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Vom „Westdeutschen Irlandsolidaritätskomitee” (WISK) in Oberursel erscheint wohl 1976 die Broschüre: „Irland. Zur Geschichte des irischen Befreiungskampfes“. Sie versucht, „die politischen und ökonomischen Ursachen des irischen Konflikts aufzudecken und die Strategien der antiimperialistischen Organisationen, die den Kampf für ein unabhängiges, wiedervereinigtes und sozialistisches Irland kämpfen, darzulegen“ (vgl. 1976).
Wir danken dem Archiv Schwarzer Stern in Dortmund für die freundliche Unterstützung.
1976:
Vermutlich 1976 erscheint, vom Oberurseler „Westdeutschen Irlandsolidaritätskomitee” (WISK) herausgegeben, die Broschüre: „Irland. Zur Geschichte des irischen Befreiungskampfes“. Im Vorwort wird u. a. ausgeführt:
„Die andauernden Kämpfe in Irland, besonders in Nordirland, tauchen relativ häufig in der westdeutschen Presse auf. Speziell eine gewisse Sparte des westdeutschen Fernsehens ist geradezu eingeschrieben auf die dramatische Schilderung des Elends nordirischer Menschen und besonders das deren Kinder. In epochaler Breite werden dabei teilnahmsvoll die Erniedrigungen und Gewaltätigkeiten irischer Menschen als bloße Oberflächenerscheinungen beschrieben, ohne auf deren Ursachen auch nur annähernd einzugehen. Im Gegenteil: die Schuld an der dort herrschenden Unterdrückung wird in der Regel den Opfern selbst zugeschrieben, kaum aber jenen herrschenden Mächten, die seit Jahrhunderten die irischen Lebensbedingungen zu ihrem Nutzen diktieren. Der westdeutschen Presse ist in gespielter Hilflosigkeit zu entnehmen, dass da in Belfast eine Bombe explodierte, und dort in Süd Armagh ein Protestant erschossen wurde: Katastrophenmeldungen, die pharisäerhaft bedauert werden, und die man im übrigen schlicht der ‚irischen Mentalität‘ zurechnet: ihrer ‚Hitzköpfigkeit‘, ihrem ‚Fanatismus und religiösem Wahnsinn‘. Der britischen Armee hingegen wird in diesem Kampf die saubere Rolle des Friedensstifters zugeschlagen, die, wenn sie schon nicht den Konflikt beheben dann, dann doch wenigstens dazu beiträgt, die Ausmaße in Grenzen zu halten.
Unsere Kritik gilt entschieden dieser typischen Form von bürgerlicher Ideologisierung, nämlich der absichtsvollen Verwechslung von Ursache und Wirkung. Die Absicht dieser Schrift ist es demnach, statt religiöse Mythenbildung zu betreiben, die materiellen Ursachen des Konfliktes in der ältesten und letzten Kolonie Großbritanniens aufzudecken, dem Norden Irlands, bzw. in dessen neokolonialen Gegenstück, der Republik Südirland. Der Grund, warum bürgerliche Politiker und ihre Massenmedien, die Wahrheit über Irland nicht verbreiten, ist weniger darin zu suchen, dass möglicherweise nur ihre persönliche Dummheit sie hindern sollte, sondern viel eher in den politischen und ökonomischen Interessen, die sie in Irland sichern und durchsetzen wollen: gegen die Interessen der Arbeiter und Farmer in Irland.
Die Geschichte Irlands ist wechselseitig verbunden mit dem Aufstieg Großbritanniens zur einst führenden imperialistischen Weltmacht. Die in der Weltgeschichte einmalige Ausbeutung der irischen Bodenschätze und nationalen Reichtümer, die jahrhundertelange Ausbeutung und Vertreibung der irischen Bauern von ihrem Boden, bildete ein wesentliches Moment der ursprünglichen Akkumulation in der britischen Metropole.
Über diese Tatsachen ist in der westdeutschen Presse erstaunlich wenig zu finden, genauso wenig wie über die dortigen Konzentrationslager für politische Gefangen über modernste Folter- und Verhörmethoden der britischen Armee, über neueste Gefängnisse auf hohem technischen Niveau, die inzwischen längst dem europäischen Standard von Stuttgart-Stammheim entsprechen. Kein Wort darüber, dass Nordirland seit den 5oer Jahren mit Notstandsgesetzen und teilweise mit Kriegsrecht regiert wird. Stattdessen gilt Großbritannien als das ‚Mutterland der europäischen Demokratie‘ …
Diese Broschüre des WESTDEUTSCHEN IRLAND-SOLIDARITÄTSKOMITEES (WISK) versucht daher, die politischen und ökonomischen Ursachen des irischen Konflikts aufzudecken, und die Strategien der antiimperialistischen Organisationen, die den Kampf für ein unabhängiges, wiedervereinigtes und sozialistisches Irland kämpfen, darzulegen. Wir verwenden dabei bewusst das Quellenmaterial dieser irischen Befreiungsorganisationen, weil sie am ehesten legitimiert sind, den gesamten Komplex ihres langen Freiheitskampfes offenzulegen.
Die Ansichten der bürgerlichen Presse können ohnehin als bekannt vorausgesetzt werden. Der Inhalt dieser Schrift ist mithin voller Absicht ‚einseitig‘; es wird Partei genommen für eine Bevölkerung, die jahrhundertelang nichts als Opfer war, die nun aber begonnen hat, sich dagegen zu wehren. Das Westdeutsche Irlandkomitee versteht sich als Teil der fragmentarischen revolutionären Bewegung in Westdeutschland, wobei die Irlandinitiative als wichtiges Moment einer praktischen Arbeitsteilung innerhalb der revolutionären Bewegung angesehen wird. Unsere Aufgabe ist es folglich der bürgerlichen Ideologie über Irland, unsere Kritik entgegenzusetzen, zu praktischen Solidarität aufzurufen, politische Gefangene zu unterstützen, aber a den direkten, intensiven und zielgerichteten Kontakt zwischen den irischen Organisationen und unseren organisierten Kämpf herzustellen …“
Inhalt der Broschüre ist:
- Zur politischen und ökonomischen Geschichte des irischen Freiheitskampfes
- Die Bedeutung Irlands für den Aufstieg Englands zur führenden Weltmacht
- Die nationalen Aufstände Irlands im 17. Jahrhundert und die vollständige Eroberung
- Die Religion als Mittel zur Spaltung - Englische protestantische Siedler gegen katholische Iren
- Die verhinderte Industrialisierung Irlands und die ökonomischen Ursachen der Spaltung in Katholiken und Protestanten
- Die Entstehung des Republikanismus
- Der erste gemeinsame Aufstand von Protestanten und Katholiken
- Die Folgen der Ausplünderung Irlands
- Die große Hungersnot von 1846
- Ergebnisse der Britischen Kolonialherrschaft
- Die Bauernaufstände im 19.Jahrhundert
- Das Erstarken der Arbeiterbewegung
- Der Osteraufstand von 1916
- Die künstliche Teilung Irlands
- Die Funktion des Orange Ordens und die Herrschaftsorgane des Nordirischen Teilstaates
- Die Politische Diskriminierung der katholischen Minderheit
- Die Entwicklung Südirlands zur Britischen Neokolonie
- Der Versuch der Nationalen Bourgeoisie, ein unabhängiges kapitalistisches Irland zu errichten
- Die endgültige Unterwerfung Irlands unter das Internationale Kapital
- Irland - ein Paradies für Kapitalisten (Die Folgen des EG - Beitritts und die Rolle der BRD in Irland)
- Zur Lage der Arbeiter und Bauern in Irland
- Die Auswirkungen des EG - Beitritts für den Norden Irlands
- Über die Stärke des Westdeutschen Kapitals in Irland
- Westdeutsche Firmen, die an der Ausbeutung Irlands beteiligt sind
- Ausblick auf die wirtschaftliche Entwicklung Irlands
- Die Ausplünderung der Irischen Bodenschätze
- Der Aufstand der nordirischen Bevölkerung (1968 - 1976)
- Das Scheitern der Reformpolitik O'Neills
- Die Britische Armee interveniert
- Die Irisch-Republikanische Armee übernimmt die Verteidigung der katholischen Stadtteile
- Die Einführung der Internierungslager
- Der Höhepunkt des britischen Terrors - Der ‚Blutsonntag von Derry‘
- Die Auflösung von Stormont und die Reaktion der Protestanten
- Die neuen ‚Lösungsversuche‘ der britischen Armee
- Entwicklung und Rolle der SDLP passen den Briten in's Konzept
- Der Versuch Sunningdale - und sein Scheitern
- Der Waffenstillstand der Provisorischen IRA und das erneute Scheitern der britischen Nordirlandpolitik
- Die Ulsterisierung - Der neue Plan für die imperialistische Zukunft Irlands
- Die Repression in Irland
- Die Formen verwissenschaftlichter Folter (die Ulstermethode)
- Die spezifischen Auswirkungen der Isolation
- Die Nachwirkungen des Verhörprozesses
- Die traditionellen Foltermethoden und Zustände in irischen Internierungslagern
- Die revolutionären Organisationen in Irland
- Die Spaltung der Republikanischen Bewegung
- Die IRA/Sinn Fein - Officials
- Die Irish Republikanisch Sozialistische Partei (IRSP)
- Die Provisorische IRA/Sinn Fein
- Die Peoples Democracy, (PD)
- Die protestantisch, loyalistischen Organisationen
- Die Ulster Defence Association (UDA)
- Die Ulster Freedom Fighters (UFF)
- Die Ulster Volunteer Force (UVF)
- Das Ulster Workers Council (UWC)
- Zwei Erklärungen zur revolutionären Gewalt
- Jean Paul Satre
- Seamus O'Heara
- Über den Aufstieg der antiimperialistischen Solidarität in der BRD und ihren Niedergang zur Phrase
- ANHANG: Die Protestanten von Ulster - Kurzgefasste Geschichte und Analyse ihrer Bewegung und ihrer Organisationen
- Aufschwung der Arbeiterklasse und Differenzierung der Anglo-Protestantischen Bourgeoisie
- Der britische Versuch der neokolonialen Anbindung von Ulster
- Die ‚liberale‘ Periode der Herrschaft O'Neills
- Die katholische Bürgerrechtsbewegung
- Die britische Direktherrschaft
- Der Einsatz der Armee gegen Katholiken- Die neue Konservative Regierung in London
- Die Einführung der Internierung
- Der Bruch im traditionellen Unionismus
- Nach dem Waffenstillstand der britischen Regierung mit der IRA(P)
- Das White Paper der britischen Regierung
- Der sektiererische Streik des Ulster "‚Arbeiterrates‘
- Die Wahlen zur Convention
- Bücher - und Liste über Irlandmaterial am Ende dieser Broschüre.
Quelle: Westdeutsches Irlandsolidaritätskomitee (WISK): Irland. Zur Geschichte des irischen Befreiungskampfes, Oberursel, o. J. (1976).
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