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Die hier bisher dokumentierte Broschüre der Gruppen des Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW) in Schleswig-Holstein wurde zu den Landtagswahlen 1975 erstellt, während der der KBW vermutlich erstmals seine Gruppen in Schleswig-Holstein enger koordinierte und eine gemeinsame Publizistik in Form von Broschüren wie der vorliegenden und auch einer landesweiten Ausgabe der 'Kommunistischen Volkszeitung' (KVZ) entwickelte.
März 1975:
Die Ortsaufbaugruppe Kiel des KBW und seine Sympathisantengruppen in Elmshorn, Flensburg, Heide, Itzehoe, Neumünster, Norderstedt, Pinneberg, Plön, Preetz und Quickborn / Ellerau veröffentlichen vermutlich im März die Broschüre "Die Zustände im Volksbildungswesen in Schleswig-Holstein und das Schulprogramm der Arbeiterklasse" zu den Landtagswahlen zum Preis von 50 Pfennig in einer Auflage von 1 500 Stück mit den Abschnitten:
- "Zur Lage der Arbeiterjugend", wobei berichtet wird aus Kiel über Lehrstellenmangel und Jugendarbeitslosigkeit;
- "Situation im Schuljahr 1974/75", mit einem Auszug aus dem Eltern-Rundbrief der Sonderschule am Göteborgring, Kiel und dem Bericht: "In einer Schulkonferenz einer Grund- und Hauptschule in Eckernförde beschlossen die anwesenden Eltern, Lehrer und Schüler eine Protestresolution gegen die geplante Kürzung der Planstellen für Lehramtskandidaten zu verfassen und an den Landtag zu schicken.";
- "Die Arbeiterklasse und die Kapitalistenklasse haben unterschiedliche Interessen an der Ausbildung der Jugend";
- "In der Klassengesellschaft wird nur das Wissen vermittelt, das notwendig ist, um die Klassengesellschaft zu erhalten", wobei gefragt wird "Hat die Arbeiterklasse ein Interesse an dieser Aufspaltung?" und "Wie ergeht es demgegenüber den Arbeiterkindern?" sowie geschildert wird die "Schule im Sozialismus"; sowie
- "Die Ursache der Schulmisere und der politischen Unterdrückung liegt in der kapitalistischen Gesellschaft begründet", wobei berichtet wird aus Kiel.
Im Abschnitt "Rechtlosigkeit von Eltern, Schülern und Lehrern" wird eingegangen auf die SV-Verordnung und auf das Berufsverbot gegen den Berufsschullehrer Klaus Hartwig (DKP) in Kiel und gefragt wird "Wie wirkt sich die staatliche Schulpolitik auf das Gedankengut im Volk aus?" und geschildert wird die "Handhabung der Extremistenbeschlüsse konkret: Beispiele" zu denen es heißt:"
- so wurde der Studienrat Dr. Uwe Rheingans, NPD-Vorstandsmitglied und ehemaliger NPD-Landtagsabgeordneter, kürzlich in bemerkenswerter Geschwindigkeit zum Studiendirektor befördert. Begründung: seine fachliche Qualifikation!
- ebenso unterrichtet Otto Führer, der Landesvorsitzende der NPD in Schleswig-Holstein, weiterhin unbehelligt an der Kreisberufsschule Itzehoe. Begründung: seine fachliche Qualifikation!
- des weiteren wurde ein Verfahren, das die Lehrerin Eva David-Happach gegen sich selbst angestrengt hatte, sang- und klanglos eingestellt. Frau David-Happach ist NPD-Bundestagskandidatin, NPD-Kreisvorsitzende und NPD-Bundesvorstandsmitglied.
Wie sieht es dagegen aus, wenn sich fortschrittliche und demokratische Lehrer gegen reaktionäre Lehrinhalte einsetzen und für eine bessere Ausbildung kämpfen?
- Im Kreis Pinneberg wurde die Lehrerin Heidrun v. d. Stück nicht in den öffentlichen Dienst eingestellt, mit der Begründung, sie sie aktives Mitglied der DKP.
- Noch vor Beendigung seines Examens wurde der Realschullehreranwärter Claus-Udo Monica in einem Schreiben vom Landesschulamt Kiel aufgefordert, zu einem 'Einstellungsgespräch' zu erscheinen. Anlaß zu dieser Überprüfung war C.U. Monicas Teilnahme an einer Vietnam-Demonstration im Januar 1973 in Bonn. Bald darauf erhielt C.U.M. einen ablehnenden Bescheid, und dies nicht etwa wegen mangelnder Planstellen, sondern weil man 'Zweifel an seiner politischen Einstellung' hege.
- Der Diplom-Kaufmann Winfried Törper bewarb sich am 29.4.1974 beim LSA Schleswig-Holstein um Einstellung in den Vorbereitungsdienst an berufsbildenden Schulen. Er erhielt nach mehreren telefonischen Rückfragen (mit ausweichenden Auskünften) eine Aufforderung zum 8.11.1974 für ein 'Einstellungsgespräch'. Inhalt dieses Gesprächs war eine Überprüfung seiner politischen Gesinnung. - Mit Datum vom 16.1.1975 erhielt Törper schließlich ein Schreiben des Landesschulamtes, in welchen ihm mitgeteilt wurde, 'daß eine Einstellung in den Schuldienst des Landes Schleswig-Holstein z.Z. nicht möglich ist, da keine Planstellen mehr zur Verfügung stehen.'"
Dokumentiert wird ein "Auszug aus W.T.'s Gedächtnisprotokoll über eine Anhörung im LSA Schleswig-Holstein am 8.11.1974. Befrager: Wegener / Uhlmann (LSA)", in der es um seine Mitgliedschaft in der Roten Zelle Ökonomie (Rotzök), vermutlich in Kiel, geht.
Berichtet wird weiter:"
Die Fälle von bereits ausgesprochenen Berufsverboten nehmen täglich zu. Verhängte Berufsverbote richten sich hauptsächlich gegen zwei Gruppen von Personen:
- Bewerber für den öffentlichen Dienst, deren Verfassungsfeindlichkeit (?, d. Vf.) und jederzeitiges Eintreten für die FDGO angezweifelt wird - wobei die Beweislast voll auf der Seite des Bewerbers, nicht des Arbeitgebers liegt,
- Bedienstete des öffentlichen Dienstes, die ihre Tätigkeit als Arbeit im Dienste der arbeitenden Bevölkerung (gleich Öffentlichkeit) verstehen, und die sich für ihre demokratischen und gewerkschaftlichen Rechte eingesetzt haben. (Vergleiche in Hamburg; Bsp. Hindemith und Altenburg, Einsatz für kleinere Klassen und bessere und längere Schulbildung)."
Quelle: KBW-OAG Kiel und SyGs Elmshorn, Flensburg, Heide, Itzehoe, Neumünster, Norderstedt, Pinneberg, Plön, Preetz und Quickborn / Ellerau: Die Zustände im Volksbildungswesen in Schleswig-Holstein und das Schulprogramm der Arbeiterklasse, Kiel o. J.
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