KPD/ML: Bürgerschaftswahlen in Hamburg 1978

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Dietmar Kesten, Gelsenkirchen, 26.9.2022

Wie schon 1974 beteiligte sich die KPD/ML auch im Juni 1978 an den Hamburger Bürgerschaftswahlen, 1982 noch einmal.

Die Partei ging mit einer auffälligen Agit-Prop in den Wahlkampf. Dabei traten in den Vordergrund: die "HVZ" (vgl. Mai 1978), der Flyer "Deutschland dem deutschen Volk! Wählt KPD/ML!" (vgl. April 1978) und die Broschüre "Bonzen und Bossen einen Schuß vorn Bug. Wählt KPD/ML!" (vgl. Mai 1978). Wir bitten um Ergänzungen. Im Ergebnis blieb die KPD/ML weit hinter den Stimmen der 1974er Bürgerschaftswahl (3.001) zurück. 1978 erreichte sie 880 Stimmen.

WahlStimmenProzent
3.3.1974 3.001 0,29
4.6.1978 880 0,09
6.6.1982 716 0,07

Darüber berichtete auch die "Rote Fahne" der KPD (vgl. 7. Juni 1978). Und auch die KPD/ML selbst berichtete über das Ergebnis (vgl. 9. Juni 1978). Der KBW berichtete über die Beteiligung der KPD/ML an den Bürgerschaftswahlen und beschäftigte sich mit dem vorgelegten Programm (vgl. Juni 1978), während der "Arbeiterkampf" erklärte, dass sie mit "Nazi-Tönen" für die Hamburger Bürgerschaft Wahlkampf betrieb (vgl. 12. Juni 1978).

Siehe auch:

Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)

April 1978:
Vermutlich im April erscheint ein Flyer der KPD/ML zu den Hamburger Bürgerschaftswahlen: "Deutschland dem deutschen Volk! Wählt KPD/ML!"
Inhalt:
- Deutschland
- Alle sprechen von Hamburg, wir sprechen von Deutschland
- Aus dem Programm der KPD/ML
- Rut to'n roden 1. Mai!

Aufgerufen wird zur Demonstration der RGO in Hamburg am 1. Mai, zur Veranstaltung der KPD/ML zum Roten 1. Mai 1978 am 29.4., zur Veranstaltung der KPD/ML zur Hamburger Bürgerschaftswahl am 26.5.
Quelle: KPD/ML: Flyer: Deutschland dem deutschen Volk! Wählt KPD/ML, Hamburg, o. J. (April 1978).

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Mai 1978:
Vermutlich im Mai gibt die KPD/ML die Flugschrift "Bonzen + Bossen einen Schuss vorn Bug. Wählt KPD/ML" zur Bürgerschaftswahl heraus. Enthalten ist das "Programm der KPD/ML" und das "Kampfprogramm zur Wahl", in dem "Wege und Ziele" aufgezeigt werden.
Inhalt:
- Alle reden von Hamburg. Wir sprechen von Deutschland
- Deutschland?
- Aus dem Programm der KPD/ML
- Unsere rote Mannschaft
- Aus dem Programm der KPD/ML
- Unsere rote Mannschaft
- Vier Jahre Klassenkampf

Abgebildet werden u. a. die Hafenzeitung "Der rote Handhaken", die Betriebszeitung "Frischer Wind" für HDW, "Setz an!" für Heidenreich und Harbeck, der "Rotdruck" für die Hamburger Druckbetriebe, die Soldatenzeitung für Norddeutschland "Roter Marder", die "Kämpfende Station" der KPD/ML und der Roten Garde für das Allgemeine Krankenhaus (AK) Altona sowie weitere Betriebszeitungen.
Q: KPD/ML: Bonzen + Bossen einen Schuss vorn Bug. Wählt KPD/ML, Hamburg, o. J. (Mai 1978).

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Mai 1978:
Vermutlich im Mai erscheint eine Neuherausgabe der "Hamburger Volkszeitung", die zur Bürgerschaftswahl in Hamburg mit dem "Kampfprogramm der KPD/ML" herausgegeben wird.
Inhalt:
- 1985 - 5 Millionen Arbeitslose!!!
- Für die kompromisslose Verteidigung unserer Arbeitsplätze!
- Vor 22 Jahren
- Unser Kampfprogramm
- Sollen die Reichen die Krise bezahlen!
- Antifaschisten vor Gericht
- Eure rote Mannschaft

Aufgerufen wird zur Veranstaltung: "Bossen und Bonzen einen Schuß vor den Bug!", am 26.5. im Curio-Haus.
Q: KPD/ML: Hamburger Volkszeitung, Hamburg, o. J. (Mai 1978).

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19.05.1978:
Der "Rote Morgen" berichtet in seiner Ausgabe Nr. 20 von den Bürgerschaftswahlen in Hamburg. Danach sollen in Hamburg "hunderte Stelltafeln mit den Plakaten zur Bürgerschaftswahl aufgestellt worden sein". Überall heißt es jetzt: "Bonzen und Bossen. Einen Schuß vor den Bug. Wählt KPD/ML!" Auch waren die ersten Agitprop-Trupps der KPD/ML unterwegs.
Q: Roter Morgen, 12. Jg., Nr. 20, Dortmund, 19. Mai 1978, S. 2.

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26.05.1978:
Zur Bürgerschaftswahl in Hamburg berichtet der "Rote Morgen" über eine neue Zeitung, die "Hamburger Volkszeitung", die jetzt wieder von der KPD/ML herausgegeben wird. In der ersten Ausgabe wird das "Kampfprogramm der KPD/ML" vorgestellt. Es erscheint auch der Artikel: "Hamburger Bürgerschaftswahl. Kampfprogramm der Partei veröffentlicht". Berichtet wird u. a. darüber, dass auch in der HVZ das "Kampfprogramm zur Wahl abgedruckt ist". Ernst Aust sei der Spitzenkandidat zur Wahl. "30.000" Exemplare der HVZ" seien verteilt und in Briefkästen gesteckt worden. Zur Unterstützung des Wahlkampfes sei auch das Kabarett "Rote Pfeffermühle" angereist.
Q: Roter Morgen, 12. Jg., Nr. 21, Dortmund, 26. Mai 1978, S. 2. und S. 8.

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29.05.1978:
Im "Arbeiterkampf" Nr. 130 erscheint der Artikel: "KPD/ML wirbt mit Nazi-Tönen". Zu den Bürgerschaftswahlen würde sie die Parole ausgeben: "Deutschland dem deutschen Volk!" und: "Alle sprechen von Hamburg, wir sprechen von Deutschland!" Erklärt wird auch: "Die KPD/ML hat sich offensichtlich darauf orientiert, der NPD Stimmen abzunehmen. Dass da aber nicht mehr viel zu holen ist, werden Aust und Co. spätestens am 4. Juni bei Bekanntgabe der Ergebnisse merken!"
Q: KB: Arbeiterkampf, 8. Jg., Nr. 130, Hamburg, 29. Mai 1978, S. 3.

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Juni 1978:
Die Nr. 6 von "Kommunismus und Klassenkampf" erscheint.
Zur Beteiligung der KPD/ML an den Hamburger Bürgerschaftswahlen wird u. a. ausgeführt: "Die KPD/ML hat ein Programm für die Hamburger Bürgerschaftswahlen herausgebracht. Fast gleichzeitig hat sie eine lange erwartete Streitschrift gegen den KBW veröffentlicht 'Linie und Politik des KBW. Eine neue Spielart des modernen Revisionismus'. Wollen sehen, wo der Revisionismus steckt. 1985 - 5 Millionen Arbeitslose!' heißt die oberste Schlagzeile des Wahlprogramms der KPD/ML. Dann heißt es 'Für die kompromisslose Verteidigung unserer Arbeitsplätze!' Und dann: 'Wählt KPD/ML!'

Laut KPD/ML liegt der 'Hauptgrund' für die wachsende Arbeitslosigkeit 'in der Einführung neuer Techniken (Mikroprozessoren und Roboter) in den Betrieben'. Das kommt einem bekannt vor. Von den Mikroprozessoren als Jobkillern spricht die Sozialdemokratie schon lange. Die Entwicklung der Produktivkräfte soll an der Arbeitslosigkeit schuld sein, statt die kapitalistischen Produktionsverhältnisse, die die Entfaltung der Produktivkräfte hemmen und die erste Produktivkraft, die Arbeiterklasse selber, fesseln. Wenn die Entwicklung der Produktivkräfte an der Entwicklung der Arbeitslosigkeit schuld wäre, dann könnte sie durch 'entschiedenen Widerstand' gedämpft werden. Wenn die Produktionsverhältnisse die Arbeitslosigkeit notwendig hervorbringen, dann kann sie bloß mit ihren Ursachen, den kapitalistischen Produktionsverhältnissen, beseitigt werden, und bis dahin muss sich die Arbeiterklasse gegen die Wirkungen der Arbeitslosigkeit schützen.

Die KPD/ML hat die Ursache für die Arbeitslosigkeit, den 'Hauptgrund', erkannt. Es sind die Mikroprozessoren. Ab dato kann man von der KPD/ML zu diesem Thema nur noch Revisionistisches erwarten, auch wenn sie es noch so verpackt. (…) Nicht durch Analyse der Produktionsverhältnisse, sondern durch Skepsis gegenüber der Gutwilligkeit der Kapitalisten. Dann aber trumpft sie auf: 'Wer behauptet, im Kapitalismus ließe sich ein sogenanntes Recht auf Arbeit verwirklichen, lügt!' Und Hitler? Ein 'Recht auf Arbeit' lässt sich schon verwirklichen: Zwangsarbeit zu Bedingungen, die noch schlechter sind als in den Billiglohnländern. Der Kapitalismus besteht in der Produktion von Mehrwert, und die Kapitalistenklasse nutzt die Arbeitslosigkeit, um unter der Flagge 'Recht auf Arbeit' den Mehrwert durch unentgeltliche Zwangsarbeit produzieren zu lassen. Sie beginnt schon damit. 1985 ­5 Millionen Arbeitslose? Das ist eine eher harmlose Perspektive".
Q: KBW: Kommunismus und Klassenkampf, Jg. 6., Nr. 6, Frankfurt/M., Juni 1978, S. 1f.

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02.06.1978:
Im "Roten Morgen" Nr. 22 wird ein Bericht über die "HVZ" veröffentlicht. Danach greift die Partei "in die Hamburger Bürgerschaftswahl ein und ruft zur Wahl der KPD/ML auf".
Q: Roter Morgen, 12. Jg., Nr. 22, Dortmund, 2. Juni 1978, S. 9.

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07.06.1978:
Die KPD berichtet in ihrer "Roten Fahne" auch über die Hamburger Bürgerschaftswahl. Danach haben KPD/ML und KBW "stark an Stimmen (KPD/ML gegenüber 1974: 2090 weniger, KBW gegenüber der Bundestagswahl 1976 (keine Kandidatur) 256 Stimmen) verloren.
Q: Rote Fahne, 9. Jg., Nr. 23, Dortmund, 7. Juni. 1978, S. 2.

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09.06.1978:
Der "Rote Morgen" berichtet über die Hamburger Bürgerschaftswahlen. Danach habe die KPD/ML "911" Stimmen = 0,1 % gewinnen können". Erklärt wird u. a., dass die Wahl auch dafür nützlich gewesen sei, "um die Werktätigen mit den Zielen der KPD/ML bekannt zu machen". Ein wichtiger Schritt sei "die Erarbeitung eines Kampfprogramms für Hamburg" gewesen, das natürlich auch "über den Wahlkampf hinaus Bedeutung hat". Das Ergebnis würde nicht "den wirklichen Einfluss der Partei widerspiegeln".
Q: Roter Morgen, 12. Jg., Nr. 23, Dortmund, 9. Juni 1978.

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12.06.1978:
Der "Arbeiterkampf" berichtet in seiner Ausgabe 131 auch über das Wahlergebnis der KPD/ML zu den Bürgerschaftswahlen in Hamburg. Danach hat sie "911 Stimmen" erreicht. Zurückzuführen sei das Ergebnis auf einen "sehr intensiven und anstrengenden Wahlkampf mit zahlreichen Stellschildern, mehreren Postwurfsendungen. Hierfür waren (lt. Roter Morgen) ML-Aktivisten aus dem ganzen norddeutschen Raum und West-Berlin in Hamburg konzentriert worden".
Q: KB: Arbeiterkampf, 8. Jg., Nr. 131, Hamburg, 12. Juni 1978, S. 5.

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14.06.1978:
Die MLD berichtet in ihrer "Neuen Welt" auch über die Bürgerschaftswahlen in Hamburg. Danach habe die KPD/ML 911 Stimmen erhalten. Sie meint, dass die "Aust-Clique ein offener Feind Mao Tsetungs und China" sei.
Q: Die Neue Welt, 3. Jg., Nr. 8, Frankfurt/M., 14. Juni 1978, S. 3.

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16.06.1978:
Der "Rote Morgen" berichtet über die Hamburger Bürgerschaftswahlen. Im Artikel "Hauptsächlich Arbeiterstimmen" wird u. a. erklärt, dass die KPD/ML "als einzige mit einem revolutionären Programm kandidierte, einem Programm, das den Ausweg aus Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise propagiert: die gewaltsame sozialistische Revolution, den Kampf der Arbeiterklasse im Bündnis mit den anderen Teilen des Werktätigen Volkes, geführt von der kommunistischen Partei, den Kampf für die Errichtung der Diktatur des Proletariats und den Aufbau eines vereinten, unabhängigen, sozialistischen Deutschland".
Q: KPD/ML: Roter Morgen, 12. Jg., Nr. 24, S. 6.

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16.06.1978:
Der "Rote Morgen" berichtet in seiner Ausgabe Nr. 26 unter "Juni im Bild" von den Hamburger Bürgerschaftswahlen und fügt ein Foto aus einer Szene eines Theaterstückes dem Artikel bei.
Q: KPD/ML: Roter Morgen, 12. Jg., Nr. 26, 16.06.1978, S. 9.

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Oktober 1978:
Vermutlich im Oktober gibt die KPD/ML die Nummer 5/1978 ihres theoretischen Organs "Der Weg der Partei" heraus. Enthalten ist auch der Artikel: "Marxisten-Leninisten und Parlamentswahlen (Ein Nachtrag zu den Bürgerschaftswahlen in Hamburg)".
Q: KPD/ML: Roter Morgen, 12. Jg., Nr. 45, Dortmund, 10. November 1978, S. 7.

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Letzte Änderung: 02.10.2022