Adam Opel AG:
Die Auseinandersetzungen um das Weihnachtsgeld und das 13. Monatseinkommen von 1969 bis 1973

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 5.12.2014

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Zu den Auseinandersetzungen um das Weihnachtsgeld bzw. das 13. Monatseinkommen bei der Adam Opel AG, einem der großen Betriebe der Automobilindustrie, lagen uns bislang nur wenige Hinweise vor allem aus dem Werk Bochum und nur in zweiter Linie auch aus dem Werk Rüsselsheim vor, während das Werk Kaiserslautern bisher nur ganz am Rande auftaucht. Wir bitten um Ergänzungen.

Es wird vom Gesamtbetriebsrat bereits im Herbst 1969 die Forderung nach Zahlung eines 13. Monatseinkommens erhoben (vgl. Sept. 1969), erreicht wird aber nur eine fünfprozentige Anhebung des Weihnachtsgelds (vgl. 8.12.1969), so dass die Forderung nach dem 13. Monatseinkommen weiterhin aktuell bleibt (vgl. 15.4.1970) und auch im Streik im Werk Bochum, neben der Forderung nach Lohnangleichung mit dem Werk Rüsselsheim, mit aufgestellt wird (vgl. 25.5.1970), wobei diese Forderung nicht durchgesetzt werden kann. Es finden aber Verhandlungen darüber statt (vgl. 19.6.1970, 15.9.1970, 17.9.1970), die ohne Ergebnis bleiben, so dass der Forderung während der Metalltarifrunde mit einem Streik im Werk Bochum Nachdruck verliehen wird (vgl. 24.9.1970), der nicht nur den vorgesehenen Rahmen von einer Stunde weit überschreitet, sondern sich auch auf das Werk Rüsselsheim ausdehnt (vgl. 25.9.1970). In Bochum versucht sich die KPD/ML-ZK im Aufbau eines Streikrats, allerdings erfolglos (vgl. 25.9.1970). Durchgesetzt wird zwar kein volles 13. Monatseinkommen, aber doch eine deutliche Erhöhung des Weihnachtsgeldes (vgl. 28.9.1970), wobei die Berechnung allerdings auf einer neuen Grundlage erfolgt, so dass sich die ausgezahlte Summe offenbar wieder etwas verringert, was offensichtlich zu Unmut bei der Belegschaft im Werk Bochum führt (vgl. 1.10.1970), da ein 13. Monatseinkommen damals in anderen Unternehmen bereits durchgesetzt werden konnte (vgl. 10.12.1970).

Gekoppelt ist die Zahlung des Weihnachtsgeldes auch an eine mindestens einjährige Betriebszugehörigkeit (vgl. 18.12.1970).

Im folgenden Jahr propagieren sowohl die KPD/ML-ZB als auch die KPD/ML-ZK zur Metalltarifrunde die Forderung nach 15 % und einem 13. Monatseinkommen, wie hier aus Bochum (vgl. 12.5.1971, 1.6.1971, 21.6.1971, 1.7.1971) und Rüsselsheim (vgl. 5.7.1971) dokumentiert wird, und auch der Gesamtbetriebsrat stellt diese Forderungen auf (vgl. 23.8.1971), während der 'Revolutionäre Kampf' (RK) sich nur eher beiläufig damit befasst (vgl. 26.8.1971).

Auch bei Opel aber dient die Erhöhung des Weihnachtsgeldes einerseits als Mittel der Beruhigung der Belegschaft während der Tarifrunde, wie von den Lehrlingen in Bochum berichtet wird (vgl. Sept. 1971), während das Weihnachtsgeld andererseits als Disziplinierungsmittel eingesetzt wird, um Streiks zu verhindern (vgl. 14.10.1971) und Belegschaftsmitglieder zum Wohlverhalten anzuhalten, muss das Weihnachtsgeld doch offenbar bei Kündigung zurückgezahlt werden (vgl. 17.3.1973).

Die KPD/ML-ZK in Bochum fordert das Weihnachtsgeld für alle in gleicher Höhe (vgl. 16.9.1971) bzw. den 13. Monatslohn (vgl. 11.10.1971). Im folgenden Frühjahr ergänzt die Gruppe oppositioneller Gewerkschafter (GOG) Opel Bochum dies um die Forderung nach Steuerfreiheit für den 13. Monatslohn (vgl. 26.3.1972, 3.4.1972).

Während der wilden Streikwelle für Teuerungszulagen (TZL) im Frühjahr bis Herbst 1973 dient das Weihnachtsgeld bei Opel als Manövriermasse, indem statt einer tatsächlichen TZL teilweise ein Vorschuss aufs Weihnachtsgeld gezahlt werden soll, während die Belegschaft in Bochum nicht nur für eine TZL, sondern auch für eine Erhöhung bzw. veränderte Berechnung des Weihnachtsgeldes eintritt (vgl. 22.8.1973, 23.8.1973).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

September 1969:
Für die DKP berichtet Erika Herzog von Opel, im Rahmen eines Artikels über das Werk Bochum (vgl. März 1969, Sept. 1969):"
Auf der ersten Betriebsräte-Vollkonferenz der Adam Opel AG, die im September stattfand, stellten die Betriebsräte zur unterschiedlichen Entlohnung in den einzelnen Werken fest, daß Unruhe unter der Belegschaft zu verzeichnen ist.
Die Opel-Betriebsgruppe Bochum der KPD/ML-ZB berichtet anläßlich einer weiteren Gesamtbetriebsratssitzung ein Jahr später (vgl. 24.9.1970):"
Nach der ersten Betriebsrätevollkonferenz im September 1969 legte der Betriebsrat dem Generaldirektor Mason eine Liste von Forderungen vor:"
- Weihnachtsgratifikation (voller 13. Monatslohn)."
Quellen: Die Presse Extrablatt Heute Betriebsrätevollkonferenz, Bochum o.J. (24.9.1970), S. 2; Unsere Zeit Nr. 38, Essen 18.12.1969, S. 3

08.12.1969:
Für die DKP berichtet Erika Herzog vermutlich in dieser Woche:"
OPEL - DAS HEISSE THEMA

Wer fürchten muß, seinen Arbeitsplatz zu verlieren, wenn in der Öffentlichkeit seine namentliche Meinung über Betriebsklima, Entlohnung, Arbeitsumstände und Weihnachtsgratifikationen bekannt wird, der ist dem 'wirtschaftlich Stärkeren', dem Unternehmer, ausgeliefert. Der ist nicht frei. Der wird sich Mitbestimmung und Sicherheit, Menschenwürde in der Arbeitswelt und das Recht auf freie Meinungsäußerung erst erkämpfen müssen.

Im Oktober 1969 hat die deutsche Automobilindustrie das bisher höchste Produktionsergebnis eines Monats zu verzeichnen. Auch Opel profitiert dabei. Und die Bochumer Kollegen wollen die Anerkennung nun und gerade zu Weihnachten nicht nur hören, sondern auch sehen. Ihre Forderung lautet: 13. Monatslohn bzw. -gehalt. Weihnachtsgeld ist kein Almosen, sondern vorenthaltener Lohn. Sie haben Anspruch darauf. Nicht nur auf die fünf Prozent des Lohnes und des Gehaltes, um die in diesem Jahr die Weihnachtsgratifikation erhöht wurde. Aber die Geschäftsleitung nimmt auch hier ihr Abonnement auf das Nein wahr."
Q: Unsere Zeit Nr. 38, Essen 18.12.1969, S. 3

15.04.1970:
Bei Opel Bochum Werk I findet eine Belegschaftsversammlung (BV) statt.
Die Opel-Betriebsgruppe Bochum der KPD/ML-ZB (vgl. 24.9.1970) berichtet über die Forderung des Gesamtbetriebsrats (vgl. Sept. 1969) nach einer Weihnachtsgratifikation (voller 13. Monatslohn):"
Dazu Perschke am 15. April auf der Betriebsversammlung: Wir wollen uns in diesem Punkt überraschen lassen."
Q: Die Presse Extrablatt Heute Betriebsrätevollkonferenz, Bochum o.J. (24.9.1970), S. 2

25.05.1970:
Bei Opel Bochum wird, laut RFO Saarland, mehrere Stunden für denselben Lohn wie in Rüsselsheim und ein 13. Monatsgehalt gestreikt.

Die Rote Opel-Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK (vgl. 26.5.1970) berichtet:"
Laut Auskunft eines Beamten der Kriminalpolizei sollen sich unter den Streikenden auch einige Polizeispitzel im Blaumann befunden haben, um 'Rädelsführer' ausfindig zu machen."

Für die DKP berichtet Jochen Mandel von Opel Bochum (vgl. 22.5.1970):"
ERSTER STREIK IN DEN BOCHUMER OPEL-WERKEN
'WIR WOLLEN DEN GLEICHEN LOHN WIE IN RÜSSELSHEIM'

'Bei Opel gibt es so etwas nicht!' 'Bei Opel wird nicht gestreikt!' Bis vor kurzem, so berichteten Bochumer Opel-Arbeiter, habe ihr Werksdirektor Beickler noch voller Stolz diese Auffassung vertreten. Er mußte sich jetzt vom Gegenteil überzeugen lassen. Durch mehr als 1 500 Arbeiterinnen und Arbeiter des Preßwerks (…) und anderer Abteilungen des Bochumer Opelwerks, die am Morgen des 25. Mai vor seinem Direktionsgebäude demonstrierten und erregt die Verwirklichung ihrer Forderungen verlangten. 'Was wir wollen?', meinte ein stämmiger Preßwerker, 'das könne wir Euch sofort sagen: Wir wollen, daß unsere Parkplätze endlich bewacht werden! Wir wollen für unsere Arbeit den gleichen Lohn wie unsere Kollegen in Rüsselsheim, und wir wollen einen 13. Monatslohn als Weihnachtsgeld!' 'Und natürlich die Bezahlung unserer Streikstunden!' ergänzt sein Nachbar.

Bereits am Freitagabend, kurz vor Ende der Mittagsschicht, wurde das Preßwerk zum ersten Male stillgelegt. Wie ein Lauffeuer hatte sich zuvor die Nachricht unter den Arbeitern verbreitet, daß erneut insgesamt 27 ihrer Fahrzeuge aufgebrochen, ausgeraubt oder beschädigt worden waren. Und das auf den außerhalb der Werkstore gelegenen Parkplätzen.

'Jetzt langt es!', erklärten die empörten Arbeiter und setzten kurzerhand ihre Maschinen still. Von 22 Uhr bis zum Ende der Schicht um 22 Uhr 45. Doch bevor sie nach Hause gingen, stellten sie der Werksdirektion noch ein Ultimatum. Bis Montag früh acht Uhr. 'Wir wollen endlich bewachte Parkplätze!' verlangten sie und fragten: 'Warum kann denn der Werkszaun nicht um die Parkplätze herum gelegt werden?'

Für die Opel-Arbeiter sind Fahrzeuge kein Luxusgegenstand. 'Wenn ich mit der Bahn oder dem Bus hierher kommen will', erklärt ein ehemaliger Bergmann aus Lünen, 'dann muß ich morgens früh bestimmt zwei Stunden eher aufstehen! Obendrein ist das auch noch teurer. Fahrgelderstattung gibt es nicht bei Opel!' Die BOT, RE, OB und selbst HAM (Bottrop, Recklinghausen, Oberhausen bzw. Hamm,d.Vf.) - Kennzeichen an den Fahrzeugen auf den Parkplätzen beweisen, daß es nicht nur diesem Kumpel so geht.

Aber auch mit den anderen Forderungen, sei es das 13. Monatseinkommen oder die Angleichung ihrer Löhne an die in Rüsselsheim, ist es den Arbeitern ernst.

'Wird denn hier weniger gearbeitet als in Rüsselsheim?' so fragen sie. Und weiter: 'Was wir hier weniger verdienen, damit bauen die sichg jedes Jahr ein paar neue Paläste. Als ob das Brot und die Mieten hier billiger wären, als in Rüsselsheim!?'

Immerhin erzielt die Adam Opel AG durch die Unterschiede zwischen den Bochumer und den Rüsselsheimer Löhnen einen Extragewinn von 6,1 Millionen Mark im Jahr.

Als am Montag früh um 8 Uhr noch immer kein positiver Bescheid aus dem Verwaltungsgebäude vorliegt, werden die Maschinen im Preßwerk erneut abgeschaltet. Die Kollegen beschließen, zum Verwaltungsgebäude zu marschieren. Zuvor jedoch informieren sie die Belegschaften anderer Abteilungen.

Viele schließen sich dem Zug an. Auch wenn überall Meister postiert werden, die fleißig Namen notieren. Die Polsterei steht um 10 Uhr. Ebenfalls das Hauptband der Abteilung D 5 und einige Bänder in anderen Abteilungen.

Jetzt endlich hat Direktor Beickler auch ein Ohr für ihre Forderungen. Er bittet die Streikenden, ihre Forderungen schriftlich zu formulieren und eine Verhandlungskommission zu benennen. Das geschieht.

'Bis Mittwoch wollen wir aber Bescheid haben! Sonst fliegen die Brocken wieder! Dann aber richtig!' erklären die Streikenden, bevor sie um 11 Uhr 15 wieder die Arbeit aufnehmen. Und ein Vertrauensmann fügt hinzu: 'Wenn der Beickler nicht zustimmt, dann erlebt er was, das hat's hier in Bochum noch nicht gegeben!'"
Q: Unsere Zeit Nr.23,Essen 6.6.1970,S.3; Rote Fahne - Röchling Nr.5,Völklingen o.J. (1970);Die Presse Nr.1,Bochum o.J. (15.9.1970),S.2;Zündkerze Sdr.Nr.2, Nr.2, 3 und 4,Bochum 1970, 1970, Sept. 1970 bzw. 1970, S.1ff, S.5, S.4 bzw. S.5

19.06.1970:
Laut KPD/ML-ZK findet bei Opel in Bochum eine Belegschaftsversammlung (BV) der A-Schicht für das Werk I (vgl. 15.4.1970) statt.
Hauptsächlich wird über eine Weihnachtsgratifikation diskutiert.
Der Konzern General Motors (GM) habe "Verhandlungen bis spätestens Juli/August zugesichert".
Die Rote Opel-Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK berichtet:"
PERSCHKE UND SEIN PARADEPFERD
BELEGSCHAFTSVERSAMMLUNG VOM 19. JUNI IN WERK I

Vor der Belegschaftsversammlung waren viele Kollegen entschlossen, die Arbeit niederzulegen, wenn ihnen der Betriebsrat nicht überzeugende Verhandlungserfolge vorweisen konnte. Sie waren über die kleinliche Hinhaltetaktik von Werksleitung und Betriebsrat sauer und kamen sich wie dumme Jungen behandelt vor. Der Betriebsrat hatte es deshalb diesmal besonders schwer, die Belegschaft zu beschwichtigen, denn er konnte so gut wie nichts vorweisen. Um das zu verschleiern, hatte er sich eine neue Taktik ausgeklügelt. Statt daß wie bisher nur der Betriebsrats-Vorsitzende 'berichtete', kamen diesmal (außer dem Eröffnungsredner Gantenberg) zwei Betriebsratsmitglieder zu Wort:
Perschke und Beiske. Außerdem war die Rednerliste manipuliert, wobei man als besonderes Paradepferd zur Abwiegelung Werner Adamek aus Abt. 3 391 aufgaloppieren ließ. Manche Kollegen, die ihn von früher her kennen, meinten hinterher, er sei wohl bestochen worden.

Perschke leitete seinen Bericht mit den Worten ein, daß es einer der umfangreichsten sei, die er je abgegeben habe. Wir können ihm, was die Zahl der Wörter angeht, nur beipflichten, vom Inhalt her hatte er jedoch nicht viel zu bieten. Nach einem kurzen Zwischenspiel über die 6-DM-Samstags-'Prämie', die jetzt auch bei Zuspätkommen und nur 6 Stunden Arbeit 'gewährt' wird, kam er zu den Punkten, die er als die 'heikelsten Punkte' bezeichnete:
Parkplatzversicherung;
Lohnangleichung an Rüsselsheim;
13. Monatslohn bzw. -gehalt (Perschke redete natürlich von 'Weihnachtsgratifikation'!).

DIE 'ERFOLGE' DES BETRIEBSRATS:

Über die 'Weihnachtsgratifikation' hätten 'die Amerikaner' Verhandlungen bis 'spätestens' Juli/August zugesichert. …
Zum 13. Monatslohn: in anderen Betrieben redet man schon vom 14. Monatslohn, unser BR dagegen hält es für einen Erfolg, wenn ihm über den 13. VERHANDLUNGEN zugesagt werden! Der Streik gehe also zu Lasten des BR, der sich immer wieder vertrösten lasse. HIER IN DER BV SPIELE PERSCHKE DEN STARKEN MANN, DOCH IN WIRKLICHKEIT SEI ER EIN GUMMILÖWE. Einen solchen BR könne die Belegschaft nicht gebrauchen. Er müsse abgewählt werden. Der Kollege erhielt viele Rufe der Zustimmung, wobei die Kollegen mehrfach auf die ZÜNDKERZE hinwiesen.
Q: Zündkerze Nr. 3, Bochum 1970

15.09.1970:
Bei Opel Bochum gibt die Betriebsgruppe der KPD/ML-ZB laut KPD/ML-ZK heute erstmals 'Die Presse' (vgl. 24.9.1970) mit folgendem Leitartikel heraus:"
SPD PLANT WEITERE STEUERERHÖHUNGEN

Ohne den mutigen Kampf der Kollegen im Preßwerk hätten wir selbst die paar vereinzelten Pfennige noch nicht bekommen, die uns die Geschäftsleitung ab Juni mehr zahlen mußte. Auf das Verhandlungsergebnis um den vollen 13. Monatslohn warten wir noch. Der Betriebsrat hat immer noch keine klare Mitteilung darüber gemacht.

VERHINDERN WIR EINEN NEUERLICHEN VERRAT DER GEWERKSCHAFTSBONZEN"
Q: Die Presse Nr. 1, Bochum o.J. (15.9.1970)

17.09.1970:
Bei Opel Bochum gibt die KPD/ML-ZK, laut einer handschriftlichen Datierung, heute die Nr. 4 ihrer 'Zündkerze' (vgl. 15.9.1970, 18.9.1970) heraus:"
15% GLEICH 1 DM! TARIFVERHANDLUNGEN SIND KEIN PFERDEMARKT!

15% werden auf den Tariflohn berechnet gleich EINFACHE EFFEKTIVITÄT 15% werden auf den Effektivlohn berechnet gleich VOLLE EFFEKTIVITÄT.

Dazwischen gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten. So kann z.B. der Tariflohn um 15% angehoben werden, ohne daß der tatsächliche Lohn auch nur um einen Pfennig steigt.

Und wie wir unseren Gummilöwen (Perschke, d.Vf.) kennen, wird der uns wieder genauso verschaukeln wie bei der 'Weihnachtsgratifikation', wo ihm ja angeblich 'die Hände gebunden' waren. Perschke und seinesgleichen lassen sich die Hände eben lieber von den Kapitalisten als von den Arbeitern binden."
Q: Zündkerze Nr. 4, Bochum Sept. 1970

24.09.1970:
In Bochum streiken, laut KPD/ML-ZB, insgesamt rund 15 000 Opelarbeiter, wobei die Kollegen des Werkes 1 vormittags eine Demonstration durch die Stadt durchführten, und dabei ein volles 13. Monatsgehalt forderten, welches laut Erwin Bawulski heute von der Geschäftsleitung abgelehnt worden war.

Lieferantenfahrzeuge seien, laut KPD/ML-ZB, nicht ins Werk gelassen worden. An beiden Werken (?) hätten mehrere Polizeifahrzeuge herumgestanden. Auch im Werk 2 seien die Kollegen herumgezogen und hätten dabei auch aus dem Werk 3 Kollegen abgeholt. Teilgenommen hätten auch Angestellte.

Laut Bawulski schließen sich auch die Mittag- und Nachtschicht dem Streik an (vgl. 25.9.1970).

Von einem Streik dort berichten auch die KPD/AO und natürlich die Rote Opel-Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK, die mit ihrer 'Zündkerze' eingreift:"
DER STREIK WAR TAKTISCH EINE NIEDERLAGE - STRATEGISCH EIN SIEG

EIN BLITZ AUS 'HEITEREM HIMMEL'?

Als die RBG die Extra-Blätter der 'Zündkerze' über die Streiks bei General Motors (GM in den USA - vgl. 16.9.1970, d.Vf.) und beim Bochumer Verein (Krupp - vgl. 18.9.1970, d.Vf.) verteilte, meinten einige Kollegen: 'Die machens richtig! Aber bei Opel? Hier kommt sowas nie zustande!'

Sie sollten nicht recht behalten. Als wir von der RBG einige von ihnen während und nach dem Streik trafen, mußten sie über sich selber lachen: 'Wer hätte das gedacht?! Als wir auf der Wiese waren, mußten wir mit einigem Erstaunen feststellen, daß nicht nur wir, sondern alle mitgegangen waren. Das war ein völlig neues Gefühl, es denen da oben endlich einmal zeigen zu können.'

Nun, so dürften viele Kollegen gedacht haben. Woran keiner so recht glauben wollte, war wie 'ein Blitz aus heiterem Himmel' gekommen. Aber war es wirklich so ein 'Blitz aus heitrem Himmel'?

Das Gewitter hatte sich schon lange vorher zusammengebraut. Doch nicht nur im Betrieb, wo wir durch verschärfte Antreiberei noch mehr Profit für Detroit schaffen sollten:

Die allgemeine Teuerungswelle, die Lohnraubpolitik der SPD, das Geschrei der Gewerkschaftsoberen über ihren 'Kampfeswillen' usw.

Es lag 'etwas' in der Luft wie im letzten September. Es bedurfte nur noch einiger Funken, um dies 'Etwas' zur Explosion zu bringen. Wenn da die 'Ruhr-Nachrichten' (vgl. **.9.1970, d.Vf.) schrieben, die 'Zündkerze' hätte gezündet, so tun sie uns 'zuviel der Ehre' an. Wie hätte die 'ZK' mithelfen können, OHNE den vorhandenen Zündstoff. Über diesen schweigt dann die bürgerliche Lokalpresse betreten…

EIN SCHUSS, DER NACH HINTEN LOSGING!

Es liegt in der Ironie der Sache, daß oft gerade die danebenhauen, die sich allzu selbstsicher fühlen. Dieses 'Pech' hatten die IGM-Oberen. Sie dachten, Opel ist ein 'lahmer' Betrieb, die Kollegen werden uns auf jeden Fall gehorchen.

Also planten sie einen Warn'streik', der nach einer Stunde wieder beendet sein sollte. Sie planten ihn dort, wo sie sich am sichersten fühlten: in Langendreer.

Schon am Mittwoch ließen sie durch 'auserwählte' Vertrauensleute verkünden: 'Morgen machen wir einen Warnstreik.' Und in Laer ließen sie durchblicken: 'Wenn die in Langendreer anfangen, machen wir mit.'

Doch dieser Warn'streik' ging für sie vollkommen in die Hose. Kein Kollege, weder in Langendreer noch in Laer, war bereit, die Arbeit nach einer Stunde wieder aufzunehmen.

Der Streik, der sich nun entwickelte, vermittelte den Herren von der Betriebsleitung und den 'Kollegen' von unserer Beiträge Gnaden ein völlig neues Lebensgefühl. Das hatten sie von dieser Belegschaft nicht erwartet. Solch einen Aufmarsch von 'Blaumännern' hatten sie lange nicht mehr gesehen! Ihre ersten Reaktionen: überstürzte Anrufe nach Detroit, überstürzte Beratungen von Betriebsrat und IGM.

DIE REAKTION DER BETRIEBSLEITUNG…

Als sie gesehen hatten, daß AUCH bei Opel in Bochum die Räder stillstehen können, wenn die Arbeiter es wollen, griff sie sofort zu allen Mitteln, die ihr zur Verfügung standen. Ihr Ziel: die Einheit so schnell wie möglich wieder zerstören.

Der Werkschutz war überall, wo er meinte, 'Rädelsführer' ausfindig machen zu können. Er hatte viel Arbeit. Immerhin waren wir tausende von 'Rädelsführern'! Deshalb mußte Politische Kriminalpolizei (K14, d.Vf.) her, weil der Werkschutz zu viel Arbeit hatte und nicht allein weiterkam. So sahen die Kollegen von der 'Zündkerze' selbst (oder wurden von anderen
Kollegen darauf aufmerksam gemacht), wie sich einige Herren in Popelinemänteln z.B. am Rondell beim Pförtner vorstellten und dann im Werk verschwanden.

Sie wollten 'Fisch im Wasser' spielen. Nur trug sie das 'Wasser' nicht: Überall, wo sie entdeckt wurden, empfingen sie Buhrufe.

Aber auch die Meister (mit wenigen Ausnahmen), hatten einen aufregenden Tag. Sie flitzten wie UvDs zu den Kollegen, um sie bei der Arbeit zu halten. (Um dann natürlich hinterher mit Grinsen einzustecken, was wir erkämpft hatten.) Ein Meister ging sogar so weit, daß er die Kollegen im besten Nazi-Jargon anbrüllte, man sollte sie alle vergasen. Er dürfte einer der besten UvDs gewesen sein, aber nicht erst bei Opel, sondern schon 'tausend Jahre' früher! Das beste Mittel aber, was die Betriebsleitung einzusetzen hatte, war ihre Fünfte Kolonne: Betriebsrat und IGM-Bonzen in Bochum.

DER AUFTRITT DER 'KOLLEGEN' VON UNSERER BEITRÄGE GNADEN

Als diese gesehen hatten, wie der erste Schuß nach hinten losgegangen war, ballerten sie wie wild durch die Gegend. Perschke rannte zu den Kollegen, um sie wieder an die Arbeit zu bekommen. Doch seine Dompteur-Pose zog nicht. Wütend zog er sich ins Humboldt-Eck zurück, nach Rache sinnend.

Die nächsten Schüsse kamen dann auch gezielter.

Jahrelang knöpfen uns diese 'Kollegen' Beiträge ab, jahrelang wird mit diesem Geld gewirtschaftet, , ohne daß es uns wirklich zugutekommt. Aber die 'Bank für Gemeinewirtschaft' (BfG, d.Vf.) läuft wie geschmiert.

Als nun der Streik ausbrach, taten sie so, als sei kein Geld für uns da. Nirgendwo war eine Flüstertüte zu haben, nirgendwo gab es Pinsel, Leinwand und Farbe für Transparente. Das Monstrum Gewerkschaftsapparat stand uns nicht zur Verfügung, als wir es wirklich brauchten.

Dafür zeigte es uns die Zähne, der Betriebsleitung aber das schönste Blendax-Lächeln.

Doch überall dort, wo die Warn'streiks' fest in den Händen dieses Apparates lagen, gab es Flüstertüten und Transparente in Hülle und Fülle.

Und warum bei uns nicht?

WIR DURFTEN UNSERE FORDERUNGEN NICHT DURCHBEKOMMEN!

Betriebsrat und IGM-Obere wußten trotz ihrer Verwirrung sehr schnell wieder, was zu tun war, werden sie doch für diese Ausbildung in Sachen Abwiegelung sehr hübsch bezahlt.

Sie wußten genau, daß ein unorganisierter Streik nicht lange durchzuhalten ist. Und daß viele Kollegen mit 70% rechnen würden, weil sie die bisherigen Kungeleien kannten. Andererseits aber war der Kampfwille der Belegschaft so stark, daß diese 'Kollegen' sich etwas besonders 'Nettes' für uns ausdenken mußten.

So verschwiegen sie wohlweislich, daß die 100% aller Wahrscheinlichkeit nach durchkommen würden. Aber nicht durch unseren Kampf, sondern bei den Tarifverhandlungen als 'Sonderbeilage' der Kapitalisten für die IGM, um die Stimmung der Arbeiter zu dämpfen.

So mußten Perschke und Co. alle Hebel in Bewegung setzen, um zu bremsen. Ihr Ziel: Nach den Tarifabschlüssen als große Matadoren dazustehen. Der Theaterdonner 'Ablehnung des Schiedsspruchs' war dabei schon eingeplant. Auch der 24stündige Streik für alle Metallarbeiter in NRW Ende dieses Monats (vgl. 25.9.1970, d.Vf.)!

Dies hatten sie schon beim Bochumer Verein (Krupp - vgl. 5.6.1970, d.Vf.) im Sommer dieses Jahres erfolgreich durchgeführt: Den Streikenden vom BV erklärte die IGM-Ortsverwaltung sie sollten ruhig wieder an die Arbeit gehen, ihre Forderungen würden ja im Herbst 'berücksichtigt'. Das Geld, das die Kollegen dadurch inzwischen verloren, zahlt ihnen natürlich keiner nach. So ist es immer: die Bonzen interessieren sich nur für unsere Beiträge und ihre fetten Aufsichtsratsposten, wenn aber Regierung und Kapitalisten in unsere gläsernen Taschen langen, schauen sie weg.

Der Hauptsinn dieser ganzen Dschungeltaktik gegen uns war es, uns einzubläuen, daß nur die IGM-Bonzen unsere wahren Vertreter sind. Die Opel-Bosse lachten sich derzeit ins Fäustchen, als andere ihre Anliegen durchsetzten."

Über die Pressereaktion auf heutige Ereignisse berichtet die KPD/ML-ZK durch Abdruck von 'WAZ'-Artikeln von übermorgen:"
KP-AGITATOREN VERPRÜGELT

Wie die Bochumer WAZ-Redaktion berichtet, hatten kommunistische Agitatoren keinerlei Einfluß auf die Vorgänge von Freitag. Einige von Ihnen waren am Donnerstagabend verprügelt und vom Werksgelände verjagt worden. Flugblätter, die sie verteilt hatten, wurden eingesammelt und verbrannt."

und:"
STREIKENDE OPEL-ARBEITER SCHALTEN KP-FUNKTIONÄRE AUS

VOM WERKSGELÄNDE GEPRÜGELT UND FLUGBLÄTTER VERBRANNT

Freitag um sechs Uhr beschloß die Morgenschicht der Opel-Werke in Laer und Langendreer, den am Donnerstag begonnenen Streik fortzusetzen. Nach sachlichen Diskussionen über einige Vorfälle vom Vortage war sich die Belegschaft darin einig, die weitere Einmischung von Kommunisten zu verhindern. Bereits am Donnerstag sind einige von ihnen verprügelt und vom Werksgelände getrieben worden. Flugblätter ('Die Zündkerze' und 'Roter Kadett'), von KP-Leuten verteilt, wurden zusammengetragen und verbrannt."
und:"
Nach den Prügelszenen vom Donnerstag haben es im Laufe des Freitags Kommunisten vermieden, erneut aktiv zu werden."
sowie folgenden Text:"
'WAZ' VERLEUMDET 'ZÜNDKERZE'

Die 'Zündkerze' hat vor und während des Streiks die Interessen der Opel-Belegschaft nach Kräften vertreten. Sie hat für schnelle Informationen gesorgt und sachliche Vorschläge (z.B. Wahl eines Streikrates) gemacht. Das genügt, um die 'Kollegen' von der bürgerlichen 'WAZ' gegen uns aufzubringen. Sie griffen dabei zu ihrem üblichen Mittel: Lüge und Verleumdung. So warfen sie die 'Zündkerze' immer mit dem 'Rosa Kadett' in einen Topf. Sidn sie wirklich so blöd, daß sie den Unterschied nicht kennen?! Oh nein! So blöd sind die Herren 'Kollegen' sicher nicht! Sie stellen sich nur so blöd, um ihre Leser zu täuschen.

Der Verlauf des Streiks hat klar gezeigt, daß 'Zündkerze' und 'Rosa Kadett' nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun haben. Daß sie zwei völlig verschiedene Linien vertreten. 'Rosa Kadett' und D'K'P unterstützen mit allen Kräften die Gewerkschaftsbonzen. Es war ein D'K'P-Mitglied, das am Freitag auf der Kundgebung in der Stadt abwiegelte, uns empfahl, uns auf 'unseren' Betriebsart zu verlassen, der dafür dankte und uns dann auch prompt reinlegte. 'Rosa Kadett' setzte auf den Betriebsrat; 'Zündkerze' entlarvte dagegen den Betriebsrat als Fünfte Kolonne Opels und schlug die Wahl eines Streikrates vor. 'Rosa Kadett' erwies sich als Opels Sechste Kolonne, 'ZK' als Opels wirklicher Gegner. Das läßt sich anhand der Flugblätter, Reden, der Reaktionen von Betriebsleitung und Betriebsrat alles beweisen.

Und nun komen die 'Kollegen' von der bürgerlichen Presse und tun so, als hätten sie den Unterscheid nicht gemerkt! Sie behaupten, Opel-Kollegen hätten 'KP-Funktionäre verjagt' und 'KP-Flugblätter verbrannt'.

Die Tatsachen: Die 'ZK' wurde in keinem einzigen Fall verbrannt und Mitarbeiter der 'ZK' wurden in keinem einzigen Fall 'verjagt'. Die einzigen, die scharf auf die 'ZK'-Kollegen waren, waren Werkskripo und Werkschutz! Es stimmt allerdings, daß D'K'P-Flugblätter und das D'K'P-Organ 'UZ' in Langendreer von einem teschechischen Kollegen verbrannt wurden. Wir würden gern einmal mit diesem Kollegen reden, um zu sehen, ob er nur berechtigte Wut über die sozialimperialistische Aggression von sowjetischen und DDR-Truppen gegen sein Land (CSSR, d.Vf.) hat oder ob er grundsätzlich antikommunistisch und" hier bricht der Text leider ab.

Laut 'EXI' beteiligen sich 16 000 bei Opel in Bochum an einem Warnstreik im Rahmen der Metalltarifrunde (MTR).

Die Kabelwerke Reinshagen (KWR) Bochum Betriebsgruppe der KPD/ML-ZB und des KJVD (IGM-Bereich - vgl. 28.9.1970) berichtet von heute und morgen:"
STREIK BEI OPEL BOCHUM

Insgesamt 15 000 Arbeiter der Früh- und Mittagsschicht streikten am Donnerstag und Freitag. Sie fordern als Weihnachtsgeld ein volles 13. Monatsgehalt, da die Kapitalisten bei Opel die Verhandlungen darüber immer wieder hinauszuschieben versuchen. Außerdem wollen die Kollegen ihre Geschlossenheit für die 15% (in der MTR, d.Vf.) demonstrieren.

Vor Werk I in Laer bildeten die Kollegen Marschsäulen. Bei Schichtwechsel sagten sie allen Kollegen, die zur Arbeit kamen, sie sollten schnell stempeln und dann wiederkommen, um den Streik zu verstärken. Lieferanten wurden von den Arbeitern nicht reingelassen.

Auch in Werk II in Langendreer zogen die Kollegen durch mehrere Werksteile, und auch ins Werk III, um möglichst viele Kollegen zum Mitstreiken zu bewegen.

Während der ganzen Zeit standen vor den Werken Polizeibeobachtungsposten.

Die Kollegen sind entschlossen, den Streik auch in dieser Woche fortzusetzen."

In Berlin berichtet die PL/PI (vgl. 28.9.1970), dass heute die meisten der Frühschicht und die Spätschicht (zus. 17 000 streiken) und am Freitag noch die Frühschicht.

Berichtet wird auch in:
- Baden-Württemberg in Mannheim durch die KPD/ML-ZK im IGM-Bereich (vgl. 26.10.1970);
- Berlin durch die KPD/ML-ZB bei Schwartzkopff.
Q: KPD/ML-ZK-OG Mannheim:Gewerkschaftsführung: Lakai des Kapitals!, Mannheim o.J. (Okt. 1970), S.1; Express International Nr. 107, Frankfurt 16.10.1970, S.6;Der Schwartzkopff Hammer Nr. 2, Berlin Okt. 1970;Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 36 und 37, Bochum 25.9.1970 bzw. 30.9.1970, S.* bzw. S.*;Kommunistische Arbeiterpresse AEG Telefunken o.Nr. (10), Berlin 5.10.1970;Roter Morgen Nr. 9, Hamburg Okt. 1970, S.*;Erwin Bawulski:Die Septemberstreiks 1969 und ihre Folgen unter besonderer Berücksichtigung der Adam Opel AG in Bochum, Dortmund 1974;Zündkerze Extra Seit heute morgen ca. 10 Uhr … und Nr. 5, Bochum o.J. (24.9.1970) bzw. o.J. (9.11.1970), S.1f bzw. S.6ff und 16;Rotes Kabel Nr. 7, Bochum Sept. 1970, S.4;Klassenkampf Extrablatt Lohnfragen sind Machtfragen, Berlin o.J. (1970)

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24.09.1970:
Eine Extra-Ausgabe der 'Zündkerze' - Betriebszeitung der Roten Opel-Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK erscheint für Opel Bochum (vgl. 23.9.1970, 25.9.1970) mit zwei Seiten DIN A 4, laut einer handschriftlichen Datierung, für das Werk I zur Mittagschicht:"
Seit heute morgen ca. 10 Uhr in Bochum die OPEL-Produktion still.

GEHT ES NUR UMS WEIHNACHTSGELD?

Natürlich ist es eine Unverschämtheit von OPEL, nicht ALLEN Kollegen ein VOLLES 13. MONATSGEHALT zuzugestehen. Statt dessen bietet man uns als Preis für unsere Knochen, die niemand uns wiedergibt, 43 Prozent für die, die unter 5 Jahren bei Opel sind und 52 Komma 5 für die, die schon länger verheizt wurden.

Der Gipfel der Unverfrorenheit: nach 40 Jahren Betriebszugehörigkeit (wie sehn wir dann wohl aus??) 100 Prozent plus eine GOLDENE ARMBANDUHR!! Im Jahre 2010!! Warum keinen goldenen SARGNAGEL ???

ABER ES GEHT JETZT UM MEHR ALS UMS WEIHNACHTSGELD!

Das Weihnachtsgeld brachte nur das Faß unserer Geduld zum Überlaufen: Seit Monaten steigen die Mieten und die Preise, steigen uns bis zum Halse, so daß wir schon Wasser schlucken. UND NUN: die 'Arbeitgeber' (die eigentlich Arbeit-NEHMER sind, da sie uns die Früchte unserer Arbeit abNEHMEN) bieten ganze 7 Prozent Lohnerhöhung!

ALLE RÄDER STEHEN STILL, WENN MASON ES UNBEDINGT HABEN WILL

DESHALB UNSERE 2. FORDERUNG: VOLLE 15% GLEICH 1 MARK!

Der Moment ist günstig: wir sind in einer POSITION DER STÄRKE, wie sie so schnell nicht wiederkommt:
- In den General-Motors-Werken der USA streiken 350 000 Kollegen weiter.
- In den General-Motors-Werken Kanadas streiken 25 000 Kollegen.

WENN WIR JETZT AUCH STREIKEN, SPÜRT DER KONZERN DAS EMPFINDLICH!

ABER UNSERE STÄRKE HILFT UNS NUR, WENN WIR ORGANISIERT AUFTRETEN!

Irgendjemand muß in unserem Namen mit Opel verhandeln. Wenn wir selbst nicht jemand bestimmen, wird der Betriebsrat das machen.

ABER DER BETRIEBSRAT IST WINDELWEICH, DAS WISSEN WIR ALLE!

Der Betriebsrat konnte sich heute morgen natürlich nicht offen gegen uns stellen, weil er ausgepfiffen worden wäre. ABER ER WAR WINDELWEICH! Er wartete nur drauf, mit einem großen Bums umzufallen, er liegt schon halb am Boden!

DESHALB: EINEN STREIKRAT WÄHLEN!

Opel ist eine gut organisierte Armee. UND DER BETRIEBSRAT IST OPELS FÜNFTE KOLONNE!

Deshalb müssen wir EINE INTERESSENVERTRETUNG AUS UNSERER EIGENEN MITTE WÄHLEN.

Wir müssen unsere Vertrauensleute auffordern, die Wahl eines Streikrats zu organisieren. Solche Vertrauensleute würden wir auch in den Streikrat wählen, und dazu die besten Kollegen, die wir kennen, die wissen, was wir wollen und die sich nicht beschwafeln lassen wie der Betriebsrat. ES GIBT SIE.

ALLE RÄDER STEHEN STILL, WENN MASON ES UNBEDINGT HABEN WILL!

ABER WENN WIR EINEN STREIKRAT WÄHLEN, MÜSSEN WIR DIE KOLLEGEN SCHÜTZEN!
Die Werksbullen rotieren und schreiben Namen auf. Das hilft Opel aber gar nichts, wenn wir allen Kollegen durch eine UNTERSCHRIFTENSAMMLUNG von vornherein Schutz geben. Wenn wir versprechen, daß die Brocken sofort wieder hinfliegen, wenn einem von ihnen was passiert.

VEREINT SIND WIR DIE STÄRKEREN!"
Q: Zündkerze Extra Seit heute morgen ca. 10 Uhr…, Bochum o.J. (24.9.1970)

24.09.1970:
Bei Opel Bochum gibt die Opel-Betriebsgruppe der KPD/ML-ZB ein Extrablatt ihrer 'Presse' (vgl. 15.9.1970, 25.9.1970) mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Werner Fremd, Bochum, heraus:"
HEUTE BETRIEBSRÄTEVOLLKONFERENZ

ZWINGEN WIR DIE BETRIEBSRÄTE DURCH UNSERE KAMPFBEREITSCHAFT ZUM VOLLEN EINSATZ FÜR UNSERE FORDERUNGEN

Nachdem der Arbeitgeberverband uns lächerliche 7% angeboten hat, die SPD schon jetzt einen Lohnstop und weitere Steuererhöhungen ankündigt, verhandeln heute bis Freitagmittag die Betriebsräte der Opel AG hinter verschlossenen Türen.

Kampfmaßnahmen zur Tarifrunde (MTR, d.Vf.) und betriebliche Forderungen stehen auf der Tagesordnung. - Wir, die Arbeiter der Opel AG, werden Kampfmaßnahmen ergreifen, streiken für unsere Forderungen! Da braucht der Betriebsrat gar nicht lange zu diskutieren. Nur durch Streik setzen wir unsere Forderungen durch! Und nur durch unsere Kampfbereitschaft zwingen wir auch den Betriebsrat zu Kampfmaßnahmen.

EUGEN LODERER, stellvertretender IGM-Vorsitzender, spricht Freitag 9 Uhr über die Durchsetzung unserer Forderungen im Tarifkampf. Kürzlich (vgl. S1*9.1970, d.Vf.) erklärte Loderer noch lauthals in Lübeck: Die Tarifbewegung wird beweisen, wie frei und unabhängig die IGM AUCH GEGENÜBER BONN die Interessen ihrer Mitglieder zu wahren weiß. - AUCH GEGENÜBER BONN! Das heißt doch wohl: gegenüber der Lohnraubpolitik der Regierung sind 15% Lohnerhöhung, Wegfall der unteren Lohngruppen und Absicherung von 6 DM Mindestlohn unsere Mindestforderungen, damit wir die wachsenden Steuern und Lebenshaltungskosten wenigstens etwas ausgleichen können!

- Am 2.September forderten der IGM-V-Leute-Vorstand und der Betriebsrat in Rüsselsheim einheitliche Erhöhung der Ecklöhne auf 4, 60 DM, 15% Lohnerhöhung gemäß neuem Ecklohn. Also wenigstens 69 Pfg. für alle!

AUCH GEGENÜBER BONN! Also: Kampf der arbeiterfeindlichen Politik der SPD-Regierung!
Verhinderung weiterer Steuererhöhungen!
Weg mit dem 10% Lohnunterschlag!
Denn sonst haben wir überhaupt nichts von der Lohnerhöhung!
Also auch: Kampf den rechten Gewerkschaftsführern, die mit der SPD unter einer Decke stecken!

RUDI HAHNE, Gesamtbetriebsratsvorsitzender, gibt heute Nachmittag seinen Rechenschaftsbericht. Am 3.September sagte er noch: Die Stimmung im Betrieb ist auf dem Siedepunkt! - Jawohl! Dazu müssen wir Hahne und Perschke und alle anderen IGM Funktionäre zwingen: KEINEN FINGER BREIT VON UNSEREN FORDERUNGEN AB! Nach der ersten Betriebsrätevollkonferenz im September 1969 legte der Betriebsrat dem Generaldirektor Mason eine Liste von Forderungen vor:

- Lohnangleichung. - Mit ein paar Pfennigen hat sich der Betriebsrat abfertigen lassen, für manche Kollegen gab es sage und schreibe einen Pfennig mehr - und das bei 419 Millionen Reingewinn! Und ohne den Streik der Kollegen im Preßwerk (vgl. 22.5.1970, d.Vf.) wäre es nicht mal zu Verhandlungen gekommen!

- Zusatzprämie für Sonderschichten. - Was wurde erreicht: 6 DM, nicht mal eine Mark pro Stunde. Die deutschen Automobilkonzerne mußten im Schnitt 10 DM zahlen, vereinzelt gibt es Prämien von 30 DM!

- Parkplatzversicherung. - Bessere Bewachung wurde zugesichert - auf Kosten der Kollegen!

- Weihnachtsgratifikation (voller 13.Monatslohn). - Dazu Perschke am 15. April auf der Betriebsversammlung: Wir wollen uns in diesem Punkt überraschen lassen. Die Überraschung kommt: NACH der Vollkonferenz wird die Geschäftsleitung offiziell über die Ablehnung der Forderungen informieren, bei der Betriebsversammlung am 1. Okt. will man uns dann wohl diesen Verhandlungsmißerfolg beibringen! Das gibt's nicht!

Der Betriebsrat muß wissen: Wir sind bereit zu kämpfen. Wir wollen vollen 13. Monatslohn Weihnachtsgeld!

Kolleginnen und Kollegen! Auch darüber verlangen wir klare Informationen sofort nach der Vollkonferenz am Freitag:

Der Betriebsrat in Rüsselsheim fordert:
Erhöhung des Akkordrichtsatzes auf 12%
Eckgehalt der Angestellten zusätzlich um 10% vorab erhöhen!

DIESE FORDERUNGEN UNTERSTÜTZT DER BETRIEBSRAT IN BOCHUM NICHT! Obwohl der Akkordrichtsatz bei uns nur 8% beträgt, obwohl die unteren Angestellten bei uns genauso ausgebeutet werden wie in Rüsselsheim! Die Gewerkschaftsfunktionäre behaupten, das ginge nicht wegen der unterschiedlichen Tarifgebiete. Aber es geht um unser aller Interessen!

FÜR DIE EINHEIT DER ARBEITERKLASSE

Kämpfen wir gemeinsam mit unseren Rüsselsheimer Kollegen gegen die GM Bosse!
Geschlossene Front der Arbeiterklasse gegen die Kapitalisten und ihre Regierungen!

Die Betriebsräte müssen wissen, daß wir streiken, wenn unsere Forderungen abgewiesen werden. Unsere Kampfbereitschaft muß sie und die Gewerkschaftsführer zum Einsatz für unsere Forderungen zwingen!

MACHEN WIR DIE GEWERKSCHAFT WIEDER ZUR KAMPFORGANISATION DER ARBEITERKLASSE

Und die SPD-Führer müssen wissen, daß wir ihre ständigen Angriffe auf unsere Lage nicht kampflos hinnehmen. Denn der Kampf um höhere Löhne bringt uns nichts, wenn die SPD-Regierung uns die Löhne durch ihre Angriffe sofort wieder wegnimmt.

GEGEN DIE ARBEITERFEINDLICHE SPD-REGIERUNG

VOLLE DURCHSETZUNG UNSERER FORDERUNGEN

Urabstimmung bei jeder Verhandlungsentscheidung im Tarifkampf!

Sofortige Information über die Betriebsrätekonferenz!"
Q: Die Presse Extrablatt Heute Betriebsrätevollkonferenz, Bochum o.J.

(24.9.1970)

25.09.1970:
In Rüsselsheim bei Opel konnte die KPD/ML-ZB, nach eigenen Angaben, großen Einfluß auf den Streik und die Demonstration der ganzen Morgen- und der ganzen Mittagsschicht nehmen:"
Die Flugblätter der KPD/ML wurden begeistert begrüßt und die Arbeiter trugen die von den Genossen hergestellten Transparente." Am 20.10.1970 wird an der Ruhruniversität Bochum erklärt, daß "'Kampf dem Lohnraub', 'Gegen die Verrätereien der SPD-Regierung die geschlossene Front der Arbeiterklasse' den Demonstrationszug anführten."

In Sprechchören hätten die Kollegen die 15% und einen vollen 13. Monatslohn gefordert.

Laut KPD/ML-ZK streiken bei Opel Rüsselsheim, wo ein Streikkomitee gebildet wird, spontan 32 000. Von diesem Streik berichtet auch die KPD/AO.
Laut SBG Regensburg demonstrieren 90% der 36 000 Beschäftigten.
Laut RAG Frankfurt und Offenbach streiken 36 000.
Laut BKA Freiburg kommt bei Opel Rüsselsheim die Produktion durch Streik zum Erliegen.
Laut 'EXI' beteiligen sich 32 000 bei Opel Rüsselsheim an einem Warnstreik im Rahmen der Metalltarifrunde (MTR).
Laut PL/PI Berlin (vgl. 28.9.1970) demonstrieren 33 000 von 36 000 Beschäftigten durch die Innenstadt zur Verwaltung und von dort zum Bahnhofsplatz.

Die Rote Opelbetriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK berichtet 1971:"
Voriges Jahr als die Betriebsräte sich in Bochum versammelt hatten fingen die Opeler in Rüsselsheim an zu streiken. Damit hatten Hahn und Lorenz und Co. nicht gerechnet. Das vorgesehene lange Referat wurde gekürzt. Eine Vollkonferenz mit eingebautem Zeitraffer wurde veranstaltet. Die Devise war: Schnell heim und die Sache in die Hand nehmen. Das Ergebnis kam prompt: Noch am Samstagabend einigte man sich mit der Geschäftsleitung über die Weihnachtsgratifikation. (Zwei Tage vorher in Bochum riß Hahn noch den Mund auf und verlangte den 13. Monatslohn). In Flugblättern an den Mann gebracht trug diese 'Einigung im Gesamtinteresse' ihren Teil zum Abwürgen des Streiks bei."
Q: Klassenkampf Extrablatt Lohnfragen sind Machtfragen, Berlin o.J. (1970); Zündkerze Extrablatt, Rüsselsheim 18.8.1971, S. 1;Express International Nr. 107, Frankfurt 16.10.1970, S. 6;Klassenkampf Nr. 2, Freiburg Sept. 1970, S. 2;Arbeitersache Nr. 1, Regensburg Okt. 1970;Kommunistische Arbeiterpresse - Ausgabe AEG Telefunken ohne Nr. (10), Berlin 5.10.1970;Rot Front Nr. 2, Bochum 20.10.1970;Roter Morgen Nr. 9, Hamburg Okt. 1970;Rote Arbeiterzeitung Nr. 6, Frankfurt Sept. 1970;Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 37, Bochum 30.9.1970;Der Schwartzkopff Hammer Nr. 2, Berlin Okt. 1970

25.09.1970:
Ein Extrablatt der 'Zündkerze' - Betriebszeitung der Roten Opel-Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK erscheint, laut einer handschriftlichen Datierung, heute in Bochum (vgl. 24.9.1970, 1.10.1970) vermutlich zu Beginn der Frühschicht mit 2 Seiten DIN A 4:"
KOLLEGEN!

Viele von uns haben jetzt eingesehen, daß wir eine eigene, von uns ALLEN gewählte Interessenvertretung der Belegschaft brauchen, EINEN STREIKRAT! Der Betriebsrat ist Cunninghams Fünfte Kolonne. Er tagte gestern im Humboldt-Eck und zeigte sich windelweich. Als einer der Betriebsräte sagte: 'Wir müssen von unserem Strauß an Forderungen 90% durchkriegen', meinten die anderen: 'Wir können froh sein, wenn wir 75% durchkriegen'.

Das war die 'Stimmung' im Humboldt-Eck. Ein anderes Beispiel:

Vorsitzender Späth von der Vertrauenskörper-Leitung sprach sich gegen die Prämien für Sonderschichten aus, ohne daß ihm von den Skatbrüdern widersprochen worden wäre.

Aber bei uns war und ist eine andere Stimmung als die 'Stimmung' im Humboldt-Eck: 100 % WEIHNACHTSGELD! DAS GANZE GELD BAR AUF DIE HAND!

Der Betriebsrat soll ruhig weiter im Humboldt-Eck tagen! Was WIR brauchen, ist ein Streikrat. Aber das wollen die Bosse und Bonzen natürlich nicht. Als in Laer die Kollegen der Mittagschicht die Frage des Streikrats diskutierten, verschwand auf seltsame Weise die einzige Flüstertüte, die vorhanden war. Viele Kollegen sind bereits 'aufgefallen' Darüber brauchen wir uns keine Illusionen zu machen. Am Pförtner von Tor 1 drückten sich gestern Abend in Zweierformationen Polit-Kripos vorbei. Solche Polizeispitzel haben viel Arbeit, wenn wir streiken. Sie schreiben Namen von 'Rädelsführern' auf. Das kann jeder von uns sein, der den Mund aufmacht. Dagegen können wir uns wehren:
1. durch Bildung eines Streikrats für jede Schicht
2. durch Schutz aller Mitglieder des Streikrats durch eine Unterschriftensammlung

Heute morgen um 9 Uhr soll eine außerordentliche Belegschaftsversammlung stattfinden, die der Betriebsrat mit schlotternden Knien gestern der Mittagsschicht zugestehen mußte. Auf dieser Versammlung muß der Streikrat für die Frühschicht gebildet werden. Vertrauensleute und andere Kollegen, die unser Vertrauen haben, müssen vorgeschlagen werden. Je mehr, desto weniger kann uns passieren. Dann sind auch die Unterschriftenlisten in sicherer Hand. Dieser Streikrat muß aber weiterbestehen nach erfolgreichem Abschluß des Streiks. Damit sofort Solidaritätsmaßnahmen ergriffen werden können, falls die Opelbosse versuchen sollten, unsere Reihen zu lichten.

Wir schlagen deshalb für die außerordnetliche Betriebsversammlung folgende Erklärung zur sofortigen Abstimmung vor:

'Wir erklären unsere unbedingte Solidarität mit allen Kollegen, die unsere Interessen vertreten. Wir sagen, diese Kollegen sprechen in UNSEREM Namen. Wir alle sind also Mitverantwortliche. Sollte einem dieser Kollegen irgendein Nachteil entstehen, so wird die Belegschaft für ihn kämpfen.'

Kollegen!
Tausend Unterschriften, unter dieser Erklärung, und Opel ist mattgesetzt. Laßt also schon am Anfang der außerordentlichen Betriebsversammlung Listen für die Unterschriften herumgehen, damit uns die Opel-Herren und die vom Betriebsrat keinen Strich durch die Rechnung machen. Wer hier die Striche zieht, sind diesmal wir!

EIN MANTA LÄUFT NUR MIT ZÜNDKERZE!
EIN STREIK LÄUFT NUR MIT STREIKRAT!

VEREINT SIND W I R DIE STÄRKEREN!"
Q: Zündkerze Extrablatt Viele von uns haben jetzt …, Bochum o.J. (25.9.1970)

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25.09.1970:
Bei Opel Bochum gibt die KPD/ML-ZB ein Extrablatt ihrer 'Presse' (vgl. 24.9.1970, 28.9.1970) mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Werner Fremd, Bochum, heraus:"
DER KAMPF GEHT WEITER!

Kollegen von der Frühschicht!

Die A-Schicht hat gestern mittag euren Streik volle acht Stunden fortgesetzt! Die Kollegen von Werk II haben sich sofort angeschlossen. In Rüsselsheim und Kaiserslautern (in Hessen bzw. Rheinland-Pfalz, d.Vf.) wurde ebenfalls der Streik aufgenommen.

Der Stand der Verhandlungen gestern Abend: Der Kapitalistenverband Gesamtmetall bietet weiter lächerliche 7% Lohnerhöhung. Die Geschäftsleitung der Adam Opel AG ist nicht bereit, über unsere Forderung nach 100% Weihnachtsgeld überhaupt zu diskutieren; die Kapitalisten überlegen nur eine Umverteilung der für die Weihnachtsgratifikation freigegebenen 40 Millionen. Heute 9 Uhr setzt im IGM-Haus der Gesamtbetriebsrat seine Konferenz fort.

KOLLEGEN, BLEIBEN WIR HART IN UNSEREN FORDERUNGEN, EINHEITLICH IM KAMPF!

- 15% LOHNERHÖHUNG BEI DEN TARIFVERHANDLUNGEN!
- 100% MONATSLOHN ALS WEIHNACHTSGELD!
- VOLLE BEZAHLUNG DER STREIKSCHICHTEN!

Kollegen, wir haben gestern alle gesehen, daß wir unseren Kampf besser organisieren müssen. Dazu brauchen wir ein Streikkomitee! Gestern hat es damit noch nicht geklappt. Die beste Möglichkeit: Zwingen wir unsere V-Leute, dafür zu sorgen, daß sofort ein Streikkomitee gebildet wird!

Das Streikkomitee muß uns regelmäßig über den Verhandlungsstand informieren! Es muß dafür sorgen, daß durch alle Abteilungen Gruppen geschickt werden, die wirklich alle Kollegen zur Solidarität zwingen, damit kein Wagen mehr das Werk verläßt!

Das Streikkomitee muß die Verbindung zum Werk II aufrecht erhalten."

Auf der Rückseite werden auf Spanisch und Italienisch die Forderungen bekanntgegeben und gefordert, sich nicht von den Deutschen trennen zu lassen.
Q: Die Presse Extrablatt Der Kampf geht weiter!, Bochum o.J. (25.9.1970)

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28.09.1970:
In Bochum bei Opel wird, laut KPD/ML-ZB, nicht mehr gestreikt (vgl. 28.9.1970), nachdem sich eine Vollkonferenz von 425 Betriebsräten und IGM-Vertrauensleuten dagegen ausgesprochen hatte und nachdem am 26.9.1970 bei den Verhandlungen des Gesamtbetriebsrates mit der Geschäftsleitung zwar nicht ein volles 13. Monatsgehalt aber 71-73% davon, je nach Länge der Betriebszugehörigkeit, durchgesetzt werden konnte.
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 37, Bochum 30.9.1970

28.09.1970:
Bei Opel Bochum gibt die KPD/ML-ZB ein Extrablatt ihrer 'Presse' (vgl. 25.9.1970, 27.10.1970) mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Werner Fremd, Bochum, heraus:"
DURCHHALTEN!

Das neueste Angebot der Kapitalisten: NICHT MEHR 40 SONDERN 46 MIO. DM, d.h. ca. 70% für jeden. Allerdings für uns in Bochum nur, wenn wir wieder an die Arbeit gehen, wie es unsere Rüsselsheimer Kollegen ANGEBLICH schon gemacht haben. Kollegen, auch in den Septemberstreiks (1969, d.Vf.) haben die Kapitalisten uns vorgelogen, daß die Kollegen in den anderen Betrieben schon wieder arbeiten. So wollten sie die EINHEITLICHE KAMPFFRONT SPALTEN und unsere Kampfbereitschaft schwächen. Lassen wir uns darauf nicht ein. Jetzt haben wir schon 20% erkämpft und die vollen 100% (56 Mio. DM) werden wir auch noch erreichen. Unsere amerikanischen Kollegen streiken schon seit zwei Wochen und das Antwerpener Werk (in Belgien, d.Vf.) kann nicht mehr produzieren, weil es kein Material mehr von uns bekommt. Den GM Bossen steht die geschlossene Front der Arbeiterklasse in der ganzen Welt gegenüber, entschlossen zum Kampf FÜR DIE VOLLE DURCHSETZUNG IHRER FORDERUNGEN. Deshalb: DURCHHALTEN!

Kollegen, Rudi Hahne sagte noch Mittwoch: wir fordern 15% mehr Lohn, den 13. Monatslohn und die Bezahlung der Streikschichten. Und jetzt haben wir gehört, daß die V-LEUTE NACH DEM 46 MIO.-ANGEBOT AM SONNTAG ANGEWIESEN WURDEN, ZU VERSUCHEN, UNS WIEDER AN DIE ARBEIT ZU SCHICKEN. Wenn die V-Leute damit kommen, müssen wir ihnen gleich die richtige Antwort geben. Beim Preßwerkstreik im Mai (vgl. 22.5.1970, d.Vf.) haben wir uns auf Verhandlungen verlassen; hätten wir damals im Kampf durchgehalten, hätten wir den 13. Monatslohn schon. Wenn wir uns jetzt wieder abspeisen lassen, können wir auch gleich von den 15% Abstriche machen. Ob 15% oder 13. Monatslohn, beides setzen wir NUR IM KAMPF durch. Wenn die V-Leute und Betriebsräte uns jetzt mit 70% ans Band schicken wollen, dann werden die IGM Bonzen uns im Tarifkampf auch 10% als Sieg vorgaukeln. So haben sie für die Metaller in Hessen, also auch für unsere Kollegen in Rüsselsheim, einer 10% LOHNERHÖHUNG und einer ERHÖHUNG DES ECKLOHNS AUF 4, 36 DM zugestimmt (vgl. 27.9.1970, d.Vf.). Kollegen, die SPD-Regierung raubt uns mit ihrer arbeiterfeindlichen Politik das Geld aus der Tasche und die Gewerkschaftsbonzen versuchen uns im Kampf für unsere berechtigten Forderungen abzuwiegeln.

DESHALB KOMMT ES NUR AUF UNS SELBER AN. Wir dürfen uns auf niemanden verlassen, keinen Verhandlungen trauen. Nur im entschlossenen Kampf setzen wir unsere Forderungen durch:

- 100% 13.MONATSLOHN
- BEZAHLUNG DER STREIKSCHICHTEN
- 15% LOHNERHÖHUNG

Kollegen, wir brauchen ein STREIKKOMITEE zur besseren Organisierung des Kampfes. In der B-Schicht übernahmen bereits am Freitag 25 Kollegen die Führung, sorgten für stündliche Information, für Kontrollmärsche durch die Abteilungen, für die Verhinderung der Auslieferung am Bahnhof usw. Sie haben es am Freitag auch geschafft, sinnlose Sauferei und Randalierung zu verhindern. Ab heute brauchen wir noch straffere Organisation, um den Opel-Bossen einheitlich entgegen zu treten. Die Kollegen, die bisher voranmarschiert sind bei unseren Kontrollgängen durchs Werk, diejenigen V-Leute, die unser Vertrauen wirklich verdienen, die Kollegen, die den Streik resolut fortsetzen, sollen als einheitliche Gruppe dafür sorgen, daß durch alle Abteilungen Gruppen geschickt werden, die wirklich alle Kollegen zur Solidarität zwingen, damit keine Wagen mehr das Werk verlassen! Das Streikkomitee muß die Verbindung zu den anderen Werken aufrecht erhalten, es muß uns regelmäßig über den Verhandlungsgegenstand informieren! Laßt euch nicht auf den faulen Trick der Geschäftsleitung ein, am Arbeitsplatz sitzen zu bleiben, damit ihr die Streikschichten bezahlt bekommt! Wir wollen ALLE die Streikschichten bezahlt haben, deshalb kommt mit raus, helft uns die Forderungen durchzusetzen, laßt euch nicht abspalten! Laßt die Meister, die euch beschwätzen oder bedrohen wollen, alleine am Pult sitzen! Nur vereint setzen wir unsere Forderungen durch!"

In zwei zusammen gut zwei Drittel der letzten Seite einnehmenden Texten auf Italienisch und Spanisch ("Colleghe e Colleghi!" bzw. "Companeros y Companeras!") wird u.a. darauf hingewiesen, daß in der Metallindustrie der 'BRD' über 100 000 ausländische und deutsche ArbeiterInnen streiken.
Q: Die Presse Extrablatt Durchhalten, Bochum (28.9.1970)

Oktober 1970:
Die Nr. 9 des 'Roten Morgens' der KPD/ML-ZK (vgl. Sept. 1970, Okt. 1970) erscheint. Im zweiten Leitartikel heißt es zur MTR auch:"
NIEDER MIT DEM VERRAT DER IG METALL!

Wie läßt es sich erklären, daß zahlreiche Gewerkschaftsfunktionäre und Betriebsräte, die gleichzeitig entweder SPD- oder DKP-Mitglieder sind, in Kampfsituationen die Seite des Kapitals einnehmen, mit allen Mitteln abzuwiegeln versuchen und den Arbeitern weismachen wollen, die Gewerkschaft mache das schon, sie können sich ruhig auf sie verlassen?

Es sind keine vereinzelten Fehler, wenn sie an die Streikenden appellieren, sich nicht durch 'Außenstehende' provozieren zu lassen und selbständige Kampfmaßnahmen zu ergreifen. Oder wenn sie den streikenden Arbeitern empfehlen, die Arbeit wieder aufzunehmen, denn dann könnten sie mit einem Weihnachtsgeld rechnen, das zwischen 71 und 73% eines Monatseinkommens liegt (so geschehen bei Opel)."
Q: Roter Morgen Nr. 9, Hamburg Okt. 1970

01.10.1970:
Eine Extra-Ausgabe der 'Zündkerze' - Betriebszeitung der Roten Opel-Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK erscheint, laut einer handschriftlichen Datierung, heute in Bochum (vgl. 25.9.1970, 2.10.1970) mit zwei Seiten DIN A 4. Uns liegt eine Ausgabe mit eingedrucktem rotem Mao-Kopf, gedrängter Textdarstellung und einer halben Seite auf Spanisch vor sowie eine andere, lediglich schwarzgedruckte Ausgabe mit ausschließlich deutschen Text, der aber identisch ist:"
KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN!
Heute vor einer Woche begann unser Streik für volle 100% eines 13. Monatsgehaltes. Doch fragen wir heute, was davon übriggeblieben ist, so kommt man aus der ganzen Rechnerei nicht wieder heraus. Zwar haben einige Kollegen gesagt, 71% seien auch schon ganz schön, aber schaut man sich die Sache genauer an, so trifft dies in keiner Weise zu. Die Weihnachts'gratifikation' wird noch nicht einmal das wettmachen, was uns an Preiserhöhungen Weihnachten erwartet.

Im letzten Jahr wurden 180 Stunden für die Berechnung zugrundegelegt. In diesem Jahr sind es nur noch 173, 3 als 6, 7 Stunden gleich ca. 4% weniger.
Das bedeutet, daß die 150 DM nur noch 144
die 300 DM nur noch 288
die 71% nur noch 67%
die 73% nur noch 69% usw. wert sind. (Außerdem: Warum sind nicht die wirklich von uns geleisteten Stunden, z.B. am Samstag, berechnet worden?) Hinzukommt dabei noch, daß dies alles auf den alten Lohn, nicht auf den neuen angerechnet werden soll, der jetzt ausge'handelt' wird. Gehen wir davon aus, daß wie in anderen Tarifbezirken der Ecklohn von 4, 38 DM auf 4, 50 vorwegangehoben werden soll und die IGM uns wie in Hessen usw. zum 'freiwilligen Verzicht' auf 5% bewegen will, so heißt das, daß die Prozente noch mehr schrumpfen.

Legen wir einen Lohn von 1 000 DM brutto zugrunde (entspricht etwa der Lohngruppe C gleich 5, 81 DM bei Opel), so wird der neue Lohn ab 1. Oktober wahrscheinlich 1 078 DM sein. Dieser Lohn aber hätte eigentlich für das Weihnachtsgeld als Grundlage gelten müssen. 71% nach diesem Lohn wären dann 'immerhin' noch 760 DM.

Doch schön wärs! Nach unserer Rechnung gibt es nur 67% von 1 000 DM, d.h. sage und schreibe 670 DM. Auf die Differenz zwischen 760 und 670 DM läßt man uns großzügigerweise verzichten.

Vertieft man sich allerdings noch mehr in diese Zahlen, so wird einem Angst und bange: Wer bekommt z.B. von den über 55 000 Belegschaftsmitgliedern bei Opel die für alle geforderten 100%?? Ganze 850! Davon sind 800 in Rüsselsheim, der Rest verteilt sich auf Kaiserslautern und Bochum.

WOZU DIESE GANZE RECHNEREI?

ERSTENS deshalb, um zu zeigen, wie 'großzügig' Opel uns gegenüber ist. Aber das pfeifen ja schon die Spatzen von den Dächern, daß uns hier und auch anderswo nichts geschenkt wird. ZWEITENS vor allem aber deshalb, weil der Betriebsrat und die meisten Vertrauensleute zwar immer wieder laut getönt haben, das Erreichte sei ja gut, mehr sei nicht dringewesen. Wenn man allerdings einmal genauer hinter diese Kulissenschieberei sieht, merkt man erst, warum immer mit diesen Zahlen jongliert und angegeben wird: Damit ja kein Kollege diesen Herren auf die Schliche kommt!

Wer von uns hat schon so viel Zeit, wirklich alles einmal nachzurechnen. Und ob nach der ganzen Rechnung alles stimmt, ist dann immer noch nicht klar: weil Betriebsleitung und Betriebsrat mit verdeckten Karten spielen. Wer allerdings vom Betriebsrat verlangt, mit offenen Karten zu spielen, der verlangt, daß Tote auferstehen.

BEZAHLUNG DER STREIKSCHICHTEN? ABER WIE?

Aber damit nicht genug. Nicht nur hinsichtlich des Weihnachtsgeldes durften wir 'freiwillig verzichten', sondern auch in Bezug auf unsere freien Samstage. Erst hat der Betriebsrat den Mund aufgerissen, er werde sich hart dafür einsetzen, daß die Streikschichten bezahlt werden (wie beim Bochumer Verein (Krupp BV, d.Vf.) und den Streiks im letzten Herbst). Jetzt versucht er uns einen seiner typischen 'Kompromisse' zu verkaufen: Wir sollen bis Weihnachten alle 14 Tage Samstags arbeiten, dann würden auch die Streikschichten bezahlt. Er meint, wir sollten so behandelt werden wie dumme Schuljungen: Bei Unfug muß zur Strafe nachgesessen werden. Wie allerdings Weihnachtseinkäufe usw. erledigt werden sollen, ist Betriebsleitung und Betriebsrat egal. Hauptsache der Rubel rollt - für Opel!

WAS KÖNNEN WIR DAGEGEN TUN?

Zwar haben wir seit Montag keinen Streik mehr, aber die Gelegenheit, gegen diese Schiebereien anzugehen, ist noch längst nicht vorüber. Das zeigt die Stimmung im Betrieb und die ganzen Streiks in den letzten Tagen. Unser erstes Anliegen müßte sein, einen genauen Überblick darüber zu bekommen, wer mit den Verhandlungs'ergebnissen' einverstanden ist oder nicht. Das würde bedeuten

1) Abstimmung auf der heutigen Betriebsversammlung über Annahme oder Ablehnung (dazu eine Unterschriftensammlung, damit alle Kollegen erreicht werden können)

2) Eine Betriebsversammlung für die Frühschicht, die ihr rechtlich zusteht, mit dem gleichen Inhalt (notfalls eine extra Unterschriftensammlung laut Betriebsverfassungsgesetz (BVG) zur Durchsetzung dieser Versammlung)

Durchführen sollten dies alles die Vertrauensleute und Kollegen, die sich nicht zum Handlanger von Betriebsrat und IGM machen möchten.

Bei Ablehnung des Verhandlungsergebnisses bedeutet dies: Beibehaltung unserer bisherigen Forderungen:
1) 100% GLEICH 13. MONATSGEHALT
2) BEZAHLUNG DER STREIKSCHICHTEN OHNE SAMSTAGSSCHICHTEN
3) 15% GLEICH 1 DM LOHNERHÖHUNG FÜR ALLE BZW. 180 DM FÜR ANGESTELLTE."
Q: Zündkerze Extra Heute vor einer Woche begann unser Streik …, Bochum o.J. (1.10.1970)

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01.10.1970:
In Bochum findet bei Opel eine Betriebsversammlung (BV) statt, auf der die Kollegen, laut KPD/ML-ZB, ein minutenlanges Pfeifkonzert gegen den BR-Vorsitzenden Perschke veranstalten, als dieser das Ergebnis der Verhandlungen mit der Geschäftsleitung bekanntgibt. Dieser habe behauptet, daß die erreichten 70% des 13. Monatslohnes plus der 30% Urlaubsgeld doch 100% ausmachten. Aber nur die Kollegen, die bereits seit 1930 oder länger im Werk seien bekämen einen vollen 13. Monatslohn. Das seien gerade mal 850 der insgesamt 56 000 Opelkollegen. Außerdem werden die 70% vom alten Lohn berechnet. Der Betriebsrat sei noch nie zuvor so scharf angegriffen worden.

Laut KPD/ML-ZK handelt es sich um die eigentlich für den September fällige Versammlung, die aber zwecks Ausschaltung der Belegschaft in der Metalltarifrunde (MTR) hinausgezögert worden sei:"
DSCHUNGELTAKTIK - BERICHT ÜBER DIE LETZTE BV

Die Eingangshalle von D4 war voll. Voller als sonst bei einer BV. Auch von der A-Schicht waren mehr geblieben als sonst. Jeder wollte endlich genau wissen, was seit dem Streik gespielt wurde. Die Stimmung war dementsprechend geladen, um nicht zu sagen explosiv. Schwere Zeiten also für den Betriebsrat. Hier galt es: Hatte er bei der IGM-Rednerschulung gelernt oder gepennt. Denn: Des Betriebsrats Gegner, das war die BV! Schon bevor Gantenberg (2. Vors.) seine üblichen Begrüßungsworte loswerden konnte, setzte ein minutenlanges Pfeifkonzert ein. In diese 'freundliche' Stimmung hinein geriet nun 'Kollege' Perschke. Ehe er sich recht versah, passierte ihm das gleiche 'Mißgeschick' wie Gantenberg. Seine 3/4-stündige Rede hatte praktisch immer dasselbe Thema: die Weihnachtsgeldfrage und wie unschuldig der BR an deren 'Lösung' war. So erklärte Perschke: '73% Weihnachtsgeld und dazu das Urlaubsgeld, Kollegen, das sind doch auch 100%.'"
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 38 und 39, Bochum 3.10.1970 bzw. 7.10.1970, S. * bzw. S.*; Die Presse Extrablatt Heute Betriebsrätevollkonferenz und Nr. 2, Bochum o.J. (24.9.1970) bzw. o.J. (27.10.1970), S. 2 bzw. S.3;Zündkerze Extra Heute vor einer Woche begann unser Streik …, Nr. 4 und Nr. 5, Bochum o.J. (1.10.1970), Sept. 1970 bzw. o.J. (Nov. 1970), S. 1, S. 4 bzw. S. 2ff

27.10.1970:
In Bochum gibt die Opel-Betriebsgruppe der KPD/ML-ZB 'Die Presse' Nr. 2 (vgl. 28.9.1970, 22.1.1971) laut einer handschriftlichen Datierung heute heraus mit einem:"
LESERBRIEF EINES KOLLEGEN:

Der Betriebsrat und die Gewerkschaftsführer haben uns ganz schön angeschmiert. Keine unserer Forderungen ist durch.

Weder 100% Weihnachtsgeld noch 15% Tariferhöhung. Ihr Kommunisten wollt die Ausbeutung abschaffen und das Privateigentum an Produktionsmitteln."

Im letzten Artikel wird ausgeführt:"
HEILIGABEND-SCHICHT - BESCHERUNG DER ARBEITERVERRÄTER IM BETRIEBSRAT

Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben durch unseren Streik insgesamt 46 statt der geforderten 56 Millionen DM Weihnachtsgeld durchgesetzt. der Betriebsrat hat das als großen Sieg seiner Verhandlungstaktik gefeiert. Er wollte uns auf der Belegschaftsversammlung (vgl. 1.10.1970, d.Vf.) weismachen, daß er in diesem Streik unsere Interessen vertreten hätte.

Wie sieht das in Wirklichkeit aus? Nicht durch die Verhandlungen, sondern NUR durch unseren Kampf bekommen wir mehr Geld. Es ist ein Hohn, wenn das Ergebnis als Verhandlungssieg gefeiert wird. Der Betriebsrat hat während des Streiks immer wieder versucht, uns an die Arbeit zu schicken. Als er ALLEIN DURCH UNSEREN STREIK zu Verhandlungen gezwungen wurde, hat er uns zusammen mit den GM Bossen betrogen. Unsere Forderungen waren:
- 100% Weihnachtsgeld - ausgehandelt wurden 71 - 100% je nach Betriebszugehörigkeitsjahren.

Das war ein gemeiner Trick, um unsere einheitliche Kampffront zu spalten.

- Volle Bezahlung der Streikschichten - dies wurde erreicht.

ABER WIE? Kurz danach wurde uns mitgeteilt, daß wir bis Weihnachten jeden Samstag auf Frühschicht eine Sonderschicht machen müssen. Damit schaffen wir den GM Bonzen den Profit, den sie durch den Streik verloren haben. Und nicht nur den!

Dadurch, daß bei uns die Produktion auf vollen Touren läuft, ersetzen wir ihnen gleichzeitig einen Teil der Profite, die ihnen durch den jetzt schon wochenlangen Streik unserer amerikanischen Kollegen bei GM (vgl. USA - 15.9.1970, d.Vf.) verloren geht. So machen sie uns zum Streikbrecher unserer amerikanischen Kollegen.

Kolleginnen und Kollegen. Diese SPD-Verräter in unserem Betriebsrat haben noch nicht einmal davor zurückgeschreckt, einer Schicht an heilig Abend zuzustimmen.

Wir alle haben Familie, viele Frauen müssen mitarbeiten. Wie stellen sich die Herren Betriebsräte es eigentlich bei uns am Heilig Abend vor?

Wann sollen wir die Vorbereitungen treffen? Wir müssen die Wohnung putzen, das Essen und die Bescherung vorbereiten. Diese Unverschämtheit können wir uns nicht bieten lassen. Viele Kolleginnen haben das auch direkt gesagt: z.B. in der Elektromontage, im Preßwerk, in der Näherei und in der Küche. Sie sind zu einem großen Teil bereit, dafür zu kämpfen. Aber es reicht nicht, wenn die Frauen allein die heilig Abend Schicht verweigern. Das wäre den Bonzen gerade recht, uns wieder einmal gegeneinander auszuspielen. Kollegen, nach acht Stunden Knochenmühle kann keiner mehr richtig Weihnachten feiern. Wenn Nachmittags die Vorbereitungen in großer Hetze getroffen werden, die Geschäfte zu sind, so daß Kleinigkeiten, die vergessen worden sind, nicht mehr gekauft werden können, wenn man von der Arbeit so kaputt und nervös ist.

Kolleginnen und Kollegen, diese Lehre müssen wir aus unserem Streik ziehen. Nur im gemeinsamen Kampf setzen wir unsere Forderungen durch: Die Heilig Abend Schicht muß verlegt werden!"
Q: Die Presse Nr. 2, Bochum o.J. (27.10.1970)

23.11.1970:
Bei den Kabelwerken Reinshagen (KWR) in Bochum erscheint vermutlich in dieser Woche ein Flugblatt der Roten Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK und ihrer Roten Garde (RG):"
KRISENBAROMETER AUF STURM

LETZTE MELDUNG: IN EIGENER SACHE

In der letzten Zeit versuchen Gewerkschaftsbonzen im Verein mit Betriebsleitungen, Ministern und Polizei uns immer mehr Schwierigkeiten zu machen. So haben sie bei OPEL Schlägertrupps eingesetzt (vgl. 9.11.1970, d.Vf.), die die Verteilung der 'Zündkerze' (Betriebszeitung der Roten Opel-Betriebsgruppe der KPD/ML) verhindern sollten. Viele Kollegen waren darüber empört und der stellvertretende Vertrauensleutevorsitzende wurde zur Rede gestellt, er hatte ebenfalls mit der Sache zu tun gehabt. Die Herrschaften haben deshalb große Angst vor der 'Zündkerze' und der KPD/ML bekommen, weil diese im Streik entschieden die Forderungen der Kollegen nach 15% Lohnerhöhung und 13. Monatslohn unterstützt und die Verrätereien von Betriebsrat und Gewerkschaft aufgedeckt haben.

Nun versuchen sie mit allen Mitteln, den Druck von Betriebszeitungen der KPD/ML zu verhindern."
Q: KPD/ML-ZK und RG-RBG Reinshagen: Krisenbarometer auf Sturm, Bochum o.J. (1970)

10.12.1970:
In einem Leserbrief an die 'Zündkerze' (vgl. 27.1.1971) der Roten Opel-Betriebsgruppe (RBG) Bochum der KPD/ML-ZK heißt es:"
AUSSENSEITER IN LEISTUNG UND KOMFORT.

So preist die Adam Opel AG seit dem Herbst 1970 ihre neuen Ascona-Modelle an. Ein Außenseiter ist die Adam Opel AG tatsächlich in der BRD, einmal: in der Höhe des Profits. Da liegt Opel mit an der Spitze; zum anderen: in der Lohnskala liegt Opel hinter VW usw. erst an vierter Stelle. In der Zahlung des Weihnachtsgeldes an letzter Stelle. Erhöhungen des Weihnachtsgeldes müssen bei Opel durch Streiks erkämpft werden.

Während es im Bergbau gang und gäbe war, Heiligabend und Sylvesterschichten herauszuholen, ja sogar die Tage dazwischen, ging Opel dazu über, den Heiligabend und Sylvester arbeiten zu lassen. Den Grund dafür kann man nur in der Profitgier sehen. Denn die Erfahrungen der Vergangenheit lehren, daß entgegen dem Verbot, vor solchen Schichten viel Alkohol getrunken wurde, um wieviel mehr erst an diesen Tagen selbst. Opel aber interessiert dies niemals. Was die Leistung anbelangt, zahlt Opel dort, wo es eben möglich ist, kein Kindergeld. Opel ist eines der wenigen Unternehmen, das keine Fahrgelderstattung leistet, vom Einsatz werkseigener Busse ganz zu schweigen. Während Opel in regelmäßigen Abständen seine Verkaufspreise erhöht, senkt sich mit regelmäßigen Abständen der Kaufrabatt für Werksangehörige.

Opel - Außenseiter in Leistung und Komfort. Darunter muß man auch die leidige Lohnzahlung betrachten: es geht nicht an, daß Kollegen, aus welchen Gründen auch immer, am 10. Dezember noch nicht über ihr Weihnachtsgeld, am 15. noch nicht über ihren Lohn verfügten!

Es geht auch nicht an, daß bei gleicher Arbeit unterschiedliche Löhne gezahlt werden - die Überprüfung der Operationsnummern ist dringend erforderlich - ganz zu schweigen von der selbstherrlichen Verteilung der Leistungszulagen durch die Meister!

Einst pries sich die Adam Opel AG als das modernste Automobilwerk Europas. Inzwischen aber hat sich Opel zu einem Außenseiter entwickelt - einem Außenseiter betreffs 'freiwilliger' Leistungen und Arbeitsbedingungen."
Q: Zündkerze Nr. 6, Bochum o.J. (1971), S. 10

18.12.1970:
Laut KPD/ML-ZK finden heute Teilbelegschaftsversammlungen (BV) bei Opel Bochum statt. Die Rote Opel-Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK berichtet:"
DIE 12 SCHEINHEILIGEN LÜGEN DES GESAMTBETRIEBSRATES

1. PUNKT: Dreizehnter Monatslohn für alle, die ein Jahr im Betrieb bleiben. Als WIR streikten, hatte Perschke nichts Eiligeres zu tun als unseren Streik zu sabotieren und zu zerschlagen (… (vgl. 24.9.1970, d.Vf.)). Den Opel-Bossen gegenüber zahm wie Fernsehlöwe Clarence, uns gegenüber ein Arbeiterdompteur - das war Perschke, wie er leibt und lebt.

Was heißt das: 'alle, die ein Jahr im Betrieb sind'?

Seit Bestehen dieses Werkes hat die Belegschaft schon einmal gewechselt. Wer es hier ein Jahr aushält, bekommt das Weihnachtsgeld. Besser konnte es sich Opel gar nicht einrichten:

Für so ein paar lumpige Kröten - denn das sind sie, gemessen an unserer Schufterei - sollen wir uns ein ganzes Jahr an den Betrieb fesseln lassen. Wer da nicht mitmacht, muß halt verzichten. So wollen es die Opel-Bosse. Und Perschke gibt dazu seinen Segen."

Laut KPD/ML-ZB fanden die Betriebsversammlungen bereits gestern und vorgestern statt. Die KPD/ML-ZB (vgl. 22.1.1971) äußert sich zu den Lobpreisungen des BVG und einer Veranstaltung der SPD Bochum-Querenburg zu MTR bzw. STR der IGM (vgl. 15.10.1970) und führt aus:"
ZUR BETRIEBSVERSAMMLUNG AM 16./17. DEZEMBER

Halten wir nur zwei wichtige Ergebnisse der beiden Versammlungen in Werk 1 und 2 fest; die zu erwartenden Protokolle veröffentlichen sowieso nur das, was den sogenannten 'Interessenvertretern' im Betriebsrat paßt.

1. Das Zwölf-Punkte-Programm des Gesamtbetriebsrats für 1971 enthält an erster Stelle: 13. Monatslohn Weihnachtsgeld für alle!"
Q: Die Presse Nr. 1, Bochum 22.1.1971, S. 3ff; Zündkerze Nr. 6, Bochum o.J. (1971), S. 1ff

12.05.1971:
Die Rote Opel-Betriebsgruppe (RBG) Bochum der KPD/ML-ZK richtet einen Brief an die Opel-Betriebsgruppe der KPD/ML-ZB (vgl. 28.4.1971) bzw. der Gruppe Rote Fahne Bochum:"
Liebe Kollegen!

Ihr schreibt in Eurer Antwort auf unser letztes Gesprächsangebot:
'Wir sind zu Bündnissen in konkreten Fällen im Interesse der Arbeiterklasse bereit, wenn sich ein gemeinsames Ziel ergibt. (Wie z.B. der Kampf um einen roten 1. Mai oder eine konkrete betriebliche Verbesserung).'
Das war immer unsere Meinung. Durch unsere Teilnahme an der 1. Mai-Demonstration der Gruppe 'Rote Fahne/Bochum' in Dortmund haben wir praktisch gezeigt, daß wir es mit unserem Bündnisangebot ernst meinen. Unser Angebot erneuern wir mit diesem Brief. Wir schlagen Euch konkrete Gespräche vor über:
a.) den Kampf gegen das Punkte-Bewertungssystem,
b.) die im Herbst (oder schon im Sommer??) anstehenden Tarifverhandlungen (MTR, d.Vf.).

Wie der Streik im letzten Herbst (vgl. 24.9.1970, d.Vf.) gezeigt hat, war sowohl Eure wie auch unsere Forderung: 15% Lohnerhöhung und 13. Monatslohn."
Q: Zündkerze Extrablatt Notwendiger Kampf oder prinzipienlose Spaltung?, Bochum o.J. (1971), S. 10

01.06.1971:
Die Nr. 6 der 'Presse', Betriebszeitung der KPD/ML-ZB bei Opel Bochum für Juni erscheint vermutlich Anfang des Monats. Enthalten ist ein Artikel zur KPD/ML-ZK ('Die Zündkerze'), die ja jüngst zur KPD/ML-ZB Stellung nahm (vgl. 10.5.1971):"
Was tun gegen die Gewerkschaftsführer. Über einen wichtigen Unterschied zur 'Zündkerze' der Gruppe Roter Morgen." In dem Artikel wird gegen Auffassungen der KPD/ML-ZK polemisiert:"
Wir sehen und erleben im Betrieb täglich den Verrat der Gewerkschaftsführer und ihrer Funktionäre. Im September 70 haben sie unseren Streik für volle 15% und für den 13. Monatslohn abgewürgt, um unsere Forderungen verraten zu können.2
Q: Die Presse Nr. 6, Bochum 1971

21.06.1971:
Ein vierseitiges Extrablatt der 'Zündkerze' - Betriebszeitung der Roten Opel Betriebsgruppe (RBG) Bochum der KPD/ML erscheint vermutlich in dieser Woche (vgl. 24.5.1971, 28.6.1971) mit einem Leitartikel zum Verbotsantrag der IGM Duisburg gegen 'maoistische' Gruppen (vgl. 4.6.1971). Von diesem wird berichtet und fortgefahren:"
Wenn wir uns also auf die diesjährigen Tarifkämpfe vorbereiten, so dürfen wir eines nicht übersehen: daß sowohl für unsere Gegner als auch für uns selbst mehr auf dem Spiele steht als im letzten Jahr. Kein Kapitalist, keine kapitalistische Regierung und kein Bonze wird es unbeantwortet zulassen, wenn die Arbeiterklasse wieder zu erwachen beginnt. Wenn Kommunisten mehr und mehr an Boden gewinnen, weil viele fortschrittliche Arbeiter schon jetzt nur noch die Alternative Kommunistische Partei sehen. Es geht also nicht nur um Prozente, um 13. Monatslohn usw., es geht vor allem um POLITIK!"
Q: Zündkerze Extrablatt IGM stellt Verbotsantrag gegen KPD/Marxisten-Leninisten!, Bochum o.J. (1971)

01.07.1971:
Eine Extra-Ausgabe der 'Zündkerze' - Betriebszeitung der Roten Opel Betriebsgruppe (RBG) Bochum der KPD/ML-ZK (vgl. 28.6.1971, 5.7.1971) erscheint mit einem Hauptartikel zur heutigen Betriebsversammlung:"
EIN FEINES SÜPPCHEN…

Perschke und seine Mannschaft sollen offen sagen, ob sie zu unseren 15%, zum 13. Monatslohn stehen oder nicht. Er soll sagen, wie er zur Lohndiktat-Politik der Unternehmer UND der Bonzen in SPD und DGB steht."

Veröffentlicht werden auch folgende:"
FORDERUNGEN

- 13. Monatslohn FÜR ALLE. Der Kaufmann um die Ecke wird nämlich doof gucken, wenn man ihm sagt: 'Ich bin noch kein Jahr bei Opel. Die Preissteigerung bezahle ich dann nächstes Jahr.'"
Q: Zündkerze Extra Ein feines Süppchen, Bochum o.J. (1.7.1971)

01.07.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet von den Betriebsversammlungen bei Opel Bochum:"
Auf der Betriebsversammlung bei Opel in Bochum versuchte der Betriebsratsvorsitzende Perschke, der sich schon im letzten Jahr beim Abwürgen der Streiks hervorgetan hatte, die Kollegen zu vertrösten: die Tarifverhandlungen (MTR, d.Vf.) begännen doch ERST IM OKTOBER. Er leistete sich dabei aber einen bezeichnenden Versprecher: die Tarifrunde begänne im 'Au… Oktober!'

Der 13. MONATSLOHN, für den die Opel-Kollegen letztes Jahr geschlossen gestreikt haben, soll jetzt in einem DREIJAHRESPLAN durchgesetzt werden!"

Die Rote Opel Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK rief auf (vgl. 1.7.1971) und berichtet (vgl. 5.7.1971):"
PERSCHKE AUF DER BETRIEBSVERSAMMLUNG: 'TARIFVERHANDLUNGEN IM AUG… OKTOBER!'

Kolleginnen und Kollegen, die BV hat uns zwar keinen 13. Monatslohn, dafür aber von Perschke kreiert einen 13. Monat gebracht, den Aug… Oktober, in dem die Tarifverhandlungen stattfinden sollen.

MÄRCHEN VOM HARTEN KAMPF UM DEN 13. MONATSLOHN

Wie sieht es zum Beispiel mit dem 13. Monatslohn aus: 'Kollege' Perschke kam gerade aus Rüsselsheim zurück und berichtete ein Märchen vom 'harten Kampf' mit der Geschäftsleitung, das so dramatisch war, daß es uns FAST zu Tränen rührte. Aber trotz aller Dramatik konnte er eines nicht vertuschen: daß nichts erreicht wurde. 13. Monatslohn in einem Drei-Jahres-Stufenplan, bekommen soll es der, der 20 Jahre bei Opel arbeitet. Die anderen sollen sich mit 81 bzw. 85% zufrieden geben. Die gleiche dramatische Schau zog der 'Kollege' Lorenz auf der BV in Rüsselsheim ab. Ob die beiden das wohl vorher geübt haben, mit Cunningham als Lehrer?

Ganz anders sehen auch hier die Forderungen in der verabschiedeten Resolution aus.
1. Volles 13. Monatsgehalt, -lohn hier und jetzt für alle;
2. Übernahme der Parkplatzversicherung durch Opel,
3. Sechs-Stunden-Schicht an arbeitsfreien Tagen bei vollem Lohnausgleich.
4. Für eine Klimaanlage und Tee für alle."
Q: Zündkerze Perschke auf der Betriebsversammlung und Extra Ein feines Süppchen, Bochum o.J. (1971) bzw. o.J. (1.7.1971), S. 1ff bzw. S. 1ff; Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 51 und 53, Bochum 7.7.1971 bzw. 14.7.1971, S. 8 bzw. S. 5 und 7

05.07.1971:
Vermutlich heute gibt die Rote Opelbetriebsgruppe der KPD/ML-ZK erstmals bei Opel Rüsselsheim ihre 'Zündkerze' (vgl. 7.7.1971) heraus, die die Nr. 3 trägt, da die Nummerierung vom bisherigen 'Roten Metaller' (vgl. 11.5.1971) fortgeführt wird. Im Leitartikel heißt es:"
LOHNKAMPF 1971

Forderungen:
1. 15% gleich 1 DM ab 1.10.1971
2. Tarifliche Absicherung des Effektivlohns
3. 13. Monatslohn (tariflich abgesichert)
4. Volle Bezahlung des 24.12. und Sylvester
5. Wegfall der Lohngruppen 1 und 2
6. Voller Lohnausgleich bei 6 Std. Samstagsschicht
7. Weg mit dem Punktebewertungssystem: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit"
Q: Zündkerze Nr. 3, Rüsselsheim o.J. (1971)

23.08.1971:
Laut KPD/ML-ZK soll eine Opel-Gesamtbetriebsratskonferenz in Berlin beginnen, die bis zum 25.8.1971 dauert. Aus Rüsselsheim berichtet die Rote Opelbetriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK:"
Kollegen, die richtigen Forderungen haben wir schon in der letzten Zündkerze (vgl. 7.7.1971, d.Vf.) proklamiert:
1. 15% gleich 1 DM mehr ab 1.10.1971
2. tarifliche Absicherung des Effektivlohns
3. 13. Monatslohn (tariflich abgesichert)
4. Wegfall der Lohngruppen 1 und 2
5. Volle Bezahlung des 24.12. und Sylvester
6. Voller Lohnausgleich bei 6 Stunden Samstagsschicht
7. Weg mit dem Punktebewertungssystem - Gleicher Lohn für gleiche Arbeit"

Die Bochumer RBG berichtet (vgl. 16.9.1971) über die SPD-BG Arso und den BR-Vorsitzenden Perschke:"
In Berlin haben sie toll verhandelt, der Berg ist gekreist, geboren hat er eine Maus. Von den in der letzten BV aufgestellten Forderungen wurde kaum ein Antrag wirklich behandelt. Zum 13.Monatslohn forderte z.B. die V-Leute-Körperleitung Rüsselsheim, 'sich für die Zahlung eines 13.Monatseinkommens ohne Begrenzung' einzusetzen. Anmerkung der Antragskommission des GBR: 'Annahme empfohlen, aber 'ohne Begrenzung als Weihnachtsgratifikation' streichen'. In dieser Art gehts dann weiter, was die Anträge betrifft. Und fragt Perschke auf der BV, was er hinsichtlich des tariflichen Urlaubs (Weihnachten, Sylvester) durch'gesetzt' hat, ihr werdet staunen!!"
Q: Zündkerze Perschke auf der Betriebsversammlung, Extranummer Kampf der Bonzendiktatur! und Nr. 11, Bochum o.J. (1971), S. 9, S. 2 bzw. S. 3; Zündkerze Extrablatt, Rüsselsheim 18.8.1971, S. 1ff

26.08.1971:
Bei Opel Rüsselsheim erscheint die Nr. 7 des 'Revolutionären Kampf' (RK - vgl. Juli 1971, 8.9.1971) mit dem Artikel "Wie kommt man zu 200 DM ohne Arbeit?" zum Weihnachtsgeld.
Q: Revolutionärer Kampf Nr. 7, Frankfurt 26.8.1971, S. 4

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September 1971:
Vermutlich im September gibt die JBG Opel Bochum des KJVD der KPD/ML-ZB ein Extrablatt der 'Presse' heraus:"
TROTZ JUGENDVERSAMMLUNG: VERTRAUEN AUF DIE EIGENE KRAFT!

DIE JUGENDVERSAMMLUNG - EIN ERFOLG FÜR UNS?

Heute ist in Werk 2 und übermorgen in Werk 1 die Jugendversammlung, die schon seit vier Wochen überfällig ist. Bisher hat uns Schneller erfolgreich ruhig gehalten, hat er uns davon abgehalten, Forderungen aufzustellen und über die Metalltarifrunde (MTR, d.Vf.) zu diskutieren. Jetzt die Forderungen für die Lehrlinge von der großen Tarifkommission schon festgelegt: Eine 'ANGEMESSENE' ERHÖHUNG UND EIN STUFENWEISES 13. MONATSGEHALT FÜR LEHRLINGE. Wie eine 'angemessene' Erhöhung aussieht, das haben wir letztes Jahr in der Metalltarifrunde gesehen, wo wir mit ein paar Mark abgespeist wurden.

Schneller geht es als treuem Diener der SPD-Regierung darum, uns zu spalten und zu verwirren: von der Durchsetzung der Lohnleitlinien wird er erst gar nicht reden, dafür aber die stufenweise Einführung des 13. Monatsgehaltes für Lehrlinge hochleben lassen. SO WILL ER UNS VOM KAMPF ABLENKEN. Er wird uns erzählen, daß es uns bei Opel ja viel besser geht als in anderen Betrieben und daß wir auch ohne Kampf viele Extras kriegen."
Q: Die Presse - Extrablatt des KJVD Trotz Jugendversammlung: Vertrauen auf die eigene Kraft, Bochum o.J. (Sept. 1971)

02.09.1971:
Bei Opel Rüsselsheim findet, laut PL/PI (vgl. 26.9.1971), die zweite Vollversammlung des IGM-VLK in diesem Jahr statt, die sich mit der Metalltarifrunde (MTR) befasst. Die Rote Opel Betriebsgruppe (RBG) Bochum der KPD/ML-ZK (vgl. 16.9.1971) berichtet vermutlich aus dieser Woche, "daß die V-Leute in Rüsselsheim in der Stadthalle folgende Resolution verabschiedet haben?:
'Die V-Leute-Vollversammlung der Adam Opel AG mißbilligt aufs schärfste die Aufstellung der 11% Forderung. Die Mitglieder sind vor der Tagung der Tarifkommission nicht befragt worden. Die 11% sind minimal und ungenügend.

Forderung:
Die 11% auf jeden Fall durchzusetzen,
13. Monatslohn,
Mitgliederbefragung und erneute Vollversammlung während der Erklärungsfrist
Veröffentlichung des Beschlusses im IGM-Mitteilungsblatt.'

Zusatzforderung:
'Tarifliche Absicherung des Effektivverdienstes.'"
Q: Klassenkampf Nachrichtendienst Nr. 4 und 5, Berlin 26.9.1971, S. 3 bzw. S. 7f; Zündkerze Extranummer Kampf der Bonzendiktatur!, Bochum o.J. (1971), S. 2

16.09.1971:
Bei Opel Bochum erscheint vermutlich in dieser Woche am Tage der Betriebsversammlung (vgl. 16.9.1971) eine Extranummer der 'Zündkerze' (vgl. Sept. 1971, 4.10.1971) der Roten Opel Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK mit dem Artikel:"
SEID UMSCHLUNGEN…

Opel-Belegschaftsversammlung: Die Lohnerhöhungen müßten 30% betragen. Cunningham: Die Lohnerhöhungen von 7, 8% in der Chemie (CTR der CPK, d.Vf.) sind maßlos.

15% mehr Lohn

Über diese berechtigte Forderung gibt es keinen Zweifel, ebensowenig wie über die Nebenforderungen wie 13. Monatsgehalt - Monatslohn

Kapital ist genug da - von uns selbst erarbeitet

Traumnote 6 wird angesteuert: 1 Milliarde Gewinn

Betrug der Umsatz 1968 noch 3, 827 Mrd. DM, so waren 1969 ca. 27% mehr, also 4, 8538 Milliarden DM.

1970 WURDEN ERREICHT: 5 126, 3 MILLIARDEN DM!

Also nach einer Produktionssteigerung von 22% im Jahre 1969 auch 1970 volle Segel voraus.

Opel ohne Olympia - dennoch olympiareif!

All die neuen Rekorde für Opel fuhr nicht der Opel-Rekord. Im Gegenteil: Produktionsverlagerungen von Bochum nach Rüsselsheim waren gang und gäbe. Und in Bochum standen 6 430 Olympia-Wagen 395 844 'Kadetten' gegenüber, 24 432 GT-Modellen 23 965 Ascona (letztere nur für Nov./Dez. Im ersten Halbjahr 1971: 66 035 Ascona).

Der große kleine oder kleine große Fisch war der Manta mit 55 393 Wagen in vier Monaten, erstes Halbjahr 1971: 70 107 Wagen.

Diesen Rekorden stand nur eine minimale Steigerungsrate der Belegschaft gegenüber. Also eine verstärkte Ausbeutung durch den Verrat von Hahne, Lorenz und Perschke, die entgegen dem Beschluß der IGM zur 40-Stunden-Woche immer wieder neue Sonderschichten genehmigten. Indem wir diesem Verrat durch unseren Streik im September 1970 entschlossen entgegentraten, konnten wir dennoch die wöchentliche Arbeitszeit von 45, 6 auf 45, 1 Stunden drücken.

45, 1 Stunden bei Opel - also
40, 0 Stunden bei der IGM (Interessengemeinschaft gieriger Mäzene)

Zwar sind es 1970 erst 244 Mio. DM, sagt Mister Cunningham. Dazu aber Abschreibungen, dann sind wir schon bei 560 Millionen DM. Dazu Rücklagen, Sozialleistungen wie Opel-Wohnungsbau, dazu Aufwendungen wie Provisionen, Spesen und Werbung, dann wäre eine Milliarde Gewinn schnell erreicht und Opel zahlte das 13. Monatsgehalt.

Da Opel aber erst 1973 den 13. Monatslohn zahlen will, errechnen wir Opel für 1970 EINEN GEWINN VON 746 MILLIONEN DM
durch verschiedene Möglichkeiten aus dem Steuerrecht, Investitionen und Bevorratung u.a."
Q: Zündkerze Extranummer Kampf der Bonzendiktatur!, Bochum o.J. (1971)

16.09.1971:
Bei Opel Bochum findet eine Betriebsversammlung (BV - vgl. 1.7.1971) statt. Die Rote Opel Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK fordert dazu morgens:"
KAMPF DER BONZENDIKTATUR!

Heute wirds vermutlich ein breites Spektrum der Meinungsmache geben, da Perschkes Solo nicht gern unten im Saal gesehen wird. Natürlich werden wir keine wirklich wichtigen Informationen bekommen, aber die FORM soll 'demokratisch' sein. Perschke wird sicherlich noch mehr Paradepferde aufmarschieren lassen wie bisher.

Haupttenor dieser Sänger: 'Reformen, Reförmchen über alles…' In Berlin (vgl. 23.8.1971, d.Vf.) haben sie toll verhandelt, der Berg ist gekreist, geboren hat er eine Maus. Von den in der letzten BV aufgestellten Forderungen wurde kaum ein Antrag wirklich behandelt. Zum 13. Monatslohn forderte z.B. die V-Leute-Körperleitung Rüsselsheim , 'sich für die Zahlung eines 13. Monatseinkommens ohne Begrenzung' einzusetzen. Anmerkung der Antragskommission des GBR: 'Annahme empfohlen, aber 'ohne Begrenzung als Weihnachtsgratifikation' streichen'. In dieser Art gehts dann weiter, was die Anträge betrifft. Und fragt Perschke auf der BV, was er hinsichtlich des tariflichen Urlaubs (Weihnachten, Sylvester) durch'gesetzt' hat, ihr werdet staunen!!

Deshalb klar und eindeutig:
Volle 15% gleich eine Mark!
13. Monatslohn, ohne 'Stufung'!
Weg mit dem Punktesystem!
Weg mit solchen Leuten, die ihre lohndiktatorischen parteipolitischen Interessen verkaufen wollen!
Kampf der Bonzendiktatur - für Vertrauen auf die eigene Kraft!"

Später berichtet die RBG der KPD/ML-ZK:"
UNSER KOMMENTAR ZUR BETRIEBSVERSAMMLUNG:
PERSCHKE ADE!

Die letzte 'Zündkerze' vor der Belegschaftsversammlung der B-Schicht sprach von einer zu erwartenden 'kleinen Schau', die Perschke und seine Kollegen vom Betriebsrat uns vorführen würden. Nicht einmal das ist ihnen geglückt - die 'kleine Schau' fiel ins Wasser und mit ihr die Dreieinigkeit Perschke - Beiske - Schulz: sie gingen baden!

Perschke und Co. mußten auf dieser wahrscheinlich letzten Versammlung der B-Schicht vor den Neuwahlen zum Betriebsrat, die 1972 (BRW - vgl. 9.5.1972, d.Vf.) stattfinden, ihre vollständige Unfähigkeit und ihren vollständigen Verrat an den Interessen der Kollegen zugeben. Die Liste ihrer Taten und Untaten ist lang: Sie trieben uns an die Arbeit, als wir 1970 (vgl. 24.9.1970, d.Vf.) für 100% Weihnachtsgeld streikten; mit einer lächerlichen Erhöhung auf 70% mußten wir uns zufrieden geben. Um uns zu beruhigen versprach Perschke uns anschließend (auf der Versammlung vom 18.12.) das Blaue vom Himmel: das berühmte 'Zwölf-Punkte-Programm', das die 'Zündkerze' zu Recht 'die zwölf scheinheiligen Lügen des Betriebsrates' genannt hat. Was daraus geworden ist, wissen wir alle: Perschke und Kumpane haben zwar etwa 'getan', aber nicht für uns, sondern für die Aktionäre! Sie 'holten was raus': statt Klimaanlage Kühlschränke, die nicht mal für alle Abteilungen reichen; statt 13. Monatslohn eventuell Zwangsurlaub zwischen den Feiertagen; statt EFFEKTIVER Erhöhung der Prämie für Sonderschichten MEHR Sonderschichten; statt Vereinheitlichung des Lohnsystems Spaltung der Arbeiter durch die Punktebewertung!

Auf der A-Schicht-Versammlung am 1.7. wurde eine Resolution von den anwesenden Kollegen verabschiedet, in der die Hauptforderungen für die jetzige Tarifrunde (MTR, d.Vf.) zusammengefaßt sind. Die B-Schicht hat eine solche Entschließung zwar nicht gefaßt, aber aus den Diskussionsbeiträgen und den Reaktionen der Kollegen darauf ging klar hervor, daß auch die Kollegen der B-Schicht für den Inhalt dieser Resolution sind:

1. Gegen Geheimverhandlungen in der Tarifrunde
2. 15% gleich 1 DM lineare Lohnerhöhung
3. Weg mit Arbeitsplatzbewertung, Leistungsbewertung und Punktesystem bei Opel
4. Abschaffung der unteren Lohngruppen
5. Absicherung der Effektivverdienste
6. Voller 13.Monatslohn/ -gehalt hier und heute für alle!
7. Übernahme der Parkplatzversicherung durch Opel
8. Sechs-Stunden-Schicht an arbeitsfreien Tagen bei vollem Lohnausgleich
9. Für eine Klimaanlage und Tee für alle
10. Weg mit dem Betriebsverfassungsgesetz!

EIN ÜBLER SPALTER

Als Perschke merkte, wie wenig die Kollegen am Widerkäuen gestriger Zeitungsartikel interessiert waren, konzentrierte er sich nur noch auf das Weihnachtsgeld. Stolz berichtete er, daß er 10 % (13, 2 Mio.) mehr für uns herausgeholt hätte. Er verschwieg aber, daß 1969 dem 40-prozentigen Weihnachtsgeld aufgrund der Samstagsschichten 185 Stunden, sowie der neue Tariflohn vom 1.Oktober zugrunde gelegt wurden. Diesmal werden wir wie 1970 mit 173, 3 Stunden und dem alten Lohn vom 30.September abgespeist, so daß effektiv nur ca. 60% herauskommen statt 81%! Und das, obwohl in der Stahlindustrie der volle 13. Monatslohn eine Selbstverständlichkeit ist. Diese Tatsachen verschwieg 'Kollege' Perschke!

Stattdessen fing er im Überschwang seines 'Erfolges' an, aus dem Nähkästchen zu plaudern und wollte uns weismachen, wir könnten zwar nicht 100%, aber doch mehr bekommen als die neue Regelung vorsieht: es könnte nämlich sein, daß die etwa 10-prozentige Erhöhung für jeden sich noch vergrößert, 'WENN IM NOVEMBER EINIGE KOLLEGEN AUSGESCHIEDEN SIND'! Das ist nun das übelste aller Spaltungsmanöver von BR und IGM bei Opel. Läuft doch diese Perschke-Idee (er soll sie mal als Verbesserungsvorschlag einreichen - 20 000 DM sind auf jeden Fall drin) darauf hinaus, daß wir uns für ein Butterbrot gegenseitig die Arbeitsplätze wegnehmen und uns freuen sollen, wenn Kollegen entlassen werden, statt in gemeinsamer Front solche Maßnahmen zu verhindern!

Kollegen, wir müssen diesen üblen Spaltern zeigen, daß wir nicht mehr auf ihre Tricks reinfallen. Organisieren wir gegen die Perschkes, Sonaks, Beiskes eine revolutionäre gewerkschaftsoppositionelle Bewegung!

Während 'Kollege' Perschke es selbstverständlich findet, daß wir auf der einen Seite beim Weihnachtsgeld mit 173, 3 Stunden abgespeist werden, beglückte er uns andererseits mit der Zustimmung des Betriebsrats für weitere drei Samstagsschichten. Der Grund sei die große Nachfrage nach Manta und Ascona. Wie besorgt ist doch Perschke um das Wohl der Firma… Als ob er nicht genau so gut wie wir weiß, daß ein großer Teil dieser so fieberhaft produzierten Autos noch gar keinen Händler hat und aufs Lager geht! 'Große Nachfrage' - also auch wieder bloß ein Scheinargument.

Der 'Ressortleiter' für Tariffragen, Beiske, 'bedauerte' zwar die Entscheidung der Tarifkommission für 9% (vgl. 27.8.1971, d.Vf.). Dabei geriet er aber ins Schleudern: auf der einen Seite behauptet er, die IGM würde sich von der Regierung ihre Forderungen nicht vorschreiben lassen, die 9% seien eine 'Mindestforderung' - Spielraum soll es also nur nach oben geben. Als ob jemals die Unternehmer den Gewerkschaften einen Lohn anbieten würden, der höher ist als deren eigene Forderung! Auf der anderen Seite erzählte er uns haarscharf, wie es in der Tarifkommission zugeht: Statt mit 15% und vollem 13. Monatslohn fängt man lieber gleich bei 11% an. Denn die Schwindelanfälle bei der Abfahrt in den Keller (6, 5, bestenfalls 7%) hätten viele Kollegen nicht verkraftet, ohne rot anzulaufen. Dann macht man eine Pause. Ein Bonze ruft nach Bonn an, ob es denn nun so recht sei. Schiller grübelt…: darf es nicht etwas weniger sein, 'Genossen', …ihr habt ja auch noch den 13. Monatslohn, den andere nicht haben, dann ist die Enttäuschung nicht so groß, wenn statt 9 nur 6, 5% herauskommen; und den 13. Monatslohn könnt ihr auch noch scheibchenweise verkaufen… Strahlend kommt der Vorsitzende der Tarifkommission zurück: 9% und den 13. Monatslohn (auf Raten)!

PERSCHKES SCHLUSSWORT: EIN RÜCKZUGSGEFECHT

Etwas kleinlauter als sonst versuchte Perschke noch etwas von seiner Position zu retten. Er gab sogar zu, daß vieles, was gesagt wurde, zutreffend sei. Aber es sei falsch, nur an seiner Person Kritik zu üben. (Soll man immer 27 Namen aufzählen??) Nach diesem kleinen Rückzugsgefecht war er wieder der alte: das Punktessystem sei ein Erfolg - Begründung: die Ungerechtigkeiten und Schweinereien, die vorher bei der Einstufung der Zeitlöhner passiert seien, wären jetzt 'tariflich abgesichert'!

Über die Weihnachtsgeldregelung habe er hart verhandelt und 15 bis 20 Mark wären als Prämie an Wochenenden ja durchaus angemessen, aber, aber… (ganz der alte Gummilöwe!)"
Q: Zündkerze Nr. 11 und Extranummer Kampf der Bonzendiktatur!, Bochum o.J. (1971), S. 1ff bzw. S.1ff

11.10.1971:
In Bochum gibt die Rote Opel Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK eine Extranummer ihrer 'Zündkerze' (vgl. 4.10.1971, 1.11.1971). Zur MTR NRW (vgl. 13.10.1971) heißt es:"
Kolleginnen und Kollegen!

Am kommenden Mittwoch beginnen in NRW die offiziellen Tarifverhandlungen für die metallverarbeitende Industrie.

Angesichts dieser Tatsache und noch eventuelle zu erwartender innerbetrieblicher Ereignisse sollten wir uns noch einmal die in diesem Zusammenhang auf Betriebsversammlungen aufgestellten wichtigsten Forderungen ins Gedächtnis rufen und bekräftigen:
1. 15% LINEARE LOHNERHÖHUNG GLEICH 1 DM
2. VOLLER 13. MONATSLOHN
3. WEG MIT LEISTUNGSBEURTEILUNG, ARBEITSPLATZBEWERTUNG UND PUNKTESYSTEM BEI OPEL!
4. ABSCHAFFUNG DER UNTEREN LOHNGRUPPEN
5. ABSICHERUNG DER EFFEKTIVVERDIENSTE, 1 000 DM GARANTIERTER NETTOLOHN MINDESTENS UND FÜR JEDEN, BEI EINHALTUNG DER 40 STUNDEN-WOCHE
6. 6 STUNDEN-SCHICHT AN ARBEITSFREIEN TAGEN BEI VOLLEM LOHNAUSGLEICH
7. ÜBERNAHME DER PARKPLATZVERSICHERUNG DURCH OPEL
8. BEZAHLUNG VON HEILIGABEND UND SYLVESTER
9. GENERELL 50% FÜR ALLE ÜBERSTUNDEN
10. BEZAHLUNG DER HALBSTÜNDIGEN PAUSE DURCH OPEL
11. RÜCKZAHLUNG DES KONJUNKTURZUSCHLAGS
12. GEGEN DAS NEUE BVG"
Q: Zündkerze Extranummer, Bochum 11.10.1971

14.10.1971:
Die Rote Opel Betriebsgruppe (RBG) Bochum der KPD/ML-ZK veröffentlicht folgenden Text:"
Offener Leserbrief
An meine Werkskolleginnen und Kollegen!

Am Donnerstag, den 14.10.1971, bekamen wir ein Schreiben der Adam Opel AG zum Thema 'ungesetzliche Streiks'

Jeder, der einen Arbeits- oder Mietvertrag kündigt, bemüht sich innerhalb der Kündigungsfrist um einen angemessenen Ersatz. So aber offensichtlich nicht die Klugscheißer der IGM. Letztere kamen in Nordbaden/Nordwürttemberg, in NRW, Berlin und Hessen ohne ein Angebot zu den Verhandlungen und erzählten: 'Die Verhandlungen können sich über einen längeren Zeitraum erstrecken.'

Über einen längeren Zeitraum müssen wir also auf das Geld, das wir zum Leben brauchen und auf die LZ-Bewertung (Leistungszulage, d.Vf.) verzichten und dürfen derweil vom mühsam Ersparten die überhöhten Preise bezahlen - auch für Opelfahrzeuge. Als Dank dafür dürfen wir dann am 10. Dezember überhöhte Steuern zahlen für Lohn, Weihnachtsgeld und Nachzahlungen. So gehts nicht weiter. Wir fordern: Rasche Beendigung der Verhandlungen, gegebenenfalls Streik. Uns was Eure Zahlungsverpflichtungen angeht, fragt im Zweifelsfalle die Personalabteilung der Adam Opel AG!"
Q: Zündkerze Nr. 12, Bochum Nov. 1971, S. 1ff und S. 10

18.10.1971:
Die Rote Opel Betriebsgruppe (RBG) Bochum der KPD/ML-ZK (vgl. 1.11.1971) berichtet vermutlich aus dieser Woche über die Reaktionen auf den bundesweiten Brief der Geschäftsleitung (vgl. 14.10.1971):"
Auch bei uns in Bochum waren einzelne Kollegen nicht untätig. Sie legten der Geschäftsleitung eine Unterschriftenliste vor die Nase, worin die Anhebung der Bandlöhne auf die Opel-Lohngruppen 7 und 8 sowie der volle 13. Monatslohn gefordert werden. (Bis jetzt haben die Herren noch keine Reaktion gezeigt. Anstatt uns mit Drohbriefen zu bepfeffern, sollten sie lieber mal was dazu sagen.) Die Kollegen in D4 und D5 meinen es jedenfalls ernst und werden sich nicht mehr so leicht durch Drohungen einschüchtern oder durch hohle Phrasen einlullen lassen. Sie erwarten von der Geschäftsleitung eine klare Antwort.

Den übrigen Kollegen haben sie ein Beispiel gegeben, wie sehr die 'leitenden Herren' sich von uns bedroht fühlen, wenn wir einig sind und uns auf uns untereinander verlassen können.

Vertrauen wir auf die Kraft unserer Klasse, die darin besteht, daß wir einig sind!

Jetzt erst recht: 15% und voller 13. Monatslohn für alle Opel-Kollegen.

UNSERE EINIGKEIT IST UNSERE STÄRKE!"
Q: Zündkerze Nr. 12, Bochum Nov. 1971, S. 4

22.11.1971:
Die Rote Opelbetriebsgruppe (RBG) Bochum der KPD/ML-ZK gibt vermutlich heute ein Extra ihrer 'Zündkerze' (vgl. 1.11.1971, 8.12.1971) heraus. Zur MTR der IGM, u.a. in NB/NW (vgl. 22.11.1971) heißt es:"
ZUR METALL-TARIFRUNDE:

Die Freude darüber, daß es am Montag in Nordbaden/Nordwürttemberg losgehen soll ist geteilt. Verschiedene Tatsachen beweisen erneut, daß die IGM-Bürokratie mit gezinkten Karten spielt. Die Metall-Tarifrunde wurde gezielt in den Winter verschleppt in der Hoffnung:

1. daß die Kapitalisten eine geschwächte Arbeiterklasse vor sich haben,

2. daß die SPD-Regierung ihr Lohndiktat auch gegen die seit 1969 gefürchteten Metall-Arbeiter durchbringen kann,

3. daß die IGM-Bonzen die rebellischen Metaller wieder unter ihre Fittiche bekommen und der Einfluß der sogenannten 'Maoisten' verdrängt wird.

Trotz großem Geschrei arbeitet sich die 'heilige Dreieinigkeit' geschickt in die Hände: die Kapitalkisten wollen, wenn es wirklich zum Streik kommt, die Löhne für die Nichtorganisierten sparen. Deshalb die Drohung mit der Aussperrung, die ALLE trifft. Die IGM-Bonzen wollen sich für ihre 'Punktstreiks' entsprechende Betriebe aussuchen, weil sie dadurch das Moos für den Vollstreik sparen. Brandt ermuntert auf dem SPD-Parteitag (vgl. 18.11.1971, d.Vf.) die Kollegen zum Streik, aber für das Lohndiktat ('hohe Lohnsteigerungen' seien 'gesamtwirtschaftlich nicht zu verkraften'). Dadurch will er Wähler unter den Arbeitern zurückgewinnen… 'falls', so Otto Brenner, 'überhaupt gestreikt wird' (!!!)

Macht aus der Tarif-Runde der Bosse und Bonzen eine Tarif-Runde der Arbeiter:
KAMPF DEM LOHNDIKTAT DES KAPITALS, SEINER SPD-REGIERUNG UND DGB-BONZEN!

15% gleich 1 DM 100% 13. Monatslohn

UNSERE EINHEIT IST UNSERE STÄRKE"
Q: Zündkerze Extra So bereitet sich die Opel-Bande auf die Krise vor, Bochum o.J. (1971)

26.03.1972:
Nach einem Bericht der KGB/E wird von gewerkschaftsoppositionellen Kollegen bei Opel-Bochum über Flugblätter zu einer öffentlichen Sitzung aufgerufen, zu der "alle Arbeiter und Angestellten eingeladen worden waren". Diese Sitzung war, laut Projektgruppe Ruhrgebietsanalyse, die Gründungssitzung der Gruppe oppositioneller Gewerkschafter (GOG). Laut KPD sind 30 bis 40 Personen anwesend. Auf der Sitzung wird ein "Programmvorschlag" diskutiert und verabschiedet, 9 Kandidaten für die Betriebsratswahl werden nominiert. U.a. enthält der "Programmvorschlag" die Forderung im Punkt "Gegen die Auswirkungen von Krise und Rationalisierung": Steuerfreies 13. Monatsgehalt.
Q: KGB/E: Zur gewerkschaftlichen Arbeit, Bochum o.J.; Projektgruppe Ruhrgebietsanalyse Bochum: Opel streikt. Ausbeutung und Kämpfe bei Opel, Bochum 1973, S. 52;Rote Fahne Nr. 40, Dortmund 7.4.1972, S. 5;Beiträge zur revolutionären Theorie Nr. 7, Bochum 1976, S. 30ff;Kommunistische Arbeiterzeitung Nr. 57, München März 1975;Erwin Bawulski: Die Septemberstreiks 1969 und ihre Folgen unter besonderer Berücksichtigung der Adam Opel AG in Bochum, Dortmund 1974

03.04.1972:
Vor Opel in Bochum wird vermutlich in dieser Woche ein Flugblatt verteilt, aus dem die KPD zitiert:"
AUS DEM FLUGBLATT DER 'OPPOSITIONELLEN GEWERKSCHAFTER DER IG METALL', OPEL/BOCHUM

GEGEN DIE AUSWIRKUNGEN VON KRISE UND RATIONALISIERUNGEN

1. 40-Stundenwoche bei garantiertem Mindestlohn von 1 250 DM!
Acht Stunden Arbeitszeit einschließlich bezahlter Pause!
Langfristiges Ziel: Siebenstundentag, Fünf-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich!
2. Sechs-Stundentag für Jugendliche unter 18 Jahren!
3. Kein Sonderschichtenzwang!
4. Runter mit den Bandgeschwindigkeiten!
5. Kein Lohnverlust bei Zwangsumsetzungen!
6. Sechs Wochen Mindesturlaub für alle! Zwei Wochen Bildungsurlaub für alle!
7. Steuerfreies dreizehntes Monatsgehalt!
8. Für Schwerbeschädigte und Gleichgestellte Verbesserungen am Arbeitsplatz und in den Kauen!"
Q: Rote Fahne Nr. 41, Dortmund 19.4.1972, S. 7; Projektgruppe Ruhrgebietsanalyse Bochum: Opel streikt. Ausbeutung und Kämpfe bei Opel, Bochum 1973, S. 52

17.03.1973:
Laut Erwin Bawulski gewinnt Rudi Wischnewski vor dem Bochumer Arbeitsgericht. Einen Vergleich in Höhe von 14 000 DM lehnt er ab. Später billigt ihm die Geschäftsleitung 7 000 DM zu. Vermutlich ebenfalls an diesem Wochenende führte die KPD auch das folgende:"
ROTE FAHNE INTERVIEW MIT DEM ENTLASSENEN KOLLEGEN WISCHNEWSKI

R. Wischnewski: Ich werde mich die ganze nächste Woche weiter selber einsetzen, außerdem bekomme ich jeden Tag Listen zugeschickt, heute waren es 137 Unterschriften.

Ich freue mich über die vielen Anrufe - obwohl ich genug um die Ohren habe - wo Kollegen fragen, wie es vorangeht. Und finanzielle Unterstützung habe ich auch schon bekommen - von Kommunisten! Das ist jetzt auch nicht unwichtig, ich soll jetzt nämlich mein Weihnachtsgeld zurückzahlen."
Q: Erwin Bawulski: Die Septemberstreiks 1969 und ihre Folgen unter besonderer Berücksichtigung der Adam Opel AG in Bochum, Dortmund 1974; Rote Fahne Nr. 12, Dortmund 21.3.1973, S. 5

August 1973:
Der RJVD des KABD (vgl. Sept. 1973) berichtet aus dem August vom Kampf für Teuerungszulagen (TZL):"
ALLE RÄDER STEHEN STILL… WENN UNSER STARKER ARM ES WILL.

Juni 1973: höchste Teuerungsrate seit Bestehen der BRD, rund 8%. Schon in den beiden vorangegangenen Tarifrunden 1971 und im Januar 1973 waren die Arbeiter billig abgespeist worden. Im August platze Tausenden der Kragen. In Datteln bei Rhein Zink (vgl. 20.8.1973, d.Vf.), dann bei Küppersbusch (vgl. 16.8.1973, d.Vf.) ging es los. Teuerungszulagen von 40 Pfennig pro Stunde bis 400 DM für den Rest des Jahres wurden gefordert und erkämpft. Der Funke sprang auf Opel (Bochum - vgl. 22.8.1973, d.Vf.) über: 19 000 im Streik für 280 DM Zulage. Als sie um 100 DM betrogen werden sollten (soviel sollte als Vorschuß auf's Weihnachtsgeld angerechnet werden), streikten sie für volle 300 DM weiter."
Q: Rebell Nr. 9, Tübingen Sept. 1973, S. 5

22.08.1973:
Bei Opel Bochum erscheint, laut PG Ruhrgebietsanalyse, ein Flugblatt der Vertrauensleuteleitung, das über das negative Ergebnis der Verhandlungen in Rüsselsheim (die Geschäftsleitung lehnte jegliche Verhandlungen über eine Teuerungszulage ab) informiert. Bei Opel treten daraufhin 19 000 Beschäftigte in den Streik (vgl. 23.8.1973).
Während des Streiks (der bis zum 27.8.1973 andauert) unterstützen auch die Jungsozialisten in der SPD (Trotzkisten) mit ihrem 'Sozi-Info' den Streik. Ferner die DKP mit 10 Flugblättern, die OSO (Spanische
Gewerkschaftsopposition), die Gruppierung 'Wir wollen alles' (Zeitung u.a. des Bochumer Lehrlings- und Schülerkollektivs - BLSK), die KPD mit der 'Kommunistischen Arbeiterpresse' (Zelle Opel-Bochum der KPD) und die KPD/ML mit der Betriebszeitung 'Zündkerze'. Die KPD/ML gibt auch das 'Informationsblatt für die Bochumer Bevölkerung' heraus.

Bei Opel Bochum beginnt damit, laut ML Bochum und KAJB Mannheim/Heidelberg/Wiesloch ein fünftägiger Streik für 300 DM Teuerungszulage (TZL), eine Schichtzeit von 6 bis 14 und 14 bis 22 Uhr, einen Tag Sonderurlaub und Zahlung des Weihnachtsgeldes für 185 Stunden im Monat (vgl. 27.8.1973). Laut KFR legen 19 000 für mehrere Stunden die Arbeit nieder. Vom Streik berichtet auch die SAG.

Laut RFO Saarland beginnt an den Bändern ein Streik für 300 DM, einen Tag mehr Urlaub für Sonderschichten, die Berechnung des Weihnachtsgeldes nach durchschnittlich 185 statt 173 Stunden und 30 Minuten bezahlte Pause.

Laut KPD kommt es zu heftigen ideologischen Differenzen zwischen der GOG und der KPD. Die KPD wirft der GOG u.a. "Opportunismus und Zurückweichen" vor.

Heute kommt es zu Streikaktionen für eine Teuerungszulage (TZL) in den Werken 1 und 2. Die KPD gibt im Verlaufe des beginnenden Streiks (vgl. 23.8.1973), nach eigenen Angaben 10 Sonderdrucke ihrer 'Kommunistischen Arbeiterpresse' (KAP) bzw. an anderer Stelle nur 6 heraus, die DKP ihren 'Roten Kadett'. Auch KPD/ML, Spontis und Trotzkisten sowie die SPD-Betriebsgruppe greifen ein.

Heute erscheint ein 'Kommunistische Arbeiterpresse' Sonderdruck (vgl. 15.8.1973, 27.8.1973) mit einer Seite.

Die Geschäftsleitung richtet einen Brief an die Belegschaft (vgl. 30.8.1973), der sich u.a. mit den Frauen befaßt.

Auch laut Erwin Bawulski erscheint ein Flugblatt der Vertrauenskörperleitung, "welches über das negative Ergebnis informierte". In den Pausen treffen sich kleinere Gruppen, "um über die Situation zu diskutieren". "Schnell wuchs eine Zahl von 500 an. Die Belegschaftsmitglieder gingen nach der Pause nicht mehr an die Arbeit, sondern zogen durch die Werkshallen, um auch die anderen Kollegen zur Arbeitsniederlegung aufzurufen. Gegen etwa 11.30 Uhr arbeitete niemand mehr im Werk I und II. Am Nachmittag ließ die Geschäftsleitung bekanntmachen, daß unter keinen Umständen verhandelt werde, so lange die Arbeit nicht wieder aufgenommen wird … Die Mittag- und Nachtschicht beteiligte sich ebenfalls an dem Streik."

Die Kommunistische Gruppe (KG) Aachen des AB (vgl. 27.8.1973) berichtet von gestern:"
Bei OPEL stehen seit Dienstag in allen Bochumer Werken die Bänder still. 'Wir malochen erst wieder, wenn die Bosse mit den Mücken rauskommen', war die Meinung der Kollegen zu ihrer Forderung nach 300 Mark Teuerungszulage. 20 000 OPEL-Kollegen im Streik, d.h. Produktionsausfall von über 1 000 Wagen täglich für die Bosse und ab morgen Einstellung der Produktion in den beiden OPEL-Montage-Werken in Antwerpen (1 300 Wagen täglich).

Die OPEL-Kapitalisten versuchten denn auch alles mögliche, um die Streikfront zu zerschlagen: Flugblätter der Werksleitung ('Wer streikt, verliert seinen Lohnanspruch… und riskiert seine Entlassung.'); Meister und Angestellte versuchen sich an den Bändern als Streikbrecher; der Gesamtbetriebsrat erklärt den Streik für unberechtigt und handelt schließlich 280 Mark aus: 100 Mark als Abschlag auf das Weihnachtsgeld, 180 mark Teuerungszulage. Doch die Kollegen lassen sich nicht verschaukeln: 'Man bietet uns schon jetzt einen Teil des Weihnachtsgeldes an und legt bei der Zulagenvergütung für die sechs Monate 200 Stunden statt der tariflichen 183 zugrunde.'

Die Streikfront bei OPEL steht weiter für die Forderung von 300 Mark UND volle Bezahlung der Streiktage!"

Für die 'Wir wollen alles' (WWA – vgl. 12.9.1973) berichtet das Bochumer Schüler- und Lehrlingskollektiv (BSLK) von Opel, unter Erwähnung der Werke in Rüsselsheim und Kaiserslautern, aus Bochum aus Langendreer und Laer über das Werk 2, u.a. über den Chassisbau und den Motorenbau, vom Werk 1 u.a. vom Preßwerk, wo der heutige Streik begann, sowie vom Kühlerbau, dem Karosseriewerk, der Lackierei und der Endmontage sowie aus dem Werk 3 vom Zentralersatzteillager.

Die Kollegen des Werks 1 hätten eine Demonstration zum Werk 2 durchführen wollen, was aber von einem DKPler, Mitglied der IGM-Vertrauenskörperleitung verhindert worden sei.

Die KPD/ML (vgl. 1.9.1973) berichtet über beide Bochumer Werke sowie ihre eigene 'Zündkerze'.

Berichtet wird auch durch den RJVD des KABD (vgl. Sept. 1973) und in:
- Niedersachsen durch die Göttinger Betriebszeitung (GBZ - vgl. 6.9.1973) und den KBW Göttingen (vgl. 29.8.1973).
- NRW in Bonn durch SpB, KSG und KBW-SyG (vgl. 23.10.1974).
Q: SpB, KSG, KBW-SyG Bonn: Steckhan muß Farbe bekennen!, Bonn o.J. (23.10.1974), S. 2; Kommunistische Arbeiterzeitung Nr. 2/3, Aachen Juli/Aug. 1973, S. 16;Kommunistische Volkszeitung Nr. 2, Mannheim 12.9.1973, S. 7;Erwin Bawulski: Die Septemberstreiks 1969 und ihre Folgen unter besonderer Berücksichtigung der Adam Opel AG in Bochum, Dortmund 1974;Göttinger Betriebszeitung Nr. 45, Göttingen 6.9.1973, S. 3ff;Rote Fahne Nr. 35 und 40, Dortmund 29.8.1973 bzw. 3.10.1973;Revolutionäre Gewerkschaftsopposition Nr. 6/7, Dortmund Sept. 1973;Theorie und Praxis Nr. 2, Köln 1975, S. 135;Rebell Nr. 9, Tübingen Sept. 1973, S. 1 und 5;Roter Morgen Nr. 34, Dortmund 1.9.1973;Roter Hoesch Arbeiter/Roter Kumpel Extra, Dortmund 27.8.1973, S. 2;Der Metallarbeiter Nr. 10, Göttingen 29.8.1973, S. 1f;Kommunistische Jugendzeitung Nr. 8, Mannheim Sept. 1973;Klassenkampf Nr. 27, Frankfurt Sept. 1973;Rote Fahne Röchling, Völklingen Sept. 1973;ML Bochum: Bericht über den Streik bei Opel, Bochum 1973;PG Ruhrgebietsanalyse Bochum: Opel streikt., Bochum 1973, S. 5, 35ff;Wir wollen alles Nr. 7/8, Gaiganz Aug./Sept. 1973;Zündkerze Nr. 3, Bochum Apr. 1976, S. 6;KG Hamburg: Informationen für die Kollegen der Chemischen Industrie Hamburgs, Hamburg 28.8.1973, S. 3f

KVZ1973_02_13

KVZ1973_02_14

Hamburg_KBWCPK009

Hamburg_KBWCPK010

Goettingen_Metallarbeiter059

Goettingen_Metallarbeiter060

GBZ496

GBZ497

GBZ498


23.08.1973:
Drittes Flugblatt der GOG Opel Bochum: "Opel Streikt!" Die Geschäftsleitung lehnt kategorisch Verhandlungen über eine Teuerungszulage (TZL) ab. Die Forderung der Streikenden: Teuerungszulage von 300, - DM, Bezahlung der Ausfallschichten, ein Tag bezahlter Sonderurlaub, Schichtarbeit von 6-14 und 14-22 Uhr mit bezahlter Pause, Erhöhung des Weihnachtsgeldes.

Laut RFO Saarland beteiligen sich ab heute Mittag alle am Streik (vgl. 22.8.1973, 24.8.1973).

Laut KPD treten 19 000 Arbeiter in den 'wilden' Streik für eine Teuerungszulage (TZL).

Die GOG in der IGM gibt vermutlich heute das Flugblatt "Opel streikt" unter Verantwortung von M. Nath heraus.

Die KPD/ML gibt, laut KPD, ein Streikextra Nr. 1 ihrer 'Zündkerze' heraus, welches sich u.a. mit Rheinstahl Bielefeld (vgl. 22.8.1973), Hoesch Dortmund und der GHK NRW befaßt.

Auch laut Erwin Bawulski wird weitergestreikt. In den Werken hat sich in der Zwischenzeit eine einheitliche Forderung herauskristallisiert:
1. Teuerungszulage von 300 DM.
2. Bezahlung der Ausfallzeiten.
3. Einen Tag bezahlten Sonderurlaub.
4. Weihnachtsgeld auf Grund von durchschnittlich 185 statt wie bisher 173 Stunden im Monat.
5. Schichtzeit von 6 bis 14 und 14 bis 22 Uhr mit bezahlter Pause.

Nachmittags läßt die Geschäftsleitung ein Flugblatt verteilen, welches zur Wiederaufnahme der Arbeit auffordert.
Q: Erwin Bawulski: Die Septemberstreiks 1969 und ihre Folgen unter besonderer Berücksichtigung der Adam Opel AG in Bochum, Dortmund 1974; Rote Fahne Nr. 35, Dortmund 29.8.1973;Revolutionäre Gewerkschaftsopposition Nr. 6/7, Dortmund Sept. 1973;PG Ruhrgebietsanalyse Bochum: Opel streikt, Bochum 1973, S. 6f;Rote Fahne - Röchling, Völklingen Sept. 1973

24.08.1973:
Bei Opel Bochum wird den Streikenden (vgl. 23.8.1973, 25.8.1973), laut RFO Saarland, heute ein Angebot von 15 Pfg., für 1973 einmalig 180 DM, 100 DM Vorauszahlung auf das Weihnachtsgeld und Gültigkeit der Lohnanhebung über den 1.1.1974 hinaus gemacht.
Laut Erwin Bawulski findet eine Sondersitzung des Betriebsrates statt. Betriebsratsvorsitzender Perschke gibt das Ergebnis bekannt:"
1. Eine einmalige Zahlung von 180 DM.
2. 100 DM Vorschuß auf das Weihnachtsgeld."
Als bekannt wird, "daß die Streiktage nicht vergütet werden, liegt erneut alles still".
Q: Rote Fahne - Röchling, Völklingen Sept. 1973; Erwin Bawulski: Die Septemberstreiks 1969 und ihre Folgen unter besonderer Berücksichtigung der Adam Opel AG in Bochum, Dortmund 1974

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