Öffentlicher Dienst, Transport und Verkehr:
Die Auseinandersetzungen um das Weihnachtsgeld und das 13. Monatseinkommen von 1969 bis 1975

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 18.12.2014

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Zu den Auseinandersetzungen um das Weihnachtsgeld bzw. das 13. Monatseinkommen im Öffentlichen Dienst sowie in den Bereichen Transport und Verkehr können hier bisher nur wenige Hinweise erschlossen werden. Wir bitten um Ergänzungen.

Während einleitend für diesen Artikel in den Septemberstreiks 1969 in Dortmund das 13. Monatsgehalt gefordert bzw. ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsgehalts durchgesetzt wird (vgl. 9.9.1969, 12.9.1969), zählt das 13. Monatsgehalt auch während der nächsten großen wilden Streikwelle im Jahr 1973 und der Tarifrunde im Öffentlichen Dienst immer noch zu den erhobenen Forderungen, wie hier aus Frankfurt (vgl. 28.6.1973) berichtet wird, während in Hannover das Weihnachtsgeld als Argument gegen eine Teuerungszulage vorgebracht wird (vgl. 7.9.1973) und in Braunschweig die vorzeitige Auszahlung eines Teilbetrags des Weihnachtsgeldes die streikende Belegschaft besänftigen sollte (vgl. 20.9.1973), wobei dann aber von der Gewerkschaft ÖTV ein 13. Monatsgehalt durchgesetzt werden kann (vgl. 14.9.1973, 19.9.1973, Okt. 1973), welches aber nicht steuerfrei und daher durch die Steuerprogression entscheidend reduziert wird (vgl. 7.1.1974, 22.11.1974, 4.12.1975).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

09.09.1969:
In Dortmund streiken heute, laut IMSF, 180 Beschäftigte der Stadtwerke.

Für den 'EXI' berichtet Klaus-Dieter Streb:"
GLEICHSTELLUNG VON ARBEITERN UND ANGESTELLTEN

Die Dortmunder Stadtwerke waren der erste öffentliche Betrieb, von dem bekannt wurde, daß er bestreikt werde. 180 Arbeiter der Hauptwerkstatt legten am 9.9. ihre Arbeit nieder, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen: Verkürzung der Arbeitszeit um wöchentlich eineinhalb Stunden ohne Lohnkürzungen, Übernahme der Sozialbeiträge vom Arbeitgeber, als Weihnachtsgeld ein 13. Monatseinkommen und Anrechnung der Wehrdienstzeit auf die Dienstjahre. Die Arbeiter wollten gegenüber den Angestellten der Stadtwerke nicht benachteiligt bleiben, denen diese Leistungen längst zugestanden worden waren. Sie führten ihren Kampf für die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten."
Quellen: Express International Nr. 82, Frankfurt 3.10.1969, S. 5; IMSF: Die Septemberstreiks 1969, Frankfurt Nov. 1969

12.09.1969:
Für die DKP berichtet W.S. frühestens von heute:"
100 DM MEHR - NEUER ERFOLG IN DORTMUND

Straßenbahndepot Dortmund-Dorstfeld. … Der kurze Streik der Zentralwerkstätten führte zunächst dazu, daß die 1966 erfolgte Kürzung der sozialen Leistungen wieder rückgängig gemacht wurde. 1969 gibt es wieder 100 Prozent Weihnachtsgeld. Ursprünglich sollte es nur 80 Prozent geben."
Q: Unsere Zeit NRW Nr. 27, Essen 2.10.1969, S. 10

28.06.1973:
Der KBW berichtet von der Post in Frankfurt (vgl. 14.6.1973, 3.9.1973):"
Auf der öffentlichen Vertrauensleutekonferenz der Ortsverwaltung Frankfurt der DPG am 28. Juni wurden folgende Forderungen aufgestellt:
KEINE VERSCHLECHTERUNG DER JETZIGEN ARBEITSZEITREGELUNG!
ANRECHNUNG DER PAUSEN AUF DIE ARBEITSZEIT FÜR ALLE!
KEINE RATIONALISIERUNG AUF KOSTEN DER BESCHÄFTIGTEN!
TEUERUNGSZULAGE (TZL, d.Vf.) IN GLEICHER HÖHE FÜR ALLE BESCHÄFTIGTEN JETZT!

Die Höhe der Teuerungszulage sollte auf Mitgliederversammlungen festgelegt werden. Auf der Konferenz wurde ein Aktionsausschuß von 18 Kollegen gewählt, um die praktische Durchsetzung der aufgestellten Forderungen anzugehen. Der Aktionsausschuß hat dann noch eine fünfte Forderung der DPG-Spitze gewissermaßen 'von oben' mit aufgenommen, die Forderung nach Aufstockung der Sonderzuwendungen auf ein volles 13. Monatsgehalt! Mit diesen Forderungen bekämpfen die Kollegen die wachsende Verschlechterung ihrer gesamten Lebensbedingungen".
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr. 5, Mannheim 24.10.1973, S. 5

07.09.1973:
Der KB Hannover bzw. der KBW berichten intern von der Vorgeschichte (vgl. 3.9.1973, 8.9.1973) des Streiks beim Fuhramt Hannover am 10.9.1973 für eine Teuerungszulage (TZL):"
7.9. Die bundeseinheitliche Regelung über einen Teuerungszuschlag kommt nicht zustande. Sowohl der öffentliche Arbeitgeber als auch die ÖTV lehnen eine Regelung ab und verweisen beide auf die Verhandlungen über eine Weihnachtsgelderhöhung.

Nach diesem Scheitern gibt die hannoversche Stadtverwaltung grünes Licht für Zugeständnisse.

Die Verhandlungskommission beschließt, die 600 Mark durchzusetzen. Kompromißmöglichkeiten könnten nur darin liegen, die Nettoforderung von 600 Mark in eine Bruttoforderung zu verwandeln bzw. die höchsten Angestelltengehaltsgruppen von der Erhöhung auszuschließen. Als die Verhandlungskommission am 7.9. zusammentritt umfaßt sie neben dem Gesamtpersonalratsvorstand drei Vertrauensleute aus dem Fuhramt, zwei Vertreter der spanischen Arbeiter im Fuhramt sowie Vertreter des Gesamtbetriebsrats der Stadtwerke AG.

Nachdem deutlich wurde, daß die 600 Mark Forderung aufrechterhalten wurde, auch von der Verhandlungskommission, wollte die Stadtverwaltung offenbar die 600 Mark zugestehen."
Q: KBW-ZK-StA: Rundbrief, o.O. 11.9.1973, S. 1

14.09.1973:
Die Ortsgruppe Mannheim des KBW gibt vermutlich Ende dieser Woche ein Extrablatt ihrer 'Mannheimer Arbeiter-Zeitung' (vgl. 11.7.1973, 26.9.1973) heraus. Der Artikel "ÖTV: 13. Monatsgehalt durchgesetzt" berichtet von der Streikbereitschaft in Mannheim bei Müllabfuhr und Verkehrsbetrieben und von den Streiks für Teuerungszulagen (TZL) in Hannover, Oberhausen und Wolfsburg.
Q: Mannheimer Arbeiter-Zeitung Extrablatt Aufruf zur Demonstration Nieder mit der Militärdiktatur in Chile! Für die Errichtung der bewaffneten Volksmacht!, Mannheim o. J. (1973), S. 2

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19.09.1973:
Die Betriebszelle Unikliniken des KBW Ortsgruppe Göttingen und die Betriebsjugendzelle des KAJB geben den 'Schrittmacher' Nr. 13 (vgl. 29.8.1973, 25.9.1973) heraus mit dem Artikel "ÖTV erreichte 13. Gehalt" aus der 'FR'.
Q: Der Schrittmacher Nr. 13, Göttingen 19.9.1973, S. 12

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20.09.1973:
Der KBW berichtet:"
Braunschweig. Am 20.9. streikten die 35 Beschäftigten in der Werkstatt des Omnibus-Betriebshofes Lindenberg der Verkehrs AG. Als am 20.9. ein Drittel des 13. Monatsgehalts als Abschlag ausgezahlt wurde, wollten sich die Kollegen nicht einfach abspeisen lassen und forderten eine Teuerungszulage" (TZL).
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr. 4, Mannheim 10.10.1973, S. 8

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Oktober 1973:
Die Nr. 10 der 'Roten Fahne' des KABD (vgl. Sept. 1973, Nov. 1973) beschäftigt sich erneut mit der Streikwelle für Teuerungszulagen (TZL). Dazu heißt es auf Seite 3:
TROTZ GENSCHERS DROHUNGEN: MÜLLARBEITER STREIKEN

Daß die Arbeiter zum selbständigen Handeln bereit waren, brachte auch die gleichzeitig anlaufenden Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst, die Bahn und die Post zu einem raschen Abschluß. Die Forderung der Gewerkschaften nach einem vollen 13. Monatsgehalt wurde durchgesetzt. Wenn einige Leute im Staat und in der Gewerkschaftsführung aber glaubten, damit die spontanen Aktionen für Teuerungszulagen abblocken zu können, wurden sie rasch eines Besseren belehrt."
Q: Rote Fahne Nr. 10, Tübingen Okt. 1973, S. 3

07.01.1974:
In Dortmund gibt die KPD vermutlich Anfang dieser Woche ein Flugblatt heraus:"
KPD LÄDT EIN ZUM TREFF OPPOSITIONELLER GEWERKSCHAFTER ZUR TARIFRUNDE DER ÖTV!

Mit Scheingefechten versuchte die Gewerkschaftsführung ihr 'soziales Gesicht' zu wahren, indem sie uns erzählte: 'Ihr habt es unserem Verhandlungsgeschick zu verdanken, daß ihr nun ein 13. Monatsgehalt kriegt.' Dieses Geld wurde bis auf einen lächerlichen Rest von der Steuerprogression aufgefressen."
Q: KPD: KPD lädt ein zum Treff oppositioneller Gewerkschafter zur Tarifrunde der ÖTV!, Dortmund o.J. (Jan. 1974)

22.11.1974:
Die Zelle Unikliniken des KBW Ortsgruppe Göttingen und die Zelle des KAJB geben den 'Schrittmacher' Nr. 35 (vgl. 13.11.1974, 4.12.1974) heraus mit dem Artikel "Was hat uns das 13. Monatsgehalt gebracht".
Q: Der Schrittmacher Nr. 35, Göttingen 22.11.1974, S. 2

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04.12.1975:
Die Ortsgruppe Kiel des KBW gibt eine Ortsbeilage zur heutigen 'Kommunistischen Volkszeitung' (KVZ) Nr. 48 (vgl. 27.11.1975, 8.1.1976) in heraus mit dem Artikel "Weihnachtsgeld - ein Geschenk der Kapitalisten?" aus einer Privatklinik.
Q: Kommunistische Volkszeitung - Ortsbeilage Kiel Nr. 48, Kiel 1975, S. 2

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