RGO-Nachrichten, 4. Jg., August 1980, Nr. 8 ("Urlaubsausgabe")

August 1980:
Die RGO gibt ihre „RGO-Nachrichten“, Nr. 8/1980, im August als Urlaubsausgabe heraus.

Inhalt der Ausgabe ist u. a.:
- Stahlarbeiter kämpfen gegen Unternehmerangriffe
- Der Tod riss eine große Lücke
- Sozialpartnerschaft oder klassenpolitische Gewerkschaftspolitik?
- Dortmunder Stahlwerk in Gefahr
- RGO-Betriebsrat ruft zur Persönlichkeitswahl auf
- IV. Internationales Jugendlager: Politik der RGO erläutert
- Einstweilige Verfügung: RGO-Betriebsrat Siemon wieder im Betrieb.

Im Artikel „Stahlarbeiter kämpfen gegen Unternehmerangriffe“ wird u. a. ausgeführt:

„Am 30. Juli traten rund 50. 000 Stahlarbeiter in der ganzen Bundesrepublik in unterschiedlich lange Warnstreiks. Bereits am Vortag hatten rund 4. 000 Kollegen von Hoesch und Mannesmann für über eine Stunde die Arbeit niedergelegt. Sie protestierten damit gegen den Versuch des Mannesmann - Managements, auf kaltem Wege durch Umstrukturierung der Hüttenwerke und deren Eingliederung in das Röhrenwerk die Montanmitbestimmung in der Konzernspitze zu beseitigen. Zu Recht sehen die Kollegen darin einen Angriff der Unternehmer auf ihre sozialen Rechte. In der Tat geht es den Unternehmern darum, selbst solche sozialpartnerschaftlichen Instrumente wie die Mitbestimmung aus dem Weg zu räumen, um so ihre geplanten Massenentlassungen und Rationalisierungspläne durchsetzen zu können.

Es bedarf darf daher der Erhalt der Montanmitbestimmung keinesfalls mit einem Zugeständnis in der Frage der Vernichtung der Arbeitsplätze erkauft werden. Das aber deutet sich in den Äußerungen der Gewerkschaftsführung bereits an. So ließ IGM-Chef Loderer auf einer Funktionärskonferenz in der Westfalenhalle anklingen, dass man bereit sei, für die Rationalisierungspläne der Mannesmann - Bosse ‘Verständnis‘ aufzubringen, falls diese in der Mitbestimmungsfrage einlenken würden.

Am 30.Juli traf sich die IGM-Verhandlungsdelegation unter IGM -Vorstandsmitglied Judith mit dem Mannesmann-Management und legte einen Plan vor, wie die Montanmitbestimmung erhalten und gleichzeitig die von Mannesmann geplanten Rationalisierungsvorhaben gesichert werden könnten. Das aber bedeutet nichts anderes, als sich den Erhalt der Mitbestimmung mit der Vernichtung von Arbeitsplätzen zu erkaufen. Das wäre Verrat an den Interessen der Stahlarbeiter. Der Kampf gegen den Unternehmerangriff auf die Montanmitbestimmung muss untrennbar verbunden werden mit der Forderung nach der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn und der Forderung nach Erhalt aller Arbeitsplätze in der Eisen- und Stahlindustrie.

Die Vorstände verschiedener Einzelgewerkschaften haben inzwischen angekündigt, dass sie Kampfmaßnahmen der IGM solidarisch unterstützen wollen. Das ist gut so! Nutzen wir diese Kampfkraft zur Abwehr aller Angriffe auf den sozialen Besitzstand der Arbeiterklasse und zur kompromisslosen Verteidigung unserer Arbeitsplätze.“

Zur Arbeit der RGO in den DGB - Gewerkschaften, meint man im Artikel:
„Sozialpartnerschaft oder klassenkämpferische Politik“.

„Angesichts der Zuspitzung der wirtschaftlichen und politischen Lage in unserem Land, der wachsenden Unsicherheit und unmittelbaren Verschlechterung der gesamten Lebenslage der Arbeiter und Werktätigen stellt sich für die Gewerkschaftsbewegung immer dringlicher die Frage, wie wir wirkungsvoll diesen Angriffen auf unsere Existenz begegnen können. Der Arbeitsplatzvernichtung, dem Lohnabbau, Arbeitshetze, Preissteigerungen und dem Abbau demokratischer Rechte oder ihrer Aushöhlung, wie etwa beim Streikrecht, das durch den Aussperrungsterror der Unternehmer untergraben wird. Der entscheidende Faktor in diesem Kampf sind die Gewerkschaften. Sie können aber nur dann eine wirksame Waffe für die Arbeiter und Werktätigen sein, wenn sie den Kurs der Verteidigung ihrer Klasseninteressen gegen den Kapitalismus im täglichen Kampf verwirklichen. Welchen Kurs aber steuern die DGB - Gewerkschaften? Diese Frage rückt heute mehr und mehr in den Vordergrund. Immer breitere Teile der Mitgliedschaft sind unzufrieden mit der Politik maßgeblicher Gewerkschaftsgremien.

Ob das den Kampf gegen Arbeitsplatzvernichtung, das Vorgehen gegen politische Reaktion oder die Tarifpolitik betrifft? Die heutige Situation zeigt immer deutlicher, dass es so nicht weitergehen kann. Es geht um die Zukunft und Existenz der arbeitenden Menschen und ihrer Familien. Der Gegensatz zwischen der unermesslichen Profitgier der Kapitalisten und den Lebensinteressen der Arbeiter ist nicht überbrückbar. Dort gibt es keine gemeinsamen Interessen, darum kann es auch keine Partnerschaft geben.

Sozialpartnerschaft - Sackgasse für die Gewerkschaftsbewegung

Die DGB-Politik basiert auf Sozialpartnerschaft. Doch mit Zuspitzung der sozialen Kämpfe gerät dieses sozialpartnerschaftliche Politik bei der Gewerkschaftsbasis immer mehr ins Kreuzfeuer, weil sie sich als Hemmschuh, ja sogar als offene Sabotage und Verrat an den gewerkschaftlichen Interessen sichtbar herausstellt. Denken wir an die allein für dieses Jahr geplanten oder bereits laufenden Arbeitsplatzstreichungen und Massenentlassungen: 5. 300 bei Opel als Anfang, 7. 000 bei AEG, über 4. 000 bei Hoesch, 3. 000 bei Mannesmann und nun auch bei Ford in Köln ca. 1. 800, um nur einige der wichtigsten Beispiele zu nennen.

Verständnis für Unternehmerinteressen

Die DGB-Führer aber nehmen dabei die Position des Verständnisses für die Unternehmerinteressen ein und argumentieren wie die Kapitalisten mit ‘wirtschaftlicher Rentabilität.‘ So wird Entlassungen und Betriebsstillegungen zugestimmt, wenn der Unternehmer nur ‘schlüssig‘ nachweisen kann, dass er rationalisieren muss, um den Betrieb rentabel zu halten. Rentabel für den Unternehmer aber heißt Profitsteigerung. Wo bleibt jedoch der wirklich schlüssige Beweis, den die Gewerkschaft kompromisslos zu verteidigen hätte, dass der Arbeiter seinen Arbeitsplatz braucht, weil das seine ganze Existenzgrundlage ist. Jahrelang hat sich der Kapitalist auf Kosten der Arbeiter bereichert, durch eine wahnwitzige Politik der Konkurrenz und Profitgier hat er doch die Krisensituation verursacht und dafür sollen jetzt die Arbeiter bluten, sich auf die Straße setzen lassen?

So kann das nicht weitergehen

Nein, Kollegen, das dürfen wir nicht länger hinnehmen! Hier muss ein klarer Kurswechsel in unseren Gewerkschaften erfolgen! Dafür gibt es eine breite wachsende Bewegung in den DGB-Gewerkschaften. Die zentrale Aufgabe der RGO ist es, diese Bewegung zu entwickeln und voranzutreiben, ihr durch unsere aktive gewerkschaftliche Arbeit eine klassenkämpferische Stoßrichtung zu geben und sie als Opposition innerhalb des DGB zu organisieren. Die heutigen Klassenauseinandersetzungen zwischen Arbeitern und Kapitalisten spiegeln sich im DGB und den Einzelgewerkschaften wider. Die heutige Polarisierung in den Gewerkschaften zwischen reaktionären Führern wie Vetter, Loderer usw. mit ihrer sozialpartnerschaftlichen Ideologie einerseits und der wachsenden Opposition bei der Basis andererseits sind Teil des Klassenkampfes. Es handelt sich also keineswegs um einige Schönheitsfehler, sondern um die grundlegende Frage der Gewerkschaftsbewegung: Sozialpartnerschaft oder klassenkämpferische Gewerkschaftspolitik.

Wer bestimmt den Kurs in den DGB-Gewerkschaften

In den DGB-Gewerkschaften halten Führer das Zepter in der Hand, die auf dem Boden der Sozialpartnerschaft und Klassenversöhnung stehen und diese Positionen mit allen Mitteln verteidigen. Sicher gibt es innerhalb der Führung Differenzen, so etwa zwischen einem ganz offenen Reaktionär wie Vetter und dem Drupa-Vorsitzenden Mahlein.

Nur darf man nicht meinen, dass deswegen Mahlein der klassenkämpferische Gegenpol zu Vetter wäre. Auch Mahlein hat sich bisher in seinem Handeln auf sozialpartnerschaftliche Positionen gestellt, denken wir nur an die letzten Tarifabschlüsse, die ja bei der Basis auch zu Recht verurteilt wurden. Diese Polarisierung in den DGB-Gewerkschaften ist keineswegs ein Flügelkampf in der Führung, sondern im Kampf zwischen Führung und Basis. Deswegen ist auch die Basis in jedem Fall das Zentrum des Kampfes, sie müssen wir gegen Sozialpartnerschaft und Verrat der Führung zusammenschließen.

Die reaktionären Führer einfach abwählen?

Durch demokratische Mehrheiten werden führende Positionen und die Politik des DGB heute nicht bestimmt. Denken wir doch nur an den breiten Proteststurm der Basis gegen das Treffen Vetter/Strauß. Ungeachtet dessen aber hat sich Vetter trotzdem mit dem Erzreaktionär an einen Tisch gesetzt und in Folge davon alles unternommen, um jegliche Aktivitäten gegen diesen Gewerkschaftsfeind Nr. 1 von Seiten der Gewerkschaft zu unterbinden. Da gibt der DGB-Nordmark sogar noch die unerhörte ‘Empfehlung‘, dass alle Aktivitäten von Gewerkschaftern gegen Strauß als gewerkschaftsfeindlich einzustufen wären.

Wodurch behaupten sie ihre Macht?

Mit seiner reaktionären Politik steht der DGB-Vorstand nicht isoliert da. Er stützt sich auf einen großen bürokratischen Apparat mit vielen arbeiteraristokratischen bestochenen Leuten, dessen Wurzeln bis in die Betriebsräte und V-Leutekörper reichen und der selbst in den Abteilungen noch seine Zuträger findet. Zum anderen ist es ja auch so, dass 30 Jahre sozialpartnerschaftlicher Ideologie und Praxis ihre Wirkung auf die Kollegen nicht verfehlt haben. Diese gerät zwar heute mit Zuspitzung der gewerkschaftlichen Kämpfe, dort wo sie sich am konkreten Beispiel als Hindernis und Verrat herausstellt, ins Kreuzfeuer. Das heißt aber nicht, dass sie damit insgesamt von den Kollegen durchschaut wäre. Im Ganzen betrachtet ist sie doch noch die vorherrschende Ansicht in den breitesten Teilen der Gewerkschaft.

Der DGB-Apparat hat auch Lücken

Wenn es in diesem Apparat auch schon recht große Lücken gibt, wo ganze Vertrauenskörper oder höhere Funktionäre wie Patschkowski diesen immer reaktionäreren Kurs nicht mitspielen für die Verteidigung der innergewerkschaftlichen Demokratie eintreten, so zeigt sich auch dabei, dass es der Kampf zwischen Führung und Basis ist, wo sich solche Funktionäre wie der Kollege Patschkowski halten können, weil sie einen Rückhalt bei den Kollegen haben. Wenn der Kampf eine Perspektive haben soll, muss er von Anfang an auf die Einbeziehung und Mobilisierung der Basis begründet sein, sonst wird er fehlschlagen, auch wenn das Bemühen des Einzelnen noch so gut und ehrlich ist.

Nehmen wir doch das Beispiel des Kollegen Knapp. Über 10 Jahre war er Betriebsratsvorsitzender bei Mannesmann in Duisburg. Er hatte viele Sympathien und Ansehen in der Belegschaft, weil er ohne Zweifel ein fortschrittlicher Kollege war. Weil aber dieser Mann im vergangenen Jahr beim Stahlarbeiterstreik gegen den Verrat des IGM-Vorstandes offen auftrat, wurde ihm die Rechnung präsentiert: Antrag auf Gewerkschaftsausschluss.

Wie war es möglich, dass der IGM-Vorstand sein Vorhaben so sang und klanglos über die Bühne bringen konnte, bzw. dass der Kollege selbst die Konsequenzen zog, seinen Austritt aus Betriebsrat und Gewerkschaft erklärte und auch bei Mannesmann kündigte. Hätte ein solcher Betriebsrat nicht die Belegschaft gegen diesen Angriff des IGM-Vorstandes mobilisieren und den Ausschlußantrag zurückschlagen können? Wohl kaum, denn dem Kollegen Knapp fehlten vielmehr die Möglichkeiten und Voraussetzungen für die Führung eines offenen Kampfes mit der Gewerkschafts-Führung. Wenn wir das hier sagen und analysieren, so wollen wir damit in keiner Weise den persönlichen Einsatz und das Bemühen des Kollegen Knapp, sich für die Kollegen einzusetzen und eine Opposition gegen die reaktionäre Politik der Gewerkschaftsführung zu bilden, schmälern oder angreifen.

Im Gegenteil, es geht uns darum, den Kampf und die Organisierung der Opposition in den Gewerkschaften anhand bisheriger Erfahrungen auszuwerten und unter einer richtigen Politik zu vereinheitlichen. Um das zu erreichen, muss man die Fehler benennen, die zur Niederlage geführt haben, damit man daraus lernen kann.

Die Opposition muss aber an der Basis organisiert werden

Der Kollege Knapp hatte seine Betriebsratstätigkeit auf Gremienarbeit aufgebaut. Das heißt, seine Vorstellung ging hauptsächlich davon aus, die Opposition müsse in den verschiedenen Gremien und Funktionärskreisen in der Gewerkschaft geschaffen werden, um gegen die reaktionäre Politik der DGB-Führung zu kämpfen. Mit vielen taktischen Schritt hatte er sich entsprechen Mehrheiten in den verschiedenen Fraktionen des Vertrauensleutekörpers geschaffen. Er gelangte in den Betriebsrat und konnte dort ebenfalls Mehrheiten für seine oppositionell Positionen schaffen.

Wir haben nichts dagegen Widersprüche in einzelnen Gremien auszunutzen und auch Mehrheiten zu schaffen. Die grundlegende Frage dabei ist nur, ob das die Grundlage meiner Politik bildet, oder ob man grundlegend von der Mobilisierung der Gewerkschaftsbasis ausgeht, um so auch in den Gremien die Forderungen der Kollegen vorzubringen und entsprechend Druck für die Durchsetzung zu erzielen. Natürlich muss auch der Kamp für innergewerkschaftliche Demokratie geführt werden.

Aber eine erfolgreiche Opposition muss von Anfang an eine besondere Kraft sein. Sie muss im Kampf entstehen, muss Kristallisationspunkt sein, um den sich die klassenkämpferischen Kollegen zusammenschließen und organisieren. Das genau hat die Opposition um den Kollegen Knapp nicht konsequent betrieben. Seine Opposition bewegte sich vor allem in den gewerkschaftlichen Gremien bzw. im Betriebsratsbüro.

Kein Geheimbund - offene, organisierte Opposition

Er sah nicht die Notwendigkeit der organisierten Opposition die ihren Schwerpunkt bei der Mobilisierung der Gewerkschaftsbasis hat. Ansonsten hat er sicher eine oppositionelle Arbeit gemacht. So gab es Absprachen zwischen verschiedenen Vertrauenskörpern im Stahlarbeiterstreik, die ja auch zu Protestaktionen gegen die Führung geführt haben. Weiterhin ist er auch gegen verschiedene Satzungspunkte angetreten, denken wir nur an die verschiedenen Protestresolutionen und Anträge. Dieser Kampf bewegte sich aber im Rahmen: Solange diese Satzungen existieren, muss man sich auch daran halten. Da sind wir von anderer Meinung. Indem wir eine organisierte Opposition aufbauen, verstoßen wir ja formal schon gegen die Satzung. Keineswegs aber gegen den Gedanken der Einheitsgewerkschaft. Die Notwendigkeit der organisierten Opposition erwächst doch aus dem verräterischen, spalterischen Kurs der Gewerkschaftsführung.

So ist das auch an anderer Stelle. Oder gibt es nicht wesentliche Satzungspunkte bei einen DGB-Gewerkschaften, die eindeutig gegen den Kampf der Arbeiter gerichtet sind, die gewerkschaftsfeindlich sind, und gerade die Mobilisierung der Basis unterbinden bzw. direkt verbieten? Das ist doch einfach eine Tatsache, die man nicht übersehen kann. Stellen solche Bestimmungen sich in der konkreten Kampfsituation als offenes Hindernis heraus, so müssen wir sie durchbrechen wir brechen, müssen eindeutig auf der Seite der Kollegen stehen.

Haben die beiden RGO-Betriebsräte von Hoesch etwa nicht richtig gehandelt, als sie ihre Kollegen über den Stand der Sozialplanverhandlungen informierten? Doch, es war genau richtig, auch wenn das zum Anlass ihrer Kündigung genommen wurde. Es geht um 4. 200 Arbeitsplätze, da darf kein RGO-Betriebsrat stillschweigend mitschwimmen, da haben wir die Kollegen vorzubereiten und für einen kompromisslosen Kampf zu organisieren.

Dabei werden wir alle Möglichkeiten in verschiedenen Gremien ausnutzen, Forderungen voranzubringen und durchzusetzen. Werden uns auf die Satzung berufen, wo sie Rechte und Möglichkeiten für den Kampf der Kollegen bietet, sie aber auch durchbrechen, wo sie versucht den Kampf zu sabotieren. Wir werden nichts unversucht lassen, im Rahmen der Gewerkschaft die Forderungen und Interessen der Arbeiterklasse zu verteidigen und auch durchzusetzen. Wir lassen uns aber von der Führung nicht den notwendigen Kampf verbieten.

Wo sie sich weigert oder spaltet, werden wir trotzdem die Basis mobilisieren und damit der Sache auch Nachdruck verschaffen. Denken wir doch nur an den Kampf gegen die Aussperrung. Systematisch hat doch die DGB-Führung diesen Kampf verschleppt. Erst die Initiative einiger Gewerkschafter von der ‘Kampagne für das Verbot der Aussperrung‘ hat doch Bewegung in den Laden gebracht. Im ganzen Bundesgebiet wurden Unterschriften von dieser Initiative für ein Gesetz gegen die Aussperrung gesammelt. Die RGO hat diese Initiative unterstützt, weil sie für eine der wichtigsten gewerkschaftlichen Forderungen eingetreten ist, für die die DGB-Führung nicht bereit war, den notwendigen Kampf der gesamten Gewerkschaft zu organisieren.

Dass dann im Frühjahr doch einige Veranstaltungen vom DGB liefen, ist doch auf den Druck von der Basis zurückzuführen, der ja im wesentlichen durch das Auftreten dieser Initiative gewachsen ist, der die DGB-Führung auch in Zugzwang brachte. An dieser Art ist nicht das Geringste, was als gewerkschaftsfeindlich zu bezeichnen wäre. Im Gegenteil, es dient dem Zusammenschluss der Kollegen und dem Gedanken der Einheitsgewerkschaft, die es gegen Verrat und Sozialpartnerschaft der Führung zu verteidigen gilt.

Darin unterscheidet sich die RGO auch im Wesentlichen von den verschiedenen oppositionellen Gruppen und Strömungen, die es im DGB gibt. Darin liegt auch das ‘R‘ in dem Namen der RGO begründet. Verschiedene Leute und mit besonderer Vorliebe reaktionäre Gewerkschaftsbonzen stellen revolutionär gleich kommunistisch und wollen damit auf die Karte des Antikommunismus setzen, so hoffen sie uns zu isoliere. Konkret können sie der Arbeit und der Politik der RGO schwerlich was entgegensetzen. Deswegen haben sie sich doch die Unvereinbarkeitsbeschlüsse geschaffen, um unliebsame und besonders organisierte Kritiker ohne weitere Diskussion hinauszuschmeißen zu können. Doch Unvereinbarkeitsbeschlüsse widersprechen dem gewerkschaftlichen Grundgedanken absolut. Die Gewerkschaft muss eine überparteiliche Organisation sein, in der jeder, unabhängig von seiner Parteizugehörigkeit, oder Weltanschauung, organisiert sein sollte, es sei denn, er verhält sich wirklich gewerkschaftsfeindlich. Was uns an Herrn Vetter stört, ist doch gewiss nicht sein Parteibuch, sondern seine reaktionäre, gewerkschaftsfeindliche Politik, In der RGO gibt es jedenfalls keine Unvereinbarkeitsbeschlüsse. Zum anderen ist es einfach unrichtig, revolutionär gleich kommunistisch zu setzen. Was bedeutet revolutionär bei RGO?

Klassenkämpferische Positionen und entsprechendes Handeln in allen gewerkschaftlichen Fragen, gegen Sozialpartnerschaft und Klassenversöhnung die nationale Organisierung der Opposition mit der Eroberung der Gewerkschaften. Das ist es auch, was die RGO als besondere Kraft innerhalb der Gewerkschaften auszeichnet, die notwendig ist, um zum angestrebten Erfolg zu führen: Die Gewerkschaften für die Klasseninteressen der Arbeiter als wirkliches Kampfinstrument zu erobern. Hat sich nicht an den verschiedenen oppositionellen Ansätzen der letzten Jahre gezeigt, dass jegliche Opposition, die sich hauptsächlich auf Gremienarbeit stütz und nicht auf die Organisierung der Opposition an der Basis mit einer klassenkämpferischen Politik, die die offene Konfrontation und dem Kampf nicht ausweicht, früher oder später zum Scheitern verurteilt ist. Der Kollege Knapp ist genau in dieser Frage gescheitert. Als es nämlich zur offenen Konfrontation mit den Bonzen kam, haben ihm seine Mehrheiten im V-Leutekörper und Betriebsrat nichts mehr gebracht. Sie stellten sich bei der offenen Konfrontation mit dem IG-Metall Vorstand als sehr zerbrechlich heraus. Eine vorbereitete, um eine solche oppositionelle Politik zusammengeschlossene Belegschaft gab es nicht, weil diese Opposition in der Weise auch nicht gearbeitet hat. So etwas kann aber niemals die Grundlage für eine oppositionelle Arbeit bilden. Sie geht eben fälschlicherweise von dem Gedanken aus, dass Flügelkämpfe in verschiedenen Gremien letztlich den Kurs in den Gewerkschaften entscheiden. Sie beurteilen den Charakter des Kampfes als Klassenkampf.

Die Rolle des DGB-Apparates

Es gibt keine übergreifenden Interessen zwischen Kapitalisten und Arbeitern, wie das die Sozialpartnerschaft besagt. Diese Ideologie steht ausschließlich im Dienst der Kapitalisten und derer, die sie mit Zähnen und Klauen verteidigen. Gewerkschaftsführer wie Vetter und Loderer wissen das sehr wohl. Schließlich sind die ja selbst Kapitalisten, stehen an der Spitze riesiger gewerkschaftseigener Konzerne (Wohnungsbaugesellschaften, Banken, Lebensmittelketten). Sie haben also auch ein eigenes Interesse an Sozialpartnerschaft und Klassenversöhnung.

Sie verstehen sich mit ihrem mächtigen Apparat, mit dem sie heute die Gewerkschaften beherrschen, als der entscheidende Ordnungsfaktor in diesem Staat, der alles daransetzt, spontane Kämpfe der Arbeiter zu verhindern bzw. zu zerschlagen. In jeder entscheidenden gewerkschaftlichen Frage zeigen sie immer deutlicher, dass sie die Interessen des kapitalistischen Staates vertreten. Nehmen wir doch das Beispiel von der ganzen Diskussion um die Montanmitbestimmung. Natürlich ist es richtig, den reaktionären Angriff von den Mannesmann-Bossen zurückzuweisen, denen selbst die Montanmitbestimmung noch zu weitreichend ist, die mit ihrer Abschaffung den ‘Herr-im-Haus-Standpunkt‘ unantastbar herausstellen wollen. Doch worum geht es denn eigentlich? 3.000 Kollegen sollen durch die Eingliederung des Hüttenwerks in das Mannesmann-Röhrenwerk in Duisburg auf die Straße gesetzt werden.

Mit geschwollenen Worten ging die IGM-Führung auf die Barrikaden: Die Montanmitbestimmung muss um jeden Preis erhalten bleiben - doch kein Wort von dem hohen Preis, nämlich die Aufgabe der 3.000 Arbeitsplätze. Das genau ist Ausdruck der sozialpartnerschaftlichen Ideologie, wovon das ganze Mitbestimmungsgesäusel ein wichtiger Teil ist. Schenken wir doch mal klaren Wein ein. Was nützt den 3.000 Mannesmann-Kollegen die vielgepriesene Mitbestimmung, wenn sie dafür ihren Arbeitsplatz verlieren? Die Frage, die hier wirklich im Vordergrund steht, heißt doch: Kompromisslose Verteidigung der Arbeitsplätze. Darin läge die wirkliche Aufgabe der Gewerkschaften. Aber kein Wort davon aus dem Munde von Herrn Loderer, im Gegenteil, die IGM-Spitze hat schon ihre Zusage zu dem niederträchtigen Kuhhandel gegeben: 3.000 Entlassungen, wenn die Montanmitbestimmung erhalten bleibt.

Kollegen, hat die Mitbestimmung schon an irgendeiner Stelle größere Entlassungen verhindert? Hat sie das Vorhaben der Kapitalisten in entscheidenden Fragen durchkreuzt? Nein, das haben nur wirkliche Kämpfe und Streiks der Kollegen bisher vermocht. Die Mitbestimmung trübt den Blick, und will um jeden Preis den Klassenkampf verhindern, sie ist Ausdruck der Klassenversöhnung. In all diesen Punkten lässt die Gewerkschaftsführung keinen Zweifel daran, ihren reaktionären Kurs beizubehalten und weiter zu verschärfen. Wer da glaubt, es würde auf normalem Wege mit demokratischen Mehrheiten schon irgendwie eine Veränderung im Sinne der Arbeiterinteressen im DGB möglich sein, der liegt völlig falsch.

Für klassenkämpferische DGB-Gewerkschaften

Die Einheitsgewerkschaft ist ein historischer Erfolg, den wir verteidigen müssen. Die RGO kämpft für die Einheit in den DGB-Gewerkschaften. Wer uns vorwirft, wir wären Spalter oder wollten gar Konkurrenzgewerkschaften aufbauen, befindet sich im Irrtum oder gebraucht solche Lügen ganz bewusst als reaktionäre Hetze. Die RGO tritt aktiv für die Stärkung der Gewerkschaften ein, sie verteidigt die Richtigkeit und Notwendigkeit des gewerkschaftlichen Gedankens, der keinesfalls zu verwechseln ist mit dem berechtigten Hass gegen die arbeiterfeindlichen Gewerkschaftsbonzen und ihren Verrat. Niemals werden wir einem Kollegen empfehlen, aus der Gewerkschaft auszutreten, im Gegenteil, die RGO setzt alles daran, Kollegen für eine aktive, kämpferische Mitgliedschaft im DGB zu gewinnen und damit verbunden, die notwendige Opposition zu sammeln und zu organisieren. Jegliche Spaltungsversuche an den DGB-Gewerkschaften wird die RGO mit allen Kräften bekämpfen. Das ist keineswegs ein taktisch zeitlich begrenztes Manöver, etwa in dem Sinne: Jetzt erst mal fleißige Kräfte sammeln, um dann doch eigene Gewerkschaften zu gründen. Anfangs war diese der RGO so klar nicht gewesen, aber er ist jetzt ganz klar und hat sich in all uns unseren Erfahrungen dahingehend bestätigt.

Kollegen, wir wollen innerhalb des DGB eine breite Opposition organisieren, um die DGB-Gewerkschaften zu erobern, die reaktionären Bonzen mit ihrem ganzen bürokratischen Apparat hinauszusäubern und sie somit zu einem Kampfinstrument der Arbeiterklasse zu machen. Wo sitzen denn die Spalter, mal abgesehen von einem Herrn Strauß und seinen Gesinnungsgenossen? Sie sitzen in der Gewerkschaftsführung. Heute schließen sie bereits Kollegen aus, ja sie schrecken noch nicht mal davor zurück wie vor einigen Jahren, den ganzen Landesverband der GEW Westberlin auszuschließen, weil dieser sich gegen die Unvereinbarkeitsbeschlüsse ausgesprochen hatte. Und diese Situation wird sich erheblich zuspitzen … Die Arbeiterklasse hat keine andere Wahl, als kompromisslos ihre Interessen zu kämpfen, weil es keine gemeinsamen Interessen mit den Kapitalisten gibt und weil diese allerdings ihre Profitinteressen gegen die Arbeiter völlig skrupellos durchsetzen. Sie haben das Geld, die Macht, einen riesigen Staatsapparat. Dem zu begegnen, brauchen wir eine starke Opposition, eine Klassengewerkschaft. Dazu müssen wir den DGB machen. Doch bevor das möglich ist, muss im DGB erst mal die Machtfrage entschieden werden. Die Gewerkschaftsführung wird ihre Posten und ihre Macht auf Biegen und Brechen verteidigen … Wie sollen wir die anders beseitigen und die Gewerkschaften erobern, wenn nicht durch eine organisierte klassenkämpferische Opposition, wie sie die RGO ist?“

Unter der Überschrift „Dortmund,er Stahlwerk in Gefahr?“ meint man, dass die Stahlkonzerne Hoesch und Krupp bis 1984 die „geplante Sanierung des Konzerns“ betreiben. Und die Gefahr bestehe, „dass durch diesen Rationalisierungspakt der beiden Stahlgiganten die Stahlbasis in Dortmund, gänzlich vernichtet wird“.

Im Hamburger Hafen ruft ein RGO-Betriebsrat zur „Persönlichkeitswahl“ auf.

Berichtet wird auch von einer „Solidaritätsadresse“ des Vorstandes der Ortsgruppe Saarbrücken der IG Bergbau und Energie, die sich mit den Kollegen von Opel-Rüsselsheim solidarisch im Kampf um die „Verteidigung der Arbeitsplätze“ erklären.

Im Artikel „Graue Wölfe überfallen Gewerkschafter“ wird von einem Überfall türkischer Faschisten auf einen Landsmann berichtet, den sie „beim Lesen der RGO-Zeitung gesehen haben“.

Die Ausgabe weiß auch darüber zu berichten, dass „gestützt auf das Urteil des Dortmunder Arbeitsgerichts, das die fristlose Kündigung des RGO-Betriebrates durch Hoesch für unwirksam erklärte, konnte Hartmut Siemon eine einstweilige Verfügung erwirken, die ihm erlaubt, sein Betriebsratsamt bei Hoesch-Union bis zur Berufungsverhandlung weiter auszuüben“.

Die RGO-Betriebsgruppe HDW Kiel hat eine Broschüre herausgegeben, die den Titel: „Programmlohn bei HDW“ trägt.

Bedauert wird der Tod des Mitgliedes des Ortsvorstandes der RGO in Bremen, Günter Hinrichs.
Q: RGO: RGO-Nachrichten, Nr. 8, Vellmar, August 1980.

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