RGO-Nachrichten, 4. Jg., Oktober 1981, Nr. 10

Oktober 1981:
Die RGO gibt ihre „RGO-Nachrichten“, Nr. 10/1981, heraus.

Inhalt der Ausgabe ist u. a.:
- Adler, VDM, ENKA- Wir kämpfen um unsere Arbeitsplätze
- AEG- Ein Konzern im Ausverkauf
- 90 Jahre Metallarbeitergewerkschaft
- England: Signale vom Gewerkschaftsverband TUC
- Tarifnachrichten
- Fusionspläne Krupp-Hoesch
- Die Rechte von Betriebsräten verteidigen.

Im Artikel „AEG - Ein Konzern im Ausverkauf?“ heißt es u. a.:

„Es wird immer klarer und macht im Konzern langsam die Runde … Mittlerweile ist man nämlich offenbar in eine neue Phase übergegangen: Von der ‘Sanierung‘ in den Ausverkauf. Es ist inzwischen so, dass alle Bereiche von AEG entweder zum Verkauf oder zur Kooperation angeboten werden. In den Vorstandsetagen in Frankfurt gehen die internationalen Aufkäufer ein und aus. Es wurden oder werden Gespräche geführt mit: VW, Daimler-Benz, Bosch, SEL/ ITT, der schwedischen Firma Erricson, der japanischen Firma JVC, der französischen Firma Thomson Brandt und neuerdings auch Bauknecht. Hierbei geht es aber keineswegs nur um Bereiche, die angeblich Verluste bringen. Es geht auch und gerade um den Verkauf von sehr profitablen Bereichen wie zum Beispiel den Bereich Weitverkehr und Kabeltechnik und Anteile der Firma Telefonbau und Normalzeit.

Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Rubke beschreibt die Lage so: ‘Wir haben in der letzten Zeit häufig darüber berichten müssen, welche Absichten der Vorstand verfolgt durch Kooperationsmaßnahmen, durch Angliederungen oder Veräußerungen. Wir haben auch unsere Auffassung dargelegt, dass wir es nicht zulassen werden, dass der Ausverkauf des Unternehmens beginnt. Viele Diskussionen und Gerüchte deuten daraufhin, dass eine solche Situation eintreten könnte. Wenn wir alles das, was zur Zeit diskutiert wird, einmal zusammenaddieren, dann würde dieses Unternehmen AEG- Telefunken noch eine Belegschaft haben, die unter 50. 000 liegt. Demgegenüber stehen dann aber cirka 30. 000 Pensionäre, die von der restlichen AEG-Telefunken eine Pension erwarten.‘

Hinzu käme noch die Frage der Schulden und der Zinsrückzahlung, die allein in diesem Jahr die 600 Millionen Mark erreichen soll. Man sieht, stattliche Profite werden wohl noch gemacht, aber sie wandern in die Panzerschränke der Banken. Wenn sich die Vermutungen bestätigen - und die Tatsachen sprechen dafür, dann steht der Ausverkauf des zweitgrößten Elektrokonzerns in Deutschland bevor.

Im Konkurrenzkampf zwischen den Giganten AEG und Siemens hätte dann Siemens endgültig gesiegt. Es ist angesichts dieser Lage ein Skandal ohnegleichen, dass von seilen des Gesamtbetriebsrats und des IGM-Vorstands absolut nichts unternommen wird, um die Belegschaften richtig aufzuklären und vor allem, um sie gegen diesen Feldzug der Banken zu mobilisieren. Diese Passivität treibt viele Betriebsräte und Gewerkschaftsfunktionäre bei AEG in eine resignative und lähmende Haltung, die mit der trügerischen Hoffnung verbunden ist, dass das ganze vielleicht doch nicht so schlimm kommt. Es ist deshalb notwendiger denn je, hier bei AEG das Steuer rumzureißen, die Belegschaften gegen diesen Vernichtungsfeldzug zu mobilisieren und massiven Druck auf den Gesamtbetriebsrat und den IGM-Vorstand auszuüben. Alle Betriebsräte und Gewerkschaftsfunktionäre bei AEG sind aufgerufen, sich umgehend und nachdrücklich an die Belegschaften, an die Öffentlichkeit und an den IGM-Vorstand zu wenden und die unbedingte Notwendigkeit von entschlossenen Kampfmaßnahmen klarzumachen und diese auch selbsttätig in die Hand zu nehmen.“

Im Artikel „Fusionspläne zwischen Krupp und Hoesch. Die unheimliche Ehe der Stahlriesen“ heißt es:

„Die Vorstände des Bochumer Unternehmens Krupp und des Dortmund,er Unternehmens Hoesch-Estel planen eine Fusion beider Unternehmen. Produkt dieses Zusammengehens soll dann ein neuer Stahlgroßkonzern sein mit dem Namen ‘Ruhrstahl AG‘. Diese Pläne nahmen in den streng geheim gehaltenen Vorstandsverhandlungen schon so konkrete Formen an, dass man bis Jahresende schon alle entsprechenden Beschlüsse dazu unter Dach und Fach haben will. Ein Unwetter bahnt sich an - die Arbeitsplätze im Stahlbereich werden damit noch in weit größerem Umfang gefährdet.

Als am Samstag, dem 19. September 1981, die regionalen Zeitungen im Ruhrgebiet erstmals über solche Pläne der Unternehmensvorstände berichteten, waren weder die zuständigen Aufsichtsräte noch die Betriebsräte in irgendeiner Weise davon unterrichtet worden - interessant, denn schließlich handelt es sich doch um Unternehmen der Montanmitbestimmung, die Form der Mitbestimmung, die als besonders gut und bewährt von verschiedenster Seite immer wieder angepriesen wurde. An diesem Fall aber zeigt sich sehr genau, dass solche bedeutsamen Entscheidungen die Kapitalisten erstmal alleine treffen - Mitbestimmung? Darum scheren die sich einen Dreck, wenn es darauf ankommt. Die Entscheidungen fallen in den Vorstandsetagen der Konzerne … Den Segen der Aufsichtsräte bekommt man dann auch schon irgendwann und irgendwie dazu.

Sogar über den Chef einer solchen ‘Ruhrstahl AG‘ sind sich die Vorstände schon einig: Herr Gödde vom Krupp - Vorstand soll den neuen Konzern regieren. Rohwedder, der jetzige Boss von Hoesch, hat sich auch schon einen einträglichen Posten gesichert. Er wird nämlich die Nachfolge des im nächsten Jahr abtretenden VW-Chefs Toni Schmücker antreten. Die Posten sind verteilt. Die Terminplanung steht auch schon fest, wonach die beiden Aufsichtsräte ihre Zustimmung zu dieser Stahlehe bis spätestens 31. Dezember 1981 gegeben haben sollen!

Weiterhin ist auch eine staatliche Beteiligung am neuen Konzern mit 25 Prozent durch Bund und Land (NRW) vorgesehen. Schließlich wissen doch die Unternehmer, wo Geld anzuzapfen ist! Auch fanden offenbar Gespräche mit dem staatlichen Stahlunternehmen Peine-Salzgitter statt. Zwar wird die Möglichkeit einer Fusionsbeteiligung laut Presse weit zurückgewiesen, doch solchen Beteuerungen sollte man erfahrungsgemäß nicht zuviel Glauben schenken. Eines jedenfalls kann man mit Sicherheit schon heute sagen, dass eine solche Fusion mit oder ohne Peine-Salzgitter schlimme Folgen für die Arbeitsplätze im Stahlbereich bringt, nämlich weitere Masentlassungen. Mit diesen Plänen wollen die Stahlbarone ihre Vorstellungen nach radikalem Abbau der Stahlkapazitäten verwirklichen Die dann noch übrigbleibe! Werksteile werden rigoros durchrationalisiert, denn wo in den heutigen zwei bzw. drei Unternehmen gleiche oder ähnliche Produktionsanlagen stehen, wird dann nur noch eine Produktionsanlage stehen, wird dann nur noch eine, die jeweils kostengünstigste weiterlaufen. Die anderen fallen weg. Stillgelegt.“

Die RGO ruft dazu auf, eine „bundesweite Konferenz für den Stahlbereich zu organisieren“ und „gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen für den Erhalt der Arbeitsplätze zu beraten“.

Weiter wird vom „Sieg der Heinze-Frauen“ vor dem BAG in Kassel berichtet. Damit haben „100 Frauen den Anspruch auf den Tariflohn von 8, 24 DM“.

Zudem wird von Enka/Kassel berichtet. Dort trete man mit einem „Hungerstreik für den Erhalt der Arbeitsplätze“ ein. Zu einer „Solidaritätsveranstaltung“ in Kassel erschienen 500 Menschen.
Q: RGO: RGO-Nachrichten, Nr. 10, Kassel, Oktober 1981.

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