Schleswig-Holstein: Zur Kritik der Landesverordnung über Schülervertretungen (1973/74)
Dokumente des Stadtschülerrats Kiel sowie eine Kritik am Landesschülerrat Schleswig-Holstein von Schülersympathisanten des Kommunistischen Bundes Westdeutschland in Itzehoe, Elmshorn, Ellerau/Quickborn, Schüler der Kommunistischen Aufbaugruppe Husum, der Roten Zelle Schule Kiel/ML, der Schüler der Kommunistischen Gruppe Preetz sowie der Sozialistischen Schülergruppe Heide (1973/74)

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Dietmar Kesten, Gelsenkirchen, 22.4.2023

Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)

November 1973:
Vermutlich im Herbst erscheint vom "Stadtschülerrat Kiel" ein Paper "Zur SV-Frage".
Einleitend heißt es dazu: "Diese kleine Broschüre ist im Auftrag der Schülervertretung der berufsbildenden- und Oberschulen Kiel, dem SSR, erstellt worden. Anlass dafür ist der neue SV-Erlass, der zur Zeit im Kultusministerium vorbereitet wird. Auch wenn vonseiten des KuMIs noch kein Entwurf vorliegt, so kann man doch schon jetzt sagen, dass ein solcher Erlass nicht mehr an Rechten für die Schülervertretung bringen wird, eher weniger. Darauf sollen wir uns jetzt schon vorbereiten. Diese Broschüre soll bei dieser Vorbereitung helfen und vor allem zeigen, wie notwendig es ist, eine starke Schülervertretung zu erhalten bzw. eine solche aufzubauen, auch wenn die Möglichkeiten der SV noch so gering sind". (S.2)
Inhalt:
- Einleitung
- Geschichte und Funktion der SV
- Der SV-Erlass von 69 und unsere Forderungen
- Warum in der SV arbeiten und wie gegen den neuen Erlass vorgehen
- Solidarität mit dem kämpfenden chilenischen Volk. Plattform des Kieler Chile-Komitees
Quelle: Stadtschülerrat Kiel: Zur SV-Frage, Kiel, o. J. (November 1973).

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04.12.1973:
Die SV Kiel gibt das SV-Info Nr. 3 mit der Schlagzeile "Verteilung eines Flugblatts verboten" heraus.
Verboten worden sei das Verteilen der SSR-Broschüre "Zur SV-Frage" (vgl. Nov. 1973) auf dem Schulhof. Begründung u. a.: "In der Broschüre werde das Streikrecht für Schüler gefordert und dazu aufgerufen, sich dieses Recht zu nehmen, wenn es nötig sei. Es werde zu Veranstaltungen aufgefordert, die gegen, die Rechtsordnung der BRD gerichtet seien oder eine schwere Behinderung der Aufgraben der Schule befürchten ließen. In der Broschüre werde eine politische Jugendorganisation, die Junge Union, angegriffen". (S. 1)

Dazu die SV: "Wir fordern allerdings das Streikrecht für Schüler und vertreten die Auffassung, dass wir uns das Streikrecht nehmen müssen, wenn wir es für nötig halten. Auch halten wir den Gummiparagraphen, dass Veranstaltungen (Vollversammlungen, Klassensprecherversammlungen usw.), die gegen die Rechtsordnung gerichtet seien, oder die Aufgabe der Schule gefährden, vom Schulleiter verboten werden können, für eine Einschränkung, die die Arbeit der SV behindert und keinesfalls den Interessen der Schüler entspricht. Denn welche Aktivitäten der SV, ausser Schulfesten, Sportveranstaltungen usw. gefährden nicht die Aufgaben der Schule? Und über die Junge Union mag sich jeder seine Meinung bilden". (S. 1)
Parolen am Ende des FB: "Für freie politische Betätigung in Ausbildung und Beruf!!!", "Für die Verteilung von unzensierten Flugblättern in der Schule!!!"
Quelle: SV-Info, Nr. 3, Kiel, 4. Dezember 1973.

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Januar 1974:
Vermutlich zum Jahresanfang werden vom "Stadtschülerrat Kiel" die "Dokumente und Kommentar zum Entwurf für eine neue SV-Verordnung" mit einem Anhang: "Plattform gegen die Berufsverbote und die politische Entrechtung im öffentlichen Dienst" herausgegeben.
In der Vorbemerkung heißt es dazu: "Nach langem Hin und Her ist der Entwurf für eine neue SV-Verordnung veröffentlicht worden. Auf die Bitte der Landesschülervertretung, diesen Entwurf in ausreichender Anzahl zur Verfügung zu stellen, damit jeder Schüler sich mit diesem Entwurf beschäftigen könne, antwortete ein Vertreter der Landesregierung: 'An einer breiten Diskussion sind wir nicht interessiert'. (…)

Man fürchtet nicht umsonst eine breite Diskussion unter den Schülern, denn der Inhalt dieser Verordnung hat die schlimmsten Erwartungen der Schüler übertroffen. Wird dieser Entwurf in der Form durchgesetzt, so läuft dies in der Praxis auf die Liquidierung jeglicher fortschrittlicher SV - Arbeit hinaus, es sei denn, die SV-en unterlaufen diese Verordnung, indem sie sich einfach die Rechte nehmen, die sie brauchen. Auch die Tatsache, dass die erste Anhörung zu diesem Entwurf bereits Mitte Februar stattfinden soll, deutet darauf hin, dass die Verordnung still und heimlich durchgesetzt werden soll. Wir meinen, dass dieses Vorhaben verhindert werden muss und wollen mit diesem Papier jedem Schüler die SV-Verordnung zugänglich machen und darlegen, was davon zu halten ist. Wir sind uns jedoch darüber klar, dass dies nicht ausreicht, dass vielmehr die Hauptarbeit in den einzelnen Schulen und Klassen liegen muss: in SV-Sitzungen, in den Klassen, in den Basisgruppen und auch in Vollversammlungen sollte über den Inhalt der Verordnung diskutiert werden und darüber, was dagegen zu unternehmen ist." (S.2)
Inhalt:
- Vorbemerkung
- Brief von O. B. zu der SV-Verordnung
- Referentenentwurf: Landesverordnung über Schülervertretungen
- Kommentar zu den einzelnen Bestimmungen
- SV Bestimmungen in anderen Bundesländern
- Anhang: Plattformvorschlag für das Kieler Komitee gegen die Berufsverbote und die politische Entrechtung im öffentlichen Dienst
Q: Stadtschülerrat Kiel: Dokumente und Kommentare für eine SV-Verordnung, Kiel, o. J. (Januar 1974).

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Juni 1974:
Vermutlich im Mai oder Juni geben Schülersympathisanten des Kommunistischen Bund Westdeutschland in Itzehoe, Elmshorn, Ellerau/Quickborn, Schüler der Kommunistischen Aufbaugruppe Husum, die Rote Zelle Schule Kiel/ML, Schüler der Kommunistischen Gruppe Preetz und die Sozialistische Schülergruppe Heide die Kritikbroschüre "Zur Politik des Landesschülerrat" heraus.
Einleitend heißt es:
"Diese Broschüre zur Politik des Landesschülerrates (LSR) wird von Schülergruppe und -Organisationen herausgegeben, die in Schleswig-Holstein in vielen Fragen zusammenarbeiten. Ohne die Rolle und Bedeutung eines Landesschülerrates (LSR) für die Schülerbewegung überschätzen zu wollen, versuchen wir hiermit ansatzweise die Politik des jetzigen LSR zu untersuchen. Dies ist notwendig, weil im LSR zunehmend eine Politik betrieben wird, die mit den Interessen der fortschrittlichen Schüler nichts mehr zu tun hat und in eine Sackgasse führt. Dabei wäre ein fortschrittlicher und starker LSR gerade jetzt notwendig, wo es darauf ankommt, landesweite Aktionen gegen die reaktionäre SV-Verordnung (SW) einzuleiten und zu koordinieren".
Inhalt:
- Zur Politik des Landesschülerrates
- Demokratische Schülervertreter ohne Chance
- Entwurf für eine neue SV-Verordnung erschienen: Noch weniger Rechte für Schüler!

Geworben wird für die "KVZ".
Q: Schülersympathisanten des Kommunistischen Bund Westdeutschland in Itzehoe, Elmshorn, Ellerau/Quickborn, Schüler der Kommunistischen Aufbaugruppe Husum, Rote Zelle Schule Kiel/ML, Schüler der Kommunistischen Gruppe Preetz, Sozialistische Schülergruppe Heide: Zur Politik des Landesschülerrat, Kiel, o. J., (Juni 1974).

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28.08.1974:
Vom "Stadtschülerrat Kiel" wird das "Info Nr. 1 74/75" herausgegeben.
Inhalt:
- Wie geht es weiter mit dem SSR?
- Chile heute
- Anzeigendrohung gegen SSR
- Neues Berufsverbot

Berichtet wird u. a. über das Inkrafttreten der SV-Verordnung (SVVO), über Chile, die Berufsverbote und eine Anzeigendrohung.
Q: Stadtschülerrat Kiel: Info, Nr. 1 74/75, Kiel, 28. August 1974.

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Letzte Änderung: 22.04.2023