Kernkraftwerk Krümmel

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin

Es geht hier um den Protest gegen ein Atomkraftwerk, also um die AKW-Gegner in Geesthacht und Umgebung. Der Zufälligkeit und Unzulänglichkeit unserer Quellenauswertung ist es geschuldet, dass der Konflikt um das Atomprojekt des Kernkraftwerk Krümmel bei Geesthacht in diesem Beitrag einleitend vor allem aus Publikationen der DKP Kreis Herzogtum Lauenburg (vgl. Okt. 1974, 3.10.1974) bzw. der DKP Geesthacht (vgl. 4.4.1977, 10.4.1977) und der ihr treu verbundenen SDAJ Schwarzenbek (vgl. 18.11.1977) geschildert wird, die aber vermutlich in der örtlichen AKW-Bewegung, soweit sie sich institutionell in den Bürgerinitiative oder den Anti-AKW-Bundeskonferenzen (vgl. 15.1.1977, 12.2.1977) etablierte, eher wenig bis nichts zu melden hatten.

Wichtiger scheint da, zumindest auf der juristischen Ebene zunächst u.a. der WSL (vgl. 3.10.1974), während es den kreisweiten KB später vermutlich nicht zuletzt auf den Wogen der Anti-AKW-Bewegung an entscheidende Positionen der Grünen Wahlbewegung treibt (vgl. 21.7.1978). An den späteren Aktionen gegen das AKW Krümmel beteiligen sich dann neben den BIs auch die Grünen (vgl. 27.6.1980).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

Oktober 1974:
Der DKP Kreisvorstand Lauenburg gibt eine Ausgabe seiner 'Tatsachen' - Zeitung der DKP für den Kreis Lauenburg (vgl. Mai 1974, Nov. 1974) heraus, die sich anläßlich der Erörterung über des AKW Krümmel (vgl. 3.10.1974) ganz mit der Frage der Atomkraft befaßt.
Quelle: Tatsachen,o.O. (Geesthacht) Okt. 1974

03.10.1974:
Der DKP-Landtagskandidat Geinitz aus Geesthacht nimmt anläßlich der heutigen Erörterung über das AKW Krümmel Stellung:"
10 ATOMKRAFTWERKE AN DER ELBE

Am 3.10.1974 fand in Lübeck ein Erörterungstermin zum Atomkraftwerk Krümmel bei Geesthacht statt. Beantragt war Kühlwassereinleitung und Abgabe nicht unbeträchtlicher Mengen radioaktiver Substanzen in die Elbe.

Für die Unterelbeindustrialisierung spielt die Kernenergie eine Schlüsselrolle:
10 ATOMKRAFTWERKE SIND AN DER ELBE IN BETRIEB, BAU ODER PLANUNG.

Hier werden Atomkraftwerke in einer solchen Dichte stehen wie sonst nirgends in der Welt.

Die Bevölkerung in diesem Gebiet ist alarmiert. Umweltschützer, Ärzte und Wissenschaftler warnen.

Die DKP sagt in ihrem Energiepolitischen Programm:
'Der notwendige Bau weiterer Kernkraftwerke darf zu keinen Beeinträchtigungen der Umweltbedingungen sowie der Gesundheit der Bevölkerung führen. Der Bau von Kernkraftwerken darf nicht zu Klimaverschlechterungen oder unzulässiger Erwärmung von Gewässern führen.'

Die Genehmigungsbehörden erweisen sich immer mehr als willfährige Steigbügelhalter großkapitalistischer Industrialisierungswünsche.

DIE DKP FORDERT:
'Das Recht der Bevölkerung und der Kommunen, ihre Meinung zur Errichtung neuer Kernkraftwerke in der Öffentlichkeit nachdrücklich zu vertreten, darf weder direkt noch indirekt eingeschränkt werden. Für die Forschung und Entwicklung effektiver Kontrollsysteme muß der Staat in verstärktem Umfang öffentliche Mittel bereitstellen.'

Der Erörterungstermin in Lübeck wurde dagegen von Behörde und den Energiegesellschaften zur scheindemokratischen Farce gemacht.

GEHEIMTREFFEN ZWISCHEN BEHÖRDE UND BEHÖRDENGUTACHTERN

Bereits eine Woche vor dem Termin fand ein Geheimtreffen zwischen Behörde, den Kernkraftwerken Krümmel und den Behördengutachtern statt. Man gab sich zuversichtlich:
Es seien nur wenig Einwender zu erwarten; Hauptsache, es werden keine formalen Fehler gemacht; in der 'Sachdiskussion' werde man sich sehr sicher sein können.

Grund ihrer Zuversichtlichkeit:
DIE EINWENDER WAREN MASSIV DARAN GEHINDERT WORDEN IHRE RECHTE WAHRZUNHEMEN.
- Die Erörterung fand im fast 70 km von Krümmel entfernten Lübeck statt, obwohl im benachbarten Geesthacht genug Raum vorhanden war.
- Der Termin war auf einen Werktag, Donnerstag um 10 Uhr gelegt worden, so daß werktätige Einwender nicht erscheinen konnten.

Eine weitere Beeinträchtigung wurde gleich zu Beginn des Verfahrens aufgedeckt. Wissenschaftler, die für die Einwender auftraten erklärten: 'Die Auslegungsunterlagen waren unzureichend. Sämtliche von der Behörde bestellten Gutachten sind geheim gehalten worden. Aber ohne diese Gutachten können selbst wir Fachleute die Gefahren, die von einem solchen Atomkraftwerk ausgehen, nicht richtig einschätzen.'

Die Behördenvertreter waren aber selbst dann nicht bereit, die Gutachten herauszurücken, als sämtliche Gutachter erklärten, sie hätten von sich aus gegen eine Offenlegung der eigenen Gutachten nichts einzuwenden. Schließlich kam es zu tumultartigen Szenen, als der Verhandlungsleiter weitere Einwendungen zum Thema 'Gutachten' einfach verbot und den empörten Einwendern das Wort entzog.

Danach konnten Behörde und Kraftwerksgesellschaft die 'Sacherörterungen' schnell über die Bühne bringen.

Lediglich der 'Weltbund zum Schutze des Lebens' (WSL,d.Vf.) konnte einige detaillierte Fragen stellen.
Dazu Herr Graefe vom WSL:
'Wir haben gegen den Standort des Atomkraftwerkes Klage erhoben. Nur so kamen wir nur für ein paar Tage an die Unterlagen heran'.

Diese Klage hat die Umweltschützer bereits mehr als 4 500 DM gekostet!

DER KREISVORSTAND DER DEUTSCHEN KOMMUNISTISCHEN PARTEI (DKP)
KREISORGANISATION LAUENBRUG FORDERT:
- dieser Termin und die Auslegung der Unterlagen muß wiederholt werden
- sämtliche Gutachten sind auszulegen
- der nächste Termin muß an einem Wochenende in Geesthacht stattfinden.

Sollte sich dann zeigen, daß die Abwassereinleitungen und die radioaktiven Stoffe die Bevölkerung und die Umwelt gefährden, oder daß eine ausreichende demokratische Kontrolle über das Kernkraftwerk nicht gewährleistet ist, heißt die Konsequenz:
KEIN KERNKRAFTWERK NACH KRÜMMEL".
Q: Tatsachen,o.O. (Geesthacht) Okt. 1974,S.1ff

15.01.1977:
Laut KB beginnt in Wilster die zweitägige bundesweite 1.Wilster Konferenz zur Vorbereitung der Demonstration gegen das AKW Brokdorf (vgl. 12.2.1977):"
Eine Resolution der Gewaltfreien, die am Ende des zweiten Beratungs-Tages vorgelegt wurde und bei einem erneuten Besetzungsversuch 'Gewalt gegen Personen' ... ausdrücklich ablehnte, erzielte immerhin 88 Für-Stimmen bei nur 90 Gegenstimmen. Diese 90 Gegenstimmen kamen im wesentlichen aus Flensburg, Bremen, sowie Hamburg und Umgebung (Geesthacht, Elmshorn, Itzehoe etc.)".
Q: Arbeiterkampf Nr.96 und 97,Hamburg 10.1.1977 bzw. 24.1.1977,S.3 bzw. S.6f

12.02.1977:
Laut KPD (vgl. 16.2.1977) waren auf der zweitägigen Anti-AKW Bundeskonferenz ca. 80 BI's aus ca. 50 Orten vertreten, u.a. aus Geesthacht.
Q: Rote Fahne Nr.6 und 7,Köln 9.2.1977 bzw. 16.2.1977

04.04.1977:
Vermutlich in dieser Woche gibt die DKP Geesthacht ihren 'DKP Express Geesthacht' Nr.2 heraus.
Zum AKW Krümmel und dessen Bekämpfung (vgl. 10.4.1977) äußern sich mehrere Artikel, im ersten heißt es:"
KRÜMMEL - EIN ZWEITES BROKDORF?

Das KKW, um das es jahrelang ruhig war, ist in Geesthacht zum Mittelpunkt der Diskussion geworden. Eine Bewußtseinsänderung der Bevölkerung, die mehr und mehr von der Gefährlichkeit des Krümmel-Monsters überzeugt ist, rechtfertigt Protestkundgebungen!
Im Hinblick auf den friedlichen Osterspaziergang haben die KKW-Erbauer das Baugelände KZ-ähnlich wie in Brokdorf abgesichert.

Schon während der letzten Brokdorf-Demonstration waren in Krümmel starke Polizeikräfte zusammengezogen. Die Geesthachter Bevölkerung war stark beunruhigt:
Harmlose Spaziergänger wurden von Polizisten als Anarchisten bezeichnet. Krümmler Bürger wurden von Streifenwagen bis vor ihre Haustür verfolgt und dann einer Personenkontrolle unterzogen. Die Frau eines Tesperhuder Schlachters wurde nachts beim Abholen von Personal während der ganzen Fahrtstrecke von Streifenwagen verfolgt und anschließend kontrolliert.

Deshalb Ostern: der Protest gegen das Kernkraftwerk Krümmel ist gerechtfertigt!
Lassen Sie sich nicht von der Polizei provozieren!".

Der zweite Artikel ist:"
DIE HALTUNG DER DKP ZU BÜRGERINITIATIVEN

Die Deutsche Kommunistische Partei unterstützt den Kampf der Bevölkerung und ihrer Bürgerinitiativen gegen geplante Kernkraftwerke in Wyhl, Brokdorf, Krümmel und anderswo. Die DKP hat konsequent gegen das Atomprogramm der Bundesregierung Stellung genommen und gangbare Alternativen vorgeschlagen, wie die verstärkte Nutzung der nationalen Kohlevorkommen.
Mitglieder der DKP arbeiten in den Bürgerinitiativen konstruktiv mit. Gleichzeitig betont die DKP: Es gibt zwischen unserer Partei und den Gruppierungen, die sich 'kommunistisch' nennen, nicht die geringste Gemeinsamkeit. Im Gegenteil: Diese Gruppen spielen den Herrschenden in diesem Land in die Hände; sie haben die Aufgabe, Verwirrung zu stiften und den Antikommunismus zu verstärken. Sie engen Bürgerbewegungen ein und isolieren sie damit von der Mehrheit der Bevölkerung."

Ein weiterer Artikel lautet:"
WARUM WIR DAS KKW KRÜMMEL NICHT BRAUCHEN!

Politiker von CDU, SPD und FDP, Elektrizitätsunternehmen und Springerzeitungen behaupten:
- Kernkraftwerke sind nötig; ohne sie gehen 1985 die Lichter aus
- Kernenergie sichert Arbeitsplätze
- Atomstrom ist billig

Wie steht es nun damit in Wirklichkeit?

1. KERNKRAFTWERKE SIND NICHT NÖTIG:

132 Mrd. Tonnen Stein- und Braunkohle lagern leicht abbaubar im Boden der BRD, genug für hunderte von Jahren. Neue Energiequellen (Sonne, Wind) können in kurzer Zeit eingesetzt werden, andere können erforscht werden (z.B. MHD-Generator, Erdwärme, evt. Kernfusion). Im Moment haben die Elektrizitätsunternehmen große Überkapazitäten (die HEW allein ca. 1/3 ihrer Kapazität, nämlich ca. 1 000 MW.) (Frankfurter Rundschau,23.11.1976). Die industrieeigenen Elektrizitätswerke könnten in der BRD 21 000 MW zusätzlich zur Verfügung stellen, deren Einsatz bisher von Elektrizitätsunternehmen blockiert wird (Spiegel,28.3.1977).

2. KERNKRAFTWERKE SICHERN KEINE ARBEISTPLÄTZE!

Zur Zeit verfügen wir über ausreichende und sogar zuviel Energiemengen. dennoch haben wir die größte Arbeitslosigkeit in der Geschichte der BRD. Schon das Umschwenken auf die für die Konzerne profitablere Energiequelle Öl hat über 400 000 Kohle-Bergleute um ihre Arbeit gebracht. Atomstrom bringt neue Größenordnungen des Energieeinsatzes mit sich, wodurch mit mehr Maschinen, aber weniger Arbeitskräften produziert wird. Dagegen würde verstärkter Kohleeinsatz Arbeitsplätze im Bergbau sichern.

3. KERNKRAFTWERKE SIND VIEL ZU TEUER!

Der Bau eines Kernkraftwerkes ist um 80% teurer als ein Kohlekraftwerk mit gleicher Leistung. KKWs müssen nach 20 - 30 Jahren stillgelegt werden. Die Stillegung eines Kernkraftwerkes kostet jetzt schon 150 - 170 Mio. DM. Eine einzige Wiederaufbereitungsanlage (WAA,d.Vf.) kostet 8 - 10 Mrd. DM. Bei Lagerung muß der radioaktive Atommüll auf Jahrtausende von der Allgemeinheit abgeschirmt werden. Das kostet weiter Milliarden. Diese gewaltigen Kosten soll der Steuerzahler und Stromverbraucher zahlen. Die Kraftwerkskonzerne machen den Gewinn!

ES GIBT NOCH WEITERE ARGUMENTE GEGEN DIE KERNENERGIE:

KERNKRAFTWERKE GEFÄHRDEN DIE ENERGIEVERSORGUNG:
98% der gesamten käuflichen Uranvorräte befinden sich in der Hand eines internationalen Urankartells, das aus südafrikanischen, australischen, kanadischen und US-amerikanischen Konzernen gebildet ist. Dadurch besteht die Gefahr von erpresserischeren Preisabsprachen. Die einseitige Festlegung auf die Energiegewinnung durch Kernspaltung liefert also unser Land der Willkür der wenigen über Uranerz und Atomtechnologie verfügenden multinationalen Konzerne aus. Von sicherer Energieversorgung durch AKW kann genauso wenig gesprochen werden wie beim Öl!

KERNKRAFTWERKE SIND ERST SICHER WENN SIE STILLGELEGT WERDEN!

KERNKRAFTWERKE GEFÄHRDEN DIE LEBENSGRUNDLAGEN DER BEVÖLKERUNG:
Bundes- und Landesregierung mußten zugeben, daß die sichere Lagerung des hochradioaktiven Atommülls noch ein völlig ungelöstes Problem ist. Auch der Betrieb von KKW bringt große Gefahren und unkontrollierbare Risiken mit sich:
- Verseuchung von Luft, Boden und Gewässern durch Entweichen von radioaktiven Stoffen.
- Aufheizen von Gewässern und Störung des biologischen Gleichgewichts.
- gefährliches Absinken des Grundwasserspiegels.

Das Verwaltungsgerichtsurteil aus Freiburg, daß das AKW in Wyhl nicht gebaut werden darf, weil ein Berstschutz fehlt (vgl. **.*.197*,d.Vf.), zeigt, daß die Konzerne nicht alles technisch Mögliche zur Unfallsicherheit getan haben. 'Unser' KKW Krümmel hat ebenfalls keinen Berstschutz! Daher: AUCH IN KRÜMMEL MÜSSEN DIE BAUARBEITEN GESTOPPT WERDEN! DAS UNSICHERE DING DARF NICHT IN BETRIEB GEHEN!"

Neben einem weiteren direkten Aufruf zum 10.4.1977 (vgl. dort) heißt es im letzten AKW-Artikel:"
BÜRGERPROTESTE HABEN ERFOLG:

Es gibt schon ein Beispiel, wo ein fertiges Atomkraftwerk nicht in Betrieb gehen durfte, weil die Genehmigungsbehörden grob die Umweltbelange vernachlässigt hatten: das Kraftwerk Esensham an der Weser. Hier wurde im Herbst 1976 der Klage eines Fischers nachgegeben (vgl. **.**.1976,d.Vf.), weil für das Werk, obwohl eine weitere Wassererwärmung nicht mehr zulässig ist, Kühlung durch Weserwasser genehmigt und eingebaut worden war.

Die gerichtlichen Erfolge sind allerdings erst möglich geworden durch die breiten Bürgeraktionen, vor allem in Wyhl und später in Brokdorf. Ein Verlassen auf Gerichtsbescheide würde schnell wieder andere Urteile bedeuten:
DEM DRUCK DER MILLIARDEN DM KANN NUR DURCH ANDAUERNDEN DRUCK DER MILLIONEN MENSCHEN EINHALT GEBOTEN WERDEN!"
Q: DKP Express Geesthacht Nr.2,Geesthacht 1977

10.04.1977:
Die DKP Geesthacht rief auf: "OSTERSPAZIERGANG 1977 AM KKW-KRÜMMEL

BUO (Bürgerinitiative Umweltschutz Oberelbe,d.Vf.) lädt ein

Am Ostersonntag, den 10.4. 1977, soll in Krümmel über die wahren Zusammenhänge der Kernenergie aufgeklärt werden; mindestens einen Tag lang soll das Informieren nicht HEW und NWK überlassen bleiben. In Anlehnung an die früheren 'Ostermärsche' gegen die Aufrüstung der Bundesrepublik lädt die Bürgerinitiative zum 'Osterspaziergang' ein.

ES SOLL INFORMIERT WERDEN U.A. ÜBER:
- Gefahren der Kernenergie
- Kernenergie und Arbeitsplätze
- Was haben die Geesthachter vom KKW Krümmel?
- Wiederaufarbeitung und Zwischenlagerung.

Außerdem ist Musik, Straßentheater, Kinderbetreuung und eine KUNDGEBUNG UM 14 UHR geplant.

MACHEN SIE IHREN OSTERSAPZIERGANG ZUM KKW KRÜMMEL!"
Q: DKP Express Geesthacht Nr.2,Geesthacht 1977,S.8

18.11.1977:
Die SDAJ Schwarzenbek der DKP berichtet von einer Anti-AKW Veranstaltung:"
ATOMKRAFT? NEIN DANKE

Am Freitag, den 18.11.1977, fand in Geesthacht eine Großveranstaltung der Bürgerinitiative gegen Atomkraft und den Bau von Kraftwerken sowie Aufbereitungsanlagen statt. Podiumsgäste waren der Betriebsrat der Reynolds-Aluminiumwerke/Hamburg, Mitglied der IG Metall (IGM,d.Vf.), der ehemalige Chefredakteur der IGM-Zeitung, Heinz Brandt, der Wissenschaftler und Schriftsteller Holger Strohm sowie der, bei den Auseinandersetzungen in Wyhl (in Baden-Württemberg,d.Vf.) bekanntgewordene Liedermacher Werner Moßmann.

HARTMUT GRÜNDLER - EIN OPFER DER RÜCKSICHTSLOSEN ATOMPOLITIK DER BUNDESREGIERUNG?

Spektakulär war die Erklärung des Liedermachers Moßmann zu seinem Entschluß, nicht zu singen. Er verlas das 14-Punkte Programm seines Freundes und Mitstreiters Hartmut Gründler, 47, der sich aus Verzweiflung über die Ausweglosigkeit seines Kampfes und als letzten Akt der Aufrüttelung zur Selbstverbrennung entschloß.

Zuvor hatte er mit Hungerstreiks, Briefen an die Regierung in Bonn und auch mit gerichtlichen Klagen versucht, etwas zu erreichen. Gründler erlag am 21.11. seinen Verletzungen, und bis auf einige kurze Todesmeldungen wurde seine Tat und sein letzter Brief verschwiegen. Der ursprüngliche Wortlaut liegt der Bürgerinitiative in Geesthacht vor.

Der Betriebsratsvorsitzende von Reynolds schilderte hauptsächlich die Vorgänge im Hamburger Betrieb, als Anlieger auf dem Gerichtswege versuchten, die unrechtmäßige Inbetriebnahme des Werkes zu verhindern. Insbesondere Bauern und Gärtner klagten, daß zerstörende Giftstoffe durch das Aluminiumwerk in die Umwelt abgegeben würden. Unter dem massiven Druck wurde die Zahl der Kläger mehr und mehr verringert. Die Mitarbeiter von Reynolds wurden durch die Ankündigung der Entlassung veranlaßt, sich gegen die Forderungen der Kläger und ihrer Gewerkschaft zu stellen. Der letzte Kläger wurde durch eine hohe Zahlung veranlaßt, die Klage aufzugeben.

Heinz Brandt kam es besonders darauf an, Hintergründe der Atompolitik aufzuzeigen. Er erinnerte an vergangene Parolen, die die Bevölkerung beeinflußt haben.
1. 'Volk ohne Flotte'.
2. 'Volk ohne Raum' - die Rechtfertigung für die Aufrüstung.
3. 'Volk ohne Energie' - die Rechtfertigung für die verantwortungslose Ausweitung und wirtschaftliche Nutzung, die allein auf die Profite der Konzerne ausgerichtet ist.

Brandt warnte: Wenn wir dieser Losung folgen, dann kann es uns passieren, daß wir viel Energie, aber kein Volk mehr haben werden. - Diese letzte nannte er die 'TODESLOSUNG'.

Holger Strohm entkräftete das Argument der Atomkraftbefürworter, Kernkraftwerke würden Arbeitsplätze schaffen. Im Gegenteil, die neue Technologie schafft vermehrt Arbeitslose. Beim Bau werden viele Arbeitskräfte benötigt, die bei der Inbetriebnahme auf Grund der notwendigen Automatisierung wieder freigesetzt werden.

VERMEHRTE ARBEITSLOSIGKEIT !!!

Doch diese Entwicklung ist nicht nur beim Bau von Kernkraftwerken abzusehen. Auch ein gesteigerter Energieverbrauch durch ein höheres Maß an Komfort für den Menschen schafft nur kurzzeitig Arbeitsplätze. In der Produktion werden ständig neue Maschinen eingesetzt, die immer weniger Arbeitsplätze beanspruchen. Ein Beispiel in den USA: In eine Maschine werden an einem Ende die Materialien hineingeworfen, auf der anderen Seite fallen fertige Bremsbeläge heraus.

Nach einem Wortbeitrag jedes einzelnen Gastes beantwortete das Podium anschließend Fragen der Zuhörer. Zum Schluß des Abends trat eine Theatergruppe mit einem Anti-Atomkraft-Stück auf. Eine erfreuliche Meldung an diesem Abend: Joan Baez spendete die Einnahmen ihrer Tournee der Bewegung gegen den Bau von Atomkraftwerken."
Q: Eidig der Wildschütz Nr.1,Schwarzenbek o.J. (1978),S.3

21.07.1978:
Laut KB "spricht sich eine Mehrheit der Mitgliederversammlung der Grünen Liste in Lauenburg gegen die Unvereinbarkeitsbeschlüsse des Landesvorstandes aus, "weil dieser Kreisverband einen recht bekannten KB-Genossen in den Vorstand gewählt hat und daher wegen angeblicher 'KB-Majorisierung' attackiert wird".
Q: Arbeiterkampf Nr.134,Hamburg 24.7.1978,S.5

27.10.1978:
Die Regionalkonferenz Oberelbe (Geesthacht, Bergedorf, Winsen, Lauenburg und Tespe) der Umweltschutz-BIs gibt das Flugblatt "Blutkrebs durch Atomkraftwerke!" heraus, welches sich mit den Fällen von Leukämie um das AKW Lingen, aber auch rund um Krümmel befasst. Die Auflage beträgt 1 500.
Quelle: Regionalkonferenz Oberelbe: Blutkrebs durch Atomkraftwerke!, Hamburg 17.10.1978

Hamburg_AKW025

Hamburg_AKW026


05.04.1980:
Zur Demonstration am Bauplatz des AKW Krümmel bzw. zum großen Drachentöter-Treffen rief auch die BI Bergedorf am 28.3.1980 mit einem Flugblatt (Auflage 2 500) auf, die abends dann einen großen Krümmel-Monster-Ball im Lichtwarkhaus veranstaltet.
Q: N. N.: AKW Krümmel Ostersamstag 5. April '80, Hamburg 28.3.1980

Hamburg_AKW023

Hamburg_AKW024


27.06.1980:
Zur Demonstration am Bauplatz des AKW Krümmel ab Post Geesthacht riefen u.a. Jusos, Judos, DKP, Grüne, KB, Gruppe Z, Autonome Uni Hamburg und natürlich zahlreiche BIs aus Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie die BUU auf. Ein Aufruf hat eine Auflage von 15 000.
Q: N. N.: Aufruf zur Demonstration am Bauplatz des AKW Krümmel am 27.6., O. O. O. J. (1980)

Hamburg_AKW018

Hamburg_AKW019


Letzte Änderungen: 29.5.2011

Valid HTML 4.01 Transitional   Valid CSS


[ Zum Seitenanfang ]   [ Zur nächsten Zwischenübersicht ]   [ Zur Hauptübersicht der Datenbank MAO ]