RGO-Nachrichten, 4. Jg., März 1981, Sonderausgabe

März 1981:
Die RGO gibt eine „Sonderausgabe“ ihrer „RGO-Nachrichten“ (Dokumentation) mit einem Bericht über den 2. RGO-Kongress heraus.

Inhalt der Ausgabe ist:
- Dokumentation. Rechenschaftsbericht des RGO-Vorstandes
- Entschließung zur Einheitsgewerkschaft
- Entschließung zum Kampf gegen Rationalisierung und Arbeitslosigkeit
- Entschließung zum gesetzlichen Verbot der Aussperrung
- Entschließung zum Verbot aller faschistischen Organisationen
- Angenommene Anträge
- Resolutionen.

In der „Sonderausgabe“ wird zum Rechenschaftsbericht des RGO-Vorsitzenden u. a. ausgeführt: „Am 10./11. Januar 1981 fand in Frankfurt im ‘Haus der Jugend‘ der 2. Kongress der RGO statt. Ein wichtiger Teil des Kongresses war der Rechenschaftsbericht des RGO-Vorstandes. Dieser Vorstand wurde auf dem RGO-Gründungskongress am 25/26. November 1978 gewählt. Thomas Scheffer, der Vorsitzende der RGO trug den Delegierten den Rechenschaftsbericht vor. Er wurde von ihnen mit Begeisterung aufgenommen und nach einer lebendigen, intensiven Diskussion einer Gegenstimme angenommen. Im Folgenden drucken wir diesen Rechenschaftsbericht in etwas gekürzter Form ab. Er beschreibt anschaulich die Arbeit und Politik der RGO und dürfte von daher nicht nur für jedes RGO-Mitglied interessant sein, sondern auch für jeden aktiven, klassenkämpferischen Gewerkschafter, für jeden, der Interesse an unserer Arbeit hat.

Rechenschaftsbericht des RGO-Vorstandes.

Zu Beginn ging Thomas Scheffer in dem Rechenschaftsbericht kurz auf die personelle Struktur des Vorstandes ein und kam dann zu den Aufgaben, wie sie dem Vorstand am Gründungskongress gestellt wurden:

„Der Gründungskongress stellte die Aufgabe, auf Grundlage des verabschiedeten Programms und Statuts die RGO zu festigen und aufzubauen, indem unsere Mitglieder mit einer klassenkämpferischen Politik in den gewerkschaftlichen Kampf eingreifen, ihren Einfluss in den DGB-Gewerkschaften damit verstärken und auch für die RGO weitere Mitglieder gewinnen. So allgemein gesagt hört sich das recht einfach an, doch wie war unser damaliger Stand?

Der Gründungskongress setzte die richtigen Fundamente …

Grundlage unseres Kongresses war die praktische Arbeit von damals ca. 50 Betriebsgruppen, die im Zuge der Betriebsratswahlen 1978 entstanden sind. Diese entsandten 81 Delegierte zu unserem Gründungskongress. Die Delegierten vertraten 439 RGO-Mitglieder - das war damals die RGO. So klein wie sie damals auch war, legte sie dennoch auf ihrem Gründungskongress in allen wesentlichen Punkten die korrekten Grundlagen für unsere Gewerkschaftspolitik auf denen sich unsere Organisation aufbaute und festigte. Heute haben wir im Bundesgebiet und Westberlin 39 Ortsgruppen …

Der Kongress fand in einer Situation wachsender Klassenkämpfe statt. Am 14. Oktober demonstrierten 40. 000 in Dortmund,. Die Gewerkschaften hatten zu dieser Demonstration legen die zunehmende Vernichtung von Arbeitsplätzen und für die 35-Stunden-Woche aufgerufen. Die RGO beteiligte sich auch trat auch massiv mit den wichtigsten Forderungen und Transparenten in Erscheinung: Kompromisslose Verteidigung unserer Arbeitsplätze! 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich! Verbot der Aussperrung!

Das waren die entscheidenden Forderungen, die auch für die bevorstehenden Tarifrunden vorrangige Bedeutung hatten. Hinsichtlich der Tarifrunde 78/79 bahnte sich auch schon an, dass dies ein heißer Winter würde, dass die Kollegen bereit waren, zu kämpfen, andererseits aber die Bosse der Fabriken, Konzerne und Banken angetreten waren, um einen großen Rationalisierungsfeldzug und Lohnraub gegen die Arbeiter und Werktätigen unseres Landes auf Biegen und wollten. In dieser Situation gründete sich die RGO. Zu früh? So gab es damals auch einige wenige Stimmen. Nein, Kollegen! Keineswegs! Ausgehend von der Klassenkampfsituation von den sich zuspitzenden Auseinandersetzungen in den DGB-Gewerkschaften war es damals genau der richtige Zeitpunkt, ja es wurde sogar aller höchste Zeit, dass endlich organisierte Kraft als Opposition im DGB ihre Arbeit aufnahm, eben die RGO. Denken wir nur daran, wie es im Frühjahr 1979 im Gebälk des DGB-Apparates krachte. Die Kämpfe, die Misstrauensanträge von den Vertrauensleuten, getragen von der breiten Masse der gewerkschaftlichen Stahlarbeiter gegen die Bonzen, die reaktionären Führer im DGB-Vorstand. Das waren unübersehbare Signale!

… auf dem betrieblichen Kampf aufbauend

Die RGO ist im Kampf entstanden, in der scharfen Auseinandersetzung bei den Betriebsratswahlen. So bedurfte es keiner großartigen Überlegungen, in den Stahlarbeiterstreik nach Kräften einzugreifen und voll mitzukämpfen. Schließlich waren unsere Mitglieder selbst Kollegen der betroffenen Betriebe, teilweise auch Betriebsräte und Vertrauensleute. Sie standen also mitten in den Kämpfen, sie standen an der Spitze der Kollegen, wenn es galt, Streikposten zu stehen und entsprechendes zu organisieren. Ende August wird bekannt, dass die Mannesmann-Bosse das Werk Kammerich in Bielefeld schließen wollen … Die Kollegen treten in den Streik. Sie werden jämmerlich von der IG Metall im Stich gelassen. Die IGM-Ortsleitung in Bielefeld tritt offen gegen den Streik auf. Ihre Handlanger im Betriebsrat versuchen überall den Streik zu unterlaufen und zu spalten. Nur der RGO-Betriebsrat Norbert stellt sich eindeutig auf die Seite der Streikenden und hilft überall tatkräftig mit, die Streikfront zu organisieren und zu festigen. Die RGO entfaltet in allen großen Stahlbetrieben in der Bundesrepublik eine breite Solidaritätskampagne, und unterstützt die Streikenden auch finanziell. Der kompromisslose Kampf war die einzige Möglichkeit, die Arbeitsplätze zu retten, wie dieses Beispiel wieder bestätigt. Auch wenn Mannesmann es schaffte, den RGO-Betriebsrast Norbert nach dem Streik zu entlassen, den Kollegen ist die Haltung und der Einsatz der RGO nicht entgangen, andererseits haben sie den Verrat der Gewerkschaftsbonzen nicht vergessen. Angesichts der immer drückenderen Probleme durch Massenentlassungen, Betriebsschließungen und Rationalisierungen veröffentlichte der RGO -Vorstand auf Grundlage vorangegangener Diskussionen im September 79 ein Aktionsprogramm gegen ‘Rationalisierungsterror und Arbeitslosigkeit‘. Gerade in der Automobilindustrie gibt es Anzeichen, dass riesige Massenentlassungen geplant sind. Der RGO-Vorstand beruft eine Konferenz für die Kollegen der Autoindustrie ein. In den ‘RGO-Nachrichten‘ 10/80, erscheint ein längerer Artikel. Die Einschätzung darin bestätigt sich im weiteren Verlauf bis heute als sehr richtig.

Der AEG-Konzern lässt die Katze aus dem Sack und es wird von 13.000 Entlassungen im Jahre 1980 gesprochen. Die IGM-Führung sabotiert auf der ganzen Linie anstatt einen Kampf zu entfalten und die Kollegen in den verschiedenen AEG-Werken entsprechend zu mobilisieren. Auf Initiative des RGO-Betriebsrats von der AEG - Brunnenstr. in Westberlin finden Treffen oppositioneller Gewerkschafter aus verschiedenen AEG-Betrieben statt, die neben Informationsaustausch über Möglichkeiten beraten, gegen diese Arbeitsplatzvernichtung erfolgreich zu kämpfen.

Mit ihren klaren Positionen hatte die RGO in diesem zugespitzten Konflikt zwischen Führung und Basis eine wichtige Bedeutung. In solchen Situationen, wo die Kollegen sehr deutlich den Verrat der Bonzen erfahren, und wo eine organisierte Kraft dagegen auftritt, die Zusammenhänge aufzeigt und eine praktische und notwendige Alternative entgegengestellt, wird entscheidend das Bewusstsein der Arbeiter, ein proletarisches Klassenbewusstsein geprägt, werden Formen geschaffen, die wir für die kommenden Klassenauseinandersetzungen unbedingt brauchen: Eine organisierte, klassenkämpferische Einheit gegen Bosse und Bonzen, wie sie die RGO herstellt.

Kompromissloses Eintreten für Arbeiterinteressen

So sind wir bisher aufgetreten und müssen das weiterhin noch in sehr viel stärkerem und breiterem Maße tun. Wir brauchen uns mit unseren Positionen nicht zu verstecken. Am 1. Mai 1979 hat die RGO gegen den Verrat der Bonzen massiv die Forderung - Jetzt 35-Stunden-Woche - und - Ein sofortiges Verbot der Aussperrung - verteidigt. Erste Nachschlagsforderungen tauchten auf den Maidemonstrationen auf.

Es zeichnete sich ab, dass die Nachschlagsforderungen noch eine wichtige Bedeutung bekommen sollten. Im Juni 79 griff die RGO zentral die Nachschlagsforderung auf, wies die scheinheiligen Argumente der Gewerkschaftsführung zurück und unsere Kollegen und Betriebsgruppen traten an ihren Betrieben praktisch für die Durchsetzung dieser Forderungen ein. Die Gewerkschaftsführung kam in große Bedrängnis.

Gefestige Positionen. gerade auch unserer Betriebsräte

Es hat sich schon an vielen Punkten gezeigt, dass die RGO eine reale Kraft ist, die mit ihrem praktischen Eingreifen eine Basis bei den Kollegen hat. Daran kommt die DGB-Führung immer weniger vorbei. Wir lassen uns nicht beiseite schieben, und es gelingt auch immer weniger, wie unsere Erfahrungen ja nur zu gut bestätigen. Wo haben sie es denn geschafft, z. B. RGO-Betriebsräte rauszuschmeißen oder mundtot zu machen? Solche reaktionären Versuche sind fast alle gescheitert. Im Gegenteil, die Angriffe der Kapitalisten und Gewerkschaftsbonzen haben oftmals die Verhältnisse für die Kollegen verdeutlicht, eine kämpferische Position gefestigt und für die RGO-Arbeit einen Fortschritt gebracht …

Siemens musste mit der Kündigung des RGO-Betriebsrates D. Müller in Westberlin eine Schlappe einstecken. Reinshagen in Westberlin verlor seinen Prozess gegen den RGO-Betriebsrat Peter Vollmer und das brachte für die RGO 34. 000 Mark. Für diese großzügige Spende möchte ich dem Kollegen Peter an dieser Stelle im Namen der RGO noch mal ganz herzlich danken. Der spektakulärste Angriff und im späteren dann aber auch die spektakulärste Niederlage für die Bonzen war mit der fristlosen Kündigung der beiden RGO-Betriebsräte Hartmut Simon und Norbert Bömer bei Hoesch in Dortmund, gegeben. Das Zustandekommen dieser Kündigung, die einstimmige Zustimmung durch den übrigen Betriebsrat waren ein Skandal. Durch diese Kündigung beschnitt der Betriebsrat von Hoesch selbst die gewerkschaftliche Rechte ganz empfindlich, in dem er behauptete, es gehe nicht an, dass Betriebsräte mit den Kollegen über einen Sozialplan so wie dessen Verhandlungsstand sprechen dürfen, wie es die beiden RGO-Betriebsräte völlig zu Recht getan haben.

Diese Ungeheuerlichkeit durfte keinesfalls hinter verschlossenen Türen in irgendeinem Arbeitsgericht verebben. Diese Schweinerei musste an die Öffentlichkeit, breit vor alle Kollegen …

So ging die RGO an die Arbeit. Es gründete sich ein breites Solidaritätskomitee der beiden entlassenen RGO-Betriebsräte. Dieses führte zwei öffentliche große Veranstaltungen durch. Ein ganz wichtiger Fortschritt in diesem Kampf war, dass es gelungen ist, andere Oppositionelle Treffs und Gruppen tatsächlich in diesen Kampf aktiv einzubeziehen. ( …). Thomas zeigte auf, welche Bedeutung der Kampf gegen die Entlassungen der beiden Betriebsräte in der gesamten gewerkschaftlichen Diskussion hatte und auch weit über Hoesch und Dortmund, hinausging. Aufgrund dieser breiten Öffentlichkeit konnte auch letztlich die erfolgreiche Wiedereinstellung nur Zustandekommen.

Er verdeutlichte, wie die RGO-Betriebsräte in diesem Kampf dem Kapitulationskurs der DGB-Politik bei Massenentlassungen eine klare Alternative entgegensetzten, eben eine klassenkämpferische Politik und auch dementsprechend praktisches Handeln: Die offene Mobilisierung der Kollegen. Ein weiteres Beispiel dafür war Rüsselsheim, wo auf Initiative des RGO-Betriebsrates Atila Özgüg eine Demonstration gegen die Massenentlassungen bei Opel zustande kam, entgegen der offenen Sabotage durch die IG-Metall-Führung. Wie sehr die Opel-Kollegen eine breite Demonstration wollten, dass sie tatsächlich kampfbereit waren, zeigte die Tatsache, dass sie wenige Tage nach dieser Demonstration mit über 2. 000 Kollegen einen Protestmarsch gegen die Entlassungen auf dem Werksgelände von Opel/Rüsselsheim durchführten.

Die tägliche Kleinarbeit

Ich habe nun eine ganze Reihe wichtiger Stationen im Klassenkampf aufgezeigt und das Eingreifen der RGO dabei seit ihrem 2-jährigen Bestehen. Nicht erwähnt sind die ganze Kleinarbeit, die vielen Probleme und Auseinandersetzungen unserer RGO-Kollegen in den verschiedenen Betriebsgruppen, die sie in ihrer täglichen Arbeit zu bewältigen haben. Indem sie für die RGO-Politik eintraten, mussten sie mancherlei Unannehmlichkeiten auf sich nehmen, oft berufliche oder sonstige Nachteile tragen. Einige wurden aus der Gewerkschaft ausgeschlossen, weil sie für die RGO eintraten. Diesen ganzen Kollegen, allen RGO-Mitgliedern möchte ich an dieser Stelle ganz herzlich für ihren Einsatz danken.

Kämpfen wir weiter im Sinne der RGO! Es liegt noch ein langer Weg vor uns. Wir wollen die DGB-Gewerkschaften erobern, denn wir brauchen kampfbereite Gewerkschaften, die sich ausschließlich an den Klasseninteressen der Arbeiter orientieren und dafür auch kompromisslos eintreten. Das ist ein harter Kampf innerhalb der Gewerkschaften gegen die DGB-Bonzen und denen von ihnen beherrschten Apparat. Im Verlauf dieser Kämpfe wird es noch viele Ausschlüsse, auch Massenausschlüsse und Austritte geben, denn dort in den DGB - Vorstandsetagen sitzen die Spalter, die Feinde der Gewerkschaftsbewegung.

Gegen diese Bonzen und ihre reaktionäre, sozialpartnerschaftliche Politik werden wir die breiten Mitgliedermassen unter einer klassenkämpferischen Politik zusammenschließen. Wir sind eine gewerkschaftliche Kampf Organisation, wir werden nicht mitschwimmen oder uns langsam in den DGB mit seiner klassenversöhnlerischen Politik einverleiben lassen. Darin unterscheiden wir uns ganz wesentlich als revolutionäre Gewerkschafter. Wir werden immer wenn es nötig ist, Bestimmungen und Satzungen durchbrechen, die den Kampf der Arbeiter behindern. In diesem Geiste müssen die Beschlüsse und Ergebnisse unseres Kongresses stehen, von dieser klassenkämpferischen Stoßrichtung muss unsere Arbeit stets bestimmt sein ( …) Um das nochmal zu verdeutlichen, möchte ich genauer auf die Betriebsratswahlen 1978 eingehen und darstellen, wie dort die RGO als besondere

Die klassenkämpferische Einheit herstellen. Beispiel: Betriebsratswahl 78

56 Betriebsräte in Großbetrieben (über 1. 000 Belegschaft), 11 Betriebsräte in Mittelbetrieben (… über 500), 27 Betriebsräte in Betrieben (… über 200), 41 Betriebsräte in kleineren Betrieben (weniger als 200), 50 davon auf eigenen Listen, von denen wiederum 22 auf direkten RGO-Listen kandidierten. In Folge davon bildeten sich ca. 50 RGO-Gruppen Betriebsgruppen. Diese gewonnenen Positionen hatten jedoch die einzelnen Mitglieder nicht automatisch klüger und erfahrener in der gewerkschaftlichen Arbeit gemacht.

Wir betraten Neuland. Unsere Kollegen waren in den Betriebsräten, besonders bei den Großbetrieben in der völligen Minderheit und hatten sich gegen eine Übermacht von ein Reihe erfahrener Bonzen, die ja auch in der Regel noch den er scheidenden Einfluss auf die anderen Betriebsratsmitgliede hatten und haben, zu behaupten. Hinzu kam als weitere Erschwernis, dass unsere Kollege wegen ihrer Kandidatur auf oppositionellen Listen aus der Gewerkschaft ausgeschlossen waren und von dieser Warte aus gewisse Barrieren da waren, um Einfluss auf aktive Gewerkschafter und die Gewerkschaftsarbeit überhaupt zu nehmet Doch diese Barriere war keineswegs unumstößlich, wie sie zeigte. Anhand unserer klassenkämpferischen Gewerkschaftsarbeitarbeit, unseres konsequenten und mutigen Auftretens, mussten viele Kollegen, darunter auch aktive Gewerkschafter … erkennen, dass es uns allerdings um einen richtige gewerkschaftlichen Kampf geht. Das offensive Auftreten de RGO in den Betrieben, was für jeden Kollegen sichtbar war, w viele unmittelbar einbezogen wurden und sich auch beteiligte hat den Betriebsgruppen der RGO großes Ansehen gebrach' Darin lag die wesentliche Bedeutung und der Erfolg der Betriebsratswahlen und überhaupt der RGO-Politik. Wenn ich vorhin von einer Barriere zwischen RGO und aktiven Gewerkschaftern sprach, so war das sicher auch darin mitbegründet, dass die RGO erstmalig und gleich sehr massiv auftrat. Die Bonzen wetterten natürlich aus allen Rohren um wandten alle Künste ihrer Demagogie an. Dabei kamen ihnen gewisse Schwächen und Fehler unsererseits zu Gute, ich meine damit, dass wir in unserer Propaganda den DGB-Apparat um seine Politik oft so pauschal angegriffen haben, dass sich damit auch ehrliche Gewerkschafter angesprochen und angegriffen fühlten.

Sozialpartnerschaftsideologie und ihren Einfluss schlagen …

Doch an dieser Stelle muss man davor warnen, in gegenteilige Fehler zu verfallen. Natürlich haben sich viele Vertrauensleute angegriffen gefühlt. Aber doch auch aufgrund der Tat Sache, dass sie eben von der ganzen Ideologie der Sozialpartnerschaft beeinflusst sind, dass sie diese in der betrieblicher Praxis an den verschiedenen Punkten unterstützen und mittragen. Wenn wir also die Zusammenarbeit der Gewerkschaftsbonzen mit den Kapitalisten angreifen, wie es immer unsere Pflicht ist, und sich damit auch eine Reihe von Vertrauensleuten angegriffen fühlen, so muss dieser Konflikt vor den Kollegen ausgetragen werden.

Nehmen wir doch das Beispiel von Hoesch, wo der ganze Betriebsrat der Entlassung der beiden RGO-Betriebsräte zugestimmt hat. Hier muss man also den ganzen Betriebsrat für eine so schädliche und gewerkschaftsschädigende Entscheidung angreifen … Es ist aber eben falsch, wenn einige meinen, man dürfe nicht von einem reaktionären DGB - Apparat sprechen, oder dem Verrat der Gewerkschaftsführung. Tatsache ist, dass es diesen Apparat gibt, dass seine Wurzeln bis in die Betriebsräte und Vertrauensleutekörper gehen, anders könnte der DGB seine verräterische Politik in den Betrieben doch gar nicht durchsetzen. Das erfahren doch die Kollegen täglich, darüber sind sie auch so sauer.

… das ist ein Teil des Klassenkampfes

Die RGO-Politik aber geht von der Klassenauseinandersetzung im DGB aus und verfolgt deshalb eine revolutionäre Politik. Auf dieser Grundlage stellen wir die Frage und beantworten sie auch ganz klar: Kämpft die RGO für die Einheit im DGB? Jawohl, aber für eine andere als die, die Vetter und Loderer meinen! Findet dieser Kampf innerhalb der DGB-Gewerkschaften statt, jawohl, wir kämpfen für den klassenkämpferischen Zusammenschluss im DGB von der Basis her. Im betrieblichen Kampf wollen wir die Arbeitereinheit gegen Bosse und Bonzen herstellen - genauso ist es zu verstehen, wenn wir sagen, dass wir die Gewerkschaften erobern wollen. In diesen grundlegenden Fragen muss Klarheit sein, darin sehe ich eine ganz wesentliche Aufgabe unseres Kongresses.

Konkret wollen wir das in Form einiger Entschließungen, die wir später behandeln, diskutieren und festlegen. Ich meine schon, dass es in diesen grundlegenden Fragen verschiedentlich Unklarheiten und Abweichungen gegeben hat und auch noch gibt. Anfänglich gab es in unserer Arbeit eine Reihe von Fehlern, gerade auch taktische Fehler, die häufig auf Unerfahrenheit beruhten. Hier haben wir in unserer Arbeit in den vergangenen zwei Jahren aber große Fortschritte gemacht, wir sind in der innergewerkschaftlichen Arbeit wirklich voran gekommen. Wir haben viele Vertrauensleute in unseren Reihen, Kollegen aus Vertreterversammlungen und auch einzelne höhere Positionen, sowie zahlreiche Verbindungen aus unserer gewerkschaftlichen Arbeit. Wir haben Erfahrungen gesammelt und diese auch in unserer Praxis und Propaganda angewandt. Es haben sich dort also viele Dinge positiv gewandelt.

Lebendige Kampfgruppen in den Betrieben

Nur meine ich, dass sich manchmal schon etwas in falscher Richtung gewandelt hat oder zumindest gewisse Tendenzen da sind, sich an die Gepflogenheiten im DGB anzupassen, eine Gremienarbeit so zu machen, dass einem die Kollegen, die einfachen Gewerkschaftsmitglieder, nicht mehr als die entscheidende Basis erscheinen, worauf aber unsere gesamte Arbeit aufbauen muss. Ich will es positiv sagen. Kürzlich mobilisierte ein RGO-Kollege zu einer IGM-Mitgliederversammlung, wo die Wahl für die Vertreterversammlung erfolgte 17 seiner Kollegen. Mit dieser Kraft im Rücken packte er die Forderungen auf den Tisch. Da braucht man eben keine Rücksicht auf diese oder jene Fraktion … In meinem Referat vom August letzten Jahres, habe ich dargestellt, dass die RGO mit ihrer Politik nicht eine Linie der Geheimdiplomatie und Absprachen in verschiedenen gewerkschaftlichen Gremien betreibt, sondern dass wir eine kämpferische, vor den Kollegen offene Politik, direkt verbunden mit der praktischen Auseinandersetzung und Mobilisierung betreiben und so die Opposition von der Basis her schmieden. Jegliche Funktionen innerhalb der Gewerkschaft nutzen wir zu diesem Zweck und zwar von Anfang an und zu jeder Zeit und wenn da einzelne Funktionäre sind, die sich fortschrittlich äußern und uns insofern auch wichtig erscheinen, dann bitte -, wenn sie es ehrlich meinen, sollen sie sich am praktischen Kampf beteiligen. Wenn wir sagen, dass wir für die gewerkschaftliche Einheit kämpfen, dann aber auch klar und eindeutig, in welchem Sinne. Sonst wecken wir zum einen schädliche Illusionen und kommen auch selbst immer mehr zu einer Haltung, wo wir die formale Einheit vor unser klassenkämpferisches Auftreten stellen. Wo dann vielleicht in Flugblättern der Betriebsgruppe ein Angriff gegen die Bonzen erfolgt, während aber im Betrieb vor den Kollegen im Betriebsrat oder Vertrauenskörper solche Leute verschont bleiben. Ohne Zweifel ist es einfacher, eine Schweinerei in einem Flugblatt aufzudecken und anzugreifen - das bleibt ja in gewisser Weise anonym - da ist es schon etwas schwieriger auf einer Betriebsversammlung oder an anderer Stelle auf zutreten, und die Dinge beim Namen zu nennen. Es ist aber tödlich für die RGO, wenn sie sich den Kollegen als Flugblattorganisation darstellt, und nicht mehr die lebendige Kampfgruppe im Betrieb ist, die für jeden sichtbar auftritt, die einen praktischen Kampf führt, wo sich die Kollegen auch einreihen können …

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich komme zum Ende des Rechenschaftsberichtes und möchte mit einem kurzen Ausblick schließen. Der Klassenkampf in unserem Land spitzt sich erheblich zu. Als klassenbewusste Gewerkschafter haben wir mit unserer RGO eine große Verantwortung, müssen wir mit unserem Kongress eine Antwort auf die anstehenden Probleme geben. Thomas stellte anhand verschiedener Beispiele und Zahlen dar, wie sich die Lage für die Arbeiter und Werktätigen in den letzten Jahren verschlechtert hat, das selbst die offiziellen Stellen schon von weit über 1 Million Arbeitslosen heute sprechen und für die 80er Jahre einen Anstieg auf 5 Millionen prophezeien. Galoppierende Entlassungen und Betriebsstilllegungen sind an der Tagesordnung, wobei heute in der Industrie 41 Prozent aller Investitionen zur Rationalisierung eingesetzt werden. Neue Techniken, Roboter, Bildschirmgeräte, sollen menschliche Arbeitskräfte in einem bisher kaum vorstellbaren Umfang ersetzen. Auf der anderen Seite Preissteigerungen in allen Lebensbereichen … Die Politik der RGO hat sich als richtig erwiesen. In den Gewerkschaften wächst die Opposition gegen den Verrat der Bonzen. Auch wenn die sozialpartnerschaftliche Ideologie noch sehr breit verwurzelt ist, so gibt es doch schon verschiedene Einbrüche, sehen immer mehr Kollegen, dass mit der heutigen Politik der DGB - Führung Entlassungen, Betriebsschließungen so wie einem ständig wachsenden Reallohnverlust nicht wirksam zu begegnen ist. Wir, die RGO, die organisierte Opposition im DGB, haben eine ganz wichtige Aufgabe und tragen die Verantwortung, dass eine klassenkämpferische Politik im DGB zum Tragen kommt, indem wir die breiten Mitgliedermassen mobilisieren. Wir müssen den DGB von Grund auf umkrempeln und dieses Bonzenpack, diese Vetter und Loderergehören raus! Die sozialpartnerschaftliche Politik muss raus aus dem DGB! In ihr ist von vornherein die Spaltung der Arbeiterbewegung und die Kapitulation vor den Angriffen der Kapitalisten angelegt. Wir aber brauchen kampfbereite Klassengewerkschaften, deshalb haben wir die RGO und kämpfen mit ihr im DGB. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Diskussionen, die wir auf unserem Kongress hier führen werden, dass die Beschlüsse und Ergebnisse, die wir hier fassen werden konkrete und richtunggebende Handlungsanweisungen für diesen Kampf geben werden …“
Q: RGO: RGO-Nachrichten, Sonderausgabe, Vellmar, März 1981.

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