriebsratswahlen als gelassener Gigant (vgl. 20.4.1972), die geringen Positionen des CBV des CGB scheinen zumindest im Aachener Revier und Siersdorf noch zu schrumpfen (vgl. 20.4.1972).

Von Opel Rüsselsheim (vgl. 15.5.1972) dagegen wird seitens der KPD/ML-ZB die bürokratische Klassenharmonie der SPD-Berufsbetriebsräte als Ursache für das Erstarken von DAG und CGB angesehen, der CGB hier ausnahmsweise sogar einmal als Gegner benannt, während er für die Maoisten sonst ja immer nur der Helfer der Gegner, d.h. meist der DGB-Gewerkschaften und der von ihnen getragenen Betriebsräte, ist.

Auf General Blumenthal sinkt zwar der Einfluss des CGB oder seiner Freunde bei der Wiederholung der Betriebsratswahl 1972 scheinbar, trotzdem aber halten sie einen gehörigen Anteil der Betriebsratssitze (vgl. 5.12.1972).

Die DKP (vgl. Apr. 1973) betrachtet den CGB 1973 als im wesentlichen besiegt, verortet die 'gelbe Gefahr' nun vielmehr bei den Maoisten, möchte auf keinen Fall mit ihnen verwechselt werden.

In Regensburg macht sich nur wenig später (vgl. 25.5.1973) auch der CGB um die Aufführungen von Theatergruppen verdient, deren Namensgebung maoistisch beeinflusst ist.

Berichtenswert ist der CGB sowohl auf General Blumenthal (vgl. 11.6.1973) als auch bei den Sozialwahlen (vgl. Jan. 1974, 4.4.1974), wo der CGB außerordentlich aktiv zu sein scheint.

In Bremen (vgl. 29.11.1974) bietet der CGB die Plattform für die Darstellung des eindeutig vom Kommunismus abgewandten Gerhard Löwenthal, während sich die weltweite Mutterorganisation ein Jahr später wieder durchaus mildtätig und auch linken Anliegen keineswegs abgewandt gibt (vgl. 22.9.1975).

Bei den Betriebsrätewahlen (BRW) 1976 ist der CGB zumindest bei ATH Duisburg-Ruhrort präsent (vgl. 17.3.1976), wird durch die KPD dabei durchaus als ehrenwerte Gesellschaft, der auch ehrliche Mitglieder angehören, anerkannt, quasi auf eine Stufe mit dem DGB gestellt.

Insgesamt scheint es sich beim CGB nach den von uns ausgewerteten Dokumenten, die aber nur geringen Aufschluss über den CGB bieten, um eine eher wenig bedeutende Organisation zu handeln, die über eine lediglich kleine und vermutlich wesentlich nur hinter den Kulissen und wenig öffentlich aktive Anhängerschaft verfügt. Ihr politischer Charakter erscheint aus der Perspektive sowohl der Maoisten als auch der Moskautreuen eher zwiespältig, mal ehrlich und progressiv, dann wieder eindeutig reaktionär oder auf Spaltung der Einheitsgewerkschaft ausgerichtet. Weder als Bündnispartner noch als Gegner scheint der CGB für die Linke Relevanz gehabt zu haben.

Auszüge aus der Datenbank Materialien zur Analyse von Opposition (MAO)

08.09.1969: 
Im Zweigwerk Haidhof der Maxhütte beginnen, laut IMSF, 3 600 einen zweitägigen Streik (vgl. 6.9.1969, 9.9.1969). Gefordert wird u.a. die Aufnahme von Tarifverhandlungen (vgl. 9.9.1969) Der gewerkschaftliche Organisationsgrad in den Betrieben der Maxhütte beträgt über 90% (IGM und IGBE). Auch der CGB stellt einige Betriebsräte.
=IMSF:Die Septemberstreiks 1969,Frankfurt Nov. 1969

01.05.1970: 
In Schweinfurt ist die Maidemonstration von SJD Die Falken und KAB/ML, laut letzterem, größer als die von DGB, DKP und CGB. Eine Kundgebung auf dem Marktplatz sei von 200 angehört worden.
=Rebell Nr.21/22,Tübingen 1970

24.04.1971: 
In Recklinghausen wird, nach eigenen Angaben, auf einer Filmveranstaltung der Betriebsgruppe Zeche General Blumenthal der KPD/ML-ZB der Film 'Wir waren vorbereitet, morgen früh um 6 Uhr in den Streik zu treten' gezeigt.

Über die Veranstaltung veröffentlicht die KPD/ML-ZB u.a. folgenden:"
BERICHT ÜBER DIE FILMVERANSTALTUNG DER KPD/ML-BETRIEBSGRUPPE BLUMENTHAL IN RECKLINGHAUSEN ...
Der zweite Teil der Diskussion drehte sich um den 1.Mai und was die Arbeiterklasse und ihre Partei am 1.Mai für Aufgaben hat. Ein Vertreter der KPD/ML erläuterte kurz unsere politische Linie zum 1.Mai. Hier gab es eine heftige Diskussion. ... Ein anderer Kollege von der christlichen Gewerkschaft (des CGB,d. Vf.) schlug sogar vor, man solle doch ins Fernsehen gehen und dort die Forderungen, die wir haben, vorbringen, da hätte man doch eine viel größere Öffentlichkeit und keiner könnte sagen, die demonstrieren unter roten Fahnen.

Doch diese Äußerungen stießen auf den entschlossenen Widerstand der anderen Kollegen: 'Ins Fernsehen kommst du doch gar nicht rein! Das ist doch das Fernsehen der herrschenden Klasse, da können wir nie den Mund aufmachen. Und wir schämen uns auch nicht unter der Fahne der Kommunisten auf die Straße zu gehen. Im Gegenteil, wir sind froh, daß es wieder Kommunisten gibt."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.32,Bochum 28.4.1971,S.3ff;
Rote Fahne Nr.9,Bochum 10.5.1971,S.8;
KPD/ML-ZB-ZB-Propagandaabteilung:Vorwärts im Geiste des 1. Mai. Aus der Arbeit der KPD/ML. Eine Broschüre für Arbeiter,Westberlin 1971


Januar 1972: 
Die KPD (vgl. 25.2.1972) berichtet von den BRW bei der RAG u.a. aus dem Januar:"
RAUS MIT DEN ARBEITERVERRÄTERN AUS DEN BETRIEBSRÄTEN

Obwohl die BR-Wahlen im Bereich der Ruhrkohle AG erst Mitte April (vgl. 18.4.1972,d.Vf.) stattfinden, stehen die Listen der IGBE-Führung fast überall fest, sind die ersten 'Urwahlen' gelaufen. ...
Wenn es dann noch zur Listenwahl kommt - wie jetzt an einigen Zechen (Westerholt, Polsum (in Herten,d.Vf.), Prosper (in Bottrop,d.Vf.) etc.) - wird die ganze Wahl endgültig zur Farce. Bekanntlich entscheidet bei der Listenwahl die Reihenfolge der Kandidaten. An den Zechen, wo es neben IGBE-Listen auch Listen des ultrareaktionären Bergarbeiterverbandes (BAV) und der Christlichen Gewerkschaft (CGBE) geben wird, ist jetzt schon klar, wer oben auf der Liste stehen wird. ...
WEG MIT SPD-LISTEN!
WEG MIT BAV/CGBE-LISTEN!
WÄHLT NUR KLASSENBEWUSSTE KUMPEL IN DEN BETRIEBSRAT!"
=Rote Fahne Nr.37,Berlin 25.2.1972,S.9

22.03.1972: 
Bei Siemens Berlin gibt die KPD die Nr.5 ihrer 'Kommunistischen Arbeiterpresse' (vgl. 28.2.1972, 12.4.1972) mit 6 Seiten unter Verantwortung von Maria Bergmann heraus. Hauptthema sind die Betriebsratswahlen (BRW), wobei neben der IGM auch DAG und CGB aktiv sind, man selbst aber auch nicht untätig bleiben will. Die KPD/ML-ZB findet es verwunderlich, daß die KPD zur Wahl der IGM-Liste aufruft, obwohl doch eine Persönlichkeitswahl stattfindet, da CGB und DAG auf eigene Listen verzichteten. Auch die KPD/ML-ZK kritisiert den Wahlaufruf der KPD für die IGM. Die KPD/ML-ZK äußert sich dazu so:"
'KPD'-AO-SPALTER FALLEN DEN OPPOSITIONELLEN KOLLEGEN IN DEN RÜCKEN!

Die sogenannte 'Kommunistische Arbeiterpresse' ruft die Kollegen auf: 'Wählt die Liste der IGM!' Sie machen es sich einfach: entweder Wahlboykott oder IGM-Liste - und geben die Antwort: 'Unsere Stimme der IGM!' Kollegen, auch wir sind für eine starke IGM! Aber wenn wir unsere Stimme den Verrätern Garbe, Hoffmann und Co. geben, stärken wir dann die IGM? Arbeiterverräter wie Garbe, der übrigens auch im Siemens-Aufsichtsrat sitzt und dort dicke Schmiergelder kassiert, stärken unseren gewerkschaftlichen Kampf nicht, im Gegenteil, sie sabotieren ihn! Unsere Parolen in den Betrieben, wo wir noch keine klassenkämpferische Liste aufstellen können, müssen deshalb heißen:

WAHLTAG IST ZAHLTAG
RAUS MIT DEN ARBEITERVERRÄTERN AUS DEM BETRIEBSRAT!
RAUS MIT GARBE, HOFFMANN UND KONSORTEN!"
=Roter Lautsprecher Nr.3,Berlin Apr. 1972,S.4;
Kommunistische Arbeiterpresse - Ausgabe Siemens Nr.5,Berlin 22.3.1972;
Der Rote Blitz Nr.5,Berlin 6.4.1972;
Der Rote Schaltwerker Nr.19,Berlin 11.4.1972


18.04.1972: 
Die KPD (vgl. 19.4.1972) berichtet von den heute beginnen sollenden, dreitägigen Betriebsratswahlen (BRW):"
BETRIEBSZELLE WESTERHOLT-POLSUM

UNGÜLTIG ABSTIMMEN!

Im ersten Wahlaufruf wünschte sich Karl-Heinz Mross, bisheriger Betriebsratsvorsitzender und zugleich Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Gesamtbetriebsräte der RAG, einen Betriebsrat, der 'nicht durch politische und weltanschauliche Interessen geschwächt wird.' Zugleich bedauert er, daß durch 'Splittergruppen mit ihren Fremdlisten eine echte demokratische Persönlichkeitswahl verhindert' wurde und die Listenwahl durchgeführt werden muß. Auch der DGB-Vorsitzende Vetter tönte auf seiner Großschau in Dortmund (der IGBE - vgl. 8.4.1972,d.Vf.): 'Diese Betriebsrätewahl soll parteipolitisch neutral erfolgen!'

Die Manöver der IGBE-Spitzen zeigen das Gegenteil: ... (vgl. Feb. 1972, März 1972,d.Vf.)

Es ist klar, es gibt keine 'parteiliche Neutralität': Entweder tritt man für die Klasseninteressen der Arbeiter ein oder schlägt sich auf die Seite des Kapitals! Zusammenarbeit mit dem Kapital, Mitbestimmung, heißt in der kapitalistischen Ausbeutergesellschaft immer, die Geldsäcke zu stützen und die Arbeiter im Unklaren darüber zu halten, welche nächsten Kampfschritte möglich sind. Seit über zwanzig Jahren zahlen wir Gewerkschaftsbeiträge, und noch nie haben die Gewerkschaftsführer einen geschlossenen Streik der Bergarbeiter gegen Lohnraub und die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen geführt.

WELCHE TAKTIK SCHLAGEN WIR ZUR BETRIEBSRATSWAHL EIN, UM DIE OPPOSITIONELLN KRÄFTE ZUSAMMENZUSCHLIESSNE UND ZU STÄRKEN?

Angesichts der über unsere Köpfe hinweg beschlossenen arbeiterfeindlichen IGBE-Liste (Liste 1) und der reaktionären CDU-Scheinopposition (Liste 2) müssen wir zeigen, daß die demokratische Aufstellung der Kandidatenliste und damit eine demokratische Wahl überhaupt erst wieder hergestellt werden muß! Da wir also für Wahlen sind, keinesfalls jedoch eine der beiden gegen unsere Klasseninteressen gerichteten Listen wählen können, müssen wir mit ungültigen Wahlzetteln abstimmen, um zu zeigen, was wir noch mit den Gewerkschaftsbonzen zu tun haben!"

Am 3.5.1972 berichtet die KPD:"
WESTERHOLT/POLSUM

FÜR DEN AUFBAU EINES REAKTIONÄREN VERTRAUENSLEUTENETZES!

Auch hier wurden den Kumpels zwei Listen vorgeführt, die beide nichts mit der Aufstellung fortschrittlicher Betriebsratskandidaten zu tun hatten. Zwischen der Liste der IGBE und CGB/BAV sollten sie wählen können, also zwischen Kandidaten, die sämtlichst bedingungslos hinter dem Stillegungs- und Entlassungsplan der RAG-Kapitalisten stehen.

Die DKP-Führer vertraten auch hier das Geschäft der Monopole. In ihrem Blatt: 'Die aktuelle Seilscheibe' hieß es: 'Wir Kommunisten sagen, bei aller berechtigten Kritik gegenüber der IGBE, entscheidet Euch für die Liste der IGBE...!'

Unsere Zelle auf Westerholt/Polsum, die eben erst die Arbeit aufgenommen hat, propagierte die ungültige Abstimmung. Dieser Aufruf wurde bereits von mehr als 150 Kumpels befolgt.

Im Bergbau, wo die Gewerkschaftsführung aus Furcht vor den Kumpels sich scheut, gewerkschaftliche Vertrauensleute einzusetzen, hat damit der Kampf für revolutionäre Interessenvertretungen der Arbeiterklasse begonnen: Für den Aufbau eines revolutionären Vertrauensleutenetzes!"

Die KPD (vgl. 24.5.1972) berichtet auch:"
Dort, wo die undemokratischen Manöverder Gewerkschaftsführer ein hohes Maß an Empörung unter den Arbeitern und Angestellten hervorgerufen hatten, forderten wir zum aktiven Wahlboykott auf. So bei der Ruhrkohle AG, wo unsere Zelle auf Westerholt/Polsum gerade erst gegründet worden war, dennoch aber schon 150 Kumpel diesen Aufruf befolgten."
=Rote Fahne Nr.41, 42 und 44,Dortmund 19.4.1972, 3.5.1972 bzw. 24.5.1972,S.7,S.5 bzw. S.5

20.04.1972: 
Die IGBE (vgl. 15.1.1972) berichtet von den Betriebsratswahlen (BRW - vgl. 20.4.1972, 28.4.1972):"
Bekanntgabe des Wahlergebnisses 20.4. - 4.5.1972".

Die IGBE (vgl. 1.5.1972) berichtet, u.a. über den CBV des CGB:"
KLARE ABSAGE AN SPALTER UND MINIS

GROSSER ERFOLG FÜR IGBE-BETRIEBSRÄTE

Die Betriebsratswahl im bundesdeutschen Bergbau ist gelaufen. Für die Kandidaten der IG Bergbau und Energie!

Und damit für eine gewerkschaftlich unterstützte Interessenvertretung der Belegschaften in den Betrieben und Verwaltungen.

Mit einer Wahlbeteiligung von 85 Prozent haben die Bergarbeiter und Bergbauangestellten deutlich gemacht, daß sie um die Wichtigkeit der Betriebsarbeit wissen. Die gewählten Betriebsräte können zu Recht behaupten: Wir sind die durch Wahl legitimierten Sprecher der Belegschaften. Und ebenso eindeutig ist es, daß die IG Bergbau und Energie die gewerkschaftliche Heimat der überwältigenden Mehrheit der Betriebsräte ist.

Die Betriebsratswahl war für die IG Bergbau und Energie ein großer Erfolg. Das ist unstreitig. Genauso unstreitig ist es, daß die fremd- und unorganisierten Kandidaten in den Betrieben keine Vertrauensbasis gefunden haben.

Doch der Erfolg unsrer Stärke sollte uns nicht blind machen für die Schwächen, die in Einzelfällen bei der Betriebsratswahl erkennbar wurden. Darüber wird gewerkschaftsintern sicher noch zu diskutieren sein.

Auf jeden Fall aber werden sich die Betriebsräte, ob neu- oder wiedergewählt, ob alt oder jung, auf die ursprüngliche Ausgangsposition zu besinnen haben: Nur durch gewerkschaftliche Aktivität in der Organisation wird die Grundlage für erfolgreiche Interessenvertretung in den Betrieben und Verwaltungen geschaffen.

Die jetzt gewählten Betriebsräte werden die kommenden drei Jahre ihre Amtsperiode dazu benutzen, ihren Auftrag gegenüber den Belegschaften mit ganzer Kraft zu erfüllen.

Bei Redaktionsschluß lag folgendes vorläufiges Endergebnis vor.

Wahlberechtigt waren insgesamt 282 340 Beschäftigte in 369 Betrieben. Die Wahlbeteiligung betrug 241 712, das entspricht 85,61 Prozent.

Von den 2 627 Arbeitermandaten entfielen auf:


IGBE         2 505 gleich 95,36%

BAV             45 gleich 1,71%

UO              15 gleich 0,57%

BAV/CBV         27 gleich 1,03%

CBV/BAV/DAG      5 gleich 0,19%

CBV             30 gleich 1,14%.

Von den 853 Angestelltenmandaten entfielen auf:


IGBE  714 gleich 83,70%

DAG   104 gleich 12,19%

CBV     1 gleich 0,12%."

Die IGBE (vgl. 15.6.1972) berichtet über das Endergebnis:"
SPLITTERGRUPPEN FIELEN AUF DEN BAUCH

Ein durchschlagender Erfolg. Für die IG Bergbau und Energie. Das jetzt vorliegende Endergebnis der Betriebsratswahlen beweist es: Von den 3 737 zu vergebenden Mandaten errangen die Kandidaten der IGBE 3 473. Das sind 92,9 Prozent aller Mandate. Der Rest entfällt auf Unorganisierte und bedeutungslose Splittergruppen, wie BAV, DAG und CBV. Die Wahlbeteiligung lag bei bemerkenswerten 82,9 Prozent."
=Einheit Nr.2, 9 und 12,Bochum 15.1.1972, 1.5.1972 bzw. 15.6.1972,S.3, S.1 bzw. S.1

20.04.1972: 
Die IGBE (vgl. 1.5.1972) berichtet vom Ergebnis der heute endenden Betriebsratswahlen (BRW):"
KEINE CHANCE FÜR DIE MINIS

Keine Chance hatten die Splittergruppen im Aachener Bereich. Die CGBE beispielsweise, die dort 1968 noch in fünf Betrieben eigene Listen aufstellen konnte, war jetzt nur noch in drei Betrieben vertreten und errang lediglich 7 Mandate. das bedeutet einen Rückgang um etwa 50 Prozent. Auch die DAG mußte Verluste einstecken. Die Beschäftigten haben klar erkannt: Nur die Betriebsräte einer starken Gewerkschaft sind auch gute Betriebsräte."
=Einheit Nr.9,Bochum 1.5.1972,S.3

20.04.1972: 
Die IGBE (vgl. 1.5.1972) berichtet vom Ergebnis der heute endenden Betriebsratswahlen (BRW) in Sierksdorf (heute Aldenhoven) über die Notwendigkeit einer starken Gewerkschaft:"
Ein Beispiel dafür bietet die Anlage Emil Mayrisch in Siersdorf. Dort hatte in der Gruppe der Angestellten die DAG bisher zwei, die IGBE ein Mandat. Bei dieser Wahl sah es anders aus. Die IGBE erhielt fast doppelt soviel Stimmen wie die DAG. In der Gruppe der Arbeiter das gleiche Bild: Die CGBE verlor fast 50 Prozent."
=Einheit Nr.9,Bochum 1.5.1972,S.3

26.04.1972: 
Bei AEG Telefunken Berlin gibt die Rote Betriebsgruppe der KPD/ML-ZK die Nr.3 ihres 'Roten Funken' (vgl. **.*.1972, **.*.1972) heraus.

Darin heißt es u.a.:"
Einmal ist dieser Zirkel, der sich 'KPD' nennt, für die Gewerkschaft und dann wieder dagegen. So wie diese Aufbau-Häuptlinge der 'KPD' es gerade für ihre opportunistischen Ziele brauchen. Die besten Beispiele sind ihre Parolen zu den Betriebsratswahlen: 'Gegen die Verräterei der Gewerkschaftsspitze' - 'Gegen die Spalterliste der DAG und CGB' - 'Wählt die Liste der IG Metall'.
=Roter Morgen Nr.10, 20 und Sdr.Nr.,Hamburg 23.5.1972,9.10.1972 bzw. 11.4.1973,S.3, S.* bzw. S.*

15.05.1972: 
Vermutlich in dieser Woche findet bei Opel Rüsselsheim die Betriebsratswahl (BRW) statt, die, laut KPD/ML-ZB, den 'sozialdemokratischen Regierungsknechten' eine schwere Schlappe beibrachte. Von 28 108 abgegebenen Stimmen wählen 3 438 Kollegen ungültig:"
3 438 ungültige Stimmen - das ist eine deutliche Absage an die Verräter und die Staatsdiener im alten Betriebsrat und an die Reaktioäre von der Christlichen Gewerkschaft und der DAG, die auf 2 weiteren Listen kandidierte. Diese Absage ist ein großer Erfolg für die Partei, die hier in der letzten Zeit aktiv für einen Wahlboykott gearbeitet hatte. Am Tage der Wahl gab die KPD/ML-Betriebsgruppe in einem Flugblatt noch einmal die richtige Losung aus. Unter der Überschrift 'Keine Stimme für den Wahlschwindel' zeigte sie anschaulich, daß keine der drei Listen mit einem Arbeiterprogramm aufgetreten war, stattdessen hatten diese Herren mit ihren Taten bewiesen, daß ihr Programm das von Dienern des imperialistischen Staates ist: Durchsetzung des Lohndiktats in der Metalltarifrunde '71, politische Entlassung von 15 oppositionellen Kollegen, Hetztiraden gegen Kommunisten auf jeder Belegschaftsversammlung und Lobhuldigungen der SPD-Regierung und ihrer Taten - das ist die Bilanz dieser Arbeiterverräter ... Das Ergebnis der Rüsselsheimer Betriebsratswahlen macht allerdings auch eine Schwäche der Partei deutlich: da sie nicht aktiv genug für die Aufstellung einer eigenen Liste von sozialdemokratischen, christlichen und kommunistischen Kollegen mit einem richtigen Arbeiterprogramm gearbeitet hatte und den Kollegen so keine klare Alternative zeigen konnte, gelang es den Führern der DAG und des CGB, die Empörung der Kollegen über die Machenschaften der alten Verräter für sich auszunutzen: sie erhielten zusammen 34,4% der Stimmen. Das macht die Aufgabe deutlich, die die KPD-ML Betriebsgruppe jetzt nach dem Wahlen noch intensiver anpacken muß: sie muß die ganze Belegschaft im Kampf um ihre wichtigsten Forderungen zusammenschließen, sie muß die Verrätereien der alten Betriebsräte in diesem Kampf konsequent aufdecken und besonders auch die Machenschaften der DAG- und CGB-Betriebsräte enthüllen, um dem Unmut dieser Wähler über die alten SPD-Betriebsräte den richtigen Weg zu weisen ... So kann sie die Massen im Tageskampf immer mehr an revolutionäre Positionen heranführen und erfolgreiche Schritte hin auf dem Weg zum Sturz des imperialistischen Staates und zur Errichtung der Diktatur des Proletariats unternehmen."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.38,Bochum 27.5.1972

05.12.1972: 
Auf der Zeche General Blumenthal in Recklinghausen finden, laut DKP, erneut Betriebsratswahlen (BRW) statt, da es bei den Wahlen im Frühjahr zu Unregelmäßigkeiten gekommen war.

Die IGBE (vgl. 15.12.1972) schreibt zur Neu-BRW:"
Diese Wahl war erforderlich geworden, nachdem der amtierende Betriebsrat einstimmig seinen Rücktritt beschlossen hatte, um nach einer Wahlanfechtung einen langwierigen und formalen Rechtsstreit zu vermeiden. Die Wahlbeteiligung betrug bei den Arbeitern rund 86 Prozent und bei den Angestellten über 90 Prozent. Im neuen Betriebsrat errang die IGBE 19 Mandate (bisher 18) und die Opposition BAV/CGB/DAG 8 Mandate (bisher 9)."
=Einheit Nr.24,Bochum 15.12.1972,S.3;
Roter Hobel,Wulfen Nov. 1972,S.1


April 1973: 
Vermutlich im April gibt der DKP-Kreisvorstand Osterode am Harz die Nummern 2 und 3 seiner 'OHA Konkret' (vgl. Feb. 1973, Juni 1973) heraus.
In der Nummer 2 wird aufgerufen wird zur eigenen Maiveranstaltung (vgl. 28.4.1973). Enthalten ist auch folgender Artikel:"
FALSCHE FRONTEN AUFGEBAUT

In zunehmendem Maße treten in letzter Zeit maoistische Sektierer in den Gewerkschaften hervor - nicht etwa, um gemeinsam mit den sozialdemokratischen, kommunistischen, christlichen und parteilosen Arbeitern und Angestellten einen realistischen Kampf zur Durchsetzung von Arbeiterinteressen gegen die Unternehmer zu führen; das wollen sie nur verbal. In Wirklichkeit ist für diese Ultralinken, die mit okkupierten Begriffen wie 'KPD', 'KPD/ML' usw. operieren, der 'Hauptfeind' ein anderer: der Gewerkschaftsfunktionär. Schönen Gruß vom Unternehmer, so hat er's gern!

Es wimmelte schon immer in den Schriften der Linkssektierer von undifferenzierten Attacken gegen die 'Gewerkschaftsführung'. Sie wollten schon immer 'das Kumpanenband von Gewerkschaftsführung und Kapitalisten' durchtrennen, die Gewerkschaftsbonzen entlarven und dergleichen mehr. Auf einen Tritt gegen die Kapitalisten setzen sie auch einen gegen die gewählten Gewerkschaftsfunktionäre. Immer schön die Fußtritt-Parität gewahrt!

So ist nur folgerichtig, wenn die maoistischen Eiferer, die nicht begreifen wollen, daß man die Revolution nicht aus dem Hut ziehen kann, nunmehr den 'Aufbau einer revolutionären Gewerkschaftsopposition' proklamieren. Sektierer bleiben sich treu, und sie bleiben auch unter sich. Dennoch ist diese Attacke gegen die Einheitsgewerkschaft nicht ohne Gefahr. Nachdem der Spaltungsversuch von rechts - durch den CGB - gescheitert ist, üben sich nun die Maoisten auf dem Spalterparkett.

Es liegt auf der Hand, daß der maoistische Kampf gegen die Gewerkschaftsführungen zu einer völlig falschen Frontstellung, zur Verwirrung und Zersplitterung unter den Mitgliedern, zur Diskreditierung aller sozialistischen und kommunistischen Gewerkschafter führt. Er dient dem Klasseninteresse der Unternehmer.

Die eingefleischten Gewerkschaftsfeinde und Antikommunisten nutzen die maoistischen Aktivitäten, um auch die Gewerkschafter, die der Deutschen Kommunistischen Partei angehören, mit in den Topf gewerkschaftsschädigenden Linkssektierertums zu werfen. Indessen sind es die DKP-Mitglieder in den Gewerkschaften, die ebenso wie die sozialdemokratischen und parteilosen Mitglieder und Funktionäre die Einheitsgewerkschaft verteidigen."
=OHA Konkret Nr.2 und 3,Osterode 1973

25.05.1973: 
In Regensburg organisieren, laut ABG, der Stadtjugendring (SJR), der DGB und der CGB einen Auftritt der Theatergruppe Rote Rübe in der RT-Halle, zu dem auch die ABG aufrufen.
=Auf Draht Nr.6,Regensburg Mai 1973;
Der Konradssiedler Nr.7,Regensburg Mai 1973


11.06.1973: 
Die KPD/ML (vgl. 23.6.1973) berichtet vermutlich aus dieser Woche aus Recklinghausen von der Zeche General Blumenthal, u.a. auch über den CGB.
=Roter Morgen Nr.24,Dortmund 23.6.1973

Januar 1974: 
Der DGB gibt vermutlich im Januar seine Funktionärszeitschrift 'Die Quelle' Nr.1 (vgl. **.**.1973, Feb. 1974) Nr.1 heraus.

Darin heißt es, laut Siegfried Pogadl vom UB Dortmund der Jusos der SPD (vgl. 25.2.1974) zu den Sozialwahlen (vgl. 5.4.1974), daß die Union der leitenden Angestellten (ULA) sich bei der BfA um Sitz und Stimme bewerbe. Sie habe erkennen lassen, daß sie mit den kleinen Verbänden des CGB eine Listenverbindung eingehen wolle.
=SPD-LV NRW-Bezirk Westliches Westfalen-UB Dortmund-Jusos:Juso Information Nr.2,Dortmund 1974,S.10f

04.04.1974: 
Im UB Dortmund der Jusos der SPD (vgl. 25.2.1974) berichtet Siegfried Pogadl:"
SOZIALWAHLEN 1974

Vom 5.April bis zum 26.Mai 1974 finden in der Bundesrepublik und in West-Berlin wieder Neuwahlen zu den Selbstverwaltungsorganen der Sozialversicherung statt. Wenn dieses auch kein unbedingter Schritt in Richtung Sozialismus ist, so ist diese Wahl für uns Jungsozialisten dennoch sehr wichtig, da sich mit der Selbstverwaltung der Sozialversicherungsträger reale Machtinteressen verbinden. Die Selbstverwaltung bei den einzelnen Institutionen der Sozialversicherung (Bundesversicherungsanstalt für Angestellte), Landesversicherungsanstalten (LVA,d.Vf.) für Arbeiter, Angestellten- und Arbeiterersatzkassen, Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK,d. Vf.), Betriebs- (BKK,d.Vf.) und Innungskrankenkassen, Bundesbahn-Versicherungsanstalt, Berufsgenossenschaften, Bundesknappschaft, Seekasse usw.) besteht 'aus der Vertreterversammlung und dem Vorstand. Besondere Aufgabe der Vertreterversammlung ist es, die Mitglieder des Vorstandes zu wählen, den Haushalt festzustellen... und in Übereinstimmung mit dem Vorstand über Richtlinien für die Gewährung von gesundheits- und berufsfördernden Maßnahmen sowie über die Aufwendung von Mitteln für zusätzliche Leistungen und über die Richtlinien für die Anlage des Vermögens zu beschließen' (zitiert nach 'ÖTV-Angestellten-Nachrichten' Nr.2/74 (vgl. Feb. 1974,d.Vf.)).

Hier wird deutlich, daß es um weitreiche sozialpolitische Dinge geht. Doch was heißt nun Sozialwahlen? Doch was heißt nun Sozialwahlen? Das bedeutet nichts anderes, als daß die Versicherten selbst über die Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane entscheiden. Im Bereich der Arbeiter-Sozialversicherung geschieht dies von vornherein über den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), da dieser als Vertreter der abhängig Beschäftigten fast ausschließlich alle 'Sozialparlamente' besetzt. Ganz anders ist das Bild im Bereich der Angestellten-Versicherungsträger. Hier wurden so viele Vorschlagslisten eingereicht, daß Urwahlen durch die Versicherten notwendig sind. Ganz deutlich wird dies bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), wo mehr als 10 Millionen Angestellte versichert sind. Neben der DGB-Liste liegen dort noch weitere elf Wahllisten vor. Allein die um den kleinen Christlichen Gewerkschaftsbund (CGB) gruppierten Verbände und Interessengemeinschaften haben sechs Vorschlagslisten eingereicht. Anscheinend handeln die Christlichen nach dem Motto 'Je kleiner der Mitgliederbestand, um so größer die zahl der Listen'. Aber auch die Union der leitenden Angestellten (ULA) bewirbt sich bei der BfA um Sitz und Stimme. Sie hat erkennen lassen, daß sie mit den kleinen Verbänden des CGB eine Listenverbindung eingehen will (laut DGB-Funktionärszeitschrift 'Die Quelle', Heft 1/1974 (vgl. Jan. 1974,d.Vf.)). Als weiteren berufsständischen Verband treffen wir dann noch die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG). Während sich die Angestelltenschaft also in eine Vielzahl von Listen aufsplittert, treten die Arbeitgeber nur mit einer einzigen Liste geschlossen auf, nämlich mit der Liste der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Diese Listenvielzahl setzt sich bei den Angestelltenersatzkassen dann weiter fort. So kommen auch hier die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) auf neun, die Barmer Ersatzkasse (BEK) auf acht und die Hanseatische von 1826 und Merkur Ersatzkasse (Ha-Me) auf sieben Vorschlaglisten. Neben dem DGB treten fast überall die DAG, der DHV und die sogenannten Interessengemeinschaften (z.B. DAK-Mitgliedergemeinschaft e.V.) auf. Insgesamt bewerben sich bei BfA und Ersatzkassen 23 verschiedene Gewerkschaften, Verbände, Vereinigungen, Interessengemeinschaften und freie Listen. Fast Weimarer Verhältnisse!

Nach der 'Untersuchung zur Organisation und Information in den Arbeitsgemeinschaften der Jungsozialisten des Unterbezirks Dortmund' vom Herbst 1971 (vgl. Okt. 1971,d.Vf.) sind 1/3 aller Dortmunder Jungsozialisten im Angestelltenbereich tätig. Für diese Jusos müßte es selbstverständlich sein, daß sie die Einheitsgewerkschaft der Arbeiterklasse über die Liste 'DGB-Angestellte' wählen, wo die Vertreter aller 16 Einzelgewerkschaften zusammengefaßt sind.

Zur Verdeutlichung noch einiges zum Wahlverfahren: Vom 5.April 1974 an erhalten alle Versicherten die Briefwahlunterlagen ins Haus geschickt. Die Stimmzettel und Wahlausweise müssen bis zum 26.Mai 1974 an den jeweiligen Versicherungsträger zurückgesandt werden. Neben der Briefwahl besteht jedoch auch weiterhin die Möglichkeit, am Wahlsonntag - dem 26.Mai 1974 - in einem Wahllokal des Betriebes oder des Versicherungsträgers zu wählen. Zeitmangel, Urlaub oder Krankheit sind also keine Entschuldigung mehr, um sich seiner Wahlpflicht zu entziehen. Wahlberechtigt sind alle Versicherten, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Auch ausländische Arbeiter und Rentenbezieher. Außerdem alle freiwillig Versicherten und Hausfrauen.

Nicht vergessen: DGB-Liste wählen!!!!"
=SPD-LV NRW-Bezirk Westliches Westfalen-UB Dortmund-Jusos:Juso Information Nr.2,Dortmund 1974,S.10f

29.11.1974: 
In Bremen findet, laut KB, eine antifaschistische Kundgebung gegen Gerhard Löwenthal statt. Ca. 100 Antifaschisten versammeln sich, u.a. auch Sympathisanten des KB in Bremen, KBW-Mitglieder, Mitglieder von KPD und KPD/ML. Laut KPD führt der CGB der CDU Veranstaltung mit Löwenthal (ZDF-Magazin) durch. An einer Demonstration dagegen beteiligt sich u.a. die KPD.
=Rote Fahne Nr.49,Dortmund 4.12.1974;
Arbeiterkampf Nr.54,Hamburg 7.1.1975,S.25


22.09.1975: 
Der MSB Spartakus Kiel der DKP berichtet vermutlich aus dieser Woche von der Chile Solidarität (vgl. Dez. 1975):"
Die von den Norddeutschen Chile-Solidarität-Komitees initiierte Kampagne 'Milch für Chiles Kinder' findet in allen Bevölkerungskreisen starkes Echo. Seit Ende September laufen die Aktionen zur Unterstützung der von den 3 internationalen Gewerkschaftsverbänden WGB (Weltgewerkschaftsbund,d.Vf.), IBFG (Internationaler Bund Freier Gewerkschaften,d.Vf.) und CGB (Christlicher Gewerkschaftsbund,d.Vf.) beschlossenen Hilfesendung 'Ein Schiff zu Weihnachten für die chilenischen Kinder'."
=Uni aktuell,Kiel o.J. (1975),S.6

17.03.1976: 
Bei der ATH Duisburg-Ruhrort gibt die KPD, vermutlich die Ortsleitung (OL), laut einer handschriftlichen Datierung heute das folgende Flugblatt mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von M. Brentzel, Dortmund, Münsterstr.95 zu den VLW der IGM (vgl. 15.3.1976) heraus:"
WOVOR HABEN DIE BERUFSBETRIEBSRÄTE ANGST?

Die Vertrauensleutewahlen stehen an. Sie stehen unter dem Motto: 'Wir - Träger gewerkschaftlicher Macht!' Was die Berufsbetriebsräte darunter verstehen, konnte man jetzt auf der Hütte erleben.

Im Oxygen-Stahlwerk III gab es bisher für rund 750 Belegschaftsmitglieder sage und schreibe ganze sieben Vertrauensleute! Für jeden, der es ernst meint mit der gewerkschaftlichen Vertretung der Interessen der Kollegen, liegt auf der Hand, daß dies ein unhaltbarer Zustand ist.

Das hatte auch der Kollege Olbertz erkannt, Vertrauensleute-Obmann im Oxygen III. Er ergriff die Initiative und es gelang ihm in kurzer Zeit 22 Kollegen für die Kandidatur als Vertrauensmann zu gewinnen. Das war ein echter Erfolg im Sinne aktiver Gewerkschaftsarbeit, zumal diese Kollegen ja als Vertrauensleute mehr Beitrag bezahlen müssen.

Doch was geschah, als Kollege Olbertz mit der Liste der Kandidaten bei Betriebsrat Schaefer (Mitglied der Vertrauenskörperleitung) erschien? Die anwesenden Berufsbetriebsräte fielen aus allen Wolken: 'Das geht doch nicht', 'Das ist unmöglich', 'Das macht uns alles kaputt, was wir aufgebaut haben' usw., das waren ihre 'Argumente'. es fehlte nicht viel, und sie hätten den Kollegen für verrückt erklärt. Gleich am nächsten Tag wurde ein Gespräch mit der gesamten VKL anberaumt. Und da saßen sie dann, die Herren Berufsbetriebsräte und versuchten den Kollegen Olbertz zu bearbeiten. Da es in die Köpfe dieser Herren anscheinend nicht rein geht, daß ein Vertrauensmann 'nur' im Interesse seiner Kollegen aktive Gewerkschaftsarbeit machen will, vermuteten sie irgendwelche Intrigen und Komplotte und veranstalteten eine Art Verhör. Als sie damit nicht weiterkamen, versuchten sie den Kollegen Olbertz mit allen möglichen 'Argumenten' von seiner Liste abzubringen: 'Wenn das alle Betriebe machen, haben wir zuviel Vertrauensleute', 'Wir haben nicht so große Räume', 'Es ist kein Geld dafür da', 'es geht doch nicht, daß drei Vertrauensleute mit dem Meister verhandeln' usw. Als sie auch auf diese Art den Kollegen nicht weich kriegen konnten, gestanden sie schließlich elf Vertrauensleute zu. Elf Vertrauensleute für das Oxygen III das bedeutet ein Vertrauensmann auf rund 70 Kollegen! Und das, obwohl sogar in den Richtlinien der IG-Metall für die Vertrauensleutearbeit (vgl. S1.**.197*,d.Vf.) steht, daß auf 20 - 25 Kollegen ein Vertrauensmann kommen sollte.

Konkret bedeutet das: Im Konverterbereich auf 45 Mann, in den Gießbetrieben auf 85 Mann und in der Pfannenzustellerei auf 125 Mann jeweils ein Vertrauensmann. Die Berufsbetriebsräte wollten Kollegen Olbertz ausbooten. Und beinahe hätten sie es auch geschafft, wenn der Kollege nicht wachsam gewesen wäre. Vom Wahlausschuß, zu dem auch Kollege Olbertz gehört, wurde nämlich zunächst festgestellt, daß er in einer Meisterschaft gemeinsam mit einem türkischen Kollegen kandidieren sollte. Da der türkische Kollege das volle vertrauen seiner Landsleute genießt, wird er natürlich völlig zu Recht von seinen türkischen Kollegen gewählt werden. Das würde nur bedeuten, daß Kollege Olbertz nicht durchkommt. Die Berufsbetriebsräte merkten das natürlich, sagten aber nichts. Doch Kollege Olbertz konnte das noch in letzter Minute abbiegen, und kandidiert jetzt in seiner alten Meisterschaft.

Kollegen, was sind die Hintergründe dieses unerhörten Vorfalls?

Offensichtlich haben die Berufsbetriebsräte Angst. Ihnen sitzt noch die Unterschlagungsaffäre Koch/Gottschlich (vgl. S2.**.197*,d.Vf.) in den Knochen, über die bis heute nicht vor der Belegschaft Rechenschaft abgelegt wurde! Sie haben Angst davor, daß sie 'ihren' Vertrauenskörper nicht mehr im Griff haben, daß sie ihre Lakaienrolle für die Kapitalisten nicht mehr ungestört spielen können, daß ihre ganzen Schiebereien, Betrügereien und dreckigen Geschäfte aufgedeckt werden. Warum finden denn nicht wie sonst vor den VL-Wahlen Belegschaftsversammlungen mit der Betriebsleitung und den alten Vertrauensleuten statt? Warum wird in einzelnen Betrieben ein unterschiedliches Wahlverfahren angewandt?

Das Vorgehen der Berufsbetriebsräte beweist: Demokratie gibt es in der Gewerkschaft nicht. Es beweist: Die Gewerkschaftsführung steht auf der anderen Seite der Barrikade. Die Gewerkschaft, das sind die Mitgliedermassen. Die Gewerkschaftsführung, das sind die großen und kleinen Bonzen. Ihnen ist jedes Mittel des Verrats, des Betrugs, der Unterdrückung recht, um auf ihren Posten die Geschäfte der Kapitalistenklasse zu betreiben. das sind keine Arbeitervertreter, sondern gekaufte und bestochene Elemente der herrschenden Klasse.

Gerade jetzt in Zeiten der Krise beweist sich das erneut. Nicht nur, daß die Gewerkschaftsführer einen Tarifvertrag (STR - vgl. s2.*.1976,d.Vf.) ausgehandelt haben, der nichts anderes bedeutet als Lohnraub, sie stimmen auch jeder betrieblichen Maßnahme der Kapitalisten zu, ob Kurzarbeit, Rationalisierungen, Umsetzungen usw., mit denen die Kapitalisten auch noch das Letzte aus den Arbeitern auspressen wollen. Die Berufsbetriebsräte braucht es ja auch nicht weiter zu stören, wenn die Thyssen-Arbeiter trotz Kurzarbeit bald doppelt soviel für den Profit von Thyssen und Co. schuften müssen.

Kollegen, welche Konsequenzen müssen wir aus diesem Vorfall ziehen?

Völlig falsch wäre es, die Gewerkschaftsbücher hinzuschmeißen oder zu den christlichen (CMV des CGB,d.Vf.) zu gehen und damit das Feld den Bonzen zu überlassen. In der Gewerkschaft müssen wir den Kampf gegen die Verratspolitik der Gewerkschaftsführer aufnehmen!

Schluß mit dem Vertrauen auf die Gewerkschaftsführung! Selbständige Kampfesführung, ohne und gegen die Gewerkschaftsführer - das ist die richtige Konsequenz. Nur so können wir erfolgreich die Angriffe der Kapitalistenklasse zurückschlagen.

Kollegen, laßt euch nicht von den Parteibüchern beeinflußen. Bei den Sozialdemokraten und bei den christlichen gibt es sowohl Bonzen und Arschkriecher als auch aufrechte Kollegen. Besonders gefährlich aber sind die D'K'P-Führer (DKP,d.Vf.). Sie geben sich nach außen als 'aktive Interessenvertreter der Arbeiter', hängen sich aber bei jeder Gelegenheit an die Rockschöße der Gewerkschaftsführung und üben Wohlverhalten. Ihr Ziel ist es nämlich Posten zu erschleichen, um sie im Interesse ihrer Auftraggeber in Moskau (SU,d.Vf.) auszunützen und von diesen Posten aus genau wie in der DDR eine Diktatur über die Arbeiter auszuüben.

Darum Kollegen, wählt nur solche Vertrauensleute, die sich nicht zum Werkzeug und Handlanger von Kapital und Gewerkschaftsführung machen lassen.

Verhindern wir, daß der VK weiterhin ein reines Instrument der Gewerkschaftsbonzen bleibt."
=KPD:Wovor haben die Berufsbetriebsräte Angst?,Duisburg o.J. (17.3.1976)

Text erstellt im Februar 2005; letzte Korrekturen am 21.2.2005.

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